Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2999
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. Juni 2020, Az. 4a O 125/15
- I. Die Beklagten werden verurteilt,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- Katheter-Vorrichtungen umfassend einen am proximalen Ende der Katheter-Vorrichtung befindlichen Motor, eine sich vom proximalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung bis zum distalen Endbereich erstreckende Antriebswelle zum Antreiben eines sich am distalen Ende der Katheter-Vorrichtung befindlichen drehenden Elementes, wobei das sich drehende Element ein Rotor ist,
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- bei denen die Antriebswelle am proximalen Ende der Katheter- Vorrichtung mittels einer Kupplung mit dem Motor verbunden ist, die Kupplung eine Magnetkupplung mit einer proximalen und einer distalen Magneteinheit ist, wobei die proximale Magneteinheit mit dem Motor verbunden ist und die distale Magneteinheit mit der Antriebswelle verbunden ist, und die distale Magneteinheit in einem Kupplungsgehäuse gelagert ist und von der proximalen Magneteinheit durch eine Wandung räumlich getrennt ist und die distale Magneteinheit im Kupplungsgehäuse flüssigkeitsdicht gelagert ist und
- ein schlauchförmiger Katheterschaft sich vom proximalen Endbereich bis zum distalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung erstreckt, wobei der Katheterschaft mit seinem proximalen Ende flüssigkeitsdicht mit dem Kupplungsgehäuse verbunden ist,
- ein Pumpengehäuse vorgesehen ist, das den Rotor mit einem rohrförmigen Pumpenabschnitt umgibt, wobei das Pumpengehäuse aus einem Gitter ausgebildet ist, dessen Öffnungen zumindest im Bereich des Pumpenabschnittes mittels einer elastischen Bespannung geschlossen sind und das Gitter des Pumpengehäuses aus einem Formgedächtnismaterial ausgebildet ist und das Pumpengehäuse von distal nach proximal einen distalen Gehäuseabschnitt, den Pumpenabschnitt und einen proximalen Gehäuseabschnitt aufweist,
- zum Zentrieren der Antriebswelle in dem Pumpengehäuse in dem distalen Gehäuseabschnitt und dem proximalen Gehäuseabschnitt jeweils ein Lagerbereich für die Antriebswelle ausgebildet ist;
(geändert aufrechterhaltener Anspruch 1 des EP XXX2 XXX 872,
siehe DE 50 2007 XXX 015 C5) - 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 8. September 2010 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege
(nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen; - 3. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung schriftlich darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 8. Oktober 2010 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Lieferungsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
- b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, der Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
- wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 4. nur die Beklagte zu 2): die in ihrem unmittelbaren und/oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden oder zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
- 5. die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 8. X 2010 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, deren durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf Verletzung des Klagepatents erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises sowie Übernahme der Kosten der Rücknahme zugesagt wird und endgültig zu entfernen, indem die Beklagten die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich nehmen oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlassen.
- II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 8. X 2010 durch die in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
- III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
- IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.000.000,00. Daneben sind die Ansprüche auf Unterlassung, Vernichtung und Rückruf (Ziff. I.1., I.4. und I.5. des Tenors) gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 750.000,00. Die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziff. I.2. und I.3. des Tenors) sind gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 100.000,00. Die Kostengrundentscheidung ist gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen behaupteter unmittelbarer, wortsinngemäßer Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf patentverletzender Erzeugnisse sowie auf Feststellung der Pflicht zum Leisten von Schadensersatz dem Grunde nach in Anspruch. Die Beklagte zu 2) nimmt die Klägerin zusätzlich auch auf Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse in Anspruch.
- Die Klägerin ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des Europäischen Patents EP XXX2 XXX 872 B1 (nachfolgend: Klagepatent). Das in deutscher Verfahrenssprache erteilte Klagepatent wurde am 08.10.2007 angemeldet. Das Europäische Patentamt veröffentlichte am 08.09.2010 den Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents.
- In einem von der Beklagten zu 2) angestrengten Nichtigkeitsverfahren hielt der Bundesgerichtshof das Klagepatent mit Urteil vom 03.09.2019 (vorgelegt in Anlage K34; nachfolgend kurz: BGH-Urteil) in beschränkter Fassung aufrecht. Hierdurch wurde das Urteil des Bundespatentgerichts vom 08.06.2017 abgeändert (vorgelegt in Anlage K39; nachfolgend kurz: BPatG-Urteil). Das ursprünglich erteilte Klagepatent ist als Anlage K2 zur Akte gereicht worden, während die nach Abschluss der Nichtigkeitsverfahren geänderte Patentschrift (DE 50 2007 XXX 015 C5) in Anlage K35 vorliegt.
- Das Klagepatent steht in der beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung in Kraft. Die Beklagte zu 1) hat unter dem 27.04.2020 eine (zweite) Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent eingereicht, über die das Bundespatentgericht noch nicht entschieden hat.
- Der geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 03.09.2020 aufrechterhaltenen Fassung:
- „Katheter-Vorrichtung umfassend,
- – einen am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung (1) befindlichen Motor (7),
- – eine sich vom proximalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) bis zum distalen Endbereich erstreckende Antriebswelle (4) zum Antreiben eines sich am distalen Ende der Katheter-Vorrichtung (1) befindlichen drehenden Elementes, wobei das sich drehende Element ein Rotor (3.2) ist,
- dadurch gekennzeichnet, dass die Antriebswelle (4) am proximalen Ende (6) der Kathetervorrichtung (1) mittels einer Kupplung (9) mit dem Motor verbunden ist,
- und die Kupplung (9) eine Magnetkupplung mit einer proximalen und einer distalen Magneteinheit (23.1, 23.2) ist, wobei die proximale Magneteinheit (23.2) mit dem Motor (7) verbunden ist und die distale Magneteinheit (23.1) mit der Antriebswelle (4) verbunden ist, und die distale Magneteinheit (23.1) in einem Kupplungsgehäuse (19) gelagert ist und von der proximalen Magneteinheit (23.2) durch eine Wandung (24) räumlich getrennt ist und die distale Magneteinheit (23.1) im Kupplungsgehäuse (19) flüssigkeitsdicht gelagert ist und
- ein schlauchförmiger Katheterschaft (8) sich vom proximalen Endbereich bis zum distalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) erstreckt,
- wobei der Katheterschaft (8) mit seinem proximalen Ende flüssigkeitsdicht mit dem Kupplungsgehäuse (19) verbunden ist und ein Pumpengehäuse vorgesehen ist, das den Rotor (3.2) mit einem rohrförmigen Pumpenabschnitt (3.1.3) umgibt, wobei das Pumpengehäuse (3.1) aus einem Gitter ausgebildet ist, dessen Öffnungen zumindest im Bereich des Pumpenabschnittes (3.1.3) mittels einer elastischen Bespannung geschlossen sind, und das Gitter des Pumpengehäuses (3.1) aus einem Formgedächtnismaterial ausgebildet ist und das Pumpengehäuse (3.1) von distal nach proximal einen distalen Gehäuseabschnitt (3.1.1, 3.1.2), den Pumpenabschnitt (3.1.3) und einen proximalen Gehäuseabschnitt (3.1.4, 3.1.5) aufweist,
- wobei zum Zentrieren der Antriebswelle (4) in dem Pumpengehäuse (3.1) in dem distalen Gehäuseabschnitt (3.1.1, 3.1.2) und dem proximalen Gehäuseabschnitt (3.1.4, 3.1.5) jeweils ein Lagerbereich für die Antriebswelle (4) ausgebildet ist.“
- Zur Veranschaulichung der beanspruchten Lehre werden nachfolgend die Fig. 1, 6, 14 und 15 des Klagepatents verkleinert eingeblendet:
- Die Beklagte zu 1) ist im Bereich der Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Medizinprodukten wie Herzunterstützungssysteme einschließlich intrakardialer Blutpumpen tätig. Eines ihrer Produkte ist die Herzpumpe „A“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Der Vertrieb findet etwa über die englisch-sprachige Internetseite www.(…).com (vgl. Anlagen K7/K7a; K8/K8a) statt. Hiervon sind auch eine Bedienungsanleitung (Anlage K10) und eine Gebrauchsanleitung (Anlage K11) in deutscher Sprache herunterladbar. Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform sind von den Beklagten in Anlagenkonvolut B7 vorgelegt worden, aus dem zur Veranschaulichung der Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform nachfolgend Abb. 1 und 2 eingeblendet werden:
- Die Beklagte zu 2) ist (…) Unternehmen im Konzern der Beklagten und war ein Tochterunternehmen der Beklagten zu 1) mit einer Zweigniederlassung in B, das auf den Großhandel mit medizinischen Produkten und Herzunterstützungssystemen in Deutschland spezialisiert war. Auf den Internetseiten www.(…).com war die Beklagte zu 2) als Kontakt für den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland angegeben. Sie zeigt sich auch in den vorgelegten Bedienungs- und Gebrauchsanleitungen (Anlagen K10 und K11) jeweils für diese Publikationen verantwortlich.
- Die Klägerin meint, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent unmittelbar wortsinngemäß.
- Der Fachmann beziehe „proximal“ und „distal“ hinsichtlich der Magneteinheiten auf die Zugehörigkeit bzw. Verbindung der jeweiligen Magneteinheit mit dem am proximalen Ende der Katheter-Vorrichtung befindlichen Motor (proximale Magneteinheit) bzw. der sich distal von der Kupplung erstreckenden Antriebswelle (distale Magneteinheit). Der Anspruch selbst definiere an dieser Stelle, was unter proximal bzw. distal zu verstehen sei. Das Klagepatent erfordere nicht, dass die jeweilige Magneteinheit in jedem erdenklichen Zustand in axialer Richtung distal bzw. proximal zueinander liegen müsse.
- Die vom Klagepatent beanspruchte magnetische Kupplung sei nicht auf Stirndrehkupplungen beschränkt. Eine Stirndrehkupplung sei vom Klagepatent nur als ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel gezeigt, auf das der Schutzbereich aber nicht beschränkt werden dürfe. Die Kupplung solle patentgemäß das übertragbare Drehmoment begrenzen, was von jeder berührungslosen Magnetkupplung unabhängig von ihrer Bauart als Stirndreh- oder Zentraldrehkupplung erreicht werde. Bei blockierter Antriebswelle komme es bei einer Zentraldrehkupplung, wie sie in der angegriffenen Ausführungsform vorhanden ist, zu einem Durchrutschen der Magnetkupplung.
- Die anspruchsgemäße Funktion der Drehmomentbegrenzung sei abzugrenzen von einer räumlichen Trennung der beiden Magneteinheiten bei Überschreiten eines bestimmten Drehmoments. Die Trennung sei nicht Gegenstand des Hauptanspruchs, sondern werde vom Klagepatent nur für ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel beschrieben.
- Hiernach umfasse die angegriffene Ausführungsform eine proximale und eine distale Magneteinheit im Sinne des geltend gemachten Anspruchs. Die in der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Magnetkupplung erfülle die patentgemäßen Funktionen: Sie übertrage ein Drehmoment und es finde eine Begrenzung auf ein maximal übertragbares Drehmoment statt. Im Zeitpunkt der Angebots- oder Vertriebshandlung befänden sich die Magneteinheiten im Übrigen im entkoppelten Zustand. Daher komme es nicht darauf an, dass die Magneteinheiten im gekoppelten Zustand zentrisch ausgerichtet sind – und keiner der beiden Magneten näher am proximalen bzw. distalen Ende der Katheter-Vorrichtung liegen mag.
- Nach dem eindeutigen Anspruchswortlaut müsse ausschließlich die distale Magneteinheit im Kupplungsgehäuse gelagert sein, nicht aber die proximale Magneteinheit. Aus dem Wortlaut „Kupplungsgehäuse“ könne nicht hergeleitet werden, dass die gesamte Kupplung bzw. beide Magneteinheiten in dem Gehäuse aufgenommen werden müssen. Ein solches Kupplungsgehäuse sei in der angegriffenen Ausführungsform als ein „zylinderförmiger Fortsatz des Griffs“ aus Polycarbonat vorhanden.
- Die beanspruchte Wandung könne Teil des Kupplungsgehäuses sein, da die distale Magneteinheit in einem Kupplungsgehäuse gelagert sein soll. Die Wandung solle die distale und die proximale Magneteinheit lediglich trennen. Wie die Wandung die räumliche Trennung bewirkt, überlässt das Klagepatent dem Fachmann, der keine Anhaltspunkte hat, dies zwingend mit einem von dem Kupplungsgehäuse separaten Bauteil umzusetzen.
- Bei der angegriffenen Ausführungsform seien distale und proximale Magneteinheit durch eine (Außen-) Wand des Kupplungsgehäuses getrennt, welche den gas- und flüssigkeitsdichten Abschluss bilde. Dabei sei die distale Magneteinheit im Kupplungsgehäuse flüssigkeitsdicht gelagert, nämlich in dem Gehäuse aus Polycarbonat. Das „Septum“ an der proximalen Stirnseite dieses Gehäuses (zylindrischer Fortsatz) ist – insoweit unstreitig – ein wiederverschließbares Element, welches aus einem elastischen selbstversiegelnden Material ausgebildet ist und den zylinderförmigen Fortsatz abdichtet – und damit die distale Magneteinheit –, wenn der Führungsdraht entfernt wurde.
- Patentgemäß stelle der Katheterschaft eine flüssigkeitsdichte, mechanische Verbindung zwischen dem Pumpenkopf und dem Kupplungsgehäuse her, der die Umgebung außerhalb von Pumpenkopf oder Kupplungsgehäuse gegen die schnell rotierende Antriebswelle abschirmt. Ein solcher Katheterschaft sei in der angegriffenen Ausführungsform durch den Inner Sheath verwirklicht. Dass in einem Beispiel im Klagepatent darüber hinaus auch ein distales Katheterschaftstück vorhanden ist, könne den Anspruch nicht einschränken. Unabhängig davon sei auch ein distales Katheterschaftstück bei der angegriffenen Ausführungsform durch eine flexible, atraumatische Spitze („Flexible Atraumatic Tip“) realisiert.
- Der anspruchsgemäße Pumpenabschnitt sei allein auf den Bereich beschränkt, in dem sich der Rotor befindet. Die sich daran anschließenden Bereiche seien der proximale bzw. distale Gehäuseabschnitt, unabhängig davon, ob sie konisch oder röhrenförmig sind. Hiernach weise die angegriffene Ausführungsform ein Pumpengehäuse mit einem distalen und proximalen Gehäuseabschnitt auf. Der distale Gehäuseabschnitt werde nicht nur aus dem „Tip Core“ gebildet, sondern umfasse auch Bereiche des Gehäuses, die mit einer Bespannung versehen sind.
- Die Beklagten bestritten nicht die Existenz eines distalen Lagerbereichs, sondern nur dessen Verortung im distalen Gehäuseabschnitt der angegriffenen Ausführungsform. Dies beruhe auf einer unzutreffenden Einteilung des Pumpengehäuses, welches den Pumpenabschnitt nicht auf den Bereich des Rotors begrenze, sondern auf den gesamten bespannten Bereich der beschichteten Kanüle ausweite. Es sei nicht erforderlich, dass neben den röhrenförmigen Abschnitten auch noch konische Abschnitte in den proximalen und distalen Gehäuseabschnitt vorhanden sind.
- Das Verfahren sei nicht im Hinblick auf das (zweite) Nichtigkeitsverfahren auszusetzen, da sich das Klagepatent als rechtsbeständig erweisen werde. Der BGH habe gesehen, dass das Problem der Zentrierung durch eine beidseitige Lagerung (proximal und distal) im Stand der Technik schon gelöst war – gleichwohl habe er das Klagepatent in dem jetzt geltend gemachten Umfang aufrechterhalten.
- Die Klägerin hat in der Klageschrift zunächst den Unterlassungsantrag im Umfang des erteilten Anspruchs 1 geltend gemacht und ihn anschließend auf eine Kombination dieses Anspruchs mit den Ansprüchen 21 und 22 beschränkt. In dieser Form hat die Klägerin den Unterlassungsantrag auch im frühen ersten Termin am 17.11.2015 gestellt. Nachdem das Bundespatentgericht im ersten Nichtigkeitsverfahren den Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG erlassen hat, ist die Verhandlung von der Kammer auf übereinstimmenden Antrag der Parteien mit Beschluss vom 13.12.2016 (Bl. 269 GA) ausgesetzt worden.
- Die Klägerin beantragt zuletzt:
- – wie zuerkannt -.
- Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen;
- hilfsweise:
die Klage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent erhobene weitere Nichtigkeitsklage auszusetzen. - Die Beklagten meinen, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die Lehre des Klagepatents nicht.
- Die vom Klagepatent beanspruchte Magnetkupplung müsse eine Stirndrehkupplung sein, da nur diese – im Gegensatz zur alternativen Bauform der Zentraldrehkupplung – eine proximale und eine distale Magneteinheit aufweise. „Proximal“ und „distal“ drückten in Bezug auf die Magneteinheiten Positionen aus, aber keine Zuordnungen. Dass die Magneteinheiten mit dem Motor bzw. mit der Antriebswelle verbunden sein sollen, stelle ein weitergehendes technisches Merkmal dar, aber keine Definitionen von „distal“ und „proximal“. Ferner stehe die Auslegung der Klägerin im Widerspruch mit der Verwendung von „distal“ und „proximal“ im Oberbegriff des Anspruchs und hinsichtlich des Pumpengehäuses.
- Die vom Klagepatent mit den Magneteinheiten unter anderem verbundene Funktion, das übertragene Drehmoment einstellbar zu begrenzen und bei der Überschreitung des einstellbaren Drehmoments – etwa bei einer Blockade der Antriebswelle – die Verbindung zu trennen, werde ebenfalls nur mit einer Stirndrehkupplung erreicht.
- Bei der Beurteilung, ob eine proximale Magneteinheit vorhanden sei, müsse auf den verbundenen Zustand der Vorrichtung abgestellt werden.
- Im relevanten, zusammengekuppelten Zustand der angegriffenen Ausführungsform, in dem das Motorgehäuse mit dem Griff verbunden ist, weise die Magnetkupplung keine proximale Magneteinheit in dem Sinne auf, dass diese Magneteinheit dem Anwender zugewandt ist. In der angegriffenen Ausführungsform ist – insoweit unstreitig – eine Zentraldrehkupplung vorhanden, bei der die Magnete im zusammengekuppelten Zustand koaxial angeordnet sind. Aufgrund der automatischen Abschaltung des Motors im Falle einer Blockade der Antriebswelle komme es bei der angegriffenen Ausführungsform ohnehin nicht zu einem Durchrutschen der Kupplung.
- Ein Kupplungsgehäuse sei nicht jede x-beliebige Umhüllung, sondern müsse die Gehäusefunktion für die gesamte Kupplung erfüllen. Damit sei bei der angegriffenen Ausführungsform kein Kupplungsgehäuse vorhanden.
- Die angegriffene Ausführungsform verfüge auch nicht über eine patentgemäße Wandung. Das Klagepatent unterscheide deutlich zwischen Kupplungsgehäuse und Wandung, bei der er sich um ein separates Bauteil handeln müsse.
Bei der angegriffenen Ausführungsform endet (unstreitig) der X X, der dem patentgemäßen Katheterschaft entspreche, in distaler Richtung am proximalen Ende des Pumpengehäuses – und erstrecke sich damit nicht bis zum distalen Endbereich der Kathetervorrichtung, wie es aber das Klagepatent vorschreibe.
- Schließlich fehle es bei der angegriffenen Ausführungsform an einem distalen Gehäuseabschnitt des Pumpengehäuses. Bei dieser sei nur eine Kanüle vorhanden, zu der sich distal und proximal ein Einlass bzw. ein Auslass befinden. Die vier dünnen Drähte distal der Einlassöffnung der Kanüle stellten keinen distalen Gehäuseabschnitt dar.
- Bei der angegriffenen Ausführungsform existiere kein distaler Lagerbereich für die Antriebswelle. Vielmehr befinde sich ein Lagerbereich bei der angegriffenen Ausführungsform allenfalls mitten im bespannten Pumpenabschnitt.
- Hilfsweise sei das Verfahren im Hinblick auf das anhängige (zweite) Nichtigkeitsverfahren auszusetzen. Das vom BGH im Urteil vom 03.09.2019 als relevant erachtete Problem der Gefahr des Ausfädelns der Antriebswelle aus dem distalen Lager im Falle der Kompression des Gehäuses sei tatsächlich im Stand der Technik längst gelöst gewesen. Jedenfalls sei der Fachmann in der Lage gewesen, dieses Problem zu beherrschen. Auf dieser Grundlage und dem neu vorgelegten Stand der Technik bestehe eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren in weitergehenden Umfang vernichtet werden wird.
- Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 17.11.2015 und vom 26.05.2020 Bezug genommen.
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist begründet. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Lehre des geltend gemachten Patentanspruchs wortsinngemäß (hierzu unter I.). Aufgrund der patentverletzenden Benutzungshandlungen der Beklagten stehen der Klägerin gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung (nur gegen die Beklagte zu 2)) und Rückruf patentverletzender Gegenstände sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1, Abs. 3, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB zu (hierzu unter II.). Im Rahmen des der Kammer nach § 148 ZPO zustehenden Ermessens wird das Verfahren nicht in Bezug auf das (zweite) Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt (hierzu unter III.).
-
I.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Lehre des geltend gemachten Patentanspruchs des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß. - 1.
Das Klagepatent (nachfolgend entstammen Abs. ohne Quellenangabe dem Klagepatent) betrifft eine Katheter-Vorrichtung, insbesondere eine Katheter-Vorrichtung mit einer langgestreckten Antriebswelle (Abs. [0001]). - In seiner einleitenden Beschreibung schildert das Klagepatent, dass zunehmend implantierbare Blutpumpen für die Behandlung schwer herzkranker Patienten eingesetzt werden (Abs. [0002]). Derartige Blutpumpen sind bisher vorwiegend für den langfristigen Einsatz vorgesehen. Es werden aber auch Blutpumpen entwickelt, die für die kurzfristige Herzunterstützung ausgelegt sind und minimal-invasiv eingesetzt werden können. Medizinische Ziele sind dabei die Entlastung und Gesundung des Herzens oder aber die Überbrückung bis zu einer möglichen Herztransplantation. Die Breite des Einsatzgebietes solcher Pumpen hängt einerseits von der Einfachheit der Einbringung in den Körper, andererseits von den realisierbaren technischen Eigenschaften und insbesondere der zuverlässig realisierbaren Betriebsdauer der verfügbaren Pumpensysteme ab. Idealerweise sollte eine solche Blutpumpe für die Kurzfristbehandlung perkutan-intravasal ohne jeglichen chirurgischen Eingriff einsetzbar sein (Abs. [0002]).
- Im kardiogenen Schock ist die Auswurfleistung des linken Ventrikels erheblich reduziert. Die verminderte Koronarversorgung kann zum irreversiblen Herzversagen führen. Durch den Einsatz eines temporären linksventrikulären Unterstützungssystems soll die Pumpfunktion des linken Ventrikels teilweise bzw. weitgehend übernommen und die Koronarversorgung verbessert werden. Bei Herzoperationen kann ein solches System links- und rechtsventrikulär eingesetzt werden und eine Herz-Lungenmaschine ersetzen (Abs. [0003]).
- Ein perkutan-intravsal implantierbares System, das bisher klinische Bedeutung erlangt hat, ist die intraaortale Ballonpumpe (IABP). Hieran kritisiert das Klagepatent jedoch, dass die erzielbare hämodynamische Verbesserung bei dieser Art von Vorrichtung nur sehr begrenzt ist, da aufgrund des Konstruktionsprinzips der IABP keine aktive Blutförderung stattfindet und der Blutfluss nicht gesteigert werde (Abs. [0004]).
- Eine bekannte transfemoral implantierbare Mikro-Axialpumpe „K“ (vgl. die in Anlage B2 vorgelegte Produktbeschreibung) der Firma L, stelle sich als erfolgsversprechendes Konzept dar, welches eine ausreichende Linksherzentlastung bewirken kann. Der Ansaugstutzen der Pumpe wird retrograd über die Aortenklappe im linken Ventrikel platziert. Der Pumpenrotor befindet sich am Ende einer Kanüle in der oberen Aorta descendens und wird durch einen externen Motor angetrieben. Nachteil des Systems ist es aus Sicht des Klagepatents, dass die transfemorale Implantation aufgrund des großen Durchmessers des Rotors nur operativ über eine femorale Arterietomie und gegebenenfalls durch eine Graftankopplung möglich ist (Abs. [0XXX]).
- Aus der WO 99/XXX (vorgelegt in Anlage K3) geht eine durch das Blutgefäßsystem eines Patienten einführbare Axialpumpe hervor. Die Axialpumpe weist ein flexibles komprimierbares Rohr auf, welches das Pumpengehäuse bildet. In dem Rohr befindet sich ein radial komprimierbarer Rotor. Die Antriebswelle des Rotors verläuft durch einen Katheter hindurch. Der Katheter kann zusammen mit dem Rohr und dem Rotor in einen Deckschlauch hineingezogen werden. Die radiale Komprimierbarkeit der Komponenten erlaubt die Realisierung eines für eine perkutane Implantation in Seldinger-Technik vertretbar kleinen Punktionsdurchmessers. Durch die Entfaltung im Herz-Gefäßsystem kann ein relativ großer Pumpendurchmesser von 10 bis 14 mm vorgesehen werden. Hierdurch sinkt die Rotordrehzahl und damit die mechanische Beanspruchung der Komponenten (Abs. [0006]).
- Aus der DE 10 059 XXX C1 (vorgelegt als Anlage K4) geht eine intravasale Pumpe hervor. Die Pumpe weist ein Antriebsteil und ein Pumpenteil auf, die einen so geringen Durchmesser haben, dass sie durch ein Blutgefäß geschoben werden können. An den Pumpenteil schließt sich eine flexible Kanüle an. Zur Verringerung des Strömungswiderstandes kann die Kanüle auf einen Durchmesser aufgeweitet werden, der größer ist als derjenige des Antriebsteils bzw. des Pumpenteils. Um die Pumpe in X-Technik durch Punktionen des Blutgefäßes in den Körper einführen zu können, wird die Kanüle in den eingeschnürten Zustand versetzt, in dem sie einen kleinen Durchmesser hat. Im Blutgefäß wird sie aufgeweitet, so dass sie dort einen geringeren Strömungswiderstand für das zu pumpende Blut bietet (Abs. [0008]).
- Aus der US 5,XXX,114 (vorgelegt mit deutscher Übersetzung als Anlage K5/K5a) geht eine Kanülenpumpe hervor, die mittels eines kleinen Einschnittes im Herz temporär eingesetzt werden kann. Die Pumpe weist ein Flügelrad auf, das mittels einer Welle angetrieben wird. Die Welle ist fest mit einem Motormagneten verbunden. Der Motormagnet ist von Magnetspulen umgeben, mit welchen ein sich drehendes Magnetfeld erzeugt werden kann, so dass der Motor in Drehbewegung versetzt wird (Abs. [0011]).
- Vor diesem Hintergrund nennt es das Klagepatent in Abs. [0012] als seine Aufgabe, „eine Katheter-Vorrichtung mit einer sich fast über die gesamte Katheter-Vorrichtung erstreckenden Antriebswelle zu schaffen, die zuverlässig mit hoher Drehzahl angetrieben werden kann“.
- 2.
Zur Lösung schlägt das Klagepatent in Anspruch 1 (in der aufrecht erhaltenen Fassung) eine Katheter-Vorrichtung vor, wobei sich der Anspruch in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt darstellen lässt: - 1 Die Katheter-Vorrichtung umfasst einen am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung (1) befindlichen Motor (7).
- 2 Die Katheter-Vorrichtung umfasst eine sich vom proximalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) bis zum distalen Endbereich erstreckende Antriebswelle (4) zum Antreiben eines sich am distalen Ende der Katheter-Vorrichtung (1) befindlichen drehenden Elementes, wobei das sich drehende Element ein Rotor (3.2) ist.
- 3 Die Antriebswelle (4) ist am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung (1) mittels einer Kupplung (9) mit dem Motor verbunden.
- 4 Die Kupplung (9) ist eine Magnetkupplung mit einer proximalen und einer distalen Magneteinheit (23.1, 23.2).
- 4.1 Die proximale Magneteinheit (23.2) ist mit dem Motor (7) verbunden.
- 4.2 Die distale Magneteinheit (23.1) ist mit der Antriebswelle (4) verbunden.
- 4.3 Die distale Magneteinheit (23.1) ist in einem Kupplungsgehäuse (19) gelagert und von der proximalen Magneteinheit (23.2) durch eine Wandung (24) räumlich getrennt.
- 4.4 Die distale Magneteinheit (23.1) ist im Kupplungsgehäuse (19) flüssigkeitsdicht gelagert.
- 5 Ein schlauchförmiger Katheterschaft (8) erstreckt sich vom proximalen Endbereich bis zum distalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1), wobei der Katheterschaft (8) mit seinem proximalen Ende flüssigkeitsdicht mit dem Kupplungsgehäuse (19) verbunden ist.
- 6 Ein Pumpengehäuse (3.1) ist vorgesehen.
- 6.1 Das Pumpengehäuse (3.1) umgibt den Rotor (3.2) mit einem rohrförmigen Pumpenabschnitt (3.1.3).
- 6.2 Das Pumpengehäuse (3.1) ist aus einem Gitter ausgebildet, dessen Öffnungen zumindest im Bereich des Pumpenabschnittes (3.1.3) mittels einer elastischen Bespannung geschlossen sind.
- 6.3 Das Gitter des Pumpengehäuses (3.1) ist aus einem Formgedächtnismaterial ausgebildet.
- 6.4 Das Pumpengehäuse (3.1) weist von distal nach proximal einen distalen Gehäuseabschnitt (3.1.1, 3.1.2), den Pumpenabschnitt (3.1.3) und einen proximalen Gehäuseabschnitt (3.1.4, 3.1.5) auf.
- 7 Zum Zentrieren der Antriebswelle (4) in dem Pumpengehäuse (3.1) ist in dem distalen Gehäuseabschnitt (3.1.1, 3.1.2) und dem proximalen Gehäuseabschnitt (3.1.4, 3.1.5) jeweils ein Lagerbereich für die Antriebswelle (4) ausgebildet.
- 3.
Der vom Klagepatent angesprochene Fachmann ist hier – wie auch auf S. X BGH-Urteil ausgeführt – ein Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik oder Maschinenbau mit Kenntnissen in der Medizintechnik mit Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung kardiovaskulärer Geräte, insbesondere der Herzkatheteruntersuchung, der hinsichtlich medizinischer Fragen mit einem auf dem Gebiet der interventionellen Kardiologie tätigen Mediziner zusammenarbeitet. Ein solcher Fachmann verfügte über grundlegende Kenntnisse auf dem Gebiet der Motoren mit Antriebswelle sowie den Varianten zwischen Motor und Antriebswelle, und ihm waren der grundsätzliche Aufbau von Herzkatheterpumpen und deren Antriebs- und Steuerungskonzepte sowie das Prinzip der Magnetkupplung bekannt (ebenso S. X Rn. 13 BGH-Urteil). - Die beanspruchte Kathetervorrichtung umfasst an ihrem proximalen, also dem Operateur / Arzt zugewandten Ende einen Motor (Merkmal 1). An ihrem distalen, also dem Patienten zugewandten Ende umfasst die Vorrichtung einen Rotor, der von dem Motor über eine sich dazwischen erstreckende Antriebswelle angetrieben wird (Merkmal 2).
- Die Kraftübertragung vom Motor auf die Antriebswelle erfolgt über eine am proximalen Ende der Vorrichtung angeordnete Magnetkupplung (Merkmal 3 und Merkmalsgruppe 4). Die Magnetkupplung weist eine mit dem Motor verbundene proximale Magneteinheit (Merkmal 4.1) und eine mit der Antriebswelle verbundene distale Magneteinheit (Merkmal 4.2) auf. Die Antriebskraft wird berührungslos übertragen, da die distale Magneteinheit, die in einem Kupplungsgehäuse flüssigkeitsdicht gelagert ist, von der proximalen Magneteinheit durch eine Wandung räumlich getrennt ist (Merkmale 4.3 und 4.4).
- Ein schlauchförmiger Katheterschaft erstreckt sich vom proximalen Endbereich der Vorrichtung bis zu deren distalen Endbereich und ist mit seinem proximalen Ende mit dem Kupplungsgehäuse verbunden (Merkmal 5).
- Der bereits in Merkmal 2 erwähnte Rotor ist von einem Pumpengehäuse nach Merkmalsgruppe 6 umgeben. Dieses soll einen (mittleren) röhrenförmigen Pumpenabschnitt mit dem Rotor sowie einen distalen und einen proximalen Gehäuseabschnitt aufweisen, die sich distal bzw. proximal an den Pumpenabschnitt anschließen und zusammen mit diesem das Pumpengehäuse bilden (Merkmale 6.1 und 6.4). Ferner weisen der distale und der proximale Gehäuseabschnitt gemäß Merkmal 7 jeweils einen Lagerbereich für die Antriebswelle auf, um deren Achszentriertheit zu gewährleisten.
- Das Pumpengehäuse ist aus einem Formgedächtnismaterial (etwa Nitinol, Abs. [0043]) als Gitter ausgebildet (Merkmal 6.3). Die Öffnungen dieses Gitters sind zumindest im Bereich des Pumpenabschnitts mittels einer elastischen Bespannung geschlossen (Merkmal 6.2).
- 4.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht alle Merkmale des geltend gemachten Anspruchs wortsinngemäß. - a)
Die Merkmale 4, 4.1 und 4.2, - „4 Die Kupplung (9) ist eine Magnetkupplung mit einer proximalen und einer distalen Magneteinheit (23.1, 23.2).
- 4.1 Die proximale Magneteinheit (23.2) ist mit dem Motor (7) verbunden.
- 4.2 Die distale Magneteinheit (23.1) ist mit der Antriebswelle (4) verbunden“,
- werden von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
- aa)
Das Klagepatent lehrt in den Merkmalen 4 bis 4.2 eine Magnetkupplung, die Antriebswelle und Motor miteinander verbinden kann. Bei der beanspruchten Magnetkupplung muss es sich nicht zwingend um eine Stirndrehkupplung handeln. Ferner wird vom Klagepatent nicht ausgeschlossen, dass sich proximale und distale Magneteinheit im gekoppelten Zustand auf der gleichen axialen Position befinden. - (1)
Das Klagepatent stellt sich zur Aufgabe, dass die Antriebswelle „zuverlässig mit hoher Drehzahl angetrieben werden kann“ (Abs. [0012]). Wie der Fachmann schon Merkmal 3 entnimmt, dient die Kupplung dazu, eine Verbindung zwischen Antriebswelle und Motor zu schaffen. Damit sorgt die Kupplung dafür, das vom Motor erzeugte Drehmoment auf die Antriebswelle zu übertragen. - Die Merkmale 4 bis 4.2 beschreiben die Kupplung weiter und geben insbesondere vor, dass es sich um eine Magnetkupplung handeln soll. Eine Magnetkupplung ermöglicht eine Trennung des abtriebseitigen Kupplungsendes, so dass die Antriebswelle nicht nach außen durch ein Loch geführt werden muss, wie das Klagepatent in Abs. [0015] beschreibt (vgl. S. 29 Abs. 2 BPatG-Urteil). Dass dank der Magnetkupplung auf eine Durchführung der Antriebswelle verzichtet werden kann, trägt dazu bei, sehr hohe Drehzahlen auf die Antriebswelle übertragen zu können (Abs. [0015]). Weiterhin begünstigt die Magnetpumpe auch bei hohen Drehzahlen einen zuverlässigen Betrieb der beanspruchten Vorrichtung. Denn nach Abs. [0016] begrenzt die „magnetische Verbindung der beiden Magneteinheiten“ den „Beitrag des übertragbaren Drehmoments […]. Sobald das einstellbare Drehmoment überschritten wird, trennen sich die beiden Magneteinheiten.“
- Die Drehzahl wird von der Magnetkupplung über die Stärke der Magneten und den Abstand der Magneteinheiten zueinander auf ein maximales Drehmoment begrenzt. Wird dieses maximale Drehmoment überschritten, kann die abtriebseitige Magneteinheit der antriebseitigen Magneteinheit aufgrund der schnellen Drehbewegung nicht mehr folgen, da die magnetischen Bindungskräfte nicht mehr ausreichen. Dadurch kann es zu einem Durchrutschen (Slipping) der Magneteinheiten kommen. Dies entspricht auch den Ausführungen des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts im (ersten) Nichtigkeitsverfahren (vgl. Rn. 17 BGH-Urteil im Einklang mit S. 29 BPatG-Urteil), die als fachmännische Äußerungen zu berücksichtigen sind (BGH, GRUR 1998, 895 – Regenbecken).
- (2)
Das Klagepatent ist nicht auf Stirndrehkupplungen beschränkt. Dies kann nicht der Verwendung der Begriffe „distale Magneteinheit“ und „proximale Magneteinheit“ im Anspruch entnommen werden. Der Fachmann entnimmt dem Klagepatent nicht, dass die beiden Magneteinheiten im gekuppelten Zustand zwingend axial beabstandet sein müssen (was bei einer Zentraldrehkupplung nicht der Fall ist, im Unterschied zu einer Stirndrehkupplung). - (a)
„Proximal“ und „distal“ bezieht sich nach dem allgemeinen Fachverständnis, von dem auch das Klagepatent ausgeht, auf eine räumliche Anordnung im Verhältnis zur gedachten Achse von der Hand des Arztes (proximal) zum Patienten (distal). - Allerdings dient die Verwendung von proximal und distal in den Merkmalen 4.1 und 4.2 primär zur Unterscheidung der beiden Magneteinheiten. Die proximale Magneteinheit ist nach Merkmal 4.1 mit dem Motor verbunden, der sich nach Merkmal 1 am proximalen Ende der Vorrichtung befindet. Dagegen ist die distale Magneteinheit mit der Antriebswelle verbunden (Merkmal 4.1), welche sich bis zum distalen Endbereich der Vorrichtung erstreckt (Merkmal 2). Dieser Zuordnung wohnt auch eine räumlich-körperliche Vorgabe inne: Im abgekoppelten Zustand der Vorrichtung ist die „distale Magneteinheit“ – im Einklang mit dem Fachverständnis von distal – weiter von der Hand des Operateurs entfernt als die proximale Magneteinheit. Auch im gekuppelten Zustand wirkt diese räumliche Vorgabe fort: Die proximale Magneteinheit ist mit den stets proximal liegenden Bauteilen der Vorrichtung verbunden, während die distal der Kupplung angeordneten Bauteile mit der distalen Magneteinheit verbunden sind.
- Die Unterscheidung zwischen einer distalen und einer proximalen Magneteinheit wird vom Klagepatent jedoch primär vorgenommen, weil die Merkmale 4.3 und 4.4 ausschließlich die distale Magneteinheit ansprechen und deren flüssigkeitsdichte Lagerung im Kupplungsgehäuse verlangen. Entsprechend ist es erforderlich, die distale von der proximalen Magneteinheit begrifflich abzugrenzen.
- Damit sind die Begriffe proximal und distal in Merkmalsgruppe 4 nicht redundant, da ihnen auch eine räumlich-körperliche Komponente zukommt und sie zudem der Unterscheidung der beiden Magneteinheiten dienen. Darüber hinaus ist anerkannt, dass Merkmale eines Anspruchs auch Selbstverständlichkeiten ausdrücken können (vgl. BGH, GRUR 2010, 602 – Gelenkanordnung; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2016 – I-15 U 136/14 – Rn. 120 bei Juris).
- (b)
Dieses Begriffsverständnis von „proximal“ / „distal“ steht nicht im Widerspruch mit der sonstigen Verwendung von „distal“ und „proximal“ im übrigen Anspruch. Dabei ist zu beachten, dass „distal“ und „proximal“ nicht für sich verwendet werden, sondern stets mit einem Substantiv, aus dem sich erst ergibt, ob eine räumliche Vorgabe gemacht wird: proximales „Ende“ (Merkmale 1 und 3) oder proximaler / distaler „Endbereich“ (Merkmale 2 und 5). - In Merkmal 6.4 wird zudem „distaler Gehäuseabschnitt“ und „proximaler Gehäuseabschnitt“ ebenfalls primär zur Unterscheidung der Gehäuseabschnitte verwendet: Die räumliche Anordnung ergibt sich in diesem Merkmal jedenfalls nicht nur aus den Adjektiven „proximal“ bzw. „distal“, sondern bereits daraus, dass das Pumpengehäuse die Abschnitte „von distal nach proximal“ aufweisen solle.
- (c)
Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2020 angemerkt haben, dass man bei diesem Begriffsverständnis die Magneteinheiten statt „distal / proximal“ auch als „antreibende Magneteinheit“ und „angetriebene Magneteinheit“ hätte unterscheiden können, geht dies ins Leere. Die Überlegung, wie der Anspruch alternativ hätte formuliert werden können, kann im Rahmen der Auslegung zum fachmännischen Verständnis eines Anspruchs nichts beitragen. - (3)
Ein engeres Verständnis von „proximal“ und „distal“ kann auch nicht mit funktionalen Erwägungen begründet werden. Denn das Klagepatent verlangt weder, dass die Magneteinheiten eine Trennungsfunktion erfüllen können, noch ist dessen Lehre auf eine Stirndrehkupplung beschränkt. - Das Klagepatent erfordert nicht zwingend eine räumliche Trennung der beiden Magneteinheiten im Rahmen der Entkopplung bei Überschreiten des maximalen Drehmoments. Vielmehr ist die Begrenzung des Drehmoments zu unterscheiden von einer räumlichen Trennung der beiden Magneteinheiten – letztere Funktion ist nicht Gegenstand des geltend gemachten Anspruchs. Dies entspricht der Ansicht des Bundespatentgerichts (vgl. S. 29 BPatG-Urteil), die als fachmännische Äußerung zu berücksichtigen ist (BGH, GRUR 1998, 895 – Regenbecken), sofern die entsprechenden Ausführungen nicht im Widerspruch zur Auslegung im BGH-Urteil stehen. Zu dem hier zu erörternden Aspekt hat sich der BGH aber nicht verhalten.
- Der geltend gemachte Anspruch ist nicht auf Stirndrehkupplungen beschränkt, bei denen es zu einer räumlichen Trennung kommt. Eine solche Beschränkung lässt sich insbesondere nicht daraus herleiten, dass in der Patentbeschreibung (nur) eine Stirndrehkupplung beschrieben ist (vgl. Fig. 14 und 15), die zu einer räumlichen Trennung führt, wie in Abs. [0144] beschrieben wird. Dies folgt zwar nicht daraus, dass in dem Ausführungsbeispielen die Ringmagnete 20.1 und 20.2 zur räumlichen Trennung beitragen (vgl. Abs. [0145]). Denn auch ohne Mitwirkung der Ringmagneten käme es im Ausführungsbeispiel zu einer räumlichen Trennung der beiden Magneteinheiten. Gleichwohl handelt es sich um ein Ausführungsbeispiel, auf das der weiter gefasste Wortsinn des Anspruchs nicht beschränkt werden darf (BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe; BGH, GRUR 2012, 1242 – Steckverbindung). Dem Anspruch lässt sich nämlich weder ein Ausschluss von Zentraldrehkupplungen entnehmen, noch gibt dieser Anhaltspunkte, dass dieser der Magnetkupplung über die Drehmomentbegrenzung auch eine Trennungsfunktion zuweist. Auch die allgemeine Beschreibung gibt hierfür keinen Anhaltspunkt.
- (4)
Soweit die Beklagten vortragen, es sei unzulässig, in den Hauptanspruch ein Kupplungskonzept hineinzulesen, was „für die Realisierung der im Patent beschriebenen und in Unteransprüchen geschützten besonderen Ausführungsform ausscheidet“ (S. 11 des Schriftsatzes vom 28.04.2020 = Bl. 341 GA), geht dies ins Leere. Die Ansicht der Beklagten liefe darauf hinauf, dass für eine Verwirklichung des Hauptanspruchs stets die Merkmale der Unteransprüche erfüllt sein müssten. Dies ist aber ersichtlich unzutreffend. Unteransprüche stellen vielmehr spezielle Ausführungsvarianten einer im Hauptanspruch breiter formulierten Lehre unter Schutz. -
bb)
Auf Grundlage des vorstehend erörterten Verständnisses werden die Merkmale 4 bis 4.2 von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend Abb. 6 aus dem Anlagenkonvolut B7 eingeblendet, welche die angegriffene Ausführungsform im nicht gekuppelten Zustand zeigt: - Bei dem „antreibenden Magnet“ handelt es sich um eine patentgemäße proximale Magneteinheit nach Merkmal 4.1, während die von Merkmal 4.2 geforderte distale Magneteinheit in Form des „angetriebenen Magneten“, der mit der „flexiblen Antriebswelle“ verbunden ist, realisiert ist. Im nicht zusammengekuppelten Zustand liegt die proximale Magneteinheit (antreibender Magnet) auch näher an der Hand des Arztes als die distale Magneteinheit (angetriebener Magnet).
- Die Magnetkupplung in der angegriffenen Ausführungsform begrenzt das Drehmoment und sorgt etwa im Falle einer Blockade der Antriebswelle für eine Entkopplung. Dass es hierbei nicht zu einer (räumlichen) Trennung der beiden Magneteinheiten kommt, steht der Merkmalsverwirklichung nicht entgegen.
- Ebenfalls unerheblich hierfür ist es, dass bei der angegriffenen Ausführungsform die Blockade der Antriebswelle zu einer automatischen Abschaltung des Motors führt. Wenn eine Ausführungsform von den Merkmalen eines Patentanspruchs in deren räumlich-körperlicher Ausgestaltung identisch Gebrauch macht, dann erübrigt es sich bei der Prüfung der Patentverletzung grundsätzlich, Erwägungen darüber anzustellen, ob die identisch vorhandenen Merkmale demselben Zweck dienen und dieselbe Wirkung und Funktion haben wie diejenigen des Klagepatents (BGH, GRUR 2006, 399 – Rangierkatze; BGH, GRUR 1991, 436 – Befestigungsvorrichtung II). Das Klagepatent fordert nur eine Magnetkupplung, bei der ein Durchrutschen möglich ist. Wird dieses durch eine weitere, außerhalb der Lehre des Klagepatents stehende Maßnahme praktisch verhindert, ist gleichwohl weiter eine Magnetkupplung vorhanden, die so ausgebildet ist, dass sie ein Aufwickeln der Antriebswelle verhindert.
- b)
Die Merkmale 4.3 und 4.4, - „4.3. Die distale Magneteinheit (23.1) ist in einem Kupplungsgehäuse (19) gelagert und von der proximalen Magneteinheit (23.2) durch eine Wandung (24) räumlich getrennt.
- 4.4 Die distale Magneteinheit (23.1) im Kupplungsgehäuse (19) flüssigkeitsdicht gelagert“,
- sind ebenfalls in der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
- aa)
Merkmal 4.3 erfordert ein Kupplungsgehäuse, in dem die distale Magneteinheit gelagert ist, wobei Merkmal 4.4 ergänzt, dass die Lagerung flüssigkeitsdicht sein muss. Daneben soll nach Merkmal 4.3 die distale Magneteinheit durch eine Wandung von der proximalen Magneteinheit getrennt werden. In dieser Hinsicht reicht es nach der Lehre des Klagepatents aus, wenn nur die distale Magneteinheit im Kupplungsgehäuse gelagert ist (hierzu unter 1)), wobei die Wandung Teil dieses Kupplungsgehäuses sein kann (hierzu unter 2)). - (1)
Das Kupplungsgehäuse muss nach dem Wortlaut des Anspruchs die distale Magneteinheit aufnehmen. Dagegen verhält sich das Klagepatent nicht dazu, ob zusätzlich auch die proximale Magneteinheit in demselben Kupplungsgehäuse untergebracht wird – dies ist vielmehr ins Belieben des Fachmanns gestellt. - Dem im Anspruch verwendeten Begriff „Kupplungsgehäuse“ lässt sich nicht entnehmen, dass die gesamte Kupplung aufgenommen werden muss. Von diesem Gedanken wird der Fachmann zusätzlich weggeführt, indem das Klagepatent nur für die distale Magneteinheit eine flüssigkeitsdichte Lagerung im Kupplungsgehäuse verlangt. Im Gegensatz dazu wird dies für die proximale Magneteinheit gerade nicht vorgeschrieben. Der Fachmann findet keinen Anhaltspunkt, warum der Anspruch nur die distale Magneteinheit anspricht, aber tatsächlich beide Magneteinheiten meinen sollte.
- Dass in einem Ausführungsbeispiel beide Magneteinheiten in einem Kupplungsgehäuse sind, kann den weiter gefassten Wortsinn des Anspruchs nicht beschränken.
- (2)
Nach Merkmal 4.3 soll die distale Magneteinheit von der proximalen Magneteinheit durch eine Wandung getrennt sein. Diese Wandung kann Teil des Kupplungsgehäuses sein. Es gibt weder im Anspruch noch in der übrigen Patentschrift Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Wandung zwingend um ein separates Teil handeln muss. Funktionale Gründe, warum der Fachmann die Wandung durch ein eigenes Bauteil realisieren sollte, tragen auch die Beklagten nicht vor. - bb)
Hiernach sind die Merkmale 4.3 und 4.4 wortsinngemäß verwirklicht. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend ein Ausschnitt von Abb. 5 aus dem von den Beklagten überreichten Anlagenkonvolut B7 eingeblendet, bei dem die Klägerin das Gehäuse aus Polycarbonat markiert hat. - Das Gehäuse aus Polycarbonat bildet zusammen mit dem Septum ein Kupplungsgehäuse aus, welches die distale Magneteinheit (der „angetriebene Magnet“ in der Zeichnung) flüssigkeitsdicht aufnimmt. Auch trennt dieses Gehäuse die beiden Magneteinheiten räumlich voneinander, namentlich: den antreibenden von dem angetriebenen Magneten. Dass dieses Gehäuse im gekoppelten Zustand der angegriffenen Ausführungsform axial über den proximalen Magneten hinausgeht, ist für die Merkmalsverwirklichung nicht relevant.
-
c)
Das im Nichtigkeitsverfahren hinzugefügte Merkmal 5, - „5 Ein schlauchförmiger Katheterschaft (8) erstreckt sich vom proximalen Endbereich bis zum distalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1), wobei der Katheterschaft (8) mit seinem proximalen Ende flüssigkeitsdicht mit dem Kupplungsgehäuse (19) verbunden ist“,
- ist in der angegriffenen Ausführungsform realisiert.
- aa)
Dem Gesamtanspruch entnimmt der Fachmann, dass der schlauchförmige Katheterschaft dazu dient, die Antriebswelle abzuschirmen. Nach Merkmal 5 soll das proximale Ende des Katheterschafts flüssigkeitsdicht mit dem Kupplungsgehäuse verbunden sein. In dem Kupplungsgehäuse ist die distale Magneteinheit gelagert, die wiederum mit der Antriebswelle verbunden ist (Merkmale 4.2 und 4.3). Das bestätigt Abs. [0017], wonach der Katheterschaft die Antriebswelle umschließen soll. - In Bezug auf Merkmal 5 ist damit der „proximale Endbereich“ als Kupplungsgehäuse definiert. Zwischen den Parteien streitig erscheint, welche räumlich-körperliche Vorgabe das Klagepatent damit verbindet, dass sich der Katheterschaft „bis zum distalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung“ erstrecken soll, insbesondere, ob der Katheterschaft nur bis zum Pumpengehäuse führen muss oder auch darüber hinaus.
- In dem Ausführungsbeispiel nach Fig. 6, von dessen Patentgemäßheit ausgegangen werden darf (vgl. BGH, GRUR 2015, 972 – Kreuzgestänge; BGH, GRUR 2015, 875, 876 Rn. [16] – Rotorelemente; BGH, GRUR 2015, 159 Rn. [26] – Zugriffsrechte), sind statt eines Katheterschafts zwei Katheterstaftstücke (Bezugsziffern 8.1 und 8.2) vorhanden, die sich proximal und distal an das Pumpengehäuse anschließen, wobei sich im Bereich des Pumpengehäuses 3.1 mit dem Rotor 3.2 kein Katheterschaft befindet. Das proximale Katheterschaftstück 8.2 verbindet in diesem Beispiel das bei Kupplungsgehäuse und Pumpenkopf (vgl. Abs. [0060] und Abs. [0086]). Dagegen verbindet das distale Katheterschaftstück 8.1 nach Abs. [0037] das distale Ende des Pumpengehäuses mit der Schaftkappe 10.
- bb)
Es kann dahinstehen, ob man nur das distale Katheterschaftstück oder beide Katherschaftstücke als Katheterschaft gemäß Merkmal 5 ansieht, da man in beiden Auslegungsvarianten zur Merkmalsverwirklichung kommt. Zur Veranschaulichung wird die Abbildung von S. 27 des Schriftsatzes der Beklagten vom 28.04.2020 (Bl. 357 GA) verkleinert eingeblendet: - Bei der angegriffenen Ausführungsform erstreckt sich vom Kupplungsgehäuse bis zum Pumpengehäuse ein Inner Sheath, der als proximales Katheterschaftstück anzusehen ist. Vom distalen Ende des Pumpengehäuses erstreckt sich dagegen eine „Flexible Atraumatic Tip“ bis zum distalen Ende der angegriffenen Ausführungsform. Damit ist auch ein zweites, distales Katheterschaftstück vorhanden.
- Soweit die Beklagten die Verwirklichung von Merkmal 5 mit dem Argument in Abrede stellen, bei der angegriffenen Ausführungsform sei schon kein Kupplungsgehäuse vorhanden, greift dies aus den oben ausgeführten Gründen nicht durch.
-
d)
Die Merkmale 6.4 und 7, - „6.4 Das Pumpengehäuse (3.1) weist von distal nach proximal einen distalen Gehäuseabschnitt (3.1.1, 3.1.2), den Pumpenabschnitt (3.1.3) und einen proximalen Gehäuseabschnitt (3.1.4, 3.1.5) auf.
- 7 Zum Zentrieren der Antriebswelle (4) in dem Pumpengehäuse (3.1) ist in dem distalen Gehäuseabschnitt (3.1.1, 3.1.2) und dem proximalen Gehäuseabschnitt (3.1.4, 3.1.5) jeweils ein Lagerbereich für die Antriebswelle (4) ausgebildet“,
- sind in der angegriffenen Ausführungsform ebenfalls verwirklicht.
- aa)
Die Merkmalsgruppe 6 und Merkmal 7 beschreiben ein Pumpengehäuse, welches die Antriebswelle zentriert und einen Rotor aufweist. Die Lagerbereiche, die der Zentrierung der Antriebswelle dienen, müssen nicht an den äußeren Enden des Pumpengehäuses liegen. - (1)
Die Merkmalsgruppe 6 beschreibt ein Pumpengehäuse, welches nach Merkmal 6.1 den Rotor in einem röhrenförmigen Pumpenabschnitt umgibt. Weiterhin ist das Pumpengehäuse aus einem Gitter aus Formgedächtnismaterial ausgebildet, dessen Gitteröffnungen zumindest im Bereich des Pumpenabschnitts mit einer elastischen Bespannung geschlossen sind (Merkmale 6.2 und 6.3). - Merkmal 6.4 bestimmt vor diesem Hintergrund, dass das Pumpengehäuse neben dem schon erwähnten, röhrenförmigen Pumpenabschnitt auch einen hiervon ausgehend distal gelegenen distalen Gehäuseabschnitt sowie einen proximalen Gehäuseabschnitt aufweist, der proximal vom (mittleren) Pumpenabschnitt angeordnet ist.
- (2)
Während der Pumpenabschnitt den Rotor aufweist, soll nach Merkmal 7 in den beiden weiteren Gehäuseabschnitten jeweils ein Lagerbereich für die Antriebswelle ausgebildet sein, um die Antriebswelle im Pumpengehäuse zu zentrieren. - In Fig. 8 des Klagepatents ist der Pumpenabschnitt 3.1.3 erkennbar. Hieran schließen sich der distale Gehäuseabschnitt (bestehend aus dem distalen Verbindungsabschnitt 3.1.1 und dem Ansaugabschnitt 3.1.3) bzw. der proximale Gehäuseabschnitt (bestehend aus dem Auslassabschnitt 3.1.4 und dem proximalen Verbindungsabschnitt 3.1.5) an. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend Fig. 8 des Klagepatents in verkleinerter und gedrehter Fassung eingeblendet:
- Der Lagerbereich für die Antriebswelle wird gemäß Merkmal 7 durch den (proximalen bzw. distalen) Gehäuseabschnitt in Zusammenwirken mit weiteren in Patentanspruch 1 nicht näher spezifizierten Bauteilen (vgl. Abs. [XXX4]) gebildet, wofür der Gehäuseabschnitt jedenfalls im Lagerbereich rohrförmig (= zylinderförmig) ausgestaltet sein muss, also nicht konisch geformt sind (so auch Rn. 21 BGH-Urteil). Jedoch kann der proximale bzw. distale Gehäuseabschnitt neben dem röhrenförmigen Lagerbereich auch jeweils einen weiteren, konusförmig aufgeweiteten Abschnitt aufweisen (vgl. Abs. [0043], so auch Rn. 59 BGH-Urteil). Dies ist aber nicht zwingend; es muss lediglich mindestens ein röhrenförmiger Abschnitt für den Lagerbereich vorhanden sein.
- Die distalen bzw. proximalen Gehäuseabschnitte können auch mit einer elastischen Bespannung bedeckt sein – nach Merkmal 6.2 muss die Bespannung nur mindestens im Bereich des Pumpenabschnitts die Gitteröffnungen schließen, womit ausdrücklich in das Fachkönnen des Fachmanns gestellt ist, die Bespannung auf weitere Bereiche auszudehnen.
- (3)
Es ist kein Grund ersichtlich, warum sich die Lagerbereiche zwingend an den äußeren, dem mittleren Pumpenabschnitt abgewandten Enden des Pumpengehäuses befinden müssen. Eine entsprechende Vorgabe lässt sich dem Klagepatent nicht entnehmen. Für die Zentrierung der Antriebswelle im Pumpengehäuse kommt es nur darauf an, dass sich Lagerbereiche an beiden Seiten des Rotors befinden – wie es das Klagepatent in den Merkmalen 6.4 und 7 vorgibt. - bb)
Hiernach werden die Merkmale 6.4 und 7 in der angegrifenen Ausführungsform realisiert. - (1)
Diese weist einen distalen Gehäuseabschnitt nach Merkmal 6.4 auf. Der distale Gehäuseabschnitt ist bei der angeriffenen Ausführungsform nicht auf den Bereich beschränkt, der aus vier Drähten besteht, so dass dahinstehen kann, ob dieser Bereich alleine als „distaler Gehäuseabschnitt“ angesehen werden könnte. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend die Abbildung von S. 37 des Schriftsatzes der Beklagten vom 28.04.2020 (= Bl. 367 GA) gezeigt: - Der distale bzw. der proximale Gehäuseabschnitt im Sinne von Merkmal 6.4 besteht in der angegriffenen Ausführungsform vielmehr aus allen Bereichen distal bzw. proximal von dem Bereich, in dem der Impeller (= Rotor) aufgenommen ist. Dieser distale Gehäuseabschnitt weist auch einen Lagerbereich auf und ist – in diesem Umfang – röhrenförmig ausgebildet.
- Das Vorhandensein eines proximalen Gehäuseabschnitts haben die Beklagten zutreffend nicht in Abrede gestellt.
- (2)
Im distalen und im proximalen Gehäuseabschnitt des Pumpengehäuses befinden sich auch Lagerbereiche, mittels derer die Antriebswelle zentriert wird, womit auch Merkmal 7 verwirklicht ist. Die Lagerung wird in Form von einer Lagerhülse und Stützarmen realisiert. Dass sich die Lagerbereiche nicht an den äußeren Enden des Pumpengehäuses befinden, steht der Merkmalsverwirklichung nicht entgegen. - e)
Die Verwirklichung der übrigen Merkmale des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform wird von den Beklagten zutreffend nicht in Abrede gestellt, so dass hierzu weitere Ausführungen entbehrlich sind. -
II.
Durch das Anbieten und Vertreiben der patentgemäßen angegriffenen Ausführungsform im Inland entgegen § 9 S. 2 Nr. 1 PatG verletzen die Beklagten das Klagepatent. Aus der festgestellten Patentverletzung ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen: - 1.
Die Beklagten sind der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet. - 2.
Die Klägerin hat ferner gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach (Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG) für patentverletzende Handlungen ab dem 08.10.2010 (Veröffentlichung der Patenterteilung zuzüglich eines Monats Karenzzeit). - Als Fachunternehmen hätten die Beklagten die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB.
- Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.
- 3.
Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 3 PatG. - Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihre Schadensersatzansprüche zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten ferner ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB zu. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
- 4.
Gegen die Beklagte zu 2) steht der Klägerin auch ein Vernichtungsanspruch nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 S. 1 PatG zu. Eine Unverhältnismäßigkeit nach § 140a Abs. 4 PatG hat die Beklagte zu 2) weder vorgetragen noch kann eine solche sonst festgestellt werden. - 5.
Ferner hat die Klägerin gegen die (beiden) Beklagten einen Anspruch auf Rückruf aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG. Auch insoweit lässt sich keine Unverhältnismäßigkeit gemäß § 140a Abs. 4 PatG ersehen. -
III.
Im Rahmen des der Kammer nach § 148 ZPO zustehenden Ermessens wird das Verfahren nicht in Bezug auf das anhängige (zweite) Nichtigkeitsverfahren bezüglich des Klagepatents ausgesetzt. - 1.
Aufgrund der festgestellten Verletzung des Klagepatents ist die anhängige (zweite) Nichtigkeitsklage vorgreiflich für das hiesige Verfahren. Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens einen Rechtsstreit aussetzen. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage oder eines Einspruchs stellt allerdings ohne weiteres noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen. Die Patenterteilung ist auch für die (Verletzungs-) Gerichte bindend. Wegen der gesetzlichen Regelungen, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangen und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage und den Einspruch vor dem jeweiligen Patentamt zur Verfügung stellen, kann der Angriff gegen das Klagepatent nicht als Einwand im Verletzungsverfahren geführt werden. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessenentscheidung ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage oder dem erhobenen Einspruch nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2015, 18679). - Beim Aussetzungsmaßstab ist vorliegend zu berücksichtigen, dass das Klagepatent in der hier geltend gemachten Fassung vom Bundesgerichtshof auf eine Nichtigkeitsklage einer der Beklagten hin rechtskräftig aufrechterhalten wurde. Bei einem letztinstanzlich aufrechterhaltenen Schutzrecht besteht eine sehr starke Vermutung dafür, dass alle erfolgsversprechenden Rechtsbestandsangriffe bereits geführt worden sind und nicht zur Vernichtung des Klagepatents geführt haben. Insofern sind auch (vermeintlich) neue Rechtsbestandsangriffe hinsichtlich ihrer Erfolgsaussichten zurückhaltend zu beurteilen.
- Dies gilt insbesondere, wenn die Nichtigkeitsklägerin im zweiten Nichtigkeitsverfahren ein mit der ersten Nichtigkeitsklägerin konzernverbundenes Unternehmen ist – wie es vorliegend der Fall ist. Es spricht gegen eine Aussetzung, wenn es ein Patentverletzer versäumt, beizeiten klare Verhältnisse zu schaffen. Dies gilt auch, wenn ein Nichtigkeitsverfahren zwar angestrengt wird, aber der Stand der Technik über Jahre hinweg nicht hinreichend nach Stand der Technik recherchiert wird, so dass möglicherweise relevante Entgegenhaltungen erst nach Abschluss des ersten Nichtigkeitsverfahrens eingebracht werden.
- 2.
Eine für eine Aussetzung hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass das Klagepatent in der jetzigen Anspruchsfassung vernichtet werden wird, kann von der Kammer nicht prognostiziert werden. - a)
Die Beklagten stützen sich bei ihrem Rechtsbestandsangriff auf die Dokumente K36 (WO 03/XXX A2) und K37 (WO 09/XXX), von denen die K37 bereits als NB3 im ersten Nichtigkeitsverfahren von der Klägerin eingereicht worden war. Dass diese Dokumente die Lehre des Klagepatents neuheitsschädlich vorwegnehmen, behaupten auch die Beklagten nicht. Vielmehr sollen diese Dokumente nach Ansicht der Beklagten belegen, dass auch Merkmal 7 (= entspricht Merkmal 6.4 nach der Gliederung des BGH), - „Zum Zentrieren der Antriebswelle (4) in dem Pumpengehäuse (3.1) ist in dem distalen Gehäuseabschnitt (3.1.1, 3.1.2) und dem proximalen Gehäuseabschnitt (3.1.4, 3.1.5) jeweils ein Lagerbereich für die Antriebswelle (4) ausgebildet“,
- für den Fachmann im Stand der Technik nahegelegt war. Dies kann nicht hinreichend festgestellt werden.
- b)
Der BGH begründet die Aufrechterhaltung des Klagepatents in der hier geltend gemachten Fassung im Urteil vom 09.03.2020 (Anlage K34) damit, dass ausgehend vom diskutierten Stand der Technik Merkmal 7 nicht nahegelegt war (vgl. Rn. 48 ff. BGH-Urteil). Es sei nicht ersichtlich, - „dass es für den Fachmann naheliegend war, in den distalen und proximalen Abschnitten eines solchen expandierbaren Pumpengehäuses jeweils einen Lagerbereich für die Antriebswelle vorzusehen, um diese zu zentrieren“ (Rn. 48 BGH-Urteil).
- Für den Fachmann sei es nicht naheliegend gewesen,
- „zum Zentrieren der Antriebswelle in dem expandierbaren Pumpengehäuse nicht nur in einem proximalen, sondern auch in einem distalen Gehäuseabschnitt einen Lagerbereich für die Antriebswelle auszubilden.“ (Rn. 53 BGH-Urteil).
- Dabei geht der BGH davon aus, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens grundsätzlich die Alternative in Betracht gezogen hat, die Antriebswelle neben der Lagerung am proximalen Ende zusätzlich am distalen Ende zu lagern, so dass die Antriebswelle infolge des Vorhandenseins zweier endseitiger Lagerbereiche noch sicherer zentriert werden konnte (Rn. 50 BGH-Urteil).
- Bei dieser Alternative sei aber problematisch, dass die Vorrichtung von einem expandierten in einen komprimierten Zustand gebracht werden muss, um durch die Blutgefäße geführt zu werden. Bei der Komprimierung verlängert sich das Pumpengehäuse und damit der Abstand der Lagerbereiche, wodurch es zu einem Ausfädeln der Antriebswelle aus dem distalen Lagerbereich kommen könne (Rn. 51 BGH-Urteil). Es sei keine Anregung ersichtlich
- „wie ein distaler Lagerbereich für die Antriebswelle bei einer Katheterpumpe mit expandierbarem Gehäuse zu realisieren ist, ohne dass die Gefahr eines Ausfädelns der Antriebswelle bei radialer Kontrahierung des Pumpengehäuses besteht.“
- c)
Die nicht mit Technikern des hier streitgegenständlichen Gebiets besetzte Kammer kann nicht feststellen, dass der Fachmann vor diesem Hintergrund auf die Entgegenhaltung K36 oder die Entgegenhaltung K37 zurückgegriffen hätte, um das Problem zu lösen. Dass im Stand der Technik Gehäuse mit proximalen und distalen Lagerbereichen bekannt gewesen sein mögen, lässt nicht den Schluss zu, dass der Fachmann diese Schriften mit den bereits vom BGH diskutierten Entgegenhaltungen K1.1 (= X-Herzkatheterpumpe (RCP)), die nach Rn. X ff. des BGH-Urteils der Ausgangspunkt der fachmännischen Erwägungen war, und K13 in einer Weise kombiniert hätte, dass er zum Gegenstand des Klagepatents gekommen wäre. -
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 100, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. - Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Auf Antrag der Klägerin sind Teilsicherheiten für die gesonderte vorläufige Vollstreckung der zuerkannten Ansprüche festgesetzt worden.
-
V.
Der Streitwert wird auf EUR 1.000.000,00 festgesetzt.