Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. Oktober 2010, Az. 4b O 244/09
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1)
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, zu unterlassen,
Fernsehsignalempfangsgeräte, die mit einer Bedieneinheit zur Eingabe von Befehlen, einem Display, das von einem angeschlossenen Fernsehgerät gebildet werden kann, und einem Mikrocomputer zur Auswertung der mittels der Bedieneinheit eingegebenen Befehle und zur Steuerung des Displays ausgerüstet und dazu geeignet sind, ein Verfahren durchzuführen, bei dem
– zur Auswahl der Betriebsweise das Gerät in den Bereitschaftsbetrieb gebracht wird,
– im Bereitschaftsbetrieb durch Verwendung von Tasten der Bedieneinheit, denen im Normalbetrieb andere Funktionen zugeordnet sind, nacheinander unter Steuerung durch den Mikrocomputer verschiedene Bedienweisen durch Anzeige auf dem Display angeboten werden und
– eine angebotene Betriebsweise durch die Betätigung einer Übernahmetaste der Bedieneinheit ausgewählt wird
nicht zur Benutzung des europäischen Patents EP 0 512 XXX B1 berechtigten Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern;
2)
der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. 1) bezeichneten Handlungen seit dem 28.06.1997 begangen haben,
und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnung, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnung, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin bezeichneten, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend unter Ziffer I. 1) bezeichneten und ab dem 28.06.1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/12 und die Beklagten zu 11/12.
IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 190.000,00 €, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Das am 26.02.1992 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 08.05.1991 (DE 4415XXX) angemeldete und unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland eingetragene EP 0 512 XXX B1 (nachfolgend Klagepatent), dessen Erteilungshinweis am 28.05.1997 veröffentlicht worden ist, betrifft ein Verfahren zur Erstellung einer elektronischen Programmzeitschrift und Schaltung hierfür. Das Klagepatent steht in Kraft.
Eingetragene ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des Klagepatents ist die A in B. Diese beauftragte die Klägerin mit der exklusiven Verwertung des Klagepatents und ermächtigte sie im August 2009, alle Ansprüche wegen Verletzung des Klagepatents gegen die Beklagten im eigenen Namen außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen (Anlage K 14).
Anspruch 1 des Klagepatents lautet:
„Verfahren zur Auswahl einer Betriebsweise bei einem Gerät der Unterhaltungselektronik, welches mit einer Bedieneinheit zur Eingabe von Befehlen, einem Display und einem Mikrocomputer zur Auswertung der mittels der Bedieneinheit eingegebenen Befehle und zur Steuerung des Displays ausgerüstet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
– zur Auswahl der Betriebsweise das Gerät in den Bereitschaftsbetrieb gebracht wird,
– im Bereitschaftsbetrieb durch Verwendung von Tasten der Bedieneinheit, denen im Normalbetrieb andere Funktionen zugeordnet sind, nacheinander unter Steuerung durch den Mikrocomputer verschiedene Betriebsweisen durch Anzeige auf dem Display angeboten werden, und
– eine angebotene Betriebsweise durch Betätigung einer Übernahmetaste der Bedieneinheit ausgewählt wird.“
Wegen der weiteren Patentansprüche wird auf die Klagepatentschrift (Anlage K 11) Bezug genommen.
Die Klägerin greift mit der Klage Set-Top-Boxen mit der Bezeichnung C (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) an. Die angegriffene Ausführungsform wird auf der Internetseite D (Anlagen K 6, K 17 und Anlage B 1) beworben. Ein als Anlage K 8 überreichtes Muster der angegriffenen Ausführungsform erwarb die Klägerin über die E (Anlage K 7). Das Muster war mit der Bedienungsanleitung Anlage K 9 ausgestattet.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer unstreitig der Beklagte zu 2) ist, lasse die angegriffene Ausführungsform herstellen, importiere und vertreibe sie in der Bundesrepublik Deutschland. Das Angebot der angegriffenen Ausführungsform auf der Internetseite D sei ein solches der Beklagten zu 1), die ausweislich der Anlage K 17 als Kontakt angegeben sei. Domaininhaber der Internetseite sei überdies – insoweit unstreitig – der Beklagte zu 2). Darüber hinaus ergebe sich die Verantwortlichkeit der Beklagten auch aus der dem Muster der angegriffenen Ausführungsform beigefügten Bedienungsanleitung Anlage K 9, auf welcher die Beklagte zu 1) genannt ist.
Nachdem die Klägerin ursprünglich auch die Vernichtung der angegriffenen Ausführungsform von den Beklagten begehrt hat, beantragt sie nunmehr
wie zuerkannt.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten stellen eine Verletzung des Klagepatents nicht in Abrede. Sie bestreiten allein ihre Passivlegitimation. Die Beklagte zu 1) stelle weder Elektrogeräte noch andere Handelsware her; sie importiere und vertreibe solche auch nicht. Insoweit nehme sie nicht am Handels- und Geschäftsverkehr teil. Die Beklagte zu 1) zahle auch keine Steuern, da sie keine Umsätze mache. Die „A-Geräte“ vertreibe allein die F. Dass der Beklagte zu 2) unstreitig auch Geschäftsführer dieser GmbH ist, sei unerheblich, da es sich bei der F um eine von der Beklagten zu 1) zu unterscheidende juristische Person handele. Die Internetseite D, deren Inhaber unstreitig der Beklagte zu 2) ist, sei der F zuzurechnen, wie sich aus der Anlage B 1 ergebe. Soweit die Klägerin auf die Anlage K 17 rekurriere, sei anzumerken, dass es sich bei der dortigen Angabe der Beklagten zu 1) als Kontakt um ein „redaktionelles Versehen“ des Providers handele. Die Fa. G, welche die Internetseite entworfen und eingerichtet hat, habe die Anweisung gehabt, die F einzutragen. Irrtümlicher Weise sei jedoch die Beklagte zu 1) namentlich und mit vollständiger Anschrift benannt worden. Dies beruhe auf einer Verwechslung, weil es sich bei den Adressen der beiden Firmen „H“ und „I“ um dasselbe (Eck-)Gebäude handele. Als der Irrtum von dem Beklagten zu 2) bemerkt worden sei, sei dies sofort geändert worden, so dass seitdem die Beklagte zu 1) richtigerweise gänzlich von der Internetseite entfernt sei. In dem Benutzungshandbuch Anlage K 9 sei die Beklagte zu 1) nicht genannt, es sei allein ein Hinweis auf Marke „A“ enthalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung der Schadenersatzpflicht nach §§ 10, 139 Abs. 1, 2, 140b PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Die Beklagten sind passiv legitimiert.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Auswahl einer Betriebsweise bei einem Gerät der Unterhaltungselektronik.
Wie das Klagepatent einleitend ausführt, ist im Zusammenhang mit Fernsehempfängern und Videorecordern ein Verfahren zur Sprachauswahl bekannt. Bei diesem Verfahren wird unter Verwendung der Bedientastatur des Geräts und unter Steuerung durch einen Mikrocomputer auf dem Bildschirm des Fernsehempfängers eine Textseite dargestellt, auf der gleichzeitig und untereinander verschiedene Sprachen zur Auswahl angeboten werden. Aus diesen angebotenen Sprachen wählt der Benutzer durch Verschieben eines Cursors eine gewünschte Sprache an. Ist der Cursor auf die gewünschte Sprache gerichtet und wird eine Übernahmetaste bestätigt, dann wird ein Kennbit für die ausgewählte Sprache in einem Speicher des Geräts abgelegt. Das hat zur Folge, dass beim nachfolgenden Gerätebetrieb, bspw. bei der Programmierung des Videorecorders, Benutzerführungsinformationen in der ausgewählten Sprache dargestellt werden. Bei diesem Verfahren steht die gesamte Fläche des Bildschirms eines Fernsehempfängers zur Darstellung der genannten Textseite, auf der die verschiedenen Sprachen zur Auswahl angeboten werden, zur Verfügung. Das bekannte Verfahren ist folglich bei Geräten der Unterhaltungselektronik, welche zur Darstellung von Informationen nicht den Bildschirm des Fernsehempfängers verwenden und welche meist nur mit einem ein- oder zweizeiligen Display ausgestattet sind, nicht verwendbar.
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Auswahl einer Betriebsweise anzugeben, welches bei Geräten der Unterhaltungselektronik verwendbar ist, welche nur mit einem ein- oder zweizeiligen Display ausgestattet sind.
Zur Lösung dieser Aufgabe (technisches Problem) sieht das Klagepatent nach dem geltend gemachten Anspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
1. Verfahren zur Auswahl einer Betriebsweise bei einem Gerät der Unterhaltungselektronik.
2. Das Gerät ist ausgerüstet mit
a) einer Bedieneinheit zur Eingabe von Befehlen,
b) einem Display und
c) einem Mikrocomputer zur Auswertung der mittels der Bedieneinheit eingegebenen Befehle und zur Steuerung des Displays.
3. Zur Auswahl der Betriebsweise wird das Gerät in den Bereitschaftsbetrieb gebracht.
4. Im Bereitschaftsbetrieb werden durch Verwendung von Tasten der Bedieneinheit, denen im Normalbetrieb andere Funktionen zugeordnet sind, nacheinander unter Steuerung durch den Mikrocomputer verschiedene Betriebsweisen durch Anzeige auf dem Display angeboten, und
5. eine angebotene Betriebsweise wird durch Betätigung einer Übernahmetaste der Bedieneinheit ausgewählt.
II.
1)
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents mittelbar Gebrauch, § 10 PatG. Sie ist ein Mittel, das sich auf die wesentliche Elemente der Erfindung bezieht, und mit dem die erfindungsgemäße Lehre wortsinngemäß benutzt werden kann. Dass die angegriffene Ausführungsform für die Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents objektiv geeignet ist und dafür durch den Dritten bestimmt ist, ist gewollt und offensichtlich. All dies ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass sich weitere Erörterungen hierzu erübrigen.
2)
Die Beklagten sind passiv legitimiert. Sie sind Verletzer im Sinne des § 139 PatG. Die Beklagte zu 1) hat die angegriffene Ausführungsform sowohl angeboten als auch geliefert. Der Beklagte zu 2) haftet infolge dessen aufgrund seiner Geschäftsführerposition als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1).
a)
Unter Anbieten ist jede Handlung zu verstehen, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; BGH GRUR 1970, 358 – Heißläuferdetektor). Die Bewerbung eines Mittels im Sinne des § 10 PatG im Internet ist mithin ein Anbieten.
Von einem solchen Anbieten ist nach dem vorgebrachten Sach- und Streitstand auszugehen. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat insbesondere durch Vorlage der Anlagen K 6 und K 17 dargetan, dass die patentverletzende angegriffene Ausführungsform im Internet auf der Seite J beworben wurde und noch wird. Diesem Umstand als solchem sind die Beklagten nicht entgegengetreten, vielmehr lässt sich auch der von ihnen vorgelegten Anlage B 1 ein Anbieten der angegriffenen Ausführungsform im Internet entnehmen.
Für das Bewerben der angegriffenen Ausführungsform auf der genannten Internetseite ist die Beklagte zu 1) verantwortlich, auch wenn sie nicht Inhaberin der Domain (Anlage K 18) ist. Die Beklagte zu 1) ist nämlich unstreitig bis zum 20.07.2009 im Impressum auf der Internetseite J als Kontakt für die beworbenen Geräte angegeben. Dies zeigt die Anlage K 17. Dass die Anlage K 17 den tatsächlichen (damaligen) Angaben im Internet entsprach, haben die Beklagten nicht in Abrede gestellt.
Soweit die Beklagten vorbringen, es habe sich bei der Nennung der Beklagten zu 1) um ein „redaktionelles Versehen“ des Providers, der Fa. G, gehandelt, verfängt dieser Einwand nicht. Abgesehen davon, dass der Geschäftsverkehr dieses „redaktionelle Versehen“ nicht erkennen konnte und deswegen infolge der Benennung der Beklagten zu 1) als Kontakt davon ausgehen musste, dass die Beklagte zu 1) lieferwillig und die Anbietende ist, ist das Vorbringen der Beklagten zum „redaktionellen Versehen“ nicht nachvollziehbar, zudem teilweise widersprüchlich sowie nicht ausreichend substantiiert und damit unerheblich.
Ein Provider, der für eine von ihm verschiedene juristische Person eine Internetseite gestaltet und einrichtet, verfügt in der Regel nicht über eigene Kenntnisse hinsichtlich der Sachangaben und der Inhalte, die auf der Internetseite dargestellt werden sollen. Die Inhalte und Sachangaben werden ihm vielmehr notwendigerweise von seinem Auftraggeber geliefert. Enthält eine Internetseite Adress- und/ oder Kontaktdaten im Hinblick auf eine beworbene angegriffene Ausführungsform, so ist angesichts dessen grundsätzlich davon auszugehen, dass diese Informationen auf den Angaben des Auftraggebers beruhen.
Soweit die Beklagten vorbringen, die Benennung der Beklagten zu 1) als Kontakt sei von ihr nicht gewollt oder beauftragt worden, vielmehr habe die Fa. G den Auftrag gehabt, die F als Kontakt anzugeben, haben sie keine nachvollziehbare Erklärung dafür geboten, aus welchem Grund die Fa. G auftragswidrig gehandelt haben sollte. Ihre Erläuterung, die Beklagte zu 1) und die F säßen im selben Haus, da die Adressen der beiden ein und dasselbe Eckhaus beträfen, weshalb es bei der Fa. G zu einer Verwechslung gekommen sei, greift nicht durch. Zum einen hat die Klägerin bestritten, dass mit den Anschriften „H“ und „I“ dasselbe Haus bezeichnet wird. Einen Beweis für ihre erstmalig in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Behauptung haben die Beklagten jedoch nicht angeboten. Eine „Versicherung“ der Prozessbevollmächtigten ist kein zulässiges Beweismittel. Zum andern könnte, wenn die Behauptung der Beklagten einmal als wahr unterstellt würde, der vorgebrachte Umstand nur einen Austausch der Anschriften erklären. Wenn die F in einem Haus ansässig ist, das sowohl die Anschrift „I“ wie auch die Anschrift „H“ trägt, mag es vorkommen, dass ein Provider für die F nicht die Anschrift angibt, unter der diese im Geschäftsverkehr üblicherweise auftritt (I), sondern statt dessen aus Versehen die Adresse angibt, die – auch – zu dem Haus gehört, in dem die F residiert. Diese „doppelte“ Anschriftenmöglichkeit erklärt jedoch nicht, weshalb trotz eines – wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben – ausdrücklichen Auftrages, die F zu benennen, diese Anweisung missachtet wird und statt dessen eine andere juristische Person, nämlich die Beklagte zu 1), im Impressum aufgenommen wird. Und zwar exakt mit der Adresse, unter der sie im Rechtsverkehr auftritt.
Darüber hinaus wird die Gestaltung einer Internetseite und ihre Freigabe bzw. online-Schaltung von einem Auftraggeber kontrolliert. Mithin war es Aufgabe des Auftraggebers zu kontrollieren, ob die dortigen Angaben der Wahrheit entsprechen. Dass und warum eine derartige Kontrolle nicht stattgefunden hat, ist nicht vorgetragen. Sollte sie stattgefunden haben, ist nicht erklärlich, weshalb der vermeintliche Irrtum nicht sofort aufgefallen wäre. Die Beklagte zu 1) steht als einzige Kontaktadresse im Impressum, welches übersichtlich gestaltet ist.
Des Weiteren leidet der Vortrag der Beklagten an mangelnder Substantiierung der Umstände, wann das vermeintliche „redaktionelle Versehen“ von wem weshalb entdeckt wurde. Die Beklagten haben unter Vorlage der Anlage B 1 behauptet, das (vermeintliche) Versehen sei vor Rechtshängigkeit, genauer gesagt im August 2009, bemerkt worden. Die zum Beleg vorgelegte Anlage B 1 stammt allerdings erst vom 24.02.2010, so dass aus ihr keine Anhaltspunkte für eine Abänderung der Internetseite zwischen dem 20.07.2009 (Datum Anlage K 17) und dem 26.09.2009 (Zustellung der Klage) bzw. im August 2009 hervorgehen. Weshalb der Irrtum plötzlich aufgefallen sein soll, ist nicht erläutert worden.
Nicht außer Acht gelassen werden kann zudem die Anlage K 9. In dem Benutzerhandbuch ist die Beklagte zu 1) genannt. Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei den Angaben auf der linken Seite des ersten Blattes der Anlage K 9 nicht nur um einen Hinweis auf die Marke A. Zwar steht dort „A ®“. Damit enden die Angaben jedoch nicht. Vielmehr heißt es weiter: „A ∙ K“. Auch wenn der Zusatz „L“ fehlt, so wird durch letzteres gleichwohl die Beklagte zu 1) als Firma bezeichnet. Sie zeichnet mithin verantwortlich. Weshalb es auch in diesem im Jahr 2008 übersandten Benutzerhandbuch zu demselben „redaktionellen Versehen“ gekommen sein soll und weshalb auch dieser nicht bemerkt worden sein soll, ist nicht erklärt. Dass das Benutzerhandbuch auch von der Fa. G in eigener Regie gestaltet worden sein soll, ist nicht zu erkennen. Die Anlage K 9 passt vielmehr zu dem Bild, das sich aus der Anlage K 17 ergibt. Beide benennen übereinstimmend die Beklagte zu 1) als Verantwortliche.
b)
Es lässt sich ferner feststellen, dass die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform geliefert hat, worunter gemäß § 10 PatG die Übergabe des Mittels zu verstehen ist, so dass der Empfänger in die Lage versetzt wird, die Erfindung mit dem gelieferten Mittel zu benutzen. Ob mit einer Lieferung Umsätze erzielt und deshalb Steuern gezahlt werden müssen, spielt für diesen Benutzungstatbestand keine Rolle.
Die Anlage K 9 belegt das Liefern. Die Beklagte zu 1) ist auf dem Benutzerhandbuch wie ausgeführt genannt. Die Anlage K 9 lag unstreitig einem Exemplar der angegriffenen Ausführungsform bei, das von der Klägerin ebenso unstreitig bei der E im August 2008 (Anlage K 7) bezogen wurde.
Zur Abrundung zu bemerken bleibt, dass dies in Übereinstimmung mit dem Inhalt des von der Klägerin als Anlage K 19 vorgelegten Handelsregisterauszugs betreffend die Beklagte zu 1) steht. In diesem ist aufgeführt, dass Gegenstand des Unternehmens der Beklagte zu 1) der „Handel mit Elektroartikeln aller Art, insbesondere der Handel mit Satellitenreceivern und Zubehör“ ist. Diese Angabe steht dem Vortrag der Beklagten, die Beklagte zu 1) vertreibe keine Elektrogeräte und nehme insoweit nicht am Handels- und Geschäftsverkehr teil, in gewisser Weise entgegen.
c)
Nicht festgestellt werden kann indes, dass die Beklagten die angegriffene Ausführungsform auch herstellen. Darlegungs- und beweisbelastet für die Benutzungshandlungen ist die Klägerin als Anspruchsinhaberin. Sie hat jedoch keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine Herstellungshandlung der Beklagten ableiten ließe. Sie hat sich lediglich – fälschlicherweise – auf ein Bestreiten des gegnerischen Vorbringens beschränkt. Letztlich ist dies jedoch ohne Nachteil für die Klägerin, da sie keine unmittelbare, sondern eine mittelbare Benutzung des Klagepatents geltend macht und demzufolge nicht beantragt hat, den Beklagten ein Herstellen zu untersagen.
III.
Da die angegriffene Ausführungsform sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs mittelbar verwirklicht, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung des weiteren Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents ohne Berechtigung erfolgt. Die Handlungen der Beklagten rechtfertigen es, ihnen das Angebot und das Liefern schlechthin zu untersagen, da unstreitig ist, dass die angegriffene Ausführungsform nicht patentfrei benutzt werden kann
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG, weil die Beklagten die Patentverletzung schuldhaft begingen. Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können (§ 276 BGB). Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht. Die Beklagten haften gemäß § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Hinsichtlich der Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ist den Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheibenbefestiger).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3. S. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 190.000,00 € festgesetzt, wobei sich dieser Streitwert aus folgenden Teilstreitwerten zusammensetzt: Unterlassungsantrag 150.000,00 €, Auskunftsantrag 15.000,00 €, Vernichtungsanspruch 15.000,00 €, Schadenersatzfestsstellungsantrag 10.000,00 €.