Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2853
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. März 2019, Az. 4a O 159/14
- I. Die Beklagte wird verurteilt,
- 1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 16.04.2011 die klägerseits
- patentrechtlich (Europäische Patentschrift EP 2 042 XXX B1) geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Auslaufstutzen übergreifen und halten,
- in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die geschützten Auslauftrichter bestimmt waren bzw. sind,
- c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Auslauftrichter sowie der Preise, die für die betreffenden Auslauftrichter bezahlt wurden;
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses – sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen – vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 16.04.2011 die klägerseits
- patentrechtlich geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Auslaufstutzen übergreifen und halten,
- in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat, und zwar unter Angabe
- a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
- c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei
- von der Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 17.04.2011 zu machen sind,
- und der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
3. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 01.05.2009 bis zum 15.04.2011 die klägerseits patentrechtlich (Europäische Patentschrift EP 2 042 XXX B1) geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Auslaufstutzen übergreifen und halten, - in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat, und zwar unter Angabe der Stückzahlen, Preise, Lieferdaten und Abnehmer sowie deren Namen und Anschriften.
- II. Im Übrigen wird die Klage, soweit sie zur Entscheidung stand, abgewiesen.III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
- IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 25.000,00.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 2 042 XXX B1 (Anlage K1; nachfolgend: Klagepatent) im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Rechnungslegung (erste Stufe) sowie auf Schadensersatz (zweite Stufe) in Anspruch. Darüber hinaus macht die Klägerin außerhalb der Stufenklage einen weiteren Auskunftsanspruch gegen die Beklagte geltend.
- Das Klagepatent wurde am 25.09.2007 angemeldet. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 01.04.2009 veröffentlicht, der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 16.03.2011 bekanntgemacht. Eingetragene Inhaberin des Klagepatents ist die Klägerin (vgl. Anlage K3).
- Auf die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht mit Urteil vom 13.10.2016 das Klagepatent dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass es eine eingeschränkte Fassung erhalten hat. Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung beim Bundesgerichtshof eingelegt.
- Das Klagepatent betrifft einen Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs. Der von der Klägerin geltend gemachte Klagepatentanspruch 1 lautet in der eingeschränkten Fassung nach der Entscheidung des Bundespatentgerichts:
- „Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten (5), die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters (1) angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente (5) und die Innenseite des Auslauftrichters (1) einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern (9), die sich entlang eines Randes der Segmente (5) erstrecken, an denen die Halter (9) die Segmente (5) auf einer dem Auslauftrichter (1) abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente (5) lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters (1) spannen, dadurch gekennzeichnet, dass die Halter (9) einen in ein Austrittsloch (2) des Auslauftrichters (1) eingesetzten Auslaufstutzen (12) übergreifen und halten.“
- Nachfolgend wird in verkleinerter Form die einzige Figur des Klagepatents eingeblendet. Diese zeigt einen erfindungsgemäßen Auslauftrichter in perspektivischer Darstellung mit Blick auf eine Innenseite (Absatz [0019] des Klagepatents).
- Die Beklagte stellt her und vertreibt Auslauftrichter für das Silo von Silofahrzeugen (angegriffene Ausführungsform).
- Nachfolgend werden in verkleinerter Form zwei von der Beklagten stammende Abbildungen eines Exemplars der angegriffenen Ausführungsform eingeblendet (Seiten 2 und 4 der Anlage TW3). Das auf der unteren Abbildung (Seite 4 der Anlage TW3) gezeigte und darin als „entnehmbarer unterer Ring“ bezeichnete Bauteil der angegriffenen Ausführungsform wird nachfolgend als „unterer Ring“ bezeichnet.
- Die Klägerin trägt vor, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere handele es sich bei dem unteren Ring um einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Auslaufstutzen. Unter einem Stutzen sei ein kurzes Rohrstück zu verstehen, welches aber nicht zwingend zylinderförmig sein müsse. Schließlich gebe es beispielsweise auch eckige und konische Rohre.
- Der untere Ring der angegriffenen Ausführungsform habe mit dem hohlkegelstumpfförmigen, an die Form des Auslauftrichters angepassten Abschnitt und dem zylinderrohrförmigen Abschnitt exakt die in den Absätzen [0017] und [0024] des Klagepatents beschriebene und in der Zeichnung dargestellte Form. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass im Ausführungsbeispiel des Klagepatents ein 90°-Rohrkrümmer anstelle eines geraden Rohrs dargestellt sei, was aber nach dem Patentanspruch nicht zwingend sei.
- Dass eine Rohrleitung oder ein Schlauch an den Stutzen angeschlossen werden könne, sei nach dem Patentanspruch nicht erforderlich. Abgesehen davon sei aber auch nicht ersichtlich, weswegen dies bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall sein sollte.
- Sofern man nicht von einer wortsinngemäßen Verletzung ausgehe, verwirkliche die angegriffene Ausführungsform die Lehre des Klagepatents jedenfalls mit äquivalenten Mitteln.
- Die Klägerin hat ihre Anträge, die sie bereits zuvor modifiziert hatte, nach dem im Laufe des Rechtsstreits ergangenen Urteil des Bundespatentgerichts neu gefasst.
- Sie beantragt nunmehr,
- die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen,
- 1.a. wie mit dem Tenor zu I. 1. erkannt;
- 1b. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit und/oder Unbegründetheit des Antrages zu 1.a der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 16.04.2011 die klägerseits
- patentrechtlich (Europäische Patentschrift EP 2 042 XXX B1) geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Innenring übergreifen und halten,
- in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die geschützten Auslauftrichter bestimmt waren bzw. sind,
- c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Auslauftrichter sowie der Preise, die für die betreffenden Auslauftrichter bezahlt wurden;
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 2.a wie mit dem Tenor zu I. 2. erkannt;
- 2b. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages zu 2.a der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses – sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen – vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 16.04.2011 die klägerseits
- patentrechtlich geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Innenring übergreifen und halten,
- in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat, und zwar unter Angabe
- a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
- c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen unter Einschluss der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei
- von der Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 17.04.2011 zu machen sind,
- der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
- 3. nach erfolgter Auskunft und Rechnungslegung gemäß Ziffer 1.a bzw. Ziffer 1.b und Ziffer 2.a bzw. Ziffer 2.b an die Klägerin,
- die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin den Betrag, der sich aus der gemäß Ziffer 1.a bzw. Ziffer 1.b und Ziffer 2.a bzw. Ziffer 2.b des Klageantrages erteilten Auskunft und Rechnungslegung ergibt, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils gerechnet ab dem Beginn des Monats, der auf den Monat der Inempfangnahme des Kaufpreises bzw. der jeweiligen Liefergebühr für die jeweilige Lieferung folgt, hilfsweise nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen;
- 4.a. wie mit dem Tenor zu I. 3. erkannt,
- wobei die Auskunftserteilung nicht nur bis zum 15.04.2011 verlangt wird;
- 4b. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages zu 4.a der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 01.05.2009 die klägerseits patentrechtlich (Europäische Patentschrift EP 2 042 XXX B1) geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Innenring übergreifen und halten,
- in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat, und zwar unter Angabe der Stückzahlen, Preise, Lieferdaten und Abnehmer sowie deren Namen und Anschriften.
- Weiter hilfsweise beantragt die Klägerin,
- ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- hilfsweise,
- das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss der Nichtigkeitsklage auszusetzen;
- weiter hilfsweise,
- ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.
- Die Beklagte trägt vor, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Sie verfüge nicht über einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Auslaufstutzen.
- Unter dem Auslaufstutzen verstehe der Fachmann den eigentlichen Auslass des Auslauftrichters, durch den hindurch das Schüttgut durch das Austrittsloch des Auslauftrichters und aus diesem hinaus geleitet werde. Es müsse sich bei dem Auslaufstutzen um das letzte Bauteil handeln, welches das Schüttgut beim Verlassen des Auslauftrichters durchströme. Der Auslaufstutzen müsse zudem geeignet sein, an ihn weitere Komponenten – beispielsweise eine Rohrleitung oder einen Schlauch – zum Weiterleiten des Schüttguts an ihn anzuschließen. Hierfür müsse er selbst rohrförmig ausgestaltet sein und das Austrittsloch überragen.
- Diese Anforderungen erfülle der untere Ring der angegriffenen Ausführungsform nicht. Der untere Ring sei weder rohrförmig ausgestaltet noch in die Mündung des Auslaufstutzens eingesetzt. Er überrage die Mündung des Auslaufstutzens auch nicht. Zudem könnten an ihn aufgrund seiner Ausgestaltung und Lage weitere Komponenten wie Rohrleitungen oder Schläuche nicht angeschlossen werden.
- Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Parteien übereinstimmend mitgeteilt, dass der Bundesgerichtshof die gegen das Urteil des Bundespatentgerichts gerichtete Berufung der Beklagten mit Urteil vom 19.02.2019 zurückgewiesen hat.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2019 Bezug genommen.
- Entscheidungsgründe
- Die Klage steht im Hinblick auf die auf der ersten Stufe geltend gemachten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche (Anträge zu 1.a/1.b und 2.a/2.b.) sowie den weiteren Auskunftsanspruch (Anträge zu 4.a/4.b) zur Entscheidung. Insoweit ist sie zulässig und mit dem jeweiligen Hauptantrag (Anträge zu 1.a, 2.a und 4.a) im Wesentlichen begründet.
- A.
Die Klage ist zulässig. - Die mit den Anträgen zu 1.a/1.b und 2.a/2.b geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung konnten mit dem noch nicht zur Entscheidung stehenden Schadensersatzanspruch (Antrag zu 3.) im Wege der Stufenklage verbunden werden, § 254 ZPO. Mit diesen Ansprüchen konnte der weitere Auskunftsanspruch (Anträge zu 4.a/4b), den die Klägerin außerhalb des Stufenverhältnisses geltend macht, im Wege der Anspruchshäufung verbunden werden, § 260 ZPO.
- Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis. Dem steht insbesondere nicht die unter dem Aktenzeichen 4a O 25/15 anhängige Klage gegen die Beklagte aus einem Gebrauchsmuster entgegen, dessen Anspruchswortlaut demjenigen des Klagepatents ähnelt. Verfügt der Kläger über mehrere parallele Schutzrechte, so kann er diese, selbst bei identischem Anspruchswortlaut, nebeneinander geltend machen (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt E Rn. 249).
- Ferner war die Klägerin nicht gehindert, den Auskunftsanspruch zur Vorbereitung des Entschädigungsanspruchs (Anträge zu 4.a/4.b) geltend zu machen, ohne den Entschädigungsanspruch zugleich anhängig zu machen. Einer solchen isolierten Auskunftsklage fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Auflage 2018, § 254 Rn. 1).
- B.
Soweit sie zur Entscheidung steht, ist die Klage im Wesentlichen begründet. - Die angegriffene Ausführungsform macht von Anspruch 1 des Klagepatents Gebrauch (hierzu unter I.). Ein privates Vorbenutzungsrecht steht der Beklagten nicht zu (hierzu unter II). Die Klägerin hat mit der aus dem Tenor zu I. 3. ersichtlichen Einschränkung die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b PatG, §§ 242, 259 BGB (hierzu unter III.). Eine Aussetzung der Verhandlung ist nicht veranlasst (hierzu unter IV.).
- I.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. - 1.
Das Klagepatent (nachfolgend zitierte Absätze ohne nähere Angabe sind solche des Klagepatents) betrifft einen Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs. - Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents handelt es sich bei einem Silofahrzeug um einen Lastkraftwagen oder dessen Anhänger, insbesondere einen Sattelauflieger, also den Anhänger einer Sattelzugmaschine, mit einem Silo als Aufbau. Das Silo ist ein Speicher für Schüttgüter. Es ist auf Lastkraftwagen und deren Anhänger meist zylindrisch und liegend angeordnet. Auch die sogenannte Bananenform ist bekannt, bei der sich das Silo zu beiden Enden hin verjüngt, so dass das Schüttgut zur Mitte strömt. Zum Entladen weist das Silo einen oder mehrere Auslauftrichter an seiner Unterseite auf, die meist, allerdings nicht zwingend, kegelstumpfförmig sind. Das Silo wird auch als Kessel bezeichnet. Nach Öffnen des Auslauftrichters strömt das Schüttgut durch Schwerkraft aus dem Silo aus (Absatz [0002]).
- Stark zusammenhaftende Schüttgüter wie Mehl, Salz, Gips oder Zement strömen, so das Klagepatent, nicht von selbst aus dem geöffneten Auslauftrichter aus. Zum Entladen solcher Schüttgüter bzw. zur Beschleunigung der Entladung ist bekannt, die Innenseite des oder der Auslauftrichter mit luftdurchlässigen Matten auszukleiden, die am äußeren/oberen Rand und am inneren/unteren Rand abdichtend mit dem Auslauftrichter verbunden sind. Die Matten haben dieselbe Form wie der Auslauftrichter. Bei einem kegelstumpfförmigen Auslauftrichter sind auch die Matten kegelstumpfförmig. Der Auslauftrichter weist eine oder mehrere Druckluftzuführungen auf, durch die Druckluft zwischen den Auslauftrichter und die ihn auskleidenden Matten einblasbar ist. Die Druckluft strömt durch die Matten, löst das Schüttgut von ihnen und lockert das Schüttgut, so dass das Schüttgut durch Schwerkraft durch den Auslauftrichter aus dem Silo ausströmt (Absatz [0003]).
- Die Matten haben den Nachteil, dass ihre Reinigung zeitaufwändig ist. Sollen nacheinander verschiedene Schüttgüter transportiert werden, müssen die Matten üblicherweise ausgewaschen und anschließend getrocknet werden. Hierfür ist mit einem Zeitaufwand von zwei Stunden und mehr zu rechnen, bei einem Ausbau der Matten ist der Aufwand noch größer (Absatz [0004]).
- Das Klagepatent würdigt die WO 01/25 XXX A1, die ein Standsilo mit filterartigen Segmenten anstelle von Matten im unteren Bereich offenbart. Die filterartigen Segmente haben die Form von Kegelstumpfsektoren und bilden gemeinsam einen kegelstumpfförmigen Trichter. Zum Leeren des Silos wird zwischen den Boden des Silos und die filterartigen Segmente Druckluft eingeblasen, die die filterartigen Segmente durchströmt und anhaftendes Schüttgut löst und lockert (vgl. Absatz [0005]).
- Ferner würdigt das Klagepatent die US 3,829,XXX, nach deren Lehre ein trichterförmiges Behältnis für Schüttgüter an seiner Innenseite rasterartig angeordnete siebartige Elemente aufweist. Um das Schüttgut beim Ausströmen auflockern zu können, führt eine Druckluftleitung zu jedem der siebartigen Elemente (vgl. Absatz [0006]).
- Darüber hinaus erwähnt das Klagepatent die US 3,236,XXX, die ein Silo mit einem Auslauftrichter mit filterartigen, gemeinsam einen kegelstumpfförmigen Trichter bildenden Segmenten lehrt. Die Segmente weisen eine unten und außen geschlossene Wanne auf, deren Oberseite von dem filterartigen Segment gebildet wird, so dass zum Lösen und Auflockern des Schüttguts Druckluft in die Wanne der Segmente eingeblasen werden kann (vgl. Absatz [0007]).
- Auch die JP 11 180 XXX A würdigt das Klagepatent, die ein Fahrzeugsilo mit Trichtern offenbart, die an ihrer Innenseite mit filterartigen, gemeinsam einen kegelstumpfförmigen Trichter bildenden Segmenten ausgekleidet sind, und auf deren Ober- bzw. Innenseite eine Matte aufliegt. Dabei sind die Segmente und die Matte am Außenumfang durch eine umlaufende, nach innen offene, V-förmige Nut und einen innen einliegenden Spannring gehalten. Der Trichter hat keinen Auslass. Die Leerung des Silos erfolgt vielmehr durch Absaugen mit einem in den Trichter ragenden Krümmer (vgl. Absatz [0008]).
- Schließlich würdigt das Klagepatent die FR 1 415 XXX mit deren Offenbarung eines Fahrzeugsilos mit Auslauftrichtern, an deren Innenseite rasterartig verteilt siebartige Segmente angeordnet sind, durch die Druckluft eingeblasen werden kann (vgl. Absatz [0009]).
- Als Aufgabe benennt es das Klagepatent, einen Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs mit filterartigen Segmenten zum Einblasen von Druckluft vorzuschlagen, dessen filterartige Segmente gut aus- und einbaubar sind (Absatz [0010]).
- 2.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent einen Auslauftrichter mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 vor, der nachstehend in seiner im Nichtigkeitsverfahren eingeschränkten Fassung in gegliederter Form wiedergegeben wird: - 1. Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs,
- 2. mit filterartigen Segmenten (5), die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters (1) angebracht sind,
- 3. mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente (5) und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar (1) ist, und
- 4. mit leistenförmigen Haltern (9) auf, die sich entlang eines Randes der Segmente (5) erstrecken, an denen die Halter (9) die Segmente (5) auf einer dem Auslauftrichter (1) abgewandten Innenseite übergreifen;
- 5. die Halter (9) spannen die Segmente (5) lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters (1),
- 6. die Halter (9) übergreifen und halten einen in ein Austrittsloch (2) des Auslauftrichters (1) eingesetzten Auslaufstutzen (12).
- 3.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Merkmal 6 des Klagepatentanspruchs 1. Die Verwirklichung der übrigen Merkmale ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass es dazu keiner Ausführungen bedarf. - a)
Nach Merkmal 6 des Klagepatentanspruchs 1 übergreifen und halten die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Auslaufstutzen. - Den Auslaufstutzen definiert das Klagepatent als eine Art rohrförmiges, in die Mündung des Auslauftrichters eingesetztes und den eigentlichen Auslass bildendes Teil (Absatz [0017]). Aus dieser Definition ergibt sich unmittelbar die Funktion des Auslaufstutzens, nämlich den eigentlichen Auslass zu bilden.
- Dass der Auslaufstutzen zur Erfüllung dieser Funktion das Austrittsloch überragen muss, gibt der Patentanspruch nicht vor. Es muss sich allerdings um das letzte Bauteil handeln, welches das Schüttgut vor seinem Austritt aus dem Auslauftrichter bestimmungsgemäß passiert. Nur dann, wenn das Schüttgut aus dem Auslaufstutzen heraus den Trichter verlässt, handelt es sich um den „eigentlichen Auslass“. Einen „Auslass“ im Sinne eines Bauteils, welches das Schüttgut vor seinem Austritt passiert, bilden schließlich sämtliche Bauteile auf der Innenseite des Auslauftrichters. Hiervon kann der „eigentliche Auslass“ nur dadurch abgegrenzt werden, dass es sich um das Bauteil handelt, welches von dem Schüttgut zuletzt passiert und aus dem heraus das Schüttgut aus dem Auslauftrichter herausgeleitet wird.
- Allerdings schließt das Klagepatent nicht aus, dass in Richtung des Austrittswegs des Schüttguts unterhalb des Auslaufstutzens weitere Bauteile angeordnet sind, die aufgrund ihrer Ausgestaltung zum Auslass des Schüttguts nichts beitragen können. Dies trifft insbesondere auf solche Bauteile zu, die wegen eines gegenüber dem Auslaufstutzen größeren Durchmessers bestimmungsgemäß nicht mit dem Schüttgut in Berührung kommen und dieses nicht aus dem Trichter herausleiten.
- Der Auslaufstutzen muss nach Merkmal 6 in das Austrittsloch eingesetzt sein. Das Klagepatent versteht unter dem Austrittsloch, auch als Mündung bezeichnet, die den Austritt des Schüttguts ermöglichende Öffnung des Filters. Es grenzt das Austrittsloch – die Öffnung – von der Innenseite des Auslauftrichters ab. Den Fachmann bestätigt diese Vorgabe darin, dass das Schüttgut aus dem Auslaufstutzen heraus den Auslauftrichter durch die Öffnung verlässt. Eine weitere Einschränkung der gefundenen Auslegung im Hinblick auf die Anordnung des Auslaufstutzens lässt sich der Vorgabe nicht entnehmen.
- Nach der dargestellten Definition soll der Auslaufstutzen rohrförmig ausgebildet sein. Die rohrförmige Ausgestaltung ermöglicht das Herausleiten des Schüttguts aus dem Auslauftrichter, indem es dessen Auslassweg räumlich begrenzt. Eine bestimmte Länge des rohrförmigen Bauteils gibt das Klagepatent nicht vor. Vielmehr wird bereits anhand der Bezeichnung „Stutzen“ deutlich, dass es sich auch um ein kurzes Bauteil handeln kann. Dass der Auslaufstutzen den Austrittsweg des Schüttguts in einem bestimmten Umfang röhrenartig begrenzt bzw. dessen Umfang verkleinert, gibt das Klagepatent ebenfalls nicht vor. Jede räumliche Begrenzung des Austrittswegs des Schüttguts ist daher ausreichend. An dieser Sichtweise ändert es auch nichts, dass nach dem Klagepatent der Auslaufstutzen auch als Innenring bezeichnet wird. Ein als Ring ausgestaltetes Bauteil kann in diesem Sinne rohrförmig sein, zumal eine bestimmte Länge, wie gesehen, nicht erforderlich ist.
- Dass weitere Komponenten an den Auslaufstutzen angeschlossen werden können, gibt das Klagepatent nicht zwingend vor. Zwar führt das Klagepatent im Zusammenhang mit der Definition des Auslaufstutzens aus, es könne beispielsweise eine Rohrleitung oder ein Schlauch angeschlossen werden (Absatz [0017]). In einem Ausführungsbeispiel wird dies dadurch erzielt, dass der Auslaufstutzen einen 90°-Rohrkrümmer mit einem Schraubflansch zum Anschluss einer Rohrleitung zur Entladung des Silos aufweist (Absatz [0024]). Eine entsprechende Anschlussmöglichkeit hat jedoch keinen Niederschlag im Patentanspruch gefunden. Zudem erkennt der Fachmann, dass je nach Art des Schüttguts ein solcher Anschluss entbehrlich sein kann.
- Bei dem im Ausführungsbeispiel genannten oberen Flansch (14) (vgl. Absatz [0024] und die einzige Abbildung) handelt es sich um einen Bestandteil des Auslaufstutzens und nicht um ein separates Bauteil. Dies folgt bereits daraus, dass der Flansch bei isolierter Betrachtung nicht in der Lage ist, die Funktion des Auslaufstutzens zu erfüllen und das Schüttgut aus dem Auslauftrichter herauszuleiten. Bei isolierter Betrachtung bildet er auch nicht das letzte Bauteil, welches das Schüttgut bestimmungsgemäß passiert und damit nicht den „eigentlichen Auslass“.
- Die Halter übergreifen und halten den Auslaufstutzen und bewirken so dessen Befestigung im Austrittsloch (vgl. Absatz [0024]). Ein vollständiges Übergreifen über die gesamte Erstreckung des Auslaufstutzens ist dabei nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr, dass der Auslaufstutzen von den Haltern so weit übergriffen wird, dass dies für eine Befestigung ausreichend ist. Auch im Ausführungsbeispiel des Klagepatents wird lediglich der obere Flansch (14) als Bestandteil des Auslaufstutzens von den Haltern übergriffen und der Auslaufstutzen so im Austrittsloch gehalten (vgl. Absatz [0024] und die einzige Abbildung des Klagepatents).
- b)
Diese Auslegung zugrunde gelegt, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal 6 des Klagepatentanspruchs 1. Bei dem unteren Ring der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um einen Auslaufstutzen im Sinne dieses Merkmals. - Der untere Ring weist eine im Sinne obiger Auslegung rohrförmige Ausgestaltung auf. Er bildet zudem das letzte Bauteil, mit dem das Schüttgut bestimmungsgemäß in Berührung kommt und leitet das Schüttgut als „eigentlicher Auslass“ aus dem Trichter heraus.
- Dem steht auch die nachfolgend eingeblendete Skizze der Beklagten (siehe Seite 10 des Schriftsatzes vom 23.10.2018, Bl. 234 GA) nicht entgegen:
- Diese Skizze zeigt kein Bauteil unterhalb des unteren Rings, durch das das Schüttgut aus dem Trichter herausgeleitet wird und das deshalb im Sinne obiger Auslegung den „eigentlichen Auslass“ bildet. Soweit dort ein weiteres Bauteil unterhalb des unteren Rings gezeigt sein sollte, hat dieses jedenfalls einen größeren Durchmesser als der untere Ring und führt das Schüttgut nicht aus dem Trichter heraus.
- Ob der untere Ring geeignet ist, daran weitere Elemente zur Ableitung des Schüttguts wie eine Rohrleitung oder einen Schlauch anzuschließen, ist nach obiger Auslegung für die Verletzung unerheblich. Angesichts der objektiven Merkmalsverwirklichung kommt es auch nicht darauf an, zu welchem Zweck der Einsatz des unteren Rings bei der angegriffenen Ausführungsform subjektiv dient.
- II.
Ein privates Vorbenutzungsrecht an der angegriffenen Ausführungsform, das nach § 12 Abs. 1 PatG die Rechtswidrigkeit der Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents entfallen ließe, steht der Beklagten im Hinblick auf das Produkt „Euro III“ nicht zu. Dieses zeigt nicht das Merkmal 6 des Klagepatentanspruchs 1 (vgl. Urteil des Bundespatentgerichts vom 13.10.2016 – 1 Ni 6/15 (EP)), Seite 16). - III.
Die Beklagte verletzt das Klagepatent durch das Herstellen, Anbieten und in Verkehr bringen der patentgemäß ausgestalteten angegriffenen Ausführungsform (vgl. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG). Aus der festgestellten Patentverletzung ergeben sich, soweit der Rechtsstreit zur Entscheidung steht, die zuerkannten Rechtsfolgen. - 1.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die auf der ersten Stufe erstrebten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Tenor zu I. 1., 2.) aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet. - 2.
Der außerhalb der Stufenklage geltend gemachte Anspruch auf Auskunft (Tenor zu I. 3.) ergibt sich ebenfalls aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB. Er dient der Vorbereitung des Entschädigungsanspruchs aus Art. II § 1 IntPatÜG. Entschädigung und damit die zu deren Bezifferung dienende Auskunft kann die Klägerin nach Ablauf eines angemessenen Prüfungszeitraums nach Offenlegung der Patentanmeldung – somit wie beantragt ab dem 01.05.2009 – verlangen (vgl. Rinken, in: Schulte, Patentgesetz, 10. Auflage 2017, § 33 Rn. 7). Die Auskunft kann allerdings nur bis zum 15.04.2011 verlangt werden, da ab diesem Tag der den Schadensersatzanspruch vorbereitende Auskunftsanspruch geltend gemacht wird. Dies war einschränkend in den Tenor aufzunehmen. - IV.
Eine Aussetzung der Verhandlung gemäß § 148 ZPO ist nicht veranlasst. Nachdem der Bundesgerichtshof die Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts vom 13.10.2016 mit Urteil vom 19.02.2019 zurückgewiesen hat, fehlt es bereits an einem anderen anhängigen Rechtsstreit, der vorgreiflich sein könnte. - V.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO. - Vollstreckungsschutz im Sinne des § 712 ZPO war der Beklagten nicht zu gewähren, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.