Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 3013
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 17.03.2020, Az. 4a O 80/19
- I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.10.2018 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. - Tatbestand
- Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen behaupteter Patentverletzung auf Schadenersatzfeststellung, Auskunft und Rechnungslegung, den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie einen Zahlungsanspruch aus einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung geltend.
- Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 1 550 XXX B1 (Klagepatent), betreffend ein zusammenfaltbares Kinderbett. Das Klagepatent steht in Kraft.
- Ihren Antrag auf Zahlung von 2.500,00 EUR stützt sie auf eine als Anlage K4 vorgelegte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung der Beklagten. In dieser heißt es unter anderem:
- Eine entsprechende Zahlung der Beklagten unterblieb. Unter anderem mit E-Mail vom 14.01.2019 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass sie bisher keine Zahlungen erhalten habe. In der betreffenden E-Mail, vorgelegt im Anlagenkonvolut K 5, heißt es unter anderem:
- Die hiesige Klage wurde der Beklagten am 19.09.2019 zugestellt. Die Beklagte erkannte die Klageanträge zu den Ziffern I., II. und IV. mit Schriftsatz vom 3.12.2019 unter Verwehrung gegen die Kostenlast an.
- Die Klägerin ist der Ansicht, es liege kein sofortiges Anerkenntnis im Sinne der ZPO vor, da die Beklagte durch ihr Verhalten nach Abgabe der Unterlassungserklärung Veranlassung zur Klage gegeben habe.
- Der Anspruch zur Zahlung von 2.500,00 EUR folge aus dem abgegebenen Schuldanerkenntnis und sei unabhängig etwaiger Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu beurteilen.
- Nachdem die Beklagte die Klageanträge zu den Ziffern I., II. und IV. mit Schriftsatz vom 3.12.2019 unter Verwehrung gegen die Kostenlast anerkannt hat, hat die hiesige Kammer sie antragsentsprechend mit Teil-Anerkenntnisurteil vom 06.01.2020 verurteilt. Wegen des weiteren Inhalts wird Bezug genommen auf das Teil-Anerkenntnisurteil vom 06.01.2020 (Bl. 49 ff. GA).
- Die Klägerin beantragt nunmehr noch:
- I. Die Beklagte wird verurteilt, 2.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Oktober 2018 an die Klägerin zuzahlen.
- Die Beklagte beantragt im Übrigen,
die Klage abzuweisen. - Sie ist der Ansicht, die Klägerin müsse die Kosten des Verfahrens tragen, da sie sie, die Beklagte, nicht ordnungsgemäß vor Klageerhebung abgemahnt habe. Sie behauptet, ihr sei weder der konkrete Sachverhalt noch die potentiellen Rechtsfolgen vor Zustellung der Klageschrift durch die Klägerin erläutert worden.
- Für die Durchsetzung des Zahlungsanspruchs fehle der Klägerin das Rechtschutzbedürfnis, da sie nunmehr über einen Kostenfestsetzungsbeschluss verfüge, der ihre Prozesskosten abdecke. Würde die Klage insoweit zulässig und begründet sein, käme sie, die Beklagte, in die Zwangslage, Kostentiteln in Höhe von mehr als 5.000,00 EUR ausgesetzt zu sein, obwohl der Klägerin materiell-rechtlich keine Forderungen gegen sie zukämen.
- Die Kammer hat mit Beschluss vom 17.02.2020 mit Zustimmung beider Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet und eine Schriftsatzfrist bis zum 03.03.2020 eingeräumt.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstand wird Bezug genommen auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.
- Entscheidungsgründe
- Die Klage ist, soweit über sie nach dem Teil-Anerkenntnis noch zu entscheiden war, zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen fälligen und einredefreien Zahlungsanspruch in Höhe von 2.500,00 EUR, zu deren Durchsetzung ihr nicht das Rechtschutzbedürfnis fehlt (hierzu unter I.). Die Kosten des Rechtsstreits sind insgesamt von der Beklagten zu tragen, da kein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO vorliegt (hierzu unter II.).
- I.
Der Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 2.500,00 EUR folgt aus dem von der Beklagten abgegebenen Schuldanerkenntnis. Er ist fällig und einredefrei und die Klage ist insoweit nicht mangels Rechtschutzbedürfnis unzulässig. - 1.
Zwar ist das Rechtschutzbedürfnis für eine Leistungsklage in der Regel nicht vorhanden, wenn der geltend gemachte Anspruch bereits tituliert ist (BGH, NJW 1986, 931). Dieser Fall liegt hier aber nicht vor. Der bereits titulierte Anspruch der Klägerin betrifft Prozesskosten. Der nunmehr klageweise geltend gemachte Zahlungsanspruch hat seinen materiellen Rechtsgrund aber in einem abstrakten Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB, welches die Verbindlichkeit losgelöst vom Schuldgrund unabhängig begründet (Habersack in Müko BGB, § 780 Rn 44 i.V.m. § 781 Rn 2). Es handelt sich damit um zwei voneinander unabhängige Forderungen der Klägerin. - 2.
Die Beklagte hat sich durch ein abstraktes Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB wirksam zur Zahlung von 2.500,00 EUR verpflichtet. - Nach § 781 BGB liegt ein abstraktes Schuldanerkenntnis dann vor, wenn der Anerkennende den Willen erklärt hat, mit dem Anerkenntnis eine neue Verbindlichkeit hervorzubringen, die ihren Schuldgrund nicht enthält, was durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Dies ist hier der Fall. Der Wortlaut der entsprechenden Erklärung, wonach
- …
ist insoweit eindeutig. Ein unter Umständen nunmehr abweichender Wille der Beklagten ist bei der Auslegung nicht zu berücksichtigen. - Das Schriftformerfordernis des § 781 BGB ist ebenfalls erfüllt.
- Angesichts dessen, dass eine Zahlungsfrist bis zum 18.10.2018 vereinbart war, ist der Anspruch auch fällig.
- Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 2 BGB.
- II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. § 93 ZPO findet keine Anwendung. - Voraussetzung der Anwendung der Kostentragungsregel des § 93 ZPO ist unter anderem, dass die Beklagte keine Veranlassung zur Klage gegeben hat. Zur Klageerhebung hat der Beklagte Veranlassung gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (Herget in Zöller, ZPO, § 93 Rn 3).
- Zwar hat im Grundsatz im Gewerblichen Rechtschutz im Vorfeld einer Klage eine Abmahnung zu erfolgen, um dem Verletzer die Gelegenheit zu geben, ein kostenintensives Gerichtsverfahren zu vermeiden. Allerdings ist eine Abmahnung unter anderem unter dem Gesichtspunkt der Förmelei dann entbehrlich, wenn sie aus Sicht des Klägers von vorneherein zwecklos erscheint (vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 12. Auflage 2020, Abschnitt C, Rn 167).
- So liegt der Fall hier. Die Beklagte hatte bereits eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben, in welcher das Klagepatent benannt wurde und ausdrücklich auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Falle der Nichtzahlung der 2.500,00 EUR hingewiesen wurde. Ferner wurde die Beklagte in der E-Mail vom 14.01.2019 nochmals darauf hingewiesen, dass bei Nichtzahlung des betreffenden Betrags das Verfahren von der Klägerin weiter betrieben werde und die patentrechtlichen Ansprüche gerichtlich durchgesetzt werden können. Aus der, wie oben dargelegten, maßgeblichen Sicht der Klägerin war die Beklagte über den Verletzungstatbestand sowie die Absicht der Klägerin, bei Nichtzahlung gerichtliche Schritte, die auch die Zahlung von Schadenersatz beinhalten, hinreichend aufgeklärt. Trotz allem erfolgte keine Reaktion der Beklagten. Eine Abmahnung wäre damit von vorneherein zwecklos gewesen. Der Vortrag der Beklagten, sie habe ohne hinreichende Information die entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben, ist unerheblich. Aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin durfte diese davon ausgehen, etwas derart Weitreichendes wie die Unterlassungserklärung mit abstraktem Schuldanerkenntnis werde durch die Beklagte erst nach gründlicher Prüfung, ob die Ansprüche tatsächlich gerechtfertigt sind, unterschrieben.
- Dass die Beklagte nunmehr im gerichtlichen Verfahren vorträgt, dass sie sich unterworfen hätte, wenn sie ausreichend ins Bild gesetzt und abgemahnt worden wäre, ist ebenfalls unerheblich, denn es kommt auf das Verhalten der Beklagten vor Prozessbeginn an (Kühnen, aaO).
- Angesichts dessen, dass die Beklagte bisher nicht sämtliche klageweise geltend gemachten und anerkannten Ansprüche der Klägerin erfüllt hat, kann die Frage, ob dieser Umstand wenigstens indiziell in die Würdigung einzubeziehen ist, offen bleiben.
- III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.