Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2663
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. Juni 2017, Az. 4b O 108/15
Leitsätze (nichtamtlich):
1. Eine widerrechtliche Entnahme ist dann zu bejahen,
wenn der wesentliche Inhalt des eingetragenen
Gebrauchsmusters den Beschreibungen, Zeichnungen,
Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen
eines anderen ohne dessen Einwilligung entnommen
wurde, § 13 Abs. 2 GebrMG. Es genügt,
wenn der Vindikationskläger seinen Erfindungsbesitz
darlegt und beweist, dass ihm dieser widerrechtlich
entnommen wurde.
2. Unter Erfindungsbesitz ist die tatsächliche Möglichkeit
zu verstehen, die Erfindung zu benutzen, weil
der Erfindungsbesitzer die fertige Erfindung kennt
oder jedenfalls über Unterlagen verfügt, aus denen
er die Kenntnis erlangen kann.
3. Ein Erfindungsbesitzer nach § 13 Abs. 3 GebrMG
i. V. m. § 8 PatG kann nur dann den Vindikationsanspruch
geltend machen, wenn er sachlich berechtigt
ist. Denn Zweck des § 8 PatG ist es, das
Auseinanderfallen von sachlichem und formellem
Recht zu vermeiden. Einem sachlich nicht berechtigten
Erfindungsbesitzer einen Anspruch aus § 13
GebrMG i. V. m. § 8 PatG zuzubilligen, widersprä-
che der Zielsetzung des Gesetzes, weil das Auseinanderfallen
von sachlichem und formellem Recht
nicht vermieden, sondern dem Erfindungsbesitzer
seinerseits gegenüber dem Berechtigten lediglich
die Position eines widerrechtlich Entnehmenden
verschaffen würde (vgl. BGH, Urt. v. 30.10.1990, X
ZR 16/90, GRUR 1991, 127, 128 – Objektträger).
Volltext:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
T a t b e s t a n d
Die Klägerin macht einen Vindikationsanspruch gegen den Beklagten hinsichtlich des Gebrauchsmusters DE 20 2014 009 XXX U1 (im Folgenden: Vindikationsgebrauchsmuster) geltend.
Der Beklagte ist als Anmelder und Inhaber des Vindikationsgebrauchsmusters im Register eingetragen (Anlage K 10). Die Anmeldung erfolgte am 17.12.2014. Das Vindikationsgebrauchsmuster wurde am 26.03.2015 eingetragen und am 07.05.2015 im Patentblatt bekannt gemacht. Es steht in Kraft.
Das Vindikationsgebrauchsmuster betrifft eine Stapelbox, d.h. ein System aus Werkzeugboxen zur Aufbewahrung von (Klein-)Werkzeug.
Die Ansprüche 1 sowie 6 und 7 des Vindikationsgebrauchsmusters lauten:
Anspruch 1:
„System aus Werkzeugboxen (1, 2) vorwiegend vorgesehen zur Aufbewahrung von Werkzeug, insbesondere von Schraubendreherbits, Schraubenschlüsselbits, Bohrern, Antriebselemente dafür wie Werkzeugaufnahmen etc. mit folgenden Merkmalen:
mindestens eine Außenfläche (3a-f) einer Werkzeugbox (1, 2) besitzt mindestens eine hinterschnittene (5) Aufnahmenut (4) zum Einführen einer mit zur Aufnahmenut (4) korrespondierendem Querschnitt ausgestatteten Hintergreiffeder (6) auf einer korrespondierenden Außenfläche (4; 5; 6) einer korrespondierenden weiteren Werkzeugbox (2)“
Anspruch 6:
„System aus Werkzeugboxen nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Grundfläche derjenigen Werkzeugboxen (2), welche die weitere Paarung aus hinterschnittener Aufnahmenut (4) und korrespondierender Hintergreiffeder (6) aufweisen, die Hälfte der Grundfläche der ersteren Werkzeugbox (1) beträgt.“
Anspruch 7:
„System aus Werkzeugboxen nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Richtung (10) der ersten Paarung aus Aufnahmenut und Hintergreiffeder zu der Richtung (11) der weiteren Paarung aus weiterer Aufnahmenut (8) und weiterer Hintergreiffeder (9) senkrecht steht.“
Die nachfolgenden Abbildungen (Fig. 1 und 3) zeigen Ausführungsbeispiele:
Der Beklagte war Gesellschafter der Klägerin und zwischen Januar 2007 und dem 30.06.2014 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin. In dem zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsführervertrag vom 18.05.2007 heißt es in Ziff. VII, die die Überschrift „Diensterfindungen“ trägt:
„Bei Diensterfindungen im Sinne des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen, die der Geschäftsführer während der Dauer des Anstellungsvertrages macht, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend. Die Verwertung von technischen oder organisatorischen Verbesserungsvorschlägen des Geschäftsführers steht ohne besondere Vergütung ausschließlich der Gesellschaft zu.“
Zwischen der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin und der A (im Folgenden: A), einem B Unternehmen, sowie der C (Shanghai) D Co. Ltd. (im Folgenden: C), einem E Unternehmen, bestand eine Zusammenarbeit dahingehend, dass die Klägerin den Unternehmen Aufgaben zur Entwicklung neuartiger Produkte, z.B. von Werkzeugboxen, mit technischen Vorgaben stellte und die Unternehmen Vorschläge zur Lösung der Aufgaben erarbeiteten und der Klägerin vorstellten. Die Entwicklungskosten preisten die Unternehmen in ihre Kalkulation für eine spätere Erteilung von Aufträgen zur Herstellung und Lieferung der neu entwickelten Produkte ein.
Zwischen der Klägerin und der A bestand eine schriftliche Vereinbarung im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit. Bezüglich des Inhalts dieser Vereinbarung wird auf Anlage K 5 Bezug genommen.
Die Klägerin und die C schlossen ein „Manufacturing Agreement“. Hinsichtlich des Inhalts dieses Vertrages wird auf Anlage K 21 Bezug genommen.
Vom 05.09.2013 bis zum 16.10.2013 erfolgte eine E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Beklagten und der A (Anlagenkonvolut K 7), die von den Parteien unter-schiedlich interpretiert wird. Die auf der letzten Seite des Anlagenkonvoluts K 7 dargestellte Werkzeugbox „F“ (Anlage K 7.8) wurde auch in einer Konstruktionszeichnung vom 12.10.2013 dargestellt, die zusätzlich die C ausweist (Anlage B 2). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die „F“ auf die C zurückgeht. Mit E-Mail vom 16.10.2013 übermittelte der Beklagte der G eine Datei, die die „F“ zeigt (Anlage K 17).
Mit notariellem Vertrag vom 04.09.2014 schlossen die Parteien einen Auseinander-setzungsvertrag. Bezüglich des Inhalts des Auseinandersetzungsvertrages wird auf Anlage K 3 Bezug genommen.
Einige Monate zuvor erklärte die A mit Schreiben vom 26.03.2014 die Kündigung der Zusammenarbeit mit der Klägerin (Anlage K 6).
Der Beklagte betreibt nunmehr ein eigenes Unternehmen mit der Bezeichnung A H.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Vindikationsanspruch gegen den Beklagten aus § 13 GebrMG i. V. m. § 8 PatG zu. Der Beklagte sei wegen des Geschäftsführervertrages zur Meldung der Erfindung entsprechend des ArbEG verpflichtet gewesen. Er habe jedenfalls durch Stellung der Aufgabe am Zustandekommen der Erfindung und der technischen Lehre des Vindikationsgebrauchsmusters mitgewirkt. Eine (Mit )Erfinderschaft des Beklagten in Bezug auf Ansprüche 6 und 7 komme nicht in Betracht, weil ihr Gegenstand jedenfalls unwesentlich sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, das auf den Namen des Beklagten angemeldete und eingetragene deutsche Gebrauchsmuster 20 2014 009 XXX „I“ (20 2014 009 XXX.X) auf die Klägerin zu übertragen und in die Umschreibung dessen auf die Klägerin einzuwilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, die streitgegenständliche Erfindung sei erst nach Abschluss des Auseinandersetzungsvertrages mit der Klägerin entstanden. Sie sei gemeinsam mit der A und der C realisiert worden. Er habe die Erfindung jedenfalls in Bezug auf Unteransprüche 6 und 7 weiterentwickelt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt sowie die tatsächlichen Ausführungen in den nachfolgenden Ent-scheidungsgründen verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Übertragung des Vindikationsgebrauchsmusters und Einwilligung in die Umschreibung des Vindikationsgebrauchsmusters gem. § 13 Abs. 3 GebrMG i. V. m. § 8 S. 1 und 2 PatG zu.
1.
Die dem Vindikationsgebrauchsmuster zugrunde liegende Erfindung betrifft eine Stapelbox, d.h. ein System aus Werkzeugboxen, die vorwiegend zur Aufbewahrung von Werkzeug vorgesehen sind, insbesondere von Kleinwerkzeug wie z.B. Schraubendreherbits.
Solche Werkzeugboxen waren in unterschiedlichen Ausgestaltungen im Stand der Technik bekannt. Sie werden unter dem Sammelbegriff „Bitboxen“ vertrieben.
Laut Vindikationsgebrauchsmusterschrift besteht der Grundgedanke der Bitboxen darin, dass sie praktisch alle für den täglichen Einsatz benötigten Werkzeugeinsätze beinhalten. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass kein Teil z.B. beim Einsatz auf einer Baustelle fehlt. Auf der anderen Seite sei der Aufwand, Werkzeugboxen sachgerecht zu bestücken, aufgrund der Vielzahl der auf dem Markt befindlichen Antriebssysteme erheblich. Denn ein vollständiges Bestücken der Bitboxen sei gerade wegen der Vielzahl der Antriebssysteme nicht möglich.
Das Vindikationsgebrauchsmuster bezeichnet es als Aufgabe, diesen Nachteil zu beseitigen.
Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Vindikationsgebrauchsmuster gem. Anspruch 1 eine Stapelbox mit folgenden Merkmalen vor:
1. System aus Werkzeugboxen (1, 2) vorwiegend vorgesehen zur Aufbewahrung von Werkzeug, insbesondere von Schraubendreherbits, Schraubenschlüsselbits, Bohrern, Antriebselemente dafür wie Werkzeugaufnahmen etc. mit folgenden Merkmalen:
2. mindestens eine Außenfläche (3a-f) einer Werkzeugbox (1, 2)
3. besitzt mindestens eine hinterschnittene (5) Aufnahmenut (4)
4. zum Einführen einer mit zur Aufnahmenut (4) korrespondierendem Quer-schnitt ausgestatteten Hintergreiffeder (6)
5. auf einer korrespondierenden Außenfläche (4; 5; 6) einer korrespon-dierenden weiteren Werkzeugbox (2).
Das Vindikationsgebrauchsmuster hebt hervor, der wesentliche Gedanke der Erfindung bestehe darin, die Kombination von Werkzeugboxen verschiedenen Inhalts zu ermöglichen. Die Boxen sollen über zueinander korrespondierende Aufnahmenuten und Hintergreiffedern verfügen, um die Boxen nach Belieben zusammenstellen zu können.
2.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Übertragung des Vindikationsgebrauchsmusters und Einwilligung in die Umschreibung des Vindikationsgebrauchsmusters gem. § 13 Abs. 3 GebrMG i. V. m. § 8 S. 1 und 2 PatG zu.
§ 8 S. 1 PatG, der gem. § 13 Abs. 3 GebrMG in Bezug auf Gebrauchsmuster entsprechend anzuwenden ist, bestimmt, dass der Berechtigte, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist, oder der durch widerrechtliche Entnahme Verletzte, vom Schutzrechtssucher verlangen kann, dass ihm der Anspruch auf Erteilung des Schutzrechts abgetreten wird. Nach S. 2 der Vorschrift kann der Berechtigte vom Schutzrechtsinhaber die Übertragung des Schutzrechts verlangen, wenn die Anmeldung bereits zum Patent bzw. im Falle des § 13 GebrMG zum Gebrauchsmuster geführt hat.
Die Klägerin hat weder schlüssig vorgetragen, dass sie Berechtigte in Bezug auf die durch das Vindikationsgebrauchsmuster geschützte Erfindung ist, noch dass sie durch widerrechtliche Entnahme seitens des Beklagten verletzt wurde.
a)
Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass sie Anspruchsberechtigte ist.
Die Berechtigung, die Übertragung eines Gebrauchsmusters zu fordern, ergibt sich aus § 13 Abs. 3 GebrMG i. V. m. § 6 PatG (vgl. zum Patentrecht BGH, Urt. v. 06.10.1981, X ZR 57/80, GRUR 1982, 95, 96 – pneumatische Einrichtung). Berechtigt ist demnach der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger. Erfinder können nur natürliche Personen sein, nicht hingegen juristische Personen, weil die Erfindung in einem geistigen Schöpfungsakt besteht (Schulte/Moufang, PatG, 9. A., 2014, § 6 Rn. 18).
Unabhängig davon, wer im hiesigen Rechtsstreit der Erfinder ist, hat die Klägerin jedenfalls die Rechtsnachfolge nicht schlüssig dargelegt. Auch eine Mitberechtigung der Klägerin ist nicht ersichtlich.
aa)
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin die A und die C generell zur Entwicklung von Bitboxen eingeschaltet hat. Es ist ferner unstreitig, dass die Konstruktionszeichnung vom 12.10.2013 mit der Bezeichnung „F“ (Anlage B 2, S. 2) auf die C zurückgeht.
Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, dass diese Zeichnung von der C in ihrem Auftrag erfolgt ist und damit unter die Zusammenarbeit mit der C fällt. Die vorgelegte E-Mail-Korrespondenz in Anlagenkonvolut K 7 betrifft nämlich nur die A. Damit ist nicht dargelegt, dass die Konstruktionszeichnung der C dem „Manufacturing Agreement“ (Anlage K 21) unterfällt. Dieser bestimmt in seiner Ziff. 5, dass alle Eigentumsrechte und Ansprüche an den Produkten und den Spezifikationen (sowie all ihre Verbesserungen, Änderungen, Modifizierungen, Weiterentwicklungen oder Variationen ungeachtet der Erfinderstellung) aus der Zusammenarbeit mit der C der Klägerin zufallen. Diese Zusammenarbeit wird in Ziff. 2 verdeutlicht. Dort heißt es, während der Dauer des Vertrages werde der Vertragshersteller, also die C, Werkzeuge herstellen und an den Käufer, d.h. die Klägerin, verkaufen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Konstruktions-zeichnung aus dieser Zusammenarbeit entstanden ist.
bb)
Eine Rechtsnachfolge von der A auf die Klägerin ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Die vorgelegte Vereinbarung zwischen der Klägerin und der A (Anlage K 5) bestimmt nämlich, dass das geistige Eigentum aus der Zusammenarbeit mit der A immer bei der Klägerin oder ihren Kunden – im hiesigen Fall der G – verbleiben würde („The ownership of the intellectual property will always remain at J GmbH … or its customers“).
In der Vereinbarung ist keine Übertragung von Rechten zu sehen. Die Vereinbarung verwendet diesen Begriff nicht, sie ist eher wie eine Geheimhaltungsvereinbarung ausgestaltet (Dokumente dürfen nicht ohne Erlaubnis Dritten zur Verfügung gestellt werden). Außerdem ist die Vereinbarung nicht hinreichend bestimmt. Sie lässt nämlich offen, welche Rechte wem genau zustehen sollen: der Klägerin oder der Kundschaft, hier der G. Wegen der Anknüpfung mit „oder“ kommt auch eine Mitberechtigung der Klägerin nicht in Betracht.
Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die streitgegenständliche Bitbox nach Auftragserteilung bestätigt hat, was sich aus der vorgelegten E-Mail-Korrespondenz nicht ergibt: Aus der in Anlagenkonvolut K 7 vorgelegten E-Mail-Korrespondenz kann gefolgert werden, dass die A in die Entwicklung der Bitbox mit der Bezeichnung „F“ eingebunden war. Mit E-Mail vom 16.10.2013, 10:52 (Anlage K 7.7), fragte die A beim Beklagten nämlich an, die neue Zeichnung für das „K“ zu prüfen. Angehängt wurde eine Bilddatei mit der Bezeichnung „F“. Ob die Klägerin die Bitbox in dieser Ausgestaltung bestätigt hat, d.h. eine Fertigstellung dieser Bitbox unter dem 16.10.2013 erfolgt ist, ergibt sich aus der E-Mail-Korrespondenz in Anlagenkonvolut K 7 jedoch nicht. Denn die vorgelegte Nachricht des Beklagten vom 15.10.2013, 21:55 (Anlage K 7.7) an die A spricht von einer Bestätigung, erwähnt im Betreff aber lediglich eine „L“, also eine Box zur Aufbewahrung von Sägeblättern.
b)
Die Klägerin hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass sie durch eine widerrechtliche Entnahme seitens des Beklagten verletzt sei.
Eine widerrechtliche Entnahme ist dann zu bejahen, wenn der wesentliche Inhalt des eingetragenen Gebrauchsmusters den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen ohne dessen Einwilligung entnommen wurde, § 13 Abs. 2 GebrMG. Es genügt, wenn der Vindikationskläger seinen Erfindungsbesitz darlegt und beweist, dass ihm dieser widerrechtlich entnommen wurde (Loth, GebrMG, 2. A., 2017, § 13 Rn. 158). Unter Erfindungsbesitz ist die tatsächliche Möglichkeit zu verstehen, die Erfindung zu benutzen, weil der Erfindungsbesitzer die fertige Erfindung kennt oder jedenfalls über Unterlagen verfügt, aus denen er die Kenntnis erlangen kann (BGH, Urt. v. 30.10.1990, X ZR 16/90, GRUR 1991, 127, 128 – Objektträger).
aa)
Ob aus der E-Mail der A an den Beklagten vom 16.10.2013, 10:52 (Anlage K 7.7), gegebenenfalls in Zusammenschau mit der E-Mail des Beklagten vom 16.10.2013, 11:19 (Anlage K 17), gefolgert werden kann, dass die Klägerin Erfindungsbesitz an den angehängten Zeichnungen mit der Überschrift „F“ erlangt hat, mag dahingestellt bleiben. Denn die Klägerin hat nicht schlüssig vorgetragen, dass sie als Erfindungsbesitzerin sachlich berechtigt ist.
Ein Erfindungsbesitzer nach § 13 Abs. 3 GebrMG i. V. m. § 8 PatG kann nur dann den Vindikationsanspruch geltend machen, wenn er sachlich berechtigt ist. Denn Zweck des § 8 PatG ist es, das Auseinanderfallen von sachlichem und formellem Recht zu vermeiden (BGH, Urt. v. 30.10.1990, X ZR 16/90, GRUR 1991, 127, 128 – Objektträger). Einem sachlich nicht berechtigten Erfindungsbesitzer einen Anspruch aus § 13 GebrMG i. V. m. § 8 PatG zuzubilligen, widerspräche der Zielsetzung des Gesetzes, weil das Auseinanderfallen von sachlichem und formellem Recht nicht vermieden, sondern dem Erfindungsbesitzer seinerseits gegenüber dem Berechtigten lediglich die Position eines widerrechtlich Entnehmenden verschafft würde (zum Patentrecht: BGH, Urt. v. 30.10.1990, X ZR 16/90, GRUR 1991, 127, 128 – Objektträger).
Wie bereits dargelegt, hat die Klägerin weder ihre Berechtigung, noch eine etwaige Mitberechtigung schlüssig dargelegt: Um ihre eigene sachliche Berechtigung darzulegen, verweist die Klägerin auf die Vereinbarung mit der A (Anlage K 5). Aus dieser ergibt sich aber nicht, dass Rechte des geistigen Eigentums aus der Zusammenarbeit mit der A der Klägerin zustehen (s.o.).
Zwischen den Parteien ist ferner unstreitig, dass die Konstruktionszeichnung mit der Überschrift „F“ auf die C zurückzuführen ist. Die Klägerin hat aber nicht dargelegt, dass die C mit der Entwicklung der entsprechenden Bitbox von ihr beauftragt worden ist, die Konstruktionszeichnung vom 12.10.2013 also auf die Zusammenarbeit mit der C zurückgeht (s.o.). Daher ist gleichfalls nicht dargelegt, dass das „Manufacturing Agreement“, insbesondere die Ziff. 5, auf den hiesigen Fall überhaupt Anwendung findet (s.o.).
bb)
Darüber hinaus kann die Klägerin eine widerrechtliche Entnahme auch nicht daraus ableiten, dass eine Diensterfindung durch den Beklagten vor der Inanspruchnahme durch sie angemeldet wurde.
Grundsätzlich kommt die Annahme einer widerrechtlichen Entnahme bei Anmeldung von Diensterfindungen durch den Arbeitnehmer vor Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber in Betracht (vgl. Loth, GebrMG, 2. A., 2017, § 13 Rn. 46). Dies setzt aber – unabhängig von der Frage, ob im hiesigen Fall das ArbEG überhaupt Anwendung findet – voraus, dass eine Diensterfindung nach § 4 ArbEG vorliegt. Dies hat die Klägerin jedoch nicht schlüssig dargetan.
Laut § 4 Abs. 2 ArbEG sind Diensterfindungen gebundene Erfindungen, die während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemacht wurden und die entweder aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb oder in der öffentlichen Verwaltung obliegenden Tätigkeit entstanden sind (Auftragserfindung) oder maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes oder der öffentlichen Verwaltung beruhen (Erfahrungserfindung). Die Eigenschaft als Diensterfindung setzt voraus, dass die schöpferische Leistung des Arbeitnehmers in Abhängigkeit zum Arbeitsverhältnis gesehen werden muss (Bartenbach/Volz, ArbEG, 5. A., 2012, § 4 Rn. 9).
Da die Diensterfindung eine Erfindung ist, setzt sie generell voraus, dass der Arbeit-nehmer Erfinder oder zumindest Miterfinder ist. Miterfinder nach § 13 Abs. 3 i. V. m. § 6 S. 2 PatG ist nur, wer durch selbständige, geistige Mitarbeit zum Auffinden des Erfindungsgedankens einen schöpferischen Anteil beigetragen hat, ohne dass dieser selbst erfinderisch zu sein braucht (Schulte/Moufang, PatG, 9. A., 2014, § 6 Rn. 21). Kein Miterfinder ist derjenige, dessen Beitrag für die Lösung unwesentlich ist oder der nur die materiellen Voraussetzungen für die Erfindung geschaffen hat (wie der Arbeitgeber; Schulte/Moufang, PatG, 9. A., 2014, § 6 Rn. 21).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist eine schöpferische Leistung des Be-klagten bis zum Abschluss des Auseinandersetzungsvertrages vom 04.09.2014 nicht ersichtlich.
Es ist unstreitig, dass die Bitboxen generell von A bzw. C entworfen wurden und der Beklagte diesen Unternehmen gegenüber Aufgaben stellte. Ob in einer Aufgabenstellung eine schöpferische Leistung erblickt werden kann, hängt vom Einzelfall ab. In der E-Mail vom 05.09.2013, 18:16 (Anlage K 7.3), die sich lediglich in der Anfrage erschöpft, eine Bitbox anhand der angehängten Zeichnung zu entwickeln, ist eine eigene schöpferische Leistung jedenfalls nicht zu erkennen. In der früheren E-Mail vom 05.09.2013, 11:09 (Anlage K 7.1), ist lediglich eine Absichtsbekundung bezüglich der Entwicklung einer Bitbox zu sehen und daher ebenfalls keine eigenständige schöpferische Leistung bezüglich der Erfindung nach dem Vindikationsgebrauchsmuster.
Was die Unteransprüche 6 und 7 betrifft, so hat die Klägerin bereits nicht hinreichend dargelegt, wann die ihnen zugrunde liegende technische Lehre entstanden sein soll und insbesondere nicht, dass dies vor dem Datum des Auseinandersetzungsvertrages, dem 04.09.2014, geschehen sein soll. Festzuhalten ist jedenfalls, dass sich Zeichnungen, die der Fig. 3 des Vindikationsgebrauchsmusters entsprechen, der vorgelegten E-Mail-Korrespondenz (Anlagenkonvolut 7) nicht entnehmen lassen.
Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2017 vorgelegte Schriftsatz vom 24.03.2016 aus einem Verfahren vor dem Landgericht Wuppertal (Anlage K 24) samt Anlagen in Gestalt von Kopien der Anträge auf Tätigwerden der Zollbehörden (Anlagen K 25 und K 26) rechtfertigen keine andere Beurteilung. Aus den Ausführungen auf S. 8 f. des Schriftsatzes in Anlage K 24 folgt allenfalls, dass sich der Beklagte in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Wuppertal auch auf ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster beruft, das durch die Ver-öffentlichung „seines Gebrauchsmusters“ im Jahr 2014 entstanden sein soll. In der Liste der geltend gemachten Rechte im Antrag laut Anlage K 25 wird das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit dem Eintragungstag 11.08.2014 aufgeführt. Unter Nr. 12 des Antrags in Anlage K 25 heißt es weiter, das Schutzrecht basiere auf dem US Design Patent 502 927 XXX, das am 11.08.2014 veröffentlicht worden sei, also nicht auf dem Vindikationsgebrauchsmuster. In der Anlage zu dem Antrag wird die Abschrift dieses US-Schutzrechts beigefügt, die als Inhaber „M“ ausweist, also nicht den Beklagten.
Der Liste der geltend gemachten Rechte in Nr. 11 des Antrags laut Anlage K 25 ist ferner ein Urheberrecht zu entnehmen, zu dem es in Nr. 12 des Antrags heißt, dieses gehöre A, die Ausübung stehe dem Antragsteller ausschließlich zu. Korrespondierend hierzu heißt es in Nr. 3 des Antrags laut K 25, der Antragsteller mache die Rechte als Rechtsinhaber und zur Nutzung der Rechte des geistigen Eigentums berechtigte Person geltend. Damit machte der Beklagte – anders als die Klägerin vorträgt – kein eigenes Urheberrecht geltend, das die streitgegenständliche Bitbox betraf.
Der Antrag laut Anlage K 26 bezieht sich schließlich auf ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit Ablaufdatum 01.07.2018 (Nr. 11 der Liste der geltend gemachten Rechte), was einem Schutzrechtsbeginn in 2015 entsprechen würde, der nach dem Datum des Auseinandersetzungsvertrages vom 04.09.2014 liegt. In der Anlage zu diesem Antrag befindet sich zudem eine Schrift mit asiatischen Schriftzeichen mit einem vorangestellten Datenblatt in englischer Sprache. Als „Certification Number“ wird die „XXX“ genannt, also die Nummer, die die Klägerin mit dem B Geschmacksmuster in Verbindung gebracht hat und zu dem sie vorgetragen hat, dass die A als Inhaberin angegeben sei und Herr M N, der Geschäftsführer und Gesellschafter der A (Schriftsatz vom 18.01.2017, S. 10, und Anlage K 19), also jedenfalls nicht der Beklagte.
Im Zusammenhang mit den Unteransprüchen 6 und 7 gilt auch in diesem Kontext, dass Zeichnungen, die der Fig. 3 des Vindikationsgebrauchsmusters entsprechen, den Anlagen K 25 und K 26 ebenfalls nicht zu entnehmen sind.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aus Anlagen K 24 bis K 26 nicht auf eine (Mit )Erfinderstellung des Beklagten in Ansehung des Vindikationsgebrauchsmusters vor dem 04.09.2014 geschlossen werden kann, die zu einer Diensterfindung zugunsten der Klägerin führen würde.
II.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
III.
Der Streitwert wird auf 250.000 EUR festgesetzt.