Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 3018
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Februar 2020, Az. 4b O 59/13
- I. Die Klage wird abgewiesen.
- II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
- III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagten aus dem Gebrauchsmuster DE 20 2004 021 XXX (nachfolgend: Klagegebrauchsmuster) auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
- Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagegebrauchsmusters, das von dem Patent EP 1 608 XXX B1 abgezweigt wurde. Das Klagegebrauchsmuster wurde am 31.03.2004 unter Inanspruchnahme einer italienischen Priorität vom 01.04.2003 angemeldet. Die Eintragung im Register erfolgte am 20.01.2011, die Bekanntmachung im Patentblatt am 24.02.2011. Auf den Löschungsantrag der Beklagten zu 3) stellte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) mit Beschluss vom 11.03.2016 fest, dass das Klagegebrauchsmuster von Anfang an unwirksam ist. Der Beschluss ist rechtskräftig.
- Das Klagegebrauchsmuster betrifft Tupfer zur Aufnahme von biologischen Proben. Mit der Klage machte die Klägerin die Schutzansprüche 15, 18 und 21 des Klagegebrauchsmusters geltend, für deren Wortlaut auf die Anlage FR 3a Bezug genommen wird.
- Die Beklagte zu 1) stellt Tupfer mit den Bezeichnungen „A“, „B“ und „C“ her (nachfolgend: angegriffene Ausführungsformen), die u.a. die auf Bl. 8 d. A. aufgeführten Artikelnummern haben. Darunter fallen auch die Tupfer mit den Artikelnummern MW XXX und XXX aus der Gruppe „A“ und die Tupfer mit den Artikelnummern MW XXX und 820 aus der Gruppe „C“. Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aus den Anlagen FR8a-10b, 11, 12 und 14. Die Beklagte zu 1) bewirbt ihre Produkte weltweit über ihren Internetauftritt www.D.com (Anlage FR5a/5b) und vertreibt sie über Vertriebspartner in Deutschland.
- Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind Vertriebspartner der Beklagten zu 1). Sie bewerben die angegriffenen Ausführungsformen über ihre Internetauftritte www.E.uk und www.F.de (Anlagen FR6a, 6b, 7) und vertreiben sie in Deutschland.
- Der nachfolgenden Tabelle lassen sich die G Artikelnummern für die angegriffenen A-Tupfer und die angegriffenen B-Tupfer entnehmen (vgl. Seite 8 der Klageschrift), denen – soweit möglich – die zugehörigen H Artikelnummern der Beklagten zu 3) zugeordnet wurden.
- Die angegriffenen Ausführungsformen weisen an ihrer Spitze jeweils Faserbündel auf, die auf die Spitze des Stabes geflockt wurden. Die Faserbündel bestehen aus Einzelfasern, die mit einem Klebstoff zusammengehalten werden. Anders als die angegriffenen Tupfer aus der Gruppe „C“ weisen die angegriffenen Tupfer aus der Gruppe „A“ an ihren Spitzen Fasern mit aufgespleißten Enden auf. Nachfolgend sind Bilder der Tupfer aus der Gruppe B und der Gruppe A“ gegenübergestellt.
- Die Klägerin beantragt zuletzt,I. die Beklagten zu verurteilen,
- ihr Auskunft zu erteilen und durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie in Deutschland seit dem 24.03.2011 Tupfer zur Aufnahme von zu analysierenden biologischen Proben angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben, welche jeweils die folgenden Merkmale aufweisen:
- der Tupfer umfasst einen Stab, der in eine Spitze ausläuft, die mit einer Faserschicht bedeckt ist, die hydrophile Eigenschaften aufweist, um die Absorption der genannten Proben zu ermöglichen, wobei die Fasern die Spitze in Form einer durch Flockung abgelagerten Schicht bedecken, wobei die genannte Schicht eine Dicke zwischen 0,6 und 3 mm aufweist und wobei die Fasern aus Polyester sind,
- unter Angabe
- a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, - d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagehöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des jeweils erzielten Gewinns, - wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist; und
- wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und zu b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen) in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungslegungspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. bezeichneten, in Deutschland seit dem 24.03.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- Die Beklagten beantragen,die Klage abzuweisen.
- Auf Antrag der Klägerin vom 06.11.2012 hat das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 14.11.2012 in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet, das unter dem Aktenzeichen 4b O 176/12 geführt wird. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren wird auf das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen I vom 15.01.2013 in dem Verfahren 4b O 176/12 verwiesen.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2014 Bezug genommen.
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist unbegründet.
- Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadensersatz nicht zu. Sie ergeben sich nicht aus §§ 24 Abs. 2, 24b Abs. 1 und 3 GebrMG i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Nachdem das DPMA rechtskräftig feststellte, dass das Klagegebrauchsmuster von Anfang an unwirksam war, fehlt es an einem Schutzrecht, dessen Lehre die Beklagten benutzten und auf das die Ansprüche gestützt werden könnten.
- Die Kostenentscheidung beruht auf den § 91 Abs. 1 ZPO.
- Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
- Streitwert: 100.000,00 €