Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2829
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. Oktober 2018, Az. 4b O 76/18
- I. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin aus dem deutschen Patent DE 10 2007 013 XXX B4 keine Ansprüche zustehen, wenn die Klägerin im Bereich der Bundesrepublik Deutschland
- Expansions-Fingergreifer oder Vorrichtungen mit solchen Expansions-Fingergreifern herstellt, anbietet, vertreibt oder zu den genannten Zwecken einführt oder besitzt, bei denen mit der Zufuhr von Druckluft über einen Druckluftanschluss ein Steuerkolben aus einem Gehäuse herausgefahren und entlang einer Stange in Richtung eines Drucktellers verfahren wird, wobei hierbei ein Zwischenstück und eine Unterlegscheibe mitbewegt werden und wobei der Steuerkolben – über das Zwischenstück und die Unterlegscheibe – gegen eine zum Steuerkolben hin gerichteten Seite eines elastischen Halteelements drückt und dieses in Richtung eines feststehenden Drucktellers bewegt, wodurch das elastische Halteelement in eine kontrahierte Stellung gebracht wird,
- insbesondere wenn solche Expansions-Fingergreifer technisch gemäß den von der Klägerin unter der Bezeichnung „A“ für die Vorrichtung B (2400 – 5000 kN) angebotenen Expansions-Fingergreifer gemäß der nachfolgenden Abbildung ausgestaltet sind:
- II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
- III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Feststellung der Nichtverletzung des deutschen Patents DE 10 2007 013 XXX B4 (im Folgenden: Klagepatent) in Anspruch.
- Die Beklagte mahnte die Klägerin mit Schreiben vom 07.08.2018 wegen Verletzung des Klagepatents ab. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf Anlage DTS 3 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 22.08.2018 teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagtenseite u.a. Folgendes mit: „Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht offensichtlich und auch für Ihre Mandantin leicht erkennbar eine Mehrzahl von technischen Merkmalen des Patents nicht. Wir haben die Abmahnung demgemäß zur gerichtlichen Überprüfung vorgelegt. (…) Gerne stehen auch wir für einen weiteren Austausch zur Verfügung.“ Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf Anlage AR 2 Bezug genommen.
Zwischen dem Mutterkonzern der Klägerin und der Beklagten fand zuvor, unter dem 13.04.2018, ein Austausch über zwei Patentfamilien statt. Hierzu wird im Einzelnen auf Anlage AR 2 Bezug genommen. - Die Klägerin beantragt,
- zu erkennen, wie geschehen.
- Für die Beklagte hat sich nach Anberaumung eines frühen ersten Termins mit Verfügung vom 07.09.2018 ihre Prozessbevollmächtigte bestellt. Diese hat im Schriftsatz vom 22.10.2018 den angekündigten Klageantrag anerkannt.
- Entscheidungsgründe
- I.
Da die Beklagte den Anspruch anerkannt hat, ist sie gemäß Paragraph 307 der Zivilprozessordnung dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. - II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus Paragraph 91 Zivilprozessordnung, Paragraph 93 Zivilprozessordnung gelangt nicht zur Anwendung. - Im Falle eines Anerkenntnisses richtet sich die Kostentragung nach den Paragraphen 91 oder 93 der Zivilprozessordnung. Dem Kläger sind gemäß Paragraph 93 Zivilprozessordnung die Kosten des Verfahrens dann aufzuerlegen, wenn der Beklagte durch sein Verhalten keinen Anlass zur Erhebung der Klage gegeben hat und der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
- Im hiesigen Rechtsstreit kommt Paragraph 93 Zivilprozessordnung nicht zur Anwendung, denn die Beklagte hat Anlass zur Erhebung der Klage gegeben, indem sie die Klägerin abgemahnt hat. Die Abmahnung der Beklagten enthielt eine Fristsetzung bis zum 22.08.2018, 12:00. An diesem Tag übermittelte die Klägerin der Beklagten ihr Schreiben, in dem sie auf die fehlende Patentverletzung hinwies (Anlage AR 1). Gleichzeitig erhob sie negative Feststellungsklage mit Klageschrift vom 22.08.2018.
Zu einem weiteren Zuwarten war die Klägerin angesichts der angekündigten Konsequenzen in der Abmahnung nicht verpflichtet. Außerdem hat die Klägerin trotz Erhebung der negativen Feststellungsklage weitere Gesprächsbereitschaft erklärt. - Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, gegenüber der Beklagten eine Gegenabmahnung zu erheben. Notwendig ist eine solche Gegenabmahnung vor einer negativen Feststellungsklage in der Regel nicht (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, zehnte Auflage, 2018, Kapitel C Randnummer 113; vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.10.2005, I ZB 37/05, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 2006, 168, 169 – Unberechtigte Abmahnung). Sie kann veranlasst sein, wenn die unberechtigte Abmahnung in tatsächlicher und / oder rechtlicher Hinsicht auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen beruhte, bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des vermeintlich Verletzten gerechnet werden kann oder wenn seit der Abmahnung ein längerer Zeitraum verstrichen ist und der Abmahnende in diesem entgegen seiner Androhung keine gerichtlichen Schritte eingeleitet hat (Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.04.2004, I ZR 233/01, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 2004, 790, 792 – Gegenabmahnung; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, zehnte Auflage, 2018, Kapitel C Randnummer 113). Diese Fälle liegen hier nicht vor.
Der zuletzt genannte Fall ist bereits deswegen zu verneinen, weil Abmahnung und negative Feststellungsklage zeitlich in den gleichen Monat August 2018 fielen.
Welcher Irrtum auf Seiten der Beklagten genau vorgelegen haben soll, legt diese selbst nicht dar. Sie trägt lediglich vor, die Klägerin habe sie auf ihre offensichtliche irrtümliche Bewertung der angegriffenen Ausführungsform bewusst nicht hingewiesen. Dabei steht zwischen den Parteien nicht in Streit und dies ergibt sich zudem aus dem Abmahnschreiben selbst, dass die Beklagtenseite über ein Muster der angegriffenen Ausführungsform verfügte, sie also ihrerseits eine entsprechende Verletzungsprüfung durchführen konnte, was sie ausweislich des Abmahnschreibens sogar mit anwaltlicher Hilfe getan hatte. Hinzu kommt, dass die Beklagte selbst pneumatische Fingergreifer herstellt und alternative Lösungen zu denjenigen der Klägerseite zum Patent angemeldet hat. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Beklagte technisch versiert ist und Konkurrenten erst nach eingehender Prüfung verwarnt.
Welcher Anlass bestanden haben soll, das Klagepatent im Rahmen des Austauschs im April 2018 zu erörtern, legt die Beklagte ebenfalls nicht dar. Das Klagepatent wird in dem Schreiben vom 13.04.2018 (Anlage AR 2) jedenfalls nicht explizit genannt. - III.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus Paragraph 708 Nummer 1 Zivilprozessordnung.