4b O 129/15 – Trinkbehälteranordnung

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2701

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 14. September 2017, Az. 4b O 129/15

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des Gebrauchsmusters DE 20 2007 014 XXX U1 (Anlage K 1, im Folgenden: Klagegebrauchsmuster) auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach und Zahlung außergerichtlich entstandener Abmahnkosten nebst Zinsen in Anspruch.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagegebrauchsmusters, das am 11.10.2007 angemeldet wurde. Am 13.12.2007 wurde das Klagegebrauchsmuster eingetragen und am 17.01.2008 im Patentblatt bekannt gemacht. Es steht in Kraft.

Mit Schreiben vom 22.09.2015 erklärte die Klägerin gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unwiderruflich, dass sie für die Vergangenheit und für die Zukunft keine Ansprüche aus dem Klagegebrauchsmuster geltend machen werde, die über den Umfang der dem Schreiben beigefügten Schutzansprüche hinausgingen (Anlage K 5).

Das Klagegebrauchsmuster betrifft eine Behälteranordnung, insbesondere eine Trinkbehälteranordnung.
Der in diesem Rechtsstreit maßgebliche, nachträglich beim DPMA eingereichte beschränkte Hauptanspruch 1 lautet:

„Behälteranordnung, insbesondere Trinkbehälteranordnung, die einen ersten Behälter und einen zweiten Behälter aufweist, wobei der erste Behälter eine offene Stirnseite und eine geschlossene Stirnseite und der zweite Behälter zwei geschlossene Stirnseiten aufweist, wobei der zweite Behälter (8) entnehmbar innerhalb des ersten Behälters (2) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass an der offenen Stirnseite (4) des ersten Behälters (2) eine erste mehreckige Abdeckung (13) einer Schutzverpackung (12) und an der geschlossenen Stirnseite (3) des ersten Behälters (2) eine zweite mehreckige Abdeckung (14) der Schutzverpackung (12) angeordnet ist, wobei die Abdeckungen (13, 14) über mindestens eine erste Seitenfläche (15) und eine zweite Seitenfläche (16) miteinander verbunden sind und am ersten Behälter (2) ein Griff (7) angeordnet ist, der sich durch eine Ausnehmung (18) in der zweiten Seitenfläche (16) erstreckt.“

Die nachfolgenden, leicht verkleinerten Abbildungen zeigen den Gegenstand des Klagegebrauchsmusters anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele. Fig. 1 zeigt eine Behälteranordnung in geschnittener Darstellung, Fig. 2 eine Seitenansicht und Fig. 3 eine Draufsicht auf die Behälteranordnung.

Die Klägerin ist eine alt eingesessene Brauerei. Die Beklagten zu 1) und zu 2) sind ebenfalls Brauereien; die Beklagte zu 2) gehört zum Konzern der Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 3) ist Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten zu 1) sowie der Beklagten zu 2).

Die Beklagten zu 1) und zu 2) stellten 2015 die nachfolgend abgebildeten Behälteranordnungen her, die in ihrem Aufbau identisch sind, und vertrieben diese bundesweit (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform, die verkleinerten Abbildungen sind den Anlagen K 9 und K 7 der Klägerin entnommen):

Angebot und Vertrieb im Hinblick auf die Produkte der Beklagten zu 1) („A“) erfolgten über den Online-Händler www.B.de (Anlage K 8) und im Hinblick auf die Produkte der Beklagten zu 2) („C“) über den Discountermarkt D (Anlage K 7).

Mit Schreiben vom 24.09.2015 übermittelte die Klägerin den Beklagten zu 1) und zu 2) Berechtigungsanfragen (Anlagen K 11 und B 6). In der Folgte mahnte die Klägerin die Beklagten mit rechts- und patentanwaltlichem Schreiben vom 06.11.2015 fruchtlos ab. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Anlage K 10 Bezug genommen. Die durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten macht die Klägerin unter Abzug der anrechenbaren Verfahrensgebühren gem. § 15a RVG in Höhe von 5.275,30 EUR ausgehend von einem Gegenstandswert von 300.000 EUR geltend.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten die Merkmale des beschränkten Hauptanspruchs des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß. Jedenfalls liege eine äquivalente Benutzung vor, soweit es um die Anordnung des ersten Behälters innerhalb des zweiten Behälters gehe sowie darum, dass an der offenen Stirnseite des ersten Behälters eine erste mehreckige Abdeckung angeordnet sei.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise von Ordnungshaft, bzw. von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) und zu 2) an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollziehen ist, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,

Behälteranordnungen, insbesondere Trinkbehälteranordnungen, die einen ersten Behälter und einen zweiten Behälter aufweisen, wobei der erste Behälter eine offene Stirnseite und eine geschlossene Stirnseite und der zweite Behälter zwei geschlossene Stirnseiten aufweisen, wobei der zweite Behälter entnehmbar innerhalb des ersten Behälters angeordnet ist,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen oder herstellen zu lassen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wenn an der offenen Stirnseite des ersten Behälters eine erste mehreckige Abdeckung einer Schutzverpackung und an der ge-schlossenen Seite des ersten Behälters eine zweite mehreckige Abdeckung der Schutzverpackung angeordnet ist, wobei die Abdeckungen über mindestens eine erste Seitenfläche und eine zweite Seitenfläche miteinander verbunden sind und am ersten Behälter ein Griff angeordnet ist, der sich durch eine Ausnehmung in der zweiten Seitenfläche erstreckt,

hilfsweise:
wenn die Abdeckung, die der geschlossenen Stirnseite benachbart ist, eine Öffnung aufweist,

weiter hilfsweise:
wenn die Schutzverpackung eingeknickte Ecken aufweist;

II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin für alle Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 17.02.2008 all denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, wobei der Beklagte zu 3) mit den Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils für die von diesen vorgenommenen Handlungen als Gesamtschuldner haftet;

III. die Beklagten zu verurteilen, Auskunft zu erteilen und unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses Rechnung zu legen über Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 17.02.2008 und zwar über

a) Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren, hierbei insbesondere Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

d) Herstellungsmengen und zeiten,

e) einzelne Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, zeiten, preisen und Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer,

f) einzelne Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, zeiten, preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

g) betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

h) nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselte Gestehungskosten und den erzielten Gewinn.

Zum Nachweis der Angaben unter Ziff. a), b), c) und e) werden die Beklagten der Klägerin entsprechende Belege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in gut lesbaren Kopien vorlegen. Geheim-haltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten dürfen geschwärzt werden;

den Beklagten bleibt in Bezug auf Ziff. f) vorbehalten, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

IV. die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten,

hilfsweise:
die Beklagten zu 1) und zu 2) zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. bezeichneten Gesamtvorrichtungen derart zu zerstören, dass sie die Schutzverpackungen der Behälteran-ordnungen vernichten, und der Klägerin die Vernichtung durch Vorlage geeigneter Belege nachweisen;

V. die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, die vorstehend zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 17.02.2008 im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Gebrauchsmusters erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben, und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits bezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;

VI. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag von 5.275,30 EUR

VII. zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, das Klagegebrauchsmuster sei auch in der beschränkten Fassung nicht rechtsbeständig. Es sei neuheitsschädlich vorwegge-nommen, jedenfalls beruhe die Erfindung nicht auf einem erfinderischen Schritt. In diesem Zusammenhang behaupten die Beklagten, der in Anlage B 7 abgebildete „E“ sei bereits 2006 in der Öffentlichkeit benutzt worden, der in Anlage B 8 abgebildete Kochtopf „F“ sei im Jahr 2002 auf den Markt gebracht worden und die Umverpackung laut Anlage B 9 werde seit dem Jahr 2001 genutzt.
Die Beklagten sind ferner der Auffassung, die Beklagten hätten das Klagegebrauchsmuster nicht benutzt. Der zweite Behälter der angegriffenen Ausführungsform sei nicht innerhalb des ersten Behälters angeordnet und die offene Stirnseite des ersten Behälters werde nicht abgedeckt. Den Beklagten könne außerdem wegen der Nachreichung der Ansprüche beim DPMA bis zur Übersendung der Berechtigungsanfrage mit Schreiben vom 24.09.2015 kein Verschuldensvorwurf gemacht werden. Sie hätten eine Schutzrechtsverletzung nicht erkennen können. Die angegriffenen Ausführungsformen hätten keinerlei technischen Anspruch, sondern seien lediglich ein „Marketing“-Gag zum Oktoberfest. Etwaige Schäden seien durch die Klägerin veranlasst, weil sie zu lange mit der Nachreichung von Ansprüchen gewartet habe. Damit habe sie es unterlassen, einen etwaigen Schaden abzuwenden.
Der Beklagte zu 3) könne mangels willentlichen und adäquat kausalen Beitrags zur Rechtsverletzung nicht in Anspruch genommen werden. Es fehle außerdem an der spezifischen Begründung eines Verschuldensvorwurfs. Der Beklagte zu 3) sei auch deswegen nicht als Störer haftbar, weil er eine Organisationsstruktur eingerichtet habe, die sichergestellt habe, dass Schutzrechtsverletzungen vermieden würden. Hierzu behauptet er, er habe Mitarbeiter aus den Abteilungen „G“ und „H“ angewiesen, sich mit den Anwälten der Beklagten zu 1) und zu 2) abzustimmen, wenn neue Produkte auf den Markt gebracht werden sollen, um auf diese Weise mögliche Schutzrechtsverletzungen zu vermeiden. Diese Mitarbeiter ließen etwa fünf bis zehn, teilweise sogar 20 Schutzrechtsrecherchen pro Jahr durchführen.
Die Beklagten sind außerdem der Auffassung, der geltend gemachte Vernichtungs-anspruch sei unverhältnismäßig. Zur Vermeidung der unter Schutz gestellten Kombination des Bierkrugs mit Dose und einer speziellen Umverpackung genüge es, die Umverpackungen zu entfernen oder zu vernichten bzw. das Bierglas in der Verpackung um 90 zu drehen.
Schließlich seien die geltend gemachten Anwaltskosten übersetzt. Eine Geschäfts-gebühr von 1,8 sei zu hoch gegriffen, da bereits vorgerichtlich ein Patentanwalt mitgewirkt habe. Eine besondere Schwierigkeit der Sache sei nicht zu erkennen. Zudem sei der angegebene Streitwert überhöht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt sowie die tatsächlichen Ausführungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagten mangels Schutzfähigkeit des Klagege-brauchsmusters keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf aus den Vertriebswegen und Feststellung der Schadens-ersatzpflicht dem Grunde nach gem. §§ 24 Abs. 1 und 2, 24a Abs. 1 und 2, 24b GebrMG, §§ 242, 259 BGB zu. Die Klägerin hat daher auch keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung außergerichtlich entstandener Abmahnkosten gem. §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB nebst Zinsen gem. §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

1.
Das Klagegebrauchsmuster betrifft eine Behälteranordnung, insbesondere eine Trinkbehälteranordnung.

Aus dem Stand der Technik ist laut Klagegebrauchsmuster bekannt, Flüssigkeiten, vor allem Getränke, in allseitig geschlossenen Behältern zu transportieren, üblicherweise in Dosen (Anlage K 1, Abs. [0002], die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf die Klagegebrauchsmusterschrift, soweit nicht anders angegeben). Mit zunehmender Größe der Dose werde das Trinken laut Klagegebrauchsmuster immer schwieriger (Abs. [0003]). Häufig lagerten sich an der äußeren Oberfläche der Dose Verunreinigungen ab, so dass das Trinken aus der Dose mit einem gesundheitlichen Risiko verbunden sein könne. Um ein direktes Trinken aus der Dose zu vermeiden, werde der Inhalt der Dose in der Regel in einen weiteren Behälter mit einer offenen Stirnseite umgefüllt, z.B. einen Becher oder einen Krug (Abs. [0004]). Dieser erste Behälter sei häufig kleiner als der zweite Behälter, d.h. die Dose, so dass nicht der vollständige Inhalt der Dose in den ersten Behälter umgefüllt werden könne.
Beide Behälter beanspruchten für den Transport, wenn ein Getränk z.B. auf Reisen mitgenommen werde, viel Platz (Abs. [0005]). Dabei könne es auch zu Beschädigungen kommen.

Der Erfindung liegt laut Klagegebrauchsmuster die Aufgabe zugrunde, eine Behälteranordnung bereitzustellen, die einen platzsparenden Transport der Behälter ermöglicht (Abs. [0006]).

Dies soll durch eine Behälteranordnung mit den Merkmalen laut dem nachträglich eingereichten Hauptanspruch geschehen, der letztlich eine Kombination des ursprünglichen Hauptanspruchs mit den ursprünglichen Unteransprüchen 5 und 9 darstellt. Die Merkmale können wie folgt gegliedert werden:

1. Behälteranordnung, insbesondere Trinkbehälteranordnung,
1.1 die einen ersten Behälter und
1.2 einen zweiten Behälter aufweist.

2. Der erste Behälter (2)
2.1 weist eine offene Stirnseite und eine geschlossene Stirnseite auf.
2.2 An der offenen Stirnseite (4) des ersten Behälters (2) ist eine erste mehreckige Abdeckung (13) einer Schutzverpackung (12) angeordnet und
2.3 an der geschlossenen Stirnseite (3) des ersten Behälters (2) ist eine zweite mehreckige Abdeckung (14) der Schutzverpackung (12) angeordnet.
2.4 Die Abdeckungen (13, 14) sind über mindestens eine erste Seitenfläche (15) und eine zweite Seitenfläche (16) miteinander verbunden.
2.5 Am ersten Behälter (2) ist ein Griff angeordnet, der sich durch eine Ausnehmung (18) in der zweiten Seitenfläche (16) erstreckt.

3. Der zweite Behälter (8)
3.1 weist zwei geschlossene Stirnseiten auf und
3.2 ist entnehmbar innerhalb des ersten Behälters (2) angeordnet.

Laut Klagegebrauchsmusterschrift wird die Behälteranordnung durch die Ab-deckungen vor Umwelteinflüssen geschützt (Abs. [0012]). Insbesondere werde durch die erste Abdeckung die offene Stirnseite des ersten Behälters abgedeckt, so dass auch die Stirnseite des zweiten Behälters vor Verschmutzungen geschützt sei, die der offenen Stirnseite des ersten Behälters benachbart sei (Abs. [0012]).
Der Griff diene zum leichten Transport der Behälteranordnung, wobei er auch die Abdeckungen mit den Seitenflächen am ersten Behälter fixiere (Abs. [0016]). Außerdem diene der Griff der leichteren Handhabung des ersten Behälters, insbe-sondere beim Trinken (Abs. [0016]).

2.
Im Hinblick auf den zwischen den Parteien bestehenden Streit bedürfen die Merkmale 2.1 und 2.5 der Auslegung.

Nach der erfindungsgemäßen Lehre weist der erste Behälter eine offene und eine geschlossene Stirnseite auf (Merkmal 2.1). Das Klagegebrauchsmuster will eine Behälteranordnung bereitstellen, die einen Platz sparenden Transport der Behälter ermöglicht, und schlägt daher vor, dass der zweite Behälter innerhalb des ersten Behälters entnehmbar angeordnet ist (Merkmal 3.2, Abs. [0006], [0007]). Die offene Stirnseite des ersten Behälters soll mithin gewährleisten, dass der zweite Behälter aus dem ersten Behälter entnommen werden kann. Dementsprechend heißt es in Abs. [0008] a.E., die Entnahme des zweiten Behälters aus dem ersten Behälter erfolge über die offene Stirnseite des ersten Behälters. Wie die offene Stirnseite ausgestaltet sein soll, gibt das Klagegebrauchsmuster nicht vor. Sie ermöglicht auch dann die Entnahme des zweiten Behälters, wenn sie verschließbar ist.

Nach dem Hauptanspruch ist außerdem am ersten Behälter ein Griff angeordnet, der sich durch eine Ausnehmung in der zweiten Seitenfläche erstreckt (Merkmal 2.5). Der Griff soll mehrere Aufgaben erfüllen: Er dient zum einen zum leichten Transport der gesamten Behälteranordnung (Abs. [0016]). Da der Griff sich durch eine Ausnehmung in der zweiten Seitenfläche erstreckt, fixiert er zudem die Abdeckungen mit den Seitenflächen am ersten Behälter (Abs. [0012]). Zum anderen dient der Griff der leichteren Handhabung des ersten Behälters, insbesondere beim Trinken (Abs. [0016] a.E.). Um diese Aufgaben zu erfüllen, insbesondere die Fixierung der Abdeckungen sicherzustellen, kann der Griff nicht lediglich als eine „Griffmulde“ ausgestaltet sein. Dann kann er nämlich nicht die Abdeckungen am ersten Behälter fixieren.

3.
Das Klagegebrauchsmuster ist nicht schutzfähig. Die technische Lehre des Hauptanspruchs 1 in der geltend gemachten Fassung ist neu im Sinne von § 3 Abs. 1 GebrMG, beruht aber sowohl in der erteilten Fassung als auch in der Fassung gemäß der Hilfsanträge nicht auf einem erfinderischen Schritt, § 1 Abs. 1 GebrMG.

a)
Die Schutzfähigkeit ist anhand des nachträglich eingereichten beschränkten Hauptanspruchs zu beurteilen. Auch wenn das Gebrauchsmustergesetz ein der Vorschrift des § 64 PatG vergleichbares Beschränkungsverfahren nicht vorsieht, lässt es die inzwischen gewohnheitsrechtlich verfestigte Rechtsprechung zu, dass der Gebrauchsmusterinhaber nachträglich eingeschränkte Schutzansprüche zur Gebrauchsmusterakte reicht und erklärt, dass sich das Schutzbegehren auf die neuen Ansprüche beschränkt (BGH, Beschl. v. 28.10.1997, X ZB 11/94, GRUR 1998, 910, 912 – Scherbeneis). In den eingeschränkten Schutzansprüchen ist eine schuldrechtlich bindende Erklärung des Gebrauchsmusterinhabers an die Allgemeinheit zu sehen, Schutz gegenüber jedermann nur noch im Umfang der neu gefassten Ansprüche geltend zu machen, da die nachgereichten Schutzansprüche Bestandteil der Gebrauchsmusterakte werden und jedermann die Einsicht in diese Akte freisteht (BGH, Beschl. v. 28.10.1997, X ZB 11/94, GRUR 1998, 910, 912 – Scherbeneis). Die schuldrechtliche Erklärung an die Allgemeinheit hat zur Konsequenz, dass das Gebrauchsmuster in einem Verletzungsprozess nur noch nach Maßgabe der neu gefassten Ansprüche geltend gemacht werden kann (BGH, Beschl. v. 28.10.1997, X ZB 11/94, GRUR 1998, 910, 913 – Scherbeneis).

b)
Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters ist neu gem. § 3 Abs. 1 GebrMG. Er gehört nicht zum Stand der Technik, § 3 Abs. 1 S. 1 GebrMG.

Die Entgegenhaltungen EP 1 180 483 A3 (Anlage B 1, „D 1“), US 3,889,443 (Anlage B 2, „D 2“) und EP 1 044 889 A1 (Anlage B 4, „D 4“) offenbaren jedenfalls nicht die mehreckigen Abdeckungen einer Schutzverpackung an der offenen und der geschlossenen Seite eines ersten Behälters, die über Seitenflächen miteinander verbunden sind (Merkmale 2.2 bis 2.4). Auch wenn die Entgegenhaltungen nicht in deutscher Sprache zur Gerichtsakte gereicht wurden, kann die Kammer jedenfalls die Abbildungen der in den Entgegenhaltungen gezeigten Ausführungsbeispiele heranziehen.

Die Entgegenhaltungen D 3 und GM 74 32 534 (Anlage B 5, „D 5“) offenbaren jedenfalls keinen zweiten Behälter (Merkmal 1.2 und Merkmalsgruppe 3). Gleiches gilt – unabhängig von der Frage der Vorbekanntheit – für die Entgegenhaltungen „E“ und „G“ (Anlage B 7; Klageerwiderung vom 15.06.2016, S. 5) sowie den Kochtopf aus der Serie „F“ (Anlage B 8) und die Entgegenhaltungen US 5,485,915 (Anlage B 13) und EP 1 151 935 B1 (Anlage B 15). Die nicht in deutscher Sprache vorgelegten Entgegenhaltungen D 3, Anlage B 13 und B 15 wurden anhand ihrer Ausführungsbeispiele beurteilt.

Die übrigen Entgegenhaltungen (Anlage B 9; Anlage B 10; DE 196 21 281 A1 [Anlage B 11]; DE 3409053 A1 [Anlage B 12]; G 91 10 069.0 [Anlage B 14]) sind noch weiter von der erfindungsgemäßen Lösung entfernt, zeigen jedenfalls keinen zweiten Behälter.

c)
Die technische Lehre des Hauptanspruchs beruht jedoch nicht auf einem erfinderischen Schritt, § 1 Abs. 1 GebrMG.

aa)
Für die Beurteilung des erfinderischen Schritts kann bei Berücksichtigung der Unterschiede, die sich daraus ergeben, dass der Stand der Technik im Gebrauchs-musterrecht hinsichtlich mündlicher Beschreibungen und hinsichtlich von Be-nutzungen außerhalb des Geltungsbereichs des Gebrauchsmustergesetzes in § 3 GebrMG abweichend definiert ist, auf die im Patentrecht entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (BGH, Beschl. v. 20.06.2006, X ZB 27/05, GRUR 2006, 842 – Demonstrationsschrank).
Demnach beruht eine Erfindung auf einem erfinderischen Schritt, wenn sich diese nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Der Fachmann muss durch seine Kenntnisse und Fähigkeiten in der Lage gewesen sein, die erfindungsgemäße Lösung des technischen Problems aus dem Vorhandenen zu entwickeln. Es reicht hingegen nicht aus, wenn lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von im Stand der Technik Bekanntem zum Gegenstand der beanspruchten Lehre zu gelangen. Diese Wertung setzt vielmehr voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Veranlassung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen (vgl. BGH, Urt. v. 08.12.2009, X ZR 65/05, GRUR 2010, 407, 409 Rn. 17 a.E. – einteilige Öse). Dabei lässt sich keine allgemeine, vom jeweiligen Streitfall losgelöste Aussage darüber treffen, in welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise weiterzuentwickeln. Es handelt sich vielmehr um eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente erfordert (BGH, Beschl. v. 20.12.2011, X ZB 6/10, GRUR 2012, 378, 379 Rn. 17 – Installiereinrichtung II; Urt. v. 11.03.2014, X ZR 139/10, GRUR 2014, 647, 649, Rn. 25 – Farbversorgungssystem).

Werden mehrere vorbekannte Elemente in der erfindungsgemäßen Lösung vereinigt, so ist zu berücksichtigen, dass die bloße Addition von Maßnahmen eine Aggregation nicht erfinderisch macht, wenn nicht gerade die Hinzufügung des weiteren Elements besonders schwierig war oder besonders vorteilhaft gelöst ist oder ein technisches Vorurteil zu überwinden war (BGH, Urt. v. 23.04.1963, Ia ZR 21/63, BeckRS 1963, 31379110 – Schutzkontaktstecker; Schulte/Moufang, PatG, 10. A., 2017, § 4 Rn. 66). Im Falle von Kombinationserfindungen ist Erfindungshöhe zu bejahen, wenn der Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann keine Anregung gab, gerade diese Elemente zusammenwirken zu lassen (Schulte/Moufang, PatG, 10. A., 2017, § 4 Rn. 118). Sie ist hingegen zu verneinen, wenn sich die Erfindung in der fachmännischen Addition der Wirkung der Elemente erschöpft, wenn die Erfindung eine dem Fachmann mögliche mosaikartige Zusammenwirkung aus dem Stand der Technik ist oder wenn z.B. kennzeichnende Merkmale völlig unabhängig voneinander funktionieren, so dass sich keine direkte Wechselwirkung ergibt (vgl. insgesamt Schulte/Moufang, PatG, 10. A., 2017, § 4 Rn. 120 m. w. N.).

bb)
Daran gemessen beruht die in dem geltend gemachten Hauptanspruch des Klagegebrauchsmusters offenbarte Lehre nicht auf einem erfinderischen Schritt.

Aus der Schrift D 1 (Anlage B 1) war dem Durchschnittsfachmann, der mit Arbeiten auf dem Gebiet der Entwicklung von Behälteranordnungen und dazugehörender Verpackungen für einen Transport betraut ist, eine Behälter-in-Behälter-Anordnung bereits bekannt, die die Merkmalsgruppen 1 und 3 sowie Merkmale 2 und 2.1 des Klagegebrauchsmusters offenbart, wie sich der Fig. 1 entnehmen lässt. Hierbei ist nicht von Relevanz, dass der erste, äußere Behälter selbst verschließbar ist. Nach zutreffender Auslegung handelt es sich dennoch um einen Behälter mit offener Stirnseite. Denn auch dann, wenn die offene Stirnseite verschließbar ist, ermöglicht sie die Entnahme des zweiten Behälters.

Die Schrift D 1 offenbart keinen Griff am ersten Behälter (Merkmal 2.5). Fig. 1 zeigt zwar eine „Griffmulde“ am unteren Ende des ersten Behälters. Diese soll sicherstellen, dass der erste Behälter besser greifbar ist. Er kann sich jedoch nicht durch eine Ausnehmung in der zweiten Seitenfläche erstrecken und damit nicht gewährleisten, dass die Abdeckungen mit den Seitenflächen am ersten Behälter fixiert werden. Der Annahme, dass der Fachmann einen Anlass gehabt hat, die Behälteranordnung nach der D 1 mit einem Griff zu versehen steht nicht notwendigerweise entgegen, dass die Beklagten kein konkretes Vorbild hierfür haben aufzeigen können. Gehört nämlich eine Lösung als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Fachmanns, dann kann die Veran-lassung zur ihrer Heranziehung bereits dann bestehen, wenn sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 11.03.2014, X ZR 139/10, GRUR 2014, 647, 649, Rn. 26 – Farbversorgungssystem). So liegt der Fall hier. Die Verwendung eines Griffs an einem Behälter gehört zum allgemeinen Fachwissen eines Durchschnittsfachmanns, der mit der Entwicklung von Behälteranordnungen betraut ist. Die Funktionalität des Griffs besteht darin, einen leichteren Transport des entsprechenden Behälters zu ermöglichen und zu einer leichteren Handhabung beizutragen. Aufgrund dieser Vorteile war für den Fachmann die Verwendung eines Griffs eine objektiv zweckmäßige Optimierung der Behälter-in-Behälter-Anordnung, zumal Abs. [0015] der Schrift D 1 auf die Notwendigkeit, den Behälter halten zu können, hinweist. Diese Optimierung musste dem Fachmann auch deswegen als vorteilshaft erscheinen, weil er dadurch eine etwaige Verpackung an der Behälteranordnung fixieren kann.

Das Versehen der so gestalteten Behälteranordnung mit einer Verpackung nach den Merkmalen 2.2 bis 2.5, die etwa nach der Schrift D 3 vorbekannt war, stellt keinen erfinderischen Schritt dar, sondern lediglich eine Addition vorbekannter Elemente (sog. Aggregation, s.o.). Die Verpackung dient als weiterer Schutz der Behälteranordnung bei einem Transport und erleichtert diesen, was für den Fachmann offenkundig war. Von ihrer Funktion her betrachtet stehen die Merkmale 2.2 bis 2.5 daher nicht etwa in einer Wechselwirkung mit den anderen Merkmalen des Hauptanspruchs, sondern treten vielmehr lediglich neben diese.
Der Rückgriff auf die genaue Ausgestaltung der Verpackung war für den Fachmann weder mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, noch musste sie ihm als besonders vorteilhaft erscheinen. Denn der Fachmann ist bereits aufgrund der Vorgaben der Verpackungsverordnung stets bestrebt, Verpackungsvolumen und masse auf das Mindestmaß zu begrenzen (vgl. § 12 VerpackV in der seit dem 31.12.1999 geltenden Fassung). Aus demselben Grunde war er veranlasst, den Griff der Behälteranordnung aus der Verpackung herausragen zu lassen. So konnte der Fachmann gleichzeitig eine platzsparende Verpackung (vgl. hierzu Abs. [0008] und [0024]) und eine erleichterte Fixierung der Schutzverpackung sicherstellen (vgl. Abs. [0016]). Im Übrigen war dem Fachmann eine solche Ausge-staltung bereits im Zusammenhang mit anderen Gegenständen vorbekannt, wie Anlage B 14, dort Fig. 1, zeigt.

d)
Die technische Lehre des Hauptanspruchs des Klagegebrauchsmusters beruht auch in der Fassung des ersten Hilfsantrags nicht auf einem erfinderischen Schritt.

Der Hilfsantrag ist im hiesigen Verletzungsverfahren zu berücksichtigen. Er ist nicht Bestandteil der nachgereichten Ansprüche laut Schreiben vom 22.09.2015 (Anlage K 5). Gleichwohl ist eine weitere Anpassung der Ansprüche im Verletzungsprozess ohne vorherige Einreichung beim DPMA zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 13.05.2003, X ZR 226/00, GRUR 2003, 867, 868 – Momentanpol I).

Für den Fachmann lag es nahe, die Abdeckung, die der Stirnseite benachbart ist, mit einer Öffnung zu versehen. Durch eine solche Öffnung wird Material und Gewicht gespart, gleichzeitig soll verhindert werden, dass sich größere Schmutzmengen an der Innenseite der Abdeckung anlagern (Abs. [0042]). Gleichzeitig dient die Öffnung als Sichtfenster, um z.B. das Mindesthaltbarkeitsdatum des Produkts sichtbar zu machen (vgl. Abs. [0043]). Für den Fachmann lag die Ausgestaltung der Verpackung der Behälteranordnung mit der o.g. Öffnung zum einen aufgrund der bereits genannten Vorgaben der Verpackungsverordnung nahe. Zum anderen waren ihm solche Aussparungen bereits von anderen Gegenständen her bekannt, wie etwa die Schrift G 91 10 069.0 (Anlage B 14), Fig. 2, Bezugsziffer 22, zeigt. Eine solche Mittelaussparung sollte gerade die Sicht auf die Außenfläche und / oder die Innenfläche des Gefäßbodens freilassen (Anlage B 14, S. 6 und 10).

e)
Der erfinderische Schritt ist auch in Ansehung des Hauptanspruchs des Klagegebrauchsmusters in der Fassung des zweiten, ebenfalls zu berücksichtigenden Hilfsantrags zu verneinen. Denn für den Fachmann lag es ebenfalls nahe, die Schutzverpackung mit eingeknickten Ecken zu versehen. Diese Ecken waren dem Fachmann aus der Schrift US 5,485,915 (Anlage B 13), Fig. 1, 4 und 2, vorbekannt. Sie tragen zur Halterung der Behälteranordnung bei. Die Hinzufügung dieses Merkmals stellt sich lediglich als Aggregation eines weiteren vorbekannten Elements dar.

4.
Mangels Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

II.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

III.
Der Streitwert wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

Bei der Bemessung des Streitwerts des Unterlassungsanspruchs ist zu berücksichtigen, mit welchen Nachteilen die klägerische Partei bei einer Fortsetzung des beanstandeten verletzenden Verhaltens rechnen muss (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. A., 2017, Kap. J Rn. 109). Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben die angegriffene Ausführungsform im größeren Umfang, nämlich über einen Online-Händler und eine Discountmarktkette vertrieben. Unter Berücksichtigung der verbleibenden Restlaufzeit des am 11.10.2007 angemeldeten Klagegebrauchsmusters ist – unabhängig von der Frage, ob die Klägerin das Klagegebrauchsmuster tatsächlich selbst nutzt oder nicht – jedenfalls ein Streitwert von 130.000 EUR für den Unterlassungsanspruch angemessen. Auf den Auskunfts und Rechnungslegungsanspruch entfallen 40.000 EUR, auf die Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung je 5.000 EUR und auf den Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung 20.000 EUR, insgesamt mithin 200.000 EUR. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten stellt eine den Streitwert nicht erhöhende Nebenforderung dar, § 43 Abs. 1 GKG.