Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2756
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Februar 2018, Az. I-15 U 102/16
Vorinstanz: 4a O 10/16
- In dem Rechtsstreit
pp. - hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 25.01.2018 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ….., den Richter am Oberlandesgericht ….. und den Richter am Oberlandesgericht …..
für R e c h t erkannt:
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 15.11.2016, Az. 4a O 10/16, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in I. 1c) des Tenors des angefochtenen Urteils hinter den Worten „ausgebildet sind“ die Worte „wobei die Kerbe dichter am Werkzeugende (ohne die Bohrspitze) als am Antriebsende angeordnet ist“ eingefügt werden. - II.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. - III.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. - IV.
Die Revision wird nicht zugelassen. - G r ü n d e:
- I.
- Die Klägerin mit Sitz in den Land 1 nimmt die Beklagte wegen unmittelbarer und mittelbarer Verletzung des am 10.12.2004 angemeldeten Europäischen Patents EP….. (Anl. GDM 1, deutsche Übersetzung Anl. GDM 1T, nachfolgend: Klagepatent), welches einen Schnellwechsel- und Bohrkernauswerfspindel für eine Lochsäge betrifft, in Anspruch. Eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland am 19.08.2009 erteilten Klagepatents ist die in den Land 1 geschäftsansässige …D (nachfolgend: Patentinhaberin).
- Das Klagepatent steht in Kraft. Über die Nichtigkeitsklage der Beklagten vom 20.02.2017 (Anl. LP2) hat das Bundespatentgericht noch nicht entschieden.
- Die in diesem Rechtsstreit geltend gemachten (Neben-)Ansprüche 1 und 17 haben folgenden Wortlaut:
- 1.
Schnellwechseldorn (1) für ein Werkzeug (2) umfassend: Einen Längskörper (3) mit einem Antriebsende (4) und einem Werkzeugende (5); Mittel zum Befestigen (6) des Werkzeugs (2), welche Befestigungsmittel (6) von dem Längskörper (3) verschieblich lösbar sind und versehen sind mit: - einem mittigen Loch (7), welches das Verschieben der Befestigungsmittel (6) über den Längskörper (3) gestattet, und Mitteln zum verdrehsicheren (8; 8-1; 8-2) und axialen (9; 9-1; 9-2) Verriegeln der Befestigungsmittel (6) an dem Längskörper (3),
dadurch gekennzeichnet, dass die axial verriegelnden Mittel (9) umfassen:
erste axial verriegelnde Mittel (9-1), die als Klinke (in englischer Verfahrenssprache: „latch“), insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln (6) ausgebildet sind, und
zweite axial verriegelnde Mittel (9-2), die als Kerbe (in englischer Verfahrenssprache: „notch“), insbesondere Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper (3) zum Verriegeln der Klinke (9-1) darin ausgebildet sind. - 17.
Befestigungsmittel (6) zum Befestigen eines Werkzeugs (2), welche Befestigungsmittel (6) von dem Längskörper (3) verschieblich lösbar sind und versehen sind mit: - einem zentralen Loch (7), welches das Verschieben der Befestigungsmittel (6) über den Längskörper (3) gestattet, und Mitteln zum verdrehsicheren (8; 8-1; 8-2) und axialen (9; 9-1; 9-2) Verriegeln der Befestigungsmittel (6) an dem Längskörper (3),
dadurch gekennzeichnet, dass die axial verriegelnden Mittel (9) umfassen:
erste axial verriegelnde Mittel (9-1), die als Klinke (in englischer Verfahrenssprache: „latch“), insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln (6) ausgebildet sind, und
zweite axial verriegelnde Mittel (9-2), die als Kerbe (in englischer Verfahrenssprache: „notch“), insbesondere Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper (3) zum Verriegeln der Klinke (9-1) darin ausgebildet sind. - Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 des Klagepatents erläutert die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels eines Schnellwechseldorns, der beispielhaft an eine Lochsäge gekoppelt ist.
- Die Beklagte bietet in Deutschland u.a. auf ihrer Internetseite ….. unter der Bezeichnung „B“ einen Schnellwechseldorn (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform, Anl. GDM 9) für ein Werkzeug an, der eine Schnelldemontagevorrichtung und einen Längskörper umfasst. Erstere wird von der Beklagten in verschiedenen Modellvarianten auch hergestellt, letzterer wird in unterschiedlichen Ausführungen von ihr auch einzeln angeboten.
- Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform beruht auf dem zugunsten der Beklagten eingetragenen Gebrauchsmuster DE…X1 (Anl. GDM 3) bzw. dem erteilten US-Patent Nr. …3 (Anl. B2). Die Schnelldemontagevorrichtung weist ein durchgehendes mittiges Loch mit Sechskantform auf, in die der mit einer korrespondierenden Form versehene Längskörper verschieblich eingesteckt werden kann. Aufgrund der übereinstimmenden Formgebung wird eine radiale Verdrehung des Längskörpers verhindert. Zur axialen Verriegelung der Schnelldemontagevorrichtung an dem Längskörper weist die Vorrichtung eine Verriegelungs- und Positionierungskomponente auf. Zu deren näheren Erläuterung werden nachfolgend die schematische Zeichnung der Beklagten (Seite 25 der Berufungsbegründung) wiedergegeben sowie die (identischen) Figuren 5 und 6 der genannten Schutzrechte eingeblendet.
- Wie der Zeichnung und den Figuren zu entnehmen ist, hat der Längskörper (2) ein Festklemmglied (21) in Form einer umlaufenden Kerbe. Die Verriegelungskomponente der Schnelldemontagevorrichtung (3) weist ein erstes Element (33) und ein zweites Element (34) auf. Das erste Element (33) verfügt über ein Aufsetzglied (334) mit seitlich der Längsrichtung angeordneten Kugelbohrungen (333a, 333b), in denen sich Positionierungskugeln (8a, 8b) befinden. Das axial verschiebbare zweite Element (34) ist ringförmig ausgestaltet, hat gekrümmte Schrägprofile (344) und steht mit Spiralfedern (61a, 61b) in Kontakt.
- Im entriegelten Zustand, den die Figur 5 darstellt, ist das zweite Element (34) in axialer Richtung rückwärts verschoben und die Positionierungskugeln (8a, 8b) können in einem offenen Raum um 360˚ rollen; sie sind drehbar gelagert. Lässt der Nutzer zwecks Verriegelung das zweite Element (34) los, bewirken die Spiralfedern (61a, 61b), dass sich das zweite Element (34) in axialer Richtung nach vorne bewegt, wodurch seine gekrümmten Schrägprofile (344) sich gegen die Positionierungskugeln (8a, 8b) stemmen. Die Positionierungskugeln (8a, 8b) werden in Längsrichtung in die Kugelbohrungen (333a, 333b) eingeschoben und vom zweiten Element (34) ringartig umfasst. Die Kugelbohrungen (333a, 333b) drücken die Positionierungskugeln (8a, 8b), von denen ein Teil aus der Unterseite der Kugelbohrungen (333a, 333b) herausragt, schließlich in das Festklemmglied (21) des Längskörpers (2) ein, wie aus Figur 6, welche den Verriegelungszustand zeigt, ersichtlich. Zum Ablösen der Schnelldemontagevorrichtung (3) von dem Längskörper (2) wird das zweite Element (34) rückwärts geschoben, so dass die Positionierungskugeln (8a, 8b) von den Druckkräften des zweiten Elements (34) befreit sind. Die Positionierungskugeln (8a, 8b) werden (durch die Außenkante des Bohrschafts) aus dem Festklemmglied (21) herausgeschoben und in die Kugelbohrungen (333a, 333b) hineingedrückt. Sie sind nicht mehr festgeklemmt und die Schnellmontagevorrichtung (3) lässt sich nun entfernen.
- Zwischen der Beklagten und der Patentinhaberin ist vor dem Landgericht Frankfurt ein Rechtsstreit anhängig, in dem die Beklagte die Feststellung begehrt, dass die angegriffene Ausführungsform nicht von Anspruch 1 und/oder 17 des Klagepatents Gebrauch macht (Anl. GDM 6). Der Rechtsstreit ist im Hinblick auf das hiesige Verfahren und das Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Düsseldorf verwiesen.
- Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß wegen unmittelbarer und mittelbarer Patentverletzung zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung sowie Feststellung einer Schadenersatzpflicht dem Grunde nach verurteilt hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
- Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Die zwischen ihr und der Patentinhaberin am 13.05.2009 geschlossene Vereinbarung (Anl. GDM 5 / deutsche Übersetzung GDM 5T) beziehe das Klagepatent in die zwischen der Klägerin und der Patentinhaberin am 26.06.2004 geschlossene Lizenzvereinbarung (Anl. GDM 4 / deutsche Übersetzung GDM 4T) ein. Der Klägerin sei die Stellung einer ausschließlichen Lizenznehmerin eingeräumt worden. Daran ändere die Berechtigung der Patentinhaberin zur Einräumung einer weiteren Lizenz an einen A-Marken-Hersteller nichts. Denn diese sei unter Bedingungen gestellt worden für deren Vorliegen die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trage. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen, dass eine der Bedingungen nicht eingetreten sei, reiche allein nicht aus.
- Die angegriffene Ausführungsform verfüge über „Mittel zum Befestigen des Werkzeugs“ im Sinne des Klagepatents. Soweit die Ansprüche ihrem Wortlaut nach eine Mehrzahl von Befestigungsmitteln benennen, rechtfertige sich die Verwendung des Plurals bereits daraus, dass sowohl Mittel zur verdrehsicheren als auch zur axialen Verriegelung vorgesehen seien.
- Die angegriffene Ausführungsform weise darüber hinaus erste axial verriegelnde Mittel, die als Klinke vorgesehen an den Befestigungsmitteln ausgebildet sind, und zweite axial verriegelnde Mittel, die als Kerbe vorgesehen an dem Längskörper zum Verriegeln der Klinke darin ausgebildet sind, auf. Der Fachmann erkenne in diesem Zusammenhang, dass eine räumlich-körperliche Gestaltung der axial verriegelnden Mittel derart gegeben sein müsse, dass das erste Mittel als „Klinke“ und das zweite Mittel als „Kerbe“ ausgestaltet sein müsse. Die sich daraus ergebende Ausgestaltung einer Klinke müsse danach jedenfalls derart sein, dass ein Zusammenwirken des ersten mit dem zweiten axialen Verriegelungsmittel möglich sei, und zwar so, dass das erste axiale Verriegelungsmittel in eine in dem Längskörper befindliche Aussparung eingreifen könne, und dadurch eine Verriegelung sowohl des ersten axial verriegelnden Mittels als auch des Befestigungsmittels als solchem herbeigeführt werde. Darüber hinaus seien die Klinke an den Befestigungsmitteln und die Kerbe an dem Längskörper ausgebildet. Der Schutzbereich der Ansprüche umfasse zwar nicht nur das in Abschnitt [0017] des Klagepatents erläuterte Ausführungsbeispiel einer „hakenartigen“ Klinke; er sei jedoch auf solche Ausführungsformen beschränkt, die denjenigen Wirkmechanismus der offenbarten Klinke aufwiesen. Dieser sei dadurch gekennzeichnet, dass das Bewegen eines an dem Befestigungsmittel befindlichen starren Körpers in eine in dem Längskörper befindliche Aussparung zu einer Verriegelung führe, mithin gerade das Zusammenspiel von Kerbe und Klinke die Beweglichkeit des Befestigungselements hindere. Das Einbringen des starren Körpers in die Aussparung des Längskörpers dürfe nicht mit einem Aufwand verbunden sein, der dem Erreichen des erfindungswesentlichen Vorteils, das Befestigungsmittel an dem Längskörper verschiebbar zu halten, entgegenstehe. Weitergehende Anforderungen seien dem Klagepatent nicht zu entnehmen. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, dass unter einer Klinke nur ein starrer Körper zu begreifen sei, der um einen Drehpunkt gelagert sei, und/oder der eine Vorzugserstreckung aufweise. Vielmehr könne die nach der Lehre des Klagepatents sperrende Wirkung auch durch einen runden oder quadratischen Gegenstand, der in eine Kerbe eingebracht wird, herbeigeführt werden. Ausgehend hiervon seien die Positionierungskugeln des Befestigungsmittels der angegriffenen Ausführungsform als Klinke im Sinne des Klagepatentes zu verstehen, da sie selbsttätig eine Vorschubbewegung in das als Nut ausgestaltete Festklemmglied des Längskörpers, das eine erfindungsgemäße Kerbe darstelle, vollzögen.
- Es lägen auch Verletzungshandlungen der Beklagten vor. Das festgestellte Angebot rechtfertige die Verurteilung wegen aller weiteren Handlungsalternativen, auch wenn für diese kein konkreter Nachweis erbracht worden sei.
- Das gesonderte Angebot des Längskörpers, bei dem es sich um ein wesentliches Mittel der Erfindung handele, rechtfertige die Verurteilung wegen mittelbarer Patentverletzung. Diese führe auch zu einem vollständigen Unterlassungsgebot. Aus den vorgelegten Unterlagen sei keine technisch und wirtschaftlich sinnvolle patentfreie Nutzungsmöglichkeit des Längskörpers ersichtlich. Nach dem Werbeauftritt der Beklagten würden die Längskörper allein im Zusammenhang mit den Befestigungsmitteln der angegriffenen Ausführungsform beworben. Die mit einer sekundären Darlegungslast belastete Beklagte habe demgegenüber nicht vorgetragen, dass der Längskörper auch ohne die Befestigungsmittel, die in Kombination mit dem Längskörper einen klagepatentverletzenden Schnellwechseldorn entstehen lassen, wirtschaftlich sinnvoll patentfrei genutzt werden könne.
- Mit ihrer form-und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages macht sie im Wesentlichen geltend:
- Das Landgericht habe die Aktivlegitimation der Klägerin zu Unrecht angenommen. Ein Lizenzvertrag betreffend das Klagepatent existiere nicht. Soweit das Landgericht eine ausschließliche Lizenz aus der Vereinbarung vom 13.05.2009 hergeleitet habe, habe es zunächst seine Pflicht nach § 293 ZPO verletzt, zur Vorbereitung seiner Entscheidung das hier einschlägige niederländische Recht von Amts wegen in gesetzlicher Weise zu ermitteln. Ferner habe es seine ebenfalls aus § 293 ZPO folgende Pflicht verletzt, das niederländische Recht so auszulegen und anzuwenden, wie ein niederländischer Richter es auslege und anwende. Bei richtiger wortlautgetreuer Auslegung hätte das Landgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass durch die schlichte Erwähnung der dem Klagepatent zugrundeliegenden PCT-Anmeldung in der Vereinbarung vom 13.05.2009 keine exklusive Lizenz an dem Klagepatent eingeräumt werden sollte. Vernünftige Vertragsparteien hätten vielmehr explizit und ausdrücklich die Einräumung einer Lizenz an dem begehrten Schutzrecht geregelt. Für die Erwähnung der PCT-Anmeldung seien verschiedenste Erklärungsansätze denkbar, beispielsweise könnte die Erwähnung für eine kaufmännische Bewertung der Möglichkeiten zur Nutzbarmachung der anderen, ebenfalls in der Vereinbarung genannten PCT-Anmeldung Bedeutung haben. Aber selbst wenn sich die Vereinbarung vom 13.05.2009 auch auf das Klagepatent beziehen sollte, folge hieraus nicht die Stellung der Klägerin als exklusive Lizenznehmerin. Die Vereinbarung enthalte in Ziffer 5 nämlich eine aufschiebende Bedingung. Nachdem die Beklagte erstinstanzlich den Nichteintritt der Bedingung(en) mit Nichtwissen bestritten hat, behauptet sie in der Berufungsreplik, die Klägerin habe die Mindesttantiemen an die Patentinhaberin nicht generell und auch nicht innerhalb von drei Monaten nach per Einschreiben verschickter Inverzugsetzung gezahlt. Diese Behauptung stellt sie nun unter Zeugenbeweis, welcher ihres Erachtens nach zuzulassen sei, da das Landgericht ihr Bestreiten nur unvollständig gewürdigt und darüber hinaus entgegen § 139 ZPO auch nicht darauf hingewiesen habe, dass sie sich – aus Sicht des Landgerichts – nicht über alle erheblichen Tatsachen vollständig erklärt habe.
- Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche weder Anspruch 1 noch Anspruch 17 des Klagepatents. Die Auslegung des Landgerichts sei fehlerhaft. Die angegriffene Ausführungsform falle bereits deshalb nicht unter die Ansprüche, weil sie nur ein Befestigungsmittel, nämlich einen (1) Schnellwechseldorn umfasse und keine Mehrzahl von Befestigungsmitteln, wie die Ansprüche es ausweislich ihres Wortlauts bestimmten.
- Entgegen der Ansicht des Landgerichts könnten auch nicht die Positionierungskugeln der angegriffenen Ausführungsform als klagepatentgemäße Klinke angesehen werden. Das Landgericht habe insoweit das räumlich-körperliche Merkmal in unzulässiger Weise auf seine Funktion reduziert und zudem Aufgabe und Lösung des Klagepatents falsch bestimmt. Eine Klinke im Sinne des Klagepatents zeichne sich durch Einfachheit ihres Aufbaus und ihrer Herstellung sowie durch ihre längliche Erstreckung bzw. Vorzugserstreckung (wie bei einer hakenartigen Klinke) aus. Charakteristisch sei zudem eine Schwenkbewegung. Der Fachmann stelle sich unter einer Klinke im Werkzeug- und Maschinenbereich einen um einen Zapfen drehbar gelagerten kurzen Hebel vor, welcher die Bewegung eines anderen Teils sperre. Ein Hebel in diesem Sinne sei wiederum nichts anderes als ein seinerseits starrer Körper, der um einen Drehpunkt drehbar sei. Die Verriegelungsbewegung der hakenartigen Klinke müsse dem Klagepatent zufolge senkrecht zur Längsachse (transversal) ausgeführt werden. Die Patentinhaberin habe überdies, wie insbesondere die Entstehungsgeschichte und die Aufnahme des in Abschnitt [0017] des Klagepatents beschriebenen Ausführungsbeispiels in die Ansprüche zeige, eine Auswahlentscheidung getroffen. Der Schutzbereich des Klagepatents sei auf die in den Figuren 1-3 der Klagepatentschrift wiedergegebenen hakenartigen Klinken beschränkt. Der vom Klagepatent gewürdigte Stand der Technik, die WO …1 (Anl. GDM 10) und die WO …2 (Anl. GDM 11), offenbarten bereits eine Verschieblichkeit des Befestigungsmittels auf dem Längskörper. Die aus dem Stand der Technik entwickelte Aufgabe löse das Klagepatent, indem es die Mittel zum axialen Verriegeln näher spezifiziere, nämlich als Klinke und Kerbe. Unter Berücksichtigung der Aufgabe sollten diese besonderen axial verriegelnden Mittel zudem in besonderem Maße konstruktiv und funktional vereinfacht sein, so dass eine Produktion des Gesamtgegenstandes einfacher und kostengünstiger möglich sei. Von alledem könne bei der angegriffenen Ausführungsform keine Rede sein.
- Abgesehen davon habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass eine mittelbare Patentverletzung gegeben sei. Der Längskörper sei kein Mittel, das sich auf ein Element der Erfindung beziehen, weil er nichts zur erfindungsgemäßen Lösung des dem Patent zugrundeliegenden Problems beitrage. Die erfindungsgemäße Lösung sei dadurch konturiert, dass sie eine konstruktiv und funktional vereinfachte Klinke darstelle, welche sich insoweit vom zitierten Stand der Technik abheben müsse.
Aus rechtlichen Gründen sei das Landgericht zudem am Ausspruch eines Schlechthinverbots gehindert gewesen. Die Klägerin habe nicht einmal pauschal behauptet, dass der Längskörper ausschließlich in patentverletzender Weise verwendet werden könne. In Ermangelung der (auch nur pauschalen) Behauptung des Fehlens einer patentfreien Nutzungsmöglichkeit sei sie, die Beklagte, auch nicht gehalten gewesen, patentfreie Nutzungsmöglichkeiten zu benennen. Das Landgericht habe die insoweit bestehende Darlegungs- und Beweislast offensichtlich verkannt. Ferner habe das Landgericht die ersichtliche Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass der Längskörper evidenter Weise als einfacher Bohrer in eine Bohrmaschine eingespannt patentfrei genutzt werden könne. Die Einkerbung könne hierbei zur Befestigung einer unüberschaubaren Vielzahl von Werkzeugen dienen, von Lochsägen über Abstandshaltern hin zu Schutzschildern. Es könnten beispielsweise Produkte entsprechend der Ausführungsbeispiele der US…1, der DE…X2 oder der WO …3 (Anl. GDM 10) an der Einkerbung des angegriffenen Längskörpers befestigt werden. Zudem bestehe die Möglichkeit des Fixierens einer Schraube in der Einkerbung, wie beispielsweise in der WO …4 (Anl. K11 der Nichtigkeitsklage) gezeigt. - Schließlich habe das Landgericht eine fehlerhafte Kostenentscheidung getroffen, indem es die teilweise Klagerücknahme der Klägerin, die in der nachträglichen Begrenzung des Unterlassungsbegehrens auf die Bundesrepublik Deutschland zu sehen sei, unberücksichtigt gelassen habe.
- Überdies sei der Rechtsstreit auszusetzen. Anspruch 1 und Anspruch 17 seien nicht neu gegenüber der WO …2 (Anl. GDM 11) und der US…2 (Anl. K6 der Nichtigkeitsklage). Darüber hinaus sei es auch mehr als wahrscheinlich, dass das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit vernichtet werde, insbesondere aufgrund der WO …4 (Anl. K 11 der Nichtigkeitsklage).
- Die Beklagte beantragt,
- unter Abänderung des am 15.11.2016 verkündeten Urteils der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf, Az. 4a O 10/16, die Klage abzuweisen,
- den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.
- Die Klägerin beantragt,die Berufung zurückzuweisen,
- mit der Maßgabe, dass hinter „ausgebildet sind“ in c) des Ausspruchs I. 1 des angefochtenen Urteils die Worte „wobei die Kerbe dichter am Werkzeugende (ohne die Bohrspitze) als am Antriebsende angeordnet ist“ eingefügt werden,
- hilfsweise mit der Maßgabe, dass es unter a), b) und c) des Ausspruchs 1. des angefochtenen Urteils heißt:
- a) Schnellwechseldorn für ein Werkzeug umfassend: einen Längskörper mit einem Antriebsende und einem Werkzeugende; Mittel zum Befestigen des Werkzeugs, welche Befestigungsmittel von dem Längskörper verschieblich lösbar sind und versehen sind mit: einem mittigen durchgehenden Loch, welches das Verschieben der Befestigungsmittel über den Längskörper gestattet, und Mitteln zum verdrehsicheren und axialen Verriegeln der Befestigungsmittel an dem Längskörper, wobei die axial verriegelnden Mittel umfassen: erste axial verriegelnde Mittel, die als Klinke, insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln ausgebildet sind, und zweite axial verriegelnde Mittel, die als Kerbe, insbesondere Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper zum Verriegeln der Klinke darin ausgebildet sind.
- anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
- b) Befestigungsmittel zum Befestigen eines Werkzeugs, welche Befestigungsmittel verschieblich lösbar von einem Längskörper sind und versehen sind mit: einem zentralen durchgehenden Loch, das ein Schieben der Befestigungsmittel über den Längskörper gestattet, und Mitteln zum verdrehsicheren und axialen Verriegeln der Befestigungsmittels am Längskörper, wobei die axial verriegelnden Mittel umfassen: erste axial verriegelnde Mittel, die als Klinke, insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln ausgebildet sind, und zweite axial verriegelnde Mittel, die als Kerbe, insbesondere als Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörpers zum Verriegeln der Klinke darin ausgebildet sind,
- anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
- c) Längskörper mit einem Antriebsende und einem Werkzeugende sowie zweite axial verriegelnde Mittel, die als Kerbe, insbesondere als Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper zum Verriegeln der Klinke darin ausgebildet sind, wobei die Kerbe dichter am Werkzeugende (ohne die Bohrspitze) als am Antriebsende angeordnet ist,
- welche dazu geeignet sind, mit Mitteln zum Befestigen eines Werkzeugs, welche Befestigungsmittels von dem Längskörper verschieblich lösbar sind und versehen sind mit: einem mittigen durchgehenden Loch, welches das Verschieben der Befestigungsmittels über den Längskörper gestattet, und Mittel zum verdrehsicheren und axialen Verriegeln der Befestigungsmittels an dem Längskörper, wobei die axial verriegelnden Mittel umfassen: Erste axial verriegelnde Mittel, die als Klinke, insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmittels ausgewählt sind, und vorgenannte zweite axial verriegelnde Mittel, ein Schnellwechseldorn für ein Werkzeug bilden,
- Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,
- hilfsweise, ohne
- – in Angeboten, Lieferunterlagen und Benutzungsanleitungen optisch gleichwertig mit blickfangmäßig am stärksten hervorgehobenen Vorteilsangaben und/oder Benutzungshinweisen darauf hinzuweisen, dass die Längskörper nicht mit einer in der Kerbe verriegelnden Schnellwechselvorrichtung für Werkzeuge wie Lochsägen verwendet werden dürfen,
- – im Fall des Lieferns an gewerbliche Abnehmer diesen unter Auferlegung einer an die Klägerin zu zahlenden Vertragsstrafe von 5.000 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, mindestens jedoch 250 € pro Längskörper, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Längskörper nicht ohne Zustimmung der Klägerin mit vorgenannten Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorn für ein Werkzeug zu verwenden oder für diese Verwendung anzubieten oder weiter zu liefern.
- Unter Vertiefung und Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil im Wesentlichen wie folgt:
- Sie sei aktiv legitimiert. Mit Vertrag vom 26.06.2004 (Anl. GDM 4/4T) habe die Patentinhaberin ihr eine Lizenz für Herstellung und Vertrieb der im Vertrag genannten Sägen, Bohrdorne und des Zubehörs erteilt. In diese Lizenz sei durch Vereinbarung vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) die Anmeldung des Klagepatents sowie das Klagepatent einbezogen worden. Die Lizenz habe ursprünglich exklusiv „relativ exklusiv“ in dem Sinne sein sollen, dass die Patentinhaberin unter bestimmten Voraussetzungen eine weitere Lizenz an A-Marken-Hersteller vergeben durfte. Das Recht zur Vergabe einer weiteren Lizenz, von dem niemals Gebrauch gemacht worden sei, sei in Ziffer 5 der Vereinbarung vom 13.05.2009 sodann abändernd unter die aufschiebende Bedingung gestellt worden, dass Zahlungen der Mindestlizenzgebühren ausfallen. Darlegungs- und beweisbelastet für den Eintritt der aufschiebenden Bedingung sei, wie das Landgericht zu Recht angenommen habe, die Beklagte. Folglich könne diese nicht nur (mit Nichtwissen) bestreiten, sondern müsse vortragen und unter Beweis stellen, dass die Bedingung(en) eingetreten ist bzw. sind. Dies habe sie indes nicht getan. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsreplik mit einem Beweisangebot komme, sei dies nicht zuzulassen, da die Beklagte nicht vorgetragen habe, dass sie ihr Beweisangebot schon auf den (vermeintlich notwendigen und fehlenden) Hinweis des Landgerichts unterbreitet hätte. Abgesehen davon habe sie die Bedingung(en) der Ziffer 5 stets eingehalten. Seit Dezember 2008 habe sie stets rechtzeitig die Mindestlizenzgebühr gezahlt. Ein Einschreiben, wie es in Ziffer 5 als weitere Voraussetzung für einen Zahlungsverzug genannt werde, habe es nie gegeben. Damit sei die erteilte Lizenz jedenfalls seit Abschluss des Vertrages am 13.05.2009 uneingeschränkt ausschließlich.
- Das Landgericht habe zu Recht erkannt, dass das Klagepatent mit „Befestigungsmittel“ ohne weiteres auch Teile meine, die nicht alle mit dem Werkzeug in Berührung kommen müssten, und dass es dem Klagepatent nicht darauf ankomme, aus wie vielen Teilen die Befestigungsmittel im Einzelnen gebildete seien. Es verlange auch nicht, dass ein oder mehrere Mittel überhaupt ein gesondertes Bauteil zu sein hätten.
- Ferner habe das Landgericht den Begriff der Klinke richtig ausgelegt. Deckungsgleich mit dem allgemeinen Fachwissen verstehe das Klagepatent unter einer „latch“ bzw. „Klinke“ ein Verriegelungsmittel, das seine Verriegelungsposition von alleine einnehme, wohingegen zum Lösen ein Kraftaufwand erforderlich sei. Zu ergänzen dürfte deshalb nur sein, dass die im Urteil näher ausgeführte Bewegung des starren Körpers in eine Aussparung selbsttätig erfolgen können müsse, etwa durch Schwer- oder Federkraft. Eine patentgemäße Klinke zeichne sich dadurch aus, dass es als Gegenstück zur Verriegelung einer bloßen Kerbe bedürfe und nicht einer komplexer ausgeformten Struktur wie eines Gewindeloches, in das die Klinke nicht mehr einfach und selbsttätig hineinfallen könne, sondern eingedreht werden müsse. Der Anspruch besage, dass als Verriegelungsmittel am Längskörper nicht mehr (also kein Gewindeloch) und nicht weniger (also keine bloße Oberfläche) als eine Kerbe genüge. Dies wiederum grenze ein, was für Gegenstände als dazu passende Klinke in Betracht kämen. Die Kerbe und die Klinke könnten auf verschiedene Weise geformt sein. Insbesondere liege es im Falle einer Kerbe mit kreisbogenförmigen Querschnitt nahe, die Klinke daran angepasst mit einer Kugelform zu versehen. Anders als die Beklagte ausführe, träfe es auch nicht zu, dass Absatz [0017] des Klagepatents eine Klinke nur in einer ganz bestimmten Form beschreibe, vielmehr werde in dem Absatz nur eine der denkbaren Möglichkeiten erläutert. Von der dort beschriebenen Variante sei lediglich der Aspekt einer transversalen Beweglichkeit im Sinne einer Querklinke in den Anspruch aufgenommen worden, jedoch ausdrücklich nur innerhalb eines „insbesondere“-Einschubs. Dass die Schwenkbarkeit überhaupt keine Erwähnung im Anspruch gefunden habe, zeige unzweifelhaft, dass es u.a. darauf nicht ankomme. Des Weiteren sei es auch keineswegs Ziel des Klagepatents, die Klinke konstruktiv zu vereinfachen. Die Vorgabe der konstruktiven Vereinfachung beziehe sich, wie der Fachmann unschwer erkenne und wie das Klagepatent auch ausdrücklich erläutere, darauf, dass nicht mehr mehrere Schäfte miteinander gekoppelt werden müssten, sondern der Führungsbohrer selbst den Längskörper bilden könne.
- In der WO …1 (Anl. GDM 10) würden die Befestigungsmittel durch eine Gewindeverbindung gebildet; es sei mit den dort offenbarten Ausführungsformen auch kein einfaches Herausschieben des Bohrkerns möglich. Deshalb verstehe der Fachmann die Bezugnahme des Klagepatents auf diesen Stand der Technik nicht dahin, dass das Befestigungsmittel dieser Schrift sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 17 des Klagepatents aufweisen würde. Die Bezugnahme zeige vielmehr, dass diese Schrift gattungsgemäße Befestigungsmittel offenbare, also Mittel zum Befestigen eines Werkzeugs an einem Längskörper. Die WO …2 (Anl. GDM 11) werde von der Beklagten in einer Weise gewürdigt, die völlig von der Würdigung im Klagepatent abweiche. Diese Schrift sehe nur insoweit einen Fortschritt gegenüber der WO …1 vor, als dass zum Lösen und Befestigen der Säge (am Längskörper) aufgrund der offenbarten bajonettartigen Verbindung nur noch eine 60˚-Umdrehung statt eines Abschraubens mit mehreren 360˚-Drehungen für die Gewindeverbindung erforderlich sei. Es seien jedoch immer noch mehrere Handgriffe, eine beidhändige Betätigung sowie ein vollständiges Lösen der Säge erforderlich. Die in der WO …2 gezeigten Ausführungsformen offenbarten auch keineswegs eine Vorrichtung, die unter Anspruch 1 des Klagepatents subsumiert werden könnte.
- Das Schlechthinverbot rechtfertige sich daraus, dass es der Beklagten zuzumuten sei, die Längskörper ohne die anspruchsgemäßen Kerben zu vertreiben. Das Weglassen der dafür erforderlichen Fertigungsschritte führe zu Kosteneinsparungen. Dabei bleibe es auch, wenn die Beklagte nun rein theoretische anderweitige Nutzungsmöglichkeiten für solche Kerben aufzeige. Sie müsste schon darüber hinaus dartun, dass die dafür erforderlichen Gerätschaften den Abnehmern auch verfügbar und ferner mit der angegriffenen Ausführungsform kompatibel seien. Beides sei indes nicht der Fall. Für die vermeintliche Nutzungsmöglichkeit mit einer Fixierschraube wäre die Kerbe sogar störend, denn bei dem von den Beklagten benannten System benötige die Klemmschraube eine glatte Oberfläche am Längskörper, die frei von Kerben sein müsse.
- Die Nichtigkeitsklage habe keine Aussicht auf Erfolg, wobei im Rahmen der Aussetzungsentscheidung die zögerliche Handhabung der Nichtigkeitsklage durch die Beklagte mit zu berücksichtigen sei.
- Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
- II.
- Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Ansprüche 1 und 17 unmittelbar wortsinngemäß, der angegriffene Längskörper verwirklicht Anspruch 1 mittelbar wortsinngemäß. Soweit der Ausspruch zur mittelbaren Patentverletzung mit Ziffer 1 dieses Urteils eine Ergänzung erfahren hat, handelt es sich lediglich um eine Klarstellung entsprechend des klägerischen Antrages, nicht hingegen um eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils. Eine Veranlassung, den Rechtsstreit auszusetzen, besteht nicht.
- 1)
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass sie aufgrund der mit der Patentinhaberin am 13.05.2009 geschlossenen Vereinbarung (Anl. GDM 5/5T) ausschließliche Lizenznehmerin des Klagepatents ist. - a)
Die zwischen der Klägerin und der Patentinhaberin am 13.05.2009 geschlossene Vereinbarung (Anl. GDM 5/5T) erstreckt die mit Vertrag dieser Parteien vom 26.06.2004 (Anl. GDM 4/4T) geschlossene Lizenzvereinbarung auf das Klagepatent. - Die mit „Nachtrag zu dem Vertrag …D – …F“ überschriebene Vereinbarung vom 13.05.2009 konkretisiert und verdeutlicht laut seinen einführenden Bemerkungen den am 26.06.2004 zwischen den Parteien geschlossenen Lizenzvertrag. Er ersetzt, wie es in den einleitenden Bemerkungen weiter heißt, alle vorherigen Nachträge, Anträge, Mitteilungen und Vorschläge. Im Fall von Widersprüchen zwischen dem Inhalt des „Originalvertrages“ und dem Inhalt des Nachtrages haben die Bestimmungen des Nachtrages Vorrang.
- Ziffer 2. der Vereinbarung vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) lautet:
„Die unter 1.1 des Originalvertrages der H (sic: Klägerin) erteilte Lizenz für Europa wird hiermit bis zu dem Moment verlängert, zu dem das letzte Patent ausläuft, basierend auf PCT…..0 oder PCT…..00, und zwar unter der Bedingung, dass die unter 3 genannten Tantiemen korrekt und rechtzeitig G (sic: Patentinhaberin) gezahlt wurden. Wenn die genannte Bedingung nicht erfüllt ist, kann G diesen Vertrag einschließlich dieses Nachtrages durch Versand eines Einschreibens an H kündigen. H erhält nach schriftlicher Aufforderung durch G Gelegenheit, innerhalb von drei Monaten nachträglich die Zahlungsverpflichtung zu erfüllen.“ - Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zwar zu Recht darauf hin, dass sich die Auslegung dieser Bestimmung bzw. der Vereinbarung vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) insgesamt nach niederländischem Recht richtet und den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht entnommen werden kann, ob das Landgericht die sich aus § 293 ZPO ergebenden Folgen und Pflichten zutreffend erkannt hat. Letzteres erscheint vor allem deshalb zweifelhaft, weil das Landgericht ohne Nennung etwaig zu Rate gezogener Rechtsquellen und/oder Rechtspraxis lediglich ausgeführt hat, es sei weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich, dass im niederländischen Recht andere Auslegungsgrundsätze als die zu §§ 133, 157 BGB entwickelten gelten. Schlussendlich kann dies indes dahingestellt bleiben, weil auch bei Anwendung des maßgeblichen niederländischen Rechts von einer Einbeziehung des Klagepatents in die Lizenzvereinbarung aus dem Jahre 2004 auszugehen ist.
- aa)
Nach § 293 ZPO ist vom nationalen Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen die Anwendbarkeit ausländischen Rechts zu prüfen (BGH NJW 2009, 916; BGH MDR 1997, 680). Da es sich bei dem ausländischen Recht nicht um eine Tatsache handelt, sondern um einen Rechtssatz, verfangen die Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast nicht (BGH NJW 1993, 1073; OLG Düsseldorf Urt. v. 27.2.2014 – 15 U 1/14; BeckOK PatR/Voß PatG § 139 Rn. 146; Cepl/Voß/Rinken, ZPO-Kommentar zum gewerblichen Rechtsschutz, 1. Aufl., § 293 Rn. 10). An einen übereinstimmenden Vortrag der Parteien zum ausländischen Recht ist das Gericht demnach nicht gebunden. Ein Bestreiten einer Partei ist nicht notwendig. Eine Beweislastentscheidung zuungunsten einer Partei scheidet aus (BGH Beschl. v. 21.11.2012 – I ZR 144/09 BeckRS 2012, 01018). Das ausländische Recht ist vom Gericht selbst zu ermitteln, wobei bzgl. der Ermittlungsart und Weise ein Ermessen besteht. Die Ermittlung des fremden Rechts darf sich allerdings nicht auf die Heranziehung der Rechtsquellen beschränken, sondern muss auch die konkrete Ausgestaltung des Rechts in der ausländischen Rechtspraxis, insbesondere die ausländische Rechtsprechung berücksichtigen (BGH ZIP 2015, 2331; BGH NJW 2014, 1244). - bb)
Nach der grundlegenden Entscheidung „Haviltex“ des Obersten Gerichtshofs der Niederlande (Hoge Raad der Nederlanden) vom 13.03.1981 (ECLI:NL:1981:AB4158) genügt es bei der Auslegung einer Vertragsbestimmung nicht, allein auf den Wortlaut der schriftlichen Vereinbarung abzustellen. Vielmehr sind auch die Bedeutung und die Erwartungen in Betracht zu ziehen, die die Parteien unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise der Vertragsbestimmung beimessen. Wichtig sein kann in diesem Zusammenhang zudem, welchen sozialen Kreisen die Parteien angehören und welche rechtlichen Kenntnisse von ihnen zu erwarten sind. Bedeutung erlangen können ferner der Kontext der betreffenden Vertragsbestimmung, ihre Geschichte, die Plausibilität der rechtlichen Konsequenzen der einen oder anderen Auslegung, die Art der Vereinbarung und das Verhalten der Parteien nach Abschluss des Vertrages (Vgl. auch ECLI:NL:HR:2008:BC6699 – Zutekow/Van Oort; Spanjaard, Recht doen aan wat partijen bedoelen, Contracteren maart 2017, Nr. 1, S. 29 ff.). - Ist der Vertrag zwischen „kommerziellen“ Parteien geschlossen, welche den Vertrag zuvor ausgehandelt haben und die zudem rechtskundig beraten worden sind, ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der Niederlande allerdings der sprachlichen (Text-)Fassung der Vertragsbestimmung größeres Gewicht beizumessen. Der von den Vertragsparteien gewählte Wortlaut der Bestimmung ist unter diesen Umständen von ausschlaggebender Bedeutung (ECLI:NL:HR:2007:AZ3178 – Meyer/Pontmeyer; ECLI:NL:HR2007:BA4909 – L´Orage/Uni-Invest; ECLI:HR2013:BY8101 – Lundiform/Mexx). Dies bedeutet jedoch nicht, dass sämtliche anderen Auslegungskriterien nicht beachtet werden dürften. Auch dann können nämlich nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die sonstigen Umstände des Falles zu dem Ergebnis führen, dass eine andere Bedeutung als die sprachliche Fassung der Vertragsbestimmung angebracht ist. Ausschlaggebend bleiben stets die Bedeutung und die Erwartungen, die die Parteien unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise der Vertragsbestimmung beimessen (ECLI:HR2013:BY8101 – Lundiform/Mexx). Welche Bedeutung einer Vertragsbestimmung zukommt, hängt auch insoweit von den Umständen des Einzelfalls ab einschließlich der Formulierung der Klausel, ihrer Art, ihrem Inhalt und Umfang, ihrem Detailgrad und auf welche Weise sie damals in den Vertragsverhandlungen zur Sprache gekommen und in den Vertrag aufgenommen worden ist (ECLI:HR2013:BY8101 – Lundiform/Mexx).cc)
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist festzustellen, dass Ziffer 2 des Vertrages vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) das Klagepatent in die bestehende Lizenzvereinbarung aus dem Jahre 2004 einbezieht. - Die Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass in dieser Ziffer 2 nicht ausdrücklich formuliert ist, dass an dem Klagepatent eine Lizenz erteilt wird oder dass die erteilte Lizenz für Europa auf das Klagepatent erweitert wird. Ebenso zutreffend ist, dass für den Vertrag vom 13.05.2009 die Maßstäbe gelten, die für Vertragsschlüsse zwischen „kommerziellen“ Parteien gelten, denn die Patentinhaberin und die Klägerin sind als geübte Personen des Wirtschaftslebens (Kaufleute) aufgetreten und haben die Vertragsbedingungen miteinander ausgehandelt. Darüber hinaus haben sie bei Abfassung des Vertragstextes, wie die Klägerin ausgeführt hat, juristischen Beistand in Anspruch genommen. Dem Wortlaut bzw. der sprachlichen Fassung der Ziffer 2 kommt deshalb bei Anwendung der unter bb) dargestellten Auslegungsmaßstäben große Bedeutung zu. Nach ihrem wortgetreuen Verständnis hat sie folglich (mindestens) dazu geführt, dass die „erteilte Lizenz“ (gemeint ist die Lizenz gemäß dem Vertrag vom 26.06.2004 (Anl. GDM 4/4T) bis zu dem Moment verlängert wird, zu dem das letzte Patent basierend auf PCT…..0 (dies ist die Anmeldung des Klagepatents) oder PCT…..00 ausläuft.
- Die Ziffer 2 ist allerdings nicht nur als reine Verlängerungsbestimmung zu verstehen. Es ist augenfällig, dass die gewählte Formulierung offenlässt, weshalb für die (schlichte) Verlängerung der bereits erteilten Lizenz die Anmeldung des Klagepatentes von Belang sein könnte. Auch die von der Beklagten vorgetragenen Gründe stehen dort gerade nicht geschrieben. Angesichts dessen ist unter Heranziehung der übrigen Auslegungskriterien zu erforschen, welche Bedeutung die Parteien als vernünftige Vertragsparteien dieser Vertragsbestimmung beimessen wollten.
- Hierbei kann zunächst nicht außer Acht gelassen werden, dass die mit Vertrag vom 26.06.2004 (Anl. GDM 4/4T) erteilte Lizenz eine siebenjährige Laufzeit haben sollte (Ziffer 1.1), wobei sich der Vertrag jeweils automatisch um ein weiteres Jahr verlängert, wenn er nicht rechtzeitig gekündigt worden ist (Ziffer 1.4 Anl. GDM 4/4T). Eine Verlängerung der auf die PCT…..00 bezogenen Lizenz mittels eines weiteren Vertrages wäre angesichts dessen nach fünf Jahren (2009) nicht notwendig gewesen. Dass eine solche Verlängerung gleichwohl erfolgte, wobei vor allem die PCT-Anmeldung des Klagepatents an erster Stelle genannt wird und ausdrücklich von Bedeutung sein sollte, lässt den Schluss zu, dass mit der sprachlich unglücklichen Fassung auch zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die erteilte und verlängerte Lizenz ebenso für die PCT-Anmeldung des Klagepatents bzw. das Klagepatent gelten soll. Denn für diesen Fall macht die Nennung der PCT-Anmeldung offenkundig Sinn. Von dem Lizenzvertrag vom 26.06.2004 war diese nämlich nicht erfasst; die Anmeldung des Klagepatents erfolgte erst am 04.12.2004. Die Nennung der PCT-Anmeldung des Klagepatents als schlichter Berechnungsfaktor für die Laufzeit des Lizenzvertrages für die PCT…..00 macht demgegenüber kaum Sinn. Die von der Beklagten (spekulativ) ins Feld geführten denkbaren Gründe überzeugen nicht. Es erschließt sich vor allem nicht, weshalb vernünftige Vertragsparteien für die Laufzeit eines Lizenzvertrages über ein bestimmtes Schutzrecht die Laufzeit eines anderen Schutzrechtes heranziehen sollten und/oder weshalb dies insbesondere für eine kaufmännische Betrachtung des Wertes des einen bestimmten lizensierten Schutzrechtes von Bedeutung sein sollte.
- Für die Einbeziehung der PCT-Anmeldung des Klagepatents bzw. des Klagepatents in die erteilte Lizenz spricht zudem Ziffer 10 der Vereinbarung vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T), wonach die Kosten für die Abwicklung und Fortführung von Patentanmeldungen und Patenten für Europa, die mit der PCT…..0, veröffentlicht als WO …5 zusammenhängen, von der Klägerin getragen werden. Sinn macht die Übernahme der Kosten für die PCT-Anmeldung des Klagepatents bzw. das Klagepatent augenscheinlich, wenn der Klägerin hieran eine Lizenz gewährt wird. Vernünftige Parteien eines Lizenzvertrages würden demgegenüber nicht die Erwartung hegen, dass ein Lizenznehmer auch die Kosten für Schutzrechte übernimmt, die von der Lizenz nicht erfasst sind. Demzufolge würde ein vernünftiger Lizenznehmer eine solche Verpflichtung nicht übernehmen und ein Patentinhaber die Übernahme der Verpflichtung nicht erwarten.
- Ein weiterer Anhalt für die Einbeziehung des Klagepatents ist die in Ziffer 3d der Vereinbarung vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) vereinbarte Vergütungspflicht „für den zu den Produkten gehörenden Adapter in der Variante, dass dieser mit der Lochsäge kombiniert oder daran integriert ist“. Ein derartiger Adapter ist der PCT…..00 bzw. dem daraus resultierenden Patent nicht zu entnehmen. Auch nicht in Anspruch 10, auf den die Beklagte verweist, denn dort geht es um eine Kombination eines Schnellwechseldorns und einer Säge. Die Übernahme einer Vergütungspflicht für ein Produkt, das dem ursprünglich lizenzierten Schutzrecht nicht unterfällt, entbehrt ebenfalls eines Sinns.
- In die gleiche Richtung weist der (unstreitige) Umstand, dass die Klägerin seit Jahren mit einem Produkt auf dem Markt ist, das ausschließlich dem Klagepatent unterfällt, nicht aber der PCT…..00 bzw. dem daraus resultierenden Patent. Die Klägerin hat darüber hinaus – selbst nach dem Vortrag der Beklagten, die nicht behauptet, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt irgendeine Lizenzgebühr gezahlt hätte – Lizenzgebühren an die Patentinhaberin abgeführt. Dies ist nur vernünftig und sinnvoll, wenn das Klagepatent von der erteilten Lizenz umfasst ist. Die Vertragsparteien des Vertrages vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) haben diese Vereinbarung mithin so gelebt, dass sie das Klagepatent als einbezogen betrachtet haben. Ein Anhalt dafür, dass eine der Parteien der Vereinbarungen ein – im Sinne der Beklagten – abweichendes Verständnis vom Inhalt der Vereinbarung vom 13.05.2009 und/oder vom Inhalt der Vereinbarung 26.06.2004 hat, besteht nicht.
- b)
Der Klägerin ist hinsichtlich des Klagepatents eine ausschließliche Lizenz erteilt worden. Aus Ziffer 5 des Vertrags vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) folgt nichts anderes. - aa)
Mit Ziffer 1.1, 3.1, 7.4 des Vertrages vom 26.06.2004 (Anl. GDM 4/4T) gewährte die Patentinhaberin der Klägerin eine Lizenz für die Herstellung und den Vertrieb von Produkten gemäß der diesem Vertrag vorangestellten Definitionen in Europa. Der Lizenzvertrag als solcher stand unter keiner Bedingung; die in ihm vereinbarten Rechtsfolgen sollten uneingeschränkt sofort bei Abschluss des Lizenzvertrages eintreten. - Die erteilte Lizenz war nach Ziffer 2 des Vertrages vom 26.06.2004 „relativ exklusiv“. Diese bedeutete laut Ziffer 2.1, dass sich die gewährte Lizenz für die Klägerin als „exklusiv für Europa für die in Anlage II beschriebenen Abmessungen“ versteht. Mit Ziffer 2.2 gewährleistete die Patentinhaberin, dass neben der Klägerin nur ein sogenannter A-Marken-Hersteller in Europa als weiterer Lizenznehmer eingesetzt wird, allerdings beschränkt auf eine bestimmte einzige Abmessung der Verbindung zwischen Halterung und Lochsäge, die nicht mit den Abmessungen der Klägerin übereinstimmen sollten.
- Diese Regelung war unstreitig dem Umstand geschuldet, dass die Patentinhaberin in den Tagen zwischen der Abstimmung des Vertragstextes (18.06.2004) und der Unterzeichnung (26.06.2004) bei etwaigen A-Marken-Herstellern anfragen und klären wollte, ob Interesse an einer Lizenz zu welchen bestimmten Maßen besteht. Ein Interessent fand sich indes nicht. Die Anlage II wurde nicht erstellt.
- bb)
Die Vereinbarung vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) greift die Möglichkeit der Patentinhaberin zur Vergabe einer Lizenz an einen A-Marken-Hersteller auf, bestimmt aber in Abänderung der Ziffer 2 des Vertrages vom 26.06.2004 (Anl. GDM 4/4T) nunmehr in Ziffer 5:
„Nur sofern die unter 3a genannten Mindesttantiemen auch tatsächlich von H (sic: Klägerin) rechtzeitig an G (sic: Patentinhaberin) gezahlt wurden, sagt G zu, die Möglichkeit, einen A-Marken-Hersteller neben H einzusetzen, nicht zu nutzen. Unter nicht rechtzeitiger Zahlung wird verstanden, dass auch nach per Einschreiben verschickter Inverzugsetzung innerhalb von drei Monaten keine Zahlung erfolgt ist.“ - Bereits dem Wortlaut der Bestimmung, die gleichfalls nach niederländischem Recht entsprechend der obigen Grundsätze auszulegen ist, ist zu entnehmen, dass (auch) bis zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages keinem A-Marken-Hersteller eine Lizenz erteilt worden ist. Eine (ursprünglich mögliche) Einschränkung der der Klägerin erteilten Lizenz auf bestimmte Abmessungen wurde aufgegeben; eine Anlage II wird nicht mehr erwähnt. Die erteilte Lizenz umfasst demnach seit dem 13.05.2009 alle Abmessungen.
- Der Patentinhaberin soll nach dem Wortlaut der Ziffer 5 jedoch (weiterhin) grundsätzlich die Berechtigung zustehen, (in Zukunft) an einen A-Marken-Hersteller eine Lizenz vergeben zu können. Diese Berechtigung ist allerdings ausdrücklich an das Vorliegen zweier – negativ formulierter – Bedingungen geknüpft: 1. nicht rechtzeitige Zahlung der Mindesttantiemen seitens der Klägerin und 2. keine fristgerechte Zahlung nach Inverzugsetzung per Einschreiben.
Die Ziffer 5 befasst sich demnach allein mit der Möglichkeit bzw. der Berechtigung der Patentinhaberin auf Erteilung einer weiteren Lizenz an einen Dritten. Nur diese ist an Bedingungen geknüpft. Ziffer 5 enthält demgegenüber keine Regelung zum Bestand und/oder zur Wirksamkeit des mit der Klägerin geschlossenen Lizenzvertrages. Es ist insbesondere nicht die Rede davon, dass die erteilte Lizenz als solche in irgendeiner Weise bedingt wäre. Die mit der Vereinbarung vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) vereinbarten Rechtsfolgen sollten – ohne Beschränkung bei den Abmessungen – vielmehr sofort eintreten. Ebenso wenig ist der Ziffer 5 zu entnehmen, dass beim Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausübung der Möglichkeit bzw. Berechtigung die der Klägerin erteilte Lizenz automatisch erlischt oder beendet wird. Auch in diesem Fall wäre, wie Ziffer 2 des Vertrages vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) zeigt, eine Kündigung vonnöten. - Für den Eintritt der in Ziffer 5 Satz 2 des Vertrages vom 13.05.2009 (Anl. GDM 5/5T) aufgeführten Bedingungen trägt, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, die Beklagte nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast, weil sie aus diesen für sich günstige Folgen ableiten will. Dies hat zur Folge, dass sich die Beklagte gem. § 138 ZPO aus prozessualen Gründen nicht auf (schlichtes) Bestreiten mit Nichtwissen beschränken kann, sondern ein (positiver) Vortrag zum Vorliegen der Bedingungen erforderlich ist, der sodann von ihr zu beweisen wäre.
Soweit die Beklagte erstmalig in der Berufungsduplik den Eintritt der erforderlichen Bedingungen behauptet und für ihre Behauptung Beweis anbietet, ist dies nach §§ 520 Abs. 3, S. 4, 531 Abs. 2 ZPO verspätet. Die neuen Verteidigungsmittel hätten bereits in der Berufungsbegründung vorgebracht werden müssen. Die Beklagte hat sich in dieser jedoch darauf beschränkt, einen Verstoß des Landgerichts wegen des Fehlens eines vorherigen Hinweises auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zu reklamieren und ihr Bestreiten mit Nichtwissen zu bekräftigen. Sie hat gerade nicht vorgetragen, dass sie, nachdem sie durch das angefochtene Urteil auf die zu ihren Lasten angenommene Darlegungs- und Beweislast hingewiesen wurde, das Vorliegen der notwendigen Bedingungen (positiv) behauptet. - Aber selbst dann, wenn das Vorbringen und das Beweisangebot der Beklagten nicht als verspätet anzusehen wären, verhilft ihr beides letztlich nicht zum Erfolg.
Die Klägerin ist der ihr nach den Grundsätzen von Treu und Glauben obliegenden sekundären Darlegungslast bezüglich der nur in ihrer Sphäre liegenden Tatsachen, die der Beklagten unbekannt sind, und deren Offenlegung der Klägerin zumutbar und ohne weiteres möglich ist (vgl. nur BGH GRUR 2016, 836 – Abschlagspflicht II; BGH GRUR 2014, 657 – BearShare), nachgekommen. Sie hat unter Vorlage eines Ausdrucks aus dem Online-Konto der Patentinhaberin (Anl. GDM 18) die Zahlungseingänge der Klägerin seit dem 12.12.2008 aufgelistet. Nach dieser Liste, die unwidersprochen geblieben ist, hat die Klägerin stets die Mindesttantiemen gezahlt. Ein Zahlungsverzug ist hiernach zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
Darüber hinaus darf nicht aus den Augen verloren werden, dass bei Vorliegen der genannten Bedingungen der Patentinhaberin „nur“ die Möglichkeit zugesprochen wird, ihre Berechtigung auszuüben und an einen A-Marken-Hersteller eine Lizenz zu erteilen. Aus dem Ausübungsrecht allein folgt jedoch noch nicht, ob bzw. dass die Patentinhaberin von dem ihr zustehenden Recht auch tatsächlich Gebrauch gemacht und mit einem Dritten einen Lizenzvertrag über das Klagepatent für Europa abgeschlossen hat. Nur wenn dies tatsächlich geschieht, wird jedoch das der Klägerin mit dem Vertrag gewährte uneingeschränkte positive Benutzungs- und das negative Verbietungsrecht eingeschränkt. Dass ein Lizenzvertrag mit einem A-Marken-Hersteller tatsächlich geschlossen worden ist, trägt die Beklagte nicht vor. Ebenso wenig hat sie, worauf die Klägerin hingewiesen hat, ein auf dem Markt befindliches Produkt eines etwaigen A-Marken-Herstellers benannt, was ggfs. als Indiz für den Abschluss eines entsprechenden Lizenzvertrages gewertet werden könnte. - 2)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die technische Lehre der nebengeordneten Ansprüche 1 und 17 unmittelbar wortsinngemäß. - a)
Das Klagepatent betrifft einen Schnellwechseldorn für ein Werkzeug (Anspruch 1) und ein Befestigungsmittel für ein Werkzeug (Anspruch 17). - Den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents (Anl. GDM 1/1T) zufolge ist ein Schnellwechseldorn für ein Werkzeug gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 bekannt. Gleiches gilt für Befestigungsmittel gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 17, für welches das Klagepatent auf die WO …3 (Anl. GDM 10) verweist (Absatz 0001). Diese Druckschrift offenbart einen Adapter für ein rotierendes Werkzeug an einer Bohrmaschine, der einen Längskörper („arbor body“, 2) und ein Schubteil („thrust member“, 7) umfasst. Beispielhaft dargestellt ist diese Erfindung in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2:
- In dieser zeichnerischen Darstellung ist als zu befestigendes Werkzeug eine Lochsäge („hole saw“, 5) gezeigt, welche mittels eines Gewindes („threaded portion“, 4) mit einem Längskörper („arbor body“, 2) verbunden ist. Auf dem Längskörper („arbor body“, 2) ist ein entlang der Längsachse verschiebbares Schubteil („thrust member“, 7) angebracht. Dieses besitzt ein hexagonales, mittiges Loch („hexagonal aperture“, 8), das in eine korrespondierende hexagonale Aussparung im Längskörper („arbor body“, 2) eingreift.
Innerhalb des Schubteils („thrust member“, 7) befindet sich eine Kammer („chamber“, 15), die einen federgespannten Ball („spring-loaded ball“, 10) beinhaltet, der durch die Kraft der Feder kontinuierlich gegen den Längskörper („arbor body“, 2) gepresst wird. Der Längskörper („arbor body“, 2) sieht Einkerbungen („grooves“, 12) vor, in welche der federgespannte Ball („spring-loaded ball, 10) gedrückt werden kann, um das Schubteil („thrust member“, 7) an dem Längskörper („arbor body“, 2) zu arretieren bzw. zu verriegeln. Die Klemmschraube („locking member“, 13) kann in Richtung des Längskörpers („arbor body“, 2) gedreht werden und in diesen zwecks Arretierung bzw. Verriegelung eingreifen. - Das Klagepatent benennt als weiteren Stand der Technik die WO …2 (Anl. GDM 11), welche einen Schnellwechseldorn offenbart. Eine Ausführungsform dieser Erfindung zeigt die zum besseren Verständnis nachfolgend eingeblendete Figur 3.
- Die hier gezeigte Lochsägen-Baugruppe („hole saw assembly“, 30) umfasst eine Lochsäge („hole saw“, 32), einen Dorn („arbor“, 34) und einen Führungsbohrer („pilot bit“, 36).
Der Dorn („arbor“, 34) umfasst einen Längskörper („arbor body“, 60) und eine Auswahlhülse („selector sleeve“, 68/70), die eine Bewegung zwischen einer neutralen Position, einer ersten Bestätigungsposition und einer zweiten Betätigungsposition ermöglicht. Der Längskörper („arbor body“, 60) hat eine Kopplungsbaugruppe („coupling assembly“, 70), die die Auswahlhülse („selector sleeve“, 68) umfasst und Rippen („front segment“, 66) beinhaltet, welche zwischen Vorsprünge („mounting tabs“, 46) der Lochsäge („hole saw“, 32) eingreifen können.
Der Führungsbohrer („pilot bit“, 36) weist einen hexagonal geformten Querschnittsbereich (56) auf, der mit einem entsprechend geformten Bereich des Dorns („arbor“, 34) korrespondiert. Der Führungsbohrer („pilot bit“, 36) hat zudem eine Einkerbung („groove“, 58), in die – im eingeschobenen Zustand – ein mittels einer Feder („key spring“, 88) vorgespannter „pilot key“ (86) der Bohrerrückhalteanordnung („bit retention assembly“, 84) eingreift.
Soll ein Pfropfen gesägten Materials bei einer Vorrichtung gemäß der WO …2 aus der Lochsäge („hole sow“, 32) entfernt werden, muss diese von dem Dorn („arbor“, 34) abgekoppelt werden. Ein gesondertes Werkzeug muss sodann in die Öffnung der Lochsäge („hole sow“, 32) angesetzt werden, um den Pfropfen auszutreiben. - An dem bekannten Schnellwechseldorn der WO …2 erachtet es das Klagepatent als nachteilig, dass er zu komplex ist und deshalb nicht einfach und zu verringerten Kosten hergestellt werden kann.
- Vor dem Hintergrund des gewürdigten Standes der Technik formuliert das Klagepatent in Absatz [0006] die (objektive) Aufgabe, einen konstruktiv und funktional vereinfachten Dorn zur Verfügung zu stellen, der einfacher und zu einem verringerten Preis hergestellt werden kann.
- Zur Lösung der Aufgabe (des technischen Problems) sieht das Klagepatent in Anspruch 1 einen Schnellwechseldorn und in Anspruch 17 ein Befestigungsmittel mit den folgenden Merkmalen vor:
- Anspruch 1
- 1. Schnellwechseldorn (1) für ein Werkzeug (2) umfassend:
a) einen Längskörper (3) mit einem Antriebsende (4) und einem Werkzeugende (5),
b) Mittel zum Befestigen (6) des Werkzeugs (2). - 2. Die Befestigungsmittel (6) sind
a) von dem Längskörper (3) verschieblich lösbar,
b) versehen mit einem mittigen Loch (7), welches das Verschieben der Befestigungsmittel (6) über den Längskörper (3) gestattet,
c) versehen mit Mitteln zum verdrehsicheren (8; 8-1; 8-2) und axialen (9; 9-1; 9-2) Verriegeln der Befestigungsmittel (6) an dem Längskörper (3). - 3. Die axial verriegelnden Mittel (9) umfassen:
a) erste axial verriegelnde Mittel (9-1), die als Klinke („latch“), insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln (6) ausgebildet sind, und
b) zweite axial verriegelnde Mittel (9-2), die als Kerbe („notch“), insbesondere Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper (3) zum Verriegeln der Klinke („latch“) (9-1) darin ausgebildet sind. - Anspruch 17
- 1. Befestigungsmittel (6) zum Befestigen eines Werkzeugs (2)
- 2. Die Befestigungsmittel (6) sind
a) von dem Längskörper (3) verschieblich lösbar,
b) versehen mit einem zentralen Loch (7), welches das Verschieben der Befestigungsmittel (6) über den Längskörper (3) gestattet
c) versehen mit Mitteln zum verdrehsicheren (8; 8-1; 8-2) und axialen (9; 9-1; 9-2) Verriegeln der Befestigungsmittel (6) an dem Längskörper (3). - 3. Die axial verriegelnden Mittel (9) umfassen:
a) erste axial verriegelnde Mittel (9-1), die als Klinke („latch“), insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln (6) ausgebildet sind, und
b) zweite axial verriegelnde Mittel (9-2), die als Kerbe („notch“), insbesondere Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper (3) zum Verriegeln der Klinke („latch“) (9-1) darin ausgebildet sind. - b)
Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die angegriffene Ausführungsform über Befestigungsmittel im Sinne des Klagepatents verfügt. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe verfangen nicht. Die technische Lehre der geltend gemachten Ansprüche 1 und 17 erfordert nicht, dass eine Mehrzahl von Befestigungsmitteln vorhanden ist, die für sich genommen jeweils die Merkmale 2a) bis 3b) aufweisen. - Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass im Wortlaut der geltend gemachten Ansprüche der Plural verwendet ist, denn in den Merkmalen 1b) bzw. 1 und 2c) heißt es „Mittel zum Befestigen“ und in Merkmal 2a), dass die „Befestigungsmittel (6) von dem Längskörper (3) verschieblich lösbar sind“. Gleichwohl wird der Durchschnittsfachmann – ein Diplomingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von Schnellwechseldornen für Werkzeuge – die Ansprüche nicht so wie von der Beklagten vorgebracht verstehen.
- Den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen folgend bleibt der Fachmann nämlich nicht bei dem Wortlaut der Ansprüche stehen. Er wird deren Sinngehalt nicht nur aufgrund sprachlich-wissenschaftlicher Überlegungen bestimmen (BGH GRUR 2016, 921 – Permetrexed; BGH GRUR 2016, 169 – Luftkappensystem; BGH GRUR 2011, 607 – Kosmetisches Sonnenschutzmittel III; BGH GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Vorliegend vor allem auch deshalb nicht, weil er weiß, dass das in der nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen Verfahrenssprache verwendete Wort „means“ ein Pluraletantum ist und Absatz [0006 des Klagepatents lehrt, dass das Klagepatent keinen großen Wert auf „grammatikalische Korrektheit“ legt. In diesem Absatz wird nämlich der Singular verwendet.
- Der Fachmann wird vielmehr, wie stets geboten, mittels einer funktionsorientierten Auslegung den technischen Sinngehalt des Merkmals im Kontext der Ansprüche eruieren (vgl. nur BGH GRUR 2016, 921 – Permetrexed; BGH GRUR 2016, 169 – Luftkappensystem; BGH GRUR 2015, 875 – Rotorelemente).
Hierbei wird er die Erkenntnis gewinnen, dass den/dem „Mittel(n) zum Befestigen“ bzw. „Befestigungsmittel(n)“ der technische Zweck zugesprochen wird, ein Werkzeug an einen Schnellwechseldorn befestigen zu können (Merkmale 1/1b), vgl. z.B. auch die Absätze [0008], [0017], [0018]). Auf welche Art und Weise dies geschehen soll, geben die Ansprüche allerdings nicht vor; sie definieren die Mittel lediglich in allgemeiner Umschreibung anhand ihrer Funktion. Es findet sich in den Ansprüchen insbesondere keine Vorgaben dazu, ob die Befestigungsmittel aus einem oder mehreren Teilen bestehen und wenn letzteres der Fall ist, wie viele einzelne Bestandteile die Befestigungsmittel aufweisen und ob es sich dabei um gesonderte Teile handelt.
Zur konkreten Ausgestaltung der „Befestigungsmittel“ gibt das Klagepatent lediglich vor, dass diese mit einem mittigen Loch im Sinne des Merkmals 2b), und entsprechend Merkmal 2c) mit Mitteln zu ihrem verdrehsicheren und axialen Verriegeln versehen sein müssen, wobei von den letzteren, wie die Merkmalsgruppe 3 offensichtlich zu Tage treten lässt, nur die ersten axial verriegelnden Mittel von den Befestigungsmitteln umfasst sind. In Anbetracht dessen versteht der Fachmann, dass die „Mittel zum Befestigen“ jedenfalls folgende Bestandteile umfassen: (Bestand)Teil zur Befestigung des Werkzeugs, erstes Mittel zum verdrehsicheren Verriegeln, erstes Mittel zur axialen Verriegelung, wobei auch insoweit keine zwingende Festlegung auf eine bestimmte Anzahl gesonderter Bauteile erfolgt und auch für die jeweiligen Verriegelungsmittel der Plural verwendet worden ist. Das Klagepatent geht demnach erkennbar davon aus, dass erfindungsgemäße „Mittel zum Befestigen“ (auch) aus einer Gesamtheit mehrerer Bestandteile bestehen können. Mittels Verwendung des Plurals wird dies kenntlich gemacht. - Gegen die Annahme, die Verwendung des Plurals sei stattdessen das Diktum, es müssten mehrere Befestigungsmittel, die für sich die Merkmale 2a) bis 3b) aufweisen, vorhanden sein, spricht ferner, dass dies technisch wenig sinnvoll erscheint. Das Klagepatent enthält keinerlei Anknüpfungspunkt für den Gedanken, erfindungsgemäß müssten mehrere Werkzeuge zeitgleich an einem Längskörper eines Schnellwechseldorns befestigt werden können. Üblicherweise werden die in Betracht kommenden Werkzeuge zeitlich nacheinander folgend verwendet. Ein und derselbe Schnellwechseldorn wird folglich lediglich von Werkzeugen genutzt, die für sich genommen nur ein Befestigungsmittel (ggf. im Sinne der oben genannten Gesamtheit) benötigen. Soll ein anderes Werkzeug Verwendung finden, wird das eine Werkzeug vom Befestigungsmittel entfernt und das andere daran befestigt, oder aber verschiedene Werkzeuge haben jeweils ihr „eigenes“ Befestigungsmittel und werden über dieses an dem Längskörper angebracht.
- Schließlich ist zu bedenken, dass bei der von der Beklagten vertretenen Ansicht keines der im Klagepatent gezeigten Ausführungsbeispiele unter die Ansprüche fallen würde, denn allesamt zeigen nur ein (1) Befestigungsmittel als Gesamtheit mit den oben genannten Bestandteilen. Eine Auslegung eines Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt jedoch grundsätzlich nicht in Betracht. Es sei denn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH GRUR 2015, 875 – Rotorelemente; BGH GRUR 2015, 159 – Zugriffsrechte). Dies ist aus den vorgenannten Erwägungen nicht der Fall.
- Soweit die Beklagte hervorhebt, dass nach Merkmal 3b) das zweite axial verriegelnde Mittel (9-2) am Längskörper vorzusehen ist, in Merkmal 2c) demgegenüber angegeben ist, dass (auch) die zweiten axial verriegelnden Mittel am Befestigungsmittel vorzusehen sind, welcher jedoch ausweislich des Merkmals 2a) von dem Längskörper verschieblich lösbar sein soll, zeigt sie damit zwar eine Ungenauigkeit des Anspruchswortlauts auf, nicht jedoch einen unlösbaren Widerspruch. Die gebotene Auslegung des Anspruchs ergibt zwanglos, wie unter d) im Einzelnen ausgeführt, dass sich das zweite axial verriegelnde Mittel am Längskörper befinden muss. Folglich wird der Fachmann die offensichtlich falsche Nennung der zweiten axialen Verriegelungsmittel bzw. der Bezugsziffer (9-2) in Merkmal 2c) korrigieren (BGH GRUR 2015, 875 – Rotorelemente).
- Ausgehend von diesem Verständnis weist die angegriffene Ausführungsform unstreitig „Mittel zum Befestigen“ bzw. „Befestigungsmittel“ gemäß dem Klagepatent auf. Sie werden – entsprechend der Nomenklatur des Gebrauchsmusters DE…X3 (Anl. GDM 3) – aus der Verriegelungs- und der Positionierungskomponente gebildet.
- c)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht darüber hinaus Merkmal 3a) der Ansprüche 1 und 17. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, hat die angegriffene Ausführungsform ein erstes axial verriegelndes Mittel, das als Klinke („latch“) ausgebildet an dem Befestigungsmittel vorgesehen ist. - aa)
Unter einer Klinke im Sinne des Klagepatents versteht der Fachmann einen festen Körper, der selbsttätig, z. B. durch Schwer- oder Federkraft, in eine Kerbe gemäß Merkmal 3b) am Längskörper bewegt und von dieser (mittels Kraftaufwand lösbar) so aufgenommen werden kann, dass eine axiale Verriegelung der Klinke sowie des Befestigungsmittels insgesamt an dem Längskörper eintritt. Eine bestimmte Form des Körpers und/oder eine bestimmte Aufhängung oder Lagerung desselben an dem Befestigungsmittel geben die Ansprüche indes nicht zwingend vor. Es ist insbesondere nicht notwendig, dass die Klinke entsprechend der Beschreibung in Absatz [0017] des Klagepatents ausgestaltet ist. - aaa)
Nach der technischen Lehre der geltend gemachten Ansprüche sollen die Befestigungsmittel ein mittiges Loch gem. Merkmal 2b) aufweisen, in welches der erfindungsgemäße Längskörper eingeführt werden kann und welches dafür Sorge trägt, dass die nach Merkmal 2a) geforderte verschiebliche Lösbarkeit der Befestigungsmittel von dem Längskörper gewährleistet ist. Da an den Befestigungsmitteln ein Werkzeug, z. B. eine Lochsäge, befestigt werden soll, das mittelbar über den Längskörper angetrieben werden soll, bedingt die vorgesehene axiale Verschieblichkeit Verriegelungsmittel, mit denen die Befestigungsmittel an dem Längskörper während des Gebrauchs eines befestigten Werkzeugs arretiert bzw. verriegelt sind. Unter anderem die axiale Bewegung der Befestigungsmittel relativ zum Längskörper muss in der Gebrauchssituation gesperrt bzw. blockiert sein, da der Benutzer beim Betrieb des Werkzeugs einen axialen Druck auf den Bohrer bzw. das Werkzeug ausübt, um einen Vortrieb des Werkzeugs in das zu bearbeitende Werkstück/Bauteil hinein zu erzeugen. Zwecks dieser axialen Sicherung bzw. Blockierung fordert Merkmal 2c) das Vorhandensein von axial verriegelnden Mitteln. - Die Ansprüche belassen es nicht bei der allgemeinen, nur auf die Funktion abzielenden Bezeichnung der erforderlichen Mittel als (schlicht) erste und zweite axiale Verriegelungsmittel. Gefordert werden stattdessen in Merkmal 3a) und 3b) konkretisierend bestimmte räumlich-körperliche axial verriegelnde Mittel, nämlich eine Klinke („latch“) als erstes axial verriegelndes (9-1) und eine Kerbe („notch“) als zweites axial verriegelndes Mittel (9-2). Das Vorhandensein einer Klinke und einer Kerbe ist demnach für die technische Lehre der Ansprüche zwingend. Sie müssen überdies zusammenwirken: Während die Klinke als erstes axial verriegelndes Mittel an dem verschieblich lösbaren Befestigungsmittel vorgesehen ist, befindet sich die Kerbe als zweites axial verriegelndes Mittel an dem Längskörper. Um eine axiale Relativbewegung der Befestigungsmittel zu dem Längskörper zu verhindern, muss – wie sich dem Fachmann ohne weiteres erschließt – die Klinke in die Kerbe selbsttätig bewegt und von dieser aufgenommen werden können. Und zwar so, dass eine axiale Bewegung der Klinke und damit auch der Befestigungsmittel insgesamt verhindert wird. Dies geschieht grundsätzlich mittels Formschlusses. Beide axial verriegelnden Mittel müssen folglich konstruktiv so ausgestaltet und aufeinander abgestimmt sein, dass sie gemeinsam bzw. im Zusammenspiel miteinander eine axiale Bewegung der Befestigungsmittel wie auch der dazu gehörenden ersten axial verriegelnden Mittel gegenüber dem Längskörper blockieren (so ausdrücklich Absatz 0017 des Klagepatents).
- Diese Sichtweise findet der Fachmann in den Absätzen [0017] und [0022] des Klagepatents einschließlich der dazu gehörenden Figuren bestätigt. Beschrieben bzw. dargestellt ist dort ein Ausführungsbeispiel, in dem eine am Befestigungsmittel vorgesehene federbelastete Klinke (9-1) quer in eine Kerbe (9-2) des Längskörpers, die als Ringnut ausgebildet ist, schwenken bzw. fallen kann. Hierdurch wird eine axiale Bewegung der Befestigungsmittel (6) relativ zum Längskörper (3) blockiert.
- Gestützt wird dieses Verständnis vom Zusammenspiel einer Klinke mit einer Kerbe zwecks Verriegelung des Weiteren von dem im Klagepatent gewürdigten Stand der Technik. In der WO …2 (Anlage GDM 11) ist ein solches für die Verriegelung des Führungsbohrers („pilot bit“, 36) an dem Längskörper („arbor body“, 60) offenbart. Diese Verriegelung wird durch einen mit einer Feder vorgespannten („key spring“, 88) „pilot key“ (86) der Bohrerrückhalteanordnung („bit retention assembly“, 84) bewirkt, der in die Einkerbung („groove“, 58) des Führungsbohrers („pilot bit“, 36) eingreift. Das Eingreifen führt zur Kopplung des Führungsbohrers („pilot bit“, 36) mit dem Dorn („arbor“, 34). An diesem im Stand der Technik gezeigten Verriegelungsmechanismus übt das Klagepatent keinerlei Kritik.
- bbb)
Die technische Lehre der Ansprüche ist nicht auf die in Absatz 0017 des Klagepatents gezeigte Form und/oder Lagerung der Klinke beschränkt. - Derartiges ergibt sich zunächst nicht aus dem Wortlaut der Ansprüche, dem lediglich die Notwendigkeit des Vorsehens eines als Klinke ausgebildeten ersten axialen Verriegelungsmittels an den Befestigungsmitteln zu entnehmen ist. Weder die Form der Klinke noch ihre Aufhängung oder Lagerung wird demgegenüber explizit erwähnt und/oder im Einzelnen vorgegeben.
- Eine Beschränkung auf eine bestimmte Form oder eine bestimmte Aufhängung oder Lagerung könnte sich deshalb nur dann ergeben, wenn der Fachmann mit dem Begriff Klinke („latch“) zwingend dahingehende Vorgaben verbindet und/oder die gebotene funktionsorientierte Auslegung unter Berücksichtigung der Beschreibung und Zeichnungen ergibt, dass (auch) das Klagepatent von einem bestimmten – nämlich dem in Absatz 0017 gezeigten – engeren Verständnis ausgeht. Dies ist indes nicht zu erkennen.
- Die Beklagte hat zwar behauptet, der Fachmann stelle sich auf Basis seines allgemeinen Fachverständnisses unter einer Klinke ausschließlich einen, ggf. um einen Zapfen drehbar gelagerten Hebel und damit ein Bauteil mit länglicher Erstreckung vor, welcher die Bewegung eines anderen Teils sperrt. Ob dies (teilweise) zutrifft, erscheint allerdings fraglich. Die Klägerin hat zum Beleg des grundsätzlichen fachmännischen Verständnisses u. a. als Anlage GDM 14 einen Auszug aus dem Buch „Mechanisms and Mechanical Devices, Sourcebook, 4. Edition“ von Sclater und Chironis vorgelegt. Dort sind auf den Seiten 230 f. verschieden konstruierte Beispiele von „basic latching and quick-release mechanisms“ dargestellt. Allen ist gemeinsam, dass eine Feder die „latch“ in die Verriegelungsposition drückt und/oder (heraus)zieht. Die überwiegende Anzahl der Beispiele weist ferner als „latch“ ein Bauteil mit länglicher Erstreckung aus, das um einen Drehpunkt drehbar gelagert bzw. schwenkbar ist. Es findet sich jedoch auch die Figur 6 (B), in der eine Hülsenklinke („sleeve latch“) in verriegelter Position dargestellt ist. Das dort als „latch“ bezeichnete Bauteil ist nicht drehbar gelagert, sondern wird durch eine Feder teilweise in eine Ringnut („circular groove“) eines Bolzens („plunger“) gedrückt. Zum Lösen muss die „latch“ gegen die Federkraft herausgezogen werden. Das Bauteil, das teilweise in die Ringnut gedrückt wird, hat eine quadratische Form.
Soweit die Beklagte meint, die Anlage könne deshalb nicht als Beleg für das fachmännische Verständnis herangezogen werden, weil in der deutschen Anspruchsübersetzung der Begriff „Klinke“ gewählt worden ist, der in der Anlage verwendete Begriff „latch“ aber Klinken und Riegel bedeute, kann dem schon wegen Art. 70 EPÜ nicht beigetreten werden. In der maßgeblichen Verfahrenssprache heißt es gerade „latch“, so dass die Anlage GDM 14 das Verständnis des Fachmanns von diesem Begriff belegen kann. Unproblematisch ist zudem, dass die Anlage GDM 14 im Jahre 2007 erschienen ist, das Klagepatent jedoch das Prioritätsdatum 10.12.2004 trägt. Dass sich das Fachwissens während 2004 bis 2007 geändert hat, ist nicht zu erkennen und auch nicht dargetan. - Letztlich bedarf dieser Punkt keiner abschließenden Klärung. Selbst wenn der Fachmann das von der Beklagten dargetane Verständnis verinnerlicht haben sollte und davon auszugehen ist, dass in einem Patent regelmäßig Begriffe mit ihrem auf dem betreffenden Fachgebiet üblichen Inhalt verwendet werden (BGH GRUR 2016, 169 – Luftkappensystem; OLG Düsseldorf I-15 U 95/16, Urt. v. 26.10.2017), bedarf es stets der Überprüfung, ob der allein maßgebliche technische Sinngehalt des Patentanspruchs vom allgemeinen Fachverständnis abweicht. Eine solche Abweichung ist nicht nur dann anzunehmen, wenn das jeweilige Patent explizit positive Anhaltspunkte für ein abweichendes Begriffsverständnis aufweist, sondern auch dann, wenn die maßgebliche Berücksichtigung der objektiven Aufgabe und Lösung des Klagepatents zu dem divergierenden Begriffsverständnis führt (BGH GRUR 2016, 169 – Luftkappensystem). Jedenfalls letzteres wäre hier der Fall.
- Dass der von der erfindungsgemäßen Klinke zwingend zu erzielende technische Zweck von der Form der Klinke und/oder dem Umstand abhängt, ob die Klinke drehbar gelagert ist, ist weder dargetan noch ersichtlich. Entscheidend für die Verriegelung nach der technischen Lehre der Ansprüche ist lediglich, dass die am Befestigungsmittel vorgesehene Klinke ein fester, selbsttätig zu bewegender Körper ist und in die am Längskörper befindliche Kerbe „passt“, und zwar in einer Weise, die dazu führt, dass beide gemeinsam durch die Aufnahme, das Eingreifen oder Fallen der Klinke in die Kerbe die axiale Bewegung verhindern. Es muss zudem (mittels Kraftaufwand) eine Entriegelung bzw. das Entfernen der Klinke aus der Kerbe möglich sein, wobei es nach dem Klagepatent wiederum offen ist, mittels welcher Maßnahmen dies zu erfolgen hat. Dieses Zusammenwirken zwecks Verriegelung (und Entriegelung) kann technisch betrachtet mit unterschiedlichen Formen, Größen, Querschnitten, Bewegungsmechanismen, Lagerungen etc. eines festen Körpers erreicht werden. Entscheidend ist allein, dass die erforderliche Abstimmung zwischen dem Körper und der Kerbe gegeben ist. Auch eine Kugel kann folglich genügen. Dem steht nicht entgegen, dass eine Kugel rotieren kann und ggf. ohne weitere Sicherungsmaßnahmen aus der Kerbe austreten würde. Nach dem Klagepatent sind, wenn die Kugel mit einer Kerbe im genannten Sinne zusammenwirkt, solche zusätzlichen Maßnahmen nämlich nicht ausgeschlossen.
- Nichts Anderes folgt aus Absatz [0017] des Klagepatents, in dem es im ersten Satz heißt: „Die axial verriegelnden Mittel 9 umfassen erste axial verriegelnde Mittel 9-1, hier einfach ausgeführt durch eine an den Befestigungsmitteln 6 vorgesehene Klinke 9-1, und zweite axial verriegelnde Mittel 9-2 am Längskörper 3, um die Klinke 9-1 darin zu verriegeln.“
Der Beklagten ist zwar insoweit beizutreten, als dass es sich bei diesem ersten Satz trotz der Worte „hier einfach ausgeführt“ nicht nur um die Beschreibung einer Option des Klagepatents handelt. In Anbetracht des Wortlauts des Anspruchs 1 und des Anspruchs 17 ist es für die technische Lehre der Ansprüche vielmehr zwingend, dass sowohl die genannte Klinke als auch die genannte Kerbe in der Vorrichtung vorhanden sein müssen. Mehr ergibt sich daraus jedoch nicht, insbesondere nicht, dass die Klinke „hakenförmig“ und eine längliche Erstreckung oder Vorzugserstreckung aufweisen und schwenkbar sein müsste. Gerade weil nur die Begrifflichkeiten Klinke und Kerbe, nicht jedoch auch die weiteren in den nachfolgenden Sätzen beschriebenen konstruktiven Maßnahmen einen Niederschlag im Anspruch gefunden haben, wird der Fachmann – wie das Landgericht zutreffend angenommen hat – nicht davon ausgehen, dass nur bei Befolgung sämtlicher weiterer Angaben in Absatz [0017] des Klagepatents zu den Figuren 1 bis 3 die technische Lehre verwirklicht werden kann. Ein technischer Grund hierfür ist auch nicht ersichtlich. Die weiteren beschriebenen Ausgestaltungen (Handbetätigung, Elastizität und/oder elastischen Vorspannung der Klinke, Verschwenkbarkeit quer in dem Befestigungsmittel, „Hakenform“), die zum Teil in den auf Anspruch 1 jeweils rückbezogenen Unteransprüchen 6 bis 8 Eingang gefunden haben, sind demnach nur Bestandteile eines bevorzugten Ausführungsbeispiels einer Klinke. Ein solches erlaubt in Anwendung der allgemeinen Grundsätze regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGH GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe; BGH GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit; BGH GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Unselbständige Unteransprüche lassen zudem regelmäßig den Schluss zu, dass der Hauptanspruch, der die Erfindung in seiner allgemeinsten Form erfasst, nicht auf diejenigen Konstruktionen beschränkt ist bzw. um die Merkmale, die nur in einem Unteranspruch beschrieben werden, zu ergänzen ist (BGH GRUR 2016, 1031 – Wärmetauscher; BGH Urt. v. 29.07.2014 – X ZR 5/13 BeckRS 2014, 17436; BGH GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe).
Vorliegend gilt es überdies zu beachten, dass am Ende des Absatzes [0017] für die Klinke auch eine andere als die „Hakenform“ mögliche Form als patentgemäß beschrieben wird, wenn es dort heißt: „Im Allgemeinen wird die Klinke 9-1 eine radial betätigbare Klinke 9-1 sein und kann sie ebenso durch einen in ein Loch im Körper 3 fallenden Riegel ausgeführt sein.“ Es wird folglich auch die Form eines Riegels erwähnt, was sich im Übrigen durch die Verwendung des Begriffs axial „verriegelndes“ Mittel im Anspruch wiederfindet. - Soweit die Beklagte darauf verweist, dass der ursprüngliche Wortlaut des Anspruchs 1 nach der Anmeldung des Klagepatents (WO …5, deutsche Übersetzung Anl. B 3) keine Beschreibung der axialen Verriegelungsmittel enthielt, diese erst zur Abgrenzung zum Stand der Technik eingefügt worden sind, wodurch die Klägerin eine Auswahlentscheidung getroffen habe, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Der Inhalt der Ursprungsunterlagen oder der Veröffentlichung der Anmeldung bleibt bei der Auslegung außer Betracht. Weder darf der Patentanspruch nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden, noch darf umgekehrt sein Sinngehalt dadurch ermittelt werden, dass dem Wortlaut des Patentanspruchs abweichende Formulierungen der Anmeldung gegenübergestellt werden. Allenfalls dann, wenn zweifelhaft bleibt, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen, darf die „Anspruchsgeschichte“ zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden ist, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweicht oder hinter diesem zurückbleibt (BGH GRUR 2015, 875 – Rotorelement; GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum I; BGH GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung). Derartige Zweifel erwachsen vorliegend nicht. Der Anspruchswortlaut, der eine Klinke als erstes axial verriegelndes Mittel fordert, lässt sich zwanglos mit der Beschreibung des Ausführungsbeispiels gemäß Absatz [0017] des Klagepatents in Einklang bringen. Das dort beschriebene und in den Figuren 1 bis 3 dargestellte Ausführungsbeispiel wird ohne weiteres von dem weitergehenden Anspruch erfasst.
- Ein einschränkendes Verständnis von einer Klinke im Sinne der Ansicht der Beklagten wird der Fachmann ebenso wenig bei Betrachtung von Aufgabe und Lösung des Klagepatents gewinnen.
Freilich ist der Ansatz der Beklagten zutreffend, dass die Aufgabe sich danach bestimmt, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet (BGH GRUR 2016, 921 – Permetrexed; BGH GRUR 2010, 602 – Gelenkanordnung; BGH GRUR 2003, 693 – Hochdruckreiniger). Eine im Klagepatent formulierte Aufgabenbeschreibung gibt lediglich die subjektive Sichtweise des Patentinhabers wieder. Sie liefert bloß eine vorläufige Orientierung, die in einem zweiten Schritt darauf zu überprüfen ist, ob sie mit den durch die Auslegung ermittelten Festlegungen des Patentanspruchs in Einklang steht (BGH GRUR 2016, 921 – Permetrexed; OLG Düsseldorf Urt. v. 20.07.2017 – 15 U 61/16 BeckRS 2017, 125984). Das in Absatz [0006] des Klagepatents formulierte Ziel, einen konstruktiv und funktional vereinfachten Dorn zur Verfügung zu stellen, der einfacher und zu einem verringerten Preis hergestellt werden kann, dient folglich lediglich als – zu überprüfende – Hilfestellung.
Ebenso beizupflichten ist der Beklagten, wenn sie darauf hinweist, dass die im Klagepatent in den Absätzen [0008] und [0010] genannten Vorteile dadurch erzielt werden, dass die Befestigungsmittel von dem Längskörper verschieblich lösbar sind und bereits der Stand der Technik eine Verschieblichkeit lehrt. Dementsprechend rechnet auch das Klagepatent Merkmal 2a) dem Oberbegriff zu (Anspruchssystematik und Absatz [0001]) und führt zur WO …2 (Anl. GDM 11) zutreffend aus, dass die dort gezeigte Auswahlhülse („selector sleeve“, 68), an welcher das Werkzeug befestigt ist, eine begrenzte Schiebebewegung über den Längskörper zwischen drei axialen Positionen gestattet (Absatz [0003]; vgl. auch Anl. GDM 11 S. 7, Zeilen 15 ff.). - Der Fachmann wird jedoch gewahr, dass auch die Verriegelungsmittel nach Merkmal 3a) und 3b) ihren Anteil an den in den Absätzen [0008] und [0010] des Klagepatents genannten Vorteilen haben und diese mit ihnen auch zwingend erreicht werden müssen. Sowohl der Vorteil, dass es nicht mehr nötig ist, zwei Schäfte zu koppeln, wodurch die Anzahl der gesonderten Teile verringert wird, als auch der Vorteil, dass es nicht mehr notwendig ist, die Lochsäge von dem Befestigungsmittel abzukoppeln und danach mit einem gesonderten Werkzeug den Pfropfen aus der Säge auszuwerfen, wird durch die erfindungsgemäßen Verriegelungsmittel (mit)erzielt. Das zweite axial verriegelnde Mittel, die Kerbe, muss nämlich – anders als die Klinke, die am Befestigungsmittel sein muss – an dem Längskörper vorgesehen sein. Durch diese Verortung wird gewährleistet, dass die durch das mittige Loch gestattete Verschieblichkeit der Befestigungsmittel in beide axialen Richtungen des Längskörpers ausreichend gewährleistet ist. So kann sich insbesondere nach dem Entriegeln der Befestigungsmittel das Werkzeugende des Längskörpers einfach durch die Befestigungsmittel schieben, um den Pfropfen irgendwie aus der Lochsäge zu drücken. Es ist anders als im Stand der Technik nicht mehr notwendig, hierfür zunächst die Säge vom Dorn zu lösen. Die als Ziel formulierte konstruktive Vereinfachung ist folglich auch die objektive Aufgabe des Klagepatents. Sie wird durch das Vorsehen der Klinken-Nut-Kombination, bei der die Kerbe am Längskörper und die Klinke am Befestigungsmittel vorgesehen sind, gelöst.
Eine darüber hinausgehende, weitere konstruktive oder funktionale Vereinfachung des unter Schutz gestellten Schnellwechseldorns bzw. des Befestigungsmittels gerade im Bereich des ersten axial verriegelnden Mittels, wird der Fachmann deshalb nicht als die Aufgabe des Klagepatents ansehen. Die Klinke als solche muss nicht noch einfacher gestaltet werden. - Schließlich geben auch die Unteransprüche und die weitere Beschreibung der Erfindung sowie der gewürdigte Stand der Technik in Gestalt der WO …3 (Anl. GDM 10) dem Fachmann einen weiteren Anhalt dafür, dass das Klagepatent verschiedene Formen und/oder Aufhängungs- oder Lagerungsarten einer Klinke als anspruchsgemäß betrachtet.
In dem auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteranspruch 2 stellt das Klagepatent einen Schnellwechseldorn gesondert unter Schutz, der dadurch gekennzeichnet ist, dass „die verdrehsicheren (8; 8-1, 8-2) und axial (9; 9-1, 9-2) verriegelnden Mittel lösbare Verriegelungsmittel sind, beispielsweise Klammern, Bolzen, Keile, Stifte oder Schrauben“. Dem entsprechend erläutert Absatz [0015], dass die Mittel (8, 9) als lösbare Verriegelungsmittel ausgeführt sind mit „wohl bekannten Klammern, Bolzen, Keilen oder Schrauben.“ Da hier sowohl Optionen für die in Merkmal 2c) genannten verdrehsicheren Mittel als auch für die streitgegenständlichen axial verriegelnden Mittel gemäß 3a) genannt werden, wird sich der Fachmann fragen, welche der Mittel der beispielhaften Aufzählung welche Mittel sein sollen. Er begreift, dass es sich bei den Bolzen, Keilen oder Stiften um erfindungsgemäße Beispiele einer Klinke handelt. Aufgrund ihrer räumlich-körperlichen Ausgestaltung können sie nämlich als fester Körper selbsttätig in eine entsprechend ausgestaltete Kerbe in einer Weise eingreifen oder fallen bzw. von dieser aufgenommen werden, die dazu führt, dass eine axiale Bewegung der Befestigungsmittel an dem Längskörper verhindert wird. Sie können ebenso wieder aus der Kerbe entfernt werden, so dass die Verriegelung gelöst wird. Die anderen aufgezählten Mittel sind zwar auch solche, die lösbar sind, ihnen liegt indes ein anderer Wirkungsmechanismus zugrunde. Sie führen nicht im beschriebenen Zusammenspiel mit einer Kerbe zu einer Verriegelung, sondern bewirken nur aufgrund einer (Klemm-)Kraft ein Festklemmen. - Der WO …3 (Anl. GDM 10) kann der Fachmann ferner entnehmen, dass ein federgespannter Ball („spring-loaded ball“, 10) durch die Kraft der Feder kontinuierlich gegen den Längskörper („arbor body“, 2) gepresst und zwecks Verriegelung in dessen Einkerbungen („grooves“, 12) gedrückt wird. Weder den offenbarten Wirkmechanismus noch die Form des in die Kerbe gedrückten festen Körpers noch die Art und Weise seiner Bewegung in die Kerbe kritisiert das Klagepatent.
- Das hier zugrunde gelegte Verständnis ist letztlich keine Missachtung der räumlich-körperlichen Vorgaben des Merkmals 3a); diese werden nicht nur auf ihre Funktion bzw. auf einen Verriegelungsmechanismus reduziert. Denn nicht jeder Verriegelungsmechanismus und/oder nicht jede Verriegelung ist hiernach patentgemäß. Zwingend erforderlich ist vielmehr eine Verriegelung durch eine an den Befestigungsmitteln vorgesehene (wie auch immer geformte und/oder gelagerte) Klinke, die selbsttätig in eine Kerbe bewegt wird bzw. werden kann, und gemeinsam mit dieser für die Verriegelung in axialer Richtung sorgt. Eine axiale Verriegelung bspw. mittels einer Gewindeverbindung oder einer Klemmschraube würde deshalb dem Klagepatent nicht entsprechen.
- bb)
Ausgehend von diesem Verständnis weist die angegriffene Ausführungsform ein erstes axial verriegelndes Mittel am Befestigungsmittel ausgestaltet als Klinke auf. Es handelt sich – entsprechend den Bezeichnungen in der DE…X3 (Anl. GDM3) – um die in den Kugelbohrungen befindlichen Positionierungskugeln (8, 8a) nebst federbelastetem zweiten Element (34) mit gekrümmten Schrägprofilen (344). Bei einer axialen Bewegung des zweiten Elements (34) stemmen sich die gekrümmten Schrägprofile (344) gegen die Positionierungskugeln (8, 8a), die sodann mit einem Teil ihres Umfangs in das Festklemmglied (21) des Längskörpers (2) hineingedrückt werden. Dort werden sie vom zweiten Element (34) so lange gehalten bis dieses rückwärts geschoben wird, so dass die Druckkräfte weggenommen werden. - Aus den oben dargelegten Gründen ist es unerheblich, dass es sich bei den festen Körpern, die selbsttätig in die Nut bewegt werden, um Kugeln handeln, die nicht vollständig in die Nut fallen bzw. nur zum Teil von dieser aufgenommen werden, so dass es eines zusätzlichen Mittels zum Halten bedarf. Ebenso wenig führt es aus dem Schutzbereich der Ansprüche 1 und 17 heraus, dass es noch einer Feder bedarf. Es ist nicht erforderlich, dass die Klinke nur dieselben Teile oder dieselbe Anzahl der Teile aufweist wie das in Absatz [0017] beschriebene Ausführungsbeispiel. Die geforderte vereinfachte Konstruktion wird bereits durch die Verortung der axial verriegelnden Mittel erzielt. Auch das Klagepatent gibt in Absatz [0017] überdies zu erkennen, dass weitere Bauteile, die bspw. die Klinke bewegen und/oder Kraft auf diese ausüben, erfindungsgemäß sind. Gerade eine Feder wird ausdrücklich erwähnt.
- bb)
Die angegriffene Ausführungsform verfügt, wie auch die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat, ebenso über ein zweites axiales verriegelndes Mittel, ausgebildet als Kerbe gemäß Merkmal 3b) der Ansprüche 1 und 17.
Kerbe in diesem Sinne ist jede am Längskörper vorgesehene Materialaussparung, die geeignet ist, eine Klinke gem. Merkmal 3a) in sich so aufzunehmen, dass die Klinke in axialer Richtung verriegelt wird. - Dies folgt aus dem Wortlaut der Ansprüche („notch“, „zum Verriegeln der Klinke“) sowie auf Basis der gebotenen funktionsorientierten Auslegung.
Der technische Zweck der Kerbe liegt in dem bereits dargestellten Zusammenspiel mit der Klinke; gemeinsam sollen sie für die erforderliche axiale Verriegelung der Befestigungsmittel am Längskörper Sorge tragen. Beispielhaft dargestellt ist dies in den Figuren 1 bis 3 des Klagepatents, beispielhaft erläutert ist es in Absatz [0017] des Klagepatents.
Eine bestimmte Ausgestaltung der Kerbe gibt die technische Lehre der Ansprüche nicht zwingend vor. Eine solche ist in den Ansprüchen 1 und 17 selbst nicht genannt; die Querkerbe ist lediglich ein „insbesondere“- Einschub“. Der Beschreibung in Absatz [0017] des Klagepatents einschließlich des auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteranspruchs 9 entnimmt der Fachmann lediglich, dass die Ausbildung als (Ring-)Nut eine mögliche Ausführungsform ist. Solange und soweit die am Längskörper vorhandene Materialaussparung eine Ausgestaltung aufweist, die mit derjenigen der Klinke korrespondiert, so dass die Verriegelung im erläuterten Sinne möglich ist, stehen deshalb insbesondere Form, Querschnitt, Ausrichtung und/oder Tiefe der Kerbe im Belieben des Fachmanns. - Die Kerbe der angegriffenen Ausführungsform ist das als Nut ausgestaltete Festklemmglied (21) des Längskörpers (6) wie es insbesondere in den Figuren 5 und 6 des Gebrauchsmusters DE…X1 (Anl. GDM 3) zu sehen ist. In die Nut werden die Positionierungskugeln (8, 8a) mit einem erheblichen Teil ihres Umfangs gedrückt und letztlich festgeklemmt. Die Nut führt im Zusammenspiel mit den Teilen, die bei der angegriffenen Ausführungsform die erfindungsgemäße Kerbe bilden, zur axialen Verriegelung des Befestigungsmittels.
- 3)
Das Landgericht hat bezüglich des separat angebotenen Längskörpers der angegriffenen Ausführungsform zu Recht eine mittelbare Patentverletzung gem. § 10 PatG festgestellt. Im Ergebnis zutreffend hat es insoweit das Anbieten und den Vertrieb des angegriffenen Längskörpers ohne Einschränkungen untersagt. Die von der Beklagten hiergegen vorgebrachten Berufungsangriffe bleiben letztlich erfolglos: - a)
Der Längskörper bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG. Er ist – wie die Ausführungen unter 2c) und 2d) zeigen – geeignet, mit einem Merkmal der Ansprüche 1 und 17 bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGH GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug). Er trägt – wie gleichfalls bereits dargelegt – auch zum Leistungsergebnis der Erfindung, d. h. zu der erfindungsgemäßen Lösung des dem Patent zugrundeliegenden technischen Problems, bei (vgl. BGH GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). Demzufolge ist er auch Bestandteil der Ansprüche (vgl. BGH GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler). - b)
Rechtsfolge der mittelbaren Patentverletzung ist ein Schlechthinverbot. Die Begründung des Landgerichts überzeugt allerdings nicht, da dem erstinstanzlichen Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht die (pauschale) Behauptung zu entnehmen war, dass eine patentfreie Benutzungsmöglichkeit nicht besteht. - Der angegriffene Längskörper kann unstreitig als (schlichter) Bohrer in einer Bohrmaschine verwendet werden. Eine Befestigung eines Werkzeuges mittels eines Schnellwechseldorns ist hierbei nicht notwendig.
Für diese patentfreie Benutzung ist der angegriffene Längskörper nicht auf eine dem Klagepatent entsprechende Ausgestaltung angewiesen. Er kann vielmehr ohne Weiteres derart abgeändert werden, dass er den Vorgaben der Ansprüche 1 und 17 nicht mehr entspricht: Die Nut (das Festklemmglied (21)) kann weggelassen oder sie kann (ohne die Bohrspitze) dichter am Werkzeugende des Längskörpers als an dessen Antriebsende angeordnet werden, so dass sie nicht (mehr) zur Verriegelung der Befestigungsmittel dienen kann. Keine dieser technischen Abänderungen führt dazu, dass der angegriffene Längskörper seine Eignung zur patentfreien Verwendung einbüßen würde. Bedarf es der patentgemäßen Ausbildung des Mittels zur Gewährleistung eines gemeinfreien Gebrauchs außerhalb des Patentes nicht, kann derjenige, der das Mittel anbietet oder vertreibt, an ihm deswegen regelmäßig auch kein schützenswertes Interesse haben. Es sei denn, er legt Umstände dar, aus denen sich die Unzumutbarkeit der technischen Abänderung ergibt (OLG Düsseldorf Urt. v. 29.03.2012 – 2 U 137/10 BeckRS 2012, 08566; Benkard/Scharen PatG § 10 Rn. 24). Dass der Verzicht auf die Nut oder ihre Verortung eher am Antriebsende des Längskörpers für sie unzumutbar wäre, hat die Beklagte nicht behauptet. - Die Unzumutbarkeit der Abänderung folgt auch nicht aus den von der Beklagten behaupteten anderen patentfreien Einsatzmöglichkeiten, wobei dahinstehen kann, ob ein Einsatz im Rahmen der technischen Lehre der US…1, der DE…X2 oder der WO …3 (Anl. GDM 10) patentfrei wäre. Notwendige Voraussetzung für die Versagung eines uneingeschränkten Unterlassungsgebotes ist (nur) das tatsächliche Bestehen einer patentfreien Nutzungsmöglichkeit, hingegen nicht nur eine theoretische Möglichkeit. Die Beklagte hätte demzufolge – wie die Klägerin zutreffend vorgebracht hat – vortragen (und beweisen) müssen, dass Ausgestaltungen entsprechend der genannten Schutzrechte tatsächlich auf dem Markt sind und die angegriffenen Längskörper so ausgestaltet sind, dass sie für diese tatsächlich verwendet werden können. Die Klägerin hat dies bestritten.
- Schließlich trägt auch der Verweis auf die WO …4 (Anl. K11 der Nichtigkeitsklage) nicht. Auch hierzu fehlt ein Vortrag, dass eine entsprechende Ausgestaltung auf dem Markt ist, mit welcher der angegriffene Längskörper kompatibel ist. Hinzu tritt, dass nicht erkennbar ist, weshalb für die in dieser Schrift gezeigte Fixierung einer Schraube die Nut des angegriffenen Längskörpers erforderlich ist.
- 4)
Das Landgericht hat ferner die ausgeurteilten Unterlassungsgebote wegen der festgestellten unmittelbaren und mittelbaren Patentverletzung auf sämtliche Benutzungshandlungen der §§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 PatG erstreckt. - Bei einem Unternehmen, das Herstellungshandlungen vorgenommen hat, besteht im Allgemeinen eine Begehungsgefahr auch für nachfolgende Angebots- und Vertriebshandlungen, weil die Herstellung eines Produktes typischerweise ihrem anschließenden Verkauf dient. Ein Hersteller ist daher regelmäßig wegen sämtlicher Benutzungshandlungen zu verurteilen. Bei einem Handelsunternehmen schafft jede Angebotshandlung regelmäßig eine Begehungsgefahr für das Inverkehrbringen, Gebrauchen, Besitzen und Einführen, weil sein Geschäftsbetrieb auch auf diese Benutzungsarten ausgerichtet ist bzw. diese Benutzungsarten vom üblichen Geschäftsbetrieb eines solchen Unternehmens umfasst sind, so dass regelmäßig auch mit diesen Handlungsweisen zu rechnen ist (OLG Düsseldorf Urt. v. 23.03.2017 – 2 U 58/16 BeckRS 2017, 109832).
- 5)
Nicht zu beanstanden ist schließlich die Kostenentscheidung des Landgerichts. Eine (teilweise) Klagerücknahme ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, auf die der Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, nicht gegeben. - III.
- Es besteht keine Veranlassung, den Rechtsstreit gem. § 148 ZPO auszusetzen.
- Im Rahmen seiner Ermessensentscheidung hat der Senat zunächst das Zögern der Beklagten bei Einreichung und Verfolgung ihres Rechtsbestandsangriffs berücksichtigt. Unter Nichtbeachtung der Ziffer 2e) der verfahrensleitenden Verfügung des Landgerichts hat die Beklagte die auf den 20.02.2017 datierende Nichtigkeitsklage (Anlage LP2) erst (ca. drei Monate) nach Erlass des angefochtenen Urteils vom eingereicht. Und dies, obwohl sie bereits am 15.03.2015 wegen Verletzung des Klagepatents abgemahnt worden war. Die Nichtigkeitsklage konnte zudem erst am 26.07.2017 zugestellt werden, weil die Beklagte zunächst, trotz des vorläufigen Streitwertbeschlusses des BPatG vom 06.03.2017, einen unzureichenden Gerichtskostenvorschuss eingezahlt hatte. Hätte die Beklagte die Nichtigkeitsklage zeitnah nach ihrer Abmahnung eingereicht und die Klage ohne Zögern weiterverfolgt, hätte im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über ihre Berufung bereits eine Entscheidung über den Rechtsbestand des Klagepatents vorgelegen.
- Die Prüfung der Erfolgsaussichten der Nichtigkeitsklage hat der Senat auf diejenigen Entgegenhaltungen beschränkt, die die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung angegeben und damit als für sie besonders relevant deklariert hat. Hierbei war fürderhin dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Beklagte entgegen der verfahrensleitenden Verfügung des Senats die entgegengehaltenen Druckschriften nicht in deutscher Übersetzung (§ 184 GVG) vorgelegt hat. Unter Berücksichtigung dessen ist eine hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit der Nichtigkeitsklage nicht zu erkennen.
Weder die WO …2 (Anl. GDM 11) noch die US…2 (Anl. K6 im Nichtigkeitsverfahren) erweisen sich als neuheitsschädlich. Bei ersterer handelt es sich um gewürdigten Stand der Technik, der im Erteilungsverfahren geprüft worden ist. Es ist für den Senat jedenfalls nicht ersichtlich, dass dieser Stand der Technik die Merkmale 3a) und 3b) der geltend gemachten Ansprüche offenbart. Die US…2 zeigt – auf der Grundlage der Teilübersetzung der Klägerin – nur eine Befestigungshülse („mounting sleeve“, 28), die nicht auf dem Längskörper verschieblich angeordnet ist. Demzufolge mangelt es nach Ansicht des Senats jedenfalls an der Offenbarung des Merkmals 2a) der Ansprüche 1 und 17.
Die zur Begründung des Fehlens der erfinderischen Tätigkeit herangezogene WO …4 (Anl. K11 der Nichtigkeitsklage) ist auch nicht teilweise in deutscher Übersetzung vorgelegt worden. Welchen konkreten Anlass der Fachmann hatte, die in dieser Entgegenhaltung offenbarte Klemmschraubenkonstruktion abzuändern und – in Kombination mit der US…2 (Anl. K6 der Nichtigkeitsklage) – Verriegelungsmittel gem. den Merkmalen 3a), 3b vorzusehen, vermag der Senat dem Vortrag der Beklagten nicht hinreichend zu entnehmen. - IV.
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
- IV.
- Streitwert der Berufungsinstanz: 500.000,00 EUR,-