4a O 89/16 – Schnellwechsel- und Bohrkernauswerfpindel

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2748

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 22. März 2018,  Az. 4a O 89/16

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt,
  2. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer sogleich festzusetzenden Ordnungshaft, wobei die einzelne Ordnungshaft bis zu sechs Monaten und die Ordnungshaft insgesamt bis zu zwei Jahren betragen kann und an den persönlich haftenden Gesellschaftern oder den gesetzlichen Vertretern einer persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  3. in Deutschland
  4. a) Schnellwechseldorne für Werkzeuge umfassend:
  5. einen Längskörper mit einem Antriebsende und einem Werkzeugende; Mittel zum Befestigen des Werkzeugs, welche Befestigungsmittel von dem Längskörper verschieblich lösbar sind und versehen sind mit:
  6. einem mittigen Loch, welches das Verschieben der Befestigungsmittel über den Längskörper gestattet, und Mitteln zum verdrehsicheren und axialen Verriegeln der Befestigungsmittel an dem Längskörper, wobei die axial verriegelnden Mittel umfassen:
  7. erste axial verriegelnde Mittel, die als Klinke, insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln ausgebildet sind, und zweite axial verriegelnde Mittel, die als Kerbe, insbesondere als Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper zum Verriegeln der Klinke darin ausgebildet sind,
  8. herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
  9. und/oder
  10. b) Befestigungsmittel zum Befestigen eines Werkzeugs, welche Befestigungsmittel verschieblich lösbar von einem Längskörper sind und versehen sind mit:
  11. einem zentralen Loch, das ein Schieben der Befestigungsmittel über den Längskörper gestattet, und Mitteln zum verdrehsicheren und axialen Verriegeln der Befestigungsmittel an dem Längskörper, wobei die axial verriegelnden Mittel umfassen:
  12. erste axial verriegelnde Mittel, die als Klinke, insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln ausgebildet sind, und zweite axial verriegelnde Mittel, die als Kerbe, insbesondere als Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper zum Verriegeln der Klinke darin ausgebildet sind,
  13. herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
  14. und/oder
  15. c) Werkzeugwechselsysteme umfassend einen Schnellwechseldorn gemäß vorstehendem Buchst. a) und eine Lochsäge
  16. herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
  17. und/oder
  18. d) Längskörper mit einem Antriebsende und einem Werkzeugende sowie zweite axial verriegelnde Mittel, die als Kerbe, insbesondere als Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper zum Verriegeln der Klinke darin ausgebildet sind,
  19. welche dazu geeignet sind,
  20. mit Mitteln zum Befestigen eines Werkzeugs, welche Befestigungsmittel von dem Längskörper verschieblich lösbar sind und versehen sind mit:
  21. einem mittigen Loch, welches das Verschieben der Befestigungsmittel über den Längskörper gestattet, und Mitteln zum verdrehsicheren und axialen Verriegeln der Befestigungsmittel an dem Längskörper, wobei die axial verriegelnden Mittel umfassen:
  22. erste axial verriegelnde Mittel, die als Klinke, insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln ausgebildet sind, und vorgenannte zweite axial verriegelnde Mittel,
  23. einen Schnellwechseldorn für ein Werkzeug zu bilden,
  24. Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,
  25. und/oder
  26. e) Adapter mit einem Außengewinde zum Befestigen von Lochsägen und einer Ringnut zum Einrasten in vorstehend unter I.1.b) genannten Befestigungsmitteln
  27. Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern;
  28. 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die vorstehend unter 1. genannten Handlungen seit dem 19. August 2009 begangen hat, und zwar unter Angabe,
  29. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  30. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
  31. c) der Mengen der erhaltenen, ausgelieferten und/oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für sie bezahlt wurden,
  32. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Einzelheiten außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  33. 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die vorstehend unter 1. genannten Handlungen seit dem 19. September 2009 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines geordneten, nach Kalendervierteljahren und Artikelnummern aufgeschlüsselten Verzeichnisses mit Angaben über
  34. a) die jeweiligen Herstellungsmengen und -zeiten,
  35. b) die einzelnen Auslieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, Artikelnummern sowie Namen und Anschriften der Abnehmer,
  36. c) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, Artikelnummern sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
  37. d) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhen, Verbreitungszeiträume und -gebiete,
  38. e) die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinn;
  39. wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  40. 4. die vorstehend unter 1.a) bis c) genannten, seit dem 19. August 2009 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf ihren gerichtlich (unter Bezugnahme auf das vorliegende Urteil) festgestellten patentverletzenden Zustand und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie Kosten der Rückgabe wie für Verpackung, Transport oder Lagerung zu übernehmen und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse in der Bundesrepublik Deutschland wieder an sich zu nehmen;
  41. 5. die in der Bundesrepublik Deutschland im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen oder im Wege des Rückrufs nach Ausspruch 4. gelangenden, vorstehend unter 1.a) bis c) genannten Erzeugnisse selbst oder durch Dritte und auf Kosten der Beklagten zu vernichten;
  42. 6. an die Klägerin EUR 8.359,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juni 2016 zu zahlen.
  43. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser und / oder der Patentinhaberin durch die vorstehend unter I.1. genannten, seit dem 19. September 2009 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  44. III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
  45. IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 500.000,00. Daneben sind die zuerkannten Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung (Ziff. I.1, I.4 und I.5 des Tenors) auch gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 350.000,00. Die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziff. I.2 und Ziff. I.3) sind gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 80.000,00. Ferner ist das Urteil hinsichtlich der Kostenentscheidung gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  46. T a t b e s t a n d
  47. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter unmittelbarer und mittelbarer Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse, Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach in Anspruch.
  48. Die A (nachfolgend: Patentinhaberin) ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts (vgl. Anlage GDM2) eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 1 827 XXX (nachfolgend: Klagepatent; vorgelegt in Anlage GDM1 und in deutscher Übersetzung als Anlage GDM1T) mit dem Titel „Schnellwechsel- und Bohrkernauswerfspindel für eine Lochsäge“. Das in englischer Verfahrenssprache erteilte Klagepatent wurde am 10.12.2004 angemeldet. Das Europäische Patentamt veröffentlichte am 19.08.2009 den Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents. Das Klagepatent steht in Kraft.
  49. Die hier geltend gemachten, unabhängigen Ansprüche 1, 17 und 19 des Klagepatents lauten in der englischen Verfahrenssprache wie folgt:
  50. „1. A quick-change arbor (1) for a tool (2) comprising:
  51. a longitudinal body (3) having a drive end (4) and a tool end (5);
  52. means for attaching (6) the tool (2), which attachment means (6) are slidably releasable from the longitudinal body (3) and are provided with:
  53. a central hole (7) allowing a sliding of the attachment means (6) over the longitudinal body (3), and
  54. means for rotationally (8; 8-1, 8-2) and axially (9; 9-1, 9-2) locking the attachment means (6) to the longitudinal body (3),
  55. characterized in that the axially locking means (9) comprise:
  56. first axially locking means (9-1) embodied by a latch, in particular a transverse latch, provided on the attachment means (6), and
  57. second axially locking means (9-2) embodied by a notch, in particular a transverse notch, provided on the longitudinal body (3) for locking the latch (9-1) therein.”
  58. „17. Attachment means (6) for attaching a tool (2), which attachment means (6) are slidably releasable from a longitudinal body (3) and are provided with:
  59. a central hole (7) allowing a sliding of the attachment means (6) over the longitudinal body (3), and
  60. means for rotationally (8; 8-1, 8-2) and axially (9; 9-1, 9-2) locking the attachment means (6) to the longitudinal body (3),
  61. characterized in that the axially locking means (9) comprise:
  62. first axially locking means (9-1) embodied by a latch, in particular a transverse latch, provided on the attachment means (6), and
  63. second axially locking means (9-2) embodied by a notch, in particular a transverse notch, provided on the longitudinal body (3) for locking the latch (9-1) therein.”
  64. “19. A tool change system comprising the quick-change arbor according to one of the claims 1-16 and a tool (2), such as a hole saw, a cutter, a circular saw, a drill, a polishing disc or layer, a brush, a bore tool, a grinding tool, a grinding stone or the like tools.”
  65. In deutscher Übersetzung lauten Ansprüche 1, 17 und 19 wie folgt:
  66. „1. Schnellwechseldorn (1) für ein Werkzeug (2), umfassend:
  67. einen Längskörper (3) mit einem Antriebsende (4) und einem Werkzeugende (5);
  68. Mittel zum Befestigen (6) des Werkzeugs (2), wobei die Befestigungsmittel (6) von dem Längskörper (3) verschieblich lösbar sind mit:
  69. einem mittigen Loch (7), welches das Verschieben der Befestigungsmittel (6) über den Längskörper (3) gestattet, und
  70. Mittel zum verdrehsicheren (8; 8-1 8-2) und axialen (9; 9-1, 9-2) Verriegeln der Befestigungsmittel (6) an dem Längskörper (3),
  71. dadurch gekennzeichnet, dass die axial verriegelnden Mittel (9) umfassen:
  72. erste axial verriegelnde Mittel (9-1), die als Klinke, insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln (6) ausgebildet sind, und
  73. zweite axiale verriegelnde Mittel (9-2), die als Kerbe, insbesondere als Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper(3) zum Verriegeln der Klinke (9-1) darin ausgebildet sind.“
  74. „17. Befestigungsmittel (6) zum Befestigen eines Werkzeugs (2), wobei die Befestigungsmittel (6) von einem Längskörper (3) verschieblich lösbar sind und versehen sind mit:
  75. einem mittigen Loch (7) welches ein Verschieben der Befestigungsmittel (6) über den Längskörper (3) gestattet, und
  76. Mittel zum verdrehsicheren (8; 8-1, 8-2) und axialen (9; 9-1, 9-2) Verriegeln der Befestigungsmittel (6) an dem Längskörper (3),
  77. dadurch gekennzeichnet, dass die axial verriegelnden Mittel (9) umfassen:
  78. erste axial verriegelnde Mittel (9-1), die als Klinke, insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln (6) ausgebildet sind, und
  79. zweite axiale verriegelnde Mittel (9-2), die als Kerbe, insbesondere als Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper (3) zum Verriegeln der Klinke (9-1) darin ausgebildet sind.“
  80. „19. Werkzeugwechselsystem, umfassend den Schnellwechseldorn nach einem der Ansprüche 1-16 und ein Werkzeug (2), beispielsweise eine Lochsäge, ein Schneidwerkzeug, eine Kreissäge, einen Bohrer, eine Polierscheibe oder -schicht, eine Bürste, ein Bohrwerkzeug, ein Schleifwerkzeug, einen Schleifstein oder ähnliche Werkzeuge.“
  81. Wegen der weiteren, nur in Form von Insbesondere-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 3 – 11, 13, 14 und 18 des Klagepatents wird auf die Klagepatentschrift (Anlage GDM1 /1T) verwiesen.
  82. Zur Veranschaulichung der geschützten Lehre wird nachfolgend eine Explosionsansicht einer klagepatentgemäßen Ausführungsform gemäß Fig. 1 des Klagepatents verkleinert eingeblendet:

    Der dargestellte Schnellwechseldorn (Bezugsziffer 1) umfasst einen Längskörper (3) mit einem Antriebsende (4) und einem Werkzeugende (5), ein Befestigungsmittel (6) und einen Führungsbohrer (14). Ein Werkzeug, mit welchem der Schnellwechseldorn gekoppelt wird, wird in der Abbildung durch eine Lochsäge (2) repräsentiert. Das Befestigungsmittel (6) ist mit einem mittig durchgehenden Loch (7) versehen, durch das der Längskörper (3) geschoben werden kann. Darüber hinaus ist das Befestigungsmittel (6) mit Mitteln (8 und 9) ausgestaltet, die für eine verdrehsichere und axiale Fixierung des Befestigungsmittels an dem Längskörper sorgen.

  83. Die Beklagte stellt her und bietet über ihre Internetseite www.B.de (vgl. den Screenshot in Anlage GDM11) in der Bundesrepublik Deutschland eine „C D E“ in verschiedenen Varianten an, wozu auch eine Variante mit der Bezeichnung „F“ zählt. Diese „C D E“ bestehen jeweils aus einem Zentrierbohrer und einem darauf aufschiebbaren Bedienelement. Zusätzlich bietet die Beklagte hierzu passende „C Lochsägenadapter EPA“ (nachfolgend kurz: Adapter) an, die einerseits eine Rastverbindung mit dem Bedienelement eingehen können und auf die anderseits eine Lochsäge aufgeschraubt werden kann. Der (Lochsägen-) Adapter der angegriffenen Ausführungsform kann dabei durch eine Verdrehung des Adapters gegenüber dem Bedienelement gelöst werden.
  84. Das Bedienelement der angegriffenen Ausführungsformen besteht aus einem Innen- und einem Außenkörper, die unverlierbar miteinander verbunden sind. Der Innenkörper kann aber gegen die Kraft einer zwischen den Innen- und Außenkörper gespannten Spiralfeder wenige Millimeter herausgedrückt werden. Hierdurch können zwei Kugeln, die ansonsten etwas über einen zylindrischen (Innen-) Abschnitt des Bedienelements hervorragen, tiefer in die sie umschließenden Löcher eindringen. Übt man keine Kraft auf das Bedienelement aus, ragen die Kugeln wieder aus ihren Löchern hervor und können in Vertiefungen eindringen. Über die Kugeln kann eine manuell lösbare Axialsicherung des Bedienelements am Zentrierungsbohrer erreicht werden (vgl. Anlage GDM12). Ist die Verbindung durch das Auseinanderziehen des Bedienelements gelöst, kann dieses auf dem Zentrierbohrer verschoben werden. Das Bedienelement weist eine mittige, sechs-eckige Öffnung, der Zentrierbohrer einen korrespondierenden sechs-eckigen Abschnitt auf, so dass ein Verdrehen des Bedienelements auf dem Zentrierbohrer verhindert wird.
  85. Die vorgenannten, von der Beklagten vertriebenen Gegenstände werden nachfolgend als „angegriffene Ausführungsformen“ bezeichnet. Zur Veranschaulichung werden nachfolgend Abbildungen der angegriffenen Ausführungsformen (von S. 21 f. der Klageschrift = Bl. 21 f. GA) ohne Lochsäge eingeblendet.
  86. Zunächst werden die Zentrierbohrer(-spitze) mit Schaft (im Folgenden vereinfachend nur als Zentrierbohrer bezeichnet) der angegriffenen Ausführungsformen eingeblendet:
  87. Nachfolgend wird zunächst ein Zentrierbohrer mit Bedienelement (oben) sowie dazugehörigem Lochsägenadapter (unten) eingeblendet:
  88. Die Klägerin schloss mit der Patentinhaberin im Juni 2004 einen Lizenzvertrag (Anlage GDM3/GDM3T), der mit einem Nachtrag(-svertrag) vom 13.05.2009 (Anlage GDM4/GDM4T) abgeändert worden ist, wobei jedenfalls der Nachtrag das Klagepatent über dessen Anmeldenummer PCT/NL2004/000XXX erfasst.
  89. Die Klägerin mahnte die Beklagte mit rechts- und patentanwaltlichem Schreiben vom 20.05.2016 (Anlage GDM15) ab. Die Abmahnung wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 16.06.2016 (Anlage GDM16) zurückgewiesen.
  90. Die Klägerin behauptet, sie sei als ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent aktivlegitimiert. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Verträgen mit der Patentinhaberin. Es handele sich um eine ausschließliche Lizenz, da die Klägerin ein alleiniges Nutzungsrecht erhalte, sofern sie die geschuldeten Lizenzgebühren zeitig zahlt, was sie stets getan habe. Zudem wurde die Klägerin nicht durch ein Einschreiben in Verzug gesetzt. Da die aufschiebende Bedingungen für den Eintritt der Nicht-Exklusivität (bzw. die auflösende Bedingung für die Exklusivität) nie eingetreten ist, sei die Lizenz mindestens seit Erteilung des Klagepatents exklusiv.
  91. Im Übrigen sei sie auch aufgrund einer in Anlage GDM5 vorgelegten Ermächtigung(-serklärung) zur Prozessführung berechtigt; hierin seien der Klägerin von der Patentinhaberin zudem deren Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung wirksam abgetreten worden. Der Vertrag unterliege deutschem Recht.
  92. Die Klägerin meint, die angegriffenen Ausführungsformen verletzten Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar; in Kombination mit einer Lochsäge werde auch Anspruch 19 verletzt. Das Bedienelement der angegriffenen Ausführungsformen verwirkliche daneben für sich genommen Anspruch 17 unmittelbar wortsinngemäß. Schließlich liege im Anbieten und Liefern des Zentrierbohrers und des Adapters der angegriffenen Ausführungsform jeweils eine mittelbare Patentverletzung.
  93. Das Klagepatent sehe nicht nur solche Baugruppen als Befestigungsmittel an, die unmittelbar mit dem Werkzeug verbunden sind. Anspruchsgemäßes Befestigungsmittel sei die Gesamtheit der Komponenten, an denen das Werkzeug befestigt ist, mit denen es gegenüber dem Längskörper verschiebbar ist und die axial und verdrehsicher am Längskörper verriegelbar sind. Die Anzahl der Bauteile sei hierbei unerheblich. Dies belege Unteranspruch 10, der Kupplungsmittel zum Kuppeln mit dem Werkzeug zusätzlich zum Befestigungsmittel vorsieht (so auch Abs. [0018] der Patentbeschreibung). Entscheidend sei, dass die Mittel, mit denen das Werkzeug am Längskörper befestigt ist, ihrerseits gegenüber diesem verschieb- und lösbar sind.
  94. Die angegriffenen Ausführungsformen verletzten die anspruchsgemäße Lehre unabhängig davon, ob man die Adapter als Teil der Befestigungsmittel (etwa als Kupplungsmittel nach Unteranspruch 10) oder als Teil der Lochsäge begreife. Wie Abs. [0018] des Klagepatents zeige, könne anspruchsgemäß das Werkzeug auch permanent an den Befestigungsmitteln fixiert oder mit diesen vereinigt sein.
  95. Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen auch klagepatentgemäße axial verriegelnde Mittel in Form einer Klinke und einer Kerbe auf. Für das Verständnis sei auf die Begriffe „latch/notch“ in der englischen Verfahrenssprache des Klagepatents abzustellen. Der Fachmann erkenne, dass die klagepatentgemäße Klinke so ausgestaltet sein müsse, dass sie selbsttätig in eine Kerbe hinein fallen könne, während im Stand der Technik der Anwender tätig werden müsse. Eine Klinke („latch“) könne auch eine Kugel sein. Eine Kerbe müsse patentgemäß so ausgestaltet sein, dass die Klinke darin (zumindest teilweise) aufgenommen werden kann, so dass im Zusammenwirken dieser Teile eine Verriegelung stattfindet. Da die Positionierungskugeln der angegriffenen Ausführungsformen automatisch in ihre Verriegelungsposition fallen, handele es sich um Klinken nach der Lehre des Klagepatents.
  96. Die Klägerin beantragt:
  97. wie zuerkannt,
  98. jedoch zusätzlich hilfsweise:
  99. in Bezug auf Ziff. I.1.d):
  100. hilfsweise:
  101. ohne
  102. – im Fall des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Längskörper nicht ohne Zustimmung der Klägerin mit vorgenannten Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorne für ein Werkzeug verwendet werden dürfen;
  103. – im Fall des Lieferns den Abnehmern unter Auferlegung einer an den Patentinhaber zu zahlenden Vertragsstrafe von 5,000 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, mindestens jedoch 250 € pro Längskörper, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Längskörper nicht ohne Zustimmung des Patentinhabers mit vorgenannten Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorne für ein Werkzeug zu verwenden;
  104. weiter hilfsweise:
  105. ohne
  106. – im Fall des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Längskörper nicht ohne Zustimmung der Klägerin mit vorgenannten Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorne für ein Werkzeug verwendet werden dürfen;
  107. – im Fall des Lieferns die Bedienungsanleitung mit einem ausdrücklichen und unübersehbaren Warnhinweis des Inhalts zu versehen, dass die Längskörper nicht ohne Zustimmung der Klägerin mit vorgenannten Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorne für ein Werkzeug verwendet werden dürfen;
  108. und in Bezug auf Ziff. I.1.e):
  109. hilfsweise:
  110. ohne
  111. – im Fall des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Adapter nicht ohne Zustimmung der Klägerin mit vorgenannten Längskörpern und Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorne für ein Werkzeug verwendet werden dürfen;
  112. – im Fall des Lieferns den Abnehmern unter Auferlegung einer an den Patentinhaber zu zahlenden Vertragsstrafe von 5.000 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, mindestens jedoch 50 € pro Adapter, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Adapter nicht ohne Zustimmung des Patentinhabers mit vorgenannten Längskörpern und Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorne für ein Werkzeug zu verwenden;
  113. weiter hilfsweise:
  114. ohne
  115. – im Fall des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Adapter nicht ohne Zustimmung der Klägerin mit vorgenannten Längskörpern und Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorne für ein Werkzeug verwendet werden dürfen;
  116. – im Fall des Lieferns die Bedienungsanleitung mit einem ausdrücklichen und unübersehbaren Warnhinweis des Inhalts zu versehen, dass die Adapter nicht ohne Zustimmung der Klägerin mit vorgenannten Längskörpern und Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorne für ein Werkzeug verwendet werden dürfen.
  117. Wegen der nur in Form von Insbesondere-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 3 bis 11, 13, 14 und 18 wird auf die Klageschrift (Bl. 2 ff. GA) verwiesen.
  118. Die Beklagte beantragt:
  119. Die Klage wird abgewiesen;
  120. hilfsweise:
  121. Der Beklagten wird Vollstreckungsschutz gewährt.
  122. Die Beklagte meint, die Antragsfassung sei zu unbestimmt.
  123. Die Klägerin sei nicht als ausschließliche Lizenznehmerin aktivlegitimiert. Die von ihr behauptete „relativ exklusive Lizenz“ sei keine ausschließliche Lizenz in diesem Sinne. Der Vertrag vom 26.06.2004 spreche ausdrücklich von einer „relativen Exklusivität“ und zwar nur für bestimmte Abmessungen. Dieser Grundvertrag sollte auch das – damals noch nicht angemeldete – Klagepatent erfassen. Da im Vertrag von 2004 (Grundvertrag) nicht festgelegt wurde, welche Produktabmessungen exklusiv der Klägerin zustehen sollten, sei es nicht zu einer exklusiven Lizenz gekommen. Aufgrund der Nichterstellung der Anlage II sei die Lizenzierung unbestimmt, was einer ausschließlichen Lizenz entgegenstehe.
  124. Der Vertrag von 2009 stelle nur eine Laufzeitverlängerung dar. Würden dessen Bedingungen nicht eingehalten, würde der Vertrag von 2004 wieder gelten. Da keine konkreten Abmessungen festgelegt worden seien, für die die Klägerin exklusive Lizenznehmerin ist, bestehe eine latente Kollisionsgefahr. Auch der Vertrag von 2009 schließe Kollisionen und Überschneidungen der Nutzungsrechte der Klägerin mit denen eines A-Marken-Herstellers nicht aus, wenn die Klägerin in Zahlungsverzug gerät und diesen nicht innerhalb von drei Monaten behebt. Dies widerspreche dem Wesen einer ausschließlichen Lizenz.
  125. Die Klägerin müsse den Nichteintritt der auflösenden Bedingung der ausschließlichen Lizenzierung darlegen und beweisen. Auch müsse die Klägerin darlegen und beweisen, dass die Patentinhaberin in der Vergangenheit noch keine Lizenzen an einen A-Markenhersteller vergeben hat.
  126. Für eine Durchsetzung der Abwehrrechte aus dem Klagepatent im Rahmen einer Prozessstandschafft habe die Klägerin kein eigenes Interesse an der Prozessführung – etwa eine eigene Marktteilnahme – dargelegt.
  127. Aufgrund einer Abtretung könne die Klägerin nicht ihre eigenen, sondern allenfalls Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung der Patentinhaberhin durchsetzen. Die Beklagte bestreitet, dass der Abtretungsvertrag den Vorgaben des niederländischen Rechts an eine wirksame Abtretung genügt.
  128. Die angegriffenen Ausführungsformen verletzten nicht das Klagepatent. Das in Abs. [0006] des Klagepatents dargestellte Ziel der konstruktiven Vereinfachung werde u.a. durch ein Befestigungsmittel nach Anspruch 17 gelöst. Der entscheidende englische Anspruchswortlaut „means“ verlange nicht zwingend eine Pluralität von (Befestigungs-) Mitteln. Den Zeichnungen des Klagepatents entnehme der Fachmann vielmehr, dass es sich bei „means“ um eine in sich geschlossene Baugruppe handeln müsse. Dies stehe im Einklang mit der Zielsetzung des Klagepatents, einen konstruktiv und funktional vereinfachten Schnellwechseldorn zur Verfügung zu stellen, der einfacher und zu einem geringeren Preis hergestellt werden kann. Die „means“ müssten damit möglichst wenige Teile umfassen. Entsprechend hat die Patentinhaberin im Erteilungsverfahren als einen Vorteil der geschützten Lehre herausgestellt, dass nur drei Hauptkomponenten vorhanden sind.
  129. Das patentgemäße „Befestigungsmittel“ sei dabei stets nur dasjenige Mittel, was unmittelbar mit dem Werkzeug verbunden ist. An dieser Baugruppe müssten patentgemäß auch die verdrehsicher und axial verriegelbaren Mittel vorgesehen sein.
  130. Die angegriffenen Ausführungsformen verfügten nicht über patentgemäße Befestigungsmittel. Bei den angegriffenen Ausführungsformen seien die Adapter jeweils als patentgemäße Befestigungsmittel anzusehen, da sie unmittelbar mit der Säge verbunden werden können. Die Lochsäge sei nur mit dem Adapter, nicht aber mit dem Bedienelement verbindbar. Diese Adapter der angegriffenen Ausführungsformen weisen – unstreitig – keine Mittel zur axialen Verriegelung am Längskörper auf, was aus der Patentverletzung herausführe. Ohne (aufgesteckten) Adapter sei das Bedienelement der angegriffenen Ausführungsform auch nicht vom Längskörper verschieblich und lösbar.
  131. Der „Gesamtbetrachtung“ der Klägerin, welche den Adapter als Teil des Bedienelements oder als Teil der Lochsäge ansieht, sei nicht zu folgen, da diese die räumlich-körperlichen Vorgaben des Klagepatents ignoriere. Jedoch führten alle Varianten nicht zu einer Verletzung des Klagepatents: Sieht man den Adapter als Teil des Werkzeugs (Lochsäge) an, sei das Bedienelement als solches weder vom Längskörper verschiebbar noch von diesem lösbar. Ohne Adapter müsste man den vom Adapter ausgeübten Druck auf das Bedienelement etwa mit einem Schraubenzieher simulieren, um eine Beweglichkeit herzustellen.
  132. Sieht man dagegen den Adapter als Teil des Bedienelements an, werde die erfindungsgemäße Funktion eines konstruktiv vereinfachten und zu verringerten Kosten herstellbaren Universal-Vielzweck-Werkzeug-Schnellwechsel-Systems nicht erreicht. Denn bei einem Werkzeugwechsel müsste dann entweder der Adapter vom Werkzeug getrennt werde oder das Bedienelement und der Adapter müssten zusammen vom Bohrer abgezogen werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte dazu vorgetragen, dass ein mögliches Abziehen des Bedienelements samt Adapter und Lochsäge vom Zentrierbohrer nicht die übliche Handhabung sei. Zum Wechseln der Lochsäge lösten die Benutzer vielmehr die Lochsäge mit Adapter vom Bedienelement ab, wobei letzteres auf dem Zentrierbohrer verbleibt.
  133. Das Bedienelement verfüge zudem nicht über eine Klinke im Sinne des Klagepatents, da das dortige Verriegelungsmittel (Kugel) nicht als solche angesehen werden könne. Das Eingreifen der Kugel in die Vertiefung alleine bewirke noch keine Verriegelung. Vielmehr sei eine zusätzliche Kraft nötig, die die Kugel in Richtung der Vertiefung drängt und zwar in Form der Hülse. Ohne diese zusätzliche Hülse sei eine Verriegelung nicht möglich. Auch die Entriegelung erfolge bei den angegriffenen Ausführungsformen anders als im Klagepatent vorgesehen. Denn auch bei einem Auseinanderziehen der Hülse verharre die Kugel zunächst in der Vertiefung, nur die Begrenzung werde entzogen, so dass sie – erst – beim axialen Verschieben aus der Vertiefung heraustreten kann.
  134. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2018 Bezug genommen.
  135. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
  136. Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin ist für die geltend gemachten Ansprüche aus dem Klagepatent aktivlegitimiert (hierzu unter I.). Die angegriffenen Ausführungsformen und deren von der Klägerin gesondert angegriffene Bestandteile verletzen das Klagepatent unmittelbar bzw. mittelbar wortsinngemäß (hierzu unter II.), so dass der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140a Abs. 1, Abs. 3, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB zustehen (hierzu unter III.).
  137. I.
    Die Klägerin ist für die geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert. Für den Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, Schadensersatz auch für den der Patentinhaberin entstandenen Schaden zu zahlen, folgt dies aus abgetretenem Recht (hierzu unter 1.), während sie für die übrigen geltend gemachten Ansprüche als ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent aktivlegitimiert ist (hierzu unter 2.), woraus auch die Berechtigung zur Abmahnung und damit die Berechtigung folgt, die vorgerichtlichen Kosten mit der hiesigen Klage geltend zu machen.
  138. 1.
    Hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs für den der Patentinhaberin entstandenen Schaden kann die Klägerin aus abgetretenem Recht vorgehen. Die Patentinhaberin hat die nun geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Klägerin mit Vertrag vom 22.07.2016 (Anlage GDM5; dort Ziff. 2) nach § 398 BGB wirksam abgetreten. Auf diese Vereinbarung ist nach Art. 4 Abs. 3 Rom-I-VO deutsches Recht anwendbar.
  139. a)
    Das anwendbare Recht bestimmt sich nach der Rom-I-VO (VO (EG) 593/2008), da es sich bei dem Vertrag vom 22.07.2016 um ein vertragliches Schuldverhältnis handelt und eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten besteht.
  140. b)
    Zwar deutet Art. 4 Abs. 2 Rom-I-VO hier auf niederländisches Recht hin, da die Patentinhaberin, die die nach dem Vertrag „charakteristische Leistung“ (Abtretung) zu erbringen hat, ihren Sitz in den Niederlanden hat und ein Fall des Art. 4 Abs. 1 Rom-I-VO, der nur bestimmte Vertragstypen erfasst, nicht ersichtlich ist.
  141. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich jedoch aus Art. 4 Abs. 3 Rom-I-VO. Nach dieser Vorschrift ist, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Vertrag eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem gemäß Art. 4 Abs. 1 oder 2 Rom-I-VO bestimmten Staat aufweist, das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Als Faustregel kann dabei gelten, dass die bloße Verbindung (auch) zu einem anderen Land als demjenigen, auf das die Regelanknüpfung hinweist, noch nicht ausreicht. Die Umstände müssen besonderer Natur und gewichtiger sein, während zu der Rechtsordnung, auf welche die Anknüpfung hinweist, nur flüchtigere, den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht entsprechende, Verbindungen bestehen (MüKoBGB/Martiny, 7. Aufl. 2018, Rom I-VO Art. 4 Rn. 291). Merkmale, die im Rahmen des Art. 4 Abs. 3 eine Rolle spielen können, sind alle Anknüpfungskriterien, die auch im Rahmen von Art. 4 Abs. 1 bzw. als Indizien einer stillschweigenden Rechtswahl gemäß Art. 3 in Betracht kommen BeckOK BGB/Spickhoff, 44. Ed. 1.11.2017, VO (EG) 593/2008 Art. 4 Rn. 79 a.E.). Dabei kann auch die Vertragsabwicklung in einem anderen als in dem durch Abs. 1 und 2 bezeichneten Staat zum Nichteingreifen der entsprechenden Vermutungen führen (BeckOK BGB/Spickhoff, a.a.O., VO (EG) 593/2008 Art. 4 Rn. 80).
  142. c)
    Nach diesen Grundsätzen ist auf den Vertrag vom 22.07.2016 (Anlage GDM5) nach Art. 4 Abs. 3 Rom-I-VO deutsches Recht anwendbar, da dieses Recht zu dem Vertrag die engere Verbindung aufweist. Der Vertrag vom 22.07.2016 ist offensichtlich auf ein deutsches Verletzungsverfahren gemünzt. Dies zeigt sich etwa darin, dass der Vertrag nicht in niederländischer, sondern nur in englischer und eben deutscher Sprache abgefasst ist. Die Klägerin selbst hat vorgetragen, dass der Vertrag vom 22.07.2016 nach deutschem Recht zu beurteilen sei, was zwar noch keine Rechtswahl darstellt, aber jedenfalls ein Indiz dafür ist, dass deutsches Recht anzuwenden ist.
  143. Auch inhaltlich ist der Vertrag auf Deutschland bezogen. Er soll der Klägerin die Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche vor einem deutschen Gericht ermöglichen. Denn nur vor einem inländischen Gericht können die im Vertrag vom 22.07.2016 angesprochenen Ansprüche aus der Verletzung des deutschen Teils des lizenzierten Patents (Klagepatents) durchgesetzt werden. Die Schadensersatzpflicht beruht auch ausschließlich auf Handlungen in Deutschland durch die inländische Beklagte.
  144. 2.
    Für die übrigen mit der Klage geltend gemachten Ansprüche ist die Klägerin als ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent aktivlegitimiert.
  145. a)
    Zur Geltendmachung patentrechtlicher Verletzungsansprüche ist neben dem Patentinhaber auch der ausschließliche Lizenznehmer materiell berechtigt (Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Aufl. 2015, § 139 Rn. 17). Ausschließlicher Lizenznehmer ist nur derjenige, der das Patent „ausschließlich“, das heißt unter Ausschluss jeglicher Dritter benutzen darf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2015 – I-2 U 30/15 – Rn. 5 bei Juris), wobei anerkannt ist, dass das eingeräumte Nutzungsrecht in zeitlicher oder räumlicher Hinsicht oder nach der Art der Nutzung beschränkt sein kann (Benkard/Ullmann/Deichfuß, a.a.O., § 15 Rn. 94).
  146. Die Patentinhaberin hat der Klägerin mit der Vereinbarung vom 13.05.2009 („Nachtrag zu dem Vertrag A – G BE“, vorgelegt mit Übersetzung in Anlage GDM4/4T) eine ausschließliche Lizenz in diesem Sinne am Klagepatent für den europäischen Raum und damit auch für Deutschland eingeräumt.
  147. b)
    Die beiden Vereinbarungen unterliegen niederländischem Recht, da beide Vertragsparteien ihren Sitz in den Niederlanden haben und ein näherer Zusammenhang mit dem Recht eines anderen Staates nicht ersichtlich ist (vgl. Art. 4 Abs. 4 Rom-I-VO). Anders als die Abtretungsvereinbarung sind diese Vereinbarungen nicht auf das deutsche Klagepatent beschränkt.
  148. Anwendbares ausländisches Recht ist nach § 293 ZPO vom Gericht vom Amts wegen zu ermitteln, wobei es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts steht, in welcher Weise es dieser Pflicht nachkommt (Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 293 Rn. 15). Das OLG Düsseldorf hat im Urteil vom 22.02.2018 (Az. I-15 U 102/16), welches auch die hier streitgegenständlichen Vereinbarungen betraf, das niederländische Recht ermittelt und hierzu ausgeführt:
  149. „Nach der grundlegenden Entscheidung „H“ des Obersten Gerichtshofs der Niederlande (Hoge Raad der Nederlanden) vom 13.03.1981 (ECLI:NL:1981:AB4158) genügt es bei der Auslegung einer Vertragsbestimmung nicht, allein auf den Wortlaut der schriftlichen Vereinbarung abzustellen. Vielmehr sind auch die Bedeutung und die Erwartungen in Betracht zu ziehen, die die Parteien unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise der Vertragsbestimmung beimessen. Wichtig sein kann in diesem Zusammenhang zudem, welchen sozialen Kreisen die Parteien angehören und welche rechtlichen Kenntnisse von ihnen zu erwarten sind. Bedeutung erlangen können ferner der Kontext der betreffenden Vertragsbestimmung, ihre Geschichte, die Plausibilität der rechtlichen Konsequenzen der einen oder anderen Auslegung, die Art der Vereinbarung und das Verhalten der Parteien nach Abschluss des Vertrages (Vgl. auch ECLI:NL:HR:2008:BC6699 – Zutekow/Van Oort; Spanjaard, Recht doen aan wat partijen bedoelen, Contracteren maart 2017, Nr. 1, S. 29 ff.).
  150. Ist der Vertrag zwischen „kommerziellen“ Parteien geschlossen, welche den Vertrag zuvor ausgehandelt haben und die zudem rechtskundig beraten worden sind, ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der Niederlande allerdings der sprachlichen (Text-)Fassung der Vertragsbestimmung größeres Gewicht beizumessen. Der von den Vertragsparteien gewählte Wortlaut der Bestimmung ist unter diesen Umständen von ausschlaggebender Bedeutung (ECLI:NL:HR:2007:AZ3178 – Meyer/Pontmeyer; ECLI:NL:HR2007:BA4909 – L´Orage/Uni-Invest; ECLI:HR2013:BY8101 – Lundiform/Mexx). Dies bedeutet jedoch nicht, dass sämtliche anderen Auslegungskriterien nicht beachtet werden dürften. Auch dann können nämlich nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die sonstigen Umstände des Falles zu dem Ergebnis führen, dass eine andere Bedeutung als die sprachliche Fassung der Vertragsbestimmung angebracht ist. Ausschlaggebend bleiben stets die Bedeutung und die Erwartungen, die die Parteien unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise der Vertragsbestimmung beimessen (ECLI:HR2013:BY8101 – Lundiform/Mexx). Welche Bedeutung einer Vertragsbestimmung zukommt, hängt auch insoweit von den Umständen des Einzelfalls ab einschließlich der Formulierung der Klausel, ihrer Art, ihrem Inhalt und Umfang, ihrem Detailgrad und auf welche Weise sie damals in den Vertragsverhandlungen zur Sprache gekommen und in den Vertrag aufgenommen worden ist (ECLI:HR2013:BY8101 – Lundiform/Mexx).“
  151. Aufgrund der vorstehenden Darstellung des relevanten niederländischen Rechts sieht die Kammer im Rahmen des ihr bei der Ermittlung ausländischen Rechts zustehenden Ermessens davon ab, weitere Quellen zu Rate zu ziehen. Der Vortrag der Parteien bietet ebenfalls keine Anhaltspunkte, dass die vorstehenden Ausführungen zum niederländischen Recht unrichtig sein könnten.
  152. Für den Vertrag vom 13.05.2009 gelten hiernach die Maßstäbe, die für Vertragsschlüsse zwischen „kommerziellen“ Parteien gelten, denn die Patentinhaberin und die Klägerin sind als geübte Personen des Wirtschaftslebens (Kaufleute) aufgetreten. Dem Wortlaut bzw. der sprachlichen Fassung der Vereinbarungen kommt deshalb bei Anwendung der vorstehend dargestellten Auslegungsmaßstäbe große Bedeutung zu.
  153. c)
    Ausgehend von den Grundsätzen des niederländischen Rechts hat die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 13.05.2009 („Nachtrag“; Anlage GDM4/4T) eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent.
  154. Die Vereinbarung vom 13.05.2009 (Nachtrag) „konkretisiert und verdeutlicht“ den am 26.06.2004 zwischen den Parteien geschlossenen Lizenzvertrag von 2004 (vorgelegt in Anlage GDM3/3T) und soll nach der einleitenden Bemerkung „alle vorherigen Nachträge, sowie alle Anträge, Mitteilungen und Vorschläge, die bislang erfolgt sind“ ersetzen. Bei Widersprüchen zwischen Nachtrag und der Vereinbarung von 2004 soll der Nachtrag Vorrang besitzen.
  155. aa)
    Das Klagepatent ist vom Nachtrag (Anlage GDM4/4T) umfasst. Nach Ziffer 2. der Vereinbarung vom 13.05.2009 (Nachtrag) wird die
  156. „unter 1.1 des Originalvertrages der G [d.h. die Klägerin] erteilte Lizenz für Europa (…) hiermit bis zu dem Moment verlängert, zu dem das letzte Patent ausläuft, basierend auf PCT/NL2004/000XXX oder PCT/NL2004/000XXX, und zwar unter der Bedingung, dass die unter 3 genannten Tantiemen korrekt und rechtzeitig A [d.h. die Patentinhaberin] gezahlt wurden. Wenn die genannte Bedingung nicht erfüllt ist, kann A diesen Vertrag einschließlich dieses Nachtrages durch Versand eines Einschreibens an G kündigen. G erhält nach schriftlicher Aufforderung durch A Gelegenheit, innerhalb von drei Monaten nachträglich die Zahlungsverpflichtung zu erfüllen.“
  157. Hiermit wird nach dem wortgetreuen Verständnis durch den Nachtrag die Laufzeit der „erteilten Lizenz“ – gemeint ist die im Vertrag von 2004 erfolgte Lizenzerteilung – auch für Schutzrechte auf Grundlage der anderen PCT-Anmeldung verlängert. Zudem wird u.a. das Klagepatent in die erteilte Lizenz mit einbezogen. Denn bei der in Ziff. 2 genannten PCT/NL2004/000XXX handelt es sich um die Anmeldung des Klagepatents, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses des Vertrags von 2004 noch nicht angemeldet war.
  158. Die Lizenzierung des Klagepatents, das auf die PCT/NL2004/000XXX erteilt wurde, zeigt sich auch darin, dass nach Ziff. 10 der Vereinbarung vom 13.05.2009 (Nachtrag) die Klägerin die Kosten für die „Abwicklung und Fortführung von Patentanmeldungen und Patenten für Europa“, die mit dieser Anmeldung zusammenhängen, übernimmt. Eine solche Kostenübernahme wäre ohne Lizenzgewährung wirtschaftlich nicht sinnvoll.
  159. bb)
    Die am Klagepatent erteilte Lizenz ist auch ausschließlich.
  160. Die Lizenz nach Ziffer 2 des Vertrages vom 26.06.2004 (Anlage GDM3/3T) war „relativ exklusiv“, in dem Sinne, als sie für die Klägerin „exklusiv für Europa für die in Anlage II beschriebenen Abmessungen“ gelten sollte. Ziffer 2.2 gestattete der Patentinhaberin, neben der Klägerin nur einen sogenannter A-Marken-Hersteller in Europa als weiteren Lizenznehmer einzusetzen, allerdings beschränkt auf eine bestimmte Abmessung der Verbindung zwischen Halterung und Lochsäge, die nicht mit den Abmessungen der Klägerin übereinstimmen sollten. Die zur Abgrenzung der Abmessungen vorgesehene Anlage II zur Vereinbarung von 2004 wurde unstreitig nicht erstellt. Die Lizenzerteilung für die Klägerin erfolgte ansonsten unbegrenzt für Europa.
  161. (1)
    Anders als die Beklagte meint, folgt aus der Nichterstellung der Anlage II und der in Ziff. 2 angesprochenen Möglichkeit, eine weitere Lizenz zu erteilen, nicht die mangelnde Exklusivität der Lizenzierung der Klägerin. In Ziff. 5 des Nachtrags vom 13.05.2009 (Anlage GDM4/4T) heißt es:
  162. „Nur sofern die unter 3a genannten Mindesttantiemen auch tatsächlich von G [d.h. von der Klägerin] rechtzeitig an A [d.h. an die Patentinhaberin] gezahlt wurden, sagt A zu, die Möglichkeit, einen A-Marken-Hersteller neben G einzusetzen, nicht zu nutzen. Unter nicht rechtzeitiger Zahlung wird verstanden, dass auch nach per Einschreiben verschickter Inverzugsetzung innerhalb von drei Monaten keine Zahlung erfolgt ist.“
  163. Aus Ziff. 5 des Nachtrags ergibt sich, dass jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages keinem A-Marken-Hersteller eine Lizenz erteilt worden ist. Die Erteilung einer Lizenz an einen A-Marken-Hersteller ist auch sonst nicht ersichtlich (s.u.).
  164. Eine (ursprünglich mögliche) Einschränkung der der Klägerin erteilten Lizenz auf bestimmte Abmessungen wurde mit dem Nachtrag aufgegeben; eine Anlage II wird nicht mehr erwähnt. Die erteilte Lizenz umfasst demnach seit dem 13.05.2009 auch in ihrer Exklusivität alle Abmessungen.
  165. (2)
    Ziff. 5 des Nachtrages regelt weiterhin, unter welchen Voraussetzungen die Patentinhaberin doch eine weitere Lizenz an einen A-Marken-Hersteller vergeben kann. Hierzu müssen zwei negativ formulierte Bedingungen erfüllt sein:
  166. 1. nicht rechtzeitige Zahlung der Mindesttantiemen seitens der Klägerin und
  167. 2. keine fristgerechte Zahlung nach Inverzugsetzung per Einschreiben.
  168. Entgegen der Auffassung der Beklagten führt eine nur „latente Gefahr einer Kollision“ – d.h. die Möglichkeit der Erteilung einer weiteren Lizenz unter bestimmten Bedingungen – nicht zu einer mangelnden Ausschließlichkeit der Lizenzierung. Jedenfalls solange nicht einmal die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren Lizenz gegeben sind, bleibt die erteilte Lizenz ausschließlich. Es besteht grundsätzlich bei jedem Lizenzvertrag die Möglichkeit, dass eine erteilte Lizenz in Zukunft nicht mehr ausschließlich besteht. So können die Parteien stets einen Änderungsvertrag abschließen und die Exklusivität der Lizenzierung aufheben. Gleichermaßen ist stets auch die Möglichkeit einer Kündigung sogar des gesamten Lizenzvertrages denkbar, wenn die geschuldeten Lizenzgebühren nicht gezahlt werden. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Lizenzvertrag hinsichtlich der „Festigkeit“ der Exklusivität faktisch nicht grundsätzlich von anderen ausschließlichen Lizenzen.
  169. (3)
    Eine Lizenzierung eines Drittens oder auch nur die Möglichkeit der Patentinhaberin, eine weitere Lizenz am Klagepatent zu vergeben, ist nicht festzustellen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Bedingungen aus Ziff. 5 des Nachtrags erfüllt sind, welche die Patentinhaberin zur Erteilung weiterer Lizenzen erst berechtigen würden. Erst recht ist eine tatsächliche Lizenzierung an einen Dritten nicht ersichtlich.
  170. Für den Eintritt der beiden Bedingungen nach Ziffer 5 des Vertrages vom 13.05.2009 (Anlage GDM 5/5T) trägt die Beklagte nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast, weil sie aus diesen für sich günstige Folgen ableiten will. Dies hat zur Folge, dass sich die Beklagte nach § 138 ZPO nicht auf (schlichtes) Bestreiten mit Nichtwissen beschränken kann, sondern ein (positiver) Vortrag zum Vorliegen der Bedingungen erforderlich ist, der sodann von ihr zu beweisen wäre. Allerdings trifft die Klägerin für nur in ihrer Sphäre liegende Tatsachen, die der Beklagten unbekannt sind, eine sekundäre Darlegungslast, sofern ihr Vortrag zu diesen Tatsachen zumutbar und ohne weiteres möglich ist (vgl. BGH, GRUR 2016, 836 – Abschlagspflicht II).
  171. Dieser sekundären Darlegungslast ist die Klägerin jedoch nachgekommen, während die Beklagte nicht hinreichend dargelegt hat, dass die Patentinhaberin berechtigt sein könnte, weitere Lizenzen am Klagepatent zu vergeben.
  172. (a)
    Die Klägerin hat ausreichend substantiiert dargelegt, die Mindesttantiemen nach Ziff. 3a des Nachtrages gezahlt zu haben. Auch die Beklagte hat eingeräumt, dass sich aus dem in Anlage GDM19 vorgelegten Ausdruck vom Online-Konto der Patentinhaberin jeweils Zahlungseingänge von mehr als EUR 80.000,00 pro Jahr von der Klägerin ergeben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2018 angemerkt hat, sie habe keine Kenntnis, ob auch nach Abzug der niederländischen Umsatzsteuer EUR 80.000,00 erreicht werden, kann dies die Erfüllung der Mindesttantiemen nicht in Frage stellen. Die Beklagte hat die Möglichkeit, die niederländische Umsatzsteuersätze herauszufinden und zu überprüfen, ob auch nach Steuerabzug die Mindesttantiemen gezahlt wurden. Nachdem die Klägerin die entsprechende Steuersätze in der mündlichen Verhandlung genannt hat, hat die Beklagte weder deren Richtigkeit bestritten noch die Höhe der Zahlungen weiter als unzureichend bezeichnet.
  173. (b)
    Unabhängig von der Zahlung der Mindesttantiemen sieht Ziff. 5 des Nachtrags nur dann eine Berechtigung der Patentinhaberin zur Lizenzvergabe an Dritte vor, wenn sie die Klägerin durch ein Einschreiben in Verzug gesetzt hat. Ein solches Schreiben hat es aber nicht gegeben. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, sie habe kein solches Einschreiben erhalten. Mehr kann sie hierzu nicht vortragen. Die Beklagte hat dagegen keine Indizien dafür vorgetragen, dass es doch ein solches Schreiben gegeben haben könnte.
  174. (c)
    Schließlich ist eine tatsächliche Lizenzierung eines Dritten (etwa eines A-Marken-Herstellers) nicht ersichtlich. Eine solche Lizenzierung hat die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen, wobei sie als am Markt tätiges Unternehmen in der Lage gewesen wäre, substantiiert aufzuzeigen, welcher anderer Hersteller in Deutschland patentgemäße Vorrichtungen vertreibt. Soweit sie auf Produkte von I oder J verweist, ist ihr Vortrag spekulativ und legt nicht im Ansatz dar, warum diese Produkte unter das Klagepatent fallen (was die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich bestritten hat). Das von der Beklagten begehrte Sachverständigengutachten war daher nicht einzuholen.
  175. II.
    Die Beklagte verletzt das Klagepatent durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen sowie der angegriffenen, separat vertriebenen Komponenten der angegriffenen Ausführungsformen unmittelbar bzw. mittelbar wortsinngemäß.
  176. 1.
    Das Klagepatent betrifft einen Schnellwechseldorn für ein Werkzeug sowie ein Befestigungsmittel zur Anwendung am Schnellwechseldorn und ein Verfahren zum Betätigen des Stellwechseldorns (Abs. [0001] f. des Klagepatents; im Folgenden beziehen sich Abschnitte ohne Schutzrechtsangabe auf das Klagepatent).
  177. Ein Befestigungsmittel für ein Werkzeug ist dem Klagepatent zufolge bereits aus der WO 2004/011XXX (vorgelegt als Anlage GDM6) bekannt (Abs. [0001]). Die Druckschrift offenbart ein Befestigungsmittel wie nachfolgend mit der verkleinerten Figur 1 gezeigt:
  178. Das zu befestigende Werkzeug ist in der Abbildung durch eine Lochsäge 108 dargestellt. Sie ist zum einen durch eine Gewindeverbindung am Längskörper 101 befestigt, und zum anderen durch ein Schubteil 102, welches rechtsseitig Vorsprünge hat, die in Löcher in der Rückwand der Lochsäge 108 eingesetzt werden können. Bei einem Lösen der Lochsäge 108 von dem Längskörper 101 – wie es etwa erforderlich ist, um einen beim Sägen entstandenen Bohrkern zu entfernen – muss das Schubteil 102 zunächst in der Bildebene nach links bewegt werden, damit sich die Vorsprünge aus den Löchern lösen. Sodann kann die Lochsäge 108 über die Gewindeverbindung von dem Längskörper 101 abgeschraubt werden.
  179. Nach der Einleitung des Klagepatents ist ein Dorn ebenfalls aus der WO 01/38028 (Anlage GDM7) bereits bekannt (Abs. [0003], [0004]). Eine in der WO 01/38028 offenbarte Ausführungsform nach deren Fig. 2 wird nachfolgend verkleinert eingeblendet:
  180. Bei der Vorrichtung aus Fig. 2 der WO 01/38028 wird die Verbindung zwischen der Lochsäge 32 und dem Längskörper 34 durch eine Bajonett-Verbindung hergestellt. Zu diesem Zweck sind an dem Längskörper 34 Rippen 66, 71 ausgebildet und an dem den Zähnen der Lochsäge 32 abgeneigten Ende 38 befindet sich ein Loch mit Vorsprüngen 46 und Vertiefungen 44. Zum Einsetzen der Säge ist die Hülse 68 an dem Längskörper 68 axial zum oberen Ende des Längskörpers verschiebbar. Eine Position der verschiebbaren Hülse 68 ist dadurch gekennzeichnet, dass der Raum („Einkerbung“) zwischen den Rippen 66 und 71 des Längskörpers 34 freigelegt wird. Der Längskörper wird dann in Richtung des offenen Endes 38 der Säge 32 bewegt und die Lochsäge 32 so im oder gegen den Uhrzeigersinn gedreht, dass die Vorsprünge 46 in den freigegebenen Raum zwischen den Rippen 66 und 71 eingreifen können. Dadurch wird die Lochsäge 32 an dem Längskörper 34 axial gehalten. Eine rotierende Bewegung des mit der Lochsäge 32 verbundenen Längskörpers 34 wird dadurch verhindert, dass die Hülse 68 in eine Position bewegt wird, in der sie sich maximal am unteren Ende des Längskörpers befindet und zwischen den Rippen 66, 71 anliegt, so dass sie in den Vertiefungen 44 anliegt. Eine Lösung der Lochsäge 32 von dem Längskörper erfolgt durch die Durchführung des umgekehrten Vorgangs.
  181. Gemäß der WO 01/38028 (Anlage GDM7) wird weiter ein Pfropfen gesägten Materials aus der Lochsäge ausgeworfen, indem die Lochsäge zunächst von dem Dorn abgekoppelt wird und von einem weiteren Werkzeug Gebrauch gemacht wird, um die Öffnung der Lochsäge zu durchstechen und das Lösen des Pfropfens zu bewirken (Abs. [0004]).
  182. An diesem Stand der Technik kritisiert das Klagepatent, dass der bekannte Dorn komplex ist, was seine Herstellung schwierig und kostenintensiv macht (Abs. [0005]).
  183. Vor diesem Hintergrund strebt das Klagepatent das Bereitstellen eines konstruktiv und funktional vereinfachten Dorns an, dessen Produktion einfacher und zu geringeren Kosten möglich ist (Abs. [0006]).
  184. 2.
    Diese Aufgabe (technisches Problem) soll durch einen Schnellwechseldorn nach Anspruch 1, Befestigungsmittel nach Anspruch 17 sowie ein Werkzeugwechselsystem nach Anspruch 19 gelöst werden. Die Ansprüche 1 und 17 lassen sich wie folgt gegliedert darstellen:
  185. Anspruch 1:
  186. 1.1 Schnellwechseldorn (1) für ein Werkzeug (2) umfassend:

    a) einen Längskörper (3) mit einem Antriebsende (4) und einem Werkzeugende (5),

  187. b) Mittel zum Befestigen (6) des Werkzeugs (2).
  188. 1.2 Die Befestigungsmittel (6) sind
  189. a) von dem Längskörper (3) verschieblich lösbar,
  190. b) versehen mit einem mittigen Loch (7), welches das Verschieben der Befestigungsmittel (6) über den Längskörper (3) gestattet,
  191. c) versehen mit Mitteln zum verdrehsicheren (8; 8-1; 8-2) und axialen (9; 9-1; 9-2) Verriegeln der Befestigungsmittel (6) an dem Längskörper (3).
  192. 1.3 Die axial verriegelnden Mittel (9) umfassen:
  193. a) erste axial verriegelnde Mittel (9-1), die als Klinke („latch“), insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln (6) ausgebildet sind, und
  194. b) zweite axial verriegelnde Mittel (9-2), die als Kerbe („notch“), insbesondere Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper (3) zum Verriegeln der Klinke („latch“) (9-1) darin ausgebildet sind.
  195. Anspruch 17:
  196. 17.1 Befestigungsmittel (6) zum Befestigen eines Werkzeugs (2)
  197. 17.2 Die Befestigungsmittel (6) sind

    a) von dem Längskörper (3) verschieblich lösbar,

  198. b) versehen mit einem zentralen Loch (7), welches das Verschieben der Befestigungsmittel (6) über den Längskörper (3) gestattet
  199. c) versehen mit Mitteln zum verdrehsicheren (8; 8-1; 8-2) und axialen (9; 9-1; 9-2) Verriegeln der Befestigungsmittel (6) an dem Längskörper (3).
  200. 17.3 Die axial verriegelnden Mittel (9) umfassen:
  201. a) erste axial verriegelnde Mittel (9-1), die als Klinke („latch“), insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln (6) ausgebildet sind, und

    b) zweite axial verriegelnde Mittel (9-2), die als Kerbe („notch“), insbesondere Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper (3) zum Verriegeln der Klinke („latch“) (9-1) darin ausgebildet sind.

  202. 3.
    Der Schutzbereich eines Patents wird durch die Ansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung heranzuziehen sind (vgl. § 14 S. 1 PatG bzw. Art. 69 Abs. 1 S. 1 EPÜ). Die Auslegung hat aus Sicht eines Durchschnittsfachmanns im Prioritäts- bzw. Anmeldezeitpunkt zu erfolgen. Der vom Klagepatent angesprochene Durchschnittsfachmann ist hier ein Diplomingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von Schnellwechseldornen für Werkzeuge.
  203. Maßgebend ist der Offenbarungsgehalt der Patentansprüche und ergänzend – im Sinne einer Auslegungshilfe – der Offenbarungsgehalt der Patentschrift, soweit dieser Niederschlag in den Ansprüchen gefunden hat (BGH, GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube; GRUR 2004, 1023, 1024 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Hierbei ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt. Der Fachmann orientiert sich also an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck eines Merkmals, womit der technische Sinn der in der Patentschrift benutzten Worte und Begriffe – nicht die philologische oder logisch-wissenschaftliche Begriffsbestimmung – entscheidend ist. Die Patentschrift stellt dabei gleichsam ihr eigenes Lexikon dar (BGH, GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; GRUR 1999, 909 – Spannschraube).
  204. 4.
    Bei dem anspruchsgemäßen Schnellwechseldorn sind die Befestigungsmittel von dem Längskörper verschieblich lösbar (Merkmal 1.2a); Abs. [0007], [0008]), wozu sie mit einem mittigen Loch ausgestattet sind (Merkmal 1.2b). Die Befestigungsmittel stellen die Verbindung zwischen dem Schnellwechseldorn und einem Werkzeug her. Um das Werkzeug gegenüber dem Längskörper im Einsatz fixieren zu können, weist das Befestigungsmittel Mittel zu dessen axialen und verdrehsicheren Verriegeln an dem Längskörper auf (Merkmale 1.2c) – 1.3b)).
  205. Durch diese Konstruktion muss zum einen die Führungsbohrerspitze nicht von dem Längskörper gelöst werden. Vielmehr bildet sie einen Teil des Längskörpers, über den das Befestigungsmittel bewegt werden kann, wodurch die Anzahl gesonderter Teile des Schnellwechseldorns verringert und eine Gesamtvereinfachung herbeigeführt werden kann (Abs. [0008]). Zum anderen wird durch die Möglichkeit, das Befestigungsmittel an dem Längskörper zu verschieben, vermieden, dass das Werkzeug, beispielsweise eine Lochsäge, für das Entfernen eines Bohrkerns aus der Lochsäge von den Befestigungsmitteln abgekoppelt werden und ein anderes Werkzeug durch die Lochsägenöffnung geschoben werden muss (Abs. [0010]). Vielmehr kann das Werkzeugende des Längskörpers nach dem händischen Lösen des Befestigungsmittels durch das Befestigungsmittel in die Lochsägenöffnung geschoben werden (Abs. [0010]).
  206. 5.
    Die angegriffenen Ausführungsformen machen von den Ansprüchen 1, 17 und 19 jeweils unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch, was zunächst anhand von Anspruch 1 aufgezeigt wird:
  207. a)
    Die angegriffenen Ausführungsformen umfassen Befestigungsmittel im Sinne der Merkmalsgruppe 1.1, die lautet:
  208. „1.1 Schnellwechseldorn (1) für ein Werkzeug (2) umfassend:

    a) einen Längskörper (3) mit einem Antriebsende (4) und einem Werkzeugende (5),

  209. b) Mittel zum Befestigen (6) des Werkzeugs (2).“
  210. aa)
    Die Befestigungsmittel stellen anspruchsgemäß die Verbindung zwischen dem Schnellwechseldorn und einem Werkzeug her, wobei das Werkzeug selbst von Anspruch 1 nicht beansprucht ist. Patentgemäß wird weder eine Mehrteiligkeit der Befestigungsmittel ausgeschlossen, noch eine bestimmte Anzahl von Bauteilen vorgegeben. Die Befestigung des Werkzeugs an den Befestigungsmitteln kann lösbar oder fixiert sein.
  211. (1)
    Das Klagepatent macht keine Vorgaben über die Anzahl der Bauteile, aus denen die Befestigungsmittel anspruchsgemäß bestehen dürfen. Dies ist vielmehr dem Fachmann überlassen. Der Anspruch selbst enthält hierzu keine Vorgaben. Soweit Merkmal 1.2 „Mittel zum Befestigen (6) des Werkzeugs (2)“ bzw. synonym „Befestigungsmittel“ („attachment means“, nach dem gemäß Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen Wortlaut in der englischen Verfahrenssprache) vorsieht, wird hiervon keine bestimmte Anzahl von Teilen vorgegeben. Wie auch die Beklagte zutreffend vorträgt, kann „means“ eine Einzahl oder Mehrzahl von Teilen beschreiben.
  212. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass es Ziel der patentgemäßen Lehre sei, die Anzahl der Bauteile zu verringern, kann hieraus keine Begrenzung der Befestigungsmittel auf ein (wenig-teiliges) Befestigungsmittel hergeleitet werden. Der Vorteil der geschützten Lehre ist nicht eine allgemeine Verringerung von Bauteilen; vielmehr ermöglicht es das Klagepatent, auf zwei gekoppelte Schäfte zu verzichten, wie in Abs. [0008] ausgeführt wird:
  213. „Es ist ein Vorteil des Schnellwechseldoms gemäß der vorliegenden Erfindung, dass die Befestigungsmittel die Benutzung eines Längskörpers gestatten, über den die lösbaren Befestigungsmittel verschiebbar sind. Auf diese Weise wird es nicht mehr nötig sein, zwei Schäfte zu koppeln, d.h. einen Führungsbohrerspitzenschaft durch die Befestigungsmittel am Antriebsschaftende, da die Führungsbohrerspitze ihrerseits den Längskörper bilden wird, der jetzt das Antriebsende enthält. Dies verringert die Anzahl gesonderter Teile des Schnellwechseldoms und führt zu einer beträchtlichen Gesamtvereinfachung.“
  214. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Klagepatent es in Abs. [0006] als sein Ziel bezeichnet, einen „konstruktiv und funktional vereinfachten Dorn“ zu schaffen, der „einfacher und zu einem verringerten Preis hergestellt werden kann“. Zum einen handelt es sich hierbei nur um die subjektive Aufgabenbeschreibung. Die Aufgabe bestimmt sich aber nicht hiernach, sondern danach, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet (BGH, GRUR 2016, 921 – Permetrexed; BGH, GRUR 2010, 602 – Gelenkanordnung). Eine im Klagepatent formulierte Aufgabenbeschreibung gibt lediglich die subjektive Sichtweise des Patentinhabers wieder. Sie liefert bloß eine vorläufige Orientierung, die in einem zweiten Schritt darauf zu überprüfen ist, ob sie mit den durch die Auslegung ermittelten Festlegungen des Patentanspruchs in Einklang steht (BGH, GRUR 2016, 921 – Permetrexed). Eine – allgemeine – Verringerung von Bauteilen lässt sich dem Anspruch aber gerade nicht entnehmen. Weiterhin erkennt der Fachmann, dass die angesprochenen Ziele gerade durch die Befestigung des Werkezugs über Befestigungsmittel am Längskörper erreicht werden. Weitere Vereinfachungsmaßnahmen sind nicht Teil der geschützten Lehre.
  215. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, die Patentinhaberin habe im Erteilungsverfahren in einer Stellungnahme vom 07.11.2008 argumentiert, dass die patentgemäße Lösung „nur drei Hauptkomponenten“ habe, steht dies der vorstehenden Auslegung nicht entgegen. Zunächst kann der Stellungnahme der Anmelderin nicht entnommen werden, dass die Befestigungsmittel nicht aufteilbar sein dürfen. Eine „Hauptkomponente“ Befestigungsmittel kann durchaus aus mehreren Teilen bestehen. Ferner können Äußerungen des Anmelders oder des Prüfers im Erteilungsverfahren jeweils nur als Indizien für die Auslegung herangezogen werden. Sie können hingegen nicht ohne weiteres als Grundlage für die Auslegung verwendet werden (BGH, GRUR 2016, 921 Rn. 40 – Permetrexed). Anhaltspunkte dafür, dass das Befestigungsmittel nicht mehrteilig sein darf, gibt es im Anspruch und in der übrigen Patentschrift jedoch nicht.
  216. Auch das OLG Düsseldorf hat im Parallelverfahren zutreffend ausgeführt, dass das Klagepatent keine Vorgaben dazu mache, „ob die Befestigungsmittel aus einem oder mehreren Teilen bestehen und wenn letzteres der Fall ist, wie viel einzelne Bestandteile die Befestigungsmittel aufweisen und ob es sich um gesonderte Teile handelt“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2018 – I-15 U 102/16 – S. 29 f.).
  217. Der von der Beklagten vorgenommene Vergleich mit einer patentgemäßen Ausführungsform der Klägerin (Bl. 74 ff. GA), welche weniger Teile aufweist, kann dagegen zur Auslegung des Klagepatents nichts beitragen. Die Eigenschaften einer anderen, patentgemäßen Ausführungsform sind kein zulässiges Auslegungsmittel.
  218. (2)
    Da es das Klagepatent – wie gesehen – zulässt, dass die Befestigungsmittel aus mehreren Teilen oder Baugruppen bestehen, steht es der Patentverletzung nicht entgegen, wenn die Befestigung des Werkzeugs durch ein Bauteil der Befestigungsmittel erfolgt, während die Verriegelungsmittel mit einem anderen Bauteil der Befestigungsmittel verbunden sind.
  219. Dass die Befestigungsmittel sich in mehrere Elemente aufteilen lassen, wird vom Klagepatent nicht ausgeschlossen. Hierfür gibt es weder im Anspruch noch in der übrigen Klagepatentschrift einen Anhaltspunkt. Sofern die Anforderungen der Merkmale erfüllt werden und deren patentgemäße technische Funktionen erreicht werden, ist es dem Fachmann überlassen, wie er die Befestigungsmittel ausgestaltet.
  220. (3)
    Die Befestigungsmittel dienen „zum Befestigen eines Werkzeugs“. Das Werkzeug selbst ist nicht Teil des beanspruchten Gegenstands von Anspruch 1. Das Klagepatent lehrt vielmehr im Rahmen einer Zweckangabe, dass die Befestigungsmittel dazu dienen ein Werkzeug zu befestigen – also eine entsprechende Eignung aufweisen müssen. Aus dem Gesamtzusammenhang ist dem Fachmann klar, dass hiermit die (verdrehsichere und axiale) Befestigung des Werkzeugs am Längskörper über die Befestigungsmittel angesprochen ist. Weitere Vorgaben zur Art der Befestigung des Werkzeuges werden vom Anspruch nicht gemacht.
  221. Es steht der Verwirklichung der anspruchsgemäßen Lehre damit nicht entgegenstehen, wenn das Werkzeug nur über weitere Teile am Befestigungsmittel angebracht ist. Dies belegt Unteranspruch 10 gemäß dem der Schnellwechseldorn dadurch gekennzeichnet ist,
  222. „dass Befestigungsmittel (6) Kupplungsmittel (11; 11-1, 11-2) zum Ankuppeln an das Werkzeug (2) umfassen.“
  223. Dies wird auch als Ausführungsbeispiel in Abs. [0018] beschrieben. Bei den angegriffenen Ausführungsformen ist allerdings die Lochsäge unmittelbar mit dem Adapter und damit mit den Befestigungsmitteln verbunden, so dass dieser Punkt letztlich dahingestellt bleiben kann.
  224. bb)
    Unter Zugrundelegung der vorstehenden Auslegung wird Merkmalsgruppe 1 von Anspruch 1 des Klagepatents von den angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht.
  225. (1)
    Dass es sich bei den angegriffenen Ausführungsformen insgesamt um Schnellwechseldorne (Merkmal 1) handelt, steht zutreffend nicht in Streit. Ebenso stellt die Beklagte zutreffend nicht in Abrede, dass der Zentrierbohrer einen Längskörper im Sinne von Merkmal 1.1a) darstellt.
  226. (2)
    Die angegriffenen Ausführungsformen umfassen Befestigungsmittel im Sinne des Klagepatents, welche bei diesen aus dem Bedienelement zusammen mit dem Adapter bestehen. Über das am Adapter vorhandene Schraubgewinde kann das Bedienelement (Befestigungsmittel) mit einem Werkzeug verbunden und wieder getrennt werden. Im Übrigen fällt – wie oben unter Bezugnahme auf Abs. [0018] ausgeführt wurde – auch eine permanente Verbindung zwischen Adapter und Werkzeug in den Schutzbereich des Klagepatents, da dann ebenfalls ein Mittel zur Befestigung eines Werkzeugs vorliegt.
  227. Es steht der Patentverletzung nicht entgegen, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen das Bedienelement und der Adapter voneinander getrennt werden können – was den Austausch des Werkzeugs ohne Abnehmen des Bedienelements vom Führungsbohrer ermöglicht. Das Klagepatent schreibt – wie dargestellt – nicht vor, aus wie vielen Teilen die Befestigungsmittel bestehen müssen, so dass die Mehrteiligkeit der Patentverletzung nicht entgegensteht.
  228. Schließlich weisen die Befestigungsmittel auch die weiteren Eigenschaften auf, die von den Merkmalen 1.2a) – 1.3a) vorgeschrieben werden, wie nachstehend ausgeführt wird.
  229. b)
    Die Befestigungsmittel der angegriffenen Ausführungsformen (Bedienelement und Adapter samt Säge) können, wie von Merkmal 1.2a) verlangt, wonach die Befestigungsmittel
  230. „a) von dem Längskörper (3) verschieblich lösbar,“
  231. sind, vom Längskörper (Zentrierbohrer) durch Verschieben gelöst werden.
  232. aa)
    Die von Merkmal 1.2a) geforderte verschiebliche Lösbarkeit ist gegeben, wenn die Befestigungsmittel vom Längskörper zerstörungsfrei durch Schieben abgenommen werden können. Dabei wird die Bewegungsrichtung auf dem Längskörper durch das nach Merkmal 1.2b) vorgesehene mittige Loch vorgegeben.
  233. Das Klagepatent überlässt es dem Fachmann, ob die Befestigungsmittel nur zusammen mit dem Werkzeug oder auch separat vom Längskörper gelöst werden können. Eine entsprechende Festlegung findet sich im Anspruch nicht. Dies unterstreicht Abs. [0018], worin sowohl eine permanente Fixierung der Befestigungsmittel am Werkzeug als auch ihre mögliche Kupplung über Kupplungsmittel als anspruchsgemäß angesprochen werden. Bei einer permanenten Fixierung vom Werkzeug an den Befestigungsmitteln müssen aber zwingend die Befestigungsmittel zusammen mit dem Werkzeug vom Längskörper gelöst werden.
  234. Die von Abs. [0018] beschriebene permanente Fixierung von Werkzeug und Befestigungsmittel stellt auch eine anspruchsgemäße Vorrichtung dar. In der Regel ist davon auszugehen, dass Ausführungsbeispiele vom Patentanspruch erfasst werden. Etwas anderes kann nur gelten, wenn hinreichend deutliche Anhaltspunkte im Klagepatent bestehen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird (vgl. BGH, GRUR 2015, 972 – Kreuzgestänge; BGH, GRUR 2015, 875, 876 Rn. [16] – Rotorelemente; BGH, GRUR 2015, 159 Rn. [26] – Zugriffsrechte). Derartige Anknüpfungspunkte sind hier nicht ersichtlich.
  235. Es steht der Verwirklichung von Merkmal 1.2a) nicht entgegen, wenn noch eine andere Möglichkeit besteht, das Werkezeug von den Befestigungsmitteln abzunehmen (über eine Aufteilung verschiedener Komponenten der Befestigungsmittel) und es daher regelmäßig nicht erforderlich ist, das Befestigungsmittel vom Längskörper zu schieben, um das Werkzeug auszuwechseln. Patentgemäß reicht es vielmehr aus, wenn die Lösbarkeit der Befestigungsmittel gegeben ist, jedenfalls, wenn sie ohne Zerstörung oder Umgestaltung möglich ist. Es steht einer Patentverletzung nicht entgegen, dass eine Vorrichtung normalerweise anders bedient wird oder der Hersteller sogar ausdrücklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt und die Abnehmer deshalb von der patentverletzenden Lehre regelmäßig keinen Gebrauch machen, soweit die Nutzung der patentgemäßen Lehre möglich ist (BGH, GRUR 2006, 399 – Rangierkatze; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2016 – I-15 U 136/14 – Rn. 129 bei Juris; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, Kap. A. Rn. 193).
  236. bb)
    Nach den vorstehenden Erwägungen verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen Merkmal 1.2a) des Anspruchs 1. Jedenfalls bei aufgeschraubtem Werkzeug (Lochsäge) lässt sich das Bedienelement mit Adapter per Hand vom Zentrierbohrer abnehmen und sich auf diesem in beide Richtungen verschieben.
  237. Soweit die Beklagte mehrfach darauf verwiesen hat, dass ein gemeinsames Abnehmen von Säge, Adapter und Bedienelement nicht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch entspreche, verkennt sie, dass es nach der oben zitierten Rangierkatzen-Rechtsprechung (BGH, GRUR 2006, 399) für eine Patentverletzung ausreicht, wenn die Befestigungsmittel tatsächlich vom Längskörper verschieblich gelöst werden können. Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall, wie anhand der Muster der angegriffenen Ausführungsformen unschwer erkennbar ist.
  238. Darüber hinaus hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2018 selbst ausgeführt, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die Säge samt Adapter gemeinsam mit dem Bedienelement abgenommen wird, wenn das Bedienelement wegen eines Defekts ausgetauscht werden muss. Damit liegt das Abnehmen auch des Bedienelements im Bereich des bestimmungsgemäßen Gebrauchs.
  239. Insofern kann dahinstehen, ob eine verschiebliche Lösbarkeit auch ohne aufgeschraubte Lochsäge vorhanden ist, in welchem Falle man das Bedienelement (alleine) nicht ohne weiteres per Hand vom Zentrierbohrer lösen kann, sondern etwa einen Schraubenzieher verwenden muss, um einen Adapter zu „simulieren“.
  240. c)
    Bei den angegriffenen Ausführungsformen sind schließlich in Einklang mit den Merkmalen 1.2c) – 1.3b) die Befestigungsmittel
  241. „1.2 c) versehen mit Mitteln zum verdrehsicheren (8; 8-1; 8-2) und axialen (9; 9-1; 9-2) Verriegeln der Befestigungsmittel (6) an dem Längskörper (3).
  242. 1.3 Die axial verriegelnden Mittel (9) umfassen:
    a) erste axial verriegelnde Mittel (9-1), die als Klinke („latch“), insbesondere als Querklinke, vorgesehen an den Befestigungsmitteln (6) ausgebildet sind, und
    b) zweite axial verriegelnde Mittel (9-2), die als Kerbe („notch“), insbesondere Querkerbe, vorgesehen an dem Längskörper (3) zum Verriegeln der Klinke („latch“) (9-1) darin ausgebildet sind.“
  243. aa)
    Nach Merkmal 1.2c) umfassen die Befestigungsmittel u.a. „Mittel zum (…) axialen Verriegeln der Befestigungsmittel an dem Längskörper“, die in Merkmalsgruppe 1.3 näher definiert werden. Die Mittel zum axialen Verriegeln der Befestigungsmittel am Längskörper sollen demnach – vereinfacht ausgedrückt – anspruchsgemäß einerseits als Klinke an den Befestigungsmitteln und andererseits als Kerbe am Längskörper ausgebildet sein.
  244. Wie der Fachmann dem Anspruch entnimmt, ist entgegen dem sprachlich insoweit etwas ungenauen Anspruchswortlaut (was insbesondere für Anspruch 17 gilt) tatsächlich nur das erste axial verriegelnde Mittel an den Befestigungsmitteln selbst vorgesehen. Die mit dem ersten axial verriegelnden Mittel zusammenwirkenden, zweiten verriegelnden Mittel sind dagegen nach dem klaren Wortlaut von Merkmal 1.3b) am Längskörper vorgesehen.
  245. Daneben sieht Merkmal 1.2c) auch Mittel zum verdrehsicheren Verriegeln vor. Dies soll gewährleisten, dass das Werkzeug – etwa eine Lochsäge – zusammen mit dem Längskörper rotiert. Hierzu kann etwa das mittige Loch mit einem sechs-eckigen Querschnitt ausgeführt sein, der mit einem entsprechenden Querschnitt des Längskörpers korrespondiert.
  246. (1)
    Unter einer Klinke im Sinne des Klagepatents versteht der Fachmann einen festen Körper, der selbsttätig, z. B. durch Schwer- oder Federkraft, in eine Kerbe gemäß Merkmal 1.3b) am Längskörper bewegt und von dieser (mittels Kraftaufwand lösbar) so aufgenommen werden kann, dass eine axiale Verriegelung der Klinke sowie des Befestigungsmittels insgesamt an dem Längskörper eintritt. Eine bestimmte Form des Körpers und/oder eine bestimmte Aufhängung oder Lagerung desselben an dem Befestigungsmittel geben die Ansprüche indes nicht zwingend vor.
  247. Diese Auslegung entspricht der Ansicht des OLG Düsseldorf zur Auslegung des Klagepatents im Urteil vom 22.02.2018 (– I-15 U 102/16 – S. 33 ff.). Die Bestimmung des Sinngehalts eines Patentanspruchs ist Rechtserkenntnis und vom Verletzungsgericht, wie von jedem anderen damit befassten Gericht, eigenverantwortlich vorzunehmen (BGH, GRUR 2009, 653 – Straßenbaumaschine; BGH, GRUR 2010, 858 – Crimpwerkzeug III; BGH, GRUR 2015, 972, 974 – Kreuzgestänge). Bei der Auslegung ist das Verletzungsgericht selbstständig und weder rechtlich noch tatsächlich an die Auslegung durch den Bundesgerichtshof in einem das Klagepatent betreffenden Patentnichtigkeitsverfahren gebunden (BGH, GRUR 2015, 972 – Kreuzgestänge). Jedoch kommt die Kammer nach eigener Auslegung zum im Wesentlichen gleichen Ergebnis wie das OLG Düsseldorf im Urteil vom 22.02.2018, was auch dem Auslegungsergebnis der Kammer im Urteil vom 15.11.2016 (Az. 4a O 10/16) entspricht.
  248. Wie der Fachmann erkennt, dient die axiale Verriegelung dazu, dass das Werkzeug so am Längskörper arretiert werden kann, dass es über diesen angetrieben werden kann. Der Längskörper verfügt nach Merkmal 1.1 über ein Antriebsende, über das er etwa von einer Bohrmaschine angetrieben werden kann. Diese Rotationsbewegung soll auf das Werkzeug (z.B. eine Lochsäge) übertragen werden, wozu es verdrehsicher und axial arretiert werden muss. Ohne axiale Verriegelung würde das Werkzeug mit den Befestigungsmitteln im Einsatz zum Antriebsende hin verschoben werden können. Dies würde einen Einsatz der Lochsäge praktisch unmöglich machen, da nicht der notwendige Druck auf das zu sägende Material ausgeübt werden könnte.
  249. Während Merkmal 1.2c) die axialen Verriegelungsmittel nur allgemein über ihre Funktion beschreibt, wird dies von Merkmalsgruppe 1.3 räumlich-körperlich konkretisiert: Anspruchsgemäß müssen eine Klinke („latch“ in der englischen Verfahrenssprache – erstes axial verriegelndes Mittel) und eine Kerbe („notch“ – zweites verriegelndes Mittel) vorhanden sein. Anspruchsgemäß müssen diese beiden Elemente zusammenwirken und so eine axiale Verriegelung herbeiführen. Dabei soll die Klinke in die Kerbe verriegelt werden (Merkmal 1.3b)). Durch die axiale Fixierung der Kerbe werden die Befestigungsmittel und damit auch das Werkzeug daran gehindert, auf dem Längskörper verschoben zu werden.
  250. Die technische Lehre der Ansprüche ist nicht auf die in Abs. [0017] des Klagepatents gezeigte Form und/oder Lagerung der Klinke beschränkt. Eine solche Einschränkung auf die in der Patentbeschreibung gezeigte Gestaltung von Klinke/Kerbe ergibt sich nicht aus dem Wortlaut der Ansprüche, dem lediglich die Notwendigkeit des Vorsehens eines als Klinke ausgebildeten ersten axialen Verriegelungsmittels an den Befestigungsmitteln zu entnehmen ist. Weder die Form der Klinke noch ihre Aufhängung oder Lagerung wird demgegenüber explizit erwähnt und/oder im Einzelnen vorgegeben. Schließlich ist für die Funktion der anspruchsgemäßen Lehre nicht zwingend erforderlich, dass die Klinke und Kerbe in der im Ausführungsbeispiel beschriebenen Gestaltung vorhanden sind.
  251. Es kann dahingestellt bleiben, ob es ein allgemeines fachmännisches Verständnis vom Begriff der Klinke gibt. Denn auch wenn die in einem Patent verwendeten Begriffe regelmäßig in ihrem auf dem betreffenden Fachgebiet üblichen Inhalt verwendet werden (BGH, GRUR 2016, 169 – Luftkappensystem), bedarf es stets der Überprüfung, ob der allein maßgebliche technische Sinngehalt des Patentanspruchs vom allgemeinen Fachverständnis abweicht.
  252. Entscheidend für die Verriegelung nach der technischen Lehre der Ansprüche ist lediglich, dass die am Befestigungsmittel vorgesehene Klinke ein fester, selbsttätig zu bewegender Körper ist und in die am Längskörper befindliche Kerbe „passt“, und zwar in einer Weise, die dazu führt, dass beide gemeinsam durch die Aufnahme, das Eingreifen oder Fallen der Klinke in die Kerbe die axiale Bewegung verhindern. Es muss zudem (mittels Kraftaufwand) eine Entriegelung bzw. das Entfernen der Klinke aus der Kerbe möglich sein, wobei es nach dem Klagepatent wiederum offen ist, mittels welcher Maßnahmen dies zu erfolgen hat. Dieses Zusammenwirken zwecks Verriegelung (und Entriegelung) kann technisch betrachtet mit unterschiedlichen Formen, Größen, Querschnitten, Bewegungsmechanismen, Lagerungen etc. eines festen Körpers erreicht werden. Entscheidend ist allein, dass die erforderliche Abstimmung zwischen dem Körper und der Kerbe gegeben ist. Auch eine Kugel kann folglich genügen. Dem steht nicht entgegen, dass eine Kugel rotieren kann und ggf. ohne weitere Sicherungsmaßnahmen aus der Kerbe austreten würde. Nach dem Klagepatent sind, wenn die Kugel mit einer Kerbe im genannten Sinne zusammenwirkt, solche zusätzlichen Maßnahmen nämlich nicht ausgeschlossen.
  253. Auch unter Berücksichtigung von Abs. [0017] ergibt sich aus dem Klagepatent nicht, dass die Klinke „hakenförmig“ und eine längliche Erstreckung oder Vorzugserstreckung aufweisen und schwenkbar sein müsste. Das hier – in einem Ausführungsbeispiel – eine solche Konstruktion als patentgemäß beschrieben wird, kann den weitergehenden Wortsinn des Anspruchs nicht beschränken. Ein solches Ausführungsbeispiel erlaubt in Anwendung der allgemeinen Grundsätze regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe; BGH, GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit; BGH GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Gerade weil nur die Begrifflichkeiten Klinke und Kerbe, nicht jedoch auch die weiteren in den nachfolgenden Sätzen beschriebenen konstruktiven Maßnahmen einen Niederschlag im Anspruch gefunden haben, können die Ansprüche 1 bzw. 17 nicht auf die in Abs. [0017] beschriebene Konstruktion beschränkt werden.
  254. Eine bestimmte geometrische Ausrichtung der Kerbe (etwa senkrecht zum Längskörper) ist anspruchsgemäß nicht erforderlich. Die in Merkmal 1.3b) genannte „Querkerbe“ stellt nach dem Anspruchswortlaut nur ein Beispiel dar, weshalb anspruchsgemäß auch nicht quer zum Längskörper angeordnete Vertiefungen eine Kerbe darstellen können.
  255. Gegen dieses Auslegungsergebnis sprechen auch nicht die Aussagen der Anmelderin im Erteilungsverfahren. In der WO 2004/011XXX (Anlage GDM6), welche in Abs. [0001] des Klagepatents gewürdigt wird, wird ein federgespannter Ball („spring-loaded ball“, Bezugsziffer 10) am Schubteil („thrust member“, 7) durch die Kraft der Feder kontinuierlich gegen den Längskörper („arbor body“, 2) gepresst und zwecks Verriegelung in dessen Einkerbungen („mating grooves“, 11) gedrückt (vgl. S. 4 Z. 33 – S. 5 Z. 19 Anlage GDM6). Sollte man den Aussagen der Patentinhaberin zu WO 2004/011XXX in der Stellungnahme vom 07.11.2008 (Anlage B4), von der keine Übersetzung vorgelegt wird, entnehmen können, dass eine Kugel keine Klinke ist, wäre dies unrichtig. Derartige Aussagen wären nach der oben erwähnten Rechtsprechung allenfalls ein Indiz für das fachmännische Verständnis. Dem (vorrangig zu berücksichtigenden) Klagepatent lässt sich aber, wie gesehen, keine Einschränkung bzw. Abgrenzung gegenüber Kugeln als Klinke entnehmen. In Abs. [0001] wird die WO 2004/011XXX zwar erwähnt; jedoch kritisiert das Klagepatent dabei weder den offenbarten Wirkmechanismus noch die Form des in die Kerbe gedrückten festen Körpers noch die Art und Weise seiner Bewegung in die Kerbe. Dass das Klagepatent die Begriffe Klinke/Kerbe benutzt, erlaubt nicht den Schluss, dass ein Mechanismus mit einem solchen „spring-loaded ball“ nicht hierunter zu fassen wäre. Denn Klinke/Kerbe ist demgegenüber das weitere Begriffspaar.
  256. Über die hiesige Auslegung wird die räumlich-körperliche Vorgabe der Merkmalsgruppe 1.3 nicht bedeutungslos, da hiernach nicht jeder Verriegelungsmechanismus anspruchsgemäß ist. Zwingend erforderlich ist vielmehr eine Verriegelung durch eine an den Befestigungsmitteln vorgesehene (wie auch immer geformte und/oder gelagerte) Klinke, die selbsttätig in eine Kerbe bewegt wird bzw. werden kann, und gemeinsam mit dieser für die Verriegelung in axialer Richtung sorgt (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2018 – I-15 U 102/16 – S. 33 ff.).
  257. bb)
    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen zeigt sich die Verwirklichung der Merkmalsgruppe 1.3 in den angegriffenen Ausführungsformen. Die patentgemäße Kerbe ist am Bedienelement durch Kugeln ausgeführt, während am Längskörper korrespondierende Vertiefungen vorhanden sind.
  258. Die Kugel am Bedienelement fungieren dabei jeweils als klagepatentgemäße Klinken im Sinne des Merkmals 1.3a). Diese werden durch den Druck einer Feder mittels einer Schrägfläche in die Vertiefungen am Längskörper gedrückt, bei denen es sich um Kerben im Sinne von Merkmal 1.3b) handelt. Durch das Hineintreten der Kugel(n) in die Vertiefung(en) wird eine axiale Bewegung des Bedienelements (samt Adapter) auf dem Führungsbohrer verhindert. Das Einrasten erfolgt automatisch und wird durch eine Feder gesichert. Zieht man die Bauteile des Bedienelements hingegen gegen den Widerstand der Feder auseinander, können die Kugeln aus den Vertiefungen am Längskörper heraus- und tiefer in das Bedienelement hineintreten, so dass sich das Bedienelement wieder verschieben lässt.
  259. Die bei den angegriffenen Ausführungsformen aus Adapter und Bedienelement bestehenden Befestigungsmittel enthalten auch Mittel zum verdrehsicheren Verriegeln (Merkmal 1.2c)). Deren Innenquerschnitt ist eckig ausgestalten und passt auf den Zentrierbohrer, so dass das Befestigungsmittel mit dem Zentrierbohrer rotiert und sich gegenüber diesen nicht verdrehen lässt.
  260. d)
    Die Verwirklichung der übrigen Merkmale (bzw. der diskutierten Merkmale unter anderen Gesichtspunkten) streitet die Beklagte zutreffend nicht ab, so dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.
  261. e)
    Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob eine Verwirklichung von Anspruch 1 sich auch dann ergibt, wenn man die Adapter als Teil des Werkzeuges ansieht und somit allein das Bedienelement die patentgemäßen Befestigungsmittel bilden müsste.
  262. 6.
    Aus der vorstehend dargestellten Verwirklichung von Anspruch 1 durch die angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich auch die Verwirklichung der Ansprüche 17 und 19 des Klagepatents.
  263. a)
    Bedienelement und Adapter der angegriffenen Ausführungsformen stellen nach den vorstehenden Überlegungen zusammen Befestigungsmittel im Sinne von Anspruch 17 dar. Dieser unterscheidet sich von Anspruch 1 nur dadurch, dass er nur die Befestigungsmittel erfasst, während ein Längskörper nicht beansprucht ist.
  264. b)
    Die Kombination der angegriffenen Ausführungsformen mit einer Lochsäge, wie sie ebenfalls von der Beklagten vertrieben wird, verwirklicht schließlich Anspruch 19 unmittelbar wortsinngemäß. Dieser Anspruch unterscheidet sich von Anspruch 1 nur durch das Hinzufügen eines Werkzeugs, „beispielsweise eine Lochsäge“.
  265. c)
    Durch Herstellung und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen im Inland (ggf. zusammen mit einer Lochsäge) verstößt die Beklagte damit gegen das in § 9 S. 2 Nr. 1 PatG aufgeführte (Benutzungs-) Verbot.
  266. 7.
    Durch das Anbieten und Liefern der Zentrierbohrer bzw. der Adapter, die im Rahmen der angegriffenen Ausführungsform verwendet werden, verletzt die Beklagte entgegen § 10 Abs. 1 PatG zudem Anspruch 1 auch mittelbar.
  267. a)
    Der Zentrierbohrer stellt einen Längskörper im Sinne von Anspruch 1 des Klagepatents dar. Dieser bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG. Er ist geeignet, mit einem Merkmal von Anspruch 1 bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGH, GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug) und trägt dabei auch zum Leistungsergebnis der Erfindung, d.h. zu der erfindungsgemäßen Lösung des dem Patent zugrundeliegenden technischen Problems, bei (vgl. BGH, GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). Er ist Bestandteil der Ansprüche, was regelmäßig die Wesentlichkeit des Elements anzeigt (vgl. BGH, GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler; BGH, GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren).
  268. Die Beklagte tritt dem Vorliegen der übrigen Voraussetzungen von § 10 Abs. 1 PatG nicht entgegen. Der Zentrierbohrer / Längskörper ist nach dem Handlungswillen der Abnehmer der Beklagten auch dazu bestimmt, im Zusammenhang mit Befestigungsmitteln als Schnellwechseldorn in patentverletzender Art und Weise verwendet zu werden. Diese Verwendungsbestimmung ist ebenso wie die objektive Eignung des Längskörpers zur patentverletzenden Verwendung nach den hier vorliegenden Umständen offensichtlich, wie die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (Anlage GDM 11) belegen.
  269. b)
    Die vorstehenden Erwägungen gelten entsprechend für den Adapter. Dieser ist Teil der im Anspruch aufgeführten Befestigungsmittel und trägt zum Leistungsergebnis der Erfindung bei, indem er die Verbindung von der Lochsäge zu den übrigen Bauteilen der Befestigungsmittel (in Form des Bedienelements) herstellt. Die Eignung und Bestimmung Dritter zur patentverletzenden Benutzung ist wiederum zumindest offensichtlich.
  270. III.
    Aufgrund der festgestellten Patentverletzung ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen:
  271. 1.
    Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt. Der Klageantrag ist auch ausreichend bestimmt; insofern reicht hier die Wiedergabe des Wortlauts der jeweiligen Patentansprüche aus (vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, Kap. D. Rn. 301). Was angegriffen ist, ergibt sich zudem ausreichend bei Berücksichtigung der Entscheidungsgründe.
  272. Hinsichtlich der Zentrierbohrer und der Adapter der angegriffenen Ausführungsformen war auch ein Schlechthin-Verbot auszusprechen. Ein solches Schlechthinverbot ist bei einer (nur) mittelbaren Patentverletzung regelmäßig zu erlassen, wenn das streitgegenständliche Mittel nur patentverletzend einsetzbar ist. Dagegen kommt ein Schlechthinverbot grundsätzlich nicht in Betracht, wenn das angebotene bzw. gelieferte Mittel im Sinne von § 10 PatG technisch und wirtschaftlich sinnvoll auch patentfrei gebraucht werden kann. Allerdings ist, wenn die Nutzung des Gegenstands überhaupt nicht auf eine Ausgestaltung nach dem Klagepatent angewiesen ist und der Gegenstand ohne Weiteres derart abgeändert werden kann, dass er den Vorgaben des Patents nicht mehr entspricht, aber seine Eignung zur patentfreien Verwendung dennoch nicht einbüßt, ein Schlechthinverbot auch dann gerechtfertigt, wenn eine wirtschaftlich sinnvolle patentgemäße Verwendbarkeit besteht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2012 – Az. I-2 U 137/10 – Rn. 83 bei Juris; LG Düsseldorf, InstGE 5, 173 – Wandverkleidung). Bedarf es der patentgemäßen Ausbildung des Mittels zur Gewährleistung eines gemeinfreien Gebrauchs außerhalb des Patentes nicht, kann derjenige, der das Mittel anbietet oder vertreibt, an ihm deswegen regelmäßig auch kein schützenswertes Interesse haben. Es sei denn, er legt Umstände dar, aus denen sich die Unzumutbarkeit der technischen Abänderung ergibt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2012 – I-2 U 137/10).
  273. a)
    Die Klägerin hat in der Klageschrift vorgetragen, dass bei dem Zentrierbohrer die „notches“ weggelassen werden könnten, ohne die nicht patentverletzende Funktion zu beeinträchtigen (S. 38 Abs. 3 KL = Bl. 38 GA). Damit räumt die Klägerin inzident eine patentfreie Nutzungsmöglichkeit ein, die hier ersichtlich in der Nutzung des Bohrers zum „einfachen“ Bohren ohne Bedienelement / Adapter besteht.
  274. Trotz dieser patentfreien Nutzungsmöglichkeit ist hier ein Schlechthin-Verbot auszusprechen, da – wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat – es der Beklagten ohne weiteres möglich wäre, den Zentrierbohrer so abzuändern, dass eine patentverletzende Nutzung unterbunden wird, während die patentfreie Nutzung weiter möglich ist. Hierzu müssten bei dem Zentrierbohrer lediglich die Vertiefungen weggelassen werden (was den Produktionsaufwand sogar verringern würde). Dass diese Vertiefungen für patentfreie Verwendungen des Zentrierbohrers erforderlich sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
  275. b)
    Auch für die Adapter war ein Schlechthin-Verbot auszusprechen. Zu diesen hat die Klägerin vorgetragen, dass diese ausschließlich für die angegriffenen Ausführungsformen geeignet seien und eine patentfreie Benutzung nicht ersichtlich sei (S. 38 f. KL = Bl. 38 f. GA). Die für eine patentfreie Nutzung sekundär darlegungsbelastete Beklagte ist dem nicht entgegen getreten.
  276. 2.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz für den ihr und der Patentinhaberin entstandenen Schaden, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG folgt. Der Patentinhaberin kann ein anderer Schaden als der Klägerin entstanden sein, so dass beide Schadenspositionen nebeneinander geltend gemacht werden können.
  277. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bzw. die Nutzung der angemeldeten Lehre bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Ihr war das Klagepatent hier nach eigener Aussage positiv bekannt. Dass sie der Auffassung war, dieses durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht zu verletzen, steht einem Verschulden nicht entgegen, da sie eine hinreichende Prüfung nicht vorgetragen hat.
  278. Da überdies durch die (rechtsverletzenden) Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin aber noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
  279. 3.
    Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 3 PatG.
  280. Die weitergehende Auskunftspflicht folgt aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, die Schadensersatzansprüche zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang zu. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
  281. 4.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Vernichtungsanspruch, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 PatG folgt. Eine Unverhältnismäßigkeit nach § 140a Abs. 4 PatG ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
  282. 5.
    Die Klägerin kann die Beklagte ferner aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG auf Rückruf patentverletzender Erzeugnisse in Anspruch nehmen. Auch insoweit lässt sich keine Unverhältnismäßigkeit gemäß § 140a Abs. 4 PatG feststellen.
  283. 6.
    Die Klägerin kann von der Beklagten aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG Ersatz der Anwaltskosten für das Abmahnschreiben in Höhe von EUR 8.359,80 verlangen. Die Höhe der Anwaltskosten ist angemessen. Für die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechts- und des Patentanwalts fielen je 1,3 Gebühren aus einem Gegenstandswert von EUR 500.000,00 (= EUR 4.176,90) an. Hinzukommen je EUR 20,00 Telekommunikationspauschale, von denen die Klägerin aber nur einen Teil (EUR 6,00) einklagt.
  284. Der Zinsanspruch hierauf ab dem 16.06.2016 ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB, da sich die Beklagte ab diesem Zeitpunkt in Verzug befand. Einer Abmahnung bedurfte es nicht, da die Beklagte mit dem Schreiben in Anlage GDM16 die Ansprüche der Klägerin ernsthaft und endgültig verweigert hat.
  285. 7.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
  286. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Auf Antrag der Klägerin waren Teilsicherheiten für die vorläufige Vollstreckung der verschiedenen Ansprüche festzusetzen.
  287. Der Beklagten war kein Vollstreckungsschutz zu gewähren. Sie hat die tatsächlichen Voraussetzungen des § 712 ZPO weder vorgetragen noch – wie von § 714 Abs. 2 ZPO vorgeschrieben – glaubhaft gemacht. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die vorläufige Vollstreckung für die Beklagte einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.
  288. IV.
    Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 07.03.2018, der nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, fand bei der Entscheidung keine Berücksichtigung. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, §§ 296a, 156 ZPO.
  289. V.
    Der Streitwert wird auf EUR 500.000,00 festgesetzt.

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