Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2987
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16 Januar 2020, Az. 4c O 80/18
- I. Die Klage wird abgewiesen.
- II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
- III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des europäischen Patents EP 2 XXX 650 (Anlage K 4a, deutsche Übersetzung Anlage K 4b, nachfolgend Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Vernichtung, Rückruf und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht in Anspruch.
- Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 5. März 2010 unter Inanspruchnahme der Priorität der SE XXX vom 6. März 2009 angemeldet wurde. Die Bekanntmachung der Anmeldung erfolgte am 11. Januar 2012, der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 21. Dezember 2016 veröffentlicht. Das Klagepatent, welches auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft steht, wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 60 2010 XXX 946 geführt.
- Gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes erhob die A, (…), am 18. September 2017 Einspruch zum Europäischen Patentamt (EPA) (Anlage K 6). Die Klägerin beschränkte daraufhin den Hauptanspruch dahingehend, dass dieser die Merkmale des erteilten Anspruch 1 und ein Merkmal des in der ursprünglichen Fassung erteilten Anspruchs 2 umfasst (Anlage K 7). Auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2019 hielt die Einspruchsabteilung das Klagepatent in der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Fassung gemäß Entscheidung vom 12. Juni 2019 aufrecht (Anlagenkonvolut K 23).
- Das Klagepatent hat einen Zentrifugalabscheider zum Gegenstand. Der von der Klägerin eingeschränkt geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
- „Zentrifugalabscheider (1), ein Gehäuse (15) umfassend, des einen Raum (18) begrenzt, der in Bezug auf die Umgebung des Gehäuses dicht verschlossen ist und in dem ein Rotor (2) zur Rotation angeordnet ist, wobei der Rotor in sich selbst einen Abscheideraum (7) bildet, der vom Raum (18) dicht verschlossen oder isoliert ist, und wobei im Abscheideraum Zentrifugalabscheidung von mindestens einer Komponente geringerer Dichte eines Fluids im Betrieb erfolgt, wobei sich in diesen Rotor mindestens ein Einlass (9) zum Einlass des Fluids in den Abscheideraum erstreckt, und von welchem Rotor aus sich mindestens ein erster Auslass (10, 25, 26) zum Ablass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente erstreckt, wobei der Raum (18) mit einer Pumpvorrichtung (19, 29) verbunden ist, die angeordnet ist, um im Betrieb Gas aus dem Raum (18) zu entfernen, wodurch in dem Raum Unterdruck gehalten wird, wobei der Rotor (2) einen zweiten Auslass (11) umfasst, der sich von einem Abschnitt des Abscheideraums (7) zum Raum (18) zum Ablass von mindestens einer Komponente höherer Dichte erstreckt, die im Betrieb vom Fluid abgeschieden wird, und wobei eine Auslassvorrichtung (24, 29) in Form einer Pumpe angeordnet ist, um die mindestens eine im Betrieb vom Fluid abgeschiedene Komponente höherer Dichte aus dem Raum (18) abzulassen, dadurch gekennzeichnet, dass der zweite Auslass (11) für intermittierenden Ablass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte angeordnet ist.“
- Patentanspruch 14 hat nachfolgenden Wortlaut:
- „Verfahren in einem Zentrifugalabscheider nach einem der vorherigen Ansprüche, folgende Schritte beinhaltend:
Entfernung von Gas aus dem Raum rund um den Rotor unter Erhalt negativen Drucks im Raum,
Ablass aus einem Abschnitt des Abscheideraums in den Raum über den zweiten Auslass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte.“ - Nachfolgend wird in verkleinerter Form die aus der Klagepatentschrift stammende Figur 1 wiedergegeben, welche einen erfindungsgemäßen Zentrifugalabscheider zeigt und welche von der Klägerin koloriert wurde.
- Die A hat gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes Nichtigkeitsklage zum Bundespatentgericht (Az. 4 Ni 64/19 (EP)) erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
- Die Beklagte zu 1) ist ein Industriekonzern mit Sitz in B. Zu dem Konzern gehören weltweit mehr als (…) operative Tochtergesellschaften, unter anderem die Beklagte zu 2). Die Beklagte zu 1) ist unter anderem einer der größten Systemanbieter für die Nahrungsmittel verarbeitende Industrie. Die Beklagte zu 2) ist eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1). Sie stellt Separatoren und Dekanter her und bietet Verfahren und Prozesse zur mechanischen Klärung und Trennung von Flüssigkeiten für die Nahrungsmittelindustrie, Chemie, Pharmazie, Biotechnologie, Energie, Schifffahrt und Umwelttechnik an. Sie stellt Zentrifugalabscheider, insbesondere Zentrifugalabscheider mit Direktantrieb unter der Bezeichnung „C“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) her. Diese „C“-Geräte sind werksseitig mit dem D Einlaufsystem ausgestattet und können mit zusätzlichen Systemen ausgestattet werden, so die D (für eine Steigerung der Proteinausbeute aus der eingesetzten Rohmilch) oder der Vakuumtechnik E. Diese Geräte verfügen insgesamt über einen zweiten intermittierenden Auslass.
- Nachfolgend wiedergegeben ist eine aus der Zeitschrift „(…)“, Ausgabe X/XXXX stammende Zeichnung der angegriffenen Ausführungsform, welche von der Klägerin beschriftet wurde (Anlage K18).
- In der genannten Zeitschrift wird zur angegriffenen Ausführungsform ausgeführt:
- „(…).“
- Zwischen den Parteien unstreitig bildet die angegriffene Ausführungsform einen halboffenen Separator, bei welchem das Stoffgemisch von oben herab in den Rotor eingelassen wird. Der Rotor ist nicht mittels einer separaten Dichtung von dem ihn umgebenden Raum abgeschlossen. Durch die Zentrifugalkräfte werden die getrennten Phasen in die Greiferkammern gefördert. Dort tauchen Greifer in die Flüssigkeit. Hierbei handelt es sich um starre, nicht rotierende Hohlrohre, über die die Flüssigkeit sodann abfließt.
- Die Beklagten legten Privatgutachten von F (KAP 9) und G (Anlage KAP 14) vor.
- Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäßen Gebrauch. Sie sei aktivlegitimiert. Soweit die Beklagten dies in Abrede stellen würden im Hinblick auf eine der H erteilte Lizenz, stehe dies der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Klagepatent nicht entgegen, selbst wenn eine ausschließliche Lizenz erteilt worden sei. Überdies sei auch die Beklagte zu 1) passivlegitimiert. Diese habe auf der J 2019 die angegriffene Ausführungsform ausgestellt, wie sich aus der Ausstellerliste ergebe.
Die angegriffene Ausführungsform mache auch von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen Gebrauch. Denn die angegriffene Ausführungsform weise sowohl einen Raum auf, der in Bezug auf die Umgebung des Gehäuses dicht verschlossen sei, als auch einen Abscheideraum, der vom Raum dicht verschlossen oder isoliert sei. Dem Klagepatent komme es nicht auf einen hermetischen Anschluss an. Insoweit genüge es, wenn der Abscheideraum durch das Eintauchen der Greifer in die Flüssigkeit dicht verschlossen werde. Eine solche Flüssigkeitsdichtung reiche zur Verwirklichung der Dichtigkeit nach dem Klagepatent aus. Eine Dichtigkeit des Raumes in Bezug auf die Umgebung des Gehäuses liege vor, wie anhand der Untersuchungen der Beklagten durch F (Anlage KAP 9) gezeigt worden sei. Der getestete K der Produktreihe L habe bei einer Laufzeit von 8 Minuten pro Stunde einen Druck von 50 kPa aufrechterhalten. - Die Klägerin beantragt,
- I. die Beklagten zu verurteilen
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, bei der Beklagten zu 1) zu vollstrecken an dem jeweiligen Vorstandsvorsitzenden, bei der Beklagten zu 2) an ihrem jeweiligen Geschäftsführer, zu unterlassen:
- 1.1 einen Zentrifugalabscheider, umfassend
a) ein Gehäuse, das einen Raum begrenzt, der in Bezug auf die Umgebung des Gehäuses dicht verschlossen ist und
b) in dem ein Rotor zur Rotation angeordnet ist,
c) wobei der Rotor in sich selbst einen Abscheideraum bildet,
d) der vom Raum dicht verschlossen oder isoliert ist, und
e) wobei im Abscheideraum Zentrifugalabscheidung von mindestens einer Komponente höherer Dichte und von mindestens einer Komponente geringerer Dichte eines Fluids im Betrieb erfolgt,
f) wobei sich in diesem Rotor mindestens ein Einlass zum Einlass des Fluids in den Abscheideraum erstreckt, und
g) von welchem Rotor aus sich mindestens ein erster Auslass zum Ablass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente erstreckt,
h) wobei der Raum mit einer Pumpvorrichtung verbunden ist, die angeordnet ist, um in Betrieb Gas aus dem Raum zu entfernen, wodurch in dem Raum Unterdruck gehalten wird, und
i) wobei der Rotor mindestens einen zweiten Auslass umfasst, der sich von einem Abschnitt des Abscheideraums zum Raum zum Ablass von mindestens einer Komponente höherer Dichte erstreckt, die im Betrieb vom Fluid abgeschieden wird, und
j) wobei eine Ablassvorrichtung in Form einer Pumpe angeordnet ist, um die mindestens eine im Betrieb vom Fluid abgeschiedene Komponente höherer Dichte aus dem Raum zu entfernen, - dadurch gekennzeichnet, dass
- k) der zweite Auslass für intermittierenden Ablass für mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte angeordnet ist.
- in Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu benutzen
und/oder für die vorbezeichneten Zwecke zu besitzen; - 1.2 Zentrifugalabscheider, umfassend
a) ein Gehäuse, das einen Raum begrenzt, der in Bezug auf die Umgebung des Gehäuses dicht verschlossen ist und
b) in dem ein Rotor zur Rotation angeordnet ist,
c) wobei der Rotor in sich selbst einen Abscheideraum bildet,
d) der vom Raum dicht verschlossen oder isoliert ist, und
e) wobei im Abscheideraum Zentrifugalabscheidung von mindestens einer Komponente höherer Dichte und von mindestens einer Komponente geringerer Dichte eines Fluids im Betrieb erfolgt,
f) wobei sich in diesem Rotor mindestens ein Einlass zum Einlass des Fluids in den Abscheideraum erstreckt, und
g) von welchem Rotor aus sich mindestens ein erster Auslass zum Ablass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente erstreckt,
h) wobei der Raum mit einer Pumpvorrichtung verbunden ist, die angeordnet ist, um in Betrieb Gas aus dem Raum zu entfernen, wodurch in dem Raum Unterdrück gehalten wird, und
i) wobei der Rotor mindestens einen zweiten Auslass umfasst, der sich von einem Abschnitt des Abscheideraums zum Raum zum Ablass von mindestens einer Komponente höherer Dichte erstreckt, die im Betrieb vom Fluid abgeschieden wird, und
j) wobei eine Ablassvorrichtung in Form einer Pumpe angeordnet ist, um die mindestens eine im Betrieb vom Fluid abgeschiedene Komponente höherer Dichte aus dem Raum zu entfernen,
k) wobei der zweite Auslass für intermittierenden Ablass für mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte angeordnet ist - welche dazu geeignet sind, ein Verfahren ablaufen zu lassen, das
- a) Entfernung von Gas aus dem Raum rund um den Rotor unter Erhalt negativen Drucks im Raum
- b) Ablass aus einem Abschnitt des Abscheideraums in den Raum über den zweiten Auslass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte.
- vornimmt, Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern.
- 1.3 Hilfsweise wird beantragt, Zentrifugalabscheider wie in Ziffer I., 1., 1.2. dargestellt, Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/ oder an solche zu liefern, ohne
- – im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Zentrifugalabscheider nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaber des deutschen Patentes DE 60 2010 XXX 946 für ein Verfahren verwendet werden dürfen, das die Entfernung von Gas aus dem Raum rund um den Rotor unter Erhalt negativen Drucks im Raum und zum Ablass aus einem Abschnitt des Abscheideraums in den Raum über den zweiten Auslass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte vornimmt.
- – im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an den Patentinhaber zu zahlenden Vertragsstrafe von EUR 20.000 für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Zentrifugalabscheider nicht ohne Zustimmung des Patentinhabers für ein Verfahren zu verwenden, das die Entfernung von Gas aus dem Raum rund um den Rotor unter Erhalt negativen Drucks im Raum vornimmt und zum Ablass aus einem Abschnitt des Abscheideraums in den Raum über den zweiten Auslass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte.
- 2. der Klägerin über den Umfang der vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 21. Dezember 2016 begangenen Handlungen Auskunft zu erteilen, und zwar unter Angabe:
- a) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
b) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise, - wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
- 3. der Klägerin darüber Rechnung zulegen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. noch bezeichneten Handlungen seit dem 10. Oktober 2010 begangen haben, und zwar unter Angabe:
- a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen,
c) der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, - wobei
– die Angaben zu f) nur für die Zeit seit dem 21. Januar 2017 zu machen sind; - – den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Kläger zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 4. sämtliche in Deutschland in ihrem Besitz befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer l.1. und 1.1. zu vernichten und die Vernichtung der Klägerin nachzuweisen oder nach ihrer Wahl an einen, von dieser zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
- 5. die vorstehend unter Ziffer I.1., 1.1. bezeichneten, in Deutschland im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen
- a) zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 2 XXX 650 erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird und
b) endgültig zu entfernen, in dem die Beklagten diese Erzeugnisse wieder an sich nehmen oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlassen. - 6. Es wird festgestellt,
- a) dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin für die in Ziffer I.1., 1.1. bezeichneten und in der Zeit vom 10. Oktober 2010 bis zum 20. Januar 2017 begangenen Handlungen, deren Umfang sich aus der gemäß Ziffer I.2. und 3. zu erteilenden Auskunft und Rechnungslegung ergibt, eine angemessene Entschädigung zu zahlen,
- b) dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die sich aus der gemäß Ziffer I.2. und 3. zu erteilenden Auskunft und Rechnungslegung ergebenden und seit dem 21. Januar 2017 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- 7. Die Beklagten haben gesamtschuldnerisch an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 8.292,80 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
- Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen,
- hilfsweise: den Verletzungsrechtsstreit gemäß § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung des Bundespatentgerichts in dem parallelen Rechtsbestandsverfahren, Az. 4 Ni 64/19 (EP), über den deutschen Teil des europäischen Patentes EP 2 XXX 650 auszusetzen.
- Die Beklagten stellen sowohl die Aktivlegitimation der Klägerin wie auch die Passivlegitimation der Beklagten zu 1) in Abrede. Eine Angebotshandlung auf der Messe sei durch die Beklagte zu 1) nicht erfolgt. Sie sind ferner der Ansicht, durch die angegriffene Ausführungsform werde das Klagepatent nicht verletzt. Eine Dichtigkeit sowohl des Raumes in Bezug auf die Umgebung des Gehäuses wie auch des Abscheideraumes gegenüber dem Raum liege nicht vor. Der den Abscheideraum umgrenzende Rotor sei gerade nicht vollständig geschlossen. Das Klagepatent sehe indes einen Separator vor, der mit Unterdruck im Haubenraum betrieben werden könne, um Energieverluste, Geräuschentwicklung und Erwärmung zu reduzieren und eine hygienischere Rotorumgebung bereitzustellen. Dies werde nur mit einem hermetisch abgedichteten Rotor erreicht, da ansonsten ein ständiger Druckausgleich zwischen Rotorinnenraum und Haubenraum erfolge. Ein entsprechendes Verständnis habe die Klägerin auch im europäischen Einspruchsverfahren vertreten, woran sie sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben festhalten lassen müsse.
Letztlich werde sich das Klagepatent jedoch im Nichtigkeitsverfahren auch nicht als rechtsbeständig erweisen. Die EP 0 411 XXX A1 (nachfolgend E1) und die DE 2 2 14 XXX OS (Anlage KAP 3, nachfolgend E11) stünden der erfinderischen Tätigkeit entgegen. Gleiches gelte für die Veröffentlichung aus einer Fachzeitschrift aus dem Jahr (…) zum Thema Zentrifugalseparatoren (Anlage KAP 12, nachfolgend E12). - Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
- Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
- Entscheidungsgründe
- Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
- Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht sowie Vernichtung und Rückruf aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB, da die Beklagten das Klagepatent nicht verletzen.
-
I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die Klägerin der H eine ausschließliche Lizenz an dem Klagepatent erteilt hat, wäre sie an der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Klagepatent nicht gehindert. Denn ein Patentinhaber ist neben einem ausschließlichen Lizenznehmer zur Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Patent berechtigt (BGH, GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone I). - II.
1.
Die Erfindung nach dem Klagepatent bezieht sich auf einen Zentrifugalabscheider. - In seiner Einleitung bezieht sich das Klagepatent auf einen Zentrifugalabscheider, der einen Rotor umfasst, und ein Verfahren in einem solchen Zentrifugalabscheider, wie aus der US-A 6 XXX 871 bekannt ist.
- Zum Hintergrund führt das Klagepatent weiter aus, dass der Betrieb eines Zentrifugalabscheiders den Verbrauch von Energie mit sich bringt, von dem ein Teil in Form von aerodynamischen Verlusten beim Kontakt zwischen den rotierenden Teilen, z.B. dem Rotor, und dem umgebenden Gas verloren geht. Diese Verluste können somit zu einem unnötig hohen Energieverbrauch des Zentrifugalabscheiders führen. Die Verluste tragen ferner auch zur Erwärmung der rotierenden Teile und der angrenzenden Teile und Materialien bei, z.B. des Fluids für die Zentrifugalabscheidung. In vielen Fällen ist diese Erwärmung unerwünscht, insbesondere wenn wärmeempfindliche Fluide abzuscheiden sind. Als weiteres Problem schildert es das Klagepatent, dass die erzeugte Wärme entsorgt werden muss, was in vielen Fällen dazu führt, dass der Zentrifugalabscheider mit einer Kühlvorrichtung versehen werden muss, z.B. kann solcher Abscheider mit einem wassergekühlten Gehäuse versehen werden.
- Das Klagepatent nimmt ferner Bezug auf die DK XXX X, welche die Klärung von Bier in einem Zentrifugalabscheider beschreibt, bei dem die Abscheidung in einer Abscheideschüssel erfolgt, die von einem evakuierten Raum umschlossen ist. Ziel ist es, die Erwärmung des durch den Abscheider gelangten Bieres zu reduzieren und dadurch die Klärung zu verbessern. Der beschriebene Zentrifugalabscheider verfügt über einen Rotor des sogenannten massiven Wandtyps, der es nicht ermöglicht, abgeschiedene Komponenten aus dem Bier über Auslässe an der Peripherie des Rotors abzugeben.
- Weiter bezieht sich das Klagepatent auf die RU XXX C2, welche eine Zentrifugalmaschine zur Reinigung von Flüssigkeiten beschreibt, die einen Behälter mit Wasser in einem Raum um den Rotor umfasst, wobei das Wasser zum Verdampfen gebracht wird und sich Wasserdampf in dem Raum um den Rotor bildet, um die aerodynamischen Verluste während der Rotation zu verringern. Es ist eine Wand angeordnet, um zu verhindern, dass abgeschiedenes Material in den Raum um den Rotor gelangt.
- Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund des Standes der Technik die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, die genannten Nachteile zu verringern. Als weitere Aufgaben werden der Erhalt eines Zentrifugalabscheiders mit geringem Energieverbrauch, die Verringerung der Erwärmung der rotierenden Teile eines Zentrifugalabscheiders, die Verringerung der Geräuschentwicklung und der Erhalt eines Zentrifugalabscheiders mit einer verbesserten hygienischen Umgebung um den Rotor.
- Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 sowie das Verfahren nach Patentanspruch 14 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:
- 1. Zentrifugalabscheider (1), ein Gehäuse (15) umfassend, das einen Raum (18) begrenzt.
2. Der Raum (18)
a) ist in Bezug auf die Umgebung des Gehäuses dicht verschlossen,
b) ist mit einer Pumpvorrichtung (19, 29) verbunden, die angeordnet ist, um im Betrieb Gas aus dem Raum (18) zu entfernen, wodurch in dem Raum Unterdruck gehalten wird.
3. In dem Raum (18) ist ein Rotor (2) zur Rotation angeordnet,
a) der in sich selbst einen Abscheideraum (7) bildet, in dem Zentrifugalabscheidung von mindestens einer Komponente höherer Dichte und von mindestens einer Komponente geringerer Dichte eines Fluids im Betrieb erfolgt,
b) in den sich mindestens ein Einlass (9) zum Einlass des Fluids im Betrieb erstreckt.
c) von dem aus sich mindestens ein erster Auslass (10, 25, 26) zum Ablass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente erstreckt,
d) der mindestens einen zweiten Auslass (11) umfasst, der sich von einem Abschnitt des Abscheideraums (7) zum Raum (18) zum Ablass von mindestens einer Komponente höherer Dichte erstreckt, die im Betrieb vom Fluid abgeschieden wird.
4. Der Abscheideraum (7) ist vom Raum (18) dicht verschlossen oder isoliert.
5. Der zweite Auslass (11) ist für intermittierenden Ablass von mindestens einer Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte angeordnet.
6. Eine Ablassvorrichtung (24, 29) ist in Form einer Pumpe angeordnet, um die mindestens eine im Betrieb vom Fluid abgeschiedene Komponente höherer Dichte aus dem Raum (18) zu entfernen.
Verfahren in einem Zentrifugalabscheider, welcher durch Merkmale gekennzeichnet ist: - 1. Zentrifugalabscheider (1), ein Gehäuse (15) umfassend, das einen Raum (18) begrenzt.
2. Der Raum (18)
a) ist in Bezug auf die Umgebung des Gehäuses dicht verschlossen,
b) ist mit einer Pumpvorrichtung (19, 29) verbunden, die angeordnet ist, um im Betrieb Gas aus dem Raum (18) zu entfernen, wodurch in dem Raum Unterdruck gehalten wird.
3. In dem Raum (18) ist ein Rotor (2) zur Rotation angeordnet,
a) der in sich selbst einen Abscheideraum (7) bildet, in dem Zentrifugalabscheidung von mindestens einer Komponente höherer Dichte und von mindestens einer Komponente geringerer Dichte eines Fluids im Betrieb erfolgt,
b) in den sich mindestens ein Einlass (9) zum Einlass des Fluids im Betrieb erstreckt,
c) von dem aus sich mindestens ein erster Auslass (10, 25, 26) zum Ablass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente erstreckt,
d) der mindestens einen zweiten Auslass (11) umfasst, der sich von einem Abschnitt des Abscheideraums (7) zum Raum (18) zum Ablass von mindestens einer Komponente höherer Dichte erstreckt, die im Betrieb vom Fluid abgeschieden wird.
4. Der Abscheideraum (7) ist vom Raum (18) dicht verschlossen oder isoliert.
5. Der zweite Auslass (11) ist für intermittierenden Ablass von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte angeordnet.
6. Eine Ablassvorrichtung (24, 29) ist in Form einer Pumpe angeordnet, um die mindestens eine im Betrieb vom Fluid abgeschiedene Komponente höherer Dichte aus dem Raum (18) zu entfernen.
7. Entfernung von Gas aus dem Raum (18) rund um den Rotor unter Erhalt negativen drucks in dem Raum,
8. Ablass aus einem Abschnitt des Abscheideraums (7) in den Raum (18) über den zweiten Auslass (11) von mindestens einer im Betrieb vom Fluid abgeschiedenen Komponente höherer Dichte. -
2.
Vor dem Hintergrund des Streits der Parteien bedürfen die für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Merkmale 2.a) und 4. einer näheren Erläuterung. - a)
Merkmal 2.a) besagt, dass der Raum in Bezug auf die Umgebung des Gehäuses dicht verschlossen ist. Die Begrifflichkeit des „dicht verschlossen“ verwendet auch das Merkmal 4., welches konkret besagt, dass der Abscheideraum vom Raum (18) dicht verschlossen oder isoliert ist. - Das Klagepatent selbst macht keine konkreten Angaben zum Verständnis der Formulierung dicht verschlossen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch beinhaltet ein dichter Verschluss eine Ausgestaltung, bei der ein Austausch mit der Umgebung verhindert wird.
- Einem entsprechenden Verständnis unterliegt auch das Klagepatent wie der Fachmann zunächst aus der Systematik des Anspruchs erkennt. So wird sowohl im Merkmal 2.a) wie auch im Merkmal 4. der Begriff „dicht verschlossen“ verwendet, im Merkmal 4. zusätzlich noch „isoliert“. Das Merkmal 2. sieht zusätzlich im Teilmerkmal 2.b) vor, dass der Raum (der dicht verschlossen ist) mit einer Pumpvorrichtung verbunden ist, die angeordnet ist, um im Betrieb Gas aus dem Raum zu entfernen, wodurch in dem Raum Unterdruck gehalten wird. Der dichte Verschluss gegenüber der Umgebung des Gehäuses soll danach unter anderem bewirken, dass mittels der Pumpvorrichtung ein Unterdruck erzielt werden kann. Es muss dementsprechend eine solche Abgeschlossenheit erzielt werden, dass ein Unterdruck aufrechterhalten werden kann. Dabei ist dem Fachmann indes deutlich, dass mit einer entsprechenden Pumpleistung nahezu immer ein Unterdruck erreicht werden kann, auch wenn kein Austausch mit der Umgebung mittels eines dichten Verschlusses verhindert wird. Der Fachmann nimmt jedoch auch in den Blick, dass sich das Klagepatent die Aufgabe gesetzt hat, einen Zentrifugalabscheider zu erhalten, der einen geringeren Energieverbrauch aufweist, was ihm verdeutlicht, dass ein dichter Verschluss des Raums gegenüber der Umgebung notwendig ist, um den Energieverbrauch der Pumpvorrichtung zum Halten des Unterdrucks in dem Raum niedrig zu halten. Eine reduzierte Pumpleistung wird indes gerade bei einem dichten Abschluss erzielt, da dann die Pumpe nicht zu einer durchgehenden Pumpleistung gezwungen ist.
- Überdies wird dadurch auch eine verbesserte hygienische Umgebung in dem Raum außerhalb des Rotors erzielt, welches das Klagepatent sowohl in der Aufgabenstellung in Abs. [0005] wie auch in Abs. [0007] beschreibt, da ein geringeres Risiko von Ablagerungen, Beschichtungen oder Krustenbildung besteht, was die Sauberkeit des Raumes erleichtert. Gleichzeitig enthält die Schlammphase weniger Gas und die Geräuschentwicklung und –ausbreitung der rotierenden Teile wird verringert (vgl. Abs. [0007] a.E.). Der Fachmann erkennt mithin, dass zur Erreichung dieser Ziele ein solcher dichter Verschluss des Raumes gegenüber der Umgebung des Gehäuses vorliegen muss, der – wie es der allgemeine Sprachgebrauch vorsieht – einen Austausch mit der Umgebung verhindert. Denn nur dann kann bei gleichzeitiger Verringerung des Energieverbrauchs, welcher durch eine stets auf „Hochtouren“ laufende Pumpvorrichtung nicht erzielt würde, und Bewirkung der beschriebenen hygienischen Verhältnisse in dem Raum um den Rotor entsprechendes erzielt werden.
- Das gleiche Begriffsverständnis weist auch das Merkmal 4. auf, welches einen dicht verschlossenen oder isolierten Abscheideraum von dem Raum vorsieht. Hiervon ist grundsätzlich bereits aufgrund des von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannten Grundsatzes auszugehen, dass gleichlautende Begriffe in einem Anspruch einem gleichen Begriffsverständnis unterliegen (GRUR 2017, 152 –Zungenbett).
- Das Klagepatent macht im Hinblick auf das Merkmal 4. keine Angaben, was unter dicht verschlossen oder – zusätzlich noch – isoliert zu verstehen ist. Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang auf die unterschiedlichen Konstruktionsweisen von Separatoren als hermetischer oder halboffener Zentrifugalseparator abstellen, kommt es für das Begriffsverständnis nach dem Klagepatent hierauf nicht an, da das Klagepatent an keiner Stelle eine entsprechende Unterscheidung vornimmt.
- Grundsätzlich ist daher mit Blick auf die gleiche Begriffswahl in den Merkmalen 2. und 4. davon auszugehen, dass dicht verschlossen auch im Merkmal 4. einen Verschluss zur Verhinderung eines Umgebungsaustausches beinhaltet. Zwar macht das Klagepatent zu den hygienischen Bedingungen in dem Abscheideraum keine dem Raum (18) entsprechende Ausführungen, worauf die Klägerin zutreffend verwiesen hat. Der Fachmann erkennt indes, dass diese, wenn nicht sogar gesteigerte Anforderungen an die Hygiene gerade in dem Abscheideraum vorhanden sein müssen, da hier die Trennung der Fluide erfolgen soll. Gerade dieser Bereich muss besonderes hygienisch sein, damit bei dem gewünschten Trennvorgang der Fluide keine Kontamination mit Bestandteilen von außen erfolgen kann. Insofern spricht viel dafür, dass das Klagepatent auch mit Blick auf den Abscheideraum einen dichten Verschluss voraussetzt, der einen Austausch mit der Umgebung verhindert.
- Ein entsprechendes Verständnis zeigt auch die zeichnerische Darstellung einer bevorzugten Ausführungsform wie in den Figuren der Klagepatentschrift wiedergegeben. Die zeichnerische Darstellung eines Ausführungsbeispiels kann zwar nach allgemeinen Grundsätzen die Lehre des Klagepatents nicht beschränken (BGH, GRUR 2020, 602, 605 – Gelenkanordnung). Dennoch liefert es einen Hinweis darauf, wie der Fachmann das Klagepatent zu verstehen hat. Wie in der kolorierten Zeichnung im Tatbestand wiedergegeben, zeigt diese in der Figur 1, wie auch in den weiteren Figuren sowohl einen von der Umgebung dicht verschlossenen Raum (18) sowie einen vom Raum (18) dicht verschlossenen Abscheideraum (7).
- Eine Dichtung vermittelt durch die zu trennende Flüssigkeit selbst stellt demgegenüber keinen dichten Verschluss im Sinne des Klagepatentes dar. Denn insofern wird ein Austausch mit der Umgebung gerade nicht verhindert.
- Diesem Verständnis steht nicht der von der Klägerin angeführte Abs. [0021] entgegen, der wie folgt in deutscher Übersetzung lautet:
- „Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird der Raum um den Rotor gegenüber den im Rotor ausgebildeten Räumen, die im Betrieb zusätzlich zu dem Abscheideraum mindestens ein Bauteil enthalten, dicht verschlossen oder isoliert. Der Raum um den Rotor kann somit weiter von einer Einlasskammer in den Rotor oder einen Auslasskammer in den Rotor oder von Ein- und Auslasskammer zugleich dicht verschlossen oder isoliert sein. Die Einlasskammer ist eine im Rotor gebildete Kammer, von der sich der Auslass erstreckt. Die Auslasskammer ist eine im Rotor gebildete Kammer, von der sich der Auslass erstreckt. Bei dieser Abdichtung kann es sich um eine mechanische Dichtung, eine Gasdichtung, eine Flüssigkeitsdichtung, eine Labyrinthdichtung oder Kombinationen davon handeln. Diese Isolierung kann ferner mittels mindestens einem Durchgang vorgesehen sein, der während des Betriebs mit Flüssigkeit und/oder Schlamm gefüllt ist und sich zwischen dem Raum um den Rotor bis zu diesen dicht verschlossenen oder isolierten Räumen und/oder Kammern erstrecken kann. Ein solcher Durchgang kann ein Einlass, einer erster und/oder zweiter Auslass, eine Ein- und/oder Auslasskammer und ein Durchgang zum Abscheideraum oder Kombinationen davon sein. Das Fluid in den dem Rotor gebildeten dicht verschlossenen oder isolierten Räumen kann durch den Druck und/oder den Gasgehalt in dem Raum um den Rotor relativ unbeeinflusst sein.“
- Der Klägerin ist zuzugeben, dass in dem vorstehenden zitierten Absatz ausdrücklich von einer Flüssigkeitsdichtung die Rede ist. Diese wird indes nicht mit Bezug auf den dichten Verschluss des Abscheideraums von dem Raum angeführt, sondern zum Verschluss von weiteren, in dem Rotor befindlichen Kammern, wie einer Einlasskammer oder einer Auslasskammer. Bei diesen Kammern erachtet das Klagepatent eine Flüssigkeitsdichtung als ausreichend. Dass gleiches auch für den dichten Verschluss von Abscheidekammer zu dem Raum gilt, kann dem Absatz hingegen nicht entnommen werden.
- Hinzukommt, dass das Klagepatent in diesem Absatz zwischen einer Isolierung mittels Schlamm und zwischen den dicht verschlossenen oder isolierten Räumen unterscheidet, wenn ausgeführt wird, dass diese Isolierung ferner mittels mindestens einem Durchgang vorgesehen sein kann, der während des Betriebs mit Flüssigkeit und/oder Schlamm gefüllt ist und sich zwischen dem Raum um den Rotor bis zu diesen dicht verschlossenen oder isolierten Räumen und/oder Kammern erstrecken kann. Das Klagepatent differenziert damit an dieser Stelle klar zwischen einer Isolierung mittels Flüssigkeit und/oder Schlamm in einem dichten Verschluss, indem eben nicht von einem dichten Verschluss oder Isolierung durch eine entsprechende Flüssigkeits- oder Schlammdichtung die Rede ist.
- Das Klagepatent setzt daher einen dichten Verschluss sowohl zur Trennung des Raumes von der Umgebung des Gehäuses wie auch des Abscheideraumes von dem Raum voraus, der – im Hinblick auf letzteren – nicht durch eine Flüssigkeitsdichtung (wie bei der angegriffenen Ausführungsform) zu bewerkstelligen ist. Insofern kommt es auch auf die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeführten Zitate aus den von den Beklagten vorgelegten Privatgutachten sowie dem Lehrbuch von Stahl, welche stellenweise ausführen, dass auch eine Flüssigkeitsdichtung zu einem dichten Verschluss führt, nicht an. Denn dies mag zwar praktisch der Fall sein, was die Kammer nicht zu beurteilen vermag. Das Klagepatent macht indes deutlich, dass eine solche Dichtung nicht als dicht verschlossen erachtet wird.
- Letztlich sprechen für dieses Verständnis auch die Äußerungen der Klägerin im Einspruchsverfahren. Dort hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2019 mit Blick auf die DE 2 214 XXX (E11), welche einen Greiferseparator offenbart, der in der Figur 1 mit der Bezugsziffer 12 gekennzeichnet ist, deutlich gemacht, dass die E11 das Merkmal 4. dicht verschlossen oder isoliert nicht offenbare. Entsprechendes wurde in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen (vgl. Seite 11 des Anlagenkonvoluts K 23). Diese Aussage ist jedenfalls als Indiz für das fachmännische Verständnis zu werten.
- b)
Da die angegriffene Ausführungsform aufgrund ihres halboffenen Aufbaus keinen dicht verschlossenen Abscheideraum gegenüber dem Raum vorsieht, vermag die Kammer eine Benutzung des Klagepatentes nicht festzustellen. Mangels Verletzung des Klagepatentes stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, so dass es auf die weiteren zwischen den Parteien streitigen Fragen der Passivlegitimation der Beklagten zu 1) und der Frage der Aussetzung nicht ankommt. -
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. - Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
- Der Streitwert des Verfahrens wird auf 500.000,00 € festgesetzt.