4b O 22/15 – Elektrostimulation

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2679

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 18. Juli 2017, Az. 4b O 22/15

I. Das Versäumnisurteil vom 24.05.2016 wird aufrechterhalten, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 2) auf Verurteilung zur Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht für die Zeit nach dem 10.11.2014 und zur Zahlung außergerichtlicher Kosten nebst diesbezüglicher Zinsen abgewiesen und dem Kläger insoweit Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil vom 24.05.2016 aufgehoben.

II. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland eine Elektrode einer Vorrichtung zur Elektrostimulation anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen und/oder zu besitzen, die folgende Merkmale aufweist:

a) einen elektrischen Leiter in Form einer textilen Fläche,
b) die aus Karbonfasern besteht,
c) wobei die textile Fläche zwischen zwei Deckschichten angeordnet ist und
d) mindestens eine Deckschicht für den Kontakt mit dem Körper des Anwenders vorgesehen ist, und
e) wobei die textile Fläche mit den Deckschichten vernäht ist;

2. dem Kläger gemeinschaftlich mit Herrn A, B, und Herrn C, D, Rechnung zu legen, in welchem Umfang er die zu Ziffer I. 1. beschriebenen Handlungen vom 10.10.2013 bis zum 10.11.2014 begangen hat und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer und Verkaufsstellen;

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

wobei die Richtigkeit und Vollständigkeit betreffend die Angaben zu a) und b) durch Vorlage von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen nachzuweisen ist, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,

wobei dem Beklagten zu 2) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt dem Kläger einem von ihm zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern er – der Beklagte zu 2) – dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt, ihm – dem Kläger – auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

III. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger gemeinschaftlich mit Herrn A, B, und Herrn C, D, sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, vom 10.10.2013 bis zum 10.11.2014 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

IV. Die Kostenentscheidung wird wie folgt neu gefasst: Von den Kosten des Rechtsstreits tragen mit Ausnahme der durch die Versäumnis veranlassten Kosten, die vom Kläger zu tragen sind,
der Kläger 65 % der Gerichtskosten, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 12,5 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) und
der Beklagte zu 2) 35 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,00 EUR, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden
Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 10.10.2013 neben C und A eingetragener Inhaber des deutschen Patents 10 2005 033 XXX (Klagepatent). Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 20.07.2005 veröffentlicht, der Hinweis auf die Patenterteilung am 08.01.2009.

Das Klagepatent betrifft eine Elektrode einer Vorrichtung zur Elektrostimulation. Der mit der Klage geltend gemachte Patentanspruch 1 lautet:

„Elektrode (10) einer Vorrichtung zur Elektrostimulation, umfassend einen elektrischen Leiter in Form einer textilen Fläche, die aus Carbonfasern (12) besteht, wobei die textile Fläche (12) zwischen zwei Deckschichten (14) angeordnet ist und mindestens eine Deckschicht (14) für den Kontakt mit dem Körper des Anwenders vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die textile Fläche (12) mit den Deckschichten (14) vernäht ist.“

Die Beklagte zu 1), vormals firmierend unter „E GmbH“, „F GmbH“ und dann „G GmbH“, beschäftigte sich unter anderem mit dem Betrieb von Fitnessstudios sowie der Beratung und dem Franchising von Fitnessstudios. Sie unterhielt unter der Adresse www.H.de eine Website, auf der die Trainingsform der Elektromyostimulation erläutert wurde und angeschlossene Fitness-Studios, in denen ein entsprechendes Ganzkörpertraining absolviert werden konnte, beworben wurden. Im Zuge dessen wurden auch Personen abgebildet, die Westen, Oberarmmanschetten und Beinmanschetten mit Elektroden tragen. Wegen der Einzelheiten der Darstellung wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Elektroden, die die Beklagte zu 1) verwendete oder ihren Franchisepartnern zur Verfügung stellte, erwarb sie bis zum Jahr 2012 von den Mitinhabern des Klagepatents, A und C. Außerdem kaufte die Beklagte zu 1) selbst bzw. über Dritte Elektroden bei der I UG, deren Inhaber der Kläger ist.

Zu den Franchisepartnern der Beklagten zu 1) gehörte auch ein Fitnessstudio in J und eines in K. Letzteres wurde von der Zeugin L unter der Bezeichnung M K geführt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.03.2014 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) erfolglos zur Unterlassung, Auskunft, Anerkennung der Schadensersatzpflicht, Vernichtung und Erstattung außergerichtlicher Kosten auf. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K 4 verwiesen.

Der Beklagte zu 2) war Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Am 10.11.2014 wurde im Handelsregister eingetragen, dass er nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten zu 2) ist. Mit Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 26.09.2015 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) mangels Masse abgelehnt. Daraufhin wurde die Beklagte zu 1) aufgelöst und die Auflösung am 12.11.2015 im Handelsregister eingetragen.
Der Kläger hat Muster verschiedener Elektroden zur Akte gereicht (angegriffene Ausführungsform), von denen er behauptet, sie seien seitens der Beklagten zu 1) einem Fitnessstudio in J und auch den Franchisepartnern in Deutschland zur Verfügung gestellt worden. Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform finden sich auf Blatt 66 ff. der Akte. Unter anderem sei die angegriffene Ausführungsform der M K zur Verfügung gestellt und dort verwendet worden. Die angegriffene Ausführungsform sei auch in dem als Anlage K 1 vorgelegten Internetauftritt abgebildet und insofern beworben worden.

Weiter behauptet der Kläger, soweit die Beklagte zu 1) Elektroden von Herrn A oder der I erworben habe, handele es sich nicht um die angegriffene Ausführungsform. Die angegriffene Ausführungsform unterscheide sich von den vom Kläger benutzten Manschetten dadurch, dass sie keine Schraubanschlüsse, sondern lediglich Druckknüpfe für den Stromanschluss verwendeten.
Ursprünglich hat der Kläger angekündigt zu beantragen, die Beklagten zur Unterlassung, Auskunft für die Zeit seit dem 08.02.2009, Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen und Zahlung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 5.413,32 EUR nebst Zinsen zu verurteilen und die Schadensersatzpflicht beider Beklagten als Gesamtschuldner für die Zeit seit dem 08.02.2009 festzustellen. Nachdem der Kläger im Termin zu mündlichen Verhandlung vom 03.05.2016 nicht erschienen ist, hat die Kammer auf den Antrag der Beklagten mit Versäumnisurteil vom 24.05.2016, dem Kläger zugestellt am selben Tage, die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit einem bei Gericht am 07.06.2016 eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat der Kläger Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 24.05.2016 eingelegt und diesen begründet.

Im Laufe des Rechtsstreits hat der Kläger die gegen den Beklagten zu 2) gerichteten Anträge auf Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen zurückgenommen. Ebenso hat er die Anträge auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht dadurch teilweise zurückgenommen, dass Angaben zu den Herstellungsmengen und -zeiten nicht mehr gefordert werden und die Auskunfts- und Schadensersatzpflicht auf die Zeit seit dem 10.10.2013 beschränkt ist.

Nachdem sich im weiteren Verlauf des Rechtsstreits herausgestellt hat, dass die Beklagte zu 1) aufgelöst und im Handelsregister gelöscht ist, haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Beklagten zu 1) in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt nunmehr nur noch,

das Versäumnisurteil vom 24.05.2016 aufzuheben und

I. den Beklagten zu 2) zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland eine Elektrode einer Vorrichtung zur Elektrostimulation anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen und/oder zu besitzen, die folgende Merkmale aufweist:

a) einen elektrischen Leiter in Form einer textilen Fläche,
b) die aus Karbonfasern besteht,
c) wobei die textile Fläche zwischen zwei Deckschichten angeordnet ist und
d) mindestens eine Deckschicht für den Kontakt mit dem Körper des Anwenders vorgesehen ist, und
e) wobei die textile Fläche mit den Deckschichten vernäht ist;

2. dem Kläger gemeinschaftlich mit Herrn A, B, und Herrn C, D, Rechnung zu legen, in welchem Umfang er die zu Ziffer I. 1. beschriebenen Handlungen seit dem 10.10.2013 begangen hat und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer und Verkaufsstellen;

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

wobei die Richtigkeit und Vollständigkeit betreffend die Angaben zu a) und b) durch Vorlage von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen nachzuweisen ist, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,

wobei dem Beklagten zu 2) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt dem Kläger einem von ihm zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern er – der Beklagte zu 2) – dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt, ihm – dem Kläger – auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. an den Kläger den Betrag von 5.413,32 EUR vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

II. festzustellen, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger gemeinschaftlich mit Herrn A, B, und Herrn C, D, sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 10.10.2013 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Der Beklagte zu 2) beantragt,

das Versäumnisurteil vom 24.05.2016 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagten behaupten, seit 2012 habe die Beklagte zu 1) Trainingszubehör und Elektroden ausschließlich über den in N ansässigen Anbieter O erworben. Diese Elektroden wiesen ein Carbonfasergewebe auf, das ohne eine darauf geklebte oder vernähte Textilfläche unmittelbar auf den Körper oder die Kleidung des Anwenders aufgebracht werde. Weiter behaupten die Beklagten, die Beklagte zu 1) habe seit 2012 Elektrodenzubehör vom Anbieter P mit Sitz in Q benutzt. Schichtenfolge dieser Elektroden sei „Stoffschicht + Silikon/Carbonschicht“ bzw. ausschließlich „Silikon/Carbonschicht.“ Daher seien auch die im Internetauftritt der Beklagten zu 1) dargestellten Elektroden nicht patentgemäß.

Außerdem behaupten die Beklagten, soweit in den von der Beklagten zu 1) betriebenen Fitnessstudios Elektroden verwendet oder solche Elektroden Franchisenehmern überlassen worden seien, handele es sich ausschließlich um solche, die die Beklagte zu 1) vom Mitinhaber am Klagepatent A oder dessen Sohn R erworben habe. Das Fitnessstudio in J sei ausschließlich durch die S LLC mit Elektroden beliefert worden.

Der Kläger behauptet dazu, der Anbieter O stelle keine kompletten Elektroden her, sondern nur das blaue Elektrodenmaterial für Arme, Beine und Brust. Dieses Material sei an den Enden mit Stoff vernäht. Das Anschlussteil werde mittels Karbonfäden mit diesem Band vernäht, es liege nicht unmittelbar auf dem Körper auf.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2017 verwiesen. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Durch den Einspruch ist der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand, § 342 ZPO. Denn der Einspruch ist zulässig. Er ist innerhalb der gemäß § 339 Abs. 1 ZPO zweiwöchigen Einspruchsfrist in der gemäß § 340 Abs. 2 ZPO erforderlichen Form eingelegt worden.
A
Die zulässige Klage ist – soweit noch anhängig – weit überwiegend begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 2) Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB. Allerdings sind die Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung beschränkt auf die Zeit bis zum 10.11.2014. Ebenso wenig hat der Kläger gegen den Beklagten zu 2) keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 5.413,32 EUR.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Elektrode einer Vorrichtung zur Elektrostimulatoin von Muskeln des menschlichen Körpers, wobei eine Elektrode auf einer vorgegebenen Stelle des Körpers angeordnet wird.

In der Patentschrift wird ausgeführt, dass solche Vorrichtungen in verschiedenen Ausführungen bekannt seien, etwa aus der DE 202 19 604 U1, der DE 25 52 197 A1, der US 2005/0033397 A1 und der DE 199 18 963 A1. Durch Stromimpulse, die an die Elektrode weitergeleitet werden, werde eine gezielte Stimulation der Muskeln erreicht. Die Stomimpulse wirkten durch die Haut und stimulierten diejenigen Nerven, die einen oder mehrere bestimmte Muskeln versorgten. Der ankommende Impuls führe zu einer Kontraktion der Muskulatur. Der Muskel leiste Arbeit, verbrauche Energie usw. Die Elektrostimulation werde in der medizinischen Rehabilitation, als Trainingsunterstützung im Leistungssport und im Fitnessbereich eingesetzt.

Die üblicherweise bei der Elektrostimulation verwendeten Elektroden hätten – so die Klagepatentschrift – den Nachteil, dass sie häufig allergische Reaktionen auslösten. Bei vielen Benutzern komme es zu massiven Hautirritationen im Bereich der Elektroden. Daneben träten häufig auch Gefühlsstörungen, insbesondere starker Juckreiz, im Bereich der Elektroden auf.

Außerdem seien Elektroden bekannt, die mehrfach verwendbar seien. Die Haltbarkeit sei aber in Abhängigkeit von der Hautbeschaffenheit auf etwa 20-25 Anwendungen beschränkt.

Im Klagepatent wird weiterhin die US 2004/0225343 A1 genannt, aus der eine Elektrode einer Vorrichtung zur Elektrostimulation bekannt sei, die einen elektrischen Leiter in Form einer textilen Fläche umfasse, die aus Carbonfasern bestehe, wobei die textile Fläche zwischen zwei Deckschichten angeordnet sei und mindestens eine Deckschicht für den Kontakt mit dem Körper des Anwenders vorgesehen sei. Diese Elektrode habe den Nachteil, so die Klagepatentschrift, dass sie für die aufeinander folgende Anwendung durch verschiedene Benutzer ungeeignet sei, da sie sich nur unvollständig reinigen lasse. Eine Verwendung durch verschiedene Benutzer sei daher unhygienisch. Zwar seien Wegwerfelektroden eine Lösung, aber bei großflächigen, aus Carbonfasern bestehenden Elektroden viel zu teuer.

Davon ausgehend liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, eine Elektrode einer Vorrichtung zur Elektrostimulation derart weiterzuentwickeln, dass diese nach Benutzung in einen hygienisch einwandfreien Zustand bringbar ist und für eine erneute Benutzung zur Verfügung steht.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung zur Elektrostimulation mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 vor, der nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben wird:

1. Elektrode (10) einer Vorrichtung zur Elektrostimulation
2. Die Elektrode umfasst einen elektrischen Leiter in Form einer textilen Fläche.
2.1 Die textile Fläche besteht aus Carbonfasern (12)
2.2 Die textile Fläche (12) ist zwischen zwei Deckschichten (14) angeordnet.
2.3 Die textile Fläche (12) ist mit den Deckschichten (14) vernäht.
3. Mindestens eine Deckschicht (14) ist für den Kontakt mit dem Körper des Anwenders vorgesehen.
Die Aufgabe wird nach der Beschreibung des Klagepatents dadurch gelöst, dass die textile Fläche mit den Deckschichten vernäht ist. Dadurch wird durch einfache Weise erreicht, dass auf die herkömmliche Verwendung von Klebstoffen verzichtet werden kann, wodurch die Waschbarkeit der Elektroden ermöglicht wird. Die Elektroden könne infolgedessen vor jeder Benutzung in einem hygienischen Zustand gebracht werden. Außerdem hat der Verzicht auf Klebstoffe den Vorteil, dass allergische Reaktionen des Benutzers auf Klebstoffe oder deren Lösungsmittel verhindert werden.

II.
Mit dem Begriff der Elektrode bezeichnet der Klagepatentanspruch nicht eine Elektrode im herkömmlichen fachsprachlichen Sinn, sondern ein Gebilde aus drei Flächen oder Schichten, von denen die mittlere – im Klagepatentanspruch als textile Fläche bezeichnet – die eigentliche Elektrode in Form eines elektrischen Leiters ist (Merkmal 2).

Die textile Fläche besteht nach der Lehre des Klagepatents aus Carbonfasern (Merkmal 2.1), ist zwischen zwei Deckschichten angeordnet (Mekrmal 2.2) und mit diesen vernäht (Merkmal 2.3). Damit grenzt sich die Lehre des Klagepatents vom Stand der Technik ab, in dem die elektrischen Leiter mit der Deckschicht verklebt sind. Vernäht bedeutet hingegen, dass der elektrische Leiter mittels Fäden an den Deckschichten befestigt ist. Ebenso denkbar ist, dass der elektrische Leiter selbst mit den Deckschichten verwoben ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff der textilen Fläche nicht zwingend eine größere Fläche meint, die zwingend das Ausmaß einer gesamten Manschette oder dergleichen haben muss. Vielmehr kann die aus den Carbonfasern gebildete textile Fläche auch auf einen Teilbereich derselben beschränkt sein. Die Lehre des Klagepatents unterscheidet sich insofern nicht von den aus dem Stand der Technik bekannten Elektroden, nur dass bei diesen die elektrischen Leiter unmittelbar auf der Haut auflagen oder mit der Deckschicht verklebt waren.

Damit die elektrischen Impulse über die Haut zu den die Muskeln versorgenden Nerven gelangen, muss die Elektrode in Kontakt mit der Haut gelangen. Dazu ist jedenfalls eine der beiden Deckschichten vorgesehen (Merkmal 3).

III.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs.

Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich unstreitig um Elektroden einer Vorrichtung zur Elektrostimulation (Merkmal 1). Ausweislich der vorgelegten Muster besteht die angegriffene Ausführungsform aus drei Schichten: Die erste Deckschicht wird gebildet aus zwei nebeneinander angeordneten elastischen Bändern mit blauer Ober- und grauer Unterseite. Die zweite Deckschicht wird aus einem schwarzen Band gebildet, auf dem die Klettverschlüsse aufgebracht sind, und das um die Endbereiche der elastischen Bänder geschlagen und dort befestigt ist. Zwischen den elastischen Bändern und dem schwarzen Band sind Carbonfaserbündel flächig angeordnet. (Merkmal 2.2).

Bei den Carbonfasern handelt es sich unstreitig um den elektrischen Leiter der Elektrode (Merkmal 2). Anhand der vorgelegten Manschetten ist erkennbar, dass von dem den elektrischen Kontakt bildenden Druckknopf mehrere Bündel Carbonfasern zwischen die beiden elastischen Bänder und das schwarze Band geführt werden. Die Fasern bilden dort eine textile Fläche, weil sie bündelweise neben- und übereinander angeordnet sind, so dass sie im Ergebnis flächig aufliegen (Merkmal 2 und 2.1). Dass diese Fläche nur einen Teil der Fläche des schwarzen Bandes einnimmt ist unbeachtlich. Ebenso ist es unbeachtlich, wenn die Weiterleitung der elektrischen Impulse in der Manschette durch die Feuchtigkeit erfolgt, die vor der Anwendung auf das elastische Band aufgebracht wird.

Die textile Fläche aus Carbonfasern ist mit den Deckschichten vernäht (Merkmal 2.3). Dies ist anhand des geöffneten Musters erkennbar, bei dem die Carbonfasern mittels eines Fadens auf dem elastischen Band fixiert sind.

Bestimmungsgemäß wird die angegriffene Ausführungsform als Arm- oder Beinmanschette getragen, so dass mindestens eine der beiden Deckschichten – hier das elastische Band bzw. das darum geschlagene schwarze Band in Kontakt mit dem Körper des Anwenders gelangt, wozu die Deckschichten auch vorgesehen sind (Merkmal 3).

IV.
Die angegriffene Ausführungsform wurde von der Beklagten zu 1) angeboten und in den Verkehr gebracht, wofür auch der Beklagte zu 2) einzustehen hat.

1.
Die angegriffene Ausführungsform wurde von der Beklagten zu 1) in der räumlich-körperlichen Ausbildung, wie sie der Kammer als Muster vorgelegt wurde, im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG angeboten und in den Verkehr gebracht. Dies steht aufgrund der Aussage der Zeugin L fest.

Die Zeugin L hat bekundet, dass sie in der Zeit vom 01.03.2014 bis zum 28.02.2015 Franchisenehmerin der Beklagten zu 1) gewesen sei und ihr von der Beklagten zu 1) unter anderem Elektroden zur Verfügung gestellt worden seien. Auch wenn die Zeugin L das Innenleben der Elektroden nicht wahrgenommen hat, ist die Kammer davon überzeugt, dass die der Zeugin L seitens der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellten Elektroden denselben Aufbau hatten wie die, die der Kläger als Muster zur Akte gereicht hat. Die Kammer schließt dies aus den weiteren Bekundungen der Zeugin L, wonach die ihr zur Verfügung gestellten Elektroden mit den als Muster vorliegenden Elektroden äußerlich identisch waren. Sie wiesen elastische Bänder mit blauer Ober- und grauer Unterseite auf. An den Enden befanden sich schwarze Klettverschlüsse und der elektrische Anschluss wurde mittels eines Druckknopfes bewerkstelligt. Auch die Aussage, der Beklagte zu 2) habe in Schulungen mitgeteilt, er habe eine Näherin, die die Carbonfasern in die Manschetten einbringe oder einnähe, bestätigt, dass die Carbonfasern zwischen zwei Schichten befestigt waren, wie dies bei den vorgelegten Mustern der Fall ist. Dies steht auch im Einklang mit dem Vortrag der Beklagten, die Beklagte zu 1) habe die Elektroden von dem Anbieter O bezogen. Der Kläger hat insofern vorgetragen, dass O nur Elektrodenzubehör liefere. Dies ist auch aus der Abbildung des O-Angebots ersichtlich (Blatt 94 der Akte). Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Zeugin L Elektroden zur Verfügung gestellt wurden, die aus Material des Anbieters O bestanden, aber zuvor seitens der Beklagten zu 1) zusammengenäht werden mussten. Die Zeugin hat insofern sogar zwischen zwei Ausführungsvarianten differenziert: zum einen gab es Manschetten, bei denen der Druckknopf zwischen dem elastischen Band und dem schwarzen Klettband eingenäht ist, wie dies auch bei den vorgelegten Mustern der Fall ist, und zum anderen gab es Manschetten, bei denen der Druckknopf auf dem schwarzen Endstück unmittelbar aufgebracht ist. Ob auch die zweite Variante die Merkmale des Klagepatentanspruchs verwirklicht, kann dahinstehen. Denn nach der Aussage der Zeugin L wurden ihr beide Varianten von der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellt.

Die Aussage der Zeugin L ist aufgrund ihres Detailreichtums glaubhaft. Die Kammer hat auch keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit der Zeugin L zu zweifeln.

Der Annahme, dass die der Zeugin L zur Verfügung gestellten Elektroden den zur Akte gereichten Mustern entsprechen, sind die Beklagten trotz des Hinweises im Beschluss vom 07.02.2017 nicht weiter entgegengetreten. Ihnen hätte es oblegen darzulegen, wie die von der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellten Elektroden tatsächlich verarbeitet waren, wenn nicht so wie die vorgelegten Muster. Dem sind die Beklagten nicht weiter nachgekommen. Stattdessen haben sie behauptet, seit dem Jahr 2012 vom Anbieter O bzw. vom Anbieter P bezogen zu haben. Was den Anbieter O angeht, spricht vieles dafür, dass dieser gar keine kompletten Elektroden anbietet. Was die T betrifft, sind die dort angebotenen Elektroden äußerlich mit den vorgelegten Mustern identisch. Inwiefern die Carbonfasern anders vernäht sind, ist nicht dargelegt.

2.
Für den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte zu 1) hat auch der Beklagte zu 2) einzustehen.

a)
Zum einen ergibt sich seine Haftung unmittelbar aus dem Umstand, dass nach den Bekundungen der Zeugin L der Beklagte zu 2) selbst als Handelnder die angegriffenen Elektroden auf Schulungen vorstellte und der Zeugin zur Verfügung stellte. Die Zeugin L hat erklärt, dass sie Manschetten vom Beklagten zu 2) bekommen habe und dieser auf Schulungen mitgeteilt habe, er habe eine Näherin, die Carbonfasern in die Manschetten einnähe.

b)
Darüber hinaus haftet der Beklagte zu 2) aufgrund der Verletzung einer Garantenpflicht, die ihn als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) traf.

Eine Garantenstellung kann insbesondere dann bestehen, wenn der Schutz von Rechten Dritter eine organisatorische Aufgabe ist, zu der zuallererst der gesetzliche Vertreter berufen ist. Sofern es um den Schutz von absoluten Rechten Dritter geht, kann über die Organstellung hinaus eine mit der Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflussnahme auf die Gefahrenabwehr und Gefahrensteuerung verbundene persönliche Verantwortung des Organs den betroffenen Außenstehenden gegenüber zum Tragen kommen. In dieser Beziehung gilt für die Eigenhaftung des Geschäftsführers im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen für ein Unternehmen Tätigen, soweit dessen Aufgabenbereich sich auf die Wahrung deliktischer Integritätsinteressen Dritter erstreckt. Sie kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn der Betroffene ein Schutzgut der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut hat oder wenn aus sonstigen Gründen eine konkrete Gefahrenlage für das Schutzgut besteht und der Geschäftsführer oder Mitarbeiter des Unternehmens für die Steuerung derjenigen Unternehmenstätigkeit verantwortlich ist, aus der sich die Gefahrenlage ergibt (BGH GRUR 2010, 257, 264 – Glasfasern II m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf den Schutz von Patenten jedenfalls dann typischerweise erfüllt, wenn ein Unternehmen technische Erzeugnisse herstellt oder in den inländischen Markt einführt. Für praktisch jeden Bereich der Technik ist eine Vielzahl von Patenten mit unterschiedlichsten Gegenständen in Kraft. Ein Unternehmen muss deshalb vor Aufnahme einer der genannten Tätigkeiten prüfen, ob seine Erzeugnisse oder Verfahren in den Schutzbereich fremder Rechte fallen (vgl. BGH GRUR 1958, 288, 290 – Dia-Rähmchen I; GRUR 1977, 598, 601 – Autoskooterhalle; GRUR 1986, 803, 806 – Formstein; GRUR 2010, 257, 264 – Glasfasern II). Diese Verpflichtung beruht nicht allein auf der allgemeinen Pflicht zum Schutz fremder Rechtsgüter. Sie ist vielmehr Ausdruck der gesteigerten Gefährdungslage, der technische Schutzrechte typischerweise ausgesetzt sind. Der aus solchen Rechten resultierende, ohnehin nur für begrenzte Zeit bestehende Schutz wäre nicht in hinreichender Weise gewährleistet, wenn andere Marktteilnehmer der Frage, ob ihre Tätigkeit fremde Schutzrechte verletzt, nur untergeordnete Bedeutung beimäßen (GRUR 2010, 257, 264 – Glasfasern II).

Kraft seiner Verantwortung für die Organisation und Leitung des Geschäftsbetriebs und der damit verbundenen Gefahr, dass dieser so eingerichtet wird, dass die Produktion oder Vertriebstätigkeit des Unternehmens die fortlaufende Verletzung technischer Schutzrechte Dritter zur Folge hat, ist der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft deshalb grundsätzlich gehalten, die gebotenen Überprüfungen zu veranlassen oder den Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass die Erfüllung dieser Pflicht durch dafür verantwortliche Mitarbeiter gewährleistet ist. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass grundlegende Entscheidungen über die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nicht ohne seine Zustimmung erfolgen und dass die mit Entwicklung, Herstellung und Vertrieb betrauten Mitarbeiter der Gesellschaft die gebotenen Vorkehrungen treffen, um eine Verletzung fremder Patente zu vermeiden (GRUR 2010, 257, 264 – Glasfasern II).

Nach diesen Grundsätzen haftet der Beklagte zu 2) für die Verletzung des Klagepatents durch die Beklagte zu 1). Diese brachte die angegriffene Ausführungsform in den Verkehr, wenn sie sie nicht sogar zuvor selbst herstellte. Auf letzteres deutet die Aussage der Zeugin L hin, wonach der Beklagte zu 2) geäußert habe, er habe eine Näherin, die die Carbonfasern in die Manschetten einnähe. Bei dieser Ausgangslage bedarf es im Regelfall keiner näheren Feststellungen dazu, dass die schuldhafte Verletzung eines Patents durch eine Gesellschaft auf einem schuldhaften Fehlverhalten ihrer gesetzlichen Vertreter – hier des Beklagten zu 2) – beruht (GRUR 2010, 257, 264 – Glasfasern II). Angesichts der besonderen Gefährdungslage und der großen Bedeutung, die einer Prüfung der Schutzrechtslage zukommt, ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 2) die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt hat. Der Kläger hat keinen Anlass, näher zur persönlichen Verantwortlichkeit des Beklagten zu 2) vorzutragen, was ihm regelmäßig auch nicht möglich ist. (vgl. dazu BGH GRUR 2010, 257, 264 – Glasfasern II). Vielmehr obliegt dem Beklagten zu 2) eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wie er den ihm obliegenden Pflichten nachgekommen ist (vgl. BGH GRUR 2010, 257, 265 – Glasfasern II). Dem ist der Beklagte zu 2) jedoch nicht nachgekommen. Dass der Beklagte zu 2) seit dem 10.11.2014 nicht mehr Geschäftsführer war, ist für seine Verantwortlichkeit unbeachtlich. Die Zeugin L hat ausgesagt, sie sei im Zeitraum vom 01.03.2014 bis zum 28.02.2015 Franchisenehmerin der Beklagten zu 1) gewesen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 1) bzw. der Beklagte zu 2) die Zeugin L erst nach dem 10.11.2014 mit den angegriffenen Manschetten versorgte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Zeugin L zu Beginn des Franchisevertrages im März 2014 die Franchiseprodukte zur Verfügung gestellt wurden. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte zu 2) Geschäftsführer der Beklagten zu 1).

V.
Da der Beklagte zu 2) die Lehre des Klagepatents durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein, stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche im tenorierten Umfang zu.

1.
Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 2) einen Anspruch auf Unterlassung aus § 139 Abs. 1 PatG. Dass der Beklagte zu 2) seit dem 10.11.2014 nicht Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ist, ist unbeachtlich. Aufgrund der einmal eingetretenen Verletzung des Klagepatents besteht die Gefahr weiterer Verletzungshandlungen, die auch durch den Verlust der Geschäftsführereigenschaft nicht entfällt.

2.
Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 2) auch einen Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach aus § 139 Abs. 1 und 2 PatG.

Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass der Kläger derzeit nicht in der Lage ist, die Höhe des ihr zustehenden Schadensersatzes zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung ihrer Ansprüche droht.

Der Beklagte zu 2) beging die Patentverletzung schuldhaft. Als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) traft ihn die Garantenpflicht, organisatorisch dafür Sorge zu tragen, dass die Beklagte zu 1) nicht die Schutzrechte Dritter verletzt. Diese Pflicht wurde vom Beklagten zu 2) verletzt. Dies gilt aber nur für die Zeit bis zum 10.11.2014. Die Haftung des Beklagten zu 2) beruht auf seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Diese Eigenschaft hatte er nur bis zum 10.11.2014. An dem Tag wurde im Handelsregister eingetragen, dass der Beklagte zu 2) nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ist. Dass er danach weiter für die Beklagte zu 1) handelte oder anderweitig Verletzungshandlungen in der Zeit nach dem 10.11.2014 beging, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

3.
Weiterhin besteht ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus §§ 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus §§ 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Der Kläger ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die er ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und der Beklagte zu 2) wird durch die von ihm verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Wie im Fall des Schadensersatzanspruchs ist der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung jedoch beschränkt auf die Zeit bis zum 10.11.2014.

4.
Soweit der Kläger vom Beklagten zu 2) die Erstattung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 5.413,32 EUR nebst Zinsen verlangt, ist die Klage erfolglos. Dem Kläger steht ein solcher Anspruch weder unter Schadensersatzgesichtspunkten aus § 139 Abs. 2 PatG, noch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 693 S. 1, 677, 670 BGB zu. Denn die Abmahnung war allein gegen die Beklagte zu 1) gerichtet, nicht gegen den Beklagten zu 2). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten für die Patentverletzung. Denn ebenso wenig wie einem in Anspruch genommener Gesamtschuldner ein Anspruch auf Ausgleich der Prozesskosten gegenüber dem anderen Gesamtschuldner zusteht (BGH NJW 2003, 2980), kann der Gläubiger, der nur einen der Gesamtschuldner in Anspruch genommen hat, auch keine Erstattung der verauslagten Kosten vom anderen Gesamtschuldner verlangen.

VI.
Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg auf den Grundsatz der Erschöpfung berufen. Dieser Grundsatz besagt, dass, wenn ein Patentinhaber oder ein insoweit mit seiner Zustimmung handelnder Dritter das patentierte Erzeugnis in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr gebracht hat, sich die Wirkung des Patents nicht auf anschließend in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommene Handlungen erstreckt, die dieses Erzeugnis betreffen (Benkard/Scharen, PatG 11. Aufl.: § 9 Rn 18). Die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt der Erschöpfung tragen die Beklagten.

Im Streitfall haben die Beklagten nicht dargelegt, dass sie der Zeugin L Elektroden zur Verfügung stellten, die sie zuvor aus berechtigter Quelle bezogen. Sie haben zwar wiederholt vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) Elektroden von dem Mitinhaber am Klagepatent, A bezogen hätten. Ebenso ist unstreitig, dass die Beklagte zu 1) über Dritte von der I UG Elektroden bezog, deren Inhaber der Kläger ist. Zugleich hat sie aber auch vorgetragen, dass sie Elektroden von dem Anbieter O bzw. der P bezogen habe. Es ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, dass gerade die von einem der Mitinhaber am Klagepatent bezogenen Elektroden auch der Zeugin L zur Verfügung gestellt wurden. Dagegen spricht bereits, dass die Beklagte zuletzt im Januar 2013 (Rechnung vom 21.01.2013) bei der I UG Elektroden ordern ließ, allerdings nur jeweils eine Arm-, Bein-, und Rückenelektrode und zwei Gesäßelektroden. Der Franchisevertrag mit der Zeugin L begann jedoch erst im März 2013. Zudem ist anzunehmen, dass ihr Bedarf an Elektroden höher war. Schließlich hat der Kläger vorgetragen, dass sich die angegriffene Ausführungsform von den von ihm benutzten Elektroden dadurch unterscheide, dass der elektrische Kontakt durch einen Druckknopf und nicht durch einen Schraubanschluss bewerkstelligt werde. Dazu haben sich die Beklagten schon nicht mehr eingelassen, so dass nicht einmal erkennbar ist, was die Beklagte zu 1) überhaupt von einem der Mitinhaber am Klagepatent bezogen haben möchte.
C
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 344 ZPO.

I.
Soweit sich die Klage gegen die Beklagte zu 1) richtete, sind dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit insofern übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden, § 91a ZPO. Im Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung war die Klage unzulässig. Die Beklagte zu 1) hat im Laufe des Rechtsstreits ihre Partei- und Prozessfähigkeit verloren, da sie infolge von Vermögenslosigkeit aufgelöst und am 12.11.2015 im Handelsregister gelöscht wurde. Dass die Klage gegen die Beklagte zu 1) bis zu ihrer Auflösung gegebenenfalls zulässig und begründet war, ist unbeachtlich. Für die Kostenentscheidung ist der Zeitpunkt der Erledigungserklärung maßgeblich (MüKo/Schulz, ZPO 5. Aufl.: § 91a Rn 44; Zöller/Vollkommer, ZPO 31. Aufl.: § 91a Rn 24 und 26). Aus Billigkeitsgründen kann es zu einer abweichenden Kostenentscheidung kommen, wenn eine Partei das erledigende Ereignis mutwillig herbeigeführt hat (MüKo/Schulz, ZPO 5. Aufl.: § 91a Rn 45; Zöller/Vollkommer, ZPO 31. Aufl.: § 91a Rn 25). Dafür bestehen im Streitfall jedoch keine Anhaltspunkte.

II.
Soweit der Kläger die Klage gegen den Beklagten zu 2) zurückgenommen hat, sind ihm die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Da der Kläger mit Ausnahme eines Teils des Auskunfts- und Schadensersatzanspruchs und des Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Kosten im Übrigen obsiegt, sind die Kosten quotenmäßig aufzuteilen, § 92 Abs. 1 ZPO. Allerdings sind dem Kläger gemäß § 344 ZPO die Kosten seiner Säumnis aufzuerlegen.
D
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Dabei war die Sicherheitsleistung für die Vollstreckung durch den Kläger in der Höhe des Streitwerts festzusetzen, der auf die gegen den Beklagten zu 2) gerichteten Anträge entfällt, soweit sie zugesprochen worden sind. Soweit das Versäumnisurteil aufrechterhalten bleibt, war auszusprechen, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

E
Der Streitwert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt; davon entfallen auf die gesamtschuldnerische Verpflichtung zum Schadensersatz 10.000,00 EUR. Einer weiteren Differenzierung des Streitwertes hinsichtlich der Beklagten oder anlässlich der übereinstimmenden Erledigungserklärung bedarf es nicht, weil sich die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten nach dem Gesamtstreitwert richten und die erst in der letzten mündlichen Verhandlung erklärte Teilerledigung keine kostenrechtlichen Auswirkungen mehr hat.