Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. Oktober 2010, Az. 4a O 151/10
Die einstweilige Verfügung vom 20.07.2010 wird im Kostenausspruch im Verhältnis der Verfügungsklägerin zu den Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst: Von den Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin 40 % der Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Verfügungsbeklagten zu 2) und zu 3), die Verfügungsbeklagte zu 1) trägt 60 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Verfügungsklägerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Zwangsvollstreckung der Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 857 XXX B1 (Klagepatent). Die Verfügungsbeklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) sind, vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Vorrichtungen zum Tragen eines oder mehrerer Solarpaneele und/oder Wärmekollektoren unter der Bezeichnung „A“. Die Verfügungsklägerin war der Auffassung, dass die Verfügungsbeklagten mit dem Vertrieb dieser Vorrichtungen das Klagepatent verletzen. Mit anwaltlichen Schreiben vom 02.07.2010 forderte sie daher die Verfügungsbeklagte zu 1) unter Fristsetzung bis zum 07.07.2010 auf, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, sich zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung zu verpflichten, die in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse im Sinne des Klagepatents zu vernichten und sich zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung und zu Schadensersatz zu verpflichten. Das Abmahnschreiben war an die „B GmbH, z.Hd. der Geschäftsführung“ gerichtet.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.07.2010 meldete die Verfügungsbeklagte zu 1) Zweifel an der Dringlichkeit des Unterlassungsbegehrens an und bat zunächst um Fristverlängerung bis zum 28.07.2010. Nach weiteren Gesprächen sandte die Verfügungsbeklagte zu 1) eine vom Verfügungsbeklagten zu 2) unterzeichnete Vergleichsvereinbarung, die aber einzelne Regelungen abredewidrig nicht enthielt, worauf die Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 12.07.2010 hinwies. Daraufhin gab die Verfügungsbeklagte zu 1), vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigte, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, die die Verfügungsklägerin annahm. Eine Erklärung zu den weiteren geltend gemachten Ansprüchen erfolgte nicht.
Daraufhin beantragte die Verfügungsklägerin unter dem 15.07.2010 eine einstweilige Verfügung, mit der den Verfügungsbeklagten aufgegeben werden sollte, Auskunft über die Vertriebshandlungen bezüglich der angegriffenen Vorrichtung zu erteilen und diese – soweit sich solche Vorrichtungen in ihrem Besitz oder Eigentum befinden – zu vernichten. Die einstweilige Verfügung hat die Kammer antragsgemäß am 20.07.2010 erlassen. Die Kostenentscheidung lautet:
Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsbeklagten zu 1) zu 60 % und den Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) zu jeweils 20 % auferlegt.
Wegen des genauen Inhalts der einstweiligen Verfügung vom 20.07.2010 wird auf die Akte (Blatt 27 ff) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 06.08.2010 haben die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) die einstweilige Verfügung, die ihnen am 09.08.2010 zugestellt worden ist, mit Ausnahme der Kostenregelung als endgültige Regelung anerkannt und Kostenwiderspruch eingelegt, dem die Verfügungsklägerin entgegengetreten ist.
Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) hätten sich vorprozessual so verhalten, dass sie – die Verfügungsklägerin – habe annehmen müssen, nur durch Einleitung des Verfügungsverfahrens ihr Ziel erreichen zu können.
Entscheidungsgründe
Die Kosten des Verfahrens hinsichtlich der Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) sind der Verfügungsklägerin gemäß § 93 ZPO aufzuerlegen.
Durch ihren Kostenwiderspruch hat die Verfügungsklägerin den Verfügungsantrag anerkannt (Hefermehl/Köhler, UWG 28. Aufl.: § 12 Rn 3.42). Es handelt sich dabei um ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO, weil die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) zur Einleitung des Verfügungsverfahrens keine Veranlassung gegeben haben und der Kostenwiderspruch sofort erfolgte.
Veranlassung zur Klageerhebung im Sinne von 93 ZPO ist dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die beim Kläger vernünftigerweise die Überzeugung oder Vermutung hervorrufen mussten, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Im Anerkenntnis des Unterlassungsanspruchs ist diese Folgerung nicht ohne weiteres mit inbegriffen. Der Verletzte muss daher in der Regel vor Erhebung der Unterlassungsklage – oder im vorliegenden Fall: vor dem Einreichen eines Antrags auf Erlass einer Unterlassungsverfügung – den Verletzer verwarnen, wenn er für den Fall des sofortigen Anerkenntnisses der Kostenfolge des § 93 ZPO entgehen will (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG 10. Aufl.: § 139 PatG Rn 163 m.w.N.). Demnach hat die Verfügungsklägerin im vorliegenden Fall grundsätzlich die Kosten zu tragen, weil eine vorherige Abmahnung der Verfügungsbeklagten nicht erfolgte.
Die Abmahnung richtete sich – was auch die Verfügungsklägerin nicht in Abrede stellt – allein gegen die Verfügungsbeklagte zu 1). Für die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) war nicht ersichtlich, dass sich das mit der Abmahnung ausgesprochene Unterlassungsbegehren einschließlich der weiteren Forderungen auch gegen sie richten sollte. Soweit sich daher in der Folgezeit der Verfügungsbeklagte zu 2) noch am 08.07.2010 direkt beim Geschäftsführer der Verfügungsklägerin meldete und die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung in Aussicht stellte, durfte die Verfügungsklägerin mangels anderer Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, dass der Verfügungsbeklagte zu 2) nicht in seiner Funktion als Geschäftsführer für die Verfügungsbeklagte zu 1) handeln wollte. Tatsächlich unterzeichnete der Verfügungsbeklagte zu 2) zwar die Vergleichsvereinbarung. Ausweislich der Anlage ASt 15 wurde die Vergleichsvereinbarung aber im Namen der Verfügungsklägerin geschlossen und die Unterschrift des Verfügungsbeklagten zu 2) enthielt den Zusatz „Geschäftsführer der B GmbH.“
Der Umstand, dass die Verfügungsbeklagte zu 1) allein durch ihre Geschäftsführer handeln kann, insbesondere die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) für die Verfügungsbeklagte 1) die begehrte Auskunft erteilen, hat nicht zur Folge, dass vom Verhalten der Verfügungsbeklagten zu 1) (vertreten durch die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) als deren Geschäftsführer) auf das Verhalten der Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) persönlich geschlossen werden kann. Soweit die Verfügungsklägerin vorträgt, die Verfügungsbeklagten zu 2) und 3) seien der Unterlassungserklärung der Verfügungsbeklagten zu 1) vom 12.07.2010 erst am 06.08.2010 beigetreten, kann daraus nichts hergeleitet werden, weil die einstweilige Verfügung zu diesem Zeitpunkt bereits beantragt war.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 6, 711 ZPO.