I-2 U 5/13 – Fernsehempfänger

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2589

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 19. Januar 2017, Az. I-2 U 5/13

Vorinstanz: 4b O 176/11

I. Die Berufung gegen das am 18. Dezember 2012 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen mit der Maßgabe,

1. dass der Urteilsausspruch zu I. 1. (Unterlassung) infolge übereinstimmender Teil-Erledigungserklärung gegenstandslos ist

und

2. dass sich die Verurteilung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung (I. 2.), zum Rückruf (I. 3.), zur Vernichtung (I. 4) und zum Schadenersatz lediglich auf die Zeit bis zum 12. April 2015 erstreckt.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Kosten der Streithelferin trägt diese selbst.

III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 925.000,- € festgesetzt.
G r ü n d e :

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 679 AAA B1 (nachfolgend: Klagepatent) zuletzt auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach sowie – nur die Beklagte zu 2) – auf Rückruf und Vernichtung in Anspruch.

Das Klagepatent wurde am 12. April 1995 unter Inanspruchnahme der Priorität zweier US-Patentschriften vom 22. April 1994 in englischer Sprache angemeldet. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 25. Oktober 1995. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 31. Mai 2000 veröffentlicht. Das Klagepatent ist am 12. April 2015 durch Zeitablauf erloschen. Mit Urteil vom 22. März 2016 wies der Bundesgerichtshof eine durch die Beklagte zu 2) gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage ab. Hinsichtlich des Inhalts dieser Entscheidung wird auf die Anlage rop B 23 Bezug genommen.

Die Klägerin wurde am 23. Februar 2011 als Inhaberin des Klagepatents eingetragen. Zuvor war die B, Inc., in der Rolle als Patentinhaberin eingetragen. Diese übertrug des Klagepatent sowie alle damit verbundenen Rechte mit Vereinbarung vom 3. Februar 2011 an die Klägerin. Mit einer weiteren Vereinbarung vom 18. März 2011 wurden vorsorglich alle Ansprüche wegen Verletzung des Klagepatents von der inzwischen in Thomson, Inc. umfirmierten B, Inc., nochmals auf die Klägerin übertragen. Auf die Anlagen rop B 1 bis rop B 4a wird in diesem Zusammenhang ergänzend Bezug genommen.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Inverse transport processor with memory adress circuitry“ („Prozessor für inverse Übertragung mit Speicheradressenschaltung“). Sein hier allein streitgegenständlicher Patentanspruch 1 ist in der englischen Verfahrenssprache wie folgt gefasst:

„Apparatus for processing time division multiplexed packeted signal program components, respective packets including a program component payload and a header containing a signal component identifier SCID including

a source (11) of said time division multiplexed packeted signal; characterized by a common buffer memory (18); a plurality of program component processing apparatus (21-24) having respective input ports coupled to a data output port of said common buffer memory; a SCID detector (13-15) coupled to said source for detecting packets respectively identified by one of a plurality of predetermined SCID’s; means for applying respective payloads of packets identified by said plurality of predetermined SCID’s to a data input port said common buffer memory; addressing (17) circuitry responsive to detection of ones of said plurality of predetermined SCID’s for generating write addresses for storing respective program component payloads in respective blocks of said common buffer memory, and responsive to data requests from said plurality of program component processing apparatus for reading corresponding program component payloads from said respective blocks of said common buffer memory to the requesting processing apparatus.”

Und in der eingetragenen deutschen Übersetzung:

„Vorrichtung zum Verarbeiten von im Zeitmultiplex stehenden paketierten Signalpro-grammkomponenten, wobei jeweils Pakete ein Programmkomponenten-Nutzsignal und einen Header mit einem Signalkomponenten-Identifizierer SCID enthalten, enthaltend

eine Quelle (11) der im Zeitmultiplex stehenden paketierten Signale, gekennzeichnet durch einen gemeinsamen Pufferspeicher (18), eine Mehrzahl von Programmkompo-nenten verarbeitenden Vorrichtungen (21-24) mit jeweiligen Eingangsanschlüssen, die mit einem Daten-Ausgangsanschluss des gemeinsamen Pufferspeichers verbunden sind, einen mit der Quelle verbundenen SCID-Detektor (13-15) zum Detektieren von Paketen, die jeweils durch eines der Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s identifiziert werden, Mittel zum Zuführen jeweiliger Nutzsignale von Paketen, die durch die Mehr-zahl von vorbestimmten SCID’s identifiziert werden, zu einem Daten-Eingangs-anschluss des gemeinsamen Pufferspeichers, eine Adressierschaltung (17), die auf die Ermittlung eines der Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s anspricht und Schreibadres-sen zum Speichern der jeweiligen Nutzsignale der Programmkomponenten in jeweiligen Blöcken des gemeinsamen Pufferspeichers erzeugt und auf Datenanforderungen von der Mehrzahl von Programmkomponenten verarbeitenden Vorrichtungen anspricht, zum Lesen von entsprechenden Programmkomponenten-Nutzsignalen von den jeweiligen Blöcken des gemeinsamen Pufferspeichers zu der anfordernden Verar-beitungsvorrichtung.“

Die nachfolgend verkleinert wiedergegebenen Figuren 1 bis 3 der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Bei Figur 1 handelt es sich um eine bildliche Darstellung eines Paket-Fernsehsignals mit Zeitmultiplex.

Zu sehen ist ein Signalstrom mit Komponenten verschiedener Fernseh- oder interaktiver Programme. Die Pakete haben eine feste Länge. Pakete mit Buchstaben mit demselben Index bezeichnen Komponenten eines einzelnen Programms. Zum Beispiel stellen V1, A1 und D1 Video-, Audio- und Daten-Pakete des Programms 1 dar.

Die jeweiligen Pakete enthalten ein sogenanntes Präfix (Vorwort) und ein Nutzsignal, wie es in der nachfolgend eingeblendeten Figur 2 zu sehen ist:
Das Präfix dieses Beispiels enthält Bytes mit 8 bit mit fünf Feldern, von denen vier (P, BB, CF, CS) Felder mit 1 Bit sind und von denen eines (SCID) ein Feld mit 12 Bit ist. Das Feld SCID ist der Identifizierer für die Signalkomponente. Das Feld CF enthält eine Markierung zur Anzeige, ob das Nutzsignal des Pakets verschlüsselt oder verwürfelt ist. Im Feld CS findet sich eine Anzeige, welcher von zwei alternativen Entwürfelungscodes für die Entwürfelung der verwürfelten Pakete anzuwenden ist.

Schließlich handelt es sich bei Figur 3 um ein Blockschaltbild eines Empfängers zur Auswahl und Verarbeitung von Paketen von gemultiplexten Komponentensignalen.

Das Signal wird durch eine Antenne (10) erfasst und einem Tuner/Dekoder (11) zugeführt, der ein bestimmtes Frequenzband der empfangenen Signale extrahiert und ein komprimiertes Basisbandsignal in einem binären Format liefert. Dieses wird einem FEC-Decoder (12) zugeführt, der das empfangene Videosignal synchronisiert und einen Strom von Signalpaketen liefert, wie er in Figur 1 gezeigt ist. Empfangene Pakete von Audio-, Video- und Daten-Programmkomponenten für ein gewünschtes Programm müssen letztlich jeweiligen Audio- (23), Video- (22) bzw. Zusatzdaten (21, 24) -Signalprozessoren zugeführt werden. Die Daten werden mit einer relativ konstanten Rate empfangen, die Signalprozessoren benötigen jedoch normalerweise Eingangsdaten in Form von Paketen oder sog. Bursts. Das in Figur 3 gezeigte System leitet daher die jeweiligen Pakete zu vorbestimmten Speicherplätzen in dem Speicher (18). Die Audio-, Video- und Datenpakete werden in jeweils vorbestimmte Speicherplätze geladen, damit die Signalprozessoren einen bequemen, gepufferten Zugang zu den Komponentendaten erhalten. Damit die Nutzdaten der jeweiligen Komponentenpakete in den geeigneten Speicherbereichen geladen werden, sind die jeweiligen SCID-Komparatoren diesen Speicherbereichen zugeordnet.

Die Beklagten zu 1) und 2) bieten in der Bundesrepublik Deutschland an und vertreiben unter anderem in einem Fernsehgerät der Marke „C“ einen Fernsehempfänger (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), der auf der Hauptplatine einen MPEG-Demodulator/Decoder mit der Bezeichnung „D E“ besitzt. Die Streithelferin hat den Chip E an die Beklagte zu 1) verkauft und geliefert. Die Verarbeitung der empfangenen digitalen wie auch analogen Fernsehsignale und die konkrete Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform, insbesondere der Aufbau der Hauptplatine einschließlich der dort befindlichen Prozessoren, sind den Anlagen rop B 8 bis rop B 12 zu entnehmen. Auf die Anlagen wird Bezug genommen, wobei zum besseren Verständnis nachfolgend eine Strukturzeichnung des Chips D E Prozessors eingeblendet ist, welche von den Beklagten erstellt wurde.
Der empfangene DVB-Transportstrom (TS) wird einem PID-Filter zugeführt, der spezielle Audio- und Video-Transportstrompakete aus dem DVB-Transportstrom herausfiltert. Die Filterung erfolgt anhand der PID-Information, die im Header der DVB-Transportstrom-Pakete enthalten ist. Die gewünschten DVB-Transportstrom-Pakete werden als komplette Pakete in einem FIFO (First In First Out-Speicher) zwischengespeichert. Erreicht der FIFO (11) einen bestimmten Füllstand, gibt er ein Anfragesignal R11 aus, um einen Datentransfer zu einem AV TS Puffer (12) (Bereich des SDRAM) anzufragen. Der Datentransfer zu dem AV TS Puffer (12) und das Speichern der Daten darin werden von einem Anfragen-Verwalter (100) (Request Arbitrator) verwaltet, der Datentransfer-Anfragen priorisiert und abarbeitet. Die zum Speichern und Auslesen von Daten aus dem SDRAM benötigten Speicheradressen werden durch einen SDRAM-Adressgenerator (200) erzeugt, der von dem Anfragen-Verwalter (100) aufgerufen wird. Nach Freigabe durch den Anfragen-Verwalter (100) mittels des Freigabesignals E11 an den Baustein (111) werden die DVB-Transportstrom-Pakete an den AV TS Puffer (12) übertragen und dort gespeichert.

Der AV-Parser (13) empfängt die DVB-Transportstrompakete vom AV TS Puffer (12), indem er ein Anfragesignal R13 an den Anfragen-Verwalter (100) sendet, der wiederum den Datentransfer durch ein Freigabesignal E13 freigibt. Der AV-Parser (13) trennt die ankommenden Transportstrompakete anhand des Typs der PID-Information – Video- oder Audio-PID –, die im Header der DVB-Transportstrom-Pakete enthalten ist, in Audio- und Video-Transportstrom-Pakete. Sodann entfernt der AV-Parser (13) den Transportstrom-Header der Pakete, decodiert in der Transportstrom-Nutzlast den Paketheader des paketisierten Elementarstroms (PES) und extrahiert schließlich die Nutzlast-Daten aus den entsprechenden PES-Paketen. Diese Nutzlast-Daten sind die eigentlichen Audio- und Video-Elementarströme (ES) ohne Header, die anschließend vom AV-Parser (13) an einen entsprechenden Audio-FIFO-Speicher (15) oder einen Video-FIFO-Speicher (14) übertragen werden.

Die beiden FIFO-Speicher speichern den Video- bzw. Audio-Elementarstrom, der vom AV-Parser (13) ausgegeben wird. Bei Erreichen eines bestimmten Füllstandes geben sie ein Anfragesignal R14 und R15 an den Anfrage-Verwalter (100) aus, um einen Datentransfer an den ES-Puffer (16, 17) anzufragen. Der Anfrageverwalter (100) gibt den Datentransfer an den ES-Puffer (16, 17) mittels eines Freigabesignals E14/E15 frei und weist den SDRAM-Adressgenerator (200) an, entsprechende Speicheradressen bereitzustellen. Damit werden die Daten der FIFO-Speicher (14, 15) an die ES-Puffer (16, 17) übertragen und dort – getrennt nach Audio- und Videosignalen – abgelegt.

Zum Decodieren der Video-Daten des Video-Elementarstroms fragt der Video-Decoder (18) über ein Anfragesignal R18 an den Anfragen-Verwalter (100) nach weiteren Video-Daten aus dem Video-ES-Puffer (16) an. Der Anfragen-Verwalter (100) weist den SDRAM-Adressgenerator (200) an, die entsprechende Leseadresse bereitzustellen und gibt durch ein Freigabesignal E18 eine Datenübertragung vom Video-ES-Puffer (16) über den SDRAM-Datenbus an den Video-Decoder (18) frei, der den Video-Elementarstrom decodiert. Entsprechendes gilt für die Audio-Daten. Zum Decodieren der Audio-Daten des Audio-Elementarstroms fragt der Audio-Decoder (19) über ein Anfragesignal R19 an den Anfragen-Verwalter (100) nach weiteren Audio-Daten aus dem Audio-ES-Puffer (17) an. Der Anfragen-Verwalter (100) weist den SDRAM-Adressgenerator (200) an, die entsprechende Leseadresse bereitzustellen und gibt durch ein Freigabesignal E19 eine Datenübertragung vom Audio-ES-Puffer (16) über den SDRAM-Datenbus an den Audio-Decoder (19) frei, der den Audio-Elementarstrom decodiert.

Nach Auffassung der Klägerin stellen das Angebot und der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland eine Verletzung des Klagepatents dar, da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Patentanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäßen Gebrauch mache. Erfindungsgemäß sei es ausreichend, wenn die Vorrichtung über Mittel zum Zuführen von Nutzsignalen verfüge, eine Zuführung von Paketen sei nicht zwingend vorgesehen. So gehe bereits der Anspruchswortlaut von einer Zuführung jeweiliger Nutzsignale von Paketen aus. Dass im Anspruch davon die Rede sei, dass die Nutzsignale von Paketen durch die Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s identifiziert würden, bedeute nicht, dass die Pakete insgesamt übertragen werden müssten, obwohl die SCID’s in den Paketen enthalten seien. Die Adressierschaltung müsse weder selbst SCID’s ermitteln noch unmittelbar auf die Ermittlung von SCID’s ansprechen. Vielmehr genüge auch ein mittelbares Ansprechen. Schließlich sei es für eine Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre auch nicht erforderlich, dass die Speicherung der Nutzsignale in physisch getrennten Blöcken des Pufferspeichers erfolge.

Die Beklagten, die um Klageabweisung gebeten haben, haben eine Verletzung des Klagepatents bestritten und geltend gemacht, erfindungsgemäß müsse die Vorrichtung über Mittel verfügen, welche die Pakete selbst (und nicht lediglich Nutzsignale von Paketen) zuführen, da in diesen die SCID’s enthalten seien, die erfindungsgemäß identifiziert werden sollen, um sie einem Daten-Eingangsanschluss des gemeinsamen Pufferspeichers zuzuführen. Überdies müsse die erfindungsgemäße Vorrichtung jedenfalls auf unmittelbar SCID’s betreffende Informationen ansprechen, was bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall sei.

Mit Urteil vom 18. Dezember 2012 hat das Landgericht Düsseldorf eine Patentverletzung bejaht und wie folgt erkannt:

I. Die Beklagten werden – unter Abweisung der Klage im Übrigen – verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Vorrichtungen zum Verarbeiten von im Zeitmultiplex stehenden paketierten Signalprogrammkomponenten, wobei jeweils Pakete ein Programmkomponenten-Nutzsignal und einen Header mit einem Signalkomponenten-Identifizierer SCID enthalten und wobei der Signalstrom Signalpakete enthält, die Komponenten von mehreren verschiedenen Fernseh- oder interaktiven Fernsehprogrammen sind, enthaltend eine Quelle der im Zeitmultiplex stehenden paketierten Signale,

anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

wenn die Vorrichtungen enthalten

einen gemeinsamen Pufferspeicher, eine Mehrzahl von Programmkomponenten verarbeitenden Vorrichtungen mit jeweiligen Eingangsanschlüssen, die mit einem Datenausgangsanschluss des gemeinsamen Pufferspeichers verbunden sind, einen mit der Quelle verbundenen SCID-Detektor zum Detektieren von Paketen, die jeweils durch eines der Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s identifiziert werden, Mittel zum Zuführen jeweiliger Nutzsignale von Paketen, die durch die Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s identifiziert werden, zu einem Daten-Eingangsanschluss des gemeinsamen Pufferspeichers, eine Adressierschaltung, die auf die Ermittlung eines der Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s anspricht und Schreibadressen zum Speichern der jeweiligen Nutzsignale der Programmkomponenten in jeweiligen Blöcken des gemeinsamen Pufferspeichers erzeugt und auf Datenanforderungen von der Mehrzahl von Programmkomponenten verarbeitenden Vorrichtungen anspricht, zum Lesen von entsprechenden Programmkomponenten-Nutzsignalen von den jeweiligen Blöcken des gemeinsamen Pufferspeichers zu der anfordernden Verarbeitungsvorrichtung;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie, die Beklagten, die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 30. Juni 2000 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine in Kopie vorzulegen haben, wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

3. nur die Beklagte zu 2): die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 30. April 2006 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 0 679 AAA B1 erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagte zu 2) unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zusagt, und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

4. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum der Beklagten zu 2) befindlichen unter Ziffer I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten zu 2) an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 2) herauszugeben.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr bzw. vor dem 23. Februar 2011 der B, Inc., durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 30. Juni 2000 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagten verletzten das Klagepatent, da die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von dessen technischer Lehre Gebrauch mache.

Erfindungsgemäß reiche es aus, wenn zu einem Daten-Eingangsanschluss des gemeinsamen Pufferspeichers lediglich Nutzsignale von Paketen zugeführt würden. Auf die Zuführung paketisierter Nutzsignale komme es demgegenüber nicht an. Zugeführt müsse nur das werden, was letztlich im Pufferspeicher gespeichert werden solle, also die Nutzsignale der Programmkomponenten. Soweit die Nutzsignale durch „die Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s identifiziert werden“ sollen, würden dadurch nur die Nutzsignale konkretisiert, die dem gemeinsamen Pufferspeicher zugeführt werden sollen.

Des Weiteren lasse es der streitgegenständliche Patentanspruch offen, wie das Ansprechen der Adressierschaltung auf die Ermittlung eines der Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s erfolgen solle. Insbesondere sehe der Anspruch nicht vor, dass die Adressierschaltung selbst SCID’s ermittle, um Schreibadressen zu erzeugen, die durch eine Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s identifiziert worden seien. Zudem lege sich der Anspruch auch nicht fest, ob das Ansprechen unmittelbar oder lediglich in Folge der Ermittlung eines der Mehrzahl vorbestimmter SCID’s erfolge. Es fehle sowohl an einer konkreten Regelung, ob ein direktes oder indirektes Ansprechen erfolgen müsse, als auch hinsichtlich der Art und Weise des Ansprechens. Mit dem Ansprechen der Adressierschaltung sei das Ziel verbunden, Schreibadressen zu erzeugen. Die Nutzsignale sollten entsprechend ihres Typs – Audio oder Video – in den jeweiligen Blöcken des gemeinsamen Pufferspeichers gespeichert werden. Es werde daher eine Speicheradresse erzeugt, um ein Speichern in einem bestimmten Bereich des Pufferspeichers zu ermöglichen. Die ermittelten SCID’s würden dann über den Speicherort in den unterschiedlichen, dem Nutztyp zugeordneten Speicherblöcken entscheiden. Ein technischer Grund, weshalb der Adressierschaltung die SCID’s selbst zugeleitet werden müssten, um sie zu verwerten, sei nicht zu erkennen. Das Erzeugen von Speicherorten sei technisch auch gewährleistet, wenn bei der Adressierschaltung nur solche Nutzsignale ankommen, die aus Paketen stammen, die anhand ihrer SCID’s andernorts identifiziert worden seien. Entscheidend für den Speicherort sei der Nutzsignaltyp und nicht die konkrete SCID.

Überdies sei es für eine Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre auch nicht zwingend erforderlich, dass „die Blöcke des gemeinsamen Pufferspeichers“ auf einem physisch einheitlichen Speicher vorliegen. Es sei daher auch ausreichend, wenn die jeweiligen Blöcke auf verschiedenen Speicherbänken desselben gemeinsamen Pufferspeichers angeordnet seien. In dem streitgegenständlichen Patentanspruch sei lediglich die Rede von jeweiligen Blöcken des gemeinsamen Pufferspeichers. Die Anordnung der Blöcke in dem gemeinsamen Pufferspeicher und dessen Ausgestaltung würden mangels weiterer Angaben im Anspruchswortlaut dem Fachmann überlassen bleiben.

Schließlich sehe der streitgegenständliche Patentanspruch auch lediglich das Lesen von Nutzsignalen, nicht aber von Daten in Form von Paketen vor.

Davon ausgehend mache die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Diese verfüge unstreitig über Mittel zum Zuführen von Nutzsignalen. Die Adressierschaltung der angegriffenen Ausführungsform seien der Anfragen-Verwalter und der SDRAM-Adressgenerator. Diese würden – mittelbar – auf die Ermittlung eines der Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s durch den PID Schreibadressen zum Speichern der jeweiligen Nutzsignale erzeugen. Anhand der PID stelle der AV-Parser fest, ob es sich um Video- oder Audiodaten handele, trenne die Audio- und Video-Transportstrompakete und leite diese an den Video- und den Audio-FIFO weiter. Diese würden ein Anfragesignal an den Anfragen-Verwalter senden, sobald genügend Daten in ihnen gespeichert seien. Der Anfragen-Verwalter weise den SDRAM-Adressgenerator an, je nach Komponententyp geeignete Schreibadressen in jeweiligen Blöcken des gemeinsamen Pufferspeichers zu erzeugen. Entsprechend habe die Klägerin in den durch sie als Anlage rop B 16 gezeigten Messungen dargelegt, dass die Video-Signale bei der angegriffenen Ausführungsform in den Speicherreihen mit den Adressen 0x208 bis 0x252 und die Audio-Signale in den Speicherreihen mit den Adressen 0x2FE bis 0x302 gespeichert würden. Damit würden die PID’s (SCID’s) bei der angegriffenen Ausführungsform zwar nicht unmittelbar von der Adressierschaltung zur Erzeugung von Schreibadressen verwendet. Über den Umweg AV-Parser und Video- bzw. Audio-FIFO erhalte die Adressierschaltung jedoch die aus den PID’s abgeleiteten Informationen, um Schreibadressen zu erzeugen und eine entsprechende Speicherung vorzunehmen. Schließlich würden die Datenanforderungen von der Mehrzahl von Vorrichtungen bei der angegriffenen Ausführungsform in Form der Anfragesignale R18 (Video-Decoder) bzw. R19 (Audio-Decoder) vorliegen.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 23. Januar 2013 Berufung eingelegt, mit der sie ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Begehren auf Klageabweisung weiter verfolgen.

Sie wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen geltend:

Soweit das Landgericht ein indirektes/mittelbares Ansprechen der Adressierschaltung auf die SCID-Ermittlung durch den SCID-Detektor ausreichen lasse, könne auf der Grundlage dieser Auslegung nur die „Teilaufgabe 1“ des Klagepatents (Nutzung des gemeinsamen Speichers/Reduzierung der Speichergröße), nicht aber die „Teilaufgabe 2“ (Reduzierung der Speicherverwaltungsschaltung) gelöst werden. Anspruchsgemäß müsse die Adressierschaltung selbst auf die Ermittlung von vorbestimmten SCID’s ansprechen, um bestimmte Speicheradressen festzulegen. Die Adressierschaltung müsse also selbst SCID’s ermitteln oder selbst SCID’s erhalten und diese Informationen entsprechend zur Erzeugung von Speicheradressen verwenden. Im Übrigen würden dem Daten-Eingangsanschluss nach der technischen Lehre des Klagepatents lediglich paketisierte Nutzsignale zugeführt, durch die Adressierschaltung anhand der SCID’s identifiziert und im gemeinsamen Pufferspeicher abgelegt.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts vom 18. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Streitverkündete hat sich den Anträgen der Beklagten angeschlossen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sich die Verurteilung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung (I. 2.), zum Rückruf (I. 3.), zur Vernichtung (I. 4) und zum Schadenersatz lediglich auf die Zeit bis zum 12. April 2015 erstreckt.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien den Rechtsstreit im Umfang des Unterlassungsanspruchs übereinstimmend – mit wechselseitigen Kostenanträgen – für erledigt erklärt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht im Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland eine wortsinngemäße Benutzung des Klagepatents gesehen und die Beklagten wegen unmittelbarer Patentverletzung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung, zum Schadenersatz und – nur die Beklagte zu 2) – zum Rückruf und zur Vernichtung verurteilt. Der Klägerin stehen entsprechende Ansprüche aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB zu.

1.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Verarbeiten von Datenpaketen für Programmkomponenten aus einem Paket-Videosignal und zum Extrahieren entsprechender Nutzsignale aus verschiedenen Programm-Signalkomponenten. Dabei umfasst die Erfindung eine Vorrichtung zur Adressierung und zur Verwendung eines gemeinsamen Übertragungs-Pufferspeichers.

Für die Übertragung von Fernsehsignalen können komprimierte Videosignale im Wege des Multiplexens in Paketen übertragen werden, die auch eine gewisse Fehlerkorrektur ermöglichen. Nach den einleitenden Ausführungen in der Klagepatentschrift übertragen und verarbeiten die beispielsweise aus der US-A-5 168 AAB und der US-A-5 289 AAC bekannten Lösungen jeweils ein einziges Fernsehprogramm, wenngleich auch mit mehreren Programmkomponenten. Diese Systeme verwenden Prozessoren für eine inverse Übertragung, um die Videosignalkomponente der jeweiligen Programme für eine weitere Verarbeitung zu extrahieren und die Videokomponente für eine Wiedergabe aufzuarbeiten. Während in der US-A-5 289 AAC nur die Verarbeitung der Videosignalkomponente beschrieben wird, offenbart die US-A-5 168 AAB einen Prozessor für eine inverse Übertragung, der andere Programmkomponenten mit einem einfachen, auf sog. Paket-Header-Daten ansprechenden und die jeweiligen Signalkomponenten unterscheidenden Demultiplexer trennt. Die abgetrennte Videokomponente wird einem Pufferspeicher zugeführt, während die übrigen Signalkomponenten direkt ihrer jeweiligen Verarbeitungsschaltung zugeführt werden (Anlage rop B 6, S. 2).

Des Weiteren ist es aus dem Stand der Technik (US-A 4 233 AAD) bekannt, mit den Fernsehsignalen einen Code zu übertragen, um eine interaktive Programmierung durchzuführen. Dieser Code wird im Allgemeinen in einem einem Fernsehempfänger zugeordneten Computer verarbeitet oder durchgeführt. Schließlich ist es im Stand der Technik (WO 94/14AAE) auch bekannt, die verschiedenen Speicheraufbauten mit unterschiedlicher Zeitdauer zum Unterscheiden von Fernsehprogramm-Informationen zu verwenden (Anlage rop B 6, S. 2 unten).

Wie der Fachmann der Klagepatentschrift weiter entnimmt, bedarf es bei Anwendungen, bei denen die meisten Programmkomponenten komprimiert sind, einer gewissen Pufferung zwischen dem Übertragungskanal und der der jeweiligen Komponentenverarbeitung (Dekomprimierung) dienenden Vorrichtung. Es ist daher wünschenswert, die meisten, wenn nicht alle Bauteile mit dem Pufferspeicher zu verbinden. Allerdings können die Datenraten verschiedener Programmkomponenten ebenso wie innerhalb der jeweiligen Komponenten sehr unterschiedlich sein, weshalb es vorteilhaft sein kann, jede Komponente getrennt zu puffern, wodurch sich jedoch die Kosten eines Empfängersystems nennenswert erhöhen können. Es ist daher vorteilhaft, denselben Pufferspeicher für die Pufferung der verschiedenen Programmkomponenten zu verwenden (Anlage rop B 6, S. 2 oben).

Vor dem geschilderten Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, einen reziproken Transportprozessor mit einem verbesserten Pufferspeicher und geringeren Herstellungskosten bereitzustellen.

Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 in der streitgegenständlichen Fassung eine Kombination der folgenden Merkmale vor:

1. Vorrichtung zum Verarbeiten von im Zeitmultiplex stehenden paketierten Programmkomponentensignalen.

a) Der Signalstrom enthält Signalpakete, die Komponenten von mehreren verschiedenen Fernseh- und interaktiven Programmen sind.
b) Die Pakete enthalten jeweils ein Programmkomponenten-Nutzsignal und einen Header mit einer Signalkomponentenkennung (SCID).
2. Die Vorrichtung umfasst:

2.1 eine Signalquelle (11),
2.2 einen gemeinsamen Pufferspeicher (18),
2.3 eine Mehrzahl von Einrichtungen (21-24), die Programmkomponenten verarbeiten, wobei die Einrichtungen (21-24)

2.3.1 mit Dateneingängen versehen sind,
2.3.2 die mit einem Datenausgang des Pufferspeichers (18) verbunden sind,

2.4. einen SCID-Detektor (13-15),

2.4.1 der mit der Signalquelle (11) verbunden ist,
2.4.2 zur Erfassung von Paketen, die durch eine von mehreren vorbestimmten Kennungen (SCID) identifizierbar sind,

2.5 Mittel zum Zuführen der durch die Kennung (SCID) identifizierten Nutzsignale der Pakete zu einem Dateneingang eines Pufferspeichers,

2.6 eine Adressierschaltung (17), die

2.6.1 in Reaktion auf die Erfassung einer Kennung (SCID) eine Schreibadresse erzeugt, um die jeweiligen Programmkom-ponenten-Nutzsignale in einem entsprechenden Block des Pufferspeichers abzulegen;
2.6.2 in Reaktion auf Datenanforderungen der Einrichtungen, die Programmkomponenten verarbeiten, entsprechende Pro-grammkomponenten-Nutzsignale aus den Pufferspeicher-blöcken ausliest und der anfordernden Einrichtung zuleitet.

b)
Der streitgegenständliche Patentanspruch stellt eine Vorrichtung zum Verarbeiten von im Zeitmultiplex stehenden paketierten Programmkomponentensignalen unter Schutz, wobei die Pakete jeweils ein Programmkomponenten-Nutzsignal und einen Header mit einer Signalkomponentenkennung (SCID) enthalten. Unter Programmkomponenten versteht das Klagepatent die unterschiedlichen Signaltypen, die in einem Fernsehsignal zusammengefasst sein können, insbesondere Video-, Audio- und Programmdaten (vgl. Anlage rop B 6, S. 4 unten i.V.m. Figur 1; BGH, Anlage rop
B 23, S. 8 Rz. 11). Jeweils einer diese Signaltypen stellt eine Programmkomponente dar. Da der Signalstrom nach Merkmal 1 a) des streitgegenständlichen Patentanspruchs Signalpakete enthält, die Komponenten von mehreren Fernseh- und interaktiven Programmen sind, muss die Vorrichtung somit in der Lage sein, einen entsprechenden Signalstrom mit mehreren Fernseh- und interaktiven Programmen zu verarbeiten. Die Pakete und Signale selbst sind kein Teil der beanspruchten technischen Lehre, so dass die unter Schutz gestellte Vorrichtung lediglich geeignet sein muss, die in Merkmal 1 b) genannten Pakete zu verarbeiten (so auch BGH, Anlage rop
B 23, S. 7 unten – S. 8 oben, Rz. 10).

Mit der näheren technischen Gestaltung der beanspruchten Vorrichtung beschäftigt sich die Merkmalsgruppe 2. Danach umfasst die Vorrichtung eine nicht näher bestimmte Signalquelle (11), einen gemeinsamen Pufferspeicher (18), eine Mehrzahl von Programmkomponenten verarbeitenden Einrichtungen (21-24), einen SCID-Detektor (13-15), eine Adressierungsschaltung (17) sowie Mittel zum Zuführen der durch die Kennung (SCID) identifizierten Nutzsignale der Pakete zu einem Dateneingang eines Pufferspeichers.

Den Hintergrund dieser Anordnung verdeutlichen die Figuren 1 und 2 nebst der dazugehörigen Beschreibung. Danach besteht der Signalstrom aus einer Vielzahl von Paketen unterschiedlicher Komponenten von mehreren verschiedenen Programmen. Damit die jeweiligen Pakete unterschieden werden können, enthält jedes Paket neben dem eigentlichen Nutzsignal, also etwa den Video- oder Audiodaten, ein so genanntes Präfix, welches unter anderem die SCID enthält. Die SCID identifiziert dabei die jeweilige Signalkomponente (vgl. Anlage rop B 6, S. 5 Mitte). Mit anderen Worten lässt sich aus der SCID ablesen, welches Nutzsignal sich in dem jeweiligen Paket findet, ob dieses etwa Videodaten des Programms A oder Audiodaten des Programms B enthält.

Damit die in den jeweiligen Paketen enthaltenen Informationen richtig verarbeitet und damit letztlich der richtigen, die jeweilige Programmkomponente verarbeitenden Einrichtung (Merkmal 2.3), die beispielsweise das Video- oder das Audiosignal für eine Wiedergabe im Fernsehgerät dekomprimiert und decodiert (vgl. BGH, Anlage rop
B 23, S. 8, Rz. 12), zugeordnet werden können, müssen die jeweiligen SCID‘s ausgelesen und die entsprechenden Pakete davon ausgehend identifiziert werden. Diese Aufgabe übernimmt bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung der SCID-Detektor (13-15), der im streitgegenständlichen Patentanspruch lediglich dahingehend beschrieben ist, dass er mit der Signalquelle verbunden und in der Lage sein soll, die jeweiligen Pakete anhand ihrer SCID zu identifizieren. Die weitere technische Gestaltung des SCID-Detektors stellt Patentanspruch 1 demgegenüber in das Belieben des Fachmanns.

Den Kern der Erfindung bildet der in den Merkmalsgruppen 2.5 und 2.6 angesprochene Pufferspeicher. Bei Anwendungen, bei denen die meisten Programmkomponenten komprimiert sind, wird eine gewisse Pufferung zwischen dem Übertragungskanal und der jeweiligen Komponentenverarbeitung (die Dekomprimierung) benötigt (vgl. Anlage rop B6, S. 2 oben). Da die Datenraten der einzelnen Programmkomponenten ebenso unterschiedlich sind wie innerhalb der jeweiligen Komponenten, sollten die jeweiligen Komponenten möglichst getrennt gepuffert werden. Die naheliegendste Lösung, für jede Programmkomponente einen eigenen Pufferspeicher vorzusehen, erhöht jedoch die Kosten des Empfängersystems (vgl. Anlage rop B 6, Seite 2 oben), weshalb patentgemäß lediglich ein Pufferspeicher vorgesehen ist, in dem die Nutzsignale aller Programmkomponenten gespeichert werden. Dementsprechend sollen die Daten einem gemeinsamen Pufferspeicher-Dateneingangsanschluss zugeführt werden (vgl. Merkmal 2.5: „Mittel zum Zuführen der … Nutzsignale … zu einem Dateneingang eines Pufferspeichers“; vgl. Anlage rop B 6, S. 2 unten).

Das Ablegen der Nutzsignale im Pufferspeicher (vgl. Merkmal 2.6.1) erfolgt jeweils in zusammenhängenden Blöcken, deren Lage im Pufferspeicher vorbestimmt ist und in die jeweils die Nutzsignale einer Programmkomponente gespeichert werden. Die dahingehende Beschreibung in der Zusammenfassung der Erfindung (vgl. Anlage rop
B 6, S. 3 oben) zeigt nicht lediglich eine besondere Ausgestaltung der beanspruchten Vorrichtung auf, sondern stellt eine Konkretisierung der im Patentanspruch angesprochenen jeweiligen Programmkomponenten-Nutzsignale dar, die in entsprechenden Blöcken gespeichert werden. Das Ablegen der Nutzsignale vollzieht sich demnach in jeweils zusammenhängenden Speicherbereichen, die homogen anhand ihrer Zuordnung zu ihrer Programmkomponente belegt werden, so dass für jede Programmkomponente jeweils ein bestimmter Speicherbereich als Block besteht (so auch BGH, Anlage rop B 23, S. 8, Rz.14).

Welche Informationen im Pufferspeicher gespeichert werden sollen, erschließt sich mit Blick auf Merkmal 2.5, nämlich die durch die Kennung (SCID) identifizierten Nutzsignale der Pakete („means for applying respective payloads of packets identified by said plurality of predetermined SCID‘s…“). Anders, als aus der insoweit etwas missverständlichen eingetragenen deutschen Übersetzung („Mittel zum Zuführen jeweiliger Nutzsignale von Paketen, die durch die Mehrzahl von vorbestimmten SCID’s identifiziert werden, zu einem Daten-Eingangsanschluss…“), geht aus der für die Auslegung des streitgegenständlichen Patentanspruchs maßgeblichen englischen Fassung (Art. 70 EPÜ, vgl. BGH GRUR 2004, 407, 411 – Fahrzeugleitsystem) deutlich hervor, dass die Nutzsignale lediglich anhand ihrer SCID’s identifiziert werden müssen, es jedoch keiner zwingenden Identifizierbarkeit im Zeitpunkt der Zuführung der jeweiligen Nutzsignale zum Daten-Eingangsanschluss des gemeinsamen Pufferspeichers bedarf. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr, dass die jeweiligen Nutzsignale im Zeitpunkt der Zuführung bereits identifiziert wurden.

Davon ausgehend vermag der Senat der Auffassung der Beklagten, nach der technischen Lehre des Klagepatents dürften dem Daten-Eingangsanschluss des Pufferspeichers lediglich paketisierte Nutzsignale zugeführt werden, nicht zu folgen. Ein Hinweis darauf, dass dem Pufferspeicher lediglich paketisierte Nutzsignale zugeführt und dort abgespeichert werden sollen, findet sich in Patentanspruch 1 nicht. Dieser stellt vielmehr ausdrücklich auf die Zuführung der Nutzsignale der (anhand ihrer SCID identifizierten) Pakete ab. Der Zuführung ganzer Pakete, die neben dem Nutzsignal auch eine SCID aufweisen, bedarf es nach dem klaren Wortlaut des Patentanspruchs demgegenüber nicht. Patentanspruch 1 steht vielmehr im Einklang mit der allgemeinen Beschreibung der Erfindung. Danach enthält das System eine Vorrichtung zum selektiven Extrahieren gewünschter Nutzsignale aus Daten für Programmkomponenten und zum Zuführen dieser Daten zu einem gemeinsamen Pufferspeicher-Dateneingangsanschluss (vgl. Anlage rop B 6, Seite 2 unten). Auch die allgemeine Patentbeschreibung geht daher davon aus, dass die entsprechenden Nutzsignale (und damit etwa die Video- und Audiodaten) dem Pufferspeicher zugeführt werden.

Dass das Klagepatent im Zusammenhang mit der in Figur 3 gezeigten Gestaltung davon spricht, empfangene Pakete von Audio-, Video- oder Daten-Programmkompo-nenten für ein gewünschtes Programm müssten letztlich jeweiligen Audio-, Video-, bzw. Zusatzdaten-Signalprozessoren zugeführt werden, rechtfertigt keine andere Bewertung. Zwar ist die Patentschrift in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen und der Patentanspruch im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in der Beschreibung und der bildlichen Darstellung in der Zeichnung ergeben (BGHZ 189, 330 = GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; GRUR 2015, 972, 974 – Kreuzgestänge). Patentschriften stellen im Hinblick auf die dort verwendeten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar. Weichen diese vom allgemeinen Sprachgebrauch ab, ist letztlich nur der sich aus der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgeblich (BGH, GRUR 2015, 875, 876 – Rotorelemente; BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (BGHZ 189, 330 = GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; BGH, GRUR 2015, 972, 974 – Kreuzgestänge). Dafür besteht vorliegend jedoch kein Bedürfnis. Vielmehr lässt sich das Ausführungsbeispiel ohne Weiteres mit dem vorstehend erläuterten Verständnis des Patentanspruchs in Einklang bringen. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, schließt es der streitgegenständliche Patentanspruch nicht aus, dass die die Audio-, Video- oder Daten-Programmkomponenten enthaltenden Pakete einschließlich des Headers mit einer Signalkomponenten-Identifizierer SCID übertragen werden, solange nur dem Dateneingang des Pufferspeichers zumindest auch die Nutzsignale der Pakete zugeführt werden. Insoweit handelt es sich lediglich um eine Mindestvoraussetzung. Solange dem Dateneingang des Pufferspeichers zumindest auch die Nutzsignale der Pakete zugeführt werden, führt die Speicherung ganzer Datenpakete aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus.

Damit die entsprechenden Programmkomponenten-Nutzsignale jeweils an der richtigen Stelle im gemeinsamen Pufferspeicher abgelegt werden, bedarf es einer Adressierschaltung (17). Diese wird in Patentanspruch 1 lediglich funktional dahingehend umschrieben, dass sie in Reaktion auf die Erfassung einer Kennung (SCID) eine Schreibadresse erzeugt, um die jeweiligen Programmkomponenten-Nutzsignale in einem entsprechenden Block des Pufferspeichers abzulegen („responsive to detection of ones of said plurality of predetermined SCID’s for generating write adresses for storing respective programm component payloads in respective blocks of said common buffer memory“, Merkmal 2.6.1). Darüber hinaus soll die adressierte Schaltung in Reaktion auf Datenanforderungen der Programmkomponenten verarbeitenden Einrichtungen entsprechende Programmkomponenten-Nutzsignale aus den Pufferspeicherblöcken auslesen und der anfordernden Einrichtung zuleiten („responsive to data requests from said plurality of program component processing apparatus for reading corresponding program component payloads from said respective blocks of said common buffer memory to the requesting processing apparatus“, Merkmal 2.6.2). Ist die adressierte Schaltung in der Lage, diese ihr anspruchsgemäß zugewiesenen Funktionen zu erfüllen, steht die weitere technische Ausgestaltung der entsprechenden Schaltung im Belieben des Fachmanns.

Wie der Fachmann Merkmal 2.6.1 entnimmt, soll die Adressierschaltung die Schreibadresse in Reaktion auf die Erfassung einer Kennung (SCID) („responsive to detection of ones of said plurality of predetermined SCID’s“) erzeugen. Dies bedeutet zunächst erst einmal nur, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der erfassten Kennung (SCID) und der jeweils erzeugten Schreibadresse bestehen muss. Wurde dementsprechend beispielsweise die zu einer bestimmten Audiokomponente gehörende SCID identifiziert, wird eine Speicheradresse aus dem Bereich des Pufferspeichers generiert, welche der entsprechenden Audiokomponente zugewiesen ist. Die anschließende Erfassung einer, einer bestimmten Videokomponente zugewiesenen SCID führt zur Zuweisung einer Speicheradresse in dem dieser Videokomponente zugewiesenen Bereich des Pufferspeichers. Da die beanspruchte Vorrichtung neben der Adressierschaltung auch über einen SCID-Detektor verfügt, ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte klar, dass die Adressierschaltung zwar ebenfalls die SCID – soweit vorhanden – erfassen kann, aber nicht muss. Denn andernfalls wäre der SCID-Detektor überflüssig. Für eine Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre ist es daher ausreichend, dass die Schreibadresse nicht beliebig, sondern als Reaktion auf die Erfassung einer bestimmten SCID-Kennung zugewiesen wird.

Nähere Vorgaben zur Ausgestaltung dieser „Reaktion“ und damit hinsichtlich der Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen der Ermittlung der SCID und der anschließenden Zuweisung der entsprechenden Schreibadresse sucht der Fachmann in Patentanspruch 1 demgegenüber vergebens. Dies gilt sowohl für die Frage, ob es einer direkten oder indirekten Reaktion bedarf, als auch hinsichtlich der Art und Weise der Reaktion und der entsprechenden Umsetzung. Die jeweils ermittelten SCID‘s müssen deshalb lediglich ursächlich für die jeweils zugewiesenen Schreibadressen sein. Da die SCID‘s jeweils die in dem entsprechenden Paket enthaltenen Nutzdaten identifizieren, ist sichergestellt, dass die entsprechenden Nutzdaten in dem der jeweiligen Programmkomponente zugewiesenen Bereich des Pufferspeichers abgelegt werden. Einer Erfassung der SCID‘s durch die Adressierschaltung bedarf es dafür ebenso wenig wie eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Erfassung der SCID‘s und der Erzeugung der jeweiligen Speicheradresse durch die Adressierschaltung oder der Abspeicherung der SCID‘s im Pufferspeicher. Nach der beanspruchten technischen Lehre steht es daher im Belieben des Fachmanns, ob auch die Adressierschaltung die SCID‘s erfassen kann oder nicht. Soweit in der in Figur 3 gezeigten Ausgestaltung in der Adressierschaltung SCID-Komparatoren vorgesehen sind (vgl. Anlage rop B 6, S. 7 unten), handelt es sich dabei um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel. Hierauf darf die Erfindung jedoch nicht reduziert werden (vgl. BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe; GRUR 2012, 1242 – Steck-verbindung).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine einschränkende Auslegung des streitgegenständlichen Patentanspruchs schließlich auch nicht vor dem Hintergrund der auf Seite 2 der Übersetzung des Klagepatents (vgl. Anlage rop B 6, S. 2, 2. Absatz) formulierten Aufgabe geboten. Zwar sollen danach die Speichergröße und die Verarbeitungsschaltung minimiert werden, um möglichst niedrige Verbrauchskosten zu erzielen. Daraus lässt sich jedoch nicht der allgemeine Schluss ziehen, der gesamte, mit der Speicherung verbundene Schaltungsaufwand solle möglichst klein gehalten werden. Vielmehr wird die Aufgabe in der weiteren Patentbeschreibung dahingehend konkretisiert, dass derselbe Speicher und dieselbe Speicher-Verwaltungsschaltung für die Pufferung der Programmkomponenten, die Unterbringung des Prozessors und die interaktiven Funktionen Verwendung finden sollen (vgl. S. 2, 2. Absatz a. E.). Vor diesem Hintergrund hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass allein die Zuführung lediglich mittelbarer Informationen über die detektierten SCID’s keine Vergrößerung der Speicherschaltung für die Pufferung zur Folge hat. Diese entspricht vielmehr in ganz wesentlichem Umfang einer Schaltung, bei der die Adressierschaltung unmittelbar auf die Ermittlung von SCID’s anspricht. Dass allein ein von der Adressierschaltung getrennter SCID-Detektor der angestrebten Minimierung der Verarbeitungschaltung nicht entgegenstehen kann, lässt sich unmittelbar Patentanspruch 1 entnehmen, welche den SCID-Detektor als eigenständiges Bauteil erwähnt. Dass der SCID-Detektor und die Adressierschaltung nicht zwingend in einer einzigen integrierten Schaltung enthalten sein müssen, erschließt sich im Übrigen ohne Weiteres den Ausführungen am Ende der Klagepatentbeschreibung, wonach es nützlich (und damit nicht zwingend) ist, den SCID-Detektor und die Adressierschaltung neben weiteren Bauteilen in einer einzigen Schaltung vorzusehen (vgl. Anlage rop B 6, S. 25 unten).

2.
Vor diesem Hintergrund ist das Landgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.

a)
Zu Recht ist zwischen den Parteien die Verwirklichung der Merkmale 1 bis 2.4.2 nicht umstritten, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

b)
Dass die angegriffene Ausführungsform auch über Mittel zum Zuführen der durch die Kennung (SCID) identifizierten Nutzsignale der Pakete zu einem Dateneingang eines Pufferspeichers verfügt (Merkmal 2.5), liegt unter Zugrundlegung des vorstehend im Einzelnen erläuterten Verständnisses des streitgegenständlichen Patentanspruchs auf der Hand. Denn bei der angegriffenen Ausführungsform werden die Daten der FIFO-Speicher (14, 15) an die ES-Puffer (16, 17) übertragen und dort getrennt nach Audio- und Videosignalen gespeichert. Dass es sich bei den so übertragen und abgespeicherten Daten um Audio- und Video-Elementarströme (ES) ohne Header (und damit insbesondere auch ohne eine SCID) handelt, steht einer Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre nicht entgegen. Hierfür reicht, wie der Senat bereits im Einzelnen ausgeführt hat, auch die bloße Zuführung reiner Nutzdaten der Pakete.

c)
Entgegen der Auffassung der Beklagten verfügt die angegriffene Ausführungsform auch über eine Adressierschaltung, die in Reaktion auf die Erfassung einer Kennung (SCID) eine Schreibadresse erzeugt, um die jeweiligen Programmkomponenten-Nutzsignale in einem entsprechenden Block des Pufferspeichers abzulegen (Merkmal 2.6 und 2.6.1). Bei der angegriffenen Ausführungsform trennt der AV-Parser (13) die ankommenden Transportstrompakete anhand des Typs der PID – Video- oder Audio-PID –, die jeweils im Header der DVB-Transportstrompakete enthalten ist, in Audio- und Videostrompakete. Nachdem der AV-Parser (13) den Transportstrom-Header der Pakete entfernt, den Paketheader des paketisierten Elementarstroms (PES) decodiert und schließlich die Nutzlast-Daten aus den entsprechenden PES-Paketen extrahiert hat, werden diese Nutzlast-Daten an einen entsprechenden Audio- oder Video-FIFO-Speicher (14, 15) übertragen. An welchen FIFO-Speicher die Übertragung erfolgt, richtet sich demnach nach der jeweiligen PID. Die beiden FIFO-Speicher speichern den vom AV-Parser ausgegebenen Audio- bzw. Videostrom. Beim Erreichen eines bestimmten Füllstandes geben sie ein Anfragesignal (R14,
R15) an den Anfrage-Verwalter (100) aus, der den Datentransfer an die ES-Puffer (16, 17) freigibt und den SDRAM-Adressgenerator (200) anweist, entsprechende Speicheradressen bereitzustellen. Damit werden die Daten der FIFO-Speicher (14, 15) an die ES-Puffer (16, 17), welche bereits das Landgericht zutreffend als Pufferspeicher im Sinne des Klagepatents angesehen hat, übertragen und dort getrennt nach Audio- und Video-Daten abgelegt. Da der Anfrage-Verwalter (100) ebenso wie der SDRAM-Adressgenerator auf die Übertragung eines bestimmten R-Signals (R14: Video-FIFO; R15: Audio-FIFO) reagieren und die Speicheradresse demnach davon abhängt, ob ein Signal des Video- oder des Audio-FIFO eingeht, erzeugt damit die Adressierschaltung die Schreibadresse in Reaktion auf die Erfassung einer Kennung (SCID). Wurde eine Video-PID erkannt, wird der Video-Elementarstrom an einen Video-FIFO übertragen und erhält dementsprechend eine Speicheradresse im Video-ES zugewiesen. Liegt demgegenüber eine Audio-PID vor, erfolgt die Übertragung des Audio-Elementarstroms an einen Audio-FIFO, woraufhin eine Speicheradresse im Audio-ES zugewiesen hat. Die Schreibadresse ist dementsprechend abhängig von der jeweiligen PID. Eines irgendwie gearteten unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Ermittlung der PID und der Erzeugung der Speicheradresse bedarf es ebenso wenig wie der Erfassung der SCID durch die Adressierschaltung. Dementsprechend ist es für eine Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre unschädlich, dass weder der Anfrage-Verwalter (100) noch der SDRAM-Adressgenerator (200) die passenden PID’s (SCID) kennt.

Dass die bei der angegriffenen Ausführungsform gewählte „2-Körbe-Lösung“ durch das Vorsehen von „zwei Körben“ oder Kanälen möglicherweise gegenüber einer Lösung, bei welcher die SCID’s durch die Adressierschaltung selbst ermittelt werden, mit einem höheren Aufwand verbunden ist, steht einer Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre nicht entgegen. Wenn eine angegriffene Ausführungsform die Vorteile des Patents nicht oder nur unvollständig verwirklicht, so ist gleichwohl eine Patentverletzung gegeben, wenn sie sämtliche Merkmale des Patentanspruchs wortsinngemäß erfüllt, sog. verschlechterte Ausführungsform (BGH, GRUR 2006, 131 – Seitenspiegel; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.01.2015, Az.: I-15 U 22/15; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Aufl., Rz. 122). Das ist hier der Fall.

d)
Die Verwirklichung von Merkmal 2.6.2, wonach die Adressierschaltung in Reaktion auf Datenanforderungen der Programmkomponenten verarbeitenden Einrichtungen entsprechende Programmkomponenten-Nutzsignale aus den Pufferspeicherblöcken ausliest und der anfordernden Einrichtung zuleitet, haben die Beklagten lediglich unter Verweis auf die fehlende Zuführung und Abspeicherung von Nutzsignalen in paketierter Form in Abrede gestellt, welcher es jedoch, wie bereits ausgeführt, nach der technischen Lehre des Klagepatents nicht bedarf. Dementsprechend hinsichtlich der Verwirklichung dieses Merkmals vollumfänglich auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden.

3.
Dass die Beklagten im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Schutzrechtsverletzung zur Auskunftserteilung und, weil sie das Klagepatent schuldhaft verletzt haben, zum Schadenersatz verpflichtet sind und der Klägerin, um ihr eine Berechnung ihrer Schadensersatzansprüche zu ermöglichen, über den Umfang ihrer Benutzungs- und Verletzungshandlungen Rechnung zu legen haben, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil ebenso zutreffend dargelegt wie die darüber hinausgehende Pflicht der Beklagten zu 2) zum Rückruf und zur Vernichtung. Auf diese Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 91a ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit im Berufungsrechtszug in der Hauptsache betreffend den ursprünglich geltend gemachten Unterlassungsanspruch übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind die diesbezüglichen Kosten des Rechtsstreits der Beklagten nach § 91a Abs. 1 ZPO aufzuerlegen gewesen, weil der Klägerin bis zum Erlöschen des Klagepatents durch Zeitablauf auch dieser Anspruch aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG zustand. Insoweit wird zu Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. Die Streithelferin hat auch insoweit ihre Kosten selbst zu tragen.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).