Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2704
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 07. September 2017, Az. 4c O 31/16
- I. Die Klage wird abgewiesen.
- II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
- III. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
- T a t b e s t a n dDie Klägerin, ein weltweit tätiges Chemieunternehmen mit Hauptsitz in A, entwickelt und produziert verschiedenste Erzeugnisse in unterschiedlichen Geschäftsfeldern. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin Ansprüche aus dem europäischen Patent EP 1 453 XXX (Anlage KAP 3, deutsche Übersetzung Anlage KAP 4, nachfolgend Klagepatent) geltend, dessen eingetragene Inhaberin die B SA mit Sitz in der Schweiz ist. Im Patentregister ist unter dem Stichwort „Lizenzen“ eine P & A Marketing SA mit Sitz in der Schweiz genannt.
- Das Klagepatent ist in französischer Verfahrenssprache unter Inanspruchnahme zweier französischer Prioritäten, der FR 01116XXX vom 11. Dezember 2001 und FR 0210XXX vom 26. August 2002, am 9. Dezember 2002 angemeldet worden. Die Veröffentlichung der Patentanmeldung erfolgte am 8. September 2004 und der Hinweis auf die Patenterteilung am 8. Mai 2013. Das Klagepatent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 602 44 XXX.1 geführt.
- Das Klagepatent, welches Pulverspurenelemente, ein Verfahren und eine Vorrichtung zu dessen Herstellung zum Gegenstand hat, steht in Kraft. Die für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentansprüche 1, 6 und 7 haben folgenden Wortlaut:
- „Wasserlöslicher metallorganischer Komplex von Glycin mit einem Metall, in dem das Glycin an das Metall über die beiden Sauerstoffatome gemäß folgender Formel gebunden ist:(Anspruch 1)
- „Komplex nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Kupfersulfat-Dihydrat-Glycinat gemäß folgender Formel bildet:
- [Cu (Glycin) (H2O)2 (SO4)]n“(Anspruch 6)
- „Komplex nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Zinksulfat-Dihydrat-Glycinat gemäß folgender Formel bildet:
- [Zn (Glycin) (H2O)2 (SO4)]n“(Anspruch 7)
- Nachfolgend – teilweise verkleinert – wiedergegeben sind die Figuren 12 und 14 der Klagepatentschrift, welche in Figur 12 die dreidimensionale chemische Struktur von Kupfersulfat-Dihydrat-Glycinat und in Figur 14 die dreidimensionale chemische Struktur von Zinksulfat-Dihydrat-Glycinat zeigen.
- Die Beklagte bietet an und vertreibt in Deutschland Futterzusatzstoffe für Tiere unter der Bezeichnung C. Die Klägerin ließ sich in Deutschland zwei Muster der Beklagten verschaffen, welche die Bezeichnung C Zn (mit der Batchnummer BC050XXX) und C Cu (mit der Batchnummer BC010XXX) aufweisen (nachfolgend angegriffene Ausführungsformen).
- Die Klägerin legte als Anlage KAP 1 ein mit „Abtretungs- und Prozessführungsermächtigungserklärung“ überschriebenes Dokument vor, welches die Patentinhaberin und die Klägerin nennt. Desweiteren überreichte die Klägerin als Anlage KAP 25 eine teilweise geweißte Ablichtung des zwischen ihr und der Patentinhaberin abgeschlossenen Lizenzvertrages. Auf den Inhalt der genannten Anlagen wird Bezug genommen.
- Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie berechtigt sei, Ansprüche aus dem Klagepatent geltend zu machen. Sie habe mit der Patentinhaberin am 11. Februar 2014 einen exklusiven Lizenzvertrag über die Nutzung der patentierten Technologie abgeschlossen. Der Lizenzvertrag unterliege der Geheimhaltung, so dass sich die Klägerin und die Patentinhaberin entschlossen hätten, die Existenz der exklusiven Lizenz gerade in Bezug auf die Geltendmachung von Rechten aus den lizenzierten Patenten in einer gesonderten Vereinbarung festzuhalten, welche als Anlage KAP 1 vorgelegt worden sei. Der für die Patentinhaberin unterzeichnende Herr E D sei vertretungsbefugt. Im Übrigen ergebe sich die ausschließliche Lizenz aus dem teilweise in geweißter Form vorgelegten Lizenzvertrag. Soweit im Register eine Lizenz für die P & A Marketing SA mit Sitz in der Schweiz angegeben sei, handele es sich möglicherweise um eine Tochtergesellschaft der Patentinhaberin. Die Lizenz sei eventuell erloschen.
- Eine Verletzung des Klagepatentes durch die angegriffenen Ausführungsformen liege vor. Der Patentanspruch 1 in Kombination mit den Unteransprüchen 6 und 7 müsse dahingehend verstanden werden, dass nicht eine Carbonylgruppe, sondern eine Carboxylgruppe gemeint sei. Weiterhin sei der Begriff des metallorganischen Komplexes dahingehend zu verstehen, dass hierunter eine Verbindung zwischen einem Metall und einer organischen Verbindung gemeint sei, wobei hiervon auch eine Bindung zwischen einem Metall und einem Kohlenstoffatom erfasst werden könne. Hiervon ausgehend liege eine wortsinngemäße Verwirklichung des eingeschränkt geltend gemachten Patentanspruches 1 vor, wie sich aus den Untersuchungsberichten des F SA (F, SA) mit Sitz in der Schweiz (Anlagen KAP 16 und 17) und Prof. Dr. G vom H für Festkörperforschung (Anlagen KAP 30 und KAP 31) sowie den Untersuchungen der Klägerin selbst zur Wasserlöslichkeit der angegriffenen Ausführungsformen (Anlagen KAP 32 und 33) ergebe.
- Die Klägerin beantragt zuletzt,
- I. die Beklagte zu verurteilen,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- a) wasserlösliche metallorganische Komplexe des Glycins mit einem Metallsulfat
- in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- wobei in diesen Komplexen das Glycin mit dem Metall über die beiden Sauerstoffatome seiner Carboxylgruppe gemäß folgender Formel verbunden ist:
- und die Komplexe kristallin sind und ein Glycinat von Kupfersulfat-Dihydrat gemäß folgender Formel bilden:
- [Cu (Glycin) (H2O)2 (SO4)]n
- b) wasserlösliche metallorganische Komplexe des Glycins mit einem Metallsulfat
- in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- wobei in diesen Komplexen das Glycin mit dem Metall über die beiden Sauerstoffatome seiner Carboxylgruppe gemäß folgender Formel verbunden ist:
- und die Komplexe kristallin sind und ein Glycinat von Zinksulfat-Dihydrat gemäß folgender Formel bilden:
- [Zn (Glycin) (H2O)2 (SO4)]n
- 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen sei dem 08.06.2013 begangen hat, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und der Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer,b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
- wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 08.06.2013 begangen hat, und zwar unter Angabe
- a) der Herstellungsmengen und –zeiten,b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten,-preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.
- II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Patentinhaberin durch die zu 1. bezeichnete Handlung seit dem 08.06.2013 bis zum 10.02.2014 entstanden ist und der Klägerin durch die zu 1. bezeichnete Handlung seit dem 11.02.2014 entstanden ist und noch entstehen wird.
- III. die Beklagte weiter zu verurteilen, die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, oben unter 1. fallenden Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einem von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.
- IV. die Beklagte weiter zu verurteilen, die oben unter 1. fallenden im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Betriebswegen zurückzurufen, in dem denjenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatentes EP 1 453 XXX erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises, sowie eine Übernahme der Kosten der Rücknahme zugesagt wird, und die zurückgegebenen Erzeugnisse nach Rückgabe wieder an sich zu nehmen.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen,
- hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über die gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.
- Sie meint, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Eine solche folge nicht aus ihrer Stellung als ausschließliche Lizenznehmerin. Eine solche habe die Klägerin nicht dargelegt, da im Register eine weitere Lizenznehmerin eingetragen sei, was der Einräumung einer ausschließlichen Lizenz entgegen stehe.
- Die Klägerin könne ihre Aktivlegitimation auch nicht aus der mit „Abtretungsvertrag- und Prozessführungsermächtigungserklärung“ bezeichneten Vereinbarung herleiten. Soweit Herr E D für die Patentinhaberin eine solche Erklärung abgegeben habe, verfüge dieser für die Abgabe entsprechender Erklärungen nicht über die entsprechende Vertretungsbefugnis. Dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2017 vorgelegten Handelsregisterauszug könne entnommen werden, dass dieser nicht alleinvertretungsberechtigt sei.
- Im Übrigen machten die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre nach dem Klagepatent keinen Gebrauch und das Klagepatent werde sich im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen.
- Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
- E n t s c h e i d u n g s g r ü n d eDie zulässige Klage ist unbegründet.
- Die Klägerin vermochte ihre Berechtigung zur Geltendmachung der mit der vorliegenden Klage verfolgten Ansprüche nicht hinreichend darzulegen.
- Weder ist feststellbar, dass die Klägerin Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem Gegenstand des Klagepatentes (dem deutschen Teil des europäischen Patents 1 453 XXX) ist, noch liegen die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft vor.
- 1.Eingetragene Inhaberin des Klagepatentes ist die in der Schweiz geschäftsansässige B SA. Die Klägerin macht geltend, dass diese ihr mit dem als Anlage KAP 25 vorgelegten „License Agreement“ (nachfolgend: Lizenzvertrag) eine ausschließliche Lizenz an dem Klagepatent erteilt habe.
- Aktivlegitimiert ist auch ein ausschließlicher Lizenznehmer, und zwar – wie der Patentinhaber – aus originärem Recht. Der ausschließliche Lizenznehmer hat ein eigenes Klagerecht; er hat selbständig gegen einen Verletzer des Patents und damit auch seines ausschließlichen Benutzungsrechts die Ansprüche aus §§ 139 ff. PatG (vgl. nur Benkard/Rogge/Grabinski, PatG/GebrMG, 10. Aufl., § 139 PatG Rn. 17; Benkard/Ullmann, a.a.O., § 15 PatG Rn. 95 und 97; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 9. Aufl., Kap. D Rn. 118).
- Ausschließlicher Lizenznehmer ist aber nur ein solcher, der das Patent „ausschließlich“, d.h. unter Ausschluss jeglicher Dritter benutzen darf (Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 118). Lediglich der Patentinhaber selbst soll sich eine Eigennutzung vorbehalten dürfen (sog. Alleinlizenz; vgl. Stumpf/Groß, Der Lizenzvertrag, 10. Aufl., Rn. 36, 38; Bartenbach, Patentlizenz- und Know-how-Vertrag, 7. Aufl., Rn. 79 ff.; Busse/Hacker, PatG, 8. Aufl., § 15 PatG Rn. 58; kritisch Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 118), wobei allerdings auch in einem solchen Fall der Erteilung einer Benutzungserlaubnis jedenfalls dann keine Ausschließlichkeitswirkung zukommt, wenn der Patentinhaber sein vom Patent gewährtes Benutzungsrecht nicht aufgibt und sich entweder das Recht zur Vergabe weiterer Lizenzen auf dem betreffenden Gebiet vorbehält oder derartige Lizenzen bereits vergeben hat, was bei der Erteilung weiterer Lizenzen beachtet wird (Benkard/Ullmann, a.a.O., § 15 PatG Rn. 99 m. w. Nachw.).
- In Streitfall ist, wie die Beklagte mit der Klageerwiderung vom 19. Dezember 2016 (Bl. 56 f. d.A.) unwidersprochen vorgetragen hat, im europäischen Patentregister (Anlage B1) mit Datum vom 27. Februar 2013, d.h. vor dem Lizenzvertrag zugunsten der Klägerin, eine Lizenz für die P & A Marketing SA mit Sitz in der Schweiz eingetragen. Eine solche weitere Lizenz steht grundsätzlich der Annahme einer ausschließlichen Lizenz, d.h. einer Nutzung eines Patentes unter Ausschluss jeglicher Dritter entgegen.
- Die Klägerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2017 behauptet, dass diese weitere Lizenz möglicherweise nicht mehr besteht. Nähere Umstände und Tatsachen wurden jedoch nicht vorgetragen. Auch Angaben zum Gegenstand dieser weiteren Lizenz wurden nicht gemacht. Es wurde in der mündlichen Verhandlung lediglich gemutmaßt, dass es sich bei der weiteren Lizenznehmerin möglicherweise um eine Tochtergesellschaft der Patentinhaberin handeln könnte. Ob ein solcher Umstand der Annahme eines ausschließlichen Nutzungsrechts entgegensteht, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Der zwischen der Patentinhaberin und der Klägerin abgeschlossene Lizenzvertrag sieht in Ziffer 2.1 vor, dass die Patentinhaberin zur Eigennutzung und zur Lizenzierung von Tochtergesellschaften berechtigt sein soll. Die Klägerin hat jedoch nur die Behauptung aufgestellt, dass es sich bei der weiteren Lizenznehmerin um eine Tochtergesellschaft handeln könnte. Sichere Kenntnis hierüber besteht nicht.
- Die Patentinhaberin hatte damit zum Zeitpunkt des Abschlusses des Lizenzvertrages mit der Klägerin bereits eine Lizenz an ein drittes Unternehmen vergeben, welche mangels entgegenstehenden Vortrags als fortbestehend anzusehen ist. Insoweit bestehen daher auch keine Anhaltspunkte, dass diese Lizenz nicht mehr gültig ist. Vor der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz erteilte einfache Lizenzen bleiben nämlich wirksam (§ 15 Abs. 3 PatG; vgl. Stumpf/Groß, a.a.O., Rn. 364; Benkard/Ullmann, a.a.O., § 15 Rn. 87). Auch bewirkt der Sukzessionsschutz gemäß § 15 Abs. 3 PatG keinen Eintritt des neuen Berechtigten (hier: der Klägerin als ausschließlicher Lizenznehmerin) in den bereits bestehenden Lizenzvertrag (vgl. Busse/Hacker, a.a.O., § 15 Rn. 76 m. w. Nachw.).
- Bestehen vor der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz Dritten eingeräumte einfache Lizenzen unverändert fort, darf der spätere Lizenznehmer das lizenzierte Patent nicht „ausschließlich“, d.h. unter Ausschluss jeglicher Dritter benutzen. Etwas anderes gilt nur, wenn die später eingeräumte „ausschließliche“ Lizenz über die zuvor vergebenen einfachen Lizenzen hinausgeht. Denn eine wirksame ausschließliche Lizenzierung kommt nach Erteilung einfacher Lizenzen nur insoweit in Betracht, wie die ausschließliche Lizenz gegenständlich (z.B. Benutzungsarten, räumlicher Geltungsbereich) über die zuvor beschränkt eingeräumten einfachen Lizenzen hinausreicht (OLG Düsseldorf, Urt .v. 24. September 2015, I-2 U 30/15, zitiert nach juris). Dafür ist im Streitfall allerdings nichts dargetan und auch nichts ersichtlich. Die Klägerin hat zum Umfang der weiteren Lizenz nichts vorgetragen.
- 2.Ist die Klägerin, wovon nach den vorstehenden Gründen auszugehen ist, nur einfache Lizenznehmerin, kann sie anders als ein ausschließlicher Lizenznehmer aus eigenem Recht keine Ansprüche aus §§ 139 ff. PatG geltend machen (vgl. nur Benkard/Ullmann, a.a.O., § 15 PatG Rn. 101; Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139 PatG Rn. 17 und 18; Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 123). Der einfache Lizenznehmer kann nicht selbstständig gegen Dritte vorgehen; er hat keine eigene Klagebefugnis (Benkard/Ullmann, a.a.O., § 15 PatG Rn. 101). In Bezug auf den Unterlassungsanspruch nach § 139 Abs. 1 PatG, der anders als die Ansprüche auf Schadenersatz und Rechnungslegung nicht isoliert abtretbar ist, kann sich die Klagebefugnis des einfachen Lizenznehmers nur nach den Grundsätzen der sog. gewillkürten Prozessstandschaft ergeben, welche sich dadurch auszeichnet, dass der Kläger keinen eigenen Anspruch geltend macht, sondern im eigenen Namen fremde Rechte, nämlich die des Patentinhabers und Lizenzgebers, durchsetzt (OLG Düsseldorf. Urt. v. 18. Dezember 2014 – I-2 U 19/14, BeckRS 2015, 03253; Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 124). Auch nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin vorliegend jedoch nicht klagebefugt.
- a) Voraussetzung einer gewillkürten Prozessstandschaft sind eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung, das auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden kann (st. Rspr., vgl. BGHZ 89, 1, 2 = GRUR 1984, 473; BGHZ 119, 237, 242 = GRUR 1993, 151; BGH, GRUR 1990, 361, 362 – Kronenthaler; NJW 1995, 3186; GRUR 1995, 54, 57 – Nicoline; NJW 1999, 1717 f.; GRUR 2002, 238, 239 – Auskunftsanspruch bei Nachbau; GRUR 2014, 65, 69 – Beuys-Aktion, m. w. Nachw.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18. Dezember 2014 – I- 2 U 19/14, BeckRS 2015, 03253; vgl. a. Zöller/Vollkommer, a.a.O., Vor § 50 Rn. 44 ff.).
- b) Im Streitfall fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung. Die Klägerin hat zwar eine Prozessführungsermächtigung der Patentinhaberin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Drittauskunft vorgelegt.
- aa) Aus der von ihr als Anlage KAP 1 vorgelegten „Abtretungsvertrag- und Prozessführungsermächtigungserklärung“ folgt, dass die Klägerin ermächtigt ist, im eigenen Namen alle der Patentinhaberin zustehenden Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend zu machen und alle Informationen zur Berechnung der Schadensersatzleistungen an sich zu verlangen. Weiterhin wurde die Klägerin ermächtigt Unterlassungs-, Rückruf und Vernichtungsansprüche gerichtlich geltend zu machen.
- Es kann indes nicht festgestellt werden, dass die Prozessführungsermächtigung rechtswirksam für die Patentinhaberin unterzeichnet wurde. Die Beklagte hat entsprechendes mit der Klageerwiderung vom 19. Dezember 2016 (Bl. 55 d.A.) bestritten. In der mündlichen Verhandlung trug die Klägerin vor, dass für die Patentinhaberin Herr E D unterzeichnet hat und legte einen Handelsregisterauszug betreffend die Patentinhaberin vom 14. Juli 2017 vor. Diesem ist zu entnehmen, dass Herr E D als allgemeiner Direktor nur zur gemeinsamen Unterzeichnung berechtigt ist. Auf den entsprechenden Einwand der Beklagten trug die Klägerin nichts weiter vor.
- bb) Schließlich lässt sich auch aus dem Lizenzvertrag eine generelle Prozessführungsermächtigung der Patentinhaberin nicht herleiten. Insbesondere ergibt sich eine solche nicht aus dessen Ziffer 7.4. Denn insoweit ist vorgesehen, dass eine entsprechende Prozessführung der schriftlichen Zustimmung der Patentinhaberin bedarf. Eine solche kann nicht der „Abtretungsvertrag- und Prozessführungsermächtigungserklärung“ entnommen werden. Denn wie vorstehend ausgeführt vermag die Kammer nicht festzustellen, dass diese rechtswirksam für die Patentinhaberin unterzeichnet wurde.
- 3.Da die Klägerin somit nicht aktivlegitimiert ist, kann dahinstehen, ob die Beklagte mit den angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatentes Gebrauch macht.
- II.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
- Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
- Der Streitwert des Verfahrens wird auf 500.000,00 € festgesetzt.