4b O 42/19 – Verdichtervorrichtung

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 3030

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 24. März 2020, Az. 4b O 42/19

  1. Die Klage wird abgewiesen.
    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  2. Tatbestand
  3. Die Parteien stehen hinsichtlich der Behauptung einer Verletzung mehrerer Klageschutzrechte der Klägerin in Streit. Vorliegend macht die Klägerin Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf sowie Feststellung der Entschädigungspflicht und der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach wegen Verletzung des deutschen Patents DE 10 2006 006 XXX C 5 in geänderter Fassung (nachfolgend „Klagepatent“) geltend.
  4. Das Klagepatent wurde am 31. Januar 2008 angemeldet und die Patentanmeldung am 22. April 2010 offengelegt. Der Hinweis auf die Erteilung des Patents wurde am 18. November 2010 veröffentlicht. Das Patent wurde im Beschränkungsverfahren geändert und das beschränkte Patent am 13. September 2018 veröffentlicht.
    Das Klagepatent betrifft eine Verdichtervorrichtung. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 lautet:
  5. „Verdichtervorrichtung (10), die an einen Baggerarm (22) ankuppelbar ist, mit einem Unwuchterzeuger (30), dessen Antrieb (32) von der Hydraulik des Baggers gespeist wird, wobei sie einen elektrischen Generator (40) umfasst, der mit dem Antrieb (32) des Unwuchterzeugers (30) wenigstens mittelbar gekoppelt ist, dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Signaleinrichtung, insbesondere eine Lichtsignaleinrichtung umfasst, die mit dem Generator elektrisch wenigstens mittelbar verbunden ist oder eine Verdichtungsauswertungseinrichtung umfasst, die mit dem Generator elektrisch wenigstens mittelbar verbunden ist.“
  6. Hinsichtlich des „insbesondere“ geltend gemachten Unteranspruchs 3 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
  7. Die folgenden Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift. Figur 1 zeigt eine schematische Seitenansicht einer Verdichtervorrichtung.
  8. Figur 2 zeigt eine Ansicht der Verdichtervorrichtung von Figur 1 von hinten.
  9. Die Beklagte stellt her, benutzt, vermietet und bietet in der Bundesrepublik Deutschland Verdichtervorrichtungen an unter der Bezeichnung UAM „A“, „B“ und „C“, die sie auch über ihre Webseite https://www.D.eu/ bewirbt (nachfolgend „angegriffene Ausführungsform“). Alle Verdichtervorrichtungen sind an einen Bagger ankuppelbar. Optional sind für diese Verdichtervorrichtungen „G“- und „E“-Einrichtungen erhältlich, die mit einem elektrischen Generator betrieben werden, der mit einem hydraulischen Antrieb verbunden ist. Der hydraulische Antrieb wird durch den Hydraulikventilblock mit der Hydraulikleistung des Baggers versorgt. Die Beklagte bewirbt die angegriffene Ausführungsform auf ihrer Webseite wie folgt (Anlagenkonvolut AK 3):
  10. Die von der Geräteverkleidung befreite „E“ geht beispielhaft aus dem nachfolgenden Lichtbild des Modells „C“ hervor, das dem Schriftsatz der Klägerin vom 27. März 2019 entnommen ist:
  11. Die Klägerin ist der Ansicht, durch das Anbieten, Herstellen, Gebrauchen und Vermieten der angegriffenen Ausführungsform verletze die Beklagte Patentanspruch 1 wortsinngemäß. Die Verdichtervorrichtung könne über einen mechanischen oder hydraulischen Schnellwechsler in Form eines Kuppelabschnitts an einen Baggerarm angekuppelt werden. Über die Hydraulik des Baggers werde mittels des Hydraulikventilblocks der Antrieb des Unwuchterzeugers mit Hydraulikflüssigkeit versorgt. Der für die Verdichtervorrichtung notwendige Unwuchterzeuger werde nach den Angaben der Beklagten zum insoweit baugleichen Modell „F“ von einem Ölmotor angetrieben. Dabei handele es sich um einen hydraulischen Antrieb. Der elektrische Generator sei an den Hydraulikventilblock angeschlossen. Somit würden der hydraulische Antrieb des Unwuchterzeugers einerseits und der Generator andererseits mittelbar über den Hydraulikventilblock miteinander gekoppelt. Denn der Hydraulikventilblock versorge beide mit Hydraulikstrom, wobei vorhandene Hydraulikleistung zwischen dem hydraulischen Antrieb des Unwuchterzeugers und dem Generator aufgeteilt werde. Der Generator erhalte eine geregelte Menge an Hydraulikstrom, die aus dem Hydraulikstrom für den Antrieb des Unwuchterzeugers abgezweigt werde. Die Hydraulikflüssigkeit für den Generator stamme dabei aus demselben Hydraulikkreis, mit dem der Antrieb für den Unwuchterzeuger gespeist werde. Schließlich handele es sich bei den optional anzubringenden Ausstattungen „G“ und „E“ um Signaleinrichtungen, die als eine optische Kontrollanzeige mit mehreren LED’s ausgestattet seien als auch um Verdichtungsauswertungseinrichtungen.
  12. Die Klägerin beantragt,
  13. A. die Beklagte zu verurteilen,
    I. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
  14. Verdichtervorrichtungen
  15. in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
  16. die an einen Baggerarm ankuppelbar sind, mit einem Unwuchterzeuger, dessen Antrieb von der Hydraulik des Baggers gespeist wird, wobei sie einen elektrischen Generator umfassen, der mit dem Antrieb des Unwuchterzeugers wenigstens mittelbar gekoppelt ist, dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Signaleinrichtung, insbesondere eine Lichtsignaleinrichtung umfassen, die mit dem Generator elektrisch wenigstens mittelbar verbunden ist oder eine Verdichterauswerteeinrichtung umfassen, die mit dem Generator elektrisch wenigstens mittelbar verbunden ist;
  17. – DE 10 2008 006 XXX C 5 (Anspruch 1)
    insbesondere, wenn
    eine Verdichtervorrichtung nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet ist, dass sie ein Stromregelventil umfasst, welches die dem Antrieb zugeführte Menge an Hydraulikflüssigkeit steuert bzw. regelt;
    – DE 10 2008 006 XXX C 5 (Anspruch 3)
  18. II. ihr darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer A.I. bezeichneten Handlungen seit dem 18. November 2010 begangen hat, und zwar unter Angabe
    1. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer oder der Nutzer der Dienstleistungen;
    2. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren;
    3. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder mit diesen Erzeugnissen erbrachten Dienstleistungen bezahlt wurden;
    wobei zum Nachweis der Angaben entsprechende Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
    III. ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer A.I. bezeichneten Handlungen seit dem 22. Mai 2010 begangen hat, und zwar unter Angabe:
    1. der Herstellungsmengen und -zeiten,
    2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
    -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
    -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    4. der einzelnen Gebrauchshandlungen, aufgeschlüsselt nach Gebrauchsumfang, -zeiten und -preisen und der Namen und Anschriften der Leistungsempfänger,
    5. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
    6. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, ihr auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
    IV. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter A.I. bezeichneten Erzeugnisse an einen von ihr zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben, wobei der Beklagten eingeräumt wird, nach ihrer Wahl die Erzeugnisse auch selbst zu vernichten;
    V. die unter A.I. bezeichneten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des… vom…) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
    VI. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
    1. ihr für die unter A.I. bezeichneten, in der Zeit vom 22. Mai 2010 bis zum 17. Dezember 2010 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
    2. ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu A.I. bezeichneten und seit dem 18. Dezember 2010 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;
    B. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.840,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung zu zahlen.
  19. Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise,
    den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent DE 10 2006 006 XXX C 5 erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.
    Die Beklagte ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 keinen Gebrauch. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei der elektrische Generator nicht mit dem hydraulischen Antrieb des Unwuchterzeugers gekoppelt, auch nicht mittelbar. Es fehle jegliche Wirkverbindung zwischen dem hydraulischen Antrieb des Unwuchterzeugers und dem Generator. Der elektrische Generator verfüge über einen eigenen hydraulischen Antrieb. Beide hydraulischen Antriebe teilten sich lediglich dieselbe Zuleitung für die Hydraulikflüssigkeit. Über diese Hydraulikleitung werde indessen keine Arbeit des ersten Hydromotors auf den zweiten Hydromotor oder umgekehrt übertragen. Beide Antriebe beeinflussten sich nicht wechselseitig. Stattdessen sei der Generatorenantrieb sogar gezielt vom Unwuchterzeuger entkoppelt.
  20. Schließlich werde sich das Klagepatent als nicht rechtsbeständig erweisen. Die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 beruhe nicht auf einem erfinderischen Schritt.
  21. Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
  22. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
  23. Entscheidungsgründe
  24. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
  25. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf sowie Schadensersatz dem Grunde nach und Entschädigung aus §§ 139 Abs. 1, 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB.
  26. I.
    Das Klagepatent betrifft eine Verdichtervorrichtung. Im Stand der Technik ist aus der DE 103 55 172 B 3 eine Verdichtervorrichtung bekannt, deren Oberteil an einen Bagger ankuppelbar ist. Ein mit dem Oberteil verbundenes Unterteil weist einen Unwuchterzeuger auf, der von einem hydraulischen Antrieb angetrieben wird und der über entsprechende Schnellverbindungen mit einer baggerseitigen Hydraulikversorgung verbunden ist (Abs. [0002], Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift). Aus der WO 2006/061XXX A 1 ist weiter eine gattungsgemäße Verdichtervorrichtung bekannt, die eine Plattenverdichtungseinrichtung beschreibt, bei der über einen Motor sowohl eine Vibrationseinrichtung für den Verdichtungsvorgang als auch ein Generator antreibbar ist (Abs. [0004]).
  27. Vor dem Hintergrund des Standes der Technik bezeichnet es das Klagepatent als Aufgabe (technisches Problem), eine Verdichtervorrichtung zu schaffen, die flexibel bei allen gängigen Baggern eingesetzt werden kann und einen erweiterten Anwendungsbereich aufweist (Abs. [0003]).
  28. Zur Lösung des Problems schlägt das Klagepatent eine Verdichtervorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 vor, die nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben sind:
  29. 1. Verdichtervorrichtung (10),
    2. die an einen Baggerarm (22) ankuppelbar ist,
    3. mit einem Unwuchterzeuger (3), dessen Antrieb von der Hydraulik des Baggers gespeist wird,
    4. wobei sie einen elektrischen Generator (40) umfasst, der mit dem Antrieb (32) des Unwuchterzeugers (3) wenigstens mittelbar gekoppelt ist
    4.1 wobei sie eine Signaleinrichtung, insbesondere eine Lichtsignaleinrichtung umfasst, die mit dem Generator elektrisch wenigstens mittelbar verbunden ist
    4.2 oder eine Verdichtungsauswerteeinrichtung umfasst, die mit dem Generator elektrisch wenigstens mittelbar verbunden ist.
  30. II.
    Die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 ist eine Verdichtervorrichtung, die durch ihre konkrete Ausgestaltung flexibel bei allen gängigen Baggern einsetzbar ist und durch die Bereitstellung elektrischer Energie in bzw. an der Verdichtervorrichtung den Einsatz beliebiger elektrischer Komponenten ermöglicht (Abs. [0003] und [0007]). Die benötigte elektrische Energie wird dabei innerhalb der Verdichtervorrichtung bereitgestellt, ohne dass eine entsprechende elektrische Verbindung zwischen Verdichtervorrichtung und Bagger erforderlich ist. Um dies zu erreichen, weist das Klagepatent den Fachmann an, einen elektrischen Generator vorzusehen, der gemäß Merkmal 4 mit dem Antrieb des Unwuchterzeugers wenigstens mittelbar gekoppelt ist.
  31. 1.
    Nach dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs ist der Begriff „koppeln“ nicht lediglich umgangssprachlich im Sinne von „verbinden“ zu verstehen. Maßgebend ist vielmehr wie der Fachmann diesen Begriff nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung der Erfindung versteht. Definiert die Patentschrift einen im Anspruch verwendeten Begriff in bestimmter und ggf. eigenständiger Weise, ist dieses Begriffsverständnis den fachmännischen Überlegungen zugrundezulegen, da die Beschreibung des Patents insoweit ein „patenteigenes Lexikon“ darstellt (BGH, GRUR 2015, 972 – Kreuzgestänge; BGH, GRUR 2015, 875 – Rotorelemente; BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2016 – I-15 U 136/14 – Rn. 84).
  32. Danach reicht es nicht aus, dass der Antrieb des Unwuchterzeugers und der elektrische Generator über eine gemeinsame Zu- und Ableitung zum Hydraulikkreislauf im Sinne einer fluidischen Verbindung verfügen. Vielmehr muss eine mechanische Wirkverbindung zum Antrieb des Unwuchterzeugers bestehen; der hydraulische Antrieb, der den Unwuchterzeuger in Drehung versetzt, muss auch den elektrischen Generator antreiben.
  33. Der Klagepatentanspruch unterscheidet zwischen dem Unwuchterzeuger, dessen Antrieb, der Hydraulik und dem Generator. Bei dem Unwuchterzeuger handelt es sich um die Bauteile, die eine Drehbewegung aufgrund einer exzentrischen Massenverteilung in eine Schwing- oder Rüttelbewegung der Vorrichtung übersetzen. Die Drehbewegung wird dabei durch den Antrieb erzeugt. Hiervon zu unterscheiden ist die „Hydraulik des Baggers“, die ihrerseits den Antrieb des Unwuchterzeugers speist; ihn somit mit Volumenstrom versorgt. Der Antrieb ist also das Bauteil der Verdichtervorrichtung, das den Volumenstrom der Hydraulik in eine Drehbewegung transformiert, die wiederum den Unwuchterzeuger antreibt. Bei dem im Merkmal 3 genannten elektrischen Generator handelt es sich um ein Bauteil, mit dem Bewegung in elektrische Energie transformiert wird.
  34. Eine jedenfalls mittelbare Kopplung soll nun zwischen dem Generator und dem Antrieb des Unwuchterzeugers bestehen. Von einem eigenen Antrieb des Generators, der von der Hydraulik gespeist wird, ist im Klagepatentanspruch keine Rede. Demnach spricht bereits die Systematik des Klagepatentanspruchs dafür, dass es für eine mittelbare Kopplung von Generator und Antrieb des Unwuchterzeugers nicht ausreicht, wenn zwischen beiden lediglich eine Fluidverbindung besteht, so dass sie von derselben Hydraulik gespeist werden. Vielmehr bedarf es einer mechanischen Wirkverbindung zwischen dem Antrieb des Unwuchterzeugers und dem Generator.
  35. 2.
    Auch funktional betrachtet verlangt das Klagepatent in Merkmal 4 mehr als nur eine irgendwie ausgestaltete Verbindung zwischen dem Antrieb des Unwuchterzeugers und dem elektrischen Generator. Insbesondere erschöpft sich die Funktion von Merkmal 4 nicht allein darin, an der Verdichtervorrichtung elektrische Energie bereitstellen zu können, ohne dass eine entsprechende elektrische Verbindung zwischen Verdichtervorrichtung und Bagger erforderlich ist. Diese in der Klagepatentschrift angesprochene Funktion (Abs. [0006]) wird bereits durch Merkmal 3 erzielt, wonach die Verdichtervorrichtung einen elektrischen Generator umfasst, der Strom also erst an der Verdichtervorrichtung erzeugt wird. Mit dem Merkmal 4 lehrt der Klagepatentanspruch vielmehr, wie der gemäß Merkmal 3 an der Verdichtervorrichtung angeordnete Generator überhaupt angetrieben wird, um elektrische Energie erzeugen zu können. Die Kopplung hat dabei die Funktion, die vom Antrieb des Unwuchterzeugers bereitgestellte (Dreh-)Bewegung auch dem Generator zur Verfügung zu stellen. Diese Auslegung entspricht dem allgemeinen fachmännischen Verständnis des Begriffs „Kopplung“ im technischen Sinne, wonach allgemein eine Verknüpfung verstanden werden kann, aufgrund derer zwei oder mehrere physikalische Systeme sich gegenseitig beeinflussen können (vgl. Meyers Lexikon der Technik und der exakten Naturwissenschaften, Begriff „Kopplung“, Anlage PBP 3).
  36. Diese Funktion der Koppelung ergibt sich auch aus der Klagepatentschrift. In der allgemeinen Beschreibung des Klagepatents heißt es ausdrücklich, dass „die elektrische Energie in der Verdichtervorrichtung selbst erzeugt wird, indem der hydraulische Antrieb, der den Unwuchterzeuger in Drehung versetzt, auch den elektrischen Generator antreibt“ (Abs. [0006]). Wie das im Einzelnen geschieht überlässt das Klagepatent dem Fachmann. Bei dem hydraulischen Antrieb kann es sich um einen Axialkolbenmotor oder jeden anderen hydraulischen Drehantrieb handeln, mit dessen Welle auch der Generator verbunden ist (Abs. [0006], [0021]).
  37. Das Klagepatent nimmt mit dieser Lehre des Klagepatentanspruchs den gattungsbildenden Stand der Technik aus der WO 2006/061XXX auf, die eine Plattenverdichtungsanordnung beschreibt, bei der über einen Motor sowohl eine Vibrationseinrichtung für den Verdichtervorgang als auch ein Generator antreibbar ist (Abs. [0004]). Von diesem Stand der Technik grenzt sich das Klagepatent allein über die Signal- und Verdichtungsauswerteeinrichtung nach Merkmal 4.1 und 4.2 ab.
  38. Soweit die Klägerin für die von ihr vertretene weite Auslegung des Begriffs der Kopplung ebenfalls auf den gattungsbildenden Stand der Technik und die Anlage CK 6 verweist, vermag die Kammer dem nicht zu folgen, weil die darin vorgenommene Zuordnung der Begrifflichkeiten unzutreffend ist. Der Antrieb im Sinne des Klagepatentanspruchs ist in der WO 2006/061XXX der Motor 2, bei dem es sich allerdings nicht um einen hydraulischen Antrieb, sondern um einen Benzinmotor handelt. Darauf kommt es jedoch letztlich nicht an. Entscheidend ist, dass mit diesem Antrieb sowohl der Schwingungserreger 4 als auch der elektrische Generator 3 angetrieben werden. Die Übertragung der Drehbewegung des Motors 2 erfolgt dabei mittels Riemen und Scheiben auf die jeweilige Welle 16, 19. Riemen und Scheiben dienen somit der Kopplung des elektrischen Generators 3 mit dem Antrieb in Form des Motors 4. Hingegen können die Welle 19 und die Riemenscheibe 20 am Schwingungserreger 4 entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als Antrieb angesehen werden. Um bei einem solchen Verständnis überhaupt begründen zu können, dass das Ausführungsbeispiel des Klagepatents hinsichtlich der Kopplung vom gattungsbildenden Stand der Technik erfasst wird, verweist die Klägerin in der Anlage CK 6 auf einen Riemen zwischen Schwingungserreger und elektrischem Generator. Ein solcher Riemen ist in der WO 2006/061XXX jedoch gar nicht offenbart.
  39. III.
    Nach dieser Auslegung stellen Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform keine Verletzung des Klagepatentanspruchs 1 dar.
  40. Zwar handelt es sich um eine Verdichtervorrichtung, die an einen Baggerarm ankuppelbar ist und über einen Unwuchterzeuger, der von der Hydraulik des Baggers gespeist wird, sowie einen elektrischen Generator verfügt. Allerdings ist der elektrische Generator bei der angegriffenen Ausführungsform nicht mit dem Antrieb des Unwuchterzeugers gekoppelt, auch nicht wenigstens mittelbar. Denn der elektrische Generator und der Unwuchterzeuger weisen jeweils einen eigenen Antrieb auf. Der Hydromotor des elektrischen Generators und der Hydromotor des Unwuchterzeugers verfügen ihrerseits über eine gemeinsame Ölzuleitung über den Hydraulikventilblock. Diese teilen sich damit zwar dieselbe Zuleitung für die Hydraulikflüssigkeit. Eine (mechanische) Wirkbeziehung im Sinne einer wechselseitigen Beeinflussung besteht nicht.
  41. IV.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
  42. V.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
  43. Streitwert: 150.000 Euro

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