Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2933
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 17. September 2019, Az. 4a O 58/18
- I. Die Beklagten zu 2), zu 4) und zu 5) werden verurteilt,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00
– ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 2) an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen, - Stereoskopische Bildvorrichtungen, umfassend:
- einen polarisierenden Strahlteiler, der so ausgelegt ist, dass er Bildlicht von einer Bildoberfläche empfängt und das einfallende Bildlicht in (a) ein transmittiertes Bildlicht mit einem ersten Polarisationszustand und (b) erste und zweite Bildlichter mit einem zweiten Polarisationszustand teilt, wobei der zweite Zustand vom ersten Zustand verschieden ist, wobei der polarisierende Strahlteiler zwei Platten aufweist, die miteinander verbunden sind, und sich ein Übergang der beiden Platten auf einem Weg des einfallenden Bildlichts befindet,
- erste und zweite reflektierende Elemente, die so ausgelegt sind, dass sie Wege der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter so modifizieren, dass das transmittierte Bildlicht und die ersten und zweiten reflektierten Bildlichter so projiziert werden, dass sie ein einziges Bild auf einer Bilderzeugungsoberfläche erzeugen,
- wobei das einzige Bild durch Überlagern eines ersten Bildes aus dem transmittierten Bildlicht und einem zweiten Bild aus den ersten und zweiten reflektierten Bildlichtern in dem im Wesentlichen gleichen Bereich auf der Bilderzeugungsoberfläche erzeugt wird,
- erste, zweite und dritte Polarisationsmodulatoren, die in der Lage sind, die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter zwischen ersten und zweiten Ausgangspolarisationszuständen zu wechseln,
- wobei die ersten, zweiten und dritten Polarisationsmodulatoren so gesteuert werden, dass sie die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter selektiv so wechseln, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt den gleichen Ausgangspolarisationszustand aufweisen, um dadurch zu dem bestimmten Zeitpunkt ein einfach polarisiertes Bild auf der Bilderzeugungsoberfläche zu erzeugen,
- (Anspruch 1 des EP 2 846 XXX B1),
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
- 2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten zu 2), zu 4) und zu 5)) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 23.02.2017 begangen haben, und zwar unter Angabe:
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
- b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typen¬bezeich-nungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei den Beklagten zu 2), zu 4) und zu 5) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten zu 2), zu 4) und zu 5) dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
- II. Die Beklagten zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5) werden verurteilt,
- der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5)) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 23.02.2017 begangen haben, und zwar unter Angabe
- 1. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- 2. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- 3. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunfts¬pflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
- III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 2), zu 4) und zu 5) verpflichtet sind – die Beklagten zu 4) und zu 5) als Gesamtschuldner –, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 23.02.2017 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- V. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) trägt die Klägerin. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
- VI. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 175.000,00.
- Daneben ist der Anspruch auf Unterlassung (Ziffer I. 1. des Tenors) gesondert vorläufig vollstreckbar gegen die Beklagte zu 2) gegen Sicherheitsleistung von € 65.000,00 und gegen die Beklagten zu 4) und zu 5) gegen Sicherheitsleistung von jeweils € 30.000,00.
- Die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziffer II. und Ziffer I. 2. des Tenors) sind gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen die Beklagte zu 2) gegen Sicherheitsleistung von € 10.000,00 und gegen die Beklagten zu 4) und zu 5) gegen Sicherheitsleistung von jeweils € 5.000,00. Gegen die Beklagte zu 1) ist der Anspruch auf Auskunft (Ziffer II. des Tenors) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 5.000,00.
- Hinsichtlich der Kosten ist das Urteil für die Beklagte zu 3) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils vollstreckbaren Betrages.
- T a t b e s t a n d
- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen behaupteter unmittelbarer Patentverletzung in Anspruch.
- Die Klägerin ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des in englischer Verfahrenssprache erteilten Europäischen Patents EP 2 846 XXX B1 (Anlage BM3-EP‘XXX, in deutscher Übersetzung als Anlage BM4-EP‘XXX, nachfolgend: Klagepatent). Die Inhaberänderung von der früheren Patentinhaberin, der A, LLC, Seoul, Korea, auf die Klägerin wurde am 05.09.2017 in das Patentregister eingetragen und am 12.10.2017 veröffentlicht (vgl. Anlage BM2-EP‘XXX).
- Das Klagepatent beruht auf der internationalen Patentanmeldung PCT/KR2014/002XXX und nimmt deren Anmeldetag vom 26.03.2014 sowie eine Priorität vom 02.04.2013 in Anspruch. Die Anmeldung wurde am 11.03.2015 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 28.09.2016 bekanntgemacht.
- Den von der B erhobenen Einspruch gegen das Klagepatent hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts (EPA) in der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2019 zurückgewiesen (schriftliche Gründe vom 21.02.2019 vorgelegt als Anlage BM23-EP‘XXX, in deutscher Übersetzung als Anlage BM23a-EP‘XXX). Die B hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde bei der Beschwerdekammer des EPA eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
- Das Klagepatent betrifft eine stereoskopische Bildgebungsvorrichtung.
- Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch 1 lautet in der englischen Verfahrenssprache der Patenterteilung:
- „A stereoscopic image apparatus comprising:
- a polarizing beam splitter (21, 22) adapted to receive image light from an image surface (19) and to split the incident image light into (a) a transmitted image light having a first state of polarization, and (b) first and second reflected image lights having a second state of polarization, the second state being different from the first state, wherein the polarization beam splitter has two plates (21, 22) joined to each other, and a junction of the two plates is located on a path of the incident image light;
- first and second reflective members (23, 24) configured to modify paths of the first and the second reflected image lights so that the transmitted image light and the first and the second reflected image lights are projected to form a single image on an image-forming surface,
- wherein the single image is formed by superimposing a first image from the transmitted image light and a second image from the first and the second reflected image lights at the substantially same area on the image-forming surface,
- first, second and third polarization modulators (27a, 27b, 27c) capable of selectively switching the polarization states of the transmitted image light and the first and the second reflected image lights between first and second output states of polarization,
- wherein the first, the second and the third polarization modulators are controlled to selectively switch the polarization states of the transmitted image light and the first and the second reflected image lights to have the
same output state of polarization at a given instant, thereby forming a single polarized image on the imageforming surface at the said given instant.” - In deutscher Übersetzung nach Anlage BM4-EP‘XXX lautet Anspruch 1 des Klagepatents wie folgt:
- „Stereoskopische Bildvorrichtung, umfassend:
- einen polarisierenden Strahlteiler (21, 22), der so ausgelegt ist, dass er Bildlicht von einer Bildoberfläche (19) empfängt und das einfallende Bildlicht in (a) ein transmittiertes Bildlicht mit einem ersten Polarisationszustand und (b) erste und zweite reflektierte Bildlichter mit einem zweiten Polarisationszustand teilt, wobei der zweite Zustand vom ersten Zustand verschieden ist, wobei der polarisierende Strahlteiler zwei Platten (21, 22) aufweist, die miteinander verbunden sind, und sich ein Übergang der beiden Platten auf einem Weg des einfallenden Bildlichts befindet,
- erste und zweite reflektierende Elemente (23, 24), die so ausgelegt sind, dass sie Wege der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter so modifizieren, dass das transmittierte Bildlicht und die ersten und zweiten reflektierten Bildlichter so projiziert werden, dass sie ein einziges Bild auf einer Bilderzeugungsoberfläche erzeugen,
- wobei das einzige Bild durch Überlagern eines ersten Bildes aus dem transmittierten Bildlicht und einem zweiten Bild aus den ersten und zweiten reflektierten Bildlichtern in dem im Wesentlichen gleichen Bereich auf der Bilderzeugungsoberfläche erzeugt wird,
- erste, zweite und dritte Polarisationsmodulatoren (27a, 27b, 27c), die in der Lage sind, die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter zwischen ersten und zweiten Ausgangspolarisationszuständen zu wechseln,
- wobei die ersten, zweiten und dritten Polarisationsmodulatoren so gesteuert werden, dass sie die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter selektiv so wechseln, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt den gleichen Ausgangspolarisationszustand aufweisen, um dadurch zu dem bestimmten Zeitpunkt ein einfach polarisiertes Bild auf der Bilderzeugungsoberfläche zu erzeugen.“
- Hinsichtlich des Wortlauts der nur im Wege von Insbesondere-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 2, 3, 4, 6, 7 und 9 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
- Zur Veranschaulichung werden nachfolgend in verkleinerter Form Fig. 5 und Fig. 10 des Klagepatents eingeblendet.
- Fig. 5 zeigt den grundsätzlichen Aufbau einer stereoskopischen Bildvorrichtung gemäß der Erfindung:
- Licht, das von einer Bildoberfläche 19 emittiert und durch eine Projektionslinse 20 geführt wurde, fällt in einem Zustand auf die Polarisationsstrahlteiler 21 und 22 ein, in dem das Licht P-Polarisation und S-Polarisation als gemischten Zustand aufweist (Absatz [0041]). Die Polarisationsstrahlteiler 21 und 22 transmittieren eine bestimmte Polarisationskomponente (die P-Polarisationskomponente) und reflektieren eine andere Polarisationskomponente (die S-Polarisationskomponente) in eine Richtung, die sich von der Richtung unterscheidet, in der das Licht transmittiert wird, so dass das Licht in einer Mehrzahl von Richtungen aufgespalten wird (Absatz [0048]). Über dem ersten Polarisationsstrahlteiler 21 und dem zweiten Polarisationsstrahlteiler 22 sind jeweils reflektierende Elemente 23 und 24, wie zum Beispiel Spiegel, vorgesehen, die von dem ersten Polarisationsstrahlteiler 21 bzw. dem zweiten Polarisationsstrahlteiler 22 beabstandet sind (Absatz [0056]).
- Fig. 10 zeigt den Aufbau einer stereoskopischen Bildvorrichtung in einem Fall, in dem eine Mehrzahl von Modulatoren in der stereoskopischen Bildvorrichtung angeordnet ist:
- Die S-Polarisation, die von dem ersten reflektierenden Element 23 und dem zweiten reflektierenden Element 24 reflektiert wird, wird durch einen ersten Modulator 27a bzw. einen dritten Modulator 27c moduliert (Absatz [0102]). Andererseits wird die durch den ersten Polarisationsstrahlteiler 22 transmittierte P-Polarisation durch einen zweiten Modulator 27b moduliert (Absatz [0103]).
- Die Beklagte zu 1) ist die Muttergesellschaft der Beklagten zu 3) (deren Alleineigentümerin sie ist) und der C SL. Der Beklagte zu 4) ist bzw. war Président (Präsident) der Beklagten zu 1), Geschäftsführer der Beklagten zu 3) und CEO der C SL. Im Oktober 2018 erklärte er den Rücktritt von diesen Ämtern. Der Beklagte zu 5) ist „Directeur Géneral“ (Generaldirektor) der Beklagten zu 1), Geschäftsführer der Beklagten zu 3) und Director der C SL.
- Die Beklagte zu 2) ist ein deutsches Unternehmen und nicht Teil des Konzerns der Beklagten zu 1).
- Die Klägerin greift mit der Klage als „D“ bezeichnete Geräte mit den Modellnummern E und F an (nachfolgend: angegriffene Ausführungsformen) (vgl. die in Anlage BM6 bzw. BM7 vorgelegten Bedienungsanleitungen).
- Die Beklagte zu 2) verkaufte das Modell E bis 2014 im Inland und ab diesem Zeitpunkt das Model F, das sie im Oktober 2017 an die G Ltd. lieferte. Die C SL, eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), vertreibt das Modell F seit 2013.
- Die angegriffenen Ausführungsformen empfangen von einem Bildprojektor emittiertes, nicht- bzw. zufällig polarisiertes Licht. Dieses Licht trifft in den angegriffenen Ausführungsformen auf ein lichtstrahlteilendes Element (Polarisationsteiler, in der unten eingeblendeten Zeichnung mit Ziffer 18 gekennzeichnet), welches das Licht in drei Lichtbündel aufteilt. Das mittlere Lichtbündel weist einen ersten linearen Polarisationszustand, das obere und untere Lichtbündel einen hierzu orthogonalen zweiten linearen Polarisationszustand auf. Das Licht auf dem oberen und unteren Lichtweg wird jeweils von einem Spiegelelement (Bezugsziffer 15 und 17) in den angegriffenen Ausführungsformen reflektiert. Alle drei Lichtbündel durchlaufen sodann Polarisationsschalter (in Form von Flüssigkristall-Zellen, Bezugsziffern 10, 16, 19 in der unten eingeblendeten Zeichnung). Diese wandeln die (lineare) S- oder P-Polarisation des Lichts in eine links oder rechts-zirkulare Polarisation um.
- Die angegriffenen Ausführungsformen sind in den hier relevanten technischen Aspekten grundsätzlich identisch gestaltet. Allerdings sind bei der älteren angegriffenen Ausführungsform E OCE-Filmschichtverbunde in Lichtausbreitungsrichtung vor den Flüssigkristall-Zellen angeordnet, während sie bei der angegriffenen Ausführungsform F hinter diesen angeordnet sind (Bezugsziffern 20, 21 in der unten eingeblendeten Zeichnung). Bei der angegriffenen Ausführungsform E sind in Lichtausbreitungsrichtung hinter den Elementen 10, 16, 19 auf allen drei Wegen des Bildlichts Viertelwellenplatten (Bezugsziffern 22, 23, 24 in der unten eingeblendeten Zeichnung) angeordnet.
- Die OCE-Filmschichtverbunde wirken bei der neueren angegriffenen Ausführungsform F wie Halbwellen-Platten und bewirken eine Änderung der Polarisation – von linkszirkular nach rechtszirkular und von rechtszirkular nach linkszirkular. Damit wird die Polarisation des oberen und unteren Lichtstrahls an die Polarisation des mittleren Lichtstrahls angepasst.
- Falls die Halbwellenplatte vor dem Polarisationsmodulator (Flüssigkristall-Platten) angeordnet ist, wie bei der älteren angegriffenen Ausführungsform E, erfolgt eine Umwandlung von einer S- zu einer P-Polarisation und von einer P- zu einer S-Polarisation (die erst anschließend durch die Elemente 22, 23, 24 in eine links- oder rechtszirkulare Polarisation umgewandelt wird).
- Letztlich tritt damit bei beiden angegriffenen Ausführungsformen das Licht auf allen drei Lichtwegen mit der gleichen Polarisation aus der angegriffenen Ausführungsform aus und danach gegebenenfalls auf die (Leinwand-) Oberfläche auf.
- Eine Darstellung der (neueren) angegriffenen Ausführungsform F (von Seite 13 der Klageerwiderung = Bl. 106 GA) wird nachfolgend eingeblendet:
- Wie bereits erwähnt, unterscheidet sich die angegriffene Ausführungsform E dadurch, dass hier die OCE-Filmverbunde (Ziffern 20, 21) in Lichtausbreitungsrichtung vor den Polarisationsfiltern (Ziffern 10, 19) liegen. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend die Schema-Abbildung der angegriffenen Ausführungsform E von Seite 11 der Duplik (Bl. 229 GA) eingeblendet:
- Die Klägerin trägt vor, sie sei Patentinhaberin und damit aktivlegitimiert. Das Klagepatent sei ihr mit Übertragungsvereinbarung vom 23.02.2017 (Anlage BM2a-EP‘XXX, deutsche Übersetzung als Anlage BM2b-EP‘XXX; nachfolgend: Übertragungsvereinbarung) von der früheren Patentinhaberin übertragen worden.
- Die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere verfügten die angegriffenen Ausführungsformen über erste, zweite und dritte Polarisa¬tions¬modulatoren, die so gesteuert werden, dass sie die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter selektiv so wechseln, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt den gleichen Ausgangs¬polarisationszustand aufweisen, um dadurch zu einem bestimmten Zeitpunkt ein einfach polarisiertes Bild auf der Bilderzeugungsoberfläche zu erzeugen. Maßgeblich sei nach der Lehre des Klagepatents allein, dass auf der Bilderzeugungsoberfläche
– der Leinwand – nur eine Polarisation herrsche. - Bei der angegriffenen Ausführungsform F seien entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur die Flüssigkristallzellen 10, 16, 19 als Polarisations¬modulatoren anzusehen. Bestandteil der Polarisationsmodulatoren seien auf dem oberen und unteren Lichtweg vielmehr auch die Halbwellenplatten 20, 21. Nachdem die Lichtbündel auf dem oberen und unteren Weg letztere passiert hätten, wiesen alle drei Lichtbündel einen einheitlichen Ausgangspolarisationszustand auf.
- Die angegriffene Ausführungsform E verwirkliche die dargestellten Anforderungen erst recht. Hier lägen anspruchsgemäß ausgestaltete Polarisationsmodulatoren bereits in Form der Flüssigkristallzellen 10, 16, 19 vor. Diese seien so gesteuert, dass in sie eintretende P-Polarisation zu einem bestimmten Zeitpunkt in einen einheitlichen Ausgangspolarisationszustand, beispielsweise linkszirkular, moduliert werde.
- Eine Aussetzung des Rechtsstreits sei mit Blick auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung nicht geboten. Zudem werde sich das Klagepatent im Einspruchsbeschwerdeverfahren als rechtsbeständig erweisen.
- Die Klägerin beantragt,
- I. die Beklagten zu verurteilen,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00
– ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an einem ihrer gesetzlichen Vertreter und hinsichtlich der Beklagten zu 2) und 3) an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen, - Stereoskopische Bildvorrichtungen, umfassend:
- einen polarisierenden Strahlteiler, der so ausgelegt ist, dass er Bildlicht von einer Bildoberfläche empfängt und das einfallende Bildlicht in (a) ein transmittiertes Bildlicht mit einem ersten Polarisationszustand und (b) erste und zweite reflektierte Bildlichter mit einem zweiten Polarisationszustand teilt, wobei der zweite Zustand vom ersten Zustand verschieden ist, wobei der polarisierende Strahlteiler zwei Platten aufweist, die miteinander verbunden sind, und sich ein Übergang der beiden Platten auf einem Weg des einfallenden Bildlichts befindet,
- erste und zweite reflektierende Elemente, die so ausgelegt sind, dass sie Wege der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter so modifizieren, dass das transmittierte Bildlicht und die ersten und zweiten reflektierten Bildlichter so projiziert werden, dass sie ein einziges Bild auf einer Bilderzeugungsoberfläche erzeugen,
- wobei das einzige Bild durch Überlagern eines ersten Bildes aus dem transmittierten Bildlicht und einem zweiten Bild aus den ersten und zweiten reflektierten Bildlichtern in dem im Wesentlichen gleichen Bereich auf der Bilderzeugungsoberfläche erzeugt wird,
- erste, zweite und dritte Polarisationsmodulatoren, die in der Lage sind, die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter zwischen ersten und zweiten Ausgangspolarisationszuständen zu wechseln,
- wobei die ersten, zweiten und dritten Polarisationsmodulatoren so gesteuert werden, dass sie die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter selektiv so wechseln, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt den gleichen Ausgangspolarisationszustand aufweisen, um dadurch zu dem bestimmten Zeitpunkt ein einfach polarisiertes Bild auf der Bilderzeugungsoberfläche zu erzeugen,
- (Anspruch 1 der EP 2 846 XXX B1),
- in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- insbesondere wenn
- der polarisierende Strahlteiler einen ersten polarisierenden Strahlteiler und einen zweiten polarisierenden Strahlteiler umfasst, die entsprechend durch die beiden Platten ausgebildet sind,
- wobei der erste polarisierende Strahlteiler und der zweite polarisierende Strahlteiler so miteinander verbunden sind, dass sie eine Winkelform aufweisen, und
- wobei der Übergang zwischen dem ersten polarisierenden Strahlteiler und dem zweiten polarisierenden Strahlteiler eine Kante bildet, die auf einer Mittellinie des Weges des einfallenden Bildlichts angeordnet ist
- (Anspruch 2 der EP 2 846 XXX B1)
- und/oder
- die Winkelform der Kombination des ersten polarisierenden Strahlteilers und des zweiten polarisierenden Strahlteilers in einer Richtung zu einer Projektionsfläche abgewinkelt ist,
- (Anspruch 3 der EP 2 846 XXX B1)
- und/oder
- die beiden Platten in Bezug auf den Weg des einfallenden Bildlichts symmetrisch sind
- (Anspruch 4 der EP 2 846 XXX B1)
- und/oder
- jedes der ersten und zweiten reflektierenden Elemente einen Spiegel umfasst,
- (Anspruch 6 der EP 2 846 XXX B1)
- und/oder
- der erste Polarisationszustand P-Polarisation ist, und der zweite Polarisationszustand S-Polarisation ist,
- (Anspruch 7 der EP 2 846 XXX B1)
- und/oder
- die Vorrichtung ferner umfasst:
- einen Halbwellen-Verzögerer, um zu bewirken, dass das transmittierte Bildlicht und die ersten und zweiten reflektierten Bildlichter den gleichen Polarisationszustand aufweisen;
- (Anspruch 9 der EP 2 846 XXX B1)
- 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28.09.2016 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
- wobei
- zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28.10.2016 begangen haben, und zwar unter Angabe:
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
- b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeich-nungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei
- den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 4. nur die Beklagten zu 2) und 3): die in ihrem unmittelbaren und/oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter I. 1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 2) bzw. 3) – Kosten herauszugeben oder
– nach Wahl der Beklagten zu 2) und 3) – selbst zu vernichten; - 5. nur die Beklagten zu 1), 2) und 3): die unter I. 1. bezeichneten, seit dem 28.09.2016 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des … vom …) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
- II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind – die Beklagten zu 1), 4) und 5) sowie die Beklagten zu 3), 4) und 5) jeweils als Gesamtschuldner –, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der H, LLC vom 28.10.2016 bis zum 22.02.2017 und der Klägerin seit dem 23.02.2017 durch die zu I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen;
- hilfsweise,
- das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Einspruchsverfahren gegen das EP 2 846 XXX auszusetzen.
- Die Beklagten zu 1) und zu 3) bis 5) bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin. Sie tragen vor, die Klägerin könne sich hinsichtlich der materiellen Inhaberschaft am Klagepatent nicht auf die durch die Registereintragung begründete Indizwirkung berufen, da diese durch konkrete Zweifel erschüttert sei. Insbesondere sei die Vertretungsberechtigung des bei Abschluss der Übertragungsvereinbarung auf Seiten der Klägerin handelnden Herrn I zweifelhaft.
- Sie sind der Ansicht, die Klage sei hinsichtlich der Benutzungshandlungen teilweise unschlüssig. Die angegriffene Ausführungsform E werde seit 2014 nicht mehr vertrieben; die Beklagte zu 1) habe nach Erteilung des Klagepatents keine Benutzungshandlungen im Inland vorgenommen. Benutzungshandlungen der Beklagten zu 3) seien nicht ersichtlich.
- Die angegriffene Ausführungsform F mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Als Polarisationsmodulatoren seien lediglich die Flüssigkristallzellen 10, 16 und 19 anzusehen, deren Bestandteile nicht die OCE-Filme 20, 21 seien. Der Ausgangspolarisationszustand der drei Wege des Bildlichts nach dem Durchlaufen der so verstandenen Polarisationsmodulatoren unterscheide sich jedoch voneinander. Während derjenige des transmittierten Bildlichts nach Durchlaufen des mittleren Polarisationsmodulators 16 linkszirkular sei, sei derjenige des reflektierten Bildlichts auf dem oberen und unteren Bildlichtweg rechtszirkular
– und andersherum. - Ob die angegriffene Ausführungsform E das Klagepatent verletze, könne angesichts der insoweit fehlenden Benutzungshandlungen offen bleiben.
- Jedenfalls sei der Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO auszusetzen, da sich das Klagepatent im Einspruchsbeschwerdeverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde.
- Die Beklagte zu 2) schließt sich den Ausführungen der anderen Beklagten vollumfänglich an. Die Beklagte zu 2) habe seit 2014 nur ein Modell der angegriffenen Ausführungsform F verkauft und zwar an die G Ltd. Da es sich hierbei um ein offenbar mit der Klägerin verbundenes Unternehmen handele, sei die Beklagte zu 2) von einer konkludenten Zustimmung der Klägerin ausgegangen. Ansonsten liege ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.
- Auf die Einrede der Beklagten hin hat die Klägerin den Beklagten aufgrund des Beschlusses der Kammer vom 20.06.2018 (Bl. 167 GA) Sicherheit wegen der Prozesskosten in Höhe von € 69.500,00 geleistet (vgl. die in Anlage BM16-EP‘XXX vorgelegte Kopie der Einzahlungsquittung).
- Die mündliche Verhandlung hat am 02.07.2019 stattgefunden. Mit Beschluss vom selben Tag hat die Kammer den Beklagten eine Schriftsatzfrist von zwei Wochen ab Zugang des Beschlusses zu den von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung zur Aktivlegitimation überreichten Unterlagen gewährt. Der Beschluss ist den Beklagten am 04.07.2019 zugegangen. Am 10.07.2019 ist durch Urteil des Handelsgerichts Nanterre, Frankreich, das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Sanierungsverfahren (redressement judiciaire) gegen die Beklagte zu 1) eingeleitet worden.
- Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2019 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e - Soweit die Klage zur Entscheidung steht (dazu unter I.), ist sie zulässig und teilweise begründet.
- Die Berechtigung der Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten und zur Entscheidung stehenden Ansprüche lässt sich lediglich für den Zeitraum ab dem 23.02.2017 feststellen (dazu unter II.). Die angegriffenen Ausführungsformen machen von Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch (dazu unter III.). Patentverletzende Benutzungshandlungen sind hinsichtlich der Beklagten zu 1), 2), 4) und 5) feststellbar, nicht aber hinsichtlich der Beklagten zu 3) (dazu unter IV.). Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 2), 4) und 5) Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB sowie gegen die Beklagte zu 1) auf Auskunft aus § 140b PatG. Dagegen stehen der Klägerin Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 1, Abs. 3 PatG nicht zu (dazu unter V.) Eine Aussetzung des Rechtsstreits ist nicht veranlasst (dazu unter VI.).
- I.
Die Klage steht zur Entscheidung, soweit es die Beklagten zu 2) bis 5) und den gegen die Beklagte zu 1) erhobenen Anspruch auf Drittauskunft (Antrag zu I. 2.; Tenor zu II.) betrifft (dazu unter 1.). In diesem Umfang konnte durch Teilurteil (§ 301 ZPO) entschieden werden (dazu unter 2.). - 1.
Zur Entscheidung steht die gegen die Beklagten zu 2) bis 5) gerichtete Klage und der gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Anspruch auf Drittauskunft. Im Übrigen ist das Verfahren unterbrochen. - a)
Das Verfahren gegen die Beklagte zu 1) ist, soweit es nicht den Anspruch auf Drittauskunft betrifft, infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach französischem Recht nach § 240 S. 1 ZPO i. V. m. Art. 18 der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates über Insolvenzverfahren vom 20.05.2015 (EuInsVO) unterbrochen. - Der Unterbrechung steht auch nicht § 249 Abs. 3 ZPO entgegen. Nach dieser Vorschrift wird durch die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert. § 249 Abs. 3 ZPO gilt jedoch nicht, wenn die Unterbrechung zwar nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten ist, jedoch vor Ablauf einer Schriftsatzfrist, die einer Partei gemäß § 283 ZPO bewilligt war (BGH, NJW 2012, 682; Stackmann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 249 Rn. 24; Voit, in: Musielak, ZPO, 16. Auflage 2019, § 249 Rn. 6). So liegt es hier, weil die den Beklagten mit Beschluss vom 02.07.2019, zugestellt am 04.07.2019, gewährte Schriftsatzfrist noch bis zum 18.07.2019 lief und somit zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Urteil vom 10.07.2019 noch nicht abgelaufen war.
- b)
Nach § 240 S. 1 ZPO wird ein Rechtsstreit bis zur Aufnahme des Verfahrens nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften unterbrochen, „wenn er die Insolvenzmasse betrifft“. Zu den die Insolvenzmasse in diesem Sinne betreffenden Ansprüchen zählen ein Unterlassungsanspruch wegen einer Schutzrechtsverletzung und der sich daraus ergebende Schadens¬ersatz¬anspruch einschließlich des zu seiner Durchsetzung dienenden unselbstständigen Auskunftsanspruchs (BGH, GRUR 2010, 343, 344 – Oracle), somit die gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Anträge zu I. 1. (Unterlassung), 1. 3. (vorbereitende Rechnungslegung) und II. (Feststellung des Scha¬dens¬ersatz¬anspruchs). Der Antrag zu I. 5. (Rückruf) weist jedenfalls aufgrund der damit verbundenen Kostentragungs¬pflicht einen Bezug zur Insolvenzmasse auf. - c)
Der gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Anspruch auf Drittauskunft aus § 140b PatG betrifft die Insolvenzmasse dagegen nicht im Sinne von § 240 S. 1 ZPO und ist daher von der Unterbrechungswirkung nicht erfasst. - Ein Drittauskunftsanspruch soll dem Verletzten die Rechtsverfolgung gegenüber gewerblichen Abnehmern ermöglichen, um einen rechtsverletzenden Weitervertrieb der Waren durch die Abnehmer des auf Drittauskunft in Anspruch Genommenen zu unterbinden. Bezogen auf die Insolvenzmasse ist der Anspruch auf Drittauskunft vermögensmäßig neutral. Dies gilt auch insoweit, als der Drittauskunftsanspruch die Vorlage von Lieferscheinen und Rechnungen umfasst, weil der Beklagte sich entsprechende Kopien vom Insolvenzverwalter verschaffen kann (BGH, GRUR 2010, 343, 344 – Oracle). Diese einen wettbewerbsrechtlichen Auskunftsanspruch betreffenden Erwägungen sind auch auf den patentrechtlichen Drittauskunftsanspruch aus § 140b PatG zu übertragen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – I-15 U 106/14, BeckRS 2015, 13306 Rn. 56; Voß, in: BeckOK Patentrecht, 13. Edition Stand: 25.07.2019, Vor §§ 139–142b Rn. 173; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt D Rn. 259). Schließlich verfolgt auch der Anspruch nach § 140b PatG den Zweck, dem Patentinhaber ein effektives Vorgehen gegen etwaige weitere Verletzer zu ermöglichen (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt D Rn. 473).
- d)
Weil die Beklagte zu 1) im Verhältnis zu den übrigen Beklagten lediglich einfache Streitgenossin ist, wird das Verfahren gegen die Beklagten zu 2) bis 5) durch die Unterbrechung des Verfahrens nicht berührt (vgl. BGH, NJW 2003, 1002, 1003). - e)
Die Wirkungen der Insolvenzeröffnung mussten nicht durch Zwischenurteil (§ 303 ZPO) ausgesprochen werden, weil zwischen den Parteien kein Streit über die Unterbrechung besteht (vgl. BGH, NJW 1982, 883, 886; GRUR 2010, 343, 344 Rn. 16 – Oracle; NZI 2012, 572, 573; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Auflage 2019, § 240 Rn. 7). - 2.
In dem Umfang, in dem das Verfahren nicht unterbrochen ist, konnte durch Teilurteil (§ 301 ZPO) entschieden werden. - a)
Dies gilt zunächst für die gegen die Beklagten zu 2) bis 5) gerichtete Klage. - Zwar darf ein Teilurteil grundsätzlich nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht (BGH, NJW-RR 2003, 1002 m. w. N.). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn über das Vermögen eines einfachen Streitgenossen das Insolvenzverfahren eröffnet und deshalb gemäß § 240 ZPO das Verfahren insoweit unterbrochen worden ist. In diesem Fall ist trotz der Gefahr, dass bei Aufnahme des durch die Insolvenz unterbrochenen Verfahrens eine abweichende Entscheidung ergehen könnte, stets die Möglichkeit gegeben, gemäß § 301 ZPO ein Teilurteil zu erlassen (BGH, NJW-RR 2003, 1002, 1002 f.; NJW 2007, 156, 158; GRUR 2010, 343, 344 – Oracle; GRUR 2015, 1201, 1205). Diese Ausnahme ist gerechtfertigt, weil die Unterbrechung zu einer faktischen Trennung der Verfahren führt und die Dauer in der Regel ungewiss ist. Es wäre mit dem Anspruch der übrigen Verfahrensbeteiligten auf einen effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb verzögern würde, weil die abstrakte Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht. Anders kann es zu beurteilen sein, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das unterbrochene Verfahren alsbald fortgesetzt wird (BGH, NJW 2003, 1002, 1003). Solche Anhaltspunkte liegen hier nicht vor.
- b)
Über den von der Unterbrechung des Verfahrens nicht erfassten Anspruch auf Drittauskunft gegen die Beklagte zu 1) konnte ebenfalls durch Teilurteil entschieden werden. - Die dargestellten Erwägungen gelten auch, wenn der Kläger in einem Rechtsstreit mehrere prozessuale Ansprüche geltend macht, von denen einer durch die Unterbrechung nach § 240 ZPO nicht betroffen ist. Auch in diesem Fall wiegt die Beeinträchtigung der effektiven Rechtsdurchsetzung im Hinblick auf die ungewisse Dauer der durch die Insolvenzeröffnung bedingten Verfahrensunterbrechung so schwer, dass das Teilurteilsverbot dahinter zurückzutreten hat (BGH, GRUR 2010, 343, 345 – Oracle; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – I-15 U 106/14, BeckRS 2015, 13306 Rn. 56).
- c)
Dem Erlass eines Teilurteils steht auch nicht entgegen, dass die Unterbrechung des Verfahrens erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten ist. Es bedarf für den Erlass eines Teilurteils insbesondere keines auf den Erlass eines Teilurteils gerichteten Sachantrags in der mündlichen Verhandlung (vgl. zur fehlenden Antragstellung bei einer nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Klageerweiterung BGH, NJW-RR 2009, 853, 854). Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils sind vielmehr von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen. - II.
Die Klägerin ist hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs prozessführungsbefugt (dazu unter 1.). Wegen der übrigen Ansprüche ist die materielle Berechtigung der Klägerin ab dem 23.02.2017 feststellbar (dazu unter 2.). Für den Zeitraum vom 28.10.2016 bis 22.02.2017 hat die Klägerin ihre Berechtigung hingegen nicht dargelegt (dazu unter 3.). - 1.
Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs ergibt sich die Prozessführungsbefugnis der Klägerin unabhängig von der materiell-rechtlichen Inhaberschaft am Klagepatent bereits aus ihrer Eintragung im Patentregister (vgl. Anlage BM2-EP‘XXX). Auf dieser Grundlage ist sie nach § 30 Abs. 3 S. 2 PatG prozessual berechtigt, Unterlassung zu verlangen, da die Unterlassung nicht gegenüber dem Patentinhaber, sondern schlechthin geschuldet ist und die genannte Norm den eingetragenen Inhaber zur Geltendmachung der Rechte aus dem Patent prozessual berechtigt (BGH, GRUR 2013, 713 – Fräsverfahren). Hieraus folgt, dass beim Unterlassungsanspruch die materielle Inhaberschaft nicht zu überprüfen ist, da der Anspruch jedenfalls im Rahmen einer gesetzlichen Prozessstandschaft geltend gemacht werden kann. - 2.
Hinsichtlich der übrigen Ansprüche lässt sich die materielle Berechtigung der Klägerin für den Zeitraum ab dem 23.02.2017 feststellen. - a)
Die Aktivlegitimation als materielle Berechtigung hinsichtlich der Ansprüche wegen Patentverletzung erwächst nicht aus der Eintragung einer Person als Inhaberin in das Patentregister gemäß § 30 Abs. 3 PatG. Die Eintragung wirkt weder rechtsbegründend noch rechtsvernichtend; ihre Legitimationswirkung ist beschränkt auf die Befugnis zur Führung von Rechtsstreitigkeiten aus dem Patent. Die Aktivlegitimation folgt vielmehr der materiellen Rechtslage am Klagepatent. Nur dem materiell Berechtigten stehen die aus einer Verletzung folgenden Ansprüche zu (BGH, GRUR 2013, 713 – Fräsverfahren). - Die Eintragung im Patentregister ist für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, dennoch nicht bedeutungslos. Ihr kommt nach der Entscheidung „Fräsverfahren“ des BGH im Rechtsstreit eine erhebliche Indizwirkung zu, da eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die Eintragung des Rechts-übergangs im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt. Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So wird der Vortrag, ein im Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substantiierung oder Beweisführung bedürfen. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll (BGH, GRUR 2013, 713, 717 – Fräsverfahren). Je nach Einzelfall kann es auch zu einer Umkehr der Beweislast zu Gunsten dessen kommen, der sich auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.02.2014 – I-15 U 1/14 – Rn. 104 bei juris).
- Dem Patentregister kommt damit in Anwendung der Entscheidung „Fräsverfahren“ eine doppelte Indizwirkung zu. Zugunsten desjenigen, der dort eingetragen ist, spricht zunächst die Vermutung, dass er tatsächlich materieller Inhaber des registrierten Patents geworden ist. Sofern die Umschreibung nur „wenige Wochen oder Monate“ nach der vom Kläger behaupteten sachlich-rechtlichen Patentübertragung stattgefunden hat, wird außerdem die Richtigkeit des benannten Übertragungszeitpunkts vermutet. Wann von einer nur „wenige Wochen oder Monate“ nach dem Patenterwerb liegenden Umschreibung gesprochen werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt D Rn. 114).
- b)
Vorliegend lässt sich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem behaupteten Rechtsübergang und der Eintragung der Klägerin im Patentregister feststellen. Zwischen der Übertragungserklärung vom 23.02.2017 und der Eintragung der Klägerin als Inhaberin im Patentregister am 05.09.2017 liegen etwa sechseinhalb Monate. Dieser Zeitraum ist zwar länger als für die Eintragung eines Inhaberwechsels im Regelfall notwendig. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass beide an der Übertragung beteiligten Parteien außerhalb der EU ansässig sind, ist dieser zeitliche Zusammenhang indes noch als hinreichend eng anzusehen (vgl. Urteil der Kammer vom 03.11.2015 – 4a O 144/14; insoweit unbeanstandet durch OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.03.2017 – I-15 U 65/15). - c)
Die danach begründete doppelte Indizwirkung der Registereintragung der Klägerin ist durch das Vorbringen der Beklagten nicht erschüttert. - Soweit die Indizwirkung des Registers reicht, ist der Kläger davon enthoben, die Übertragungsvereinbarung vorzulegen oder ihren Inhalt im Detail zu referieren (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt D Rn. 115). Leistet der Kläger, für den die Vermutungswirkung der zeitnahen Registerumschreibung streitet, überflüssigerweise näheren bestrittenen Vortrag zum Übertragungsakt, erzwingt dies noch keine Beweiserhebung, solange die substantiierenden Behauptungen eine Patentübertragung nicht unschlüssig machen. Solches wäre etwa der Fall, wenn zur Darlegung der Patentübertragung eine Vereinbarung vorgelegt wird, die tatsächlich bloß eine Lizenzeinräumung beinhaltet, aber nicht, wenn mit Blick auf die Übertragungserklärung lediglich die Vertretungsrechte des Unterzeichners strittig sind (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt D Rn. 117).
- Danach reicht es vorliegend für eine Erschütterung der Indizwirkung nicht aus, dass die Beklagten die Vertretungsberechtigung des Herrn I, der auf Seiten der Klägerin die Übertragungsvereinbarung unterzeichnet hat, in Frage stellen. Die Vorlage der Übertragungsvereinbarung hat den Vortrag der Klägerin nicht unschlüssig gemacht. Insbesondere ist nach dem auf Gesellschaften nach dem Gesetz des Bundesstaates Delaware wie die Klägerin anzuwendenden Recht zwar grundsätzlich das „Board of Directors“ vertretungsberechtigt. Ermächtigungen anderer Personen zur Vertretung sind aber bei solchen Gesellschaften, wovon auch die Beklagten ausgehen, grundsätzlich möglich. Dass Herr I die Vereinbarung als „Vice President, Intellectual Property (Authorised Officer)“ unterzeichnet hat, führt deshalb nicht zu einer Unschlüssigkeit des Vortrags der Klägerin.
- Das Argument der Beklagten, es sei nicht ersichtlich, dass die vorgelegten drei Seiten der Übertragungsvereinbarung tatsächlich zusammengehören und die Übertragungs¬vereinbarung ausschließlich aus diesen drei Blättern besteht, greift nicht durch. Selbst wenn weitere Seiten vorhanden wären – wofür die Beklagten keinerlei Anhaltspunkte aufzeigen – ist nicht erkennbar, dass solche weiteren Seiten den Inhalt der Über¬tragungs¬vereinbarung verändern würden.
- d)
Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für den Rückruf- und den Vernichtungsanspruch. Zwar kann für diese, wie für den Unterlassungsanspruch, eine Prozessführungsbefugnis grundsätzlich bereits aus der Eintragung im Patentregister abgeleitet werden (vgl. Urteil der Kammer vom 31.03.2016 – 4a O 73/14, Rn. 82 ff. bei juris; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt D Rn. 108). Wenn die Ansprüche allerdings nicht erst ab dem Tag der Registerumschreibung geltend gemacht werden, bedarf es für den davor liegenden Zeitraum der Feststellung einer materiellen Berechtigung. Eine solche materielle Berechtigung kann, wie ausgeführt, ab dem 23.02.2017 festgestellt werden. - 3.
Für den Zeitraum vor dem 23.02.2017 lässt sich eine materielle Berechtigung der Klägerin hingegen nicht feststellen. - Eine Berechtigung der Klägerin kann für diesen Zeitraum nur aus einer Abtretung der Ansprüche der früheren Patentinhaberin, der H, LLC, folgen. Dass eine solche Abtretung wirksam erfolgt ist, ist jedoch zwischen den Parteien streitig. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat keinen Beweis angeboten.
- a)
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Ansprüche der früheren Patentinhaberin mit der Übertragungsvereinbarung vom 23.02.2017 wirksam an die Klägerin abgetreten worden sind. Die unter 2. a) dargestellte Indizwirkung nach der „Fräsverfahren“-Rechtsprechung greift insoweit nicht ein. Aufgrund der doppelten Indizwirkung wird zwar auch die Richtigkeit des benannten Übertragungszeitpunkts vermutet. Die Abtretung vor diesem Zeitpunkt entstandener Ansprüche wird jedoch nicht vermutet. Vor diesem Hintergrund konnte sich die Beklagten wirksam mit Nichtwissen zu der Vertretungsberechtigung des Herrn I bei Abschluss der Übertragungs¬vereinbarung erklären, § 138 Abs. 4 ZPO. - Beweis für die streitige Behauptung hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht angetreten.
- b)
Das von der Klägerin in der Sitzung vom 02.07.2019 vorgelegte Memorandum des Herrn J, K, Dallas, mit dem Betreff „Bevollmächtigung von Herrn I zur Vertretung der L Inc.“ ändert nichts daran, dass sich die Beklagten mit Nichtwissen zu der Vertretungsberechtigung des Herrn I erklären konnten. - Die Vorlage eines solchen Memorandums ersetzt keinen Sachvortrag. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, sich den maßgeblichen Sachvortrag aus den zu Gericht gereichten Schriftsätzen und Anlagen zusammenzusuchen (BVerfG, GRUR 2001, 48). Abgesehen davon ergibt sich aus dem Memorandum nichts, was eine Erklärung mit Nichtwissen als nicht ausreichend und den Vortrag der Klägerin somit als unstreitig erscheinen lassen würde.
- Zur ausdrücklichen Bevollmächtigung (Ziffer II. 1. des Memorandums) heißt es auf Seite 4, 2. Absatz, Herr I sei zum „Vice President Intellectual Property“ ernannt worden. Wann und wie dies erfolgt ist, ergibt sich daraus indes nicht. Die Vertretungsberechtigung eines „Vice President“ wird aus Art. IV, Sec. 6 der Bylaws abgeleitet (Seite 3 unten, in deutscher Übersetzung Seite 4 oben). Aus der zitierten Passage ergeben sich jedoch weitere Voraussetzungen an die Vertretungsberechtigung eines „Vice President“ („Auf Verlangen des Präsidenten oder in seiner Abwesenheit oder im Fall seiner Unfähigkeit oder Weigerung zu handeln (und wenn es keinen Vorsitzenden des Board of Directors gibt) […])“. Dass diese Voraussetzungen vorgelegen haben, lässt sich dem Memorandum nicht entnehmen.
- Soweit auf die Anscheinsvollmacht abgestellt wird (Ziffer II. 2. des Memorandums), beziehen sich die Ausführungen lediglich auf die Stellung des Herrn I als „Vice President“, nicht aber darauf, dass er als solcher auch als Bevollmächtigter der Klägerin aufgetreten ist.
- Soweit schließlich die Bevollmächtigung aus der Übernahme der M-Gruppe durch die L-Gruppe im Rahmen eines „Asset Deals“ hergeleitet wird (Ziffer III. des Memorandums), bleibt unklar, in welchem Verhältnis die Übertragungsvereinbarung vom 23.02.2017 zu den nunmehr vorgelegten Beschlüssen steht. Zudem lässt sich aus den Erläuterungen im Memorandum keine Abtretung von Ansprüchen für den fraglichen Zeitraum vom 28.10.2016 bis 22.02.2017 entnehmen.
- III.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. - 1.
Das Klagepatent (nachfolgend genannte Absätze ohne Quellenangabe sind solche des Klagepatents) betrifft eine stereoskopische Bildgebungsvorrichtung, die in der Lage ist, einen Teil des durch ein einfallendes Bildsignal gebildeten Lichts zu transmittieren und den Rest des Lichts zu reflektieren, so dass das Licht geteilt und das geteilte Licht auf einer Projektionsflä¬che zusammengeführt wird, um die Helligkeit zu erhöhen (Absatz [0001]). - Nachfolgend wird Fig. 1 eingeblendet, die ein herkömmliches Polarisationsstrahlteilungsverfahren zum Erreichen einer einzigen Polarisation zeigt:
- Wenn Licht, das P-Polarisation und S-Polarisation in einem gemischten Zustand aufweist, auf einen Polarisationsstrahlteiler (PBS) 1 einfällt, so wird die P-Polarisation durch den Polarisations¬strahlteiler 1 transmittiert und die S-Polarisation durch die polarisierenden Strahlteiler 1 reflektiert (Absatz [0003]). Die reflektierte S-Polarisation und die transmittierte P-Polarisation werden durch diamantförmi¬ge Prismen 2 und 3 in die gleiche Richtung gelenkt (Absatz [0004]). Beispielsweise wird die P-Polarisation durch das Prisma transmittiert und dann durch eine Halbwellenplatte (Verzögerer) 4 in S-Polarisation umgewandelt (Absatz [0005]). Im Ergebnis wird das Licht mit der P-Polarisation und der S-Polarisation im gemischten Zustand durch den Polarisationsstrahlteiler in die gleiche Polarisation geändert, z. B. S-Polarisation. Das heißt, so das Klagepatent, dass das Licht mit der P-Polarisation und der S-Polarisation im gemischten Zustand die glei¬che Richtung haben (Absatz [0006]).
- Hinsichtlich des Funktionsprinzips einer stereoskopischen Bildvorrichtung, die den herkömmlichen Polarisati¬onsstrahlteiler verwendet, nimmt das Klagepatent auf das das US-Patent 7,857,XXX Bezug (Absatz [0007]).
- Nachfolgend wird weiter Fig. 2 eingeblendet, die den Aufbau einer herkömmlichen stereoskopischen Bildvorrichtung zeigt:
- Hierzu erläutert das Klagepatent, dass Licht, das von einer Bildoberfläche 5 emittiert wird, welche in einem Projektor ein Bild erzeugt, durch eine Projektionslinse 6 hindurch tritt und dann durch einen polarisie¬renden Strahlteiler 7 in zwei Strahlen geteilt wird (Absatz [0008]). Das heißt, dass Licht mit einem S-Polarisationszustand und einem P-Polarisationszustand durch den polarisierenden Strahlteiler 7 reflektiert oder durch den polarisieren¬den Strahlteiler 7 transmittiert wird (Absatz [0009]). Die transmittierte oder reflektierte P-polarisierte Komponente wird in S-Polarisation umgewandelt, während sie einen Halbwellen-Verzögerer 8 durchläuft. Die S-Polarisation wird über reflektierende Elemente 9 und 10, einen Polari¬sator 11 und einen Modulator 12 auf einer Projektionsfläche konzentriert (Absatz [0010]). Der Modulator 12 kann einen Polarisations¬zustand bzw. eine Polarisationsrichtung ändern, beispielsweise in Abhängigkeit von einem elektri¬schen Signal (Absatz [0011]). Andererseits erreicht die durch den Polarisa¬tionsstrahlteiler 7 reflektierte, S-polarisierte Kompo¬nente die Projektionsfläche über ein reflektierendes Element 13 in einem Zustand, in dem die S-Polarisation in der gleichen Richtung beibehalten wird (Absatz [0012]). Infolgedessen wird das von der Bildoberfläche 5 emittierte Licht mit gemischten Polarisationszuständen/Polarisationsrichtungen in eine einzige S-Polarisation geändert (Absatz [0013]).
- Allerdings hat die stereoskopische Bildvorrichtung, die den herkömmlichen polarisierenden Strahlteiler verwendet laut dem Klagepatent die nachfolgend geschilderten Probleme (Absatz [0014]):
- Im Allgemeinen beträgt der vertikale Austrittswinkel des Projektors etwa 15 Grad. Ein Fall, bei dem der Austrittswinkel 15 Grad beträgt, ist in der nachfolgend eingeblendeten Fig. 3 gezeigt:
- Ein Polarisator und ein Modulator sind in Fig. 3 der Einfachheit halber weggelassen (Absatz [0015]). Es wird angenommen, dass der Abstand zwischen einem Polarisationsstrahlteiler und einem reflektierenden Element 16 h1, der Abstand zwischen dem Polarisationsstrahlteiler und einem anderen reflektierenden Element 16 h2 ist und die Abstände zwischen dem jeweiligen reflektierenden Element 16 bzw. 17 und einer Projektionsfläche 18 L1 bzw. L2 sind (Absatz [0016]).
- In diesem Fall beträgt ein Winkel θ1 zwischen dem von dem reflektierenden Element 16 reflektierten Licht und einer optischen Achse des von dem Projektor emittierten Lichts TAN-1 (h1/L1), und ein Winkel θ2 zwischen dem durch das reflektierende Element 17 reflektierten Licht und der optischen Achse des vom Projektor emittierten Lichts ist TAN-1 (h2/L2) (Absatz [0017]).
- Das Bezugszeichen 161 bezeichnet das von dem reflektierenden Element 16 reflektierte Licht und das Bezugszeichen 171 bezeichnet das von dem reflektierenden Element 17 reflektierte Licht (Absatz [0018]).
- Die Verzerrung eines Bildes auf der Projektionsfläche 18 aufgrund der Winkel θ1 und θ2 wird nachstehend anhand von Fig. 4 dargestellt, die Teil (A) von Fig. 3 vergrößert zeigt (vgl. Absatz [0019]):
- Bezugnehmend auf Fig. 4 bezeichnet das Bezugszeichen 161 das von dem reflektierenden Element 16 reflektierte Licht und das Bezugszeichen 171 bezeichnet das von dem reflektierenden Element 17 reflektierte Licht (Absatz [0020]). Zusätzlich bezeichnet das Bezugszeichen 162 eine bilddarstellende Fläche des durch das reflektierende Element 16 reflektierten Lichts und das Bezugszeichen 172 bezeichnet eine bilddarstellende Fläche des durch das reflektierende Element 17 reflektierten Lichts (Absatz [0021]).
- Unter der Annahme, dass die Höhe der Projektionsfläche 18 gleich H ist, kann ein Höhenunterschied d1 zwischen der bilddarstellenden Fläche des durch das reflektierende Element 16 reflektierten Lichts und dem Bild auf der Projektionsfläche 18 und ein Höhenunterschied d2 zwischen der bilddarstellenden Fläche des durch das reflektierende Element 17 reflektierten Lichts und dem Bild auf der Projektionsfläche 18 folgendermaßen ausgedrückt werden:
- d1 = H TAN(θ1), d2 = H TAN(θ2) (Absatz [0022]).
- Folglich bilden die von den reflektierenden Elementen 16 und 17 reflektierten Strahlen Bilder auf der bilddarstellenden Fläche mit einer Abstandsdifferenz
- Δ = (H/2) {TAN (θ1) + TAN (θ2)} (Absatz [0023]).
- In einem Fall, in dem h1 = h2 = 340 mm, L1 = L2 = 15000 mm und H = 8500 mm, θ1 = θ2 = 1,3 Grad und daher Δ = 193 mm (Absatz [0024]).
- Dies bedeutet, dass das von dem reflektierenden Element 16 reflektierte Licht und das von dem reflektierenden Element 17 reflektierte Licht voneinander um maximal 193 mm auf der bilddarstellenden Fläche abweichen. Im Allgemeinen beträgt die Lichtfleckgröße mehrere mm. Wenn der Abstand von der Mitte der Projektionsfläche 18 erhöht wird, ist das Bild daher weniger gut erkennbar, was zu Einschränkungen beim Gebrauch führt (Absatz [0025]).
- Anschließend nennt das Klagepatent eine Schrift aus dem Stand der Technik, ohne diese näher zu diskutieren (Abs. [0026]).
- Davon ausgehend benennt es das Klagepatent als seine Aufgabe, ein stereoskopisches Bildgerät bereitzustellen, das in der Lage ist, die Qualität eines stereoskopischen Bildes zu verbessern und den Verlust an optischer Energie zu minimieren (Absatz [0027]).
- 2.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine stereoskopische Bildgebungsvorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 vor, der nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben wird: - 1.1 Stereoskopische Bildvorrichtung, umfassend:
- 1.1.1 einen polarisierenden Strahlteiler (21, 22),
- 1.1.2 erste und zweite reflektierende Elemente (23, 24) und
- 1.1.3 erste, zweite und dritte Polarisationsmodulatoren (27a, 27b, 27c).
- 1.2 Der polarisierende Strahlteiler (21, 22) ist so ausgelegt ist, dass er
- 1.2.1 Bildlicht von einer Bildoberfläche (19) empfängt und
- 1.2.2 das einfallende Bildlicht teilt in
- (a) ein transmittiertes Bildlicht mit einem ersten Polarisationszustand und
- (b) erste und zweite reflektierte Bildlichter mit einem zweiten Polarisationszustand,
- 1.2.3 wobei der zweite Zustand vom ersten Zustand verschieden ist.
- 1.3 Der polarisierende Strahlteiler weist zwei Platten (21, 22) auf, die miteinander verbunden sind, und ein Übergang der beiden Platten befindet sich auf einem Weg des einfallenden Bildlicht.
- 1.4 Das erste und das zweite reflektierende Element (23, 24) sind dergestalt ausgelegt, dass sie Wege der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter so modifizieren, dass das transmittierte Bildlicht und die ersten und zweiten reflektierten Bildlichter so projiziert werden, dass sie ein einziges Bild auf einer Bilderzeugungsoberfläche erzeugen.
- 1.5 Das einzige Bild wird durch Überlagern eines ersten Bildes aus dem transmittierten Bildlicht und einem zweiten Bild aus den ersten und zweiten reflektierten Bildlichtern in dem im Wesentlichen gleichen Bereich auf der Bilderzeugungsoberfläche erzeugt.
- 1.6 Die ersten, zweiten und dritten Polarisationsmodulatoren (27a, 27b, 27c) sind in der Lage, die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter zwischen ersten und zweiten Ausgangspolarisationszuständen zu wechseln.
- 1.7 Die ersten, zweiten und dritten Polarisationsmodulatoren (27a, 27b, 27c) werden so gesteuert, dass sie die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter selektiv so wechseln, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt den gleichen Ausgangspolarisationszustand aufweisen, um dadurch zu dem bestimmten Zeitpunkt ein einfach polarisiertes Bild auf der Bilderzeugungsoberfläche zu erzeugen.
- 3.
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 1, insbesondere das Merkmal 1.7. Die Verwirkli¬chung der übrigen Merkmale ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass es dazu keiner Ausführungen bedarf. - a)
Nach Merkmal 1.7 werden die ersten, zweiten und dritten Polarisationsmodulatoren so gesteuert, dass sie die Polarisationszustände des transmittierten Bildlichts und der ersten und zweiten reflektierten Bildlichter selektiv so wechseln, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt den gleichen Ausgangspolarisationszustand aufweisen, um dadurch zu dem bestimmten Zeitpunkt ein einfach polarisiertes Bild auf der Bilderzeugungsoberfläche zu erzeugen. - aa)
Funktion der im Merkmal vorgegebenen Steuerung der Polarisationsmodulatoren ist es, ein einfach polarisiertes Bild auf der Bilderzeugungsoberfläche zu erzeugen. Dies gibt der Anspruch mit der in Merkmal 1.7 enthaltenen Zweckangabe selbst vor. - Um ein einfach polarisiertes Bild auf der Bilderzeugungsoberfläche – insbesondere einer Leinwand – erzeugen zu können, müssen die drei Wege des Bildlichts zu einem „bestimmten Zeitpunkt“ den gleichen Ausgangspolarisationszustand aufweisen. Bei diesem bestimmten Zeitpunkt handelt es sich um denjenigen Zeitpunkt, zu dem das Bild auf der Leinwand erzeugt, also von der Bildvorrichtung auf die Leinwand projiziert wird. Zu diesem Zeitpunkt müssen die drei Wege des Bildlichts den gleichen Ausgangspolarisationsmodus aufweisen.
- bb)
Mit dem Begriff „Ausgangspolarisationszustand“, in der nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen englischen Verfahrenssprache „output state of polarization“, ist der Polarisationszustand nach Durchlaufen der Polarisationsmodulatoren angesprochen. Das Klagepatent unterscheidet den „Ausgangspolarisationsmodus“ damit von dem in der Merkmalsgruppe 1.2.2 genannten (ersten und zweiten) „Polarisationszustand“. Der Polarisationszustand ist der Zustand der drei Wege des Bildlichts nach Teilung des Bildlichts durch den polarisierenden Strahlteiler. - In den Ausführungsbeispielen des Klagepatents handelt es sich bei dem (ersten und zweiten) „Polarisationszustand“ im Sinne der Merkmalsgruppe 1.2.2 um lineare Polarisationszustände. Demgegenüber beschreibt der (gleiche) „Ausgangspolarisationszustand“ im Sinne des Merkmals 1.7 einen zirkularen Polarisationszustand:
- Bei dem ersten und zweiten Polarisationszustand, den die drei Wege des Bildlichts nach Teilung durch den polarisierenden Strahlteiler aufweisen, kann es sich insbesondere um die (linearen) Zustände der S-Polarisation und der P-Polarisation handeln (vgl. Absatz [0048]). Die Umwandlung von linearem Licht in zirkulares Licht erfolgt demgegenüber in den Polarisationsmodulatoren.
- In dem in Fig. 10 gezeigten und in den Absätzen [0102] ff. erläuterten Ausführungsbeispiel wechseln der erste und der dritte Polarisationsmodulator einen Zustand der S-Polarisation von einem linearen in einen zirkularen Polarisationszustand um (Absatz [0105]). Der Zustand der S-Polarisation wird dabei beibehalten (Absatz [0107]). Der zweite Polarisationsmodulator wandelt P-Polarisation in S-Polarisation um und gleichzeitig P-Polarisation von einem linearen in einen zirkularen Polarisationszustand (Absätze [0106], [0108]).
- Die Unteransprüche 7 und 8 beanspruchen eine derartige Ausgestaltung. So ist in Unteranspruch 7 beansprucht, dass es sich bei dem ersten und zweiten Polarisationszustand um P- und S-Polarisation handelt und in Unteranspruch 8, dass es sich bei den ersten und zweiten Ausgangspolarisationszuständen um zirkulare Polarisationszustände handelt.
- Weder die Ausführungsbeispiele noch die Unteransprüche schränken im zu betrachtenden Fall indes das Verständnis des Anspruchs ein (vgl. BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; GRUR 2016, 1031, 1033 [15] – Wärmetauscher). Im unabhängigen Patentanspruch 1, der lediglich zwischen den Polarisationszuständen und den Ausganspolarisationszuständen differenziert, hat die Unterscheidung zwischen linearer und zirkularer Polarisation keinen Niederschlag gefunden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass der im Sinne des Merkmals 1.7 hergestellte gleiche Polarisationszustand die Erzeugung eines einfach polarisierten Bildes auf der Leinwand ermöglicht.
- Allerdings nimmt Merkmal 1.7 mit dem darin genannten Ausgangspolarisationszustand Bezug auf Merkmal 1.6. Merkmal 1.6 bestimmt, dass die Polarisationsmodulatoren in der Lage sind, die Polarisationszustände der drei Wege des Bildlichts zwischen ersten und zweiten Ausgangspolarisationszuständen zu wechseln. An diese grundsätzliche Eignung knüpft Merkmal 1.7 an, indem es eine Steuerung der Polarisationsmodulatoren in einer Weise vorgibt, die die Erzeugung eines einfach polarisierten Bildes ermöglicht. Für die Verwirklichung von Merkmal 1.7 ist zwar nur die Feststellung eines gleichen Ausgangspolarisationszustands zu dem maßgeblichen Zeitpunkt erforderlich. Dieser Ausgangspolarisationszustand muss jedoch im Sinne des Merkmals 1.6 entweder ein erster oder ein zweiter Ausgangspolarisationszustand sein. Der Ausgangspolarisationszustand nach Merkmal 1.7 muss also so ausgestaltet sein, dass zwischen ihm und einem weiteren Ausgangspolarisationszustand gewechselt werden kann.
- Handelt es sich bei den Ausgangspolarisationszuständen um zirkulare Polarisation, wie in dem dargestellten Ausführungsbeispiel gezeigt und in Unteranspruch 8 ausdrücklich beansprucht, kann es sich bei dem ersten und dem zweiten Ausgangspolarisationszustand beispielsweise um linkszirkulare und rechtszirkulare Polarisation handeln. Im Zeitpunkt der Bilderzeugung auf der Leinwand weisen dann alle drei Wege des Bildlichts entweder eine linkszirkulare oder eine rechtszirkulare Polarisation auf.
- cc)
Auf welche Weise die Polarisationsmodulatoren die Polarisationszustände wechseln, gibt das Klagepatent nicht vor. Maßgeblich ist bei der gebotenen funktionalen Betrachtungsweise allein, dass im Zeitpunkt der Bilderzeugung alle drei Wege des Bildlichts gleich polarisiert sind. - Eine Möglichkeit der Herstellung des gleichen Ausgangspolarisationszustands wird, ohne dass der Anspruch darauf beschränkt wäre, in dem bereits genannten Ausführungsbeispiel dargestellt:
- Dort bewirken der erste und dritte Polarisationsmodulator die Umwandlung von linearer in zirkulare Polarisation bei Beibehaltung der S-Polarisation durch eine Phasenverzögerungsfunktion von 1/4 Wellenlänge (Absatz [0107]). Der zweite Polarisationsmodulator führt die Umwandlung der P-Polarisation von einem linearen in einen zirkularen Polarisationszustand ebenfalls durch eine Phasenverzögerungsfunktion von 1/4 Wellenlänge durch. Für die gleichzeitige Umwandlung der P-Polarisation in die S-Polarisation führt der zweite Modulator weiterhin eine Phasenverzögerungsfunktion von 1/2 Wellenlänge durch. Insgesamt führt der zweite Modulator damit eine Phasenverzögerungsfunktion von 3/4 Wellenlänge durch (Absatz [0108]). Ausdrücklich beansprucht ist eine entsprechende Ausgestaltung der Polarisationsmodulatoren allerdings ebenfalls erst in Unteranspruch 8.
- dd)
Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung der Polarisationsmodulatoren macht das Klagepatent weder in Merkmal 1.7 noch in Merkmal 1.6. Insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass die ersten, zweiten und/oder dritten Polarisationsmodulatoren jeweils aus mehr als einem Bauteil bestehen. - Dem Anspruchswortlaut lässt sich ferner nicht entnehmen, dass das Bildlicht unmittelbar zwischen den Polarisationszuständen im Sinne der Merkmalsgruppe 1.2.2 und dem gleichen Ausgangspolarisationszustand im Sinne des Merkmals 1.7 gewechselt werden muss. Der Wortlaut lässt es auch zu, dass – etwa im Fall der mehrteiligen Ausgestaltung eines Polarisationsmodulators – das Bildlicht zwischen demjenigen Polarisationszustand, den es nach Passierung des Strahlteilers aufweist und dem Ausgangspolarisationszustand einen weiteren Polarisationszustand aufweist. Die funktionale Betrachtung bestätigt diese Sichtweise. Danach ist entscheidend, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Bilderzeugung auf der Leinwand alle drei Wege des Bildlichts gleich polarisiert sind. Ob die hierfür notwenige Umwandlung der drei Wege des Bildlichts in einem oder mehreren Schritten erfolgt, ist demgegenüber unerheblich.
- b)
Diese Auslegung zugrunde gelegt, verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen Merkmal 1.7. - aa)
Bei der angegriffenen Ausführungsform F nimmt das transmittierte, P-polarisierte Licht den mittleren Bildlichtweg 13 und trifft auf das Element 16. Bei dem Element 16 handelt es sich ebenso wie bei den Elementen 10 und 19 um Flüssigkristallzellen mit dem Effekt einer Viertelwellenplatte. Diese wandeln das (linear) P-polarisierte Licht – abhängig von der dort angelegten Spannung – in linkszirkular oder rechtszirkular polarisiertes Licht um. - Das reflektierte S-polarisierte Licht nimmt den oberen Bildlichtweg 14 und den unteren Bildlichtweg 22. Es wird an den Spiegeln 15 (oberer Weg) und 17 (unterer Weg) reflektiert und tritt sodann durch die Elemente 10 (oberer Weg) und 19 (unterer Weg). Die Elemente 10 und 19 entsprechen in ihrer Ausgestaltung dem Element 16. Sie wandeln das (linear) S-polarisierte Licht in linkszirkular oder rechtszirkular polarisiertes Licht um. Dabei ist die sogenannte Händigkeit (linkszirkular oder rechtszirkular) jedoch orthogonal zu derjenigen des mittleren Bildlichts 13. Wenn das mittlere Bildlicht linkszirkular polarisiert ist, sind das obere Bildlicht 14 und das untere Bildlicht 22 rechtszirkular polarisiert.
- Das Licht auf dem oberen und unteren Bildlichtweg tritt sodann durch die Elemente 20 (oben) und 21 (unten). Dabei handelt es sich um OCE-Filmschichtverbunde (auch „Retarder Stacks“ genannt, also Stapel aus mehreren Verzögerungsplatten), die unter anderem Halbwellenplatten enthalten. Diese wandeln im Regelbetrieb der angegriffenen Ausführungsform F das rechtszirkulare Licht in linkszirkulares Licht um oder – je nach vorheriger Händigkeit – andersherum. Nach Austritt des oberen und unteren Bildlichts durch die Elemente 20 und 21 entspricht der Polarisationszustand des oberen und unteren Bildlichts demjenigen des mittleren Bildlichts.
- Es lassen sich daher folgende Polarisationsmodulatoren im Sinne des Merkmal 1.7 feststellen:
- Erster Polarisationsmodulator: Elemente 10, 20 – wandelt S-polarisiertes Licht in linkszirkulares Licht (oder rechtszirkulares Licht),
- Zweiter Polarisationsmodulator: Element 16 – wandelt P-polarisiertes Licht in linkszirkulares Licht (oder rechtszirkulares Licht),
- Dritter Polarisationsmodulator: Elemente 19, 21 – wandelt S-polarisiertes Licht in linkszirkulares Licht (oder rechtszirkulares Licht).
- Dass es sich bei dem ersten und dritten Polarisationsmodulator jeweils um mehr als ein Bauteil handelt, führt nach obiger Auslegung nicht aus der Verletzung heraus. Ferner ist für die Merkmalsverwirklichung unerheblich, dass nicht unmittelbar auf den zweiten Polarisationszustand des reflektierten Bildlichts auf dem oberen und unteren Weg der Ausgangspolarisationszustand im Sinne des Merkmals 1.7 folgt, sondern jeweils noch ein „Zwischenzustand“ eingenommen wird.
- Bei der linkszirkularen Polarisation (oder rechtszirkularen Polarisation) handelt es sich um den „gleichen Ausgangspolarisationszustand“ im Sinne des Merkmals 1.7. Diesen Zustand weisen nach Austritt aus den soeben erläuterten Polarisationsmodulatoren alle drei Bildlichter auf, was die Erzeugung eines einfach polarisierten Bildes auf einer Bilderzeugungsoberfläche – der Leinwand – ermöglicht.
- Diese Sichtweise steht auch im Einklang mit Merkmal 1.6. Erster und zweiter Ausgangspolarisationszustand in diesem Sinne sind der linkszirkulare und der rechtszirkulare Polarisationszustand. Zwischen diesen Zuständen können die Polarisationsmodulatoren wechseln und auf diese Weise abwechselnd linkszirkular und rechtszirkular polarisierte Bilder auf die Leinwand projizieren.
- bb)
Die angegriffene Ausführungsform E verwirklicht, was nach der Duplik überdies unstreitig zu sein scheint, ebenfalls das Merkmal 1.7. - Bei der angegriffenen Ausführungsform E durchläuft das Licht auf dem oberen und unteren Weg zuerst die Elemente 20, 21 und anschließend auf allen drei Wegen die Elemente 10, 16, 19.
- Nach Austritt aus den Elementen 10, 16, 19 – ersten, zweiten und dritten Polarisationsmodulatoren im Sinne des Merkmals 1.7 – weist das Licht auf allen drei Wegen des Bildlichts den Zustand der S-Polarisation oder der P-Polarisation auf und damit den gleichen Ausgangspolarisationszustand im Sinne des Merkmals 1.7. Dass das Bild zum Zeitpunkt des Austritts aus den Elementen 10, 16 und 19 noch nicht auf die Leinwand projiziert wird, ist unschädlich. Gleichwohl haben die Elemente 10, 16 und 19 den Polarisationszustand so gewechselt, dass dieser zum Zeitpunkt der Bilderzeugung gleich ist.
- Die Viertelwellen-Platten 22, 23, 24 sorgen auf allen drei Wegen des Bildlichts dafür, dass das entweder S- oder P-polarisierte Licht in entweder links- oder rechtszirkular polarisiertes Licht umgewandelt wird. Möglich ist damit auch eine Sichtweise, wonach die Elemente 22, 23, 24 gemeinsam mit den Elementen 10, 16, 19 die Polarisationsmodulatoren darstellen.
- Schließlich bleibt, wie bei der neueren angegriffenen Ausführungsform F, eine Sichtweise möglich, wonach die Elemente 20 und 21 auf dem oberen und dem unteren Lichtbildweg ebenfalls Teil der mehrteilig ausgestalteten Polarisationsmodulatoren sind.
- IV.
Feststellbare Benutzungshandlungen nach § 9 S. 2 Nr. 1 PatG in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen E und F haben nur die Beklagten zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5) vorgenommen, nicht aber die Beklagte zu 3). - 1.
Die Beklagte zu 1) hat beide angegriffenen Ausführungsformen (F und E) nach Erteilung des Klagepatents im Inland angeboten. - a)
Das Anbieten ist eine eigenständige Benutzungsart, die selbstständig zu beurteilen und für sich allein anspruchsbegründend ist (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte; GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; GRUR 2007, 221, 222 – Simvastin; OLG Düsseldorf, GRUR 2004, 417, 419 – Cholesterinspiegelsenker). Der Begriff des Anbietens ist rein wirtschaftlich zu verstehen. Er umfasst jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014 – I-15 U 19/14, BeckRS 2014, 16067). Maßgeblich ist, ob mit der fraglichen Handlung tatsächlich eine Nachfrage nach dem schutzrechtsverletzenden Gegenstand geweckt wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014 – 15 U 19/14, GRUR-RS 2014, 16067). Voraussetzung für ein Anbieten ist grundsätzlich nicht das tatsächliche Bestehen einer Lieferbereitschaft (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für elektrische Geräte) oder ob das Angebot Erfolg hat, es also nachfolgend zu einem Inverkehrbringen kommt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2016 – I-2 U 19/16, Rn. 97 bei juris m. w. N.). - Ein Mittel für das Anbieten ist auch die bloße Bewerbung eines Produkts im Internet, da dies bereits dazu bestimmt und geeignet ist, Interesse an dem beworbenen Gegenstand zu wecken und diesen betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259, 261 – Thermocycler).
- Ein Internetangebot stellt dabei nicht schon deshalb ein inländisches Angebot dar, weil die betreffende Internetseite im Inland aufgerufen werden kann. Notwendig ist vielmehr ein wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt A Rn. 296). Auf die tatsächliche Lieferbereitschaft ins Inland kommt es auch bei Internetangeboten nicht an; maßgeblich ist vielmehr, wie das Angebot aus Sicht der interessierten Verkehrskreise im Inland zu verstehen ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.01.2009 – 6 U 54/06– SMD-Widerstand, Rn. 99 bei juris).
- b)
Die Beklagte zu 1) hat bei Anwendung dieser Maßstäbe die angegriffenen Ausführungsformen in beiden Versionen im Inland angeboten. - aa)
Eine Angebotshandlung liegt in dem Datenblatt nach Anlage BM26, das auf der Homepage www.N.com auch nach Erteilung des Klagepatents heruntergeladen werden konnte. Dieses Datenblatt ist als Angebot der Beklagten zu 1) hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen E und F zu werten. - (1)
Zwar werden die Internetseiten nunmehr möglicherweise von der C SL betrieben. Dies schließt aber Angebote der Beklagten zu 1) auf diesen Seiten nicht aus; insbesondere, da es sich bei ihr um die Muttergesellschaft der C SL handelt. - Das von der Internetseite herunterladbare Datenblatt (vorgelegt in Anlage BM26) weist konkret auf die Beklagte zu 1) als Anbieterin der angegriffenen Ausführungsformen hin. Dieses Datenblatt enthält am Rand der zweiten Seite den Zusatz:
- „Document and pictures not contractual, the informations on this product sheet can be changed by N O at any time without notice.“
- Auf Deutsch:
- „Dokument und Bilder sind nicht vertraglich; die Informationen auf diesem Datenblatt können von N O zu jeder Zeit ohne Vorwarnung geändert werden.“ (Übersetzung des Gerichts).
- Dem kann entnommen werden, dass die beschriebenen Produkte von der Beklagten zu 1) stammen, sich diese aber im Falle eines Vertragsschlusses nicht an die wiedergegebenen technischen Spezifikationen gebunden sieht. Dass die Beklagte zu 1) derartige Vorbehalte hinsichtlich eines Vertragsschlusses macht, kann nur so verstanden werden, dass Kaufverträge über die angegriffenen Ausführungsformen mit ihr abgeschlossen werden können.
- Ferner wird im Datenblatt die Marke „N“ benutzt, die der Beklagten zu 1) gehört. Auf der ersten Seite des Datenblatts heißt es zudem „Designed by N in France“, was auf die Beklagte zu 1) und nicht auf die in Spanien ansässige C SL hindeutet.
- Dies alles zeigt jedenfalls in der Gesamtschau, dass es sich bei den gezeigten angegriffenen Ausführungsformen um Produkte der Beklagten zu 1) handelt, welche hier angeboten werden.
- (2)
Nach den oben dargestellten Grundsätzen stellt das Datenblatt ein Anbieten dar, denn es ist geeignet, die Nachfrage nach den angegriffenen Ausführungsformen zu fördern. Die angegriffenen Ausführungsführungsformen werden werbend dargestellt („P“); das Datenblatt ermöglicht einem potenziellen Kunden, sich für die gezeigten Produkte zu entscheiden. - (3)
Die Verwendung der englischen Sprache im Datenblatt steht einem inländischen Angebot nicht entgegen. Zum einen kann bei spezialisierten technischen Geräten wie den angegriffenen Ausführungsformen angenommen werden, dass potenzielle Kunden die englische Sprache verstehen, insbesondere da kein längerer Text vorhanden ist, sondern primär technische Daten. Zum anderen ist der Rest der Internetseiten auch in Deutsch verfügbar. - (4)
Vor dem Hintergrund des unstreitigen Datenblatts stellt sich das allgemeine Bestreiten (Seite 8 der Duplik = Bl. 226 GA) von Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1) im Inland als unbeachtlich dar. - bb)
Das Datenblatt stellt auch ein Angebot für beide angegriffenen Ausführungsformen dar. - Dass sich das Datenblatt hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform E auf eine nicht mehr angebotene Ausführungsform bezieht – wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2019 vorgetragen haben – lässt sich nicht feststellen. Zwar mag es sein, dass teilweise Datenblätter, Betriebsanleitungen etc. von Produkten erhältlich sind, die nicht mehr vertrieben werden. Dies bedarf jedoch insbesondere bei werbenden Datenblätter eines besonderen Hinweises, der hier fehlt.
- Vielmehr versteht ein potenzieller Abnehmer das Datenblatt nach Anlage BM26 als Werbung für die angegriffenen Ausführungsformen E und F (sowie für das nicht angegriffene Produkt Q). Er entnimmt dem Datenblatt, dass sich diese beiden Produkte hinsichtlich der „dark time“ unterscheiden und er je nach Anwendungsbereich und seinen technischen Bedürfnissen zwischen den genannten Modellen auswählen kann. Dass eines davon – konkret die angegriffene Ausführungsform E – nicht mehr erhältlich ist, geht aus dem Datenblatt nicht hervor. Auch ansonsten lässt sich im Zusammenhang mit dem Datenblatt kein Hinweis ersehen, dass eines der dargestellten Modelle nicht mehr erhältlich ist. Entsprechend werden die angegriffenen Ausführungsformen auch auf der Internetseite www.N.com nicht als „eingestellte Produkte“ geführt.
- cc)
Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob weitere Angebotshandlungen der Beklagten zu 1) festgestellt werden können. - 2.
Die Beklagte zu 2) hat nach Erteilung des Klagepatents inländische Benutzungshandlungen (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG) vorgenommen. - a)
Die Beklagte zu 2) hat beide angegriffenen Ausführungsformen auch nach Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents auf ihren Internetseiten angeboten. - aa)
Auf den Internetseiten der Beklagten zu 2) (vgl. die in Anlage BM27 vorgelegten Auszüge mit dem Stand 06.05.2019) wird eine angegriffene Ausführungsform werbend dargestellt, wobei sich die beiden angegriffenen Ausführungsformen äußerlich nicht unterscheiden. - Die Beklagte zu 2) hat zudem vorgetragen, bei ihren Angeboten nicht zwischen den beiden Modellen der angegriffenen Ausführungsform unterschieden zu haben. Dies ist in Bezug auf das Bild auf der Internetseite unstreitig – in einem anderen Zusammenhang unterscheidet die Beklagte zu 2) dagegen sehr wohl zwischen den beiden angegriffenen Ausführungsformen. Auf ihren Internetseiten ist das in Anlage BM28 vorgelegte Datenblatt der Beklagten zu 1) erhältlich, das dem Datenblatt in Anlage BM26 entspricht. Wie oben dargelegt ist dieses Datenblatt als Angebot sowohl für die angegriffene Ausführungsform E als auch für die angegriffene Ausführungsform F anzusehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Durch die Aufnahme des Datenblatts auf ihrer Internetseite bietet die Beklagte zu 2) beide angegriffenen Ausführungsformen an.
- bb)
Es steht nach dem oben ausgeführten Verständnis des Anbietens (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG) einer Benutzungshandlung nicht entgegen, dass die Beklagte zu 2) keine unmittelbare Bestellmöglichkeit auf ihrer Internetseite vorsieht, sondern nach Interessensbekundungen konkrete Angebote unterbreitet. Die Internetseite der Beklagten zu 2) mit dem Datenblatt fördert jedenfalls die Nachfrage, die die Beklagte zu 2) zu befriedigen ermöglicht. Auch ist es für ein Anbieten nicht erforderlich, dass es zu Absatzgeschäften gekommen ist. - b)
Die Beklagte zu 2) hat ferner eine angegriffene Ausführungsform in Deutschland am 18.10.2017 an eine Gesellschaft der Klägerin (G Ltd) geliefert (vgl. den Lieferschein in Anlage BM13). - Soweit die Beklagte zu 2) einwendet, diese Lieferung sei letztlich mit Zustimmung der Klägerin erfolgt, greift dies nur teilweise gegen die Ansprüche der Klägerin durch. Testkäufe sind im Patentrecht zum Nachweis von Patentverletzungen grundsätzlich zulässig, sofern der Mitbewerber nicht reingelegt wird oder verwerfliche Mittel angewendet werden (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.01.2010 – I-2 U 131/08 –Interframe dropping, Rn. 93 f. bei juris; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt B Rn. 295). Zwar wird angenommen, dass die Lieferung im Rahmen eines Testkaufs selbst wegen Erschöpfung nicht rechtswidrig ist (BGH, GRUR 2013, 1230 – MPEG-2-Videosignalcodierung). Allerdings besteht gleichwohl die für den Unterlassungsantrag notwendige Erstbegehungsgefahr, denn es ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die Beklagte zu 2) auch an andere Abnehmer geliefert hätte. Unredliche Mittel hat die Klägerin beim Testkauf nicht eingesetzt. Die Beklagte zu 2) hat auch nicht vorgetragen, dass sie an andere Besteller nicht geliefert hätte.
- Im Übrigen liegt eine Benutzungshandlung der Beklagten zu 2) schon in Form des Anbietens (siehe oben) vor.
- 3.
Eine nach der Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents am 28.09.2016 begangene Benutzungshandlung der Beklagten zu 3) lässt sich nicht feststellen. - a)
Ein Angebot kann nicht auf den aktuellen Internetseiten www.N.com ersehen werden. Soweit nunmehr auf der englischen Fassung der Homepage (nicht aber in der deutschen Version) ein deutsches Verkaufsbüro genannt wird (vgl. Seite 17 im Anlagenkonvolut nach Anlage BM25), ist dies nicht ausreichend konkret, um einen Bezug zur Beklagten zu 3) und (zugleich) zu den angegriffen Ausführungsformen herzustellen. - b)
Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Angebotshandlung darin liegt, dass die Beklagte zu 3) ohne ersichtlichen, konkreten Bezug zu den angegriffenen Ausführungsformen als Ansprechpartner des N-Konzern in Deutschland auf deren Internetseiten genannt wurde, wie es die Auszüge in Anlage BM1-3-1 zeigen. Denn diese Version der Internetseite stammt aus der Zeit vor der Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents. - Dass in einem älteren Produktdatenblatt (Anlage BM10) das Wort „München“ abgedruckt war, reicht schon deshalb nicht als Angebotshandlung, weil nicht ersichtlich ist, dass dieses Produktdatenblatt noch nach Erteilung des Klagepatents verwendet wurde. Insofern kann dahinstehen, ob ein Angebot bereits aus der Verwendung des Wortes „München“ folgen kann.
- c)
Ferner kann auch kein Inverkehrbringen seitens der Beklagten zu 3) festgestellt werden. Die Beklagten haben bislang unwidersprochen vorgetragen, die Beklagte zu 3) habe im Jahre 2014 letztmalig eine angegriffene Ausführungsform in Deutschland vertrieben – also deutlich vor der Erteilung des Klagepatents. Etwas anderes hat die insofern darlegungsbelasteten Klägerin nicht vorgebracht. - 4.
Die Beklagten zu 4) und zu 5) haften als gesetzliche Vertreter der Beklagten zu 1) und der C SL. - a)
Geschäftsführer haben kraft ihrer Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen. Dabei ist im Falle der schuldhaften Verletzung, derer es für den Unterlassungsanspruch nicht bedarf, eines Patents durch eine Gesellschaft grundsätzlich davon auszugehen, dass dies auf dem schuldhaften Fehlverhalten ihrer gesetzlichen Vertreter beruht (BGH, GRUR 2016, 257, Rn. 115 ff. – Glasfasern II). Deshalb hat der Verletzte – dem grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen obliegt – regelmäßig keinen Anlass näher zur persönlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers vorzutragen (BGH, a. a. O., Rn.119). Vielmehr obliegt dem gesetzlichen Vertreter der verletzenden Gesellschaft eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wie er den ihm obliegenden Pflichten nachgekommen ist. Hierbei hat er gegebenenfalls insbesondere darzulegen, weshalb er keinen Anlass hatte, sich eine Entscheidung über die angegriffenen Handlungen vorzubehalten und welche organisatorischen Maßnahmen er ergriffen hat, um eine Schutzrechtsverletzung durch Mitarbeiter des Unternehmens zu verhindern (BGH, a. a. O., Rn. 120). - b)
Die Beklagten zu 4) und zu 5) waren bei der Beklagten zu 1) und der C SL auch gesetzliche Vertreter im Sinne der vorstehend dargelegten Rechtsprechung. Dass sie für die Beachtung gewerblicher Schutzrechte nicht zuständig waren, ist nicht dargetan. - c)
Die Beklagten zu 4) und zu 5) haften als gesetzliche Vertreter der Beklagten zu 1) für deren Benutzungshandlungen (vgl. die Ausführungen oben). - Sie haften ferner als gesetzliche Vertreter der hier nicht verklagten C SL. Dass die C SL Benutzungshandlungen nach Erteilung des Klagepatents vorgenommen hat, wird von den Beklagten nicht in Abrede gestellt.
- In beiden Fällen ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten zu 4) und 5) die notwendigen Maßnahmen zur Verhinderung von Schutzrechtsverletzungen vorgenommen haben.
- d)
Mangels patentverletzender Handlungen der Beklagten zu 3) (vgl. oben) haften die Beklagten zu 4) und zu 5) nicht auch als deren gesetzliche Vertreter. - e)
Beim Beklagten zu 4) war die Haftung für Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz nicht zu begrenzen. Es ist nicht ersichtlich, dass er im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung wirksam aus seinen Ämtern ausgeschieden ist, weil nicht feststellbar ist, dass die Erklärung des Rücktritts zu einer Beendigung seiner Organstellung geführt hat. - V.
Aus der festgestellten Patentverletzung ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen, wobei der Klägerin gegen die Beklagte zu 3) mangels Passivlegitimation keine Ansprüche zustehen. Ansprüche auf Vernichtung und Rückruf stehen der Klägerin gegen keine der Beklagten zu. - 1.
Die Beklagten zu 2), 4) und 5) sind der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet. - Im Übrigen bestände der Unterlassungsanspruch auch gegenüber dem Beklagten zu 4), selbst wenn dieser als gesetzlicher Vertreter schon ausgeschieden wäre. Die Wiederholungsgefahr kann durch das Ausscheiden aufgrund der begangenen Verletzungshandlungen regelmäßig nicht ausgeschlossen werden kann (BGH, GRUR 2009, 845, Rn. 47 – Internet-Videorecoder; Grabinski/Zülch, in Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 139 Rn. 22).
- 2.
Des Weiteren haben die Beklagten zu 2), 4) und 5) der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG). - Als Fachunternehmen bzw. deren gesetzliche Vertreter hätten die Beklagten zu 2), 4) und 5) die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB.
- Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten zu 2), 4) und 5) ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerken-nen, § 256 ZPO.
- Die Beklagten zu 4) und 5) haften für die Patentverletzung als Gesamtschuldner, § 840 Abs. 1 BGB (vgl. Grabinski/Zülch, in: Benkard, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 139 PatG Rn. 21).
- 3.
Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich gegenüber den Beklagten zu 1), 2), 4) und 5) aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 3 PatG. Der (Dritt-) Auskunftsanspruch aus § 140b PatG ist, wie unter I. ausgeführt, von der gegenüber der Beklagten zu 1) eingetretenen Unter¬brechung des Verfahrens nicht umfasst. - Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, die Schadensersatzansprüche zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten zu 2), 4) und 5) ferner ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
- 4.
Die Klägerin hat auch gegen die Beklagte zu 2) keinen Anspruch auf Vernichtung aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 1 PatG. - Den hierfür erforderlichen Inlandsbesitz der Beklagten zu 2) am Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist dieser sonst ersichtlich. Nach dem Vortrag der Beklagten zu 2) ist davon auszugehen, dass sie angegriffene Ausführungsformen erst bezieht, wenn eine konkrete Bestellung hierfür vorliegt.
- 5.
Ansprüche auf Rückruf patentverletzender Erzeugnisse aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 3 PatG stehen der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2) ebenfalls nicht zu. Die erfolgte Lieferung an eine Gesellschaft aus dem Konzern der Klägerin war, wie dargelegt, nicht rechtswidrig. Weitere Lieferungen hat die Klägerin nicht dargetan. - VI.
Im Rahmen des der Kammer nach § 148 ZPO zustehenden Ermessens wird das Verfahren im Hinblick auf das Einspruchsbeschwerdeverfahren gegen das Klagepatent nicht ausgesetzt. - 1.
Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens einen Rechtsstreit aussetzen. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellt allerdings ohne weiteres noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen. Die Patenterteilung ist auch für die (Verletzungs-) Gerichte bindend. Wegen der gesetzlichen Regelungen, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangen und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage und den Einspruch vor dem jeweiligen Patentamt zur Verfügung stellen, kann der Angriff gegen das Klagepatent nicht als Einwand im Verletzungsverfahren geführt werden. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessenentscheidung ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage oder dem erhobenen Einspruch nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2015, 18679). - Eine Aussetzung kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn der dem Klagepatent entgegengehaltene Stand der Technik demjenigen entspricht, der bereits im Erteilungsverfahren oder in einem erfolglos durchgeführten Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren berücksichtigt worden ist oder vom Erfindungsgegenstand noch weiter abliegt als der schon geprüfte (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt E Rn. 719).
- Dies gilt erst recht, wenn das Patent erstinstanzlich aufrechterhalten worden ist. Diese – unter Beteiligung technischer Fachleute zustande gekommene – Entscheidung hat das Verletzungsgericht aufgrund der gesetzlichen Kompetenzverteilung grundsätzlich hinzunehmen. Im Rahmen der Aussetzungsentscheidung ist es nicht Sache des Verletzungsgerichts, das Einspruchsbeschwerde- bzw. Nichtigkeitsberufungsverfah¬ren in allen Einzelheiten vorweg zu nehmen. Immer dann, wenn die Argumentation im Rechtsbestandsverfahren möglich und mit guten Gründen vertretbar erscheint, hat es vielmehr bei der getroffenen Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung zu verbleiben, so dass, wenn nicht im Einzelfall ganz besondere Umstände vorliegen, für eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits keine Veranlassung besteht. Sie ist erst dann geboten, wenn die Rechtsbestandsentscheidung auf für das Verletzungsgericht nachweisbar unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation beruht oder wenn mit dem Rechtsmittel gegen die Rechtsbestandsentscheidung, ohne dass insoweit ein Nachlässigkeitsvorwurf angebracht ist, weiterer Stand der Technik präsentiert wird, der, weil er der Erfindung näher kommt als der bisher gewürdigte Stand der Technik, mit Wahrscheinlichkeit eine Vernichtung des Klagepatents erwarten lässt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2011 – I-2 U 66/10 – Hybrid-Aufblasvorrichtung; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt E Rn. 720).
- 2.
Daran gemessen ist eine Aussetzung nicht veranlasst. - a)
Dies gilt zunächst im Hinblick auf eine unzulässige Erweiterung. Die Beklagten berufen sich lediglich pauschal darauf, die Entscheidung der Einspruchsabteilung sei insoweit falsch. Konkrete Mängel der Entscheidung der Einspruchsabteilung zeigen sie nicht auf. - b)
Eine Aussetzung ist auch nicht im Hinblick auf eine fehlende erfinderische Tätigkeit ausgehend von der EP 2 469 336 A2 (Anlage QEIII-3; in deutscher Übersetzung als Anlage QEIII-4) in Kombination mit der US 6,094,240 A (Anlage QEIII-7; in deutscher Übersetzung als Anlage QEIII-8; nachfolgend: US 240) geboten. - Der Kammer erscheint die Argumentation der Einspruchsabteilung als mit guten Gründen vertretbar, weshalb es nach obigen Maßstäben bei der getroffenen Entscheidung zu verbleiben hat. Dies gilt insbesondere für die Frage der fehlenden Berücksichtigung der US 240. Die Einspruchsabteilung hat sich nicht auf die Begründung beschränkt, die Entgegenhaltung sei nach dem anzulegenden „prima facie“-Maßstab nicht relevant, weil sie nicht den Bereich der stereoskopischen Bilderzeugung, sondern die Beleuchtung eines LCD-Bildschirms betreffe. Vielmehr hat die Einspruchsabteilung unter anderem als bedeutsamen Unterschied herausgearbeitet, dass die Lichtquelle im technischen Gebiet der US 240 vor dem LCD-Display angeordnet sei, während sie sich nach der im Klagepatent offenbarten Lehre nach dem bilderzeugenden Element befinde. Weiter führt die Einspruchsabteilung aus, dass die drei in der US 240 offenbarten Strahlen im Unterschied zur Lehre des Klagepatents nicht zu einem Bild überlagert werden. Die Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung, dass der Fachmann in der US 240 keine Lösung für ein sich etwa stellendes Problem finden wird, hält die Kammer für gut vertretbar.
- VII.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Nur insoweit war eine Teilkosten¬entschei-dung veranlasst. - 1.
Eine Teilkostenentscheidung war hinsichtlich der Beklagten zu 3) geboten. Dieser gegenüber steht unabhängig von dem Ausgang des Rechtsstreits im Übrigen fest, dass die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu tragen hat (vgl. Schulz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 100 Rn. 53). - 2.
Demgegenüber war hinsichtlich der Beklagten zu 2), 4) und 5) eine Teilkostenentscheidung nicht geboten. Obsiegt der Kläger gegen einen von mehreren Streitgenossen – oder wie hier gegen mehrere von mehreren Streitgenossen –, die mit Rechtskraft der Entscheidung aus dem Verfahren ausscheiden, kann den vorab durch Teilurteil verurteilten Beklagten grundsätzlich keine Quote der Gesamtkosten auferlegt werden. Denn der Umfang des Obsiegens des Klägers steht erst fest, wenn der Rechtsstreit auch gegen die übrigen Streitgenossen entschieden ist. Dem Ausscheidenden könnte hier nur die Quote der bis zum Teilurteil entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt werden. Dies entspräche jedoch einer Unterteilung nach Zeitabschnitten, was dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung zuwiderliefe (Schulz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 100 Rn. 55). - Zwar kann auch hiervon ausnahmsweise abgewichen werden, wenn ein Zuwarten bis zum Schlussurteil aus Sicht des erstattungsberechtigten Gegners unzumutbar wäre. Das kann namentlich dann der Fall sein, wenn die Realisierung des Kostenerstattungsanspruchs aufgrund konkreter Umstände, z. B. wegen des glaubhaft dargestellten Umfangs der in Rede stehenden Kostenmasse (vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.2001 – V ZR 22/00) oder wegen drohender Verarmung des Zahlungs¬pflichtigen, gefährdet erscheint (KG, Beschluss vom 21.08.2013 – 5 W 170/13, BeckRS 2016, 9838; Schulz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 100 Rn. 55).
- Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Dass die der Klägerin entstandenen Kosten angesichts des vorliegend festgesetzten Streitwerts von € 350.000,00 durchaus beträchtlich sind, reicht hierfür nicht aus. Ob der Rechtsstreit alsbald fortgesetzt werden kann oder nicht, ist angesichts der erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingetretenen Unterbrechung und mangels der Kammer bekannter weiterer Umstände, nicht feststellbar. Auch für eine drohende Verarmung der Beklagten zu 2), 4) und 5) ist nichts ersichtlich. Dies liegt auch nicht im Hinblick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) nahe, da es sich bei den Beklagten zu 4) und 5) um natürliche Personen und bei der Beklagten zu 2) nicht um eine Gesellschaft im N-Konzern handelt.
- 3.
Im Hinblick auf die Beklagte zu 1) war, soweit der Rechtsstreit ihr gegenüber nicht unterbrochen ist, ebenfalls keine Kostenentscheidung veranlasst. Dies folgt abgesehen von den dargestellten Erwägungen auch daraus, dass ihr gegenüber durch das Teilurteil nur teilweise, nämlich über einen von mehreren Klageanträgen, entschieden worden ist (vgl. dazu Schulz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 100 Rn. 52). - VIII.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Auf Antrag waren Teilsicherheiten für die Vollstreckung der einzelnen Ansprüche gegen die verschiedenen Beklagten festzusetzen. - IX.
Der Streitwert wird auf € 350.000,00 festgesetzt.