Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 3031
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 02. April 2020, Az. 4b O 80/18
- I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, - 1.1. Scharniere für Kühlräume, Schwingtore oder dergleichen, welche eine stationäre Stützkonstruktion und mindestens ein Türblatt umfassen, das zwischen einer offenen Position und einer geschlossenen Position bewegbar ist, wobei das Scharnier umfasst:
- – einen kastenartigen Scharnierkörper, der an dem Türblatt verankerbar ist, und einen Stift, der eine erste Längsachse definiert und an der stationären Stützkonstruktion verankerbar ist, wobei der Stift und der kastenartige Scharnierkörper gegenseitig drehbar miteinander gekoppelt sind, um sich um die erste Achse zwischen der offenen Türposition und der geschlossenen Türposition zu drehen;
– Schließmittel für die automatische Rückführung des Türblattes aus der offenen in die geschlossene Position;
– ein Arbeitsfluid, das auf die Schließmittel einwirkt, um der Wirkung derselben hydraulisch entgegenzuwirken und dadurch die Rotation des Türblattes aus der offenen Position in die geschlossene Position zu regulieren,
– wobei die Schließmittel ein Nockenelement umfassen, das mit dem Stift einstückig ausgebildet ist und mit einem Kolbenelement zusammenwirkt, wobei das Kolbenelement in einer Arbeitskammer innerhalb des kastenartigen Scharnierkörpers verschiebbar beweglich ist, entlang einer zweiten Achse, die im Wesentlichen orthogonal zu der ersten Achse verläuft, zwischen einer eingeschobenen Endposition, die der offenen Türposition entspricht, und einer ausgefahrenen Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht,
– wobei das Kolbenelement einen Schiebekopf aufweist, der mit einem im Wesentlichen gegengeformten Sitz des Nockenelements zusammenwirkt, wobei die Schließmittel und das Arbeitsfluid beide zur Gänze in der Arbeitskammer untergebracht sind; - in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
wenn der kastenartige Scharnierkörper eine längliche Gestalt aufweist, um die zweite Achse zu definieren, wobei der Schiebekopf eine im Allgemeinen plattenartige Gestalt aufweist, um eine Ebene zu definieren, die im Allgemeinen in einem rechten Winkel zu der ersten Achse verläuft; - und/oder
1.2 Türschließdrehgelenke für eine Tür, vorzugsweise eine Glastür, die durch eine ortsfeste Stützstruktur stützbar ist, wobei das Türblatt zwischen einer offenen und einer geschlossenen Position bewegbar ist,
das Türschließdrehgelenk umfassend einen kastenartigen Körper, der an dem Türblatt verankerbar ist, und einen Stift, der eine erste Längsachse definiert und an der ortsfesten Stützstruktur verankerbar ist, wobei der Stift und der kastenartige Körper gegenseitig drehbar gekoppelt sind, um sich um die erste Achse zwischen der offenen Türposition und der geschlossenen Türposition zu drehen; - – Schließmittel zum automatischen Rückstellen des Türblattes aus der offenen in die geschlossene Position;
– Bremsmittel, die auf das Schließmittel einwirken, um dessen Wirkung entgegenzuwirken, wobei das Schließmittel ein erstes Nockenelement umfasst, das mit einem ersten Kolbenelement in Wechselwirkung steht, welches innerhalb des kastenartigen Körpers
– zwischen einer ersten zusammengedrückten Endposition, die der offenen Türposition entspricht, und einer ersten ausgefahrenen Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht, bewegbar ist;
– wobei das Bremsmittel ein zweites Nockenelement umfasst, das mit einem zweiten Kolbenelement in Wechselwirkung steht, welches innerhalb des kastenartigen Körpers zwischen einer zweiten zusammengedrückten Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht, und einer zweiten ausgefahrenen Endposition, die der offenen Türposition entspricht, bewegbar ist;
– wobei sowohl das erste als auch das zweite Nockenelement mit dem Stift einstückig sind, sodass sie einstückig in Bezug zum kastenartigen Körper drehbar damit sind;
– wobei das erste Kolbenelement zumindest einen ersten Schubkopf umfasst, der mit zumindest einem ersten, im Wesentlichen entsprechend geformten Sitz des ersten Nockenelements in Wechselwirkung steht,
– wobei das zweite Kolbenelement zumindest einen zweiten Schubkopf enthält, der mit zumindest einem zweiten, im Wesentlichen entsprechend geformten Sitz des zweiten Nockenelements in Wechselwirkung steht;
– wobei das Schließmittel erste entgegenwirkende elastische Mittel umfasst, die auf das erste Kolbenelement einwirken, um das wechselseitige Zusammenwirken von dem zumindest einen ersten Schubkopf (des ersten Kolbenelements) und dem zumindest einen ersten entsprechend (dem ersten Schubkopf) angepassten Sitz (des ersten Nockenelements) zu ermöglichen,
– wobei das Bremsmittel zweite entgegenwirkende elastische Mittel umfasst, die auf das zweite Kolbenelement einwirken, um das wechselseitige Zusammenwirken von dem zumindest einen zweiten Schubkopf (des zweiten Kolbenelements) und dem zumindest einen zweiten entsprechend (dem zweiten Schubkopf) angepassten Sitz (des zweiten Nockenelements) zu ermöglichen, - in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, wenn
– der Stift zwischen dem ersten und zweiten Kolbenelement angeordnet ist, und ferner
– das erste und zweite Kolbenelement beide verschiebbar entlang einer zweiten Achse, die im Wesentlichen senkrecht zur ersten Achse steht, bewegbar sind,
– wobei sowohl der zumindest eine erste Schubkopf als auch der zumindest eine zweite Schubkopf eine im Allgemeinen plattenartige Form aufweisen,
– wobei die Schubköpfe
– jeweils zumindest eine im Wesentlichen senkrecht zur ersten Achse stehende Ebene definieren. - 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 31. Oktober 2014 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der Einkaufspreise,
b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, - wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Rechnungen und für den Fall, dass keine Rechnungen vorhanden sind, Lieferscheine und für den Fall, dass Aufträge nicht ausgeführt worden sind, Auftragsbestätigungen, ersatzweise Auftragsschreiben vorzulegen hat.
- II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 31. Oktober 2014 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.000 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. September 2018 zu zahlen.
- IV. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
- V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000 Euro, wobei für die Vollstreckung der einzelnen titulierten Ansprüche folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
Ziff. I. 1.: 350.000 Euro
Ziff. I. 2.: 120.000,00 Euro
Ziff. III. und IV.: 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. - Tatbestand
- Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Türbeschlägen, insbesondere Scharnieren. Die Klägerin mit Sitz in A/Italien stellt Vorrichtungen zum Schließen von Türen her; die Beklagte vertreibt unter anderem Türbeschläge, darunter Glastürscharniere.
- Die Klägerin ist gemäß Lizenzvertrag vom 7. Mai 2014 ausschließliche Lizenznehmerin an den Nutzungsrechten des deutschen Teils der europäischen Patente EP 2324XXX B 1 und EP 2426XXX B 1 betreffend Scharniere zum Schließen von Türen, insbesondere Glastüren. Hinsichtlich des Inhalts des Lizenzvertrages wird auf die Anlagen rop1a und rop 1b verwiesen. Die Klägerin ist mit Wirkung ab 27. Juli 2015 von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung („s.r.l.“) in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden („s.p.a.“).
- Mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Oktober 2014 hatte die Klägerin die Beklagte wegen Verletzung der an sie ausschließlich lizenzierten Patente auf Unterlassung in Anspruch genommen. Daraufhin verpflichtete sich die Beklagte unter dem 31. Oktober 2014, unter Androhung einer Vertragsstrafe von 10.000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung – unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs – es zu unterlassen, Scharniere für Kühlräume, Drehtore und dergleichen gemäß Anspruch 1 der europäischen Patente EP 2324XXX und EP 2426XXX in englischer Fassung in Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu benutzen, oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder zu importieren. Hinsichtlich des Inhalts der Erklärung wird auf die Anlage rop 3b Bezug genommen.
- Anfang des Jahres 2018 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagte erneut Türschließ-Scharniere, nämlich einen Pendeltür-Beschlag mit der Artikelnummer XXX (nachfolgend „angegriffene Vorrichtung“) in Deutschland vertreibt wie folgt:
- Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Februar 2018 auf, den Vertrieb der angegriffenen Vorrichtung einzustellen und Auskunft zu erteilen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach.
- Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte handele ihrer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung zuwider, denn die angegriffene Vorrichtung mache vom Gegenstand der an sie ausschließlich lizenzierten Patente Gebrauch.
- Die Klägerin beantragt,
- wie erkannt.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen.
- Eine Widerklage auf Feststellung, dass der Klägerin anlässlich der beabsichtigten Vorlage eines anwaltlichen Schreibens keine Ansprüche wegen der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses zustehen, hat die Beklagte fallengelassen.
- Die Beklagte ist der Ansicht, es bestehe kein genereller Anspruch auf Unterlassung. Die Klägerin müsse vielmehr die konkrete Verletzungsform im Antrag erläutern oder eine Begehungsgefahr beziehungsweise Wiederholungsgefahr auch in Bezug auf
sämtliche, von der Verletzungsform abweichende Varianten vortragen. In Bezug auf die angegriffene Vorrichtung bestünde kein Unterlassungsanspruch. Nach der Definition des der Unterlassungsverpflichtungserklärung zugrundeliegenden Patentanspruchs 1 des EP 2324XXX B 1 seien nur vertikal angebrachte Stützkonstruktionen (Türrahmen) zur Fixierung des Scharniers vorgesehen. Die Anbringung am Fußboden – wie dies bei der angegriffenen Vorrichtung der Fall ist – werde ausdrücklich als nachteilig geschildert. Zudem seien der erste und zweite Schubkopf der angegriffenen Ausführungsform kegelförmig und verdickt ausgestaltet. Es fehle daher gerade an einer im Allgemeinen plattenartigen Form gemäß Anspruch 1 des EP 2426XXX.
- Die Beklagte ist weiter der Auffassung, die geltend gemachte Vertragsstrafe sei überhöht. Mit der abgegebenen Unterlassungserklärung sollten lediglich die ohnehin bestehenden gesetzlichen Pflichten wiederholt werden. Eine Verletzung sollte zusätzlich einen pauschalen Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.000 Euro auslösen, nicht jedoch für jede Auslieferung oder gar für jedes einzelne Scharnier. Ein solcher Betrag stehe auch völlig außer Verhältnis zum mit dem Vertrieb eines solchen Scharniers erzielbaren Gewinn oder auch nur erzielbaren Umsatz. Die Scharniere würden zu einem Stückpreis von etwa 50 Euro bis 150 Euro netto verkauft.
- Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen vertraglichen Anspruch auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 Euro sowie einen Anspruch auf Auskunft gemäß §§ 242, 259 BGB und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung.
- I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen vertraglichen Anspruch auf Unterlassung. - 1.
Die in der Rechtsform „s.p.a“ firmierende Klägerin ist anspruchsberechtigt. Sie ist durch Rechtsformwechsel aus der B s.r.l. hervorgegangen. Dies ergibt sich aus dem als Anlage rop 1c in italienischer Sprache vorgelegten Registerauszug nebst deutscher Übersetzung. Dort ist auf Seite 2 unter dem 27 Juli 2015 ausgewiesen, dass in Folge eines Firmenzusammenschlusses („per effetto della fusione la societa“) ein Rechtsformwechsel in „B S.P.A.“ erfolgt ist. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass die beigefügte deutsche Übersetzung diesen Umstand unzutreffend widergibt.
Das Bestreiten der ausschließlichen Lizenzinhaberschaft und der Übertragung des deutschen Teils der Rechte aus den zugrundeliegenden Patenten ist unbeachtlich. Streitgegenständlich sind vorliegend Ansprüche aus der von der Beklagten abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung. Die Beklagte hat diese gegenüber der Klägerin – damals noch in der Rechtsform der s.r.l. – verbindlich abgegeben. Auf die Frage der Lizenzinhaberschaft sowie der Frage einer rechtswirksamen Abtretung von Patentansprüchen kommt es somit nicht an. - 2.
Zwischen den Parteien besteht ein wirksamer Unterlassungsvertrag. Die Beklagte verpflichtete sich mit Erklärung vom 31. Oktober 2014 gegenüber der Klägerin, - “upon pain of a contractual penalty of € 10.000,00 for each case of non-compliance – excluding the application of the continuation-of-offence-clause – to refrain from
- a) offering, placing into circulation or using, or possessing or importing for the above purposes in Germany
a door closing hinge for a door, preferably a glass door, which is supportable by a stationary support structure, the door being movable between an open position and a closed position, the door closing hinge comprising:
a box-like body (10) anchorable to one of the stationary support structure and the door and a pin (20) defining a first longitudinal axis (X) anchorable to the other of the stationary support structure (S) and the door, said pin (20) and said box-like body (10) being reciprocally rotatably coupled to rotate around said first axis (X) between the open door position and the closed door position;
closing means (30) for the automatic return of the door from the open to the closed position: – braking means (40) acting on said closing means (30) for counteracting the action thereof;
said closing means (30) comprising a first cam element (31) interacting with a first plunger element (32) movable within said box-like body (10) between a first compressed end corresponding to the open door position and a first extended end position corresponding to the closed door position;
said breaking means (40) comprising a second cam element (41) interacting with a second plunger element (42) movable within said boxlike body (10) between a second compressed end position, corresponding to the closed door position and a second extended end position, corresponding to the open door position;
wherein both said first and second cam elements (31, 41) are unitary with said pin (20) in such a manner to be unitary rotatably therewith in relation to said box-like body (10);
wherein said first plunger element (32) comprises at least one first pushing head (33, 33’) interacting with at least one substantially first countershaped seat (34, 34’) of said first cam element (31), said second plunger element (42) including at least one second pushing head (43) interacting with at least one second substantially countershaped seat (44) of said second cam element (41);
wherein said closing means (30) comprise first counteracting elastic means (39) acting on said first plunger element (32) to promote the reciprocal interaction of said at least one first pushing head (33, 33’) and said at aleast first countershaped seat (34, 34’), said braking means (40) comprising second counteracting elastic means (47) acting on said second plunger element (41) to promote the reciprocal interaction of said at least one second pushing head (43) and said at least one second counter shaped seat (44);
characterized in that said pin (20) is interposed between said first and second plunger elements (32, 42), and further
characterized in that said first and second plunger elements (32, 42) are both slidably movable along a second axis (Y) substantially perpendicular to said first axis (X), both said at least one first and second pushing heads (33, 33’, 43) having a generally plate-like shape to define respective at least one first and second planes (’, ’’, ’’’) substantially perpendicular to said first axis (X).
(claim 1 of patent EP 2 426 XXX B 1)”
and/or
b) offering, placing into circulation or using, or possessing or importing for the above purposes in Germany
a hinge for cold rooms, swing gates or the like, which comprises a stationary support structure (S) and at least one door (A) movable between an open position and a closed position, the hinge comprising:
a box-like hinge body (3) anchorable to one between the stationary support structure (S) and the door (A) and a pin (5) defining a first longitudinal axis (X) anchorable to the other between the stationary support structure (S) and the door (A), said pin (5) and said box-like hinge body (3) being reciprocally rotatably coupled to rotate around said first axis (X) between the open door position and the closed door position;
closing means (1) for the automatic return of the door (A) from the open to the closed position;
a working fluid acting on said closing means (19) to hydraulically counteract the action thereof, thus controlling the door rotation (A) from the open position to the closed position; - wherein said closing means (19) comprise a cam element (11) unitary with said pin (5) interacting with a plunger element (12) slidably movable in an operating chamber (25) within said boxlike hinge body (3) along a second axis (Y) substantially perpendicular to said first axis (X) between a compressed end position, corresponding to the open door position and an extended end position, corresponding to the closed door position, said plunger element (12) having a pushing head (13) interacting with a substantially counter shaped seat (14) of said cam element (11);
wherein said closing means (10) and said working fluid are both entirely housed in said operating chamber (25);
characterized in that said box-like hinge body (3) has elongated shape to define said second axis (Y), said pushing head (13) having a generally plate-like shape to define a plane () substantially perpendicular to said first axis (X). - (claim 1 of patent EP 2 324 XXX B 1)”
- 2.
Die Beklagte hat gegen das ihr nach der Unterlassungserklärung vom 31. Oktober 2014 obliegende Unterlassungsverbot verstoßen. - a)
Begeht der Schuldner nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bzw. Abschluss eines strafbewehrten Unterlassungsvertrages, mit dem die Wiederholungsgefahr beseitigt wurde, einen identischen oder im Kern gleichartigen Verstoß, lebt die Wiederholungsgefahr nicht wieder auf. Es entsteht jedoch mit der Zuwiderhandlung ein neuer (gesetzlicher) Unterlassungsanspruch. Dieser neue Unterlassungsanspruch wird durch das fortbestehende Strafversprechen nicht berührt. Der Gläubiger kann aufgrund des neuen Verstoßes auf doppelte Weise vorgehen: Er kann die Klage auf den neuen (gesetzlichen) Unterlassungsanspruch stützen. Des Weiteren hat er die Möglichkeit, die Klage auf seinen vertraglichen Unterlassungsanspruch zu stützen und daneben – wenn es um eine schuldhafte Zuwiderhandlung geht – die versprochene Vertragsstrafe zu fordern. Durch den Unterlassungsvertrag wird eine neue, selbstständige Unterlassungsverpflichtung geschaffen, die den gesetzlichen Unterlassungsanspruch ersetzen soll. Es handelt sich um ein abstraktes Schuldanerkenntnis. (BGH, GRUR 1998, 953, 954 – Altunterwerfung III; BGH, GRUR 2001, 85,86 – Altunterwerfung IV; Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG, 33. Auflage 2015, § 12 Rn. 1.157 ff.). - b)
Danach liegt ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Buchstaben a) und b) des Unterlassungsvertrages vom 31. Oktober 2014 vor. - aa)
Die Unterlassungsverpflichtung gemäß Buchstabe a) des Unterlassungsvertrages in deutscher Fassung umfasst Türschließdrehgelenke für eine Tür, vorzugsweise eine Glastür, mit folgenden Merkmalen, die nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben sind: - 1. Türschließdrehgelenk für eine Tür, vorzugsweise eine Glastür, die durch eine ortsfeste Stützstruktur stützbar ist, wobei das Türblatt zwischen einer offenen und einer geschlossenen Position bewegbar ist, das Türschließdrehgelenk umfassend:
1.1 einen kastenartigen Körper (10), der an der ortsfesten Stützstruktur oder an dem Türblatt verankerbar ist, und
1.2 einen Stift (20), der eine erste Längsachse (X) definiert und an dem anderen Element aus der Gruppe umfassend die ortsfeste Stützstruktur S und das Türblatt verankerbar ist
1.2.1 wobei der Stift (20) und der kastenartige Körper (10) gegenseitig drehbar gekoppelt sind, um sich um die erste Achse X zwischen der offenen Türposition und der geschlossenen Türposition zu drehen;
1.3 Schließmittel (30) zum automatischen Rückstellen des Türblattes aus der offenen in die geschlossene Position;
1.4 Bremsmittel (40), die auf das Schließmittel (30) einwirken um dessen Wirkung entgegenzuwirken;
1.5 wobei das Schließmittel (30) ein erstes Nockenelement (31) umfasst,
1.5.1 das mit einem ersten Kolbenelement (32) in Wechselwirkung steht,
1.5.2 welches innerhalb des kastenartigen Körpers (10) zwischen einer ersten zusammengedrückten Endposition, die der offenen Türposition entspricht, und einer ersten ausgefahrenen Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht, bewegbar ist;
1.6 wobei das Bremsmittel (40) ein zweites Nockenelement (41) umfasst,
1.6.1 das mit einem zweiten Kolbenelement (42) in Wechselwirkung steht,
1.6.2 welches innerhalb des kastenartigen Körpers (10) zwischen einer zweiten zusammengedrückten Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht, und einer zweiten ausgefahrenen Endposition, die der offenen Türposition entspricht, bewegbar ist;
1.7 wobei sowohl das erste als auch das zweite Nockenelement (31, 41) mit dem Stift (20) einstückig sind, sodass sie einstückig in Bezug zum kastenartigen Körper (10) drehbar damit sind;
1.8 wobei das erste Kolbenelement (32) zumindest einen ersten Schubkopf (33, 33‘) umfasst, der mit zumindest einem ersten, im Wesentlichen entsprechend geformten Sitz (34, 34‘) des ersten Nockenelements (31) in Wechselwirkung steht,
1.9 wobei das zweite Kolbenelement (42) zumindest einen zweiten Schubkopf (43) enthält, der mit zumindest einem zweiten, im Wesentlichen entsprechend geformten Sitz (44) des zweiten Nockenelements (41) in Wechselwirkung steht;
1.10 wobei das Schließmittel (30) erste entgegenwirkende elastische Mittel (39) umfasst, die auf das erste Kolbenelement (32) einwirken, um das wechselseitige Zusammenwirken von dem zumindest einen ersten Schubkopf (33, 33‘) und dem zumindest einen ersten entsprechend angepassten Sitz (34, 34‘) zu ermöglichen,
1.11 wobei das Bremsmittel (40) zweite entgegenwirkende elastische Mittel (47) umfasst, die auf das zweite Kolbenelement (42) einwirken, um das wechselseitige Zusammenwirken von dem zumindest einen zweiten Schubkopf (43) und dem zumindest einen zweiten angepassten Sitz (44) zu ermöglichen,
1.12 wobei der Stift (20) zwischen dem ersten und zweiten Kolbenelement (32, 42) angeordnet ist, und ferner
1.12.1 das erste und zweite Kolbenelement (32, 42) beide verschiebbar entlang einer zweiten Achse Y, die im Wesentlichen senkrecht zur ersten Achse X steht, bewegbar sind,
1.13 wobei sowohl der zumindest eine erste Schubkopf (33, 33‘) als auch der zumindest zweite Schubkopf (43) eine im Allgemeinen plattenartige Form aufweisen,
1.13.1 wobei die Schubköpfe (33, 33‘, 43) jeweils zumindest eine im Wesentlichen senkrecht zur ersten Achse X stehende Ebene ((’, ’’, ’’’) definieren. - (1)
Vor dem Hintergrund des Streites der Parteien, bedürfen Merkmal 1 und Merkmal 1.13 näherer Erörterung. Dabei ist für die Auslegung auf den Wortlaut und die Beschreibung des Patents EP 2426XXX B 1 abzustellen, denn insoweit ist unstreitig, dass dieses Patent Vertragsgrundlage der Unterlassungsverpflichtung gemäß Buchstabe a) sein soll. - (a)
Im Sinne des Patents ist die ortsfeste Stützstruktur gemäß Merkmal 1 die die Tür stützende Umgebung. Mithilfe der Stützstruktur verbleibt die Tür in ihrer Position und kann geöffnet und geschlossen werden. Diese Stützstruktur ist weiterhin ortsfest, somit nicht ortsveränderlich. Die die Tür stützende Umgebung besteht dabei aus den ortsunveränderlichen Elementen, die sich oberhalb, seitlich oder unterhalb der Tür befinden; diese können aus einem Türrahmen gebildet sein; sie sind indes nicht hierauf beschränkt. - Der Fachmann entnimmt dieses Verständnis des Merkmals 1 zunächst dem Wortlaut des Patentanspruchs selbst, wonach die Tür „durch eine ortsfeste Stützstruktur stützbar“ und „zwischen einer offenen und einer geschlossenen Position beweglich“ ist. Absatz [0019] (Textstellen ohne Bezugsangaben stammen aus der Patentschrift) benennt die ortsfeste Struktur als eine solche, die die Tür stützt.
- In der Beschreibung des Patents in Absatz [0002] ist ein Türrahmen beispielhaft für eine ortsfeste Stützstruktur benannt. In Absatz [0052] wird weiter der Boden beispielhaft als ortsfeste Stützstruktur bezeichnet. Absatz [0053] erläutert schließlich, dass weder die Tür noch die ortsfeste Stützstruktur gezeigt werden, da diese aus dem Stand der Technik bekannt sind. Dem entnimmt der Fachmann, dass das Patent die Befestigung eines patentgemäßen Türschließdrehgelenks gemäß dem vorbekannten Stand der Technik – somit ggf. auch am Fußboden – vorsieht. In Absatz [0054] sieht das Patent bei einer bevorzugten Ausführungsform für die Befestigung am Fußboden zudem eine Platte vor, die am Fußboden angebracht werden kann und wodurch die zuvor als nachteilig beschriebenen Aufbrecharbeiten vermieden werden können.
- (b)
Nach Merkmal 1.13 weist der mindestens eine Schubkopf des ersten und zweiten Kolbenelements eine im Wesentlichen plattenartige Form auf. Durch diese Form kann nach der Lehre des Patents die vertikale Sperrigkeit des Türschließdrehgelenks vermieden werden, indem der Schubkopf in den entsprechend geformten Sitz eingreifen und daher mit diesem in Wechselwirkung stehen kann (Abs. [0077]). Durch die plattenartige Form definieren diese Schubköpfe längsseitig erste und zweite Ebenen ‘, ‘‘ und ‘‘‘. - Dieses Verständnis entnimmt der Fachmann dem Wortlaut des Patentanspruchs sowie der Beschreibung in den Absätzen [0077] und [0078]. Bei der Darstellung von bevorzugten Ausführungsformen in den Figuren 4a, 4b und 5a sind die Ebenen ‘, ‘‘ und ‘‘‘ jeweils über den längsseitigen Verlauf des patentgemäßen Türschließdrehgelenks eingezeichnet.
- (2)
Die angegriffene Vorrichtung macht von den Merkmalen dieses Unterlassungsanspruchs unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Zwischen den Parteien ist lediglich streitig, ob die Befestigung der angegriffenen Vorrichtung an einem am Boden befestigten Element („base“) ebenfalls zu einer Verwirklichung der Merkmale des Patentanspruchs 1 führt und ob die im Allgemeinen plattenartige Form gemäß Merkmal 1.7 des Schubkopfes ausgebildet ist. - Beides ist nach der obigen Auslegung des Patentanspruchs 1 der Fall. Das am Boden befestigte Element „base“ (Platte) stellt eine ortsfeste Stützstruktur im Sinne des Patentanspruchs dar und wird als bevorzugte Ausführungsform im Patent sogar beschrieben. Diese Platte wird am Fußboden befestigt und verfügt über eine ausgebildete Aufnahme in Form eines annähernd rechteckigen Profils, das an das Einsteckenende des Stiftes des Scharniers angepasst ist und in diese Aufnahme eingesteckt werden kann. Damit ist dieses Element ortsfest und stützt die Tür.
- Weiterhin bildet die angegriffene Vorrichtung Schubköpfe aus, die längsseitig eine im Allgemeinen plattenartige Form aufweisen. Das Verständnis der Beklagten, wonach es auf die Stirnseite der Schubköpfe ankomme, findet weder im Patentanspruch noch in der Beschreibung eine Stütze.
- bb)
Weiterhin umfasst die Unterlassungsverpflichtung gemäß Buchstabe b) des Unterlassungsvertrages in deutscher Fassung ein Scharnier für Kühlräume, Schwingtore oder dergleichen mit folgenden Merkmalen, die nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben sind: - 1. Scharnier für Kühlräume, Schwingtore oder dergleichen, welches eine stationäre Stützkonstruktion (S) und mindestens ein Türblatt (A) umfasst, das zwischen einer offenen und einer geschlossenen Position bewegbar ist, wobei das Scharnier umfasst:
1.1 einen kastenartigen Scharnierkörper (3), der an der stationären Stützkonstruktion (S) oder an dem Türblatt (A) verankerbar ist,
1.2 einen Stift (5), der eine erste Längsachse (X) definiert und an dem anderen Element aus der Gruppe umfassend die stationäre Stützkonstruktion (S) und das Türblatt (A) verankerbar ist,
1.2.1 wobei der Stift (5) und der kastenartige Scharnierkörper (3) gegenseitig drehbar miteinander gekoppelt sind, um sich um die erste Ache (X) zwischen der offenen Türposition und der geschlossenen Türposition zu drehen;
1.3 Schließmittel (10) für die automatische Rückführung des Türblattes (A) aus der offenen in die geschlossenen Position;
1.4 ein Arbeitsfluid, das auf die Schließmittel (10) einwirkt, um der Wirkung derselben hydraulisch entgegenzuwirken und dadurch die Rotation des Türblattes (A) aus der offenen Position in die geschlossene Position zu regulieren;
1.5 wobei die Schließmittel (10) ein Nockenelement (11) umfassen, das mit dem Stift (5) einstückig ausgebildet ist und mit einem Kolbenelement (12) zusammenwirkt,
1.6 wobei das Kolbenelement (12) in einer Arbeitskammer (25) innerhalb des kastenartigen Scharnierkörpers (3) verschiebbar beweglich ist, entlang einer zweiten Achse (Y), die im Wesentlichen orthogonal zu der ersten Achse (X) verläuft, zwischen einer eingeschobenen Endposition, die der offenen Türposition entspricht, und einer ausgefahrenen Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht,
1.7 wobei das Kolbenelement (12) einen Schiebekopf (13) aufweist, der mit einem im Wesentlichen gegengeformten Sitz (14) des Nockenelements (11) zusammenwirkt;
1.8 wobei die Schließmittel (10) und das Arbeitsfluid beide zur Gänze in der Arbeitskammer (25) untergebracht sind;
1.9 wobei der kastenartige Scharnierkörper (3) eine längliche Gestalt aufweist, um die zweite Achse (Y) zu definieren,
1.10 wobei der Schiebekopf (13) eine im Allgemeinen plattenartige Gestalt aufweist, um eine Ebene (π) zu definieren, die im Allgemeinen in einem rechten Winkel zu der ersten Achse (X) verläuft. - (1)
Vor dem Hintergrund des Streites der Parteien, der allein die konkrete Befestigung der angegriffenen Vorrichtung zum Gegenstand hat, bedarf das Merkmal der „stationären Stützkonstruktion (S)“ näherer Erörterung. Zur Auslegung sind der Wortlaut und die Beschreibung des Patents EP 2324XXX B 1 heranzuziehen. - Unter dem Begriff der „stationären Stützkonstruktion“ im Sinne des Patents ist ein Element zu verstehen, das die Türkonstruktion stützt. Dies kann der Türrahmen selbst sein oder ein weiteres, an diesem oder am Fußboden befestigtes Element. An diesem stützenden Element soll ein Teil des Scharniers – entweder der kastenartige Scharnierkörper (3) oder der Stift (5) – verankert werden. Nach dem Wortlaut des Patents ist die Stützkonstruktion zur Befestigung des Scharniers nicht auf solche Elemente beschränkt, die vertikal angebracht sind – wie beispielsweise Türrahmen.
- Ausgehend vom Stand der Technik beschreibt das Patent in Absatz [0002] (Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Patentschrift EP 2324XXX B 1) bekannte Schließscharniere („closing hinges“), die regelmäßig ein bewegliches Element umfassen, welches an einer Tür oder dergleichen befestigt, und schwenkbar an einem feststehenden Element gelagert ist, welches wiederum üblicherweise am Stützrahmen der Tür („fixed to the support frame thereof“) befestigt ist. Für Kühlräume, Schwingtüren und dergleichen war im Stand der Technik bekannt, dass diese eine stationäre Stützkonstruktion („stationary support structure“) und wenigstens eine Tür umfassen, wobei letztere einen im Wesentlichen rohrförmigen Rahmen umfasst („which includes a substantially tubular frame“), an den eine Doppelglas-Einheit angebracht ist.
- Ausgehend von diesem Stand der Technik weist das Klagepatent den Fachmann an, ein Scharnier vorzusehen, dessen kastenartiger Scharnierkörper und dessen Stift entweder an der Tür bzw. dem Türblatt oder an dem diese stützenden Element verankerbar ist. Vorteilhaft an einem erfindungsgemäßen Scharnier ist dabei, dass dies beispielsweise in das röhrenförmige Profil eines Kühlraums, welches den Türrahmen definiert, eingebaut werden kann (Abs. [0025]). Überdies umfasst das Scharnier Schließmittel, welche auf das bewegbare Element einwirken, um die Tür oder dergleichen automatisch in die geschlossene Position zurückzuführen (Abs. [0003]) sowie hydraulische Dämpfungsmittel, um der Wirkung des Schließmittels entgegenzuwirken.
- Hydraulische Dämpfungsmittel sind nach der Beschreibung des Patents im Stand der Technik aus der EP 0407XXX ebenfalls bereits bekannt. Die betreffende Vorrichtung ist allerdings äußerst voluminös, weshalb sie am Fußboden montiert werden muss („it has necessarily to be mounted on the floor“, Abs. [0007]). Die Installation einer solchen Vorrichtung verlangt teure und schwierige Aufbrecharbeiten am Boden, die nur durch qualifizierte Monteure durchgeführt werden können. Mit dem vom Patent vorgeschlagenen Scharnier soll unter anderem dieser Nachteil überwunden werden, indem entweder der kastenartige Scharnierkörper oder der Stift an einer stationären Stützkonstruktion – und somit nicht direkt am Boden – verankert werden soll.
- Vor dem Hintergrund der Beschreibung im Patent wird der Fachmann angewiesen, bei einer Befestigung des Scharniers in Bodennähe – wie vorliegend streitgegenständlich – neben der Tür bzw. dem Türblatt ein das Scharnier bzw. die Tür stützendes Element, an dem das Scharnier angebracht werden kann, vorzusehen. So werden – im Falle der Befestigung am Boden – die damit nach dem Stand der Technik üblicherweise einhergehenden Aufbrecharbeiten vermieden. Ein patentgemäßes Scharnier umfasst somit nach Absatz [0021] ein feststehendes Element, das sich dazu eignet, an einer stationären Stützkonstruktion eines Drehtors, Kühlraums oder dergleichen verankert zu werden, und ein bewegbares Element, das sich dazu eignet, an einer bewegbaren Tür eines Drehtors, Kühlraums oder dergleichen verankert zu werden („to be achored to a stationary support structure of a swing gate“).
- (2)
Die angegriffene Vorrichtung macht von den Merkmalen des Patentanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Zwischen den Parteien ist lediglich streitig, ob die Befestigung der angegriffenen Vorrichtung an einem am Boden befestigten Element („base“) ebenfalls zu einer Verwirklichung der Merkmale des Patentanspruchs 1 führt. Dies ist nach der obigen Auslegung des Patentanspruchs 1 der Fall. Das am Boden befestigte Element „base“ stellt eine stationäre Stützkonstruktion im Sinne des Patentanspruchs dar. Es verfügt über eine ausgebildete Aufnahme in Form eines annähernd rechteckigen Profils, das an das Einsteckenende des Stiftes des Scharniers angepasst ist und in diese Aufnahme eingesteckt werden kann. Damit stützt dieses Element („base“) die Türkonstruktion. - c)
Bei der von der Klägerin angegriffenen Vorrichtung handelt es sich um einen im Kern gleichen Verstoß zu dem vorvertraglich angegriffenen Scharnier. Die Klägerin hat vorgetragen, dass das vorvertraglich angegriffene Scharnier sämtliche Merkmale der dem Unterlassungsanspruch zugrundeliegenden Patentansprüche auf exakt die gleiche Weise verwirklicht wie die nunmehr angegriffene Vorrichtung. Diesem Sachvortrag tritt die Beklagte nicht entgegen. - d)
Es besteht Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Anbietens, Inverkehrbringens, Gebrauchens, Einführens oder Besitzens der angegriffenen Vorrichtung. Diese entfällt nicht aufgrund der Mitteilung der Beklagten, die angegriffene Vorrichtung nicht mehr zu vertreiben und seit dem 12. Juli 2019 ausschließlich ein abgewandeltes Produkt am Markt anzubieten. Ausgeräumt werden kann die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur durch die Abgabe einer unwiderruflichen Unterlassungserklärung, die mit einem ausreichenden Vertragsstrafeversprechen gesichert ist (Kühnen, Hdb. Patentverletzung, Kap. D Rn. 339). - 3.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß §§ 242, 259 BGB zu, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. - 4.
Des Weiteren hat die Beklagte durch Angebot und Lieferung der angegriffenen Vorrichtung die unter Ziffer III. geltend gemachte Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 Euro verwirkt. - a)
Die Verwirkung der Vertragsstrafe setzt neben der Verwirklichung des objektiven Verletzungstatbestandes auch ein Verschulden des Schuldners voraus. Dieses wird grundsätzlich vermutet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.
Die Beklagte kann sich nicht auf die vom Lieferanten der angegriffenen Vorrichtung vorgelegten Nachweise berufen, wonach eine Verletzung nicht gegeben sei. Von einem Unternehmen ist grundsätzlich eine eigene Prüfung der Schutzrechtslage zu erwarten, selbst wenn diese wegen der technischen Komplexität des betroffenen Gegenstandes mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden ist. Hat in der Zulieferkette bereits eine ernsthafte, sorgfältige und sachkundige Prüfung daraufhin stattgefunden, ob das Produkt Schutzrechte im Bestimmungsland verletzt, so reduziert sich die Pflicht des Händlers darauf, sich zu vergewissern, dass die Schutzrechtslage verlässlich verifiziert worden ist (Kühnen a.a.O. Kap. D Rn. 453, Grabinski/Zülch in Benkard, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 139 Rn. 50). Vorliegend hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass sie die vorgelegten Gutachten entsprechend verifiziert haben will.
Auch soweit für die angegriffene Vorrichtung ein chinesisches Patent erteilt worden ist, schließt dies ein Verschulden nicht aus. Denn es handelt sich nicht um ein für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bestehendes Schutzrecht. Entsprechend kann die Beklagte auch aus dem Erteilungsverfahren vor dem chinesischen Patentamt keine – sie entlastenden – Rückschlüsse ziehen. - b)
Die Höhe der Vertragsstrafe richtet sich nach dem Unterlassungsvertrag; danach ist eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs vereinbart. - aa)
Die Auslegung eines Unterlassungsvertrages richtet sich nach den allgemeinen, für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen. Neben dem Inhalt der Vertragserklärungen sind demgemäß für die Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB insbesondere maßgeblich die beiderseits bekannten Umstände, der Zweck der Vereinbarung sowie die Art und Weise ihres Zustandekommens, die wettbewerbsrechtlich relevante Beziehung zwischen den Vertragspartnern und ihre Interessenlage. Dies gilt auch für die Auslegung, welchen Inhalt das Versprechen einer Vertragsstrafe „für jeden Fall der Zuwiderhandlung” hat, weil die Parteien in der inhaltlichen Ausgestaltung eines Unterlassungsvertrages grundsätzlich frei sind. Wenn kein eindeutiger Vertragswille ermittelt werden kann und der Wortlaut auslegungsbedürftig ist, kommt es in erster Linie auf den objektiv erkennbaren Erklärungsinhalt des Unterlassungsversprechens an. Daneben ist zu berücksichtigen, dass sich die Vereinbarung einer Vertragsstrafe auf mögliche zukünftige Sachverhalte bezieht, deren nähere Umstände naturgemäß kaum vorhersehbar sind. Dies hat zur Folge, dass die Auslegung eines Unterlassungsversprechens im Einzelfall auch Elemente einer ergänzenden Vertragsauslegung beinhalten kann. Es wird demgemäß in der Regel nicht dem Willen der Vertragsparteien entsprechen, die Verwirkung von Vertragsstrafen von starr gehandhabten Voraussetzungen abhängig zu machen, weil dies zur Folge hätte, dass den Besonderheiten der später eintretenden Fallgestaltungen – anders als es bei der Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO der Fall wäre – in keiner Weise mehr Rechnung getragen werden könnte (BGH, GRUR 2001, 758 – Mehrfachverstoß gegen Unterlassungsverpflichtung). - bb)
Unter Anwendung dieser Grundsätze bilden die von der Klägerin vorliegend in der Klageschrift in Bezug genommenen Verstöße des Anbietens der angegriffenen Vorrichtung im Internet auf der Webseite der Beklagten sowie eine Lieferung der angegriffenen Vorrichtung im Rahmen eines Testkaufs vor Zugang der Abmahnung und das Anbieten der angegriffenen Vorrichtung nach Zugang der Abmahnung jeweils natürliche Handlungen dar. Denn das Vertragsziel der Klägerin darf es vorliegend nicht sein, eine möglichst hohe und gegebenenfalls für die Beklagte existenzgefährdende Bestrafung für viele einzelne Verstöße zu erreichen. Angesichts der Höhe der versprochenen Vertragsstrafe erreicht auch eine Zusammenfassung einzelner Verstöße gemäß § 242 BGB das Ziel des Vertragsstrafeversprechens, da der mit der angegriffenen Vorrichtung zu erzielende Umsatz pro Stück mit ca. 55,22 Euro weit unter der vereinbarten Vertragsstrafe liegt und mit dieser in keinem angemessenen Verhältnis steht. Daher sind im vorliegenden Fall im Wesentlichen gleichartige, zeitlich und räumlich zusammentreffende Handlungen als eine Zuwiderhandlung anzusehen. Da das Angebot im Internet sowie die Lieferung der angegriffenen Vorrichtung in zeitlich engem Zusammenhang erfolgten, ist eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 Euro verwirkt. - Der Zugang der Abmahnung bei der Beklagten stellt sodann eine Zäsur dar. Ab diesem Zeitpunkt wusste die Beklagte um die mögliche Verletzung des Unterlassungsvertrages durch Angebot und Lieferung der angegriffenen Vorrichtung. Da die Beklagte auf diese Sachlage nicht reagierte und auch nach Zugang der Abmahnung die angegriffene Vorrichtung im Internet weiter bewarb, rechtfertigt dies insoweit die Verwirkung einer zweiten Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 Euro. Insgesamt hat die Beklagte somit eine Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 Euro verwirkt.
- 5.
Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatz die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht. - II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. - III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. - Streitwert: 505.000 Euro, wovon 5.000,- EUR auf die Widerklage entfallen.