Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2950
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. März 2019, Az. I-2 U 114/09
Vorinstanz: 4b 67/08
- Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. August 2009 verkündete
Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen. - II. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat die Klägerin zu tragen.
- III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. - Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten
wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages abzuwenden, falls nicht die
Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten. - IV.
Die Revision wird nicht zugelassen. - V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 300.000,00 EUR
festgesetzt. - Gründe:
- I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 982 XXX (Klagepatent). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten (noch) auf Unterlassung, Rechnungslegung und Auskunftserteilung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch. - Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 04.05.1999 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 21.08.1998 eingereicht und am 01.03.200 im Patentblatt veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 28.03.2007 im Patentblatt bekannt gemacht. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 599 14 XXA geführt.
- Das Klagepatent betrifft eine Steckdose für eine mehrpolige Steckverbindung. Der erteilte Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
- „Steckdose für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug, mit einem Dosengehäuse (1) und einem in dem Dosengehäuse (1) aufgenommenen Kontaktträgereinsatz (2) für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen (3, 3’) zu versehenen elektrischen Steckkontakten (4), welcher einen Kontaktträger (5) für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte (4) in dem Kontaktträgereinsatz (2) und einen Kontaktaufsatz (6) für die Halterung der Steckkontakte (4) an dem Kontaktträger (5) aufweist, sowie ggf. vorhandene Stützkörper (7) für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes (2) auf einer rückwärtigen Montagefläche (8), dadurch gekennzeichnet, dass Kontaktträgereinsatz (2) und Gehäusemantel (9) sowie der ggf. vorhandene Stützkörper (7) zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen (10, 12; 11) für die seitliche Wegführung der Anschlussleitungen (3, 3’) aufweisen.“
- Auf von der Beklagten zu 1. sowie von dritter Seite eingelegte Einsprüche hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes das Klagepatent – während des Berufungsverfahrens, das zunächst bis zur erstinstanzlichen Entscheidung im Einspruchsverfahren und sodann bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss ausgesetzt gewesen ist – am 11.04.2011 widerrufen. Auf die gegen diese Entscheidung von der Klägerin eingelegte Beschwerde hat die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes das Klagepaten durch Entscheidung vom 10.09.2014 (Az.: T 1265/11; Anlage BK 7) in eingeschränktem Umfang aufrechterhalten. In der Folge ist eine neue Patentschrift veröffentlicht worden (B2-Schrift; Anlage K 39). Der von der Technischen Beschwerdekammer aufrechterhaltene Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
- „Steckdose für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug, mit einem Dosengehäuse (1) und einem in dem Dosengehäuse (1) aufgenommenen Kontaktträgereinsatz (2) für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen (3, 3′) zu versehenden elektrischen Steckkontakten (4), welcher aus einem Kontaktträger (5) für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte (4) in dem Kontaktträgereinsatz (2) und einem Kontaktaufsatz (6) für die Halterung der Steckkontakte (4) an dem Kontaktträger (5) besteht, sowie mit einem Stützkörper (7), welcher für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes (2) auf einer rückwärtigen Montagefläche (8) mit seinen rückwärtigen Stirnflächen zu den rückwärtigen Stirnflächen des Dosengehäuses (1) fluchtet, wobei der Kontaktträgereinsatz (2) in den Stützkörper (7) mittels an dem Stützkörper (7) vorgesehenen Rasthaken (17) einrastbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Rasthaken (17) bei montiertem Dosengehäuse (1) gegen elastisches Ausweichen zur Verhinderung einer Freigabe des Kontaktträgereinsatzes (2) blockiert sind, wobei die Blockage der Rasthaken mittels Sicherungsvorsprüngen erfolgt, welche bei der Montage bezüglich der Rasthaken reversibel von einer FreigabesteIlung in eine Blockierstellung überführbar sind durch Abstützen des Stützkörpers (7) auf der Montagefläche (8), dass Kontaktträgereinsatz (2) und Gehäusemantel (9) sowie der Stützkörper (7) zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen (10, 12; 11) für die seitliche Wegführung der Anschlussleitungen (3, 3′) aufweisen, und dass zwischen der Montagefläche (8) und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels (9) eine Dichtung angeordnet ist.“
- Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 2 und 3a bis 3c der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels, wobei Figur 2 eine erfindungsgemäße Steckdose von unten her gesehen bei abgenommenem Befestigungsblech (gemäß Figur 3c) zeigt. Die Figuren 3a bis 3c zeigen die Steckdose vor der Montage, teilweise geschnitten:
- Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, hat jedenfalls in der Vergangenheit nach den Feststellungen des Landgerichts (LG-Urteil, S. 7) komplette Steckdosen mit Kontaktträgereinsätzen (angegriffene Ausführungsform) hergestellt und vertrieben, von denen die Beklagten als Anlage B 8 ein Muster vorgelegt haben. Ein weiteres Muster der angegriffenen Ausführungsform haben die Beklagten mit dem Anlagenkonvolut BK 18 zu den Akten gereicht. Den in die Steckdose einsteckbaren Kontaktträgereinsatz, der aus einem Kontaktaufsatz und einem Kontaktträger besteht, hat die Beklagte zu 1. auch isoliert angeboten, d.h. ohne Steckdosengehäuse. Ebenso hat sie das Steckdosengehäuse der angegriffenen Ausführungsform isoliert angeboten. Die Beklagte zu 1. vertreibt außerdem Dichtungen („Abdeckungen“) für Steckdosen.
- Die nachstehend wiedergegebenen Fotos, die der von der Klägerin zu den Akten gereichten Anlage K 12a entnommen sind, betreffen die angegriffene Ausführungsform. Figur 1 zeigt den Kontaktträger, Figur 2 den Kontaktaufsatz, Figur 4 den aus Kontaktträger und Kontaktträgeraufsatz bestehenden Kontaktträgereinsatz, wobei Kontaktträger und Kontaktaufsatz endgültig verrastet sind, Figur 5 zeigt das Steckdosengehäuse (mit geschlossenem Deckel), Figur 7 die Steckdose mit eingefügtem Kontaktträgereinsatz von unten her gesehen und Figur 8 die einbaufertige, mit einer rückwärtigen Dichtung ausgestattete Steckdose mit verkabelten Kontakten und durch den Kabelauslass geführten Kabeln, wobei die Dichtung zur Verdeutlichung des Innenlebens der Steckdose teilweise abgenommen worden ist.
- Die Beklagte zu 1. vertreibt zwischenzeitlich neue Kontaktträgereinsätze, welche im vorliegenden Rechtsstreit allerdings nicht streitgegenständlich sind.
- Zwischen den Parteien ist streitig, ob die von der Beklagten zu 1. belieferte B AG die angegriffenen Steckdosen mit einer – bis auf ein kleines, schlüsselartiges Loch – geschlossenen Montageplatte (vgl. Anlagen K 26 und K 49) oder einer eine größere mittige Öffnung aufweisenden Montageplatten (vgl. Bl. 770 GA sowie Anlagen BK 16 und BK 17) verwendet hat.
- Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform (Steckdose samt Kontaktträgereinsatz) eine unmittelbare und im isolierten Angebot und Vertrieb der Kontaktträgereinsätze eine mittelbare Verletzung des Klagepatents. Außerdem sieht sie nunmehr (d.h. im Berufungsverfahren) auch im isolierten Angebot und Vertrieb der Steckdosengehäuse eine mittelbare Patentverletzung.
- Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch mache. Diese verwirkliche sämtliche Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 wortsinngemäß. Insbesondere sei die angegriffene Ausführungsform so konstruiert, dass der eingesetzte Kontaktträgereinsatz und der Gehäusemantel zueinander fluchtende seitliche Aussparungen aufwiesen, durch welche hindurch die Kabel seitlich weggeführt werden könnten. Durch das Anbieten und die Lieferung des den Vorgaben des Klagepatents entsprechenden Kontaktträgereinsatzes verletzten die Beklagten das Klageschutzrecht außerdem mittelbar.
- Die Beklagten, die um Klageabweisung und hilfsweise um Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des über die gegen das Klagepatent erhobenen Einsprüche gebeten haben, haben eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt und geltend gemacht: Die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Ihr Kontaktträgereinsatz weise an seiner Rückseite schon keine patentgemäßen „Aussparungen“ auf. Die Abstände zwischen den Rastlaschen auf der Rückseite des Kontaktträgers stellten keine Aussparungen im Sinne des Klagepatents dar. Als „Aussparung“ könne nicht jeder Zwischenraum verstanden werden. Mit dem Begriff „Aussparung“ sei vielmehr gemeint, dass in einer ansonsten ausgedehnten Fläche oder Wand etwas herausgenommen sei. Dies sei bei den Abständen zwischen den Rastlaschen der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall. Des Weiteren fehle es an zueinander „fluchtenden“ Aussparungen. Nach dem allgemeinen technischen Sprachgebrauch sei hiermit gemeint, dass die Aussparungen die gleiche Größe hätten und ihre Randbegrenzungen auf einer Geraden lägen, was bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall sei.
- Außerdem könnten sie sich auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen. Die Beklagte zu 1. sei im April 1997 von der C GmbH (im Folgenden: C ) mit der Konstruktion und Herstellung einer Steckdose mit einer Bauhöhe von 65 mm beauftragt worden. Daraufhin sei von ihr eine Steckdose mit seitlichem Kabelabgang entworfen worden, die sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 verwirklicht habe. Steckdosen dieser Bauart seien vor dem Prioritätstag des Klagepatents auch an C geliefert worden. Diese seien sodann von C an Kfz-Hersteller und Zubehörhändler weitervertrieben worden.
- Durch Urteil vom 27.08.2009 hat das Landgericht – nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen – dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen im Wesentlichen entsprochen. Abgewiesen hat es die Klage lediglich hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Gestattung der Urteilsveröffentlichung, wobei das Landgericht in der Sache wie folgt erkannt hat:
- „I.
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise von Ordnungshaft, bzw. von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zukünftig in D zu unterlassen, - 1.
Steckdosen für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug, mit einem Dosengehäuse und einem in dem Dosengehäuse aufgenommenen Kontaktträgereinsatz für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen zu versehenen elektrischen Steckkontakten, welcher einen Kontaktträger für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte in dem Kontaktträgereinsatz und einen Kontaktaufsatz für die Halterung der Steckkontakte an dem Kontaktträger aufweist, sowie ggf. mit einem Stützkörper für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche - herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
- wenn Kontaktträgereinsatz und Gehäusemantel sowie der ggf. vorhandene Stützkörper zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen für die seitliche Wegführung der Anschlussleitung aufweisen,
- 2.
für Steckdosen für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug mit einem Dosengehäuse - einen in dem Dosengehäuse aufzunehmenden Kontaktträgereinsatz für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen zu versehenen elektrischen Steckkontakten, welcher einen Kontaktträger für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte in dem Kontaktträgereinsatz und einen Kontaktaufsatz für die Halterung der Steckkontakte an dem Kontaktträger aufweist, sowie ggf. mit einem Stützkörper für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche
- zur Benutzung in D anzubieten und/oder zu liefern,
- wenn Kontaktträgereinsatz und Gehäusemantel sowie der ggf. vorhandene Stützkörper zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen für die seitliche Wegführung der Anschlussleitung aufweisen.
- II.
Es wird festgestellt, dass - 1. die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin all denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagten in D seit dem 28. April 2007 Handlungen gemäß Ziffer I.1. und I.2. vorgenommen haben,
- 2. die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für sämtliche Handlungen gemäß Ziffer I.1. zwischen dem 1. April 2000 und dem 27. April 2007 eine angemessene Entschädigung zu zahlen.
- III.
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. bezeichneten Handlungen seit dem 1. April 2000 begangen haben, und zwar durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Angabe - 1. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- 2. der einzelnen Lieferungen aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, - 3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, - 4. der betriebenen Werbung, aufschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflage, Höhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- 5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei
- – es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger nicht der Klägerin mitzuteilen, sondern einem zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ihn beauftragen und ermächtigen, auf konkrete Fragen der Klägerin dieser Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Auskunft enthalten ist,
- – wobei von dem Beklagten zu 2) sämtliche Angaben und von beiden Beklagten die Angaben zu 5. nur für die Zeit seit dem 28. April 2007 zu machen sind,
- – die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu 1. und 2. die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben.
- IV.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“ - Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
- Die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Sie verwirkliche sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1. Das gelte auch für das zwischen den Parteien streitige Anspruchsmerkmal. Bei der angegriffenen Ausführungsform weise nicht nur der Gehäusemantel seitliche Aussparungen auf, sondern auch der eingesetzte Kontaktträgereinsatz. „Die Aussparungen des Kontaktträgereinsatzes „fluchteten“ auch mit den Aussparungen des Gehäusemantels. Eine Fluchtung der Aussparungen liege patentgemäß vor, wenn von einem Punkt auf der Rückseite des Kontaktträgereinsatzes eine gerade Strecke sowohl durch die Aussparung des Kontaktträgereinsatzes als auch die Aussparung des Gehäusemantels führe. Unbeachtlich sei, ob in der Fluchtung alle fluchtenden Öffnungen auf parallelen Linien lägen oder ob die Öffnungen nur so weit zueinander versetzt seien, dass immer noch eine offene Fluchtung gewährleistet sei. Die angegriffene Ausführungsform entspreche daher auch insoweit den Anforderungen des Klagepatents. Denn bei ihr könnten Kabel von einem mittleren Bereich der Rückseite des Kontakträgereinsatzes aus in gerader, ungeknickter Strecke durch die Aussparungen des Kontakträgereinsatzes und diejenigen des Gehäusemantels geführt werden. Durch das Anbieten und die Lieferung des ebenfalls angegriffenen Kontaktträgereinsatzes verletzten die Beklagten das Klagepatent außerdem mittelbar. Die Beklagten könnten sich nicht auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lasse sich nicht feststellen, dass sie im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents die Erfindung bereits in Gebrauch genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hätten. Es sei nicht feststellbar, dass die Beklagten im Prioritätszeitpunkt Besitz an der Erfindung gehabt hätten.
- Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
- Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie eine vollständige Abweisung der Klage erstreben. Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen sie geltend, dass sie das Klagepatent nicht verletzen. Das Landgericht habe das Merkmal der „zueinander fluchtenden seitlichen Aussparungen“ unzutreffend ausgelegt. Dieses Merkmal könne nicht dahin interpretiert werden, dass nur eine seitliche Wegführung der Anschlussleitungen beschrieben sei. Das Landgericht habe ferner ihren erstinstanzlichen, unter Beweis gestellten Sachvortrag zu dem geltend gemachten Vorbenutzungsrecht übergangen, wonach eine den Konstruktionszeichnungen gemäß Anlagen B 3 und B 6 entsprechende Steckdose auch an C vertrieben worden sein. Ferner habe es ihr Vorbringen zur Konstruktion und Lieferung einer Anschlussdose gemäß Anlage A 9 an C nicht berücksichtigt. Schließlich habe das Landgericht die erhobenen Beweise auch unrichtig und fehlerhaft gewürdigt. Tatsächlich habe die Beklagte zu 1. für die angegriffene Ausführungsform ein Vorbenutzungsrecht erworben, wozu die Beklagten im Einzelnen weiter vortragen. Außerdem behaupten die Beklagten in der Berufungsinstanz, dass die Beklagte zu 1. ein „Baukastensystem“ verwende, bei welchem unterschiedliche Kontaktträgereinsätze sowie unterschiedliche Dosengehäuse untereinander flexibel austauschbar und verwendbar seien. Folge hiervon sei, dass sowohl die Dosengehäuse mit anderen Kontaktträgereinsätzen genutzt werden könnten, als auch die Kontaktträgereinsätze für andere Anschlussdosen Verwendung finden könnten und auch Verwendung fänden. Die Beklagte zu 1. liefere jeweils gesondert Kontaktträgereinsätze und Dosen aus. In welcher Kombination diese von den Kabelkonfektionären konkret zusammengebaut würden, wüssten sie nicht. Dichtungen liefere die Beklagte zu 1. in unterschiedlichsten Ausführungsvarianten. Diese würden gesondert geliefert, so dass sie ebenfalls nicht wüssten, welche Ausgestaltung für welches Modell eingesetzt werde. Montageplatten liefere die Beklagte zu 1. nicht; solche würden vielmehr von den jeweiligen Kunden selbst anderweitig beschafft und je nach Wunsch eingesetzt.
- Die Beklagten beantragen,
- das Urteil des Landgerichts Düsseldorf abzuändern und die Klage, auch mit den geänderten Anträgen und auch bezüglich der Hilfsanträge, abzuweisen.
- Die Klägerin beantragt,
- die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass der Tenor wie folgt gefasst werden soll:
- I.
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise von Ordnungshaft, bzw. von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zukünftig in D zu unterlassen, - 1.
Steckdosen für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug, mit einem Dosengehäuse und einem in dem Dosengehäuse aufgenommenen- Kontaktträgereinsatz für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen zu versehenden elektrischen Steckkontakten, welcher aus einem Kontaktträger für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte in dem Kontaktträgereinsatz und einem Kontaktaufsatz für die Halterung der Steckkontakte an dem Kontaktträger besteht, sowie mit einem Stützkörper für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche, der mit seinen rückwärtigen Stirnflächen zu den Stirnflächen des Dosengehäuses fluchtet, wobei der Kontraktträgereinsatz in den Stützkörper mittels an dem Stützkörper vorgesehener Rasthaken einrastbar ist, wobei die Rasthaken bei montiertem Dosengehäuse gegen elastisches Ausweichen zur Verhinderung einer Freigabe des Kontaktträgereinsatzes blockiert sind, wobei die Blockage mittels Sicherheitsvorsprüngen erfolgt, welche bei der Montage bezüglich der Rasthaken reversibel von einer FreigabesteIlung in eine Blockierstellung überführbar sind, durch Abstützen des Stützkörpers auf der Montagefläche, wobei Kontaktträgereinsatz und Gehäusemantel sowie der Stützkörper zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen für die seitliche Wegführung der Anschlussleitungen aufweisen und zwischen der Montagefläche und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels ist eine Dichtung angeordnet ist, - herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
- hilfsweise,
- Steckdosen für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug, mit einem Dosengehäuse und einem in dem Dosengehäuse aufgenommenen- Kontaktträgereinsatz für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen zu versehenden elektrischen Steckkontakten, welcher aus einem Kontaktträger für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte in dem Kontaktträgereinsatz und einem Kontaktaufsatz für die Halterung der Steckkontakte an dem Kontaktträger besteht, sowie mit einem Stützkörper für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche, der mit seinen rückwärtigen Stirnflächen zu den Stirnflächen des Dosengehäuses fluchtet, wobei der Kontraktträgereinsatz in den Stützkörper mittels an dem Stützkörper vorgesehener Rasthaken einrastbar ist, wobei die Rasthaken bei montiertem Dosengehäuse gegen elastisches Ausweichen zur Verhinderung einer Freigabe des Kontaktträgereinsatzes blockiert sind, wobei die Blockage mittels Dichtungsmaterial erfolgt, welches bei der Montage bezüglich der Rasthaken reversibel von einer Freigabestellung in eine blockierte Stellung überführbar ist durch Eintreten des Materials in den Zwischenraum zwischen Rasthaken und angrenzendem Steg des Dosengehäuses beim Abstützen des Rasthakens auf der Montagefläche, wobei Kontaktträgereinsatz und Gehäusemantel sowie der Stützkörper zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen für die seitliche Wegführung der Anschlussleitungen aufweisen und zwischen der Montagefläche und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels ist eine Dichtung angeordnet ist,
- herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
- wie in Abbildung 13 aus dem Schriftsatz vom 29.10.2018, S. 24 ersichtlich;
- ferner hilfsweise,
- Steckdosen für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug, die zur Montage an einer Montageplatte bestimmt und geeignet sind,
- zur Benutzung in D anzubieten und/oder zu liefern
- mit einem Dosengehäuse und einem in dem Dosengehäuse aufgenommenen- Kontaktträgereinsatz für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen zu versehenden elektrischen Steckkontakten, welcher aus einem Kontaktträger für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte in dem Kontaktträgereinsatz und einem Kontaktaufsatz für die Halterung der Steckkontakte an dem Kontaktträger besteht, sowie mit einem Stützkörper für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche, der mit seinen rückwärtigen Stirnflächen zu den Stirnflächen des Dosengehäuses fluchtet, wobei der Kontraktträgereinsatz in den Stützkörper mittels an dem Stützkörper vorgesehener Rasthaken einrastbar ist, wobei die Rasthaken bei montiertem Dosengehäuse gegen elastisches Ausweichen zur Verhinderung einer Freigabe des Kontaktträgereinsatzes blockiert sind, wobei die Blockage mittels Sicherheitsvorsprüngen erfolgt, welche bei der Montage bezüglich der Rasthaken reversibel von einer FreigabesteIlung in eine Blockierstellung überführbar sind, durch Abstützen des Stützkörpers auf der Montagefläche, wobei Kontaktträgereinsatz und Gehäusemantel sowie der Stützkörper zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen für die seitliche Wegführung der Anschlussleitungen aufweisen und zwischen der Montagefläche und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels ist eine Dichtung angeordnet ist;
- 2.
für Steckdosen für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug mit einem Dosengehäuse einen in das Dosengehäuse aufzunehmenden Kontaktträgereinsatz für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen zu versehenden elektrischen Steckkontakten, welcher aus einem Kontaktträger für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte in dem Kontaktträgereinsatz und einem Kontaktaufsatz für die Halterung der Steckkontakte an dem Kontaktträger besteht, wenn die Steckdose einen Stützkörper für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche aufweist, - zur Benutzung in D anzubieten und/oder zu liefern,
- wenn der Stützkörper mit seinen rückwärtigen Stirnflächen zu den Stirnflächen des Dosengehäuses fluchtet, wobei der Kontraktträgereinsatz in den Stützkörper mittels an dem Stützkörper vorgesehener Rasthaken einrastbar ist, wobei die Rasthaken bei montiertem Dosengehäuse gegen elastisches Ausweichen zur Verhinderung einer Freigabe des Kontaktträgereinsatzes blockiert sind, wobei die Blockage mittels Sicherheitsvorsprüngen erfolgt, welche bei der Montage bezüglich der Rasthaken reversibel von einer FreigabesteIlung in eine Blockierstellung überführbar sind, durch Abstützen des Stützkörpers auf der Montagefläche, wenn Kontaktträgereinsatz sowie der ggf. vorhandene Stützkörper zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen für die seitliche Wegführung der Anschlussleitungen aufweisen und dazu bestimmt und geeignet sind in einem Gehäuse aufgenommen zu werden, dessen Gehäusemantel eine seitliche Aussparung aufweist, welche zu den zueinander fluchtenden seitlichen Aussparungen des Kontaktträgereinsatzes und des Stützkörpers fluchtet, wenn der Kontaktträgereinsatz in das Gehäuse eingesetzt ist, und wenn zwischen der Montagefläche und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels eine Dichtung angeordnet ist,
- 3.
Dosengehäuse für Steckdosen für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug, - zur Benutzung in D anzubieten und/oder zu liefern,
wenn die Steckdose einen Stützkörper für die Abstützung eines Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche aufweist, wenn der Stützkörper mit seinen rückwärtigen Stirnflächen zu den Stirnflächen des Dosengehäuses fluchtet, wobei der Kontraktträgereinsatz in den Stützkörper mittels an dem Stützkörper vorgesehener Rasthaken einrastbar ist, wobei die Rasthaken bei montiertem Dosengehäuse gegen elastisches Ausweichen zur Verhinderung einer Freigabe des Kontaktträgereinsatzes blockiert sind, wobei die Blockage mittels Sicherheitsvorsprüngen erfolgt, welche bei der Montage bezüglich der Rasthaken reversibel von einer FreigabesteIlung in eine Blockierstellung überführbar sind, durch Abstützen des Stützkörpers auf der Montagefläche, wenn Kontaktträgereinsatz sowie der Stützkörper zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen für die seitliche Wegführung der Anschlussleitungen aufweisen, und wenn das Dosengehäuse dafür geeignet und bestimmt ist, einen Kontaktträgereinsatz für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen zu versehenden elektrischen Steckkontakten, weIcher aus einem Kontaktträger für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte in dem Kontaktträgereinsatz und aus einem Kontaktaufsatz für die Halterung der Steckkontakte an dem Kontaktträger besteht, aufzunehmen, und wenn der Gehäusemantel des Dosengehäuses erste seitliche Aussparungen für die seitliche Wegführung der Anschlussleitungen aufweist, die bestimmt und geeignet sind, mit den im aufzunehmenden Kontaktträgereinsatz und im Stützkörper vorhandenen seitlichen Aussparungen zu fluchten und wenn zwischen der Montagefläche und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels eine Dichtung angeordnet ist; - hilfsweise, dass an das Ende der Unterlassungsanträge zu Ziffer I. 2. und 3. folgender Zusatz angehängt wird:
- ohne von den gewerblichen Abnehmern vor Lieferung der Produkte die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu verlangen, nach der sich die Abnehmer strafbewehrt verpflichten, die Produkte nicht patentgemäß einzusetzen und die Lieferung erst dann vorzunehmen, wenn die Erklärung unterzeichnet wurde;
- weiter hilfsweise, dass der Zusatz wie folgt lautet:
- ohne ihre gewerblichen Angebotsadressaten und Lieferempfänger bei jedem Angebot schriftlich darauf hinzuweisen bzw. bei jeder Lieferung schriftlich darauf hinzuweisen, dass sie bei einer patentgemäßen Verwendung der Produkte das hiesige Klagepatent der Klägerin verletzen, und zwar mit der Maßgabe, dass dieser schriftliche Hinweis blickfangmäßig hervorzuheben ist.
- II.
Es wird festgestellt, dass - 1. die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin all denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagten in D seit dem 28.04.2007 Handlungen gemäß Ziffer I. vorgenommen haben,
- 2. die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin für sämtliche Handlungen gemäß Ziffer I.1. zwischen dem 01.04.2000 und dem 27.04.2007 eine angemessene Entschädigung zu zahlen.
- III.
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. bezeichneten Handlungen seit dem 01.04.2000 begangen haben, und zwar durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Angabe - 1. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- 2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
- 3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
- 4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- 5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- – wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ihn beauftragen und ermächtigen, der Klägerin diese Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Auskunft enthalten ist,
- – wobei von dem Beklagten zu 2) sämtliche Angaben und von beiden Beklagten die Angaben zu 5. nur für die Zeit seit dem 28.04.2007 zu machen sind,
- – die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu 1. und 2. Die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben.
- Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend, wobei sie das Klagepatent nunmehr in der Fassung geltend macht, die dieses im Einspruchsbeschwerdeverfahren erlangt hat, und wobei sie die Beklagten in zweiter Instanz auch wegen des isolierten Angebots und Vertriebs der Steckdosengehäuse der angegriffenen Ausführungsform in Anspruch nimmt. Die Klägerin macht geltend:
- Die angegriffene Ausführungsform entspreche der Lehre des Klagepatents. Das die zueinander fluchtenden Aussparungen betreffende Anspruchsmerkmal sei, wie das Landgericht zutreffend festgestellt habe, wortsinngemäß verwirklicht. Darüber hinaus verwirkliche die angegriffene Ausführungsform, die auf eine rückwärtig geschlossene Montageplatte montiert werde, auch die im Einspruchsbeschwerdeverfahren neu hinzugekommenen Merkmale. Sie weise insbesondere einen „Stützkörper“ auf. Bei diesem handele es sich um die am Dosengehäuse nach hinten vorstehenden rahmenförmigen Vorsprünge („Rastlaschen“ bzw. „–haken“). Für die Verwirklichung des betreffenden Merkmals spiele es keine Rolle, ob der Stützkörper als gesondertes Bauteil ausgeführt oder ob er einstückig mit einem anderen Bauteil verbunden sei. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei der Kontaktträger auch in den Stützkörper mittels an diesem vorgesehener „Rasthaken“ einrastbar. Die Rasthaken an dem Stützkörper würden durch die rahmenförmigen Vorsprünge gebildet, die sich auf der Montagefläche abstützen und gleichzeitig den Kontaktträgereinsatz durch eine Rastverbindung hielten. Die Rasthaken seien bei montiertem Gehäuse auch gegen elastisches Ausweichen zur Verhinderung einer Freigabe des Kontaktträgereinsatzes blockiert. Die Blockierung trete dadurch ein, dass die Steckdose bei der Montage auf die Montagefläche unter Zugspannung gegen die zwischen Steckdosengehäuse und Montagefläche befindliche Dichtung angepresst werde. Wie die nachstehend eingeblendete Abbildung erkennen lasse, entstünden dadurch Einkerbungen bzw. Abdrücke in der Dichtung. Durch das Eindrücken in die gummielastische Dichtung seien die Rasthaken im montierten Zustand unbeweglich und könnten nicht mehr elastisch ausweichen:
- Schließlich erfolge die Blockade der Rasthaken auch mittels „Sicherheitsvorsprüngen“. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien die Sicherheitsvorsprünge in der Dichtung angelegt. Diese sei so beschaffen, dass sie an derjenigen Stelle, an der die Rasthaken auf sie aufträfen, so viel „überschüssiges“ Material aufweise, dass dieses durch die Stützkörper verdrängt werde. Die Sicherheitsvorsprünge würden damit durch das in der Dichtung von Anfang an vorhandene Material bestimmungsgemäß gebildet. Die Blockade der Rasthaken sei auch insofern reversibel, als die Ränder der Sicherheitsvorsprünge in der Dichtung nur dann seitlich an den Rastlaschen anlägen („Blockierstellung“), wenn die Steckdose montiert sei. Sobald die Steckdose demontiert werde, gäben die Sicherheitsvorsprünge (in der Dichtung) die Rastlaschen gegen ein seitliches Ausweichen frei („Freigabestellung“), wobei sie sich aufgrund der Elastizität der Dichtung auch teilweise zurück bildeten. Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat die Klägerin ferner unter Bezugnahme auf einen von ihr vorgelegten Prüfbericht (Anlage K 36) geltend gemacht, dass das neben den in die Dichtung eingetauchten Rastlaschen verbleibende Dichtungsmaterial ein solches Ausweichen der Rastlaschen verhindere, das zu einem Herausspringen des Kontaktträgereinsatzes aus der Verrastung führen würde. Des Weiteren hat sie im Verlaufe des Berufungsrechtsstreits ausgeführt, dass die „Sicherheitsvorsprünge“ bei der angegriffenen Ausführungsform unkomprimiertes Dichtungsmaterial seien und in ihre Blockierstellung überführt würden, wenn die Rasthaken neben dem unkomprimierten Dichtungsmaterial vorhandenes Dichtungsmaterial komprimierten. Dieses unkomprimierte Dichtungsmaterial bilde einen Anschlag für die Rasthaken. Durch das Komprimieren des Dichtungsmaterials unter den Rasthaken werde das unkomprimierte Dichtungsmaterial neben den freien Enden der Rasthaken angehäuft; aufgrund der Kompression und des Andrückens der Dichtung unter den Rasthaken an die Montageplatte wölbe sich das unkomprimierte Material neben dem unkomprimierten Bereich nach oben und umschließe das freie Ende der Rasthaken. Diese Materialanhäufungen wirkten als Anschlag. Ferner hat sie behauptet, dass – wie von ihr ergänzend durchgeführte Tests (Anlage K 50) zeigten – bei der montierten Steckdose und einem nicht zu deren Zerstörung führenden Fehlerfall eine Bewegung der Rasthaken durch die Dichtung verhindert werde. Es finde keine Bewegung der Rasthaken statt, die zu einem Öffnen der Schnappverbindung führe. Für die hier auftretenden Kräfte werde sogar jegliche Bewegung der Rasthaken blockiert.
- Die Beklagten treten dem Vortrag der Klägerin im Einzelnen entgegen und machen unter anderem geltend:
- Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche gleich mehrere der im Einspruchsbeschwerdeverfahren neu hinzugekommene Merkmale nicht. Es fehle bereits an einem „Stützkörper“. Die von der Klägerin angesprochenen Rastlaschen könnten keinen Stützkörper darstellen, weil sie am Gehäusemantel angeordnet seien, wohingegen es sich bei dem patentgemäßen Stützkörper um ein eigenständiges Bauteil handele. Unabhängig davon sei bei der angegriffenen Ausführungsform auch kein Stützkörper für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche vorhanden. Vielmehr sei der Kontaktträgereinsatz nur an „Rastlaschen“ des Gehäuses befestigt. Diese Rastlaschen seien aber gar nicht abgestützt. Nach dem aufrechterhaltenen Patentanspruch sei der Kontaktträgereinsatz indes an dem Stützkörper befestigt und dieser Stützkörper stütze sich sodann an der rückwärtigen Montagefläche ab. Eine Befestigung zwischen dem Kontaktträgereinsatz und dem Dosengehäuse sei nicht vorgesehen. Außerdem entfalteten die bei der angegriffenen Ausführungsform vorgesehenen Laschen keine „Abstützwirkung“. Es gebe eine Vielzahl unterschiedlichster „Montageplatten“. Vielfach würden Metall- oder Kunststoffrahmen verwendet, welche als „umlaufender Ring“ ausgestaltet seien. Da diese Montageplatten in der Mitte ein Loch aufwiesen, seien die bei der angegriffenen Ausführungsform in dem Dosenkörper vorhandenen Rastlaschen in der mittleren Öffnung „frei“ und könnten sich somit nicht abstützen. Ihr Kunde B und die übrigen Kunden verwendeten nach ihrem Kenntnisstand ausschließlich in der Mitte offene Montageplatten; die Verwendung einer geschlossenen Montageplatte entspreche nicht den von B vorgegebenen Montagebedingungen. Unterstelle man das Vorhandensein eines Stützkörpers, so fehlten an diesem vorgesehene „Rasthaken“. Die von der Klägerin angesprochenen Bauteile stellten keine Rasthaken dar, sondern wiesen nur eine Öffnung auf, in die ein am Kontaktträgereinsatz vorgesehener Rasthaken einfedere. Unterstelle man weiter, dass es sich bei den am Dosengehäuse vorhandenen Rastlaschen um „Rasthaken“ eines Stützkörpers handele, weise die angegriffene Ausführungsform auch keine „Sicherheitsvorsprünge“ für deren Blockade auf. Es fehle vollständig an Sicherheitsvorsprüngen im Sinne des Klagepatents. Die Blockade der Rasthaken werde patentgemäß durch das Vorhandensein eines räumlich-gegenständlichen Bauteils erreicht, welches den Rasthaken in der gewünschten Position halte. Hiermit habe die von der Klägerin angesprochene rückwärtige Dichtung nichts zu tun. Unabhängig hiervon seien die angeblichen Sicherheitsvorsprünge bei der Montage auch nicht bezüglich der Rasthaken reversibel von einer Freigabestellung in eine Blockierstellung überführbar. Es seien keine zwei unterschiedlichen Stellungen der „Sicherheitsvorsprünge“ erkennbar. Vor allem fehle es an einer Reversibilität. Auch könne keine Rede davon sein, dass eine reversible Überführung der Sicherheitsvorsprünge von einer Freigabestellung in eine Blockierstellung „durch Abstützen des Stützkörpers auf der Montagefläche“ erfolge.
- Außerdem könnten sie sich auch im Hinblick auf den beschränkt aufrechterhaltenen Patentanspruch auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen. Schließlich komme eine unmittelbare Patentverletzung hier ohnehin nicht in Betracht, weil die Beklagte zu 1. keine Montageplatten liefere.
- Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 16.02.2017 (Bl. 906-908 GA) die Einholung des schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen und überdies mit Beschluss vom 28.03.2018 (Bl. 1066 GA) die Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens sowie mit Beschluss vom 03.01.2019 (Bl. 1235 GA) die Ladung des gerichtlichen Sachverständigen zum Verhandlungstermin angeordnet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das von Professor Dr.-Ing. F, Technische Universität G, Fakultät Maschinenbau, Institut für Konstruktion und Werkstoffprüfung, erstattete schriftliche Gutachten vom 03.08.2017 (Anlage zu den Gerichtsakten; nachfolgend: Gutachten), das von diesem erstattete schriftliche Ergänzungsgutachten vom 23.05.2018 (Anlage zu den Gerichtsakten; nachfolgend: Ergänzungsgutachten) sowie die Niederschrift über den Verlauf der Sitzung vom 14.03.2019 (nachfolgend: Anhörungsprotokoll) verwiesen.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
- II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents (in der Fassung der Beschwerdeentscheidung des Europäischen Patentamtes vom 10.09.2014) keinen Gebrauch, weshalb die Beklagten das Klagepatent weder durch die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform (Steckdose samt Kontaktträgereinsatz) unmittelbar noch durch den isolierten Vertrieb der Kontaktträgereinsätze der angegriffenen Ausführungsform mittelbar verletzen. Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Landgerichts daher abzuändern und die diesbezügliche Klage abzuweisen. Da die Beklagten das Klagepatent auch durch das isolierte Anbieten der Steckdosengehäuse der angegriffenen Ausführungsform nicht mittelbar verletzen, unterliegen auch die diesbezüglichen Anträge, um die die Klägerin ihre Klage in der Berufungsinstanz erweitert hat, der Abweisung. - Über die Klageerweiterung kann der Senat entscheiden. Bei den auf eine mittelbare Verletzung des Klagepatents durch das Angebot und die Lieferung der Steckdosengehäuse gestützten Anträgen handelt es sich der Sache nach um eine Anschlussberufung gemäß § 524 ZPO. Diese hat die Klägerin fristgerecht binnen der ihr gesetzten Berufungserwiderungsfrist mit der Berufungserwiderung eingelegt (§ 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Dass die Klägerin die Berufungserwiderung nicht ausdrücklich auch als Anschlussberufung bezeichnet hat, ist unschädlich; die ausdrückliche Erklärung, es werde Anschlussberufung eingelegt, war nicht erforderlich. Maßgeblich ist nämlich das objektive Begehren. Die Anschließung an das Rechtsmittel der Gegenseite kann auch stillschweigend in der Weise erfolgen, dass ein Kläger neben seinem im Übrigen unveränderten Klagebegehren einen weiteren Antrag stellt (vgl. BGH, GRUR 2012, 180 Rn. 26 – Werbegeschenke; GRUR 2012, 954 Rn. 25 – Europa-Apotheke Budapest; NJW 2015, 1608 Rn. 15; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 118, 120 – Drehschwingungstilger; GRUR 2015, 299 Rn. 41 – Kupplungsvorrichtung; GRUR 2018, 1037 Rn. 113 – Flammpunktprüfungsvorrichtung). So verhält es sich hier. Denn die Klägerin hat in ihrer Berufungserwiderung ausdrücklich auch einen das Angebot und die Lieferung von Steckdosengehäuse betreffenden Antrag formuliert, wobei sie zur Begründung ausgeführt hat, dass auch die Lieferung von Steckdosen eine mittelbare Patentverletzung darstellt. Aus der Berufungserwiderung ergab sich insoweit eindeutig, dass diese zugleich eine Erweiterung des Klagebegehrens beinhaltet. Eine solche Klageerweiterung kann durch den Berufungsbeklagten, der keine eigene Berufung einlegt, nur durch eine Anschlussberufung erfolgen. Die Klageerweiterung ist in der Berufungsinstanz auch zulässig (§ 533 ZPO). Abgesehen davon, dass die Einwilligung der Beklagten in die Änderung der Klage anzunehmen ist, weil sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, im Verhandlungstermin auf die geänderte Klage eingelassen haben (§§ 267, 525 ZPO), ist die Klageerweiterung sachdienlich. Denn mit der erweiterten Klage werden die noch bestehenden Streitpunkte zwischen den Parteien erledigt und so ein weiterer Prozess vermieden (§ 533 Nr. 1 ZPO). Die Klageerweiterung ist ferner auf Tatsachen gestützt, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).
- A.
Das Klagepatent betrifft eine Steckdose für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug. - Die Steckdose weist ein Dosengehäuse und einen in dem Dosengehäuse aufgenommenen Kontaktträgereinsatz für die Aufnahme von mit elektrischen Anschlussleitungen zu versehenen elektrischen Steckkontakten auf. Der in dem Dosengehäuse aufgenommene Kontaktträgereinsatz besitzt einen Kontaktträger für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte in dem Kontaktträgereinsatz und einen Kontaktaufsatz für die Halterung der Steckkontakte an dem Kontaktträger. Die Steckdose verfügt ferner über einen Stützkörper für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche (vgl. Anlage K 39, Abs. [0001]; nachfolgende Bezugnahmen ohne weitere Angaben beziehen sich jeweils auf die neue Klagepatentschrift [EP 0 982 XXX B2]).
- Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, ist eine derartige Steckdose beispielsweise aus der DE-GM 78 12 XXC (Anlage K 8) bekannt. Bei dieser bekannten Steckdose ist der Kontaktträger (3; Bezugszeichen gemäß der DE-GM 78 12 XXC) selbst zur Bildung des Stützkörpers mit rückwärtigen Beinen (25) ausgestattet, welche beim Ein- oder Anbau des Dosengehäuses an der Ein- oder Anbaufläche zur Anlage kommen (Abs. [0002]). Zur besseren Verdeutlichung dieses Standes der Technik werden nachfolgend die Figuren 3a bis 3c sowie 4a und 4b der DE-GM 78 12 XXC eingeblendet. Die Figuren 3a bis 3c zeigen den Kontaktträger (3) und die Figuren (4a) und (4b) zeigen den Kontaktaufsatz (8):
- Der Kontaktträgereinsatz der in der DE-GM 78 12 XXC offenbarten Steckdose besteht aus dem Kontaktträger (3) und dem Kontaktaufsatz (8). Der Kontaktträger (3) hat auf seiner Oberseite (4) winkelsymmetrisch verteilte axiale Ausnehmungen (5), in welche die Kontaktstifte oder Kontaktbuchsen (6) eingesetzt werden können. Nach dem Einfügen der Kontakte (6) ist der Kontaktaufsatz (8) auf den Kontaktträger (3) aufsetz- und mit diesem verrastbar. Nach dem Aufsetzen des Kontaktaufsatzes (8) auf den Kontaktträger (3) liegen die Kontakte (6) in Durchbrechungen (9) des Sockelabschnittes (11) des Kontaktaufsatzes (8). Von dem Kontaktträger (3) weisen vier winkelsymmetrisch angeordnete Beine (25) nach unten in Richtung des Gehäuserandes (24) der Steckdose und schließen mit ihrer Unterseite im eingefügten Zustand mit dem unteren Gehäuserand (24) ab. Auf diese Weise wird der Kontaktträgereinsatz der Steckdose nach dem Ein- bzw. Anbau von der Ein- bzw. Anbaufläche abgestützt (vgl. Anlage K 8, S. 10 bis 11).
- Die Klagepatentschrift beanstandet an diesem Stand der Technik als nachteilig, dass die Steckdose verhältnismäßig hoch ist, so dass sie nicht allen Einbausituationen gerecht wird (Abs. [0002]).
- Die Klagepatentschrift geht einleitend ferner auf die EP 0 795 XXD ein, die nach ihren Angaben eine ähnliche Steckdose mit einem in ein Dosengehäuse aufgenommenen Kontaktträgereinsatz und mit einem Stützkörper beschreibt, welcher Stützkörper für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche mit seinen rückwärtigen Beinen zu den rückwärtigen Stirnflächen fluchtet. Zwischen den Beinen sind Aussparungen angebracht, die in jedem Falle als Kabeldurchführungen dienen können, indem die Verdrahtung zu einer Seite des Dosengehäuses geführt werden muss. Der Kontaktträgereinsatz ist in dem Stützkörper mittels an dem Stützkörper vorgesehener Rasthaken einrastbar (Abs. [0002]).
- Zur Verdeutlichung dieses Standes der Technik werden nachstehend die Figuren 1A und 1B der EP 0 795 XXE wiedergegeben:
- Die in dieser Druckschrift offenbarte Steckdose (1; Bezugszeichen gemäß der EP 0 795 XXD) ist mit einem Gehäuse (2) versehen, in dem ein lösbarer Kontakteinsatz (3) angebracht ist. Dieser besteht aus einem mit dem Gehäuse (2) verbundenen Stützteil (= Stützkörper; 6) und einem lösbar in dem Stützteil (6) angebrachten Kontaktträger (= Kontaktträgereinsatz; 5). Der Kontaktträger (5) wird von einem Klemmendeckel (= Kontaktträger; 13) und einem Aufnahmeteil (= Kontaktaufsatz; 21) gebildet (vgl. EP 0 795 XXD, Spalte 3, Zeilen 25 bis 42). Das Aufnahmeteil (21) weist eine Schulter (25) auf, aus der eine Reihe von Klemmarmen (26) herausragt (vgl. EP 0 795 XXD, Spalte 4, Zeilen 19 bis 35). Zwischen den an der Schulter (25) gebildeten Klemmarmen (26) sind Aussparungen geformt (vgl. Figur 1A), welche allerdings für eine seitliche Führung der Anschlussleitungen keine Rolle spielen (Technische Beschwerdekammer des EPA [nachfolgend: TBK], Anlage BK 7, S. 14 Rn. 3.1). Das Stützteil (6) hat die Gestalt eines Rings (32) und weist eine Anzahl von Beinen (35) auf, die zum Abstützen der aus Kontaktträger (5) und Stützteil (6) zusammengesetzten Anordnungen dienen (vgl. EP 0 795 XXD, Spalte 4, Zeilen 36 bis 42; TBK, Anlage BK 7, S. 14 Rn. 3.1). Das Stützteil (6) weist weiter Klemmorgane (38) auf, die mit dem Kontaktträger (5) zusammenwirken. Die Klemmorgane (38) haben die Gestalt von Hakenarmen (= Rasthaken), deren Hakennasen (39) zur Längsachse des Rings (32) gerichtet sind und den Klemmdeckel (13) hintergreifen, wenn dieser in dem Stützteil (6) angebracht ist (vgl. EP 0 795 XXD, Spalte 4, Zeilen 42 bis 50). Zwischen den Beinen (35) des Stützteils (6) sind Aussparungen (37) angebracht, die als Kabeldurchführung dienen können, wenn die Verdrahtung nicht durch den Untergrund, sondern zu einer Seite des Gehäuses (2) geführt werden muss (vgl. EP 0 795 XXD, Spalte 4, Zeilen 50 bis 54; TBK, Anlage BK 7, S. 14 Rn. 3.1). Die Hakenarme (38), die federbiegsam sind, weisen jeweils eine Andruckfläche (40) auf, die über den Umfang des Stützrings (32) hinaus ragt. Die Andruckflächen (40) sind dazu vorgesehen, mit Teilen des Gehäuses (2) zusammenzuwirken, um die Hakenarme (38) gegen Ausbeugung zu sichern, wenn der Kontaktträger (5) in das Stützteil eingerastet ist (vgl. EP 0 795 XXD, Spalte 4 Zeile 54 bis Spalte 5 Zeile 3; TBK, Anlage BK 7, S. 18 Rn. 6.2). Im Bereich der Hakenarme (38) ist das Stützteil weiter mit Klemmnocken (41) versehen, mit denen das Stützteil (6) in dem Gehäuse (2) festgeklemmt wird (EP 0 795 XXD, Spalte 5, Zeilen 3 bis 6; TBK, Anlage BK 7, S. 18 Rn. 6.2).
- Vor dem Hintergrund des dargelegten Standes der Technik bestimmt sich die Aufgabe der Erfindung nach dem Klagepatent danach, was diese gegenüber diesem Stand der Technik tatsächlich leistet (vgl. BGH, GRUR 2010, 602 Rn. 27 – Gelenkanordnung; GRUR 2011, 607 Rn. 12 – Kosmetisches Sonnenschutzmittel III GRUR 2012, 1130 Rn. 9 – Leflunomid; GRUR 2012, 1123 Rn. 22 – Palettenbehälter III; GRUR 2015, 352 Rn. 11 – Quetiapin; GRUR 2018, 390 Rn. 32 – Wärmeenergieverwaltung). Dies ist durch Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen zu entwickeln. Aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs ist abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen. In der Beschreibung enthaltene Angaben zur Aufgabenstellung können zwar einen Hinweis auf das richtige Verständnis enthalten, entheben aber nicht davon, den Patentanspruch anhand der dafür maßgeblichen Kriterien auszulegen und aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen; auch eine in der Patentschrift angegebene Aufgabe stellt insoweit lediglich ein Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems dar. Hiervon ausgehend ergibt vorliegend als das dem Klagepatent in der nunmehr geltenden Fassung zugrunde liegende Problem, eine verbesserte Steckdose zur Verfügung zu stellen, welche einerseits (weiterhin) eine niedrige Bauhöhe gestattet (Abs. [0004] und [0005]; Prof. F, Gutachten, S. 4 f., 50) und bei welcher der Kontaktträger im montierten Zustand der Steckdose zuverlässig gesichert ist (vgl. Abs. [0010]: „Um die Halterung des Kontaktträgereinsatzes in dem Stützkörper zuverlässig zu sichern …“; Prof. F, Gutachten, S. 4 f., 7), wohingegen der Kontaktträger im nicht montierten Zustand der Steckdose nicht derart gesichert sein soll.
- Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 des Klagepatents (in der Fassung der Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes vom 10.09.2014) eine Steckdose mit folgenden Merkmalen vor:
- (1) Steckdose für eine mehrpolige Steckverbindung für den elektrischen Anschluss eines Kraftfahrzeuganhängers an einem Kraftfahrzeug.
- (2) Die Steckdose hat
- (2.1) ein Dosengehäuse (1),
- (2.2) einen Kontaktträgereinsatz (2) und
- (2.3) einen Stützkörper (7).
- (3) Der Kontaktträgereinsatz (2)
- (3.1) ist in dem Dosengehäuse (1) aufgenommen,
- (3.2) dient zur Aufnahme von elektrischen Steckkontakten (4), die mit elektrischen Anschlussleitungen (3, 3´) zu versehen sind, und
- (3.3) weist auf
- • einen Kontaktträger (5) für die rückwärtige Abstützung der Steckkontakte (4) in dem Kontaktträgereinsatz (2)
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- • einen Kontaktaufsatz (6) für die Halterung der Steckkontakte (4) an dem Kontaktträger (5).
- (4) Der Stützkörper (7) fluchtet für die Abstützung des Kontaktträgereinsatzes (2) auf einer rückwärtigen Montagefläche (8) mit seinen rückwärtigen Stirnflächen zu den Stirnflächen des Dosengehäuses (1).
- (5) Der Kontaktträgereinsatz (2) ist in den Stützkörper (7) mittels an dem Stützkörper (7) vorgesehener Rasthaken (17) einrastbar.
- (5.1) Die Rasthaken (17) sind bei montiertem Dosengehäuse (1) gegen elastisches Ausweichen zur Verhinderung einer Freigabe des Kontaktträgereinsatzes (2) blockiert.
- (5.2) Die Blockade der Rasthaken (17) erfolgt mittels Sicherheitsvorsprüngen (18).
- (5.3) Die Sicherheitsvorsprünge (18) sind bei der Montage bezüglich der Rasthaken (17) reversibel von einer Freigabestellung in eine blockierte Stellung überführbar, und zwar durch Abstützen des Stützkörpers (7) auf der Montagefläche (8).
- (6) Der Kontaktträgereinsatz (2) und der Gehäusemantel (9) sowie der Stützkörper (7) weisen zueinander fluchtende erste seitliche Aussparungen (10, 11, 12) für die seitliche Wegführung der Anschlussleitungen (3, 3´) auf.
- (7) Zwischen der Montagefläche (8) und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels (9) ist eine Dichtung (23) angeordnet.
- 1.
Nach den Einschränkungen, die das Klagepatent im Einspruchsbeschwerdeverfahren erfahren hat, weist die unter Schutz gestellte Steckdose nunmehr zwingend auch einen „Stützkörper“ auf (Merkmal (2.3)), welcher bislang nur fakultativ vorgesehen war. Der Gegenstand der Erfindung gemäß dem geänderten Patentanspruch 1 zeichnet sich dementsprechend dadurch aus, dass fluchtende Aussparungen nicht nur im Kontaktträgereinsatz und im Gehäusemantel, sondern auch in dem Stützkörper ausgebildet sind (Merkmal (6)). Durch diese Ausgestaltung wird eine seitliche Wegführung der Kabel ermöglicht. Gemäß den Vorteilsangaben in der Klagepatentschrift (Abs. [0003]) können so mehrere Millimeter an Bauhöhe eingespart werden. Gleichzeitig werden die Steckkontakte kürzer und damit das Gesamtgewicht der Steckdose verringert (vgl. auch Prof. F, Gutachten, S. 5, 12, 50). Die Vorgabe in Merkmal (6), dass es sich um „zueinander fluchtende Aussparungen“ handelt, versteht der Fachmann dahin, dass sich die Aussparungen, die der Führung der Anschlussleitungen seitlich aus dem inneren Bereich der Steckdose heraus dienen, zumindest über einen so großen Bereich überschneiden, dass die Anschlussleitungen durch diese in gerader Strecke hindurchgeführt werden können (vgl. auch Prof. F, Gutachten, S. 12, 31, 50). Weitere Anforderungen ergeben sich aus der betreffenden Vorgabe nicht. Insoweit und hinsichtlich des weiteren Verständnisses des Merkmals (6) wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen. - 2.
Der Stützkörper dient der Abstützung des in ihm verrasteten Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche. Zu diesem Zweck fluchtet der Stützkörper mit seinen rückwärtigen Stirnflächen zu den Stirnflächen des Dosengehäuses. Dem diesbezüglichen Merkmal (4) und der weiteren Anweisung des Patentanspruchs, dass die Sicherheitsvorsprünge durch die Abstützung des Stützkörpers auf der Montagefläche von ihrer Freigabestellung in die blockierte Stellung überführt werden (Merkmal (5.3); dazu sogleich), entnimmt der Fachmann, dass sich der Stützkörper „direkt“ auf der Montagefläche abstützen soll (vgl. Prof. F, Anhörungsprotokoll, S. 3 f.). Da zwischen der Montagefläche und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels eine Dichtung vorgesehen ist (Merkmal (7)), bedeutet dies allerdings nicht, dass ein Berührungskontakt zwischen Stützkörper und Montagefläche stattfinden muss. Es reicht aus, dass der Stützkörper in die rückwärtige Dichtung gedrückt wird und sich über das dazwischenliegende Dichtungsmaterial auf der Montagefläche abstützt. Eine solche Abstützung ist aber erforderlich. Der Stützkörper muss sich selbst – über die rückwärtige Dichtung – auf der Montagefläche abstützen. - 3.
Nach der im Einspruchsbeschwerdeverfahren erfolgten Neufassung des Patentanspruchs 1 weist die unter Schutz gestellte Steckdose neben den in Merkmal (2) aufgezählten drei Bauteilen (Dosengehäuse, Kontaktträgereinsatz, Stützkörper) auch eine „Dichtung“ (23) auf, die – wie bereits erwähnt – zwischen der Montagefläche und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels angeordnet ist (Merkmal (7)). - Die in den Merkmalen (4.1), (5.3) und (7) erwähnte „Montagefläche“ als solche gehört hingegen nicht zum patentgeschützten Gegenstand. Sie wird im Patentanspruch bloß als äußeres Bezugsobjekt zu dem Zweck erwähnt, die mit der Montagefläche zusammenwirkenden Bauteile der patentgeschützten Steckdose (nämlich Stützkörper, Gehäusemantel und Dichtung) hinsichtlich ihrer konstruktiven und/oder wirkungsmäßigen Ausgestaltung/Anordnung näher zu beschreiben. So wird die Montagefläche in Merkmal (4) nur zur näheren Beschreibung der Funktion des Stützkörpers (Abstützung des Kontaktträgereinsatzes auf einer rückwärtigen Montagefläche) erwähnt. Merkmal (5.3) nimmt auf die Montagefläche allein deshalb Bezug, um zu beschreiben, wie die zur Blockade der Rasthaken des Stützkörpers vorgesehenen Sicherheitsvorsprünge bei der Montage bezüglich der Rasthaken reversibel von einer Freigabestellung in eine blockierte Stellung überführt werden, nämlich durch Abstützen des Stützkörpers auf der zuvor in Merkmal (4) erwähnten Montagefläche. In Merkmal (7) wird die Montagefläche schließlich nur zur näheren Beschreibung des Orts der Anordnung der Dichtung erwähnt.
- 4.
Bei dem in dem Dosengehäuse aufgenommen – aus einem Kontaktträger und einem Kontaktaufsatz bestehenden – Kontaktträgereinsatz handelt es sich nach der Lehre des Klagepatents um ein separates (gesondertes, eigenständiges) Bauteil. Dies folgt daraus, dass der Kontaktträgereinsatz erfindungsgemäß in den Stützkörper einrastbar ist (Merkmal (5)). Der Kontaktträgereinsatz ist damit gegenüber dem Stützkörper zwingend ein separates Bauteil (vgl. auch Prof. F, Gutachten S. 11). Dadurch unterscheidet sich der Gegenstand des Klagepatents von der aus der DE-GM 78 12 XXC bekannten Steckdose, bei der der Kontaktträger – wie es einleitend in der Klagepatentschrift heißt (Abs. [0002]) – selbst zur Bildung des Stützkörpers mit rückwärtigen Beinen ausgestaltet ist, der Stützkörper also Teil des Kontaktträgers bzw. einteilig mit diesem ausgeführt ist. Demgegenüber handelt es sich bei dem patentgemäßen Stützkörper gegenüber dem Kontaktträgereinsatz um ein gesondertes Bauteil. In Bezug auf das Dosengehäuse gilt nichts anderes, weil der Kontraktträgereinsatz, wenn er in den Stützkörper einrastbar sein soll, auch nicht einteilig mit dem Dosengehäuse ausgeführt sein kann. - Ob es sich nach der Lehre des Klagepatents auch bei dem Stützkörper um ein separates Bauteil handeln muss oder dieser auch einteilig mit dem Dosengehäuse ausgeführt sein kann (so Prof. F, Gutachten, S. 10, 13 ff., 21 und Ergänzungsgutachten, S. 13, 19 f.; Einspruchsabteilung des EPA, Anlage K 34, S. 12 Rn. 4.1), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Insoweit ist lediglich anzumerken, dass sich aus dem Anspruchswortlaut nicht unmittelbar ergibt, dass es sich auch bei diesem um ein separates Bauteil handelt. Lediglich in Absatz [0009] der allgemeinen Patentbeschreibung ist davon die Rede, dass die „selbstständig gefertigten Bauteile Stützkörper und Kontaktträgereinsatz separat aber auch gemeinsam montiert und demontiert werden“ können. Was sich hieraus für die Auslegung des maßgeblichen Patentanspruchs ergibt, kann offen bleiben, weil es hierauf aus den nachfolgend unter Ziffer III angeführten Gründen für die Entscheidung des Streitfalles nicht ankommt.
- 4.
Im Hinblick auf den dem Gegenstand des Klagepatents am nächsten kommenden Stand der Technik gemäß der EP 0 795 XXE bilden die im Einspruchsbeschwerdeverfahren ebenfalls neu in den Patentanspruch aufgenommenen Merkmale (5) bis (5.3) den Kern der Erfindung. Der Kontaktträgereinsatz ist danach in den Stützkörper mittels an diesem vorgesehener Rasthaken einrastbar (Merkmal (5)). Um die Halterung des Kontaktträgereinsatzes in dem Stützkörper zuverlässig zu sichern, sind die Rasthaken bei montiertem Stützkörper gegen elastisches Ausweichen zur Verhinderung einer Freigabe des Kontaktträgereinsatzes blockiert (Merkmal (5.1)). Die Blockade der Rasthaken erfolgt dabei mittels Sicherheitsvorsprüngen (Merkmal (5.2)). Diese sind bei der Montage bezüglich der Rasthaken reversibel von einer Freigabestellung in eine blockierte Stellung überführbar, und zwar durch Abstützen des Stützkörpers auf der Montagefläche (Merkmal (5.3)). - Für den angesprochenen Durchschnittsfachmann ergibt sich hieraus – wie der gerichtliche Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung bestätigt hat (Anhörungsprotokoll, S. 4 – 6) – Folgendes:
- Im Zusammenhang mit den Rasthaken (mit denen der Kontaktträgereinsatz im Stützkörper verrastet wird) sieht der Patentanspruch Sicherheitsvorsprünge vor (Merkmal (5.2)). Zu ihnen formuliert der Patentanspruch mehrere kumulative Vorgaben.
- Als erstes sollen die Sicherheitsvorsprünge bestimmte objektive Wirkungen auf die Rasthaken entfalten, nämlich dergestalt,
- • dass die Sicherheitsvorsprünge den Rasthaken ihre zum Ein- und Ausrasten notwendige Elastizität belassen, solange das Dosengehäuse noch nicht auf der Montagefläche montiert ist,
- • während die Sicherheitsvorsprünge die elastischen Rasthaken blockieren (und damit eine Freigabe des Kontaktträgereinsatzes aus dem Stützkörper verhindern), wenn das Dosengehäuse auf der Montagefläche montiert ist.
- Zusätzlich macht der Patentanspruch Vorgaben dazu, auf welche nähere konstruktive Weise sich der Übergang der Sicherheitsvorsprünge von ihrer Freigabestellung für die Rasthaken in ihre blockierte Stellung vollziehen soll:
- • Der Wechsel der Sicherheitsvorsprünge von ihrer Freigabe- in die Blockadestellung soll zunächst reversibel, d.h. rückgängig zu machen sein, was bedeutet, dass die Sicherheitsvorsprünge nach dem Erreichen ihrer Blockadestellung erneut in ihre ursprüngliche Freigabeposition zurückkehren können. Dementsprechend formuliert der Patentanspruch, dass die Sicherheitsvorsprünge von einer Freigabestellung in eine blockierte Stellung „überführbar“ sind, womit angesichts der Forderung nach einer Umkehrbarkeit ersichtlich gemeint ist, dass die Sicherheitsvorsprünge zwei Betätigungszustände
einnehmen können (nämlich Freigabe der Rasthaken und Blockade der Rasthaken), zwischen denen gewechselt werden kann. - • Der Wechsel der Sicherheitsvorsprünge von ihrer Freigabe- in die Blockierstel-lung soll sich hierbei verfahrensmäßig nicht irgendwie, sondern auf ganz bestimmte Weise vollziehen, nämlich als Folge der Steckdosenmontage auf der Montagefläche. Im Patentanspruch wird dies noch weiter dahingehend konkretisiert, dass die blockierte Stellung der Sicherheitsvorsprünge dadurch herbeigeführt wird, dass sich der Stützkörper montagebedingt auf der Montagefläche abstützt. Daraus ist zu folgern, dass sich die (reversible) Freigabeposition der Sicherheitsvorsprünge – umgekehrt – dadurch einstellt, dass die Steckdose von der Montagefläche demontiert wird, wodurch die Abstützung des Stützkörpers auf der Montagefläche endet.
- Wenn der Patentanspruch somit Sicherheitsvorsprünge fordert, die sich von einer Freigabestellung in eine Blockierstellung, und umgekehrt, überführen lassen, versteht der Fachmann – wie der gerichtliche Sachverständige ebenfalls bestätigt hat (Anhörungsprotokoll, S. 6) – die ihm gegebene technische Anweisung dahingehend, dass die Sicherheitsvorsprünge körperlich/gegenständlich (d.h. als Bauteile) während der gesamten Benutzungsdauer vorhanden sind und lediglich unterschiedliche Betätigungszustände (Freigabe bzw. Blockade) einnehmen, je nach dem, ob die mit den Sicherheitsvorsprüngen ausgerüstete Steckdose auf der Montagefläche montiert ist (Blockadestellung der Sicherheitsvorsprünge) oder von der Montagefläche demontiert ist (Freigabestellung der Sicherheitsvorsprünge). Es kann mit anderen Worten nach dem Verständnis des Fachmanns von der technischen Lehre des Klagepatents keine Zeiträume während des Lebenszyklus einer erfindungsgemäßen Steckdose geben, während derer Sicherheitsvorsprünge bauteilmäßig überhaupt nicht existent sind (vgl. auch Prof. F, Anhörungsprotokoll, S. 6, 7, 10, 11, 12).
- B.
Der so umschriebenen technischen Lehre des Klagepatents entspricht die angegriffene Ausführungsform nicht, weshalb die Beklagten durch deren Herstellung und Vertrieb das Klagepatent nicht verletzen. Ebenso verletzen sie dieses nicht mittelbar durch das Angebot und die Lieferung der Kontaktträgereinsätze der angegriffenen Ausführungsform und auch nicht durch das Angebot und die Lieferung der Dosengehäuse der angegriffenen Ausführungsform. - 1.
Die angegriffene Ausführungsform (komplette Steckdose mit Kontaktträgereinsatz) macht von der technischen Lehre des Klagepatent keinen wortsinngemäßen Gebrauch. - a)
Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den rückwärtig an dem Dosengehäuse der angegriffenen Ausführungsform ausgebildeten, sich in Richtung der rückwärtigen Montagefläche erstreckenden drei rahmenförmigen Vorsprüngen (Bezugszeichen 7 gemäß Anlage K 12b), bei denen es sich nach den überzeugenden Ausführungen des Gerichtsgutachters aus Sicht des Fachmanns um patentgemäße „Rasthaken“ handelt (Prof. F, Gutachten, S. 24 f.), bzw. bei dem ringförmigen Bereich im
Inneren des Dosengehäuses, welcher diese rahmenförmigen Vorsprünge trägt, um einen „Stützkörper“ im Sinne des Klagepatents handelt. - b)
Eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents scheidet jedenfalls deshalb aus, weil die angegriffene Ausführungsform keine klagepatentgemäßen „Sicherheitsvorsprünge“ aufweist. Es fehlt insoweit zumindest an einer Verwirklichung des Merkmals (5.3). - Dahinstehen kann, ob die angesprochenen Rasthaken (rahmenförmigen Vorsprünge) der angegriffenen Ausführungsform im Montagezustand der Steckdose durch eine passende rückwärtige Dichtung bzw. das Material einer solchen Dichtung im Sinne des Klagepatents „blockiert“ werden. Es muss insoweit insbesondere nicht weiter aufgeklärt werden, ob bei der Montage der angegriffenen Ausführungsform unter Verwendung einer passenden Dichtung auf einer geschlossenen Montageplatte (oder einer Montageplatte mit einer nur kleinen mittigen Öffnung) die Rasthaken und die diesen in Richtung zum Dosengehäuse zugeordneten Stege unter üblichen Montagebedingungen derart tief in die Dichtung eintauchen, wie dies Klägerin mit Schriftsatz vom 29.10.2018, dem die nachfolgend eingeblendete Abbildung
(Bl. 1203 GA; Beschriftungen hinzugefügt) entnommen ist, unter Bezugnahme auf einen von ihr durchgeführten weiteren Versuch (Anlagen K 57 und 58) behauptet hat, und ob sich hierbei jeweils zwischen dem Rasthaken und dem Steg ein „Wulst“ aus Dichtungsmaterial bildet, welcher im Wege des Formschlusses eine Freigabe des Rasthakens verhindert. - Selbst wenn dies in tatsächlicher Hinsicht zutreffen sollte, fehlt es bei der angegriffenen Ausführungsform an den Vorgaben des Merkmals (5.3) entsprechenden Sicherheitsvorsprüngen, weil die angesprochenen Wülste aus Dichtungsmaterial erst bei der Montage der Steckdose auf der Montagefläche gebildet werden und zuvor nicht existent sind. Nach der Lehre des Klagepatents sind die Sicherheitsvorsprünge hingegen – wie bereits ausgeführt – körperlich/gegenständlich (d.h. als Bauteile) während der gesamten Benutzungsdauer vorhanden und nehmen lediglich unterschiedliche Betätigungszustände ein, je nach dem, ob die mit den Sicherheitsvorsprüngen ausgerüstete Steckdose auf der Montagefläche montiert ist oder von der Montagefläche demontiert ist. Das Klagepatent gibt insoweit nicht nur vor, dass die Rasthaken im Montagezustand durch Sicherheitsvorsprünge blockiert werden, sondern es gibt auch konkrete konstruktive Anweisungen, wie dies geschehen soll, nämlich durch eine Überführung (der bereits vorhandenen) Sicherheitsvorsprünge von einer Freigabestellung in eine blockierte Stellung der Rasthaken im Rahmen der Montage durch Abstützen des Stützkörpers auf der Montagefläche (vgl. auch Prof. F, Anhörungsprotokoll, S. 12 oben). Die Sicherheitsvorsprünge sind damit bereits in der Freigabestellung körperlich/gegenständlich vorhanden und werden als solche bei der Montage der Steckdose in eine Blockierstellung überführt, was bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall ist. Denn bei dieser gibt es im nicht montierten Zustand der Steckdose keine Sicherheitsvorsprünge. Vielmehr weist die angegriffene Ausführungsform in diesem Zustand, wenn sie mit einer passenden Dichtung ausgerüstet ist, nur eine herkömmliche plane Dichtung auf.
- Die in Rede stehenden Wülste aus Dichtungsmaterial bleiben nach einer Montage und anschließender Demontage auch nicht dauerhaft erhalten. Die Klägerin trägt selbst vor, dass sich die Dichtung im komprimierten Bereich im Wesentlichen elastisch zurück bildet, so dass nur oberflächliche Abdrücke ohne Funktion verbleiben (vgl. Schriftsatz vom 17.10.2016, S. 36 [Bl. 844 GA]). In Bezug auf die Wülste aus Dichtungsmaterial hat sie zuletzt unter Bezugnahme auf die nachfolgend eingeblendeten Abbildungen, von denen die linke Darstellung den Montagezustand und die rechte Darstellung die Steckdose im demontierten Zustand zeigt, vorgetragen, dass im demontierten Zustand das den „Sicherheitsvorsprung“ bildende Dichtungsmaterial wieder zurückgeführt und – bis auf verbliebene Abdrücke – in die nicht mehr zusammengedrückte Dichtung aufgenommen ist. Die verbliebenen Abdrücke können hierbei nach ihren Angaben ein seitliches Ausweichen des Rasthakens nicht behindern, geschweige denn blockieren (Schriftsatz v. 29.10.2018, S. 23 [Bl. 1216 GA]).
- Dass das bei der Montage der Steckdose die angesprochenen „Wülste“ bildende Dichtungsmaterial in der Dichtung bereits vorhanden ist, reicht für eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals (5.3) entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus, weil hiernach die Sicherheitsvorsprünge als solche, d.h. körperlich/gegenständlich als zur Blockade der Rasthaken geeignete Bauteile bereits in der Freigabestellung vorhanden sein müssen.
- c)
Das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal (5.3) wird von der angegriffenen Ausführungsform auch nicht – wie von der Klägerin zuletzt geltend gemacht – mit
patentrechtlich äquivalenten Mitteln verwirklicht. - aa)
Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss erstens das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit (zwar abgewandelten, aber) objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Zweitens müssen seine im Prioritätszeitpunkt gegebenen Fachkenntnisse den Fachmann befähigt haben, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich drittens am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein. Sind diese Voraussetzungen der Gleichwirkung, der Auffindbarkeit und der Orientierung am Patentanspruch erfüllt, ist die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln aus fachmännischer Sicht als der wortsinngemäßen Lösung gleichwertige (äquivalente) Lösung in Betracht zu ziehen und damit bei der Bestimmung des Schutzbereichs des Patents zu berücksichtigen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2014, 852, 853 – Begrenzungsanschlag; GRUR 2015, 361, 363 – Kochgefäß; Senat, GRUR-RR 2014, 185, 191 – WC-Sitzgelenk). Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen hier nicht vor. - bb)
Dabei kann dahinstehen, ob die erforderliche Gleichwirkung gegeben ist. Es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass der Fachmann die bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklichten abgewandelten Mittel (Ausbildung von Sicherheitsvorsprüngen in der ohnehin vorhandenen Dichtung durch bei der Montage in die Dichtung eintauchende Rasthaken und Stege) aufgrund seines Fachwissens ohne erfinderisches Bemühen als gleichwirkend auffinden konnte. - Der gerichtliche Sachverständige hat im Rahmen seiner mündlichen Anhörung erklärt, dass es für den Fachmann, wenn dieser die angegriffene Ausführungsform gedanklich völlig ausblendet und sich ausschließlich an derjenigen technischen Lehre orientiert, die ihm der Patentanspruch zur Ausgestaltung der Steckdose gibt, keine naheliegende, weil ohne jedes erfinderische Überlegen aufzufindende Erkenntnis ist, dass er die Rasthaken je nach Montagezustand der Steckdose auch dadurch elastisch belassen oder mithilfe von Sicherheitsvorsprüngen unelastisch machen kann, dass er Sicherheitsvorsprünge nur vorübergehend entstehen lässt, nämlich dann, wenn er sie im Zuge und solange er sie im Anschluss an die Montage der Steckdose benötigt, sofern er hierfür im Stand der Technik kein Vorbild bzw. keine Anregungen findet (vgl. Prof. F, Anhörungsprotokoll, S. 7), wozu die Klägerin nichts dargetan hat. Die Klagepatentschrift geht von Sicherheitsvorsprüngen aus, die sowohl in der Freigabestellung als auch in der blockierten Stellung der Rasthaken gegenständlich/körperlich (d.h. als Bauteile) vorhanden sind. Sie selbst liefert dem Fachmann keine Anregung dafür, die Sicherheitsvorsprünge erst bei der Montage entstehen zu lassen (Prof. F, Anhörungsprotokoll, S. 7).
- Selbst wenn man unterstellt, der Fachmann hätte den Gedanken nur zeitweise vorhandener Sicherheitsvorsprünge abstrakt gefasst, hätte er nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen – ohne Kenntnis der angegriffenen Ausführungsform und ohne erfinderisches Bemühen – keine konkrete Vorstellung dazu gehabt, wie er es konstruktiv bewerkstelligen soll, Sicherheitsvorsprünge zur Blockade der Rasthaken vorübergehend (nämlich im Zuge der Montage) entstehen und vorübergehend (nämlich nach Demontage) wieder verschwinden zu lassen, sofern er hierzu im Stand der Technik keine Anregung gefunden hat (vgl. Prof. F, Anhörungsprotokoll, S. 7), wovon mangels entsprechenden Vortrags der Klägerin auszugehen ist. Zur Umsetzung einer solchen Idee hätte der Fachmann daher nach der fachkundigen Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen erfinderisch tätig werden müssen.
- Gegenteiliges hat die Klägerin nicht aufzuzeigen vermocht. Die von ihr im Verhandlungstermin angestellten Überlegungen vermögen eine gegenteilige Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
- Wie sich aus den von der Klägerin an den gerichtlichen Sachverständigen gerichteten Fragen sowie ihrem im Anschluss an die Anhörung des Sachverständigen gehaltenen Plädoyer ergibt, will die Klägerin eine äquivalente Patentbenutzung mit folgenden Erwägungen begründen: Der Fachmann erkenne, dass auch eine Montagefläche mit Erhöhungen verwendet werden könne, welche Erhöhungen so angeordnet und so an die Steckdose angepasst seien, dass sie bei der Montage der Steckdose derart neben den Rasthaken platziert werden, dass sie die Rasthaken blockieren. Der Fachmann erkenne ferner, da zwischen der Montagefläche und der Steckdose eine Dichtung vorgesehen sei, dass anstelle der Montagefläche auch die Dichtung mit entsprechenden Vorsprüngen versehen werden könne. Hiervon ausgehend sei es für ihn naheliegend, bei einer Dichtung dadurch Material zu sparen, dass er auf diese von Anfang an vorhandenen Vorsprünge verzichte, weil er den gleichen Effekt, wie die Montage der angegriffenen Ausführungsform zeige, erreichen könne, ohne zusätzliches Material aufzuwenden.
- Dem ist entgegenzuhalten, dass es für den Fachmann schon nicht naheliegen dürfte, die Sicherheitsvorsprünge auf die Montagefläche zu verlagern, weil diese – wie die Klägerin mit Recht selbst geltend macht (Schriftsatz v. 15.02.2016, S. 9 u. 20 [Bl. 738 u. 749 GA]) – nicht zu der unter Schutz gestellten Steckdose gehört, welche die Sicherheitsvorsprünge aufweisen soll. Selbst wenn der Fachmann aber auf diesen Gedanken kommen sollte, liegt es für ihn hiervon ausgehend keineswegs auf der Hand, dass er die Sicherheitsvorsprünge stattdessen auch auf der zwischen der Montagefläche und der rückwärtigen Stirnfläche des Gehäusemantels vorgesehenen Dichtung anordnen kann. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Dichtung, wie dies offensichtlich bei der angegriffenen Ausführungsform in der Praxis der Fall ist, vor der Montage der Steckdose rückseitig auf das Dosengehäuse aufgesetzt wird, so dass Steckdose und Dichtung dann eine Montageeinheit bilden. Denn bei einer solchen Anordnung sind die Sicherheitsvorsprünge bereits dann, wenn die Steckdose nicht auf der Montagefläche montiert ist, im Bereich der Rasthaken angeordnet und könnten diese bereits in diesem Zustand blockieren. Darüber hinaus blendet die Klägerin bei ihren Überlegungen völlig aus, dass es bei der angegriffenen Ausführungsform zu der von ihr behaupteten Blockade der Rasthaken durch den sich bei der Montage der Steckdose zwischen dem Rasthaken und dem Steg bildenden Wulst aus Dichtungsmaterial nicht allein durch das Eintauchen des Rasthakens in die Dichtung kommt. Die entsprechenden „Vorsprünge“ aus Dichtungsmaterial entstehen vielmehr in dieser Form bzw. Ausprägung nur aufgrund des Zusammenwirkens des Rasthakens mit dem diesem in Richtung zum Dosengehäuse zugeordneten Steg. Der Steg bewirkt nach den Angaben der Klägerin, dass zwischen Rasthaken und Steg befindliches Dichtungsmaterial nicht seitlich ausweichen kann, sondern in dem Zwischenraum festgehalten ist und dadurch einen Anschlag für den Rasthaken bildet. Wie der Fachmann ohne erfinderisches Bemühen zu einer entsprechenden Ausgestaltung der Steckdose gelangen sollte, zeigt die Klägerin nicht auf und dies ist auch nicht ersichtlich.
- cc)
Darüber hinaus laufen die von der Klägerin angestellten Überlegungen darauf hinaus, dass es letztlich nur um den Effekt der Blockierung der Rasthaken im Montagezustand geht und es nicht darauf ankommt, auf welche konstruktive Weise dies geschieht. Diese Annahme widerspricht indes zum einen der Tatsache, dass der Patentanspruch sich eben nicht damit begnügt, zu fordern, die Rasthaken im Montagezustand zu blockieren, sondern ganz konkrete konstruktive Anweisungen gibt, wie dies passieren soll. Zum anderen läuft es letztlich auf eine Streichung des diesbezüglichen Anspruchsmerkmals hinaus, wenn nur noch darauf abgestellt würde, die Rasthaken irgendwie zu blockieren (vgl. auch Prof. F, Anhörungsprotokoll, S. 11/12). Insoweit mag dahinstehen, ob die entsprechende Betrachtung der Klägerin wegen des Nichtvorhandenseins von Sicherheitsvorsprüngen im demontierten Zustand der Steckdose nicht sogar zur Einbeziehung einer Unterkombination in den Patentschutz führt, was – wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat – nicht statthaft ist (BGHZ 172, 298 = GRUR 2007, 1059 – Zerfallszeitmessgerät; BGHZ 180, 215 = GRUR 2009, 653 – Straßenbaumaschine; GRUR 2011, 701, 704 Rn. 26 – Okklusionsvorrichtung). Zumindest sind diejenigen Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der angegriffenen Ausführungsform zu gelangen, nicht derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert, dass der Fachmann diese abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht zieht, weshalb es auch an der dritten Voraussetzung patentrechtlicher Äquivalenz fehlt. - 2.
Da die angegriffene Ausführungsform der unter Schutz gestellten technischen Lehre weder wortsinngemäß noch äquivalent entspricht, verletzt die Beklagte das Klagepatent auch nicht mittelbar mit dem angegriffenen Kontaktträgereinsatz sowie mit dem ferner angegriffenen Dosengehäuse. - C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. - Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
- Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.