I-2 U 41/12 – Lichtemittierende Vorrichtung II

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2585

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 20. Januar 2017, Az. I-2 U 41/12

Vorinstanz: 4a O 236/10

I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. März 2012 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 900.000,00 EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 900.000,00 EUR festgesetzt.

G r ü n d e :

I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 0 936 AAA (Klagepatent). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 29.07.1997 unter Inanspruchnahme fünf japanischer Prioritäten aus den Jahren 1996 und 1997 angemeldet. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 23.08.2000. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 697 02 AAB geführt. Eine deutsche Übersetzung der europäischen Patentschrift wurde am 01.02.2001 veröffentlicht („T2-Schrift“).

Auf einen Einspruch wurde das Klagepatent von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes in geändertem Umfang aufrechterhalten, wobei der hier geltend gemachte Patentanspruch 1 unverändert blieb. Die Einspruchsentscheidung wurde am 01.08.2007 rechtskräftig, woraufhin eine geänderte Fassung der Klagepatentschrift („B9-Schrift“) veröffentlicht wurde. Eine deutsche Übersetzung der geänderten Patentschrift wurde am 13.03.2008 veröffentlicht („T3-Schrift“). Das Klagepatent steht in Kraft.

Das Klagepatent betrifft eine lichtemittierende Vorrichtung. Der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der Verfahrenssprache wie folgt:

“A Iight emitting device, comprising a light emitting component (102) and a phosphor (101) capable of absorbing a part of the Iight emitted by the Iight emitting component and emitting Iight of wavelength different from that of the absorbed light; wherein said Iight emitting component (102) comprises a GaN based compound semiconductor and said phosphor contains a garnet fluorescent material according to the formula:
(Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce
wherein 0 ≤ r ≤ 1 wherein Al may be at least partially substituted by Ga and/or In, and wherein said light emitting component (102) is a blue light emitting diode (LED), and wherein said phosphor is located in direct or indirect contact with said blue light emitting diode, and wherein a main emission peak of the Iight emitting diode is set within the range from 400 nm to 530 nm and a main emission wavelength of the phosphor is set to be longer than the main emission peak of the Iight emitting component.”

Die deutsche Übersetzung dieses Anspruchs lautete in der vom Deutschen Patent- und Markenamt veröffentlichten T2- sowie T3-Schrift wie folgt:

„Eine lichtemittierende Vorrichtung, die ein lichtemittierendes Teil (102) und einen Leuchtstoff (101) enthält, der in der Lage ist, einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichtes zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet, wobei das besagte lichtemittierende Teil (102) eine Halbleitersubstanz auf der Grundlage von GaN und der besagte Leuchtstoff ein granatrotes fluoreszierendes Material entsprechend der Formel (Y1-R Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann, und in der das besagte lichtemittierende Teil (102) eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist und in der der besagte Leuchtstoff sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet, und in der ein Hauptemissionspeak der lichtemittierenden Diode innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt und eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist.“

Am 07.06.2010 reichte die Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt eine berichtigte Übersetzung der Klagepatentschrift („T4-Schrift“) ein, die am 07.10.2010 veröffentlicht wurde. Die darin angegebene deutsche Übersetzung des Patentanspruchs 1 lautet wie folgt (Änderungen durch Unterstreichungen hervorgehoben):

„Eine lichtemittierende Vorrichtung, die ein lichtemittierendes Teil (102) und einen Leuchtstoff (101) enthält, der in der Lage ist, einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichtes zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet, wobei das besagte lichtemittierende Teil (102) einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN und der besagte Leuchtstoff ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel
(Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce
mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann, und in der das besagte lichtemittierende Teil (102) eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist und in der der besagte Leuchtstoff sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet, und in der ein Hauptemissionspeak der lichtemittierenden Diode innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt und eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist.“

Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele, wobei sie zwei verschiedene Ausführungsformen erfindungsgemäßer lichtemittierender Dioden schematisch im Querschnitt zeigen.

Auf eine von dritter Seite erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht das Klagepatent durch Urteil vom 24.09.2014 (Az.: 2 Ni 11/12 (EP)) für nichtig erklärt. Auf die Berufung der Klägerin hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidung durch Urteil vom 16.08.2016 (Az.: X ZR 96/14; GRUR 2016, 1260) abgeändert und die Nichtigkeitsklage abgewiesen.

Mit Wirkung zum 18.11.2004 schloss die in Taiwan geschäftsansässige Beklagte mit der – seinerzeit noch als B GmbH firmierenden – B AG (nachfolgend nur: B) eine Patentlizenzvereinbarung, mit der B der Beklagten eine einfache, kostenpflichtige Lizenz für bestimmte Arten der Benutzung verschiedener Patente, darunter die europäischen Patente 0 907 AAC und 0 862 AAD, gewährte. Die Vereinbarung sollte für die Dauer des längst gültigen lizenzierten Patents in Kraft bleiben, falls sie nicht vorher gekündigt wird. In die Lizenzvereinbarung wurde eine als Annex 2 der Vereinbarung beigefügte „Zusicherungserklärung“ („assurance letter“) der Klägerin vom 27.05.2004 einbezogen. Die Ziffer 1 dieser in englischer Sprache abgefassten Erklärung hat folgenden Wortlaut:

“1. C will not enforce Japanese Patent 3,503,AAE and its foreign counterparts, to the extent such foreign counterparts are directed to the same scope with substantially the same wording as said Japanese Patent 3,503,AAE, against such LED manufacturers (the „Potential B LICENSEE“) (…)”

Die deutsche Übersetzung dieser Erklärung ist zwischen den Parteien streitig. Nach einer von der Beklagten eingereichten Fassung ist die Erklärung wie folgt zu übersetzen, wobei die von der Klägerin geltend gemachten Abweichungen in Klammer und Kursivschrift eingefügt sind:

„1. C wird das japanische Patent 3,503,AAE und die [diesem] entsprechenden ausländischen Schutzrechte, sofern derartige ausländischen Schutzrechte auf den gleichen [denselben] Schutzumfang mit im Wesentlichen gleichem [denselbem] Wortlaut abzielen wie das japanische Patent 3,503,AAE nicht gegen LED-Hersteller geltend machen (den „möglichen B-LIZENZNEHMERN“), (…)“

Wegen der Einzelheiten der Patentlizenzvereinbarung und der „Zusicherungserklärung“ wird auf die Anlagen WKS 4/4a und 5/5a Bezug genommen. Ebenso wird hinsichtlich des in der „Zusicherungserklärung“ benannten japanischen Patents 3,503,AAE auf die Anlagen WKS 6/6a/6b verwiesen.

Die Beklagte stellt her und vertreibt LEDs, darunter weiß leuchtende LEDs mit den Typenbezeichnungen „D“, „E“, „F“ und „G“ (angegriffene Ausführungsformen I bis IV). Diese bewirbt sie im Internet und liefert sie an Händler in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin hat zu den angegriffenen Ausführungsformen jeweils einen Auszug aus der Produktliste der Beklagten und eine Produktspezifikation der Beklagten vorgelegt. Im September 2009 und März 2010 erwarb die Klägerin über einen Dritten von einem in Bonn ansässigen Unternehmen LED-Muster, die die vorstehend angegebenen Typenbezeichnungen aufwiesen.

Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb dieser LEDs eine Verletzung des Klagepatents. Sie hat vor dem Landgericht geltend gemacht:

Die von ihr abgegebene „Zusicherungserklärung“ stehe der Inanspruchnahme der Beklagten nicht entgegen, weil das Klagepatent nicht denselben Schutzumfang wie das japanische Patent 3,503,AAE habe. Es genüge nicht, wenn die Merkmale des Klagepatentanspruchs im japanischen Patent offenbart seien. Es komme vielmehr auf einen abstrakten Schutzbereichsvergleich auf der Grundlage der Patentansprüche an. Der Klagepatentanspruch sei auf YAG-Fluoreszenzmaterial beschränkt, während der Anspruch des japanischen Patents auf irgendein ceraktiviertes Fluoreszenzmaterial auf Granatbasis gerichtet sei. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der in Rede stehenden Erklärung um eine Nichtangriffsabrede handele und nicht um eine Lizenz, deren Umfang sich nach dem weiten Anspruch des japanischen Patents richte. Hintergrund der Abgabe der Zusicherungserklärung sei gewesen, dass sie – die Klägerin – damals wirtschaftliche Erfolge mit ceraktiviertem YAG-Leuchtstoff in weiß leuchtenden LED erzielt habe, während B eine Umwandlungstechnologie auf Basis von TAG-Leuchtstoffen verwendet habe. Die Patentportfolios beider Unternehmen beinhalteten jedoch auch Patente, die so allgemein gefasst seien, dass sie die Verwendung beider Fluoreszenzmaterialien umfassten. Die Zusicherungserklärung sei mit Blick auf den von B verwendeten TAG-Leuchtstoff abgegeben worden. Die Benutzung von YAG-Fluoreszenzmaterial habe hingegen nicht ermöglicht werden sollen.

Die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Klagepatents Gebrauch; sie verwirklichten sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 wortsinngemäß. Dies bestätigten die vorgelegten Gutachten der von ihr beauftragten Privatsachverständigen, die die von einem Testkäufer erworbenen angegriffenen Ausführungsformen untersucht hätten. Insbesondere habe mittels Röntgenpulverdiffraktometrie nachgewiesen werden können, dass in den angegriffenen Ausführungsformen ein ceraktiviertes YAG-Fluoreszenzmaterial zum Einsatz komme. Darauf wiesen auch eine Rietveldberechnung und die Untersuchung der Emissionsspektren des Leuchtstoffs hin. Die weitere Analyse mittels energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) habe gezeigt, dass die angegriffene Ausführungsformen I und III zwei Arten von Leuchtstoffpartikeln enthalte, wobei bei einer Art Yttrium teilweise durch Gadolinium ersetzt worden sei, was der Klagepatentanspruch zulasse.

Die Beklagte, die um Klageabweisung gebeten hat, hat eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt und geltend gemacht:

Die Klage sei im Hinblick auf die von der Klägerin abgegebene „Zusicherungserklärung“ unzulässig. Die Voraussetzungen für deren Anwendbarkeit seien hier erfüllt. Insbesondere handele es sich bei dem Klagepatent um ein ausländisches Patent, das auf denselben Schutzbereich mit im Wesentlichen demselben Wortlaut wie das japanische Patent 3,503,AAE gerichtet sei. Das japanische Patent und sein Schutzumfang böten die wesentliche Orientierung für die Reichweite der Zusicherungserklärung; auf eine vollständige Identität der Schutzbereiche komme es im Hinblick auf tatsächliche und mögliche Änderungen im Erteilungs-, Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren nicht an. Im Übrigen komme es nicht auf einen abstrakten Vergleich der Schutzbereiche an. Vielmehr bestimme der Schutzbereich des japanischen Patents die Bandbreite schutzrechtsgemäßer Ausführungsformen. Da der jeweilige Lizenznehmer von B an einer Nutzung von LEDs interessiert sei, seien auch nur diejenigen Ausführungsformen zu betrachten, die vom Schutzbereich des jeweiligen ausländischen Patents erfasst würden. Eine Ausführungsform, die in den Schutzbereich des japanischen Patents falle und daher aufgrund der Zusicherungserklärung nicht angegriffen werden könne, solle auch durch ein ausländisches Parallelpatent wie dem Klagepatent nicht angegriffen werden können. Das sei vorliegend der Fall. Insbesondere gelte dies für die im Klagepatentanspruch genannte konkrete chemische Zusammensetzung des Leuchtstoffs, die im japanischen Patent Gegenstand eines Ausführungsbeispiels sei. Im Übrigen basierten beide Schutzrechte auf derselben PCT-Anmeldung und seien weitgehend identisch.

Der Vortrag der Klägerin zur Herkunft der angegriffenen LEDs und zum verwendeten Leuchtstoff in den angegriffenen Ausführungsformen sei unsubstanziiert und nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe nicht belegt, dass die untersuchten LEDs von ihr – der Beklagten – stammten. Es sei auch nicht nachvollziehbar, ob und in welchem Umfang die erworbenen Muster tatsächlich diejenigen seien, die später durch die angeblichen Gutachter der Klägerin untersucht worden seien. Die Klägerin habe weiterhin keine Individualisierungsmerkmale offengelegt, um die Herkunft der angegriffenen LEDs nachzuvollziehen. Dies sei jedoch für eine Verteidigung gegen den Vorwurf der Patentverletzung erforderlich, weil innerhalb einer Typenreihe unterschiedliche Halbleiter und Fluoreszenzmaterialien eingesetzt würden, die teilweise nicht patentgemäß seien. Abgesehen davon werde mit Nichtwissen bestritten, dass die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machten. Ein solches Bestreiten sei zulässig, weil sie – die Beklagte – das Fluoreszenzmaterial nicht selbst herstelle, sondern geliefert bekomme und die chemische Zusammensetzung ein Geschäftsgeheimnis ihrer Lieferantin darstelle. Sie sei auch nicht verpflichtet, aufwendige Analysen von Mustern der angegriffenen LED-Typen zu veranlassen. Eine solche Untersuchung sei ohnehin irrelevant, weil damit nichts für die im Jahr 2009 bzw. 2010 erworbenen und von der Klägerin angeblich untersuchten Muster der angegriffenen Ausführungsformen belegt werden könne. Was die von der Klägerin durchgeführten Untersuchungen von LEDs mittels Röntgenpulverdiffraktometrie und EDX angehe, sei nicht nachvollziehbar, was mit welchen Geräten und Methoden untersucht worden sei. Sie bestreite daher, dass die beiden Untersuchungen an den angegriffenen Ausführungsformen ordnungsgemäß durchgeführt worden seien und die Ergebnisse nachvollziehbare Aussagen über die angegriffenen Ausführungsformen enthielten. Zudem ließen die vorgelegten Untersuchungsergebnisse keine Aussagen über die angegriffenen Ausführungsformen zu. Da das Fluoreszenzmaterial in einen Überzug eingebettet sei, sei die Röntgenpulverdiffraktometrie für einen Nachweis nicht geeignet. Zudem seien die Untersuchungsergebnisse widersprüchlich.

Außerdem stehe ihr ein Weiterbenutzungsrecht aus Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG zu. Bis zur Veröffentlichung der T4-Schrift habe der Klagepatentanspruch in seiner deutschen Übersetzung für das lichtemittierende Teil eine „Halbleitersubstanz“ statt eines Verbindungshalbleiters verlangt. Unter einem Verbindungshalbleiter seien Halbleiter aus verschiedenen Materialien zu verstehen, deren Kombination gerade die elektrische Leitfähigkeit von Halbleitern aufweise. Eine Halbleitersubstanz sei hingegen ein Element wie Silizium oder Germanium, das aus sich heraus die Eigenschaften eines Halbleiters habe. Nach der ursprünglichen Übersetzung sei daher nur ein solches lichtemittierendes Teil anspruchsgemäß, das neben einem Verbindungshalbleiter auf der Basis von GaN auch eine Halbleitersubstanz aufweise, was bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht der Fall sei. Ebenso habe die ursprüngliche Übersetzung des Patentanspruchs für den Leuchtstoff ein „granatrotes“ fluoreszierendes Material statt eines Granat-Fluoreszenzmaterials verlangt. Letzteres sei ein Fluoreszenzmaterial mit Granatstruktur, während die ursprüngliche Übersetzung ein Material mit bestimmten Farbeigenschaften (granatrotes Fluoreszieren) beschreibe. Die angegriffenen Ausführungsformen verwendeten aber weder einen granatroten Leuchtstoff noch fluoresziere der Leuchtstoff in dieser Farbe. Jedenfalls fehle es im Hinblick auf die fehlerhafte Übersetzung an einer schuldhaften Patentverletzung.

Durch Urteil vom 29.03.2012 hat das Landgericht dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen entsprochen, wobei es wie folgt erkannt hat:

„I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, die an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

lichtemittierende Vorrichtungen, die ein lichtemittierendes Teil und einen Leuchtstoff enthalten, der in der Lage ist, einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichts zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wobei das besagte lichtemittierende Teil einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN und der besagte Leuchtstoff ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel (Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann, und in der das besagte lichtemittierende Teil eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist und in der der besagte Leuchtstoff sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet und in der ein Hauptemissionspeak der lichtemittierenden Diode innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt und eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist;

2.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 23.09.2000 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen und bestellten zu Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
-preisen und unter Angabe von Typenbezeichnungen sowie aufgeschlüsselt nach den Namen und den Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in dem Verzeichnis enthalten ist;

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, der Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der jeweiligen Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume;

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen, und des erzielten Gewinns;

wobei hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und lit. b) als Belege Bestell- oder Lieferscheine in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 23.09.2000 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.“

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei zulässig. Insbesondere stehe ihr nicht die Einrede der fehlenden Klagbarkeit im Hinblick auf die von der Klägerin gegenüber B abgegebene „Zusicherungserklärung“ entgegen, weil das Klagepatent von dieser Erklärung nicht erfasst werde. Nach dem Wortlaut der Zusicherungserklärung werde eine formale Betrachtung verlangt, bei der der Schutzbereich des JP 3,503,AAE und des Klagepatents sowie ihr Wortlaut abstrakt zu vergleichen seien. Der Gegenstand des JP 3,503,AAE sei in weiten Teilen enger, im Hinblick auf das für den Leuchtstoff zu verwendende Material jedoch weiter gefasst als der des Klagepatents. Während das japanische Patent als Leuchtstoff lediglich ein ceraktiviertes Fluorophor auf Granatbasis verlange, fordere das Klagepatent einen Leuchtstoff, der ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der im Anspruch 1 genannten Formel enthalte. Bereits auf Grund dieses Unterschieds im Schutzumfang habe weder B noch die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass es sich bei dem Klagepatent um ein ausländisches Parallelpatent im Sinne der Zusicherungserklärung handele. Die Erklärung könne nicht dahingehend verstanden werden, dass alle ausländischen Parallelpatente von ihr hätten erfasst sein sollen, die ein spezielles ceraktiviertes Fluorophor wie beispielsweise einen YAG- oder TAG-Leuchtstoff in der lichtemittierenden Vorrichtung vorsähen. Bei der Auslegung sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Zusicherungserklärung um eine Nichtangriffsabrede handele. Hingegen sei hiermit keine Lizenz erteilt worden. Die Konsequenz daraus zeige sich im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Zusicherungserklärung in Japan. Dort dürfe die Beklagte mitnichten sämtliche LEDs, die vom Gegenstand des JP 3,503,AAE Gebrauch machten, anbieten. Insbesondere lichtemittierende Vorrichtungen mit ceraktivierten YAG-Fluoreszenzmaterialien, wie sie Gegenstand des Klagepatents seien, dürften dort nicht vertrieben werden, obwohl sie in den Schutzbereich des JP 3,503,AAE fielen. Die Klägerin sei nämlich auch Inhaberin des JP 2,927,AAF, das lichtemittierende Vorrichtungen mit ceraktiviertem YAG-Leuchtstoff zum Gegenstand habe und das nicht von der Zusicherungserklärung erfasst sei. Dieses Patent sei B bekannt gewesen und könne auch der Beklagten nicht verborgen geblieben sein. Für B und deren Lizenznehmer sei daher bei verständiger Würdigung sämtlicher Umstände ohne weiteres erkennbar gewesen, dass die Erklärung in Japan lediglich einen eingeschränkten Anwendungsbereich hätte haben sollen und insbesondere YAG-Leuchtstoffe nicht hätten erfasst sein sollen. Anhaltspunkte für die Annahme, dass dies außerhalb Japans anders sein solle, bestünden nicht.

Die Klage sei auch begründet. Die Klägerin habe schlüssig dargetan, dass die angegriffenen Ausführungsformen sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 verwirklichten. Den entsprechenden Vortrag habe die Beklagte nicht erheblich bestritten. Es sei der Beklagten verwehrt, die Verwirklichung der Lehre des Klagepatents lediglich mit Nichtwissen zu bestreiten. Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht konkretisiert habe, welches Merkmal sie bestreite, sei nach ihrem Vorbringen davon auszugehen, dass ihr die Anordnung des Leuchtstoffs in der Diode, seine Zusammensetzung und sein Absorptions- und Emissionsverhalten grundsätzlich bekannt seien. Da die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen selbst herstelle, wisse sie, welche Teile im Überzug der LED-Chips zum Leuchtstoff gehören. Ihr sei auch bekannt, welche Wellenlänge das Licht der angegriffenen Ausführungsformen habe und wie die Kurven der Wellenlängen verliefen. Aber auch hinsichtlich der Zusammensetzung des Fluoreszenzmaterials sei ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht zulässig. Nach ihrem Vorbringen sei der Beklagten die Zusammensetzung des Leuchtstoffs grundsätzlich bekannt. Es könne auch nicht ernsthaft angenommen werden, dass einem Hersteller weißer LEDs nicht bekannt sei, welches spezifische Fluoreszenzmaterial er in seinen LEDs verarbeite. Dabei kommt es hier nicht einmal auf besondere Eigenschaften der Leuchtstoffzusammensetzung, sondern nur darauf an, ob ein YAG-Leuchtstoff oder ein anderes Granat-Fluoreszenzmaterial eingesetzt wird. Dass ein solches Fluoreszenzmaterial eine andere Summenformel als die im Patentanspruch genannte Formel aufweisen könne, behaupte auch die Beklagte nicht. Der von der Beklagten erhobene Einwand, sie könne den Verletzungsvorwurf nicht nachvollziehen, greife nicht durch. Denn die Beklagte stelle nicht in Abrede, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt angegriffene Ausführungsformen mit den im Patentanspruch beschriebenen Eigenschaften gegeben habe. Im Übrigen habe die Beklagte den Vortrag der Klägerin zur Verwirklichung der Lehre des Klagepatents lediglich dadurch in Frage gestellt, dass dieser Vortrag ihrer Ansicht nach unsubstanziiert und vor allem nicht nachvollziehbar sei. Dies stelle kein erhebliches Bestreiten dar.

Die Beklagte habe die angegriffenen Ausführungsformen vertrieben. Die Beklagte bestreite nicht, LEDs mit den Typenbezeichnungen „D“, „E“, „F“ und „G“ angeboten und in Verkehr gebracht zu haben. Der Vortrag, die gegnerische Partei habe ihren Vortrag nicht substanziiert dargelegt oder gar belegt, stelle aus den angeführten Gründen kein erhebliches Bestreiten dar. Für eine schlüssige Darlegung einer Patentverletzung sei es nicht erforderlich, dass die Klägerin ihren Vortrag weiter substantiiere, weil die Beklagte den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen nicht bestritten habe. Die weitere Kenntnis von Individualisierungsmerkmalen sei dafür nicht erforderlich. Das gelte auch im Hinblick darauf, dass die Zusammensetzung des Leuchtstoffs in der Vergangenheit angeblich geändert worden sei. Denn die Beklagte stelle nicht in Abrede, die angegriffenen Ausführungsformen mit den erfindungsgemäßen Eigenschaften zu irgendeinem Zeitpunkt während der Geltung des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und in Verkehr gebracht zu haben.

Die Beklagte sei nicht zur Benutzung der durch das Klagepatent geschützten Erfindung gemäß Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. berechtigt. Die fehlerhafte Übersetzung des Patentanspruchs sei im Hinblick auf die berichtigte Übersetzung schon nicht schutzbereichsrelevant. Nach dem Wortlaut des fehlerhaft übersetzten Patentanspruchs solle das lichtemittierende Teil eine „Halbleitersubstanz auf der Grundlage von GaN“ enthalten. GaN sei ein Verbindungshalbleiter, der typischerweise in blau leuchtenden LEDs Verwendung finde. Der Fachmann erkenne daher bereits aus dem Anspruchswortlaut, dass das lichtemittierende Teil jedenfalls einen Verbindungshalbleiter aus Galliumnitrid enthalten müsse. Dass nach der Lehre des fehlerhaft übersetzten Patentanspruchs darüber hinaus eine weitere Halbleitersubstanz im Sinne eines Elementhalbleiters erforderlich sei, lasse sich dem Anspruchswortlaut nicht entnehmen. Diese Auslegung werde durch die Patentbeschreibung bestätigt. Aus dieser werde nämlich deutlich, dass der Halbleiter ein Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN sei und weitere Materialien enthalten könne, aber nicht zwingend enthalten müsse. Insbesondere müsse nicht zusätzlich ein Elementhalbleiter vorhanden sein. Soweit der fehlerhaft übersetzte Patentanspruch ferner angebe, dass der Leuchtstoff ein „granatrotes fluoreszierendes Material“ entsprechend der im Anspruch angegebenen Formel enthalte, komme es nach dem Anspruchswortlaut jedenfalls nicht darauf an, in welcher Farbe das Material fluoresziere. Der Wortlaut deute vielmehr zunächst darauf hin, dass das Leuchtstoffmaterial selbst granatrot sein solle. Dem stehe jedoch entgegen, dass das Material nach der Patentbeschreibung eine gelbe Körperfarbe habe. Der Fachmann erkenne zudem, dass es für die Funktion des Fluoreszenzmaterials nicht darauf ankomme, welche Farbe der Leuchtstoff, sondern welche Farbe das vom Fluoreszenzmaterial ausgesandte Licht habe. Bereits im Anspruchswortlaut träten daher Widersprüche und Unstimmigkeiten auf. Der Fachmann sei bestrebt, diese aufzulösen. Das gelinge nur, wenn der Begriff des „granatroten fluoreszierenden Materials“ dahingehend verstanden werde, dass erfindungsgemäß nicht eine granatrote Farbe, sondern eine Kristallstruktur in Granatform verlangt werde.

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr in erster Instanz erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machte sie geltend:

Der Klageantrag und der auf diesem beruhende Tenor des landgerichtlichen Urteils seien unbestimmt.

Das Klagepatent sei entgegen der Auffassung des Landgerichts von dem „Assurance Letter“, bei dem es sich um eine Nichtangriffsabrede handele, umfasst. Empfänger dieser Erklärung seien auch die Lizenznehmer von B, weshalb diesen nicht bekannte Umstände nicht zur Auslegung herangezogen werden könnten. Die Einbeziehung des Klagepatents in die Nichtangriffsabrede bedeute keinen weiteren Anwendungsbereich dieser Abrede in Europa im Verhältnis zu Japan. Zutreffend sei, dass der Schutzbereich des in der Nichtangriffsabrede erwähnten JP 3,503,AAE sehr weit sei und sowohl YAG- als auch die TAG-Leuchtstoffe als Fluoreszenzmaterial umfasse. Aus diesem Schutzrecht könne daher in Japan grundsätzlich gegen jede LED vorgegangen werden, die den einen oder anderen Leuchtstoff aufweise. Ein solches Vorgehen sei gegenüber Lizenznehmern von B durch die Nichtangriffsabrede ausgeschlossen. Auch ein B-Lizenznehmer, der ausschließlich YAG-Leuchtstoff verwende, könne aus dem JP 3,503,AAE in Japan nicht angegriffen werden. Zutreffend sei weiter, dass die Klägerin u.a. in Japan über weitere Schutzrechte verfüge, die beispielsweise spezifisch LEDs mit JAG-Leuchtstoff schützten. Dementsprechend sei die Klägerin in Japan berechtigt, Lizenznehmer von B aus ihren anderen Schutzrechten anzugreifen. Aus Sicht der Erklärungsempfänger solle diese Rechtssituation auch im Ausland gelten, wo ausländische Schutzrechte parallel zu dem JP 3,503,AAE existierten. Aus diesen ausländischen Schutzrechten dürfe die Klägerin gegen Lizenznehmer von B nicht vorgehen, jedoch aus allen anderen Schutzrechten, soweit diese nicht von Ziffer 1 der Zusicherungserklärung erfasst würden. Bei dieser Erklärung handele es sich daher nicht um eine Nichtangriffserklärung bezüglich TAG-Leuchtstoffen, die einen Angriff bei Verwendung von YAG-Leuchtstoffen erlaube. Der objektive Erklärungsinhalt bestehe vielmehr darin, dass unabhängig davon, ob, welche und wieviel weitere Schutzrechte in einem Land bestünden, die Klägerin aus dem JP 3,503,AAE und anderen, entsprechenden ausländischen Schutzrechten gar nicht gegen LEDs, unabhängig vom verwendeten Leuchtstoff, vorgehen dürfe. Die B erteilte Lizenz sei nicht auf TAG-Leuchtstoffe beschränkt. Ein Teil der lizenzierten Schutzrechte beziehe sich etwa auf Partikelgrößen und sei unabhängig von der Verwendung von YAG- oder TAG-Leuchtstoffen; manche Schutzrechte nennten sogar ausdrücklich YAG-Leuchtstoffe.

Zu Unrecht habe das Landgericht ferner ein Weiterbenutzungsrecht verneint. Das Klagepatent spreche in seiner fehlerhaften Übersetzung von einer Halbleitersubstanz auf der Grundlage von GaN. Damit sollten zwei Halbleiter, eine Halbleitersubstanz, und diese auf einer Grundlage gebildet von GaN vorgesehen sein. Die Klagepatentbeschreibung spreche an verschiedenen Stellen in Schichten aufgebaute Halbleiter an, was den Fachmann in seinem Verständnis von einem „zweischichtigen“ Halbleiter bestätige. Auf der Basis des Anspruchswortlauts müsse der Fachmann davon ausgehen, dass mehrere Schichten zur Bildung des eigentlichen Halbleiters eingesetzt würden. Dabei bestünden nicht beide Schichten aus einem Verbindungshalbleiter, basierend auf GaN. Vielmehr sei auch eine Halbleitersubstanz vorgesehen, worunter der Fachmann einen Elementhalbleiter verstehe. Nur ein solcher könne als „Halbleitersubstanz“ bezeichnet werden, da er als Material Halbleitereigenschaften aufweise. Noch offensichtlicher sei die Nichtbenutzung des Klagepatents in seiner fehlerhaften Übersetzung hinsichtlich des fehlerhaft übersetzten weiteren Anspruchsmerkmals. Wie das Landgericht selbst hervorhebe, spreche der Wortlaut für eine dem Leuchtmaterial zuzuschreibende Farbe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestehe insoweit kein Widerspruch zur Patentbeschreibung, weil in dieser nicht die Farbe des Leuchtmaterials angesprochen werde, sondern die Farbe des Lichts, das von dem Leuchtstoff ausgestrahlt werde. Des Weiteren entnehme der Fachmann verschiedenen Stellen der Patentbeschreibung, dass der Emission von Licht im roten Bereich eine besondere Bedeutung zukomme. Es gehe damit wesentlich um die Farbe, die der Leuchtstoff emittiere. Genau dies sei es, was der Fachmann unter der Angabe „granatrotes fluoreszierendes Material“ verstehe, nämlich ein Material, das in der Lage sei, rotes Licht abzustrahlen.

Zu Unrecht habe das Landgericht schließlich den unsubstanziierten Vortrag der Klägerin zur Verletzung unterstellt. Unzutreffend gehe das Landgericht davon aus, dass die Klägerin schlüssig zur Verwirklichung der den Leuchtstoff betreffenden Anspruchsmerkmale vorgetragen habe. Sie – die Beklagte – habe die von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten substanziiert kritisiert, weshalb das Landgericht zumindest Beweis hätte erheben müssen. Wie sie bereits in erster Instanz vorgetragen habe, stelle sie das fluoreszierende Material nicht selbst her, sondern kaufe dieses zu. Gewisse Eigenschaften des Materials seien ihr zwar bekannt, wie etwa das Emissionsverhalten. Die konkrete Zusammensetzung sei jedoch ein Betriebsgeheimnis ihrer Lieferantin. Soweit sie in erster Instanz vorgetragen habe, zu wissen, dass in einigen Typen ihrer LEDs TAG-Leuchtstoff und in anderen YAG-Leuchtstoff eingesetzt werde, sei sie über diesen allgemeinen Hintergrund informiert worden. Aus dieser allgemeinen Angabe könne jedoch nicht genau die Zusammensetzung des Fluoreszenzmaterials oder gar die Summenformel eines Materials abgeleitet werden. Noch weniger ergebe sich hieraus, welches Material ausgerechnet für die angegriffenen Ausführungsformen verwendet worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und tritt den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen, wobei sie u.a. geltend macht:

Das Klagepatent sei nicht Gegenstand der Nichtangriffsabrede. Auch stehe der Beklagten kein Weiterbenutzungsrecht zu, weil die Unklarheiten der Übersetzung nicht schutzbereichsrelevant seien. Darüber hinaus habe der Beklagten auch ein guter Glaube hinsichtlich der angeblichen Übersetzungsfehler gefehlt, weil die vermeintlichen Fehler aus der Gesamtheit der T2/T3-Schrift erkennbar gewesen seien und die in Taiwan ansässige Beklagte ohnehin nur die erteilte englische Fassung zur Kenntnis genommen hätte. Die Verletzung des Klagepatents habe die Beklagte nicht erheblich bestritten. Die Beklagte sei Herstellerin der angegriffenen Ausführungsformen. Sie trage daher die Verantwortung für die von ihr in dem Endprodukt verwendeten Bauteile und Stoffe. Als Herstellerin der LEDs kenne die Beklagte selbstverständlich den verwendeten Leuchtstoff-Typ. Selbst wenn man unterstelle, dass die Beklagte die Beschaffenheit des Leuchtstoffs nicht kenne, habe diese jedenfalls nicht ihren Erkundigungspflichten genügt. Der Rückzug auf angeblich bestehende Geheimhaltungspflichten, welche mit Nichtwissen bestritten würden, sei irrelevant.

Die Klägerin hat in erster Instanz ein Privatgutachten von Prof. Dr. H, Lehrstuhl für Anorganische Festkörperchemie der Universität I, sowie ein von Prof. Dr. J, Leiter des L Zentrums für Elektronenmikroskopie am K-Institut, für sie erstattetes weiteres Privatgutachten vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass die Klage zulässig und begründet ist. Die von der Klägerin im Rahmen des mit B abgeschlossenen Lizenzvertrages abgegebene „Zusicherungserklärung“ steht einer gerichtlichen Inanspruchnahme der Beklagten nicht entgegen. Die Beklagte hat das Klagepatent mit den angegriffenen Ausführungsformen verletzt. Zutreffend ist das Landgericht insoweit zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte LEDs angeboten und in den Verkehr gebracht hat, die von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Auf ein Weiterbenutzungsrecht kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.

A.
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klage nicht wegen der Formulierung der Klageanträge unzulässig ist. Die Klageanträge und der auf diesen beruhende Tenor des landgerichtlichen Urteils sind entgegen der Auffassung der Beklagten hinreichend bestimmt, §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308 ZPO. Dem steht nicht hingegen, dass die Klägerin im Klageantrag zu I. 1. lediglich den Wortlaut des Patentanspruchs 1 des Klagepatents übernommen hat, ohne die darin genannten Alternativen auf die konkret angegriffenen Ausführungsformen anzupassen, nämlich den Index „r“ zu beziffern, d.h. anzugeben, ob und wieviel Gadolinium in dem Fluoreszenzmaterial der angegriffenen Ausführungsformen enthalten ist, und festzulegen, ob Aluminium durch Gallium oder Indium im Fluoreszenzmaterial ersetzt ist und ob ein direkter oder indirekter Kontakt zwischen dem Leuchtstoff und der ein blaues Licht emittierenden Diode besteht.

Macht der Kläger – wie hier – eine wortsinngemäße Patentverletzung geltend, ist es nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. z.B. Urt. v. 15.05.2014 – I – 2 U 74/13) grundsätzlich statthaft, den Klageantrag nach dem Wortlaut des verletzten Patentanspruchs zu formulieren. Anders als bei der Geltendmachung einer äquivalenten Patentverletzung ist es in einem solchen Fall in der Regel nicht erforderlich, den Klageantrag – und die Urteilsformel – über den Anspruchswortlaut hinaus an die angegriffene Ausführungsform anzupassen, indem konkret diejenigen konstruktiven oder räumlich-körperlichen Mittel bezeichnet werden, mit denen bei der angegriffenen Ausführungsform das bzw. die streitige(n) Anspruchsmerkmal(e) verwirklicht wird/werden (Kühnen, GRUR 2006, 180; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 8. Aufl., Kap. D Rn. 273-275; a.A. BGH, GRUR 2005, 569 – Blasfolienherstellung; GRUR 2012, 485, 488 – Rohrreinigungsdüse II; GRUR 2016, 1031, 1036 – Wärmetauscher). Denn die Orientierung am Anspruchswortlaut bietet Gewähr dafür, dass der Urteilstenor nur diejenigen Details enthält, die für die erfindungsgemäße Lehre von Bedeutung sind, und sie verhindert zuverlässig, dass solche Gestaltungsmerkmale Eingang in den Urteilstenor finden, die außerhalb der Erfindungsmerkmale stehen und deswegen den Verbotstenor ungerechtfertigt einschränken würden. Bei einer etwaigen Zwangsvollstreckung kann der dem Anspruchswortlaut folgende Tenor anhand der Entscheidungsgründe ausgelegt werden, was sicherstellt, dass der Titel nicht auf Ausführungsformen erstreckt wird, die nicht im Kern des gerichtlichen Verbotes liegen, weil über sie nach den Begründungserwägungen des Urteils sachlich bereits mit entschieden ist. Seit Jahrzehnten ist von den Patentverletzungsgerichten in exakt dieser Weise verfahren worden, ohne dass es je zu irgendwelchen Unzuträglichkeiten gekommen wäre oder der Bundesgerichtshof selbst in der Vergangenheit an der geschilderten Vorgehensweise Anstoß genommen hätte. Es besteht deshalb kein Grund, die in der Praxis bewährte Form der Antragsformulierung aufzugeben, erst recht nicht zugunsten einer solchen, die den Verletzungsprozess mit weiteren Streitpunkten über die richtige – nämlich einerseits hinreichend konkrete, andererseits aber auch nicht zu enge – Umschreibung der Verletzungsform belastet. In besonderem Maße gilt dies angesichts der Tatsache, dass überhaupt nur ein verschwindend geringer Anteil der stattgebenden Verletzungsurteile in einem gerichtlichen Verfahren vollstreckt wird, in dem ein konkreter gefasster Urteilstenor relevant werden könnte. Dass er in einem derartigen Vollstreckungsverfahren von wirklichem Nutzen wäre, ist überdies zu bestreiten, weil schon die Heranziehung der Entscheidungsgründe, wie sie bisher im Vollstreckungsverfahren praktiziert wird, eine angemessene Durchsetzung der im Erkenntnisverfahren im Hinblick auf eine bestimmte Ausführungsform erfolgten Verurteilung gewährleistet. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass eine für bestrittene Anspruchsmerkmale angenommene Konkretisierungspflicht es dem Beklagten erlaubt, durch ein möglichst weitgehendes Bestreiten von Anspruchsmerkmalen eine zunehmend engere Tenorierung (zu Lasten des Klägers) zu erzwingen.

Hiervon ausgehend bedarf der Klageantrag auch im Streitfall keiner weiteren
Konkretisierung. Mit der Klage angegriffen werden von der Beklagten unter den Typenbezeichnungen „D“ (angegriffene Ausführungsform I), „E (angegriffene Ausführungsform II), „F“ (angegriffene Ausführungsform III) und „G“ (angegriffene Ausführungsform IV) vertriebene LEDs mit der in der Klageschrift sowie in dem klageerweiternden Schriftsatz vom 20.11.2011 beschriebenen und in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auf den Seiten 27 bis 28 wiedergegebenen Beschaffenheit. Die angegriffenen Ausführungsformen weisen danach einen auf Indiumgalliumnitrid (InGaN) basierenden LED-Chip auf. Ferner enthalten sie hiernach ein mit Zer aktiviertes YAG, also Y3Al5O12:Ce. In den angegriffenen Ausführungsformen II und IV liegen die Leuchtstoffpartikel hierbei in einer Zusammensetzung vor, die aus Yttrium (Y), Aluminium (Al), Sauerstoff (O) und Zer (Ce) besteht, wohingegen bei den angegriffenen Ausführungsformen I und III die Leuchtstoffpartikel in zwei unterschiedlichen Zusammensetzungen vorliegen, nämlich einerseits in einer Zusammensetzung ebenfalls aus Yttrium (Y), Aluminium (Al), Sauerstoff (O) und Zer (Ce) und andererseits in einer Zusammensetzung aus Yttrium (Y), Aluminium (Al), Sauerstoff (O), Zer (Ce) und Gadolinium (Gd). Soweit es im angefochtenen Urteil auf Seite 27 heißt, dass anhand von der Klägerin in Auftrag gegebener energiedispersiver Röntgenspektroskopie nachgewiesen habe werden können, dass neben Yttrium (Y) teilweise auch Gadolinium (Gd) im Leuchtstoff „der angegriffenen Ausführungsform 1 bis 3“ enthalten ist, enthält das landgerichtliche Urteil eine offensichtliche Unrichtigkeit. Nach dem Vortrag der Klägerin in der Klageschrift (S. 30, 32) und in dem Schriftsatz vom 20.11.2011 (S. 15, 38) enthalten nur die angegriffenen Ausführungsformen I („D“) und III („F“) neben Yttrium teilweise auch Gadolinium. Dies ergibt sich auch aus dem von der Klägerin vorgelegten und in Bezug genommenen Privatgutachten von Prof. Dr. J (S. 7, 9, 11, 14, 16) und von Prof. Dr. H (S. 17 und 33). In Übereinstimmung hiermit heißt es daher auch im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils auf Seite 12 bei der Wiedergabe des Sachvortrags der Klägerin, dass „in den angegriffenen Ausführungsform 1 und 3“ statt Yttrium auch Gadolinium verwendet werde. Die angegriffenen Ausführungsformen sind damit hinreichend umschrieben; bei einer etwaigen Zwangsvollstreckung kann der dem Anspruchswortlaut folgende Tenor anhand der Entscheidungsgründe ausgelegt werden, was sicherstellt, dass der Titel nicht auf Ausführungsformen erstreckt wird, die nicht im Kern des gerichtlichen Verbotes liegen.

Dass der entsprechend dem Wortlaut des Patentanspruchs formulierte Klageantrag alternative Merkmale enthält, macht den Antrag – und den darauf beruhenden Urteilstenor – nicht unbestimmt. Anderes ergibt sich auch nicht aus der BGH-Entscheidung „Blasfolienherstellung“ (GRUR 2005, 569). Denn das Klagebegehren ist – wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist – in einem solchen Fall dahingehend zu verstehen, dass eine Verurteilung hinsichtlich sämtlicher Alternativen begehrt wird. Wollte man eine solche Formulierung des Klageantrages nicht zulassen, wäre es dem Verletzer ohne weiteres möglich, die angegriffene Ausführungsform dahingehend abzuwandeln, dass statt der ausgeurteilten Alternative des Patentanspruchs eine von diesem selbst vorgeschlagene andere Alternative benutzt wird. Der Kläger liefe in diesem Fall Gefahr, dass der – eng formulierte – Urteilsausspruch eine solche Abwandlung auch nicht als im Kern gleiche Abwandlung erfasst, weil sich das Verletzungsgericht in seinem Urteil allein mit der einen Möglichkeit der Verwirklichung der patentgemäßen Lehre befasst hat. Dass ein solches Ergebnis nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand. Durch sein widerrechtliches Handeln hat der Beklagte bereits gezeigt, dass er sich über den durch das Klagepatent vermittelten Ausschließlichkeitsschutz hinwegsetzt. Es ist vor diesem Hintergrund nicht einzusehen, wieso ihm dann nicht eine Benutzung des Klagepatents auch in den anderen Handlungsalternativen des Patentanspruchs (die genauso rechtswidrig ist) untersagt werden, sondern für den Fall eines Wechsels des Beklagten zu einer anderen Ausführungsalternative der Erfindung stattdessen der Kläger auf ein neues zeit- und kostenaufwendiges Klageverfahren verwiesen werden soll. Eine umfassende Verurteilung ist gleichermaßen im Hinblick auf die rückwärtsgewandten Ansprüche wegen Rechnungslegung und Schadenersatz gerechtfertigt. Dass der Kläger sich in seiner Klagebegründung lediglich zu einer von mehreren Handlungsalternativen verhält, kann seinen Grund darin haben, dass ihm (was reinen Zufälligkeiten geschuldet sein kann) nur diese bekannt geworden ist. In dieser Situation gibt es keinen Grund, den Beklagten davon zu entlasten, über seine Verletzungshandlungen insgesamt (d.h. unter Einschluss aller gleichermaßen rechtswidrigen Handlungs-alternativen) Rechenschaft abzulegen. Außerdem hat der Beklagte durch sein widerrechtliches Handeln ja bereits gezeigt, dass er sich über den durch das Klagepatent vermittelten Ausschließlichkeitsschutz hinwegsetzt, so dass eine Verwirklichung auch einer anderen im Patentanspruch genannten Alternative hinreichend wahrscheinlich erscheint. Dafür spricht auch, dass der Bundesgerichtshof davon ausgeht, dass die Verletzung eines bestimmten Schutzrechts die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die Verletzung desselben Schutzrechts, sondern sogar auch für Verletzungen anderer Schutzrechte begründen kann, soweit die Verletzungshandlungen trotz Verschiedenheit der Schutzrechte im Kern gleichartige sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 1235, 1236 – Restwertbörse II). Soweit der Patentanspruch mehrere Alternativen vorsieht, von denen bei der angegriffenen Ausführungsform eine zwingend verwirklicht sein muss, ermöglicht ein entsprechender Urteilausspruch zudem nach den Regeln der Wahlfeststellung eine Verurteilung, ohne dass festgestellt werden muss, ob die eine oder die andere Benutzungsalternative vorliegt (Senat, Urt. v. 15.05.2014 – I – 2 U 74/13; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 8. Aufl., Kap. D Rn. 275).

Dass sich nicht ohne weiteres, nämlich im Wege des bloßen Augenscheins feststellen lässt, ob eine Ausführungsform unter den Urteilsausspruch fällt oder nicht, ist in Patentverletzungsverfahren keine Seltenheit und allein durch den unter Schutz gestellten Gegenstand bedingt. Mit einer fehlenden Bestimmtheit des Klageantrags und des auf diesem beruhenden Tenors hat dies nichts zu tun. Soweit die Beklagte geltend macht, dass es in einem späteren Zwangsvollstreckungsverfahren „unmöglich“ sei, festzustellen, ob eine von ihr unter einer neuen Artikelnummer vertriebene LED unter den Urteilstenor falle oder nicht, trifft dies im Übrigen nicht zu. Die Beklagte ist Herstellerin der angegriffenen Gegenstände, weshalb ihr deren Beschaffenheit bekannt ist. Zwar stellt die Beklagte das in den angegriffenen Ausführungsformen eingesetzte Fluoreszenzmaterial nicht selbst her, sondern kauft dieses zu. Auch behauptet sie, von der genauen chemische Zusammensetzung des von ihr bislang eingesetzten Fluoreszenzmaterials keine Kenntnis zu haben. Als Herstellerin der angegriffenen Ausführungsformen kann sie das bei diesen eingesetzte Fluorenzmaterial jedoch jedenfalls durch fachkundige Dritte auf seine Zusammensetzung untersuchen lassen. Probleme können sich allenfalls in Bezug auf den Auskunftserteilungs-, Rechnungslegungs- und Schadensersatzanspruch wegen in der Vergangenheit begangener Handlungen ergeben, sofern die lichtemittierenden Vorrichtungen mit den Typenbezeichnungen „LED D“, „LED E TW“, F“ und „G“ in der Vergangenheit (auch) andere (nicht patentgemäße) Fluoreszenzmaterialen enthalten haben sollten, die Beklagte keine diesbezüglichen Informationen von ihrem Lieferanten erhält und sie solche Informationen auch nach Abschluss des Patentverletzungsrechtsstreits und nachdrücklicher Aufforderung nicht erlangen kann. Auch solche rein tatsächlichen Probleme führen jedoch nicht zur Unbestimmtheit oder sonstigen Unzulässigkeit der Klageanträge. Sie können sich im Übrigen in gleicher Schärfe schon im Hinblick auf die tatsächlich benutzte Anspruchsalternative einstellen und liefern deshalb kein Argument gegen den vom Landgericht vorgenommenen Urteilsausspruch.

B.
Die von der Klägerin im Rahmen der zwischen der Beklagten und B am 18.11.2004 abgeschlossenen Patentlizenzvereinbarung abgegebene „Zusicherungserklärung“ („assurance letter“) steht einer gerichtlichen Inanspruchnahme der Beklagten nicht entgegen. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Klagepatent nicht um ein dem japanischen Patent 3,503,AAE entsprechendes Schutzrecht im Sinne dieser Erklärung handelt.

1.
Auf die in Rede stehende Erklärung findet deutsches Recht Anwendung.

Mit Blick auf die das Vertragsstatut festlegenden Kollisionsnormen bedarf es für den europäischen Rechtsraum der Differenzierung: Für alle seit dem 17.12.2009 abgeschlossenen Verträge ist die Rom I-VO anwendbar, während es für alle übrigen ihr nicht unterfallenden Sachverhalte (außerhalb und/oder zeitlich vor Inkrafttreten der Rom I-VO) bei den Art. 27, 28 EGBGB a.F. bleibt. Im Streitfall ist bereits aus zeitlichen Gründen auf die Vorschriften des EGBGB a.F. abzustellen.

Zunächst und mit rechtlicher Priorität ist insoweit zu prüfen, ob die Vertragsparteien das auf ihre Übereinkunft anzuwendende Recht privatautonom bestimmt haben (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F.), was ausdrücklich geschehen oder sich aus den Umständen des Falles ergeben kann (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB a.F.) und sowohl bei Vertragsabschluss als auch im Nachhinein möglich ist (Art. 27 Abs. 2 Satz 1 EGBGB a.F.). Als taugliche Anknüpfungstatsachen für eine stillschweigende Rechtswahl sind beispielsweise die individualvertragliche Vereinbarung eines einheitlichen ausschließlichen Gerichtsstandes, die Bezugnahme auf gesetzliche Normen in der Vertragsurkunde, die Verwendung von auf einer bestimmten Rechtsordnung aufbauenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder die beiderseitige bewusste Behandlung der Sache (ggf. auch erst im Rechtsstreit) nach einer bestimmten Rechtsordnung angesehen worden, während die gewählte Vertragssprache, der Vertragsort und die Währung – im Zweifel auch gemeinsam – bloß unterstützende, aber nicht allein entscheidende Bedeutung haben (Palandt/Thorn, BGB, 74. Aufl., Rom I-3 Rn. 7 f.).

Ist eine einverständliche Rechtswahl – wie hier aus dem dem Senat einsichtigen Vertragsinhalt – nicht feststellbar, gestaltet sich die Normenlage wie folgt: Im Geltungsbereich von Art. 28 EGBGB a.F. entscheidet über das Statut vorrangig die engste bestehende Vertragsverbindung (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F.). Gesetzlich wird vermutet, dass die größte Verbindung des Vertrages zu demjenigen Staat besteht, in dem diejenige Partei ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort bzw. ihre Hauptverwaltung hat, die die charakteristische Vertragsleistung erbringen muss (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB a.F.). Die Vermutung ist allerdings widerleglich, weil sie nicht eingreift, wenn die gesamten Umstände eine engere Verbindung des Vertrages mit einem anderen Staat ergeben (Art. 28 Abs. 5 EGBGB a.F.).

Bei Abschluss des Lizenzvertrages zwischen B und der Beklagten (18.11.2004) lag die an B adressierte Zusicherungserklärung der Klägerin vom 27.05.2004 bereits vor. Sie stellt deshalb neben der Pflicht zur Einräumung eines Benutzungsrechts an den lizenzierten Patenten eine weitere vertragliche Leistung der Lizenzgeberin (B) zugunsten der Lizenznehmerin (Beklagte) dar. Das wird nicht zuletzt daran deutlich, dass B die Zusicherung zum Gegenstand einer eigenen Pflicht dahingehend gemacht hat, im Falle eines von der Klägerin zusicherungswidrig durchgeführten Angriffs aus dem fraglichen Patent auf die Klägerin mit dem Ziel einzuwirken, die Anspruchsdurchsetzung einzustellen (vgl. Art. 5 des LV). Insofern teilt die Zusicherungserklärung der Klägerin das Schicksal des Lizenzvertrages, in dessen Leistungs- und Gegenleistungsgeflecht sie eingebettet ist. Bei Lizenzverträgen stellt die Benutzungserlaubnis des Lizenzgebers die vertragscharakteristische Leistung dar, jedenfalls dann, wenn – wie bei einer einfachen Lizenz – keine Ausübungspflicht des Lizenznehmers besteht. Demgemäß gibt der Sitz der damaligen B GmbH die Anwendung deutschen Vertragsrechts vor. Eine engere Verbindung anhand der lex fori protectionis kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Lizenz diverse Schutzstaaten umfasst und eben nicht nur oder ganz vorwiegend ein bestimmtes Gebiet betrifft, an das angeknüpft werden könnte.

2.
Für die Auslegung der Zusicherungserklärung gelten dementsprechend die §§ 133, 157 BGB. Über den Vertragsinhalt entscheidet damit der objektive Erklärungswert aus dem Empfängerhorizont. Wodurch dieser bestimmt wird, ist hier zwischen den Parteien streitig. Während die Klägerin nur auf B als dem Adressaten der Zusicherungserklärung vom 27.05.2004 abstellen will, meint die Beklagte, der Empfängerhorizont habe neben B (als dem ersten Empfänger) auch und vor allem sie selbst (als den zweiten und begünstigten Empfänger der Zusicherung) einzubeziehen. Dies ist deshalb von Belang, weil Umstände und Hintergründe aus der Vorgeschichte der Zusicherung außer Betracht zu bleiben haben, wenn und soweit sie dem Erklärungsgegner, der den Auslegungshorizont vorgibt, vor Vertragsabschluss nicht offenbart worden oder erkennbar gewesen sind (vgl. BGH, NJW 2006, 3777). Dass der Beklagten im Zuge der Vertragsanbahnung Details zu den Hintergründen des Zusicherungsversprechens erläutert wurden (und ggf. welche?), ist weder behauptet noch ersichtlich, weswegen, wenn es für den Empfängerhorizont (auch) auf die Beklagte ankäme, die Auslegung ausschließlich anhand dessen stattzufinden hätte, was sich aus dem schriftlichen Vertragstext der Lizenzvereinbarung nebst Anlagen erschließt. Dem letztgenannten Standpunkt der Beklagten ist der Vorzug zu geben. Die Klägerin hat in ihrer Zusicherungserklärung (Ziffer 4) ausdrücklich zugestimmt, dass eine Kopie des Versprechens in die B-Lizenzverträge aufgenommen und damit zu deren Inhalt gemacht wird. Auch aus der Sicht der Klägerin sollte sich deshalb jeder Lizenznehmer unmittelbar auf die Zusicherungserklärung berufen und verlassen können. Äußerlich wird das daran deutlich, dass das Versprechen zwar an B adressiert, aber im Text „an die Allgemeinheit“ aller (damals noch nicht konkret absehbaren) Lizenznehmer formuliert ist. Nachdem für B keine Verpflichtung dahingehend vorgesehen ist, die Lizenzinteressenten – über den Zusicherungswortlaut hinaus – mit bestimmten Informationen zur Vorgeschichte (z.B. dem Memorandum of Understanding) oder dergleichen zu versorgen, hat die Klägerin ein Verständnis ihrer Zusicherungserklärung durch die Lizenznehmer von B hingenommen und gebilligt, wie es sich aus dem ihnen allein verfügbaren Wortlaut des Versprechens ergibt. Dies rechtfertigt es, exakt dieses Verständnis aus der Sicht eines Lizenznehmers von B über den Inhalt und die Reichweite der Zusicherungserklärung entscheiden zu lassen. Dies vorausgeschickt, gilt Folgendes:

a)
Nach dem Wortlaut der Zusicherungserklärung handelt es sich eindeutig (nur) um ein Nichtangriffsversprechen aus dem JP 3,503,AAE nebst ausländischer Schutzrechte mit dem gleichen Schutzumfang mit im Wesentlichen gleichen Wortlaut (nachfolgend nur: parallele Auslandspatente oder Auslandsschutzrechte). Die Zusicherungserklärung verschafft den Lizenznehmern von B deswegen kein Benutzungsrecht; ein solches wird nur durch die Lizenzeinräumung durch B vermittelt. Die Nichtangriffsverpflichtung der Klägerin hat rechtliche Bedeutung daher nur insofern, als sie die ungestörte Ausübung des von B lizenzvertraglich eingeräumten Benutzungsrechts dadurch sichert, dass die Klägerin ihre Schutzrechtsposition an dem JP 3,503,AAE einschließlich paralleler Auslandspatente im Sinne der Zusicherungserklärung nicht dazu benutzt, dasjenige zu unterbinden oder zu sanktionieren, was B ihren Lizenznehmern durch die Lizenzgewährung gestattet hat.

b)
Nach dem Sinn und Zweck der Erklärung sollen die Lizenznehmer von B also in der Ausübung ihrer B-Lizenzen unbeeinträchtigt bleiben, indem sie aus Anlass der Ausübung ihrer Lizenztätigkeit nicht von der Klägerin aus deren JP 3,503,AAE einschließlich etwaigen parallelen Auslandspatenten in Anspruch genommen werden. Vor diesem Hintergrund sind auch die Regelungen in Ziffer 3 der Zusicherungsvereinbarung völlig folgerichtig, wonach die Nichtangriffszusage nur solange Bestand hat, wie der B-Lizenzvertrag in Kraft ist, und B verpflichtet ist, der Klägerin jede Beendigung (insbesondere Kündigung) des Lizenzvertrages anzuzeigen. Letzteres soll ersichtlich gewährleisten, dass die Klägerin ihre mit der Lizenzbeendigung auflebenden Verbietungsrechte aus dem JP 3,503,AAE einschließlich paralleler Auslandspatente gegen den (vormaligen) Lizenznehmer von B, der jetzt nicht mehr durch die Nichtangriffsabrede geschützt ist, zur Geltung bringen kann.

c)
Die – so verstandene – Zusicherungserklärung hat einen bestimmten sachlichen Grund, der bei ihrer Auslegung zu berücksichtigen ist.

Das von der Klägerin gehaltene JP 3,503,AAE betrifft nach seinem (insoweit weit gefassten) Anspruch 1 eine LED mit wellenlängenkonvertierendem Leuchtstoff, der ein Zer-aktiviertes Fluorophor auf Granatbasis ist. Darunter fällt – unstreitig – nicht nur ein Zer-raktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat (YAG:Ce), sondern gleichermaßen ein Zer-aktiviertes Terbium-Aluminium-Granat (TAG:Ce).

Die Klägerin erzielte nach ihrem von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag bereits im Jahre 2004 wirtschaftliche Erfolge mit Zer-aktiviertem YAG-Leuchtstoff enthaltene LEDs, wohingegen B zu diesem Zeitpunkt eine Umwandlungstechnologie auf der Basis von Zer-aktiviertem TAG-Leuchtstoff nutzte. Das Patentportfolio der Klägerin und das Patentportfolio von B enthielten jeweils Schutzrechte, die so allgemein gefasst sind, dass ihrem (Haupt-)Anspruch sowohl Zer-aktivierter YAG-Leuchtstoff als auch Zer-aktivierter TAG-Leuchtstoff unterfällt. Auf Seiten der Klägerin stellt das in der Zusicherungserklärung erwähnte JP 3,503,AAE ein solches Patent dar.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, dass die Zusicherungserklärung von ihr gegenüber B gerade im Hinblick auf den in weiß leuchtenden LEDs verwendeten TAG-Leuchtstoff abgegeben worden sei. Dem ist die Beklagte zwar in erster Instanz entgegengetreten. Sie hat im ersten Rechtszug mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin und die B GmbH den LED-Markt aufteilen wollten, um einem Unternehmen (B) LEDs mit TAG-Leuchtstoff zuzusprechen und dem anderen (der Klägerin) LEDs mit YAG-Leuchtsoff (Schriftsatz v. 03.02.2012, S. 17 [Bl. 200 GA]). In der Berufungsinstanz hat sie eine entsprechende Markteinteilung aber eingeräumt. Denn sie hat in ihrer Berufungsbegründung vom 27.07.2012 (S. 8 [Bl. 303 GA]) ausgeführt:

„Tatsache ist, dass zwischen diesen (sic.: der Klägerin und B) faktisch eine Marktaufteilung im Hinblick auf die zu verwendenden Fluoreszenzmaterialien, TAG-Leuchtstoff einerseits und YAG-Leuchtstoff andererseits, erfolgt ist.“

Ausweislich des eigenen Sachvortrags der Beklagten waren danach TAG-Leuchtstoffe als Betätigungsfeld für B vorgesehen, während sich die Klägerin auf dem Gebiet der YAG-Leuchtstoffe betätigen sollte.

Waren TAG-Leuchtstoffe als Betätigungsfeld für B vorgesehen, während sich die Klägerin auf dem Gebiet der YAG-Leuchtstoffe betätigen sollte, sollte offensichtlich das TAG-Geschäftsfeld von B und ihren Lizenznehmern durch die Nichtangriffsabrede geschützt werden, indem die Klägerin auf eine ihr nach dem weiten Schutzbereich des JP 3,503,AAE an sich mögliche Geltendmachung ihrer Patentrechte gegen TAG-Leuchtstoffe verzichtet. Auf eine mögliche Geltendmachung ihrer Patentrechte gegen YAG-Leuchtstoffe wollte sie aber nicht verzichten. Für einen solch weitreichenden Verzicht gab es keinen ersichtlichen Grund.

d)
Das Ergebnis ist kein anderes, wenn man im Hinblick auf das weitere Vorbringen der Beklagten zu Ihren Gunsten unterstellt, dass sie die von der Klägerin dargetane Marktaufteilung doch oder wieder bestreiten will.

aa)
Dass (nur) das TAG-Geschäftsfeld von B und ihren Lizenznehmern durch die Nichtangriffsabrede geschützt werden sollte, die Klägerin aber jedenfalls nicht generell auch auf eine mögliche Geltendmachung ihrer Patentrechte gegen YAG-Leuchtstoffe verzichte wollte, wird durch die Tatsache gestützt, dass zum Patentportfolio der Klägerin u.a. auch das JP 2,927,AAF (Anlage TW 25/25a) gehörte. Dieses Patent der Klägerin betrifft eine lichtemittierende Vorrichtung mit einem Leuchtstoff der Formel (RE1-xSm)3(AlyGa1-y)5O12:Ce, wobei RE mindestens einer der Stoffe Yttrium (Y) oder Gadolinium (Ga) mit 0 ≤ x ≤1 und 0 ≤ y ≤1 ist. „Sm“ steht in der Formel für das chemische Element Samarium. Für den Fall, dass RE = Yttrium (Y) verwendet wird und X = 0 sowie y = 0, ergibt sich chemisch unstreitig der Leuchtstoff Y3Al5O12:Ce, mithin ein YAG-Leuchtstoff gemäß der im Klagepatent angegebenen Formel. Ein Zer-aktiviertes Terbium-Aluminium-Granat (TAG) fällt dagegen nicht unter die im Anspruch 1 des JP 2,927,AAF angegebene Formel, was erklärt, dass das von der Klägerin ferner gehaltene JP 2,927,AAF nicht zum Gegenstand der Zusicherungserklärung gemacht worden ist.

(1)
Unstreitig kannte B das JP 2,927,AAF. Wie sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Auszug (Anlage TW 27/27a) aus dem japanischen Patentregister zu diesem Patent ergibt, hatte B im März 2000 einen Antrag auf Nichtigerklärung dieses Patents gestellt, den es am 28.06.2002 zurücknahm. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Zusicherungserklärung vom 27.04.2004 durch die Klägerin wusste B damit, dass das in dieser Erklärung in Bezug genommene JP 3,503,AAE nicht das einzige japanische Patent aus der entsprechenden Patentfamilie der Klägerin ist, in dessen Schutzbereich auch ein Zer-aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat (YAG) fällt. Gleichwohl ist ausdrücklich nur das JP 3,503,AAE (einschließlich etwaiger paralleler Auslandspatente) zum Gegenstand der Nichtangriffsabrede gemacht worden. Dass das den Leuchtstoff Y3Al5O12:Ce erfassende JP 2,927,AAF nicht in die Zusicherungserklärung einbezogen worden ist, lässt sich vernünftigerweise nur damit erklären, dass die Klägerin durch diese Erklärung an einer Geltendmachung ihrer Patentrechte aus spezifisch YAG-Leuchtstoffe betreffenden Patenten nicht gehindert sein sollte. In Japan kann die Klägerin zwar nach der Zusicherungserklärung nicht aus dem JP 2,927,AAF gegen – von ihrem lizenzvertraglich eingeräumten Benutzungsrecht Gebrauch machende – Lizenznehmer von B vorgehen, die LEDs mit Zer-aktiviertem YAG-Leuchtstoff herstellen und/oder vertreiben. Die Klägerin kann in Japan aber einen solchen B-Lizenznehmer aus ihrem dort ebenfalls gehaltenen JP 3,503,AAE angreifen mit der Folge, dass dieser durch die Zusicherungserklärung in Bezug auf LEDs mit Zer-aktiviertem Yttrium-Aluminium-Granat nicht geschützt ist.

Die vorstehenden Umstände waren auch für die Beklagte als Empfängerin der Zusicherungserklärung erkennbar. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Beklagten als international tätigem Unternehmen, das seine LEDs weltweit und damit auch in Japan vertreiben und das von einem weltweit führenden LED-Hersteller (B) eine Lizenz erwerben wollte, das JP 2,927,AAF des anderen weltweit führenden Unternehmens in der LED-Technik, der Klägerin, nicht verborgen geblieben sein kann. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung nicht. Sie macht weder geltend, dass sie in Japan nicht habe tätig werden wollen und sie den dort von der Klägerin gehaltenen Schutzrechten keine Bedeutung beigemessen habe, noch dass ihr das von der Klägerin in Japan gehaltene JP 2,927,AAF nicht bekannt gewesen sei. Dafür, dass der Beklagten dieses Schutzrecht der Klägerin bekannt war, spricht im Gegenteil der weitere Vortrag der Beklagten, dass ihr im Jahre 2003 sowohl der Lizenzpool der Klägerin als auch der Lizenzpool von B bekannt gewesen sind (Schriftsatz vom 01.12.2016, S. 26 [Bl. 554 GA]). Kannte die Beklagte den Lizenzpool der Klägerin, war ihr auch das zu diesem gehörende JP 2,927,AAF bekannt.

(2)
Bei der Klärung der Frage, was unter einem parallelen Auslandsschutzrecht im Sinne der Zusicherungserklärung zu verstehen ist, muss die aufgrund der Zusicherungserklärung in Japan bestehende Situation berücksichtigt werden. Da die Klägerin dort – wie ausgeführt – nicht gehindert ist, aus ihrem JP 2,927,AAF gegen LEDs mit YAG-Leuchtstoff vorzugehen, spricht alles dafür, dass ein ausländisches Patent, das sich – anders als das in der Zusicherungserklärung erwähnte JP 3,503,AAE – spezifisch auf YAG-Leuchtstoff bezieht, kein entsprechendes ausländisches Schutzrecht zum JP 3,503,AAE ist. Zu Recht ist das Landgericht insoweit davon ausgegangen, dass keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Beteiligten der Zusicherungserklärung außerhalb Japans durch die Erwähnung ausländischer Parallelpatente einen weiteren Anwendungsbereich verleihen wollten. Die hiergegen von der Beklagten mit der Berufung erhobenen Einwände vermögen nicht zu überzeugen.

Die Beklagte macht geltend, dass die Klägerin in Japan, sofern sie gegen die Benutzung von LEDs mit YAG-Leuchtstoff durch B-Lizenznehmer vorgehen wolle, nach der Zusicherungserklärung das Risiko trage, dort (außer dem JP 3,503,AAE) weitere Schutzrechte zu besitzen. Diese Rechtssituation solle auch im Ausland gelten, wo parallele Auslandspatente zum JP 3,503,AAE existierten. Aus solchen Schutzrechten dürfe die Klägerin gegen Lizenznehmer von B nicht vorgehen, jedoch aus allen anderen Schutzrechten, die sie halte, solange diese nicht von der Zusicherungserklärung erfasst würden.

Diese Argumentation vermag indes nicht zu überzeugen. Denn es ist zunächst zu klären, was unter ausländischen Schutzrechten, die „auf den gleichen [denselben] Schutzumfang mit im Wesentlichen gleichem [denselben] Wortlaut abzielen wie das JP 3,503,AAE“, zu verstehen ist. Ein für die Beantwortung dieser Frage zentraler Gesichtspunkt ist der Umstand, dass die Klägerin in Japan aus einem Patent (JP 2,927,AAF), das keinen TAG-Leuchtstoff erfasst, LEDs mit YAG-Leuchtstoff angreifen kann. Bereits dieser – sowohl für B als auch für die Beklagte erkennbare – Umstand rechtfertigt die Annahme, dass es sich bei einem ausländischen Schutzrecht, das sich spezifisch auf eine LED mit YAG-Leuchtstoff bezieht und dem demgemäß keine LED mit TAG-Leuchtstoff unterfällt, um kein paralleles Auslandspatent im Sinne der Zusicherungserklärung handeln kann.

(3)
Für dieses Verständnis spricht auch der Wortlaut der Zusicherungserklärung.

In dieser ist nicht nur allgemein von parallelen Auslandsschutzrechten zum JP 3,503,AAE die Rede ist, sondern von ausländischen Schutzrechten, die „auf den gleichen [denselben] Schutzumfang mit im Wesentlichen gleichem [denselben] Wortlaut abzielen“ wie das JP 3,503,AAE. Es wird damit auf zwei Kriterien abgestellt, nämlich zum einen auf den Schutzumfang und zum anderen den Wortlaut des Schutzrechts.

Schon im Hinblick auf das erste Kriterium ist prinzipiell eine enge Auslegung der Zusicherungserklärung geboten. Die Formulierung „den gleichen [denselben] Schutzumfang“ („the same scope“) bedeutet grundsätzlich, dass die Auslandspatente nicht nur keinen breiteren Schutzumfang als das JP 3,503,AAE, sondern auch keinen engeren Schutzumfang als dieses Schutzrecht haben dürfen. Denn auch im letzteren Fall ist der Schutzumfang der zu vergleichenden Schutzrechte tatsächlich ein anderer. Die einschränkende Formulierung „im Wesentlichen“ („substantially“) bezieht sich nach dem Wortlaut der Zusicherungserklärung ausschließlich auf das zweite Kriterium, d.h. auf den Schutzrechtswortlaut. Nach dem Wortlaut der Zusicherungserklärung wird damit nur ein solches Auslandsschutzrecht einbezogen, welches grundsätzlich einen identischen Schutzbereich wie das JP 3,503,AAE hat. Zwar wird die Zusicherungserklärung bei verständiger und interessengerechter Auslegung nicht dahin interpretiert werden können, dass bereits jedwede, noch so geringfügige Abweichung in Bezug auf den Schutzbereich einer Einbeziehung des betreffenden Auslandspatents entgegensteht. Ist der Schutzbereich des fraglichen Auslandsschutzrechts deutlich enger als der des JP 3,503,AAE, kann aber nicht mehr von „demselben [dem gleichen] Schutzumfang“ gesprochen. Ein Schutzrecht, das – wie das Klagepatent – lediglich Schutz für eine LED mit einem YAG-Leuchtstoff beansprucht, hat jedoch augenscheinlich einen deutlich engeren und damit anderen Schutzumfang als das JP 3,503,AAE, welches eine LED mit (irgend-)einem Zer-aktiviertem Fluorophor auf Granatbasis betrifft.

Jedenfalls stellt die Zusicherungserklärung nicht nur auf den Schutzumfang, sondern auch auf den Wortlaut der Auslandsschutzrechte ab. Es muss davon ausgegangen werden, dass die betreffende Formulierung mit Bedacht gewählt worden ist, nämlich auch gerade deshalb, weil das in Bezug genommene JP 3,503,AAE nach seinem weit gefassten Anspruchswortlaut eine LED mit (irgend-)einem Zer-aktivierten Fluorophor auf Granatbasis betrifft. Die Tatsache, dass das ferner existierende, sich auf spezifische Zer-aktivierte Granate (z.B. YAG, nicht aber TAG) beziehende JP 2,927,AAF in der Zusicherungserklärung nicht erwähnt wird, spricht in diesem Zusammenhang dafür, dass die Beteiligten davon ausgegangen sind, dass ein von der Klägerin gehaltenes Patent, welches sich – wie das Klagepatent – spezifisch auf eine LED mit YAG-Leuchtstoff bezieht, kein zum JP 3,503,AAE paralleles Schutzrecht ist, weil es – in Bezug auf das Fluoreszensmaterial – nicht nur einen engeren Schutzumfang, sondern auch einen anderen (engeren) Wortlaut hat.

bb)
Eine anderweitige Auslegung der Zusicherungserklärung wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die von B lizenzierten Schutzrechte auch Schutzrechte umfasst hätten, die spezifisch LEDs mit Zer-aktiviertem YAG-Leuchtstoff zum Gegenstand gehabt hätten, d.h. deren Benutzung zwingend die Verwendung von Zer-aktiviertem Yttrium-Aluminium-Granat (YAG) verlangt. Das ist jedoch nicht der Fall.

Die Beklagte hat im Verhandlungstermin vor dem Landgericht vorgetragen (LG-Urteil, S. 19/20), dass der mit B geschlossene Lizenzvertrag drei Gruppen lizenzierter Patente umfasse. Die erste Gruppe habe Patente zum Gegenstand, die das „Konversions-LED-Prinzip“ und die „Partikel-größe“ betreffen, die zweite Gruppe umfasse Patente mit reinen TAG-Fluoreszenzmaterialien und die dritte Gruppe Patente mit Terbium-Mischungen von Granat-Fluoreszenzmaterialien. Das Landgericht hat hieraus zutreffend den Schluss gezogen, dass die der Beklagten erteilte Lizenz im Kern auf die Benutzung von LED-Technik in lichtemittierenden Vorrichtungen mit einem Zer-aktivierten TAG-Leuchtstoff gerichtet ist. Diese Feststellung ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsrechtszug zutreffend. Außerdem ergibt sich aus den eigenen Ausführungen der Beklagten zu den lizenzierten Schutzrechten, dass diese die Verwendung von YAG-Leuchtstoff nicht verlangen.

Mit ihrem zuletzt eingereichten Schriftsatz vom 01.12.2016 trägt die Beklagte nunmehr erstmals näher zu den von B lizenzierten Schutzrechten vor. Außerdem legt sie einige dieser Schutzrechte vor. Entsprechend ihrem erstinstanzlichen Vorbringen umfasst der mit B geschlossene Lizenzvertrag danach drei Gruppen von Schutzrechten, nämlich (1.) „Patents Conversion LED Principle and Patents Particle Size“, (2.) „Patents Terbium Garnet Phosphor“ und (3.) „Patents Terbium Garnet Phosphor Mixture“. Die Gruppen 2 und 3 umfassen Schutzrechte, die leuchtstoffspezifisch sind. Diese Schutzrechte betreffen ausschließlich TAG-Leuchtstoff, nicht aber YAG-Leuchtstoff. Bei der Gruppe 1 handelt es sich hingegen um Schutzrechte, die sich auf andere technische Aspekte beziehen, nämlich allgemein auf das „Konversions-LED-Prinzip“ und die „Partikelgröße“. Diese Schutzrechte setzen nach ihrem jeweiligen Hauptanspruch keinen spezifischen Leuchtstoff, jedenfalls aber keinen YAG-Leuchtstoff voraus.

Zur ersten, mit „Patente Konversion LED Prinzipiell und Patente Partikelgröße“ umschriebenen Gruppe von Lizenzschutzrechten gehören nach den Angaben der Beklagten u.a. das deutsche Gebrauchsmuster 297 24 AAH (Anlage B 11a), das deutsche Gebrauchsmuster 297 24 AAI (Anlage B 11b), das europäische Patent 0 907 AAC (Anlage B 13), aus dem die vorbezeichneten Gebrauchsmuster abgezweigt wurden, und das deutsche Patent 196 38 AAJ (Anlage B 14), dessen Priorität das vorerwähnte EP 0 907 AAC in Anspruch nimmt.

Diese Schutzrechte betreffen jeweils ein lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement mit einem Halbleiterkörper und einem Lumineszenzkonversionselement. Schutzanspruch 1 der DE 297 24 AAI beschreibt das Lumineszenzkonversionselement lediglich dahin, dass es eine aus dem ersten Wellenlängenbereich stammende Strahlung in Strahlung eines vom ersten verschiedenen zweiten Wellenlängenbereiches umwandelt, derart, dass das Halbleiterbauelement Mischstrahlung, bestehend aus Strahlung des ersten Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereiches aussendet. Entsprechendes gilt für den Anspruch 1 des EP 0 907 AAC, wobei dieser nur noch zusätzlich vorgibt, dass als Lumineszenzkonversionselement über oder auf dem Halbleiter eine Lumineszenzkonversionsschicht vorgesehen ist, die durchweg eine konstante Dicke aufweist. Schutzanspruch 1 der DE 297 24 AAH beschreibt das Lumineszenzkonversionselement dahingehend, dass es eine aus dem ersten Wellenlängenbereich stammende Strahlung in Strahlung eines vom ersten verschiedenen zweiten Wellenlängenbereiches umwandelt und sowohl für Strahlung des ersten Wellenlängenbereiches als auch für Strahlung des zweiten Wellenlängenbereiches durchlässig ist, derart, dass Strahlung des ersten Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereiches das Lumineszenzkonversionselement durchtreten. Anspruch 1 des DE 196 38 AAJ verlangt ein Lumineszenzkonversionselement, das einen lumineszierenden Leuchtstoff enthält, der einen Teil der vom Halbleiterkörper ausgesandten Strahlung absorbiert und Strahlung in einen zweiten Wellenlängenbereich emittiert, wobei der lumineszierende Leuchtstoff mit seltenen Erden dotierte Granate mit bestimmten Korngrößen enthält und in Vergussharz eingebettet ist. In den ersten drei Schutzrechten ist das Lumineszenzkonversionselement denkbar weit umschrieben. Es wird nicht einmal ein Zer-aktiviertes Granat verlangt. Anspruch 1 der DE 196 38 AAJ verlangt zwar einen Leuchtstoff, der mit seltenen Erden dotierte Granate enthält. Hierbei muss es sich aber um kein Zer-aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat handeln. Für die von der Beklagten ferner angeführten B-Patente (EP 1 434 AAK; EP 1 439 AAL; EP 1 441 AAM; EP 1 441 AAN) gilt nichts anderes.

Zutreffend ist zwar, dass die von der Beklagten in Bezug genommenen B-Schutzrechte auch Zer-aktivierten YAG-Leuchtstoff beschreiben. So beansprucht z.B. Unteranspruch 38 der DE 297 24 AAH zunächst Schutz für ein besonderes Bauelement, bei dem das Lumineszenzkonversionselement mindestens einen anorganischen Leuchtstoff aus der Gruppe der Phosphore aufweist. Gemäß Unteranspruch 39 der DE 297 24 AAH ist der anorganischen Leuchtstoff bevorzugt aus der Gruppe der Ce-dotierten Leuchtstoffe ausgewählt und gemäß Unteranspruch 40 ist der anorganischen Leuchtstoff besonders bevorzugt YAG:CE. In der Beschreibung der DE 297 24 AAH heißt es hierzu auf Seite 10 (vgl. auch S. 12, 14, 17, 18, 24):

„… Ein besonders bevorzugter anorganischer Leuchtstoff zur Herstellung von Weiß leuchtenden erfindungsgemäßen Halbleiterbauelementen ist der Phosphor YAG:CE (Y3Al5O12:Ce3+). ….“

Eine entsprechende Beschreibungspassage enthält auch die DE 297 24 AAI (S. 10). Die von der Beklagten ferner angeführten Schutzrechte schlagen als Leuchtstoff für ein weiß leuchtendes Halbleiterbauelement ebenfalls bevorzugt YAG:CE vor (vgl. z.B. EP 0 907 AAC, Abs. [0032], [0037], [0045], [0046], [0055] und [0032] sowie Unteranspruch 17; DE 297 24 AAH, Spalte 2 Zeilen 21 ff., Spalte 5, Zeile 31 und Unteranspruch 2). Auch wenn die angesprochenen Lizenzschutzrechte hiernach einen YAG:Ce-Leuchtstoff offenbaren und sie dessen Verwendung als bevorzugt beschreiben, ändert dies aber nichts daran, dass der jeweilige Hauptanspruch dieser B-Schutzrechte die Verwendung eines solchen Leuchtstoffs nicht verlangt. Unter den jeweiligen Hauptanspruch der Lizenzschutzrechte fällt vielmehr z.B. auch ein TAG:Ce-Leuchtstoff, mögen die betreffenden Schutzrechte auch keine spezifische Offenbarung von TAG:CE-Leuchtstoffen enthalten. Auch können die betreffenden Lizenzschutzrechte in der Praxis – wie von B praktiziert – zumindest auch mit einem TAG-Leuchtstoff sinnvoll benutzt werden.

cc)
Soweit die Beklagte nunmehr erstmals geltend macht, ihr sei es gerade um die Nutzung von YAG-Fluoreszensmaterial gegangen, kann sie mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen einschließlich ihres Beweisantrittes im Berufungsrechtszug nicht mehr gehört werden.

In ihrem Schriftsatz vom 01.12.2016 (S. 26 [Bl. 554 GA]) trägt die Beklagte erstmals vor, dass sie an einer Lizenz mit B nur interessiert gewesen sei, wenn diese keine Festlegung auf ausschließlich TAG-Fluoreszensmaterial bedeuten würde. Hierzu führt sie Folgendes aus:

„Es ging der Beklagten auch um die Nutzung von YAG-Fluoreszensmaterial und zwar ohne die Gefahr, dafür von der Klägerin angegriffen zu werden. Dies Ziel war zu Beginn der Gespräche zwischen B unter Beklagten Thema, konnte aber zunächst nicht erreicht werden. Dies änderte sich jedoch 2004. B zeigte der Beklagten ganz bewusst den Assurance Letter und bestätigte, dass Angriffe der Klägerin deshalb nicht mehr zu fürchten seien. Dies war der Sinn und Zweck, warum B auf die Aufnahme der „foreign counterparts“ in den Assurance Letter bestand. Im Hinblick auf die Nichtangriffsabrede des Assurance Letters wurde dann der Lizenzvertrag zwischen B und der Beklagten ausgearbeitet.“

Bei diesen Ausführungen handelt es sich um völlig neues – von der Klägerin bestrittenes – Vorbringen, mit dem die Beklagte in zweiter Instanz nicht mehr gehört werden kann (§ 531 Abs. 2 ZPO). Weshalb die Beklagte Entsprechendes nicht bereits in erster Instanz vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, ist weder dargetan noch ersichtlich. Dem auf Vernehmung des Rechtsanwalts M gerichteten Beweisantrages der Beklagten, der ebenfalls verspätet ist, muss daher nicht nachgegangen werden.

Abgesehen davon ergibt sich aus dem in Rede stehenden Vorbringen der Beklagten nicht, dass ihr von ihrer Lizenzgeberin (B) bei Vorlage der Zusicherungserklärung oder bei Abschluss des Lizenzvertrages mitgeteilt worden ist, dass mit Angriffen der Klägerin in Bezug auf LEDs mit YAG-Leuchtstoff im Hinblick auf die nunmehr vorliegende Zusicherungserklärung nicht mehr gerechnet werden müsse. Nach ihrem Vorbringen soll ihr bloß bestätigt worden sein, dass „Angriffe“ nicht zu befürchten seien. Damit konnten indes auch bloß Angriffe in Bezug auf LEDs mit TAG-Leuchtstoff gemeint seien. Dass B ihr die von der Klägerin abgegebene Zusicherungserklärung näher erläutert und in diesem Zusammenhang mitgeteilt habe, die Klägerin sei aufgrund dieser Erklärung (auch) gehindert, Patentrechte gegen LEDs mit YAG-Leuchtstoffen geltend zu machen, behauptet die Beklagte nicht. Diesbezüglich ergibt sich auch nichts aus der von ihr als Anlage B 19/19a vorgelegten Erklärung des Rechtsanwalts M.

e)
Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es auf die weiteren Streitpunkte im Zusammenhang mit der Zusicherungserklärung nicht an. Insbesondere kann dahinstehen, ob die Beklagte die in Ziffer 1 (ii) der Zusicherungserklärung genannte Bedingung erfüllt. Auch kommt es vorliegend nicht darauf an, ob der zwischen der Beklagten und B abgeschlossene Lizenzvertrag nach wie vor Bestand hat. Schließlich muss auch nicht aufgeklärt werden, welchen weiteren Inhalt der von der Beklagten lediglich auszugsweise vorgelegte Lizenzvertrag mit B hat.
C.
Das Klagepatent betrifft eine lichtemittierende Vorrichtung mit einer lichtemittierenden Diode (LED= Light Emitting Diode), die in vielerlei Weise zu Beleuchtungszwecken eingesetzt werden kann. Die Vorrichtung enthält ein lichtemittierendes Halbleiterbauteil und einen Leuchtstoff, der in der Lage ist, das von dem lichtemittierenden Bauteil ausgesandte Licht (teilweise) in Licht mit einer anderen Wellenlänge umzuwandeln.

Bei einer LED handelt es sich üblicherweise um ein optoelektronisches Halbleiter-bauelement, das elektrischen Strom direkt in Licht umwandeln kann und daher als helle, energiesparende Lichtquelle einsetzbar ist (vgl. deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift, DE 697 02 AAB T4, Abs. [0001]; die nachfolgenden Bezugnahmen beziehen sich jeweils auf die T4-Schrift; BPatG, Urt. v. 24.09.2014 – 2 Ni 11/12 (EP) [nachfolgend: NU], S. 19). Lichtemittierende Dioden können z.B. als energiesparende Lichtquelle für Innen- und Außenbeleuchtungen, für Hintergrundbeleuchtungen oder die Beleuchtung in Anzeigenelementen (Displays) eingesetzt werden (Abs. [0001]).

Für die Erzeugung von Licht nutzen lichtemittierende Dioden elektrische und optische Eigenschaften von Halbleitern. Es gibt zahlreiche Halbleiter. So wird beispielsweise Silizium zur Herstellung von Microchips eingesetzt. Optoelektronische Bauelemente nutzen für die Lichterzeugung hingegen kein Silizium. Sie werden vielmehr üblicherweise aus sog. Verbindungshalbleitern wie Galliumarsenid (GaAs), Indiumarsenid (InAs), Galliumnitrid (GaN), Indiumnitrid (InN) oder Verbindungen derselben hergestellt. Manche solcher Verbindungshalbleiter haben die Fähigkeit, aus durch das Halbleitermaterial fließendem Strom sichtbares Licht zu erzeugen.

Lichtemittierende Dioden sind grundsätzlich kompakt und senden Licht einer klaren Farbe mit einem hohen Wirkungsgrad aus. Weil lichtemittierende Dioden aus Halbleiterbauelementen bestehen und kein Vakuum oder gasförmige Leuchtmittel benötigen, brennen sie nicht durch und haben gute Anlaufeigenschaften, eine hohe Rüttelfestigkeit und eine Beständigkeit gegen wiederholtes Ein- und Ausschalten (Abs. [0002]).

Die Klagepatentschrift führt einleitend zum Stand der Technik aus, dass lichtemittierende Dioden für die drei Primärfarben Rot, Grün und Blau (RGB-Farben) mit einer äußerst hohen Leuchtdichte und einem hohem Wirkungsgrad entwickelt wurden. LED-Displays, die solche Dioden benutzen, können nach den Angaben der Klagepatentschrift mit geringerer Leistung betrieben werden und zeichnen sich durch gute Eigenschaften wie geringes Gewicht und lange Lebensdauer aus (Abs. [0002]).

Wie die Klagepatentschrift in Ihrer Einleitung weiter ausführt, wurden im Stand der Technik verschiedene Versuche unternommen, Quellen weißen Lichts unter Verwendung von lichtemittierenden Dioden herzustellen. Aufgrund ihrer physikalischen Wirkungsweise senden lichtemittierende Halbleiterbauteile das Licht nur in einem eng begrenzten, beispielsweise im roten, grünen oder blauen Wellenlängenbereich in effizienter Weise aus. Um jedoch weißes Licht bereitstellen zu können, müssen unterschiedliche Farben gemischt werden. So ergibt sich weißes Licht z.B. aus einer additiven Mischung von rotem, grünem und blauem Licht, weswegen weißes Licht ausstrahlende Leuchtdioden in bekannter Weise dadurch hergestellt werden können, dass sog. Rot-, Grün- und Blau-Komponenten dicht beieinander angeordnet werden und das von diesen ausgesendete Licht gestreut und gemischt wird (vgl. Abs. [0002]; BGH, NU, Rn. 6; BPatG, NU, S. 19). Die Klagepatentschrift beanstandet an einer derartigen Anordnung als nachteilig, dass für die Ansteuerung der unterschiedlichen Halbleiterchips, die mit unterschiedlichen elektrischen Leistungen betrieben würden und unterschiedliche Spannungen erforderten, die Einrichtung eines aufwendigen Steuerkreises erforderlich sei. Zudem führten Unterschiede im Temperaturverhalten, in der zeitlichen Entwicklung und in der Betriebsumgebung der lichtemittierenden Komponenten ebenso wie Fehler beim gleichförmigen Mischen des von den lichtemittierenden Komponenten ausgesendeten Lichts zu Änderungen im Farbton. Eine zufriedenstellende Lichtquelle, die imstande sei, durch Benutzung von lichtemittierenden Komponenten weißes Licht auszusenden, sei deshalb bislang nicht erhalten worden (Abs. [0003]).

Die Klagepatentschrift führt einleitend weiter aus, dass der Anmelder des Klagepatents, um diese Probleme zu lösen, bereits zu einem früheren Zeitpunkt in mehreren japanischen Druckschriften, u.a. in der JP-A-5-152AAO, beschriebene lichtemittierende Dioden entwickelt habe, die mittels eines mit einem Harz verschmolzenen Fluoreszenzmaterials imstande seien, die Farbe des von den lichtemittierenden Komponenten ausgesendeten Lichts in weißes Licht umzuwandeln. Das Fluoreszenzmaterial absorbiere das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendete blaue Licht, woraufhin gelbes Licht mit einer von der Wellenlänge des absorbierten Lichts abweichenden Wellenlänge (Wellenlängenwandlung) ausgesendet werde (Abs. [0004], [0005], [0006]).

Die Klagepatentschrift gibt an, dass sich bei solchen lichtemittierenden Dioden der Zustand des Fluoreszenzmaterials verschlechtern könne. Dies führe zu einer Farbtonabweichung und zu einem Nachdunkeln des Materials und habe eine niedrigere Ausbeute an abgegebenem Licht zur Folge. Zu einem beschleunigten Abbau des Fluoreszenzmaterials könne beispielsweise die Benutzung der lichtemittierenden Komponente über einen ausgedehnten Zeitraum führen. Zudem könne das Material durch von der lichtemittierenden Komponente übertragene Wärme, durch Sonnenlicht oder durch Feuchtigkeit, die von außen in die Diode gelange oder während des Herstellungsvorgangs hineingeraten sei, beeinträchtigt werden (Abs. [0007], [0008], [0009]).

Das Klagepatent hat es sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe gemacht, die oben beschriebenen Probleme zu lösen und eine lichtaussendende Vorrichtung vorzustellen, die nur einen äußerst geringen Grad der Abnahme an Intensität, Wirkungsgrad und Farbverschiebung des emittierten Lichts über einen langen Zeitraum der Benutzung mit hoher Leuchtdichte aufweist (Abs. [0013]; BGH, Urt. v. 16.08.2016 – X ZR 96/14 [nachfolgend: NU], Rn. 9). Bezüglich der einzelnen Komponenten der Vorrichtung bedeutet dies (vgl. Abs. [0014] und BPatG, NU, S. 20):

(1) dass das lichtemittierende Halbleiterbauteil imstande sein muss, Licht hoher Leuchtdichte mit einer Lichtemissionscharakteristik auszusenden, die über einen langen Einsatzzeitraum stabil ist,

(2) dass das Fluoreszenzmaterial in der Nähe des lichtemittierenden Halbleiterbauteils mit hoher Leuchtdichte eine ausgezeichnete Beständigkeit gegen Licht und Wärme haben muss, so dass sich seine Eigenschaften nicht ändern, auch wenn es über einen ausgedehnten Zeitraum dem emittierten Licht hoher Intensität ausgesetzt wird, und

(3) dass das Fluoreszenzmaterial imstande sein muss, mit einem hohen Wirkungsgrad das stark monochromatische Licht, das von dem lichtemittierenden Halbleiterbauteil ausgesendet wird, zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die von der des Lichtes abweicht, das von dem lichtemittierenden Halbleiterbauteil ausgesendet wird,

Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 des Klagepatents eine lichtemittierende Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Lichtemittierende Vorrichtung, die enthält:

a) ein lichtemittierendes Teil und

b) einen Leuchtstoff.

2. Das lichtemittierende Teil
.
a) ist eine blaues Licht emittierende Diode (LED),

b) die einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von Galliumnitrid (GaN) enthält.

3. Der Leuchtstoff

a) ist in der Lage, einen Teil des von der Diode ausgesandten Lichtes zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von derjenigen des absorbierten Lichtes unterscheidet,

b) enthält ein Granat-Fluoreszenzmaterial der Formel

(Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce

(Zer-aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat) mit 0 ≤ r ≤1, wobei Aluminium (Al) mindestens teilweise durch Gallium (Ga) oder Indium (In) ersetzt sein kann, und

c) befindet sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der Diode.

4. Ein Hauptemissionspeak der Diode liegt innerhalb des Bereichs von 400 bis 530 nm.

5. Eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs ist länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils.

Die vorstehende Merkmalsgliederung entspricht der Merkmalsgliederung des Bundesgerichtshofs in seinem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsurteil vom 16.08.2016 (Rn. 10); sie fasst die im Anspruch angegebenen Merkmale in einem funktionalen Sinn zusammen. Abweichend von der Merkmalsgliederung des Bundesgerichtshofs heißt es in Merkmal 3 b) allerdings, dass Aluminium (Al) mindestens teilweise durch „Gallium (Ga) oder Indium (In)“ ersetzt sein kann. Soweit in der Merkmalsgliederung des Bundesgerichtshofs in Merkmal 3 b) statt „Gallium“ von „Gadolinium“ die Rede ist, enthält das Nichtigkeitsurteil eine offensichtliche Unrichtigkeit, weil das im Patentanspruch angegebene Elementsymbol „Ga“ das chemische Element Gallium bezeichnet.

Die unter Schutz gestellte lichtemittierende Vorrichtung zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine blaues Licht emittierende Diode (LED) mit einem Hauptemissionspeak innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm enthält, und zudem einen Leuchtstoff in direktem oder indirektem Kontakt mit der LED umfasst, der in der Lage ist, einen Teil des von der LED ausgesandten Lichtes zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet. Die blaues Licht emittierende LED enthält hierbei ein bestimmtes Halbleiterbauteil und der Leuchtstoff der lichtemittierenden Vorrichtung enthält einen bestimmten Leuchtstofftyp.

Bei dem Halbleiter handelt sich nach Merkmal 2 b) um einen „Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von Galliumnitrid (GaN)“. Dem Fachmann – als solcher ist hier ein Diplomphysiker auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie oder ein Chemiker auf dem Gebiet der physikalischen Chemie anzusehen, der über mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung von Halbleiterleuchtdioden verfügt und speziell mit der Entwicklung weißer Leuchtdioden betraut ist (BGH, NU, Rn. 11; BPatG, NU, Rn. 22) – erschließt sich hierbei schon aus der Angabe „auf der Grundlage von GaN“, dass der patentgemäße Halbleiter ein „Verbindungshalbleiter“ ist. Galliumnitrid (GaN) ist nämlich zwingend ein Verbindungshalbleiter, weil die Verbindung zweier Elemente (Gallium und Stickstoff) als chemische Grundstruktur des Halbleiters vorliegen muss. Dass es sich um einen Verbindungshalbleiter handelt, wird im Patentanspruch allerdings auch explizit angegeben. Der erfindungsgemäße Verbindungshalbleiter muss nicht ausschließlich aus Galliumnitrid (GaN) bestehen. Anspruchsgemäß muss er nur „auf der Grundlage von GaN“ gebildet sein. Wie sich aus Unteranspruch 2 und Absatz [0020] der Klagepatentschrift ergibt, kann der Verbindungshalbleiter z.B. auch Indium (In) enthalten.

Der Leuchtstoff der lichtemittierenden Vorrichtung enthält gemäß Merkmal 3 b) ein „Granat-Fluoreszenzmaterial“, worunter ein Fluoreszenzmaterial mit einer sog. Granat-Struktur zu verstehen ist (vgl. a. Abs. [0074], [0075], [0110], [0111], [0115]). Nach der Lehre des Klagepatents soll ein bestimmtes Granat-Fluoreszenzmaterial verwendet werden, nämlich ein solches gemäß der im Patentanspruch 1 genannten Formel, die wie folgt lautet:

(Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1.

Es handelt es sich hierbei um ein mit Zer (Ce) aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat (YAG) mit 0 ≤ r ≤1. In der Patentbeschreibung wird das klagepatentgemäße Fluoreszenzmaterial demgemäß als „mit Zer aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat-Fluoreszenzmaterial (YAG-Leuchtstoff)“ (vgl. Abs. [0070], [0105], [0110], [0113], [0114], [0115]), als „YAG-Fluoreszenzmaterial mit Granatstruktur“ (vgl. Abs. [0075], [0111]), „mit Zer aktivierten Granat-Leuchtstoff“ (Abs. [0067], [0068]), „mit Zer aktiviertes fluoreszentes Granat-Material“ (Abs. [0070], [0089]) und als „YAG-Fluoreszenzmaterial mit Granatstruktur“ (Abs. [0070]) bezeichnet. Für die Aktivierung werden vergleichsweise geringe Mengen von Zer (Ce) in das Grundmaterial eingebracht. Yttrium-Aluminium-Granat kristallisiert in einer kubischen Granatstruktur (vgl. Privatgutachten Prof. H, Seite 5), wobei Yttrium (Y) – entweder mit oder ohne Gadolinium (Gd), das nach der im Anspruch genannten Formel ganz (r = 1) oder teilweise (0 ≤ r ≤ ) an die Stelle von Yttrium treten kann – Aluminium (Al) und Sauerstoff (O) in einem Verhältnis von Y:Al:O = 3:5:12 auftreten. Wie der nachfolgend wiedergegebenen schematischen Zeichnung entnommen werden kann, wird der Aufbau durch AlO4-Tetraeder (grau) sowie AlO6-Oktaeder (blau) bestimmt (vgl. a. Privatgutachten Prof. Dr. H, Seite 5):

Das Aluminium-Atom ist jeweils im Zentrum der AlO4-Tetraeder (grau) bzw. AlO6-Oktaeder (blau) angeordnet. Zwischen den AlO4-Tetraeder (grau) und den AlO6-Oktaeder (blau) wird auf einer achtfach von Sauerstoff (rot) koordinierten Position Yttrium (Y) (gelb) eingebaut.

Yttrium (Y), Gadolinium (Gd) und Zer (Ce) gehören zu den sog. Metallen der seltenen Erden (vgl. [0082], [0136], [0146], [0174]). Einen Teil dieser seltenen Erden bilden die sog. Lanthanoide, denen sowohl Gadolinium (Gd) als auch Zer (Ce) zugerechnet werden. Beide Elemente werden, wenn vorhanden, hauptsächlich auf der achtfach koordinierten Position von Yttrium (Y) in das Kristallgitter eingebaut. Hierdurch entsteht die Granatstruktur (vgl. Abs. [0074], [0075], [0110], [0111], [0115]). Zer (Ce) ist ein sog. Aktivator des Leuchtstoffs. Es sorgt für die Lumineszenz (Leuchtanregung) des Farbstoffs. Obwohl nur vergleichsweise geringe Mengen des Aktivators in den Leuchtstoff eingesetzt werden, haben Aktivatoren entscheidende Bedeutung für die Lichtemissionseigenschaften des Leuchtstoffs. Hohe Konzentrationen können sogar zu einem Löschen der Lumineszenz führen. Selbst wenn der Aktivator – wie hier Zer (Ce) – hinter einem Dotierungszeichen („:“) der chemischen Zusammensetzung des Leuchtstoffs nachgestellt ist, wie dies hier der Fall ist [(Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce], ersetzt der Aktivator einen Teil der in der Formel des Leuchtstoffs genannten Elemente. Vorliegend tritt Zer (Ce) innerhalb der Granatstruktur teilweise an die Stelle von Yttrium (Y).

Das mit dem Element Zer (Ce) aktivierte Yttrium-Aluminium-Granat absorbiert das von der lichtemittierenden Diode ausgesandte Licht teilweise und gibt Licht mit größerer Wellenlänge (insbesondere gelbes Licht) ab. Die additive Mischung der Lichtemissionen im blauen und gelben Lichtspektrum ergibt weißes Licht (BGH, NU, Rn. 12).

D.
Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland lichtemittierende Vorrichtungen in den Verkehr gebracht hat, die von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen.

1.
Die angegriffenen Ausführungsformen entsprechen der unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß. Dies hat die Klägerin unter Vorlage von Privatgutachten schlüssig dargetan. Die Untersuchungen und die Ausführungen der Privatgutachter der Klägerin sind nachvollziehbar und tragen die von der Klägerin geltend gemachte Patentverletzung. Dem Sachvortrag der Klägerin und den von dieser vorgelegten Privatgutachten ist die Beklagte nicht erheblich entgegengetreten.

a)
Die Beklagte bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland unstreitig lichtemittierende Vorrichtungen auf LED-Basis mit den Typenbezeichnungen „D“, „E“, „F“ und „G“.

b)
Solche Vorrichtungen hat die Klägerin nach ihrem Vortrag untersucht bzw. untersuchen lassen. Nach ihren Ausführungen machen die von ihr untersuchten angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

aa)
Wie die Klägerin schlüssig dargetan hat, handelt es sich bei den angegriffenen Ausführungsformen um lichtemittierende Vorrichtungen, die ein lichtemittierendes Teil und einen Leuchtstoff enthalten (Merkmal 1). Bei dem lichtemittierenden Teil handelt es sich nach dem Vortrag der Klägerin um einen Verbindungshalbleiter in der Form eines LED-Chips basierend auf Indiumgalliumnitrid (InGaN), was sich auch aus den vorgelegten Produktspezifikationen ergibt. Die Verbindungshalbleiter der angegriffenen Ausführungsformen enthalten damit Galliumnitrid (GaN), weshalb es sich bei ihnen um Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von Galliumnitrid im Sinne des Merkmals 2 a) handelt. Dass die Verbindungshalbleiter auch Indium (In) enthalten, steht der Verwirklichung des Merkmals nicht entgegen, weil das Klagepatent – wie ausgeführt – dies nicht nur ausdrücklich erlaubt, sondern sogar als vorteilhaft ansieht (Unteranspruch 2 und Abs. [0020]). Der LED-Chip strahlt nach dem Vortrag der Klägerin blaues Licht ab (Merkmal 2 a)), dessen Hauptemissionspeak nach den Messungen der Klägerin zwischen 450 und 460 nm und damit im beanspruchten Bereich liegt (Merkmal 4). Die Klägerin hat ferner dargetan, dass der LED-Chip der angegriffenen Ausführungsformen jeweils von einem Überzugsmaterial umgeben ist, das eine Vielzahl von Partikeln aufweist. Bei diesen handelt sich zumindest teilweise auch um Leuchtstoffartikel, die gelb leuchten, wenn sie mit blauem Licht bestrahlt werden (Merkmale 1 a) und 3). Der im Überzugsmaterial eingebettete Leuchtstoff ist ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Abbildungen jedenfalls in der Nähe der Diode angeordnet und befindet sich damit zumindest im indirekten Kontakt mit dem LED-Chip (Merkmal 3 c)).

bb)
Die Klägerin hat weiter – untermauert durch Privatsachverständigengutachten – dargetan, dass die den Leuchtstoff bildenden Partikel ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der in Merkmal 3 b) angegebenen chemischen Formel enthalten.

Zur Feststellung der Verwirklichung des Merkmals hat die Klägerin die angegriffenen Ausführungsformen u.a. durch ihren Privatgutachter Prof. Dr. J mittels energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX = Energy Dispersive X-ray Spectroscopy) untersuchen lassen. Es handelt sich hierbei um eine Messmethode aus der Materialanalytik. Das Verfahren nutzt die von einer Probe emittierte Röntgenstrahlung für die Untersuchung der Elementenzusammensetzung. Dazu werden die Atome in den Proben mithilfe eines Elektronenstrahls angeregt, die daraufhin charakteristische Röntgenstrahlung mit einer elementspezifischen Energie aussenden. Die Energie und die Intensität der charakteristischen Röntgenstrahlung gibt Aufschluss über die Elementenzusammensetzung der Proben. Wie auch der Privatgutachter der Kläger Prof. Dr. H bestätigt hat, handelt es sich bei dieser Methode um eine übliche analytische Messung zur Charakterisierung einer chemischen Zusammensetzung. Aus den Ergebnissen der EDX-Untersuchungen kann danach die Auswahl der in einer untersuchten Probe überhaupt vorliegenden chemischen Elemente verlässlich eingeschränkt werden, wobei auch Nebenbestandteile bzw. Spuren mit dieser Methode verlässlich erfasst werden können (Privatgutachten Prof. H, S. 6/7). Mittels der von ihm durchgeführten EDX-Untersuchung hat der Privatgutachter der Klägerin Prof. Dr. J festgestellt, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen I („D“) und III („F“) die Leuchtstoffpartikel in zwei unterschiedlichen Zusammensetzungen vorliegen, nämlich einerseits bestehend aus Yttrium (Y), Aluminium (Al), Sauerstoff (O) und Zer (Ce) und andererseits bestehend aus Yttrium (Y), Aluminium (Al), Sauerstoff (O) und Zer (Ce) und Gadolinium (Gd) (Privatgutachten Prof. J, S. 6, 11 und 16). Ferner ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen II („E TW“) und IV („G“) die Leuchtstoffpartikel aus Yttrium (Y), Aluminium (Al), Sauerstoff (O) und Zer (Ce) bestehen (Privatgutachten Prof. J, S. 9, 14 und 16).

Die angegriffenen Ausführungsformen hat die Klägerin ferner von ihrem Privatgutachter Prof. Dr. H mittels Röntgenpulverdiffraktometrie untersuchen lassen. Wie die Klägerin erläutert hat, können Kristallstrukturen aus Röntgenbeugungsdaten an Pulvern bestimmt werden, weil jeder kristalline Festkörper ein ganz spezielles Beugungsmuster erzeugt. Die mittels dieser Methode erstellten Röntgenpulverdiffraktometrien enthalten in reduzierter und verschlüsselter Form die Information über die räumlich und zeitlich gemittelte Kristallstruktur. Sowohl die exakten Positionen als auch die relative Intensität der Linien im Röntgenpulverdiffraktogramm sind für ein bestimmtes Material charakteristisch. Um die Proben besser einordnen zu können, wurden diese jeweils mit zwei kommerziell erhältlichen YAG-Pulvern (Y3Al5O12:Ce) von Philips und Phosphor Technology verglichen. Zur Verbesserung der Untersuchungsergebnisse hat der Privatgutachter der Klägerin seine Untersuchungsergebnisse außerdem mittels eines speziellen Rechenverfahrens (sog. Rietfeldverfeinerung) überprüft. Ergänzend hat er schließlich noch die von der Klägerin gemessenen Emissionsspektren der angegriffenen Ausführungsformen untersucht. Der Privatgutachter der Klägerin Prof. Dr. H ist auf der Grundlage seiner eigenen Untersuchungsergebnisse sowie derjenigen von Prof. Dr. J zu dem aus seiner Sicht eindeutigen Ergebnis gelangt, dass die angegriffenen Ausführungsformen jeweils einen YAG:CE3-Leuchstoff (= Y3Al5O12:Ce-Leuchtstoff) enthalten, wobei der Leuchtstoff der angegriffenen Ausführungsformen I und III nach den EDX-Messungen von Prof. Dr. J teilweise mit Gadolinium (Gd) substituiert ist und wobei der Leuchtstoff der angegriffenen Ausführungsform II und IV nach den EDX-Messungen von Prof. Dr. J keine weitere Substitution aufweist (Privatgutachten Prof. Dr. H, S. 17, 21, 25, 33 und 33).

Soweit die Beklagte in erster Instanz gegenüber den von der Klägerin vorgelegten Röntgenpulverdiffraktometrie-Untersuchungsergebnissen eingewandt hat, dass die entsprechenden Peaks (Ausschläge) der zum Vergleich analysierten handelsüblichen YAG-Pulvern in der grafischen Darstellung nicht exakt mit den Positionen der markierten Peaks des analysierten Materials der angegriffenen Ausführungsformen übereinstimmten, beruht diese Feststellung offensichtlich auf einem rein optischen Vergleich der unterschiedlichen Röntgenpulverdiffraktogramme, wohingegen die Schlussfolgerungen des Privatgutachters der Klägerin nach deren Erläuterungen nicht auf einem Vergleich innerhalb der grafischen Darstellung, sondern auf dem Vergleich der jeweiligen Messpositionen basierend auf den Rohdaten des Diffraktometers beruhen. Da es sich bei den untersuchten Proben nicht um reine Leuchtstoffpartikel, sondern um in dem Überzugsmaterial eingebettete Leuchtstoff-Partikel handelt, sind zwar zusätzliche Ausschläge eines anderen kristallinen Materials und ein „Grundrauschen“ in den vorgelegten Röntgenpulverdiffraktogrammen zu erkennen. Nach den Erläuterungen der Klägerin sind diese jedoch für das Untersuchungsergebnis, d.h. den Nachweis von YAG:Ce, unbeachtlich. Die zusätzlichen Peaks in den Röntgenpulverdiffraktogrammen der Proben der angegriffenen Ausführungsform I, die nicht mit einem die übereinstimmenden Ausschläge markierenden Sternchen (*) gekennzeichnet sind, sind nach dem von Prof. Dr. H erstellten Privatgutachten der Verbindung Bariumsulfat (BaSO4) zuzuordnen, welches eine eigene kristalline Phase darstellt, die getrennt von dem identifizierten YAG-Leuchtstoff vorliegt und diesen in seiner Funktion als Leuchtstoff beeinträchtigt (Gutachten Prof. H, S. 29 f.). Der von der Klägerin beauftragte Gutachter Prof. Dr. H hat die von ihm gefundenen Untersuchungsergebnisse nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Rietveld-Verfeinerung jedenfalls für ausreichend erachtet und als aussagekräftig angesehen.

Soweit die EDX-Messergebnisse von Prof. Dr. J auch einen Peak von Kohlenstoff (C) enthalten, ist dieser Ausschlag nach den plausiblen Erläuterungen der Klägerin technisch bedingt und hinsichtlich der Elementenzusammensetzung der untersuchten Proben unbeachtlich. Die Proben sind nämlich nicht leitfähig. Um zu vermeiden, dass sich die nicht leitfähigen Proben bei der untersuchungsbedingten Anregung mittels eines Elektronenstrahls aufladen, werden sie mit Kohlenstoff bedampft, wodurch sie leitfähig werden. Auf diese Beschichtung ist der in den EDX-Untersuchungen festgestellte Kohlenstoff zurückzuführen. Nach den weiteren Erklärungen der Klägerin ist auch der in den EDX-Messergebnissen mit einem Sternchen (*) gekennzeichnete Peak bei etwa 0 keV Energie für die Elementenzusammensetzung ohne Bedeutung. Es handelt sich hierbei um einen durch das EDX-Messgerät bei jeder Untersuchung erzeugten so genannten „Mikrofonie-Peak“. Soweit die Beklagte in erster Instanz eingewandt hat, dass die laut EDX-Untersuchung neben Yttrium (Y) auch Gadolinium (Gd) enthaltenden Leuchtstoffpartikel der angegriffenen Ausführungsform I auf einen Widerspruch gegenüber den Untersuchungsergebnissen der Röntgenpulverdiffraktometrie hindeuteten, liegt ein solcher Widerspruch nach den ebenfalls plausiblen Erläuterungen der Klägerin nicht vor, weil Gadolinium (Gd) in der Granatstruktur des Leuchtstoffes an die Stelle von Yttrium (Y) tritt und dieser Unterschied anhand des Röntgenpulverdiffraktogramm nicht erkennbar ist.

Die Klägerin hat vor diesem Hintergrund nicht nur schlüssig, sondern auch substanziiert dargetan, dass die angegriffenen Ausführungsformen als Leuchtstoffe jeweils ein mit Zer (Ce) dotiertes YAG, d.h. ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel (Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1, enthalten, wobei die angegriffenen Ausführungsformen I und III zwei Arten von Leuchtstoffen enthalten, wovon bei einem Yttrium (Y) teilweise durch Gadolinium (Gd) ersetzt ist. Eine solche Ersetzung ist nach der in Merkmal 3 b) genannten Formel ausdrücklich als Alternative vorgesehen.

cc)
Dargelegt hat die Klägerin schließlich auch, dass nach der von ihr durchgeführten Messung der Lichtemission der Leuchtstoff der angegriffenen Ausführungsformen einen Teil des vom LED-Chip emittierten blauen Lichts absorbiert (Merkmal 3 a)) und Licht mit einer Wellenlänge abstrahlt, deren Peaks zwischen 550 und 570 nm liegen. Damit sendet der Leuchtstoff der angegriffenen Ausführungsformen Licht mit einer Wellenlänge aus, die sich von der des absorbierten Lichts unterscheidet (Merkmal 3 a)) und deren Hauptemissionswellenlänge länger ist als die des Hauptemissionspeaks des lichtemittierenden Teils (Merkmal 5).

dd)
Die Klägerin hat somit – unter Vorlage von Privatgutachten – schlüssig aufgezeigt, dass die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machen.

c)
Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte den schlüssigen Sachvortrag der Klägerin nicht erheblich bestritten hat.

aa)
Will der Beklagte in einem Patentverletzungsprozess geltend machen, die angegrif-fene Ausführungsform sei in ihren konstruktiven Einzelheiten oder ihrer Zusammensetzung unzutreffend beschrieben, darf er sich nicht darauf beschränken, den Sachvortrag des Klägers zur Ausgestaltung des vermeintlichen Verletzungsgegenstandes lediglich pauschal zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, zu den einzelnen relevanten Behauptungen in der Klageschrift Stellung zu nehmen und sich über die diesbezüglichen tatsächlichen Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß zu erklären (§ 138 Abs. 1 ZPO). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Beklagte von sich aus das Gericht und den Kläger über den wirklichen Verletzungstatbestand zu unterrichten hätte. Der Beklagte kann sich im Gegenteil auf das Bestreiten bestimmter vom Kläger behaupteter technischer Merkmale beschränken. Allerdings darf dieses Bestreiten nicht pauschal bleiben, sondern muss konkret und substanziiert sein. Kein erhebliches Bestreiten stellt es dar, wenn sich der Beklagte darauf beschränkt, am Sachvortrag des Klägers lediglich zu bemängeln, dessen Ausführungen zum Verletzungstatbestand seien unsubstanziiert. Ein derartiges Bestreiten geschieht in der Praxis – so auch hier – vor allem im Hinblick auf solche Merkmale, die im Wege des bloßen Augenscheins nicht feststellbar sind, sondern sich erst aufgrund von Analysen oder Messungen erschließen. Seiner Darlegungslast kommt der Kläger hier zunächst dadurch nach, dass er die konkrete Behauptung aufstellt, die angegriffene Ausführungsform mache von jedem Merkmal des Patentanspruchs Gebrauch. Irgendeines Nachweises hierzu bedarf es zunächst noch nicht. Die Notwendigkeit ergänzenden, weiter substanziierten Vortrages ergibt sich für den Kläger erst dann, wenn der Beklagte die Verwirklichung eines oder mehrerer Merkmale bestritten hat. Dem Beklagten obliegt es deshalb, sich – und zwar der Wahrheit gemäß (§ 138 Abs. 1 ZPO) – darüber zu erklären, ob und ggf. welches Anspruchsmerkmal von der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht werden soll. Dies kann zunächst zwar ebenfalls pauschal erfolgen und braucht nicht weiter substanziiert zu werden als die gegenteilige (pauschale) Behauptung des Klägers. Nur wenn der Beklagte sich im genannten Sinne konkret geäußert hat, ist der betreffende Sachvortrag streitig, so dass der Kläger jetzt seine Verletzungsbehauptung weiter ausführen und ggf. beweisen muss (Senat, Urt. v. 17.12.2015 – I-2 U 54/04, juris; Kühnen, a.a.O., Kap. E Rn. 136 und 138).

bb)
Im Streitfall hat die Klägerin – wie ausgeführt – unter Vorlage von Privatgutachten schlüssig und nachvollziehbar dargetan, dass die angegriffenen Ausführungsformen sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 wortsinngemäß verwirklichen. Dem diesbezüglichen Sachvortrag ist die Beklagte nicht konkret entgegengetreten. Sie hat weder erklärt, dass ein bestimmtes Anspruchsmerkmal von den angegriffenen Ausführungsformen aus einem bestimmten Grund nicht verwirklicht wird, noch hat sie, nachdem die Klägerin die von ihr in Auftrag gegebenen Privatgutachten vorgelegt hat, eigene Untersuchungsberichte oder Privatgutachten präsentiert, die dem Vortrag der Klägerin und den von der Klägerin überreichten Privatgutachten entgegenstehen. Soweit die Beklagte den Vortrag der Klägerin zur Verwirklichung der Anspruchsmerkmale durch die angegriffenen Ausführungsformen lediglich dadurch in Frage stellt, dass sie diesen als unsubstanziiert bezeichnet und sie Kritik an den von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten übt, stellt dies kein erhebliches Bestreiten dar. Es reicht – wie ausgeführt – nicht aus, wenn sich der Beklagte darauf beschränkt, am Sachvortrag des Klägers lediglich zu bemängeln, dessen Ausführungen zum Verletzungstatbestand seien unsubstanziiert. Es hätte der Beklagten vielmehr angesichts des substanziierten, durch Privatgutachten belegten Sachvortrages der Klägerin oblegen, konkret darzutun, welches Merkmal aus welchem Grunde nicht verwirklicht sein soll. Hieran fehlt es jedoch. Tatsächlich bestreitet die Beklagte den Sachvortrag der Klägerin allein mit Nichtwissen. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist ein solches Bestreiten hier jedoch unzulässig.

(1)
Eine Erklärung mit Nichtwissen sieht § 138 Abs. 4 ZPO nur für solche Tatsachen vor, die nicht eigene Handlungen der Partei betreffen oder Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung sind. Solches ist prinzipiell zu bejahen, wenn der Beklagte z.B. ein patentgeschütztes Verfahren nicht selbst anwendet oder als Spediteur naturgemäß keine Kenntnis von der konstruktiven Beschaffenheit der beförderten Ware hat. Auch wenn die Einzelheiten der Verfahrensführung bzw. des Transportgutes keine „eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen“ des Beklagten sind, scheidet eine Anwendung des § 138 Abs. 4 ZPO selbst in einem solchen Fall allerdings aus, wenn seine Unkenntnis darauf beruht, dass er bestehende Erkundigungspflichten verletzt hat (vgl. Senat, Urt. v. 17.12.2015 – I-2 U 54/04; Kühnen, a.a.O., Kap. E Rn. 140). Solche Erkundigungspflichten werden in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BB 2001, 2187; NJW 1999, 1965; GRUR 2010, 1107, 1108 – JOOP!; vgl. a. OLG Köln, NZG 2002, 870) angenommen, wenn es sich bei dem entgegnungsbedürftigen Sachverhalt um Vorgänge im Bereich von Personen – nicht nur der eigenen, sondern auch einer fremden Firma – handelt, die unter Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung derjenigen Partei tätig geworden sind, die sich im Prozess zu den Behauptungen des Gegners zu erklären hat (BGH, GRUR 2009, 1142 – MP3-Player-Import; vgl. auch Senat, GRUR-RR 2011, 121, 122 – Vorrichtung zum Streckblasformen). Auch in Bezug auf solche Tatsachen ist ein Bestreiten mit Nichtwissen erst zulässig, wenn die Partei ihrer bestehenden Pflicht zur Informationsbeschaffung nachgekommen ist (BGHZ 109, 205, 210 = NJW 1990, 453; BGH, GRUR 2010, 1107, 1108 – JOOP!). Eine Erkundigungs-Konstellation kann z.B. vorliegen, wenn der Beklagte auf die Vorarbeit eines Dritten – der z.B. das patentierte Verfahren an-wendet – zurückgreift (LG Düsseldorf, InstGE 7, 70 – Videosignal-Codierung I). Hingegen hat die Rechtsprechung ein Bestreiten mit Nichtwissen seitens eines Computerhändlers für unzulässig angesehen, wenn es um die Verletzung eines (Standard-)Patents durch von ihm vertriebene PC mit aufgespielter oder auf Datenträger beigefügter Software geht, da der Computerhändler in seinen Erkenntnismöglichkeiten gerade nicht wie etwa ein bloßer Spediteur beschränkt ist (LG Mannheim InstGE 12, 136, 141 – zusätzliche Anwendungssoftware).

(2)
Hiervon ausgehend kann im Streitfall auch die Beklagte die Benutzung der Lehre des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht mit Nichtwissen bestreiten. Denn sie stellt die angegriffenen Vorrichtungen selbst her, so dass diese sich – einschließlich der zur Herstellung verwendeten Bauteile und Materialien – in ihren Händen befinden. Sie sind damit Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO. Zwar stellt die Beklagte das Fluoreszenzmaterial der angegriffenen Ausführungsformen nicht selbst her, sondern bezieht dieses von einem Dritten. Auch ist die chemische Zusammensetzung des Leuchtstoffmaterials der von ihr hergestellten und vertriebenen lichtemittierenden Vorrichtungen nicht unmittelbar im Wege des bloßen Augenscheins erkennbar. Dies berechtigt die Beklagte jedoch nicht dazu, die Verwirklichung des Merkmals 3 b) mit Nichtwissen zu bestreiten. Im Hinblick auf die im Rahmen von § 138 Abs. 4 ZPO geltenden Informations- und Erkundigungspflichten ist aber auch das als Gegenstand der eigenen Wahrnehmung anzusehen, was erst durch die zumutbare Verwendung weiterer Hilfsmittel wie beispielsweise chemischen oder physikalischen Analysemethoden und/oder Messungen etc. offenbar wird, weshalb sich grundsätzlich selbst ein Händler nicht damit entlasten kann dass er selbst keine aktuelle Kenntnis von der Zusammensetzung des von ihm vertriebenen Produktes hat (vgl. Senat, Urt. v. 17.12.2015 – I-2 U 54/04; Kühnen, a.a.O., Kap. E Rn. 141). Erst recht gilt dies für einen Hersteller, der für die von ihm hergestellten Erzeugnisse verantwortlich ist. Die entsprechende prozessuale Obliegenheit beruht auf dem Gedanken, dass sich grundsätzlich keine Partei auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen können soll, die die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Kenntnisnahme der relevanten Tatsachen nicht nutzt, obwohl ihr dies in zumutbarer Weise möglich wäre. Dies gilt auch und gerade für den Beklagten in einem Patentverletzungsrechtsstreit. Denn umgekehrt ist auch der Patentinhaber im Falle eines erheblichen Bestreitens seitens des Beklagten gehalten, seinen Sachvortrag weiter zu substantiieren, was es in Fällen wie dem vorliegenden in der Regel erforderlich macht, dass er eigene Untersuchungen vornimmt oder durch Dritte vornehmen lässt. Ein Unternehmen mit eigener Forschungs- und Entwicklungsabteilung, das selbst den erforderlichen Sachverstand und die fachlichen Mittel zur Untersuchung der angegriffenen Ausführungsform auf ihre im Rahmen der geltend gemachten Patentverletzung relevanten Eigenschaften hat, ist deshalb ohne weiteres verpflichtet, solche Untersuchungen durchzuführen. Aber auch einer Partei, die nicht über die erforderliche fachliche Ausstattung und/oder den erforderlichen Sachverstand zu einer eigenen Untersuchung des potentiellen Verletzungsgegenstands verfügt, ist grundsätzlich zuzumuten, Untersuchungen durch fachkundige Dritte vornehmen zu lassen (Senat, Urt. v. 17.12.2015 – I-2 U 54/04; Kühnen, a.a.O., Kap. E Rn. 141). Sollte die Beklagte daher, obgleich sie die angegriffenen Gegenstände selbst herstellt, tatsächlich keine Kenntnis von der genauen Zusammensetzung des von ihr bei den angegriffenen Ausführungsformen eingesetzten Fluoreszenzmaterials haben, hätte sie dieses untersuchen bzw. durch einen Sachverständigen untersuchen lassen müssen.

(3)
Dass die Klägerin die von ihr in Deutschland erworbenen Muster, die sie nach ihrem Vortrag durch ihre Privatgutachter hat untersuchen lassen, nicht vorgelegt und/oder nicht weiter individualisiert hat, ist ohne Bedeutung. Die Beklagte kann jedenfalls die von ihr derzeit hergestellten und bei ihr vorhandenen LED-Typen „D“, „E“, „F“ und „G“ und/oder das für diese Typen eingesetzte Fluoreszenzmaterial untersuchen. Das Ergebnis einer solchen Untersuchung kann durchaus relevant sein. Zeigt sich nämlich, dass es sich bei dem eingesetzten Leuchtstoffmaterial um ein anderes als das in Merkmal 3 b) beschriebene Fluoreszenzmaterial handelt, wäre ein Bestreiten der Verwirklichung des Merkmals 3 b) nämlich zulässig und erheblich, wenn der Beklagten keine entsprechenden Vorrichtungen (oder bei diesen verwendetes Fluoreszenzmaterial) aus früheren Produktionen, insbesondere aus den Jahren 2009 oder 2010, mehr vorrätig hat, sie sich solche auch von ihren Abnehmern nicht mehr beschaffen kann und sie auch von Seiten ihres Leuchtstoff-Lieferanten keine (anderweitigen) Erkenntnisse, namentlich zu zwischenzeitlichen Änderungen des für den jeweiligen LED-Typ bestimmten Fluoreszenzmaterials, erhalten kann. Andere Untersuchungen könnte die Beklagte unter diesen Umständen nicht anstellen. Werden hingegen die von der Klägerin vorgetragenen Untersuchungsergebnisse durch die von der Beklagten selbst durchgeführten bzw. in Auftrag gegebenen Untersuchungen bestätigt, verbietet sich im Hinblick auf die der Beklagten obliegende Wahrheitspflicht ein solches Bestreiten. Denn selbstverständlich richtet sich der Klageangriff auch gegen solche schutzrechtsverletzenden Vorrichtungen, die die Beklagte aktuell zum Nachteil der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland anbietet und vertreibt (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E Rn. 142).

(4)
Daraus folgt zugleich, dass es der Verpflichtung der Beklagten, sich durch eine Untersuchung der von ihr hergestellten und vertriebenen LEDs über die Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsformen zu informieren, nicht entgegensteht, dass in der Vergangenheit unterschiedliche Fluoreszenzmaterialien zum Einsatz gekommen sein könnten. Die die Beklagte treffende Untersuchungspflicht dient gerade dem Zweck zu ermitteln, ob die von ihr vertriebenen LEDs so beschaffen sind, wie dies von der Klägerin vorgetragen wird.

(5)
Abgesehen davon ist die Beklagte hier als Herstellerin der angegriffenen Gegenstände gehalten gewesen, sich beim Hersteller und Lieferanten des von ihr in den angegriffenen Ausführungsformen eingesetzten Fluoreszenzmaterials über dessen genaue Zusammensetzung zu erkundigen. Dass die Beklagte dies mit dem gebotenen Nachdruck getan und daraufhin keine (weitergehenden) Informationen erhalten hat, ist nicht feststellbar. Die Beklagte macht zwar geltend, dass es sich bei der konkreten chemischen Zusammensetzung des fluoreszierenden Materials um ein Geschäftsgeheimnis ihres Lieferanten handele und sie über die Zusammensetzung keine Informationen erhalten habe. Abgesehen davon, dass ihr Vorbringen insoweit völlig pauschal ist, hat sie weder durch Vorlage entsprechender Korrespondenz belegt, dass sie sich bei ihrem (welchen?) Lieferanten ernsthaft und nachdrücklich um weitere Informationen (welche?) bemüht und sie solche nicht erhalten hat, noch hat sie dies unter Beweis gestellt.

(6)
Letztlich räumt die Beklagte jedenfalls ein, zu wissen, dass in einigen Typen ihrer Vorrichtungen YAG-Leuchtstoff und in anderen TAG-Leuchtstoff eingesetzt wird. Dass und weshalb ihr ausgerechnet in Bezug auf die hier in Rede stehenden, weiß leuchtenden LED-Typen nicht bekannt ist, welche Art von Leuchtstoff von ihr verwendet wird, erläutert sie nicht, weshalb mit dem Landgericht davon ausgegangen werden muss, dass der Beklagten zumindest bekannt ist, dass bei den hier in Rede stehenden Typen als Fluoreszenzmaterial ein YAG-Leuchtstoff eingesetzt wird. Dass ein solcher Leuchtstoff eine andere Formel als die im Patentanspruch genannte Formel aufweisen kann, macht die fachkundige Beklagte, obwohl das Landgericht bei seiner Entscheidung (LG-Urt., S. 29) auch auf diesen Gesichtspunkt abgestellt hat, mit der Berufung nicht geltend.

E.
Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf ein Weiterbenutzungsrecht gemäß Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. berufen (Art. XI § 4 IntPatÜG).

1.
Ist die Übersetzung der europäischen Patentschrift fehlerhaft, darf nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. derjenige, der im Inland in gutem Glauben die Erfindung in Benutzung genommen oder wirkliche und ernsthafte Veranstaltungen zur Benutzung der Erfindung getroffen hat, nach Veröffentlichung der berichtigten Übersetzung die Benutzung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten unentgeltlich fortsetzen, wenn die Benutzung keine Verletzung des Patents in der fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift darstellen würde. Die Regelung begründet unter den in ihr genannten Voraussetzungen für den gutgläubigen Benutzer der Erfindung ein kostenloses Weiterbenutzungsrecht. Dieses erfasst solche Ausführungsformen, die zwar unter den Schutz des Patents fallen, aber von der fehlerhaften Übersetzung nicht erfasst würden, sofern diese für die Bestimmung des Schutzbereichs maßgeblich wäre (vgl. Senat, Urt. v. 24.06.2011 –
I-2 U 62/04, juris; Urt. v. 17.12.2015 – I-2 U 54/04, juris). Die angegriffene Ausführungsform darf mit anderen Worten bei Zugrundelegung der fehlerhaften Übersetzung keine Patentverletzung darstellen. Dies bedeutet, dass Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. nur dann greift, wenn der Fehler „schutzbereichsrelevant” ist. Der Übersetzungsfehler muss sich daher dergestalt auswirken, dass der Schutzbereich des Patents in der fehlerhaften Fassung im Vergleich zum Schutzbereich in der Originalfassung entweder anders und/oder enger ist. Zudem darf die Ausführungsform nicht von diesem anderen und/oder engeren Schutzbereich erfasst sein. Bleibt der Schutzbereich in der fehlerhaften Fassung der Patentschrift derselbe oder ist er sogar breiter als der Schutzbereich in der Originalfassung der Patentschrift, kommt eine Anwendung des Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. nicht in Betracht (Senat, Urt. v. 24.06.2011 – I-2 U 62/04, m. w. Nachw.).
2.
Die Voraussetzungen für ein Weiterbenutzungsrecht nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. sind hier nicht erfüllt.

a)
Zwar war die ursprüngliche deutsche Übersetzung (die T2- und die T3-Schrift) der in englischer Verfahrenssprache abgefassten Klagepatentschrift fehlerhaft, weil im Patentanspruch die Worte „compound semiconductor“ statt mit „Verbindungshalbleiter“ mit „Halbleitersubstanz“ und weil ferner die Formulierung „garnet fluorescent material“ statt mit „Granat-Fluoreszenzmaterial“ mit „granatrotes fluoreszierendes Material“ und „Granat-Fluoreszenzmaterial“ übersetzt waren. Erst mit der T4-Schrift ist am 07.10.2010 eine berichtigte Übersetzung im Patentblatt veröffentlicht worden.

b)
Der erste Übersetzungsfehler („Halbleitersubstanz“) ist aber schon nicht schutzbereichsrelevant, weil die angegriffenen Ausführungsformen das Merkmal 2.1 auch bei Zugrundelegung der fehlerhaften Übersetzung wortsinngemäß verwirklichen.

Nach der fehlerhaften Übersetzung des Patentanspruchs in der T2/T3-Schrift gibt dieses Merkmal vor, dass das lichtemittierende Teil „eine Halbleitersubstanz auf der Grundlage von GaN“ enthält. Der Fachmann versteht diese Formulierung dahin, dass das lichtemittierende Teil einen Halbleiter enthält, der (zumindest) aus Galiumnitrid (GaN) gebildet ist und bei dem es sich damit um einen Galliumnitrid-Verbindungshalbleiter handelt. Dass der lichtemittierende Teil auch einen Elementhalbleiter aufweisen muss, ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus dem Anspruchswortlaut und gegen eine dahingehende Auslegung des Merkmals spricht auch die Patentbeschreibung.

aa)
Die Beklagte schließt aus der Verwendung des Begriffs „Halbleitersubstanz“, dass das lichtemittierende Teil zwingend auch einen Elementhalbleiter aufweisen müsse, weil nur ein Elementhalbleiter als „Halbleitersubstanz“ bezeichnet werden könne, da er als Material selber, also als Element bzw. Substanz, Halbleitereigenschaften aufweise. Dem steht jedoch schon entgegen, dass unter den Begriff „Halbleitersubstanz“ nach dem allgemeinen Verständnis des Fachmanns sowohl Elementhalbleiter als auch Verbindungshalbleiter fallen. Wie sich nämlich aus dem von der Klägerin vorgelegten Auszug aus dem Lehrbuch „Physik der Halbleiterelemente“ von Thuselt ergibt, handelt es sich um einen Oberbegriff. Unter diesen fallen sowohl Elementhalbleiter als auch Verbindungshalbleiter; bei beiden Halbleitern handelt es sich nämlich um Arten von Halbleitersubstanzen. Ein Verbindungshalbleiter ist somit stets eine Halbleitersubstanz, umgekehrt ist aber nicht jede Halbleitersubstanz ein Verbindungshalbleiter. Entsprechendes gilt für Elementhalbleiter. Unter einer „Halbleitersubstanz“ versteht der Fachmann daher keineswegs nur Elementhalbleiter. Das von der Klägerin auszugsweise vorgelegte Lehrbuch ist zwar nachveröffentlicht. Dass der Fachmann den Begriff „Halbleitersubstanz“ am Prioritätstag enger verstanden hat, ist jedoch weder dargetan noch ersichtlich.

Wenn nach dem (fehlerhaft übersetzten) Patentanspruch das lichtemittierende Teil eine „Halbleitersubstanz auf der Grundlage von GaN“ enthalten soll, ist dem Fachmann schon vor diesem Hintergrund klar, dass hiermit ein Halbleiter gemeint ist, der (zumindest) aus Galliumnitrid (GaN) gebildet sein soll und bei dem es sich demgemäß um einen Verbindungshalbleiter handelt, weil Galliumnitrid (GaN) – wie ausgeführt – zwingend ein Verbindungshalbleiter ist.

Dass der lichtemittierende Teil auch einen Elementhalbleiter (z.B. Silicium) aufweisen muss, lässt sich auch nicht aus der Angabe „auf der Grundlage von GaN“ herleiten. Denn diese Formulierung besagt nur, dass die Halbleitersubstanz auf der Grundlage von Galliumnitrid (GaN) gebildet sein soll, d. h. der Halbleiter zumindest auf Galliumnitrid basieren soll. Es wird hingegen nicht gesagt, dass eine Halbleitersubstanz auf einer Grundlage von GaN „angeordnet“ werden soll.

bb)
Der Fachmann versteht den fehlerhaft übersetzten Patentanspruch deshalb schon nach seinem Wortlaut nicht dahin, dass der lichtemittierende Teil auch einen Elementhalbleiter aufweisen muss. Dies gilt erst recht, wenn er zur Auslegung des Patentanspruchs die Beschreibung heranzieht, die dazu dient, die durch den Patentanspruch geschützte technische Lehre zu erläutern und typischerweise anhand eines oder mehrerer Ausführungsbeispiele zu verdeutlichen.

Der Patentbeschreibung entnimmt der Fachmann, dass das Klagepatent in seiner Einleitung in Bezug auf die lichtemittierende Komponente des Standes der Technik von „Halbleiterbauelement“ (T2-Schrift, Seite 1 Zeile 16; Seite 2 Zeile 10; die nachfolgenden Bezugnahmen beziehen sich auf die T2-Schrift) und „Halbleiter“ (Seite 3 Zeilen 21 und 23) spricht. Aufgrund seines Fachwissens ist ihm bekannt, dass optoelektronische Bauelemente für die Lichterzeugung üblicherweise aus Verbindungshalbleitern hergestellt werden. Hieraus erschließt sich ihm, dass die Klagepatentschrift auch und gerade einen Verbindungshalbleiter als „Halbleiter“ bzw. „Halbleiterbauelement“ bezeichnet. Da die Klagepatentschrift den im Anspruch enthaltenen Begriff „Halbleitersubstanz“ in der Beschreibung nicht verwendet, nimmt der Fachmann an, dass hiermit nichts anderes gemeint ist, als ein „Halbleiterbauelement“ bzw. „Halbleiter“.

Der den Gegenstand des Klagepatents betreffenden Patentbeschreibung entnimmt der Fachmann weiter, dass erfindungsgemäß ein Verbindungshalbleiter eingesetzt wird, der zumindest aus Galliumnitrid (GaN) gebildet ist. In der allgemeinen Beschreibung heißt es zunächst, dass der „aus einer Nitridverbindung bestehende Halbleiter (allgemein dargestellt durch die chemische Formel InkGajAlkN mit 0 ≤ i, 0 ≤ j, 0 ≤ k und i + j + k = 1)“ verschiedene Materialien, darunter InGaN und GaN, die mit verschiedenen Fremdstoffen dotiert sind, enthält (Seite 6 Zeilen 4 bis 7). Nachfolgend ist im allgemeinen Beschreibungsteil von einem „Nitridverbindungshalbleiter“ die Rede (Seite 6 Zeile 11; Seite 26 Zeile 20) und es wird gesagt, dass es sich bei der lichtemittierenden Schicht vorzugsweise um einen „Galliumnitrid-Halbleiter“ handelt, der Indium (In) enthält (Seite 7 Zeilen 4 bis 7). Erwähnt werden damit ausschließlich Verbindungshalbleiter. Aus der besonderen Patentbeschreibung geht sodann hervor, dass eine „Nitridverbindung als Halbleiter“ (Seite 14 Zeile 25), eine „lichtemittierende Komponente mit Nitridverbindungshalbleiter“ (Seite 15 Zeilen 6/6 und 10/11), „als Halbleiterelement eine Gallium-Nitrid-Verbindung“ (Seite 16 Zeile 7; Seite 17 Zeile 8; Seite 24 Zeile 22), ein „Gallium-Nitrid-Halbleiter“ (Seite 21 Zeile 16; Seite 44 Zeile 17; Seite 56 Zeilen 14 u. 20), ein „GaInN-Halbleiter“ (Seite 44 Zeile 12), ein „Halbleiter mit Gallium-Nitrid-Verbindung“ (Seite 23 Zeilen 24/25 und 27; Seite 24 Zeilen 13, 24/25 u. 26; Seite 25 Zeile 12; Seite 32 Zeile 4), eine lichtemittierende Schicht „aus einem Galliumnitrid-Halbleitermaterial“ (Seite 24 Zeile 24/25), eine „Halbleiterschicht aus einer Galliumnitridverbindung“ (Seite 44 Zeile 16; Seite 51 Zeile 9; Seite 56 Zeile 13), eine „Halbleiterschicht aus einer Galliumnitridverbindung“ (Seite 51 Zeile 8/9) bzw. eine „Galliumnitrid-Halbleiterschicht (Seite 51 Zeile 9; Seite 56 Zeile 24) benutzt wird. Einen Hinweis darauf, dass neben einem solchen Verbindungshalbleiter ein Elementhalbleiter vorgesehen sein muss, lässt sich der gesamten Beschreibung nicht entnehmen; an keiner Stelle der Beschreibung wird auf die (zusätzliche) Verwendung eines Elementhalbleiters hingewiesen. In der Patentbeschreibung wird zwar erläutert, dass ein lichtemittierendes Teil aus mehreren Halbleiterschichten aufgebaut sein kann (vgl. Seite 44 Zeilen 15 ff.; Seite 51 Zeilen 8 ff.; Seite 56 Zeilen 13 ff.). Bei den konkreten Beispielen werden aber nur Verbindungshalbleiter beschrieben.

c)
Hinsichtlich des zweiten Übersetzungsfehlers kann sich die Beklagte ebenfalls nicht mit Erfolg auf ein Weiterbenutzungsrecht stützen. Es fehlt insoweit jedenfalls an den weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F.

aa)
Ein Weiterbenutzungsrecht kann nur dann entstehen, wenn der Benutzer die Erfindung „in gutem Glauben“ in Benutzung genommen oder wirkliche und ernsthafte Veranstaltungen zur Benutzung der Erfindung getroffen hat. Dafür ist es zwar nicht erforderlich, dass der Benutzer die ihm günstige Fassung der deutschen Übersetzung tatsächlich gekannt hat. Wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich entschieden hat (BGH, GRUR 2015, 361, 363 – Kochgeschirr), genießt vielmehr grundsätzlich auch derjenige den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG, der die ihm günstige, unrichtige Fassung der Übersetzung nicht gekannt hat. Erforderlich ist aber auch in diesem Fall, dass der Benutzer die Benutzung „in gutem Glauben“ aufgenommen hat. Auf den Gutglaubensschutz nach kann sich nur derjenige berufen, der, wäre ihm die fehlerhafte Übersetzung bekannt gewesen, zu dem Schluss hätte kommen dürfen, dass der Anspruch des betreffenden Patents auf einen vom dem tatsächlich geschützten abweichenden Gegenstand gerichtet ist (BGH, GRUR 2015, 361, 363 – Kochgeschirr). Ein guter Glaube ist z.B. dann zu verneinen, wenn der angesprochene Fachmann, sofern er die Übersetzung läse, deren Fehlerhaftigkeit ohne Weiteres erkennen würde und – ggf. unter Heranziehung der Übersetzung der Beschreibung – in der Lage wäre, den Inhalt des Patents zutreffend zu bestimmen (vgl. BGH, GRUR 2015, 361, 363 – Kochgeschirr; Senat, Urt. v. 17.12.2015 – I-2 U 54/04). Zu verneinen ist ein guter Glaube hierbei im Allgemeinen schon dann, wenn nur dem Patentanspruch ein Übersetzungsfehler anhaftet und der Benutzer bei Heranziehung der zutreffend übersetzten Beschreibung den Fehler unschwer erkennen konnte (Senat, Urt. v. 24.06.2011 – I-2 U 62/04; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 8. Aufl., Kap. E Rn. 411).

bb)
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kann sich die Beklagte vorliegend nicht auf einen Gutglaubensschutz berufen. Die Beklagte hätte, wenn sie die Fassung der deutschen Übersetzung gekannt hätte, damit rechnen müssen, dass dem Patentanspruch in der deutschen Fassung ein Übersetzungsfehler anheftet. Bei einem Blick in die zutreffend übersetzte Beschreibung hätte sie diesen Fehler ohne Weiteres erkennen können und sie wäre auch unschwer in der Lage gewesen, den Inhalt des Klagepatents zutreffend zu bestimmen.

Nach dem fehlerhaft übersetzten Patentanspruch soll der Leuchtstoff ein „granatrotes“ fluoreszierendes Material entsprechend der im Anspruch genannten Formel enthalten. Das Wort „granatrot“ gibt es zwar in der deutschen Sprache. Es hat zwei Bedeutungen: Zum einen steht es für „von der Farbe des Granats“ bzw. „braunrot“. Zum anderen hat es die Bedeutung von „purpur-“, korallenrot“ (www.duden.de Stichwort: „granatrot“). Im vorstehenden Zusammenhang weiß der Fachmann mit diesem Adjektiv aber nichts anzufangen. Der Anspruchswortlaut deutet darauf hin, dass das Fluoreszenzmaterial selbst „granatrot“ sein soll und zudem die Fähigkeit haben soll zu fluoreszieren. Weshalb das Fluoreszenzmaterial (vor seiner Anregung) eine „granatrote“ Farbe haben soll, erschließt sich dem Fachmann allerdings nicht. Denn ihm ist klar, dass es im Hinblick auf die Funktion des Fluoreszenzmaterials nicht darauf ankommt, welche Körperfarbe das Fluoreszenzmaterial hat, sondern welche Farbe das von dem durch das blaue Licht der LED angeregten Leuchtstoff abgestrahlte Licht hat.

Zur Ermittlung des Sinngehalts der im Patentanspruch enthaltenen Angabe „granatrot“ wird der Fachmann deshalb die Patentbeschreibung heranziehen. Bei deren Lektüre muss er feststellen, dass der Begriff „granatrot“ dort an keiner Stelle auftaucht. Zu entnehmen ist der Beschreibung statt dessen, dass es sich bei dem patentgemäßen fluoreszierenden Material um

• „fluoreszentes Granatmaterial“ (Anlage B 1, Seite 9 Zeilen 7 und 10),
• „mit Zer aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat-Material (Seite 9 Zeilen 15 und 18)
• „mit Zer aktivierten Granat-Leuchtstoff“ (Seite 16 Zeilen 9 und 14),
• mit bzw. durch „Zer aktiviertes fluoreszentes Granat-Material“ (Seite 16 Zeile 27)
• „mit Zer aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat-Fluoreszenzmaterial (YAG-Leuchtstoff)“ bzw. „(YAG-Fluoreszenzmaterial)“ (Seite 17 Zeilen 3/4; Seite 33 Zeilen 25/26),
• „mit Zer aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat-Fluoreszenzmaterial“ (YAG)“ (Seite 21 Zeile 18; Seite 32 Zeile 7; Seite 34 Zeile 7; Seite 35 Zeilen 10/11; Seite 36 Zeilen 2/3 und 10/11),
• „YAG-Fluoreszenzmaterial mit Granatstruktur“ (Seite 19 Zeilen 1/2; Seite 34 Zeilen 14/15),
• „YAG-Fluoreszenzmaterial“ (Seite 20 Zeile 12),
• „Yttrium-Aluminium-Granat-Fluoreszenzmaterial“ (Seite 20 Zeile 16; Seite 34 Zeilen 1/2; Seite 37 Zeile 1; Seite 45 Zeile 21),
• „mit Zer aktivierte fluoreszente Granatmaterialien“ (Seite 23 Zeilen 25/26),

handelt. Außerdem ergibt sich aus der Patentbeschreibung, dass sich das anspruchsgemäße Fluoreszenzmaterial durch eine „Granatstruktur“ (Seite 18 Zeile 12; Seite 19 Zeile 2; Seite 33 Zeile 26; Seite 37 Zeile 1) auszeichnet, wobei dem Fachmann – nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts – aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ohnehin bekannt ist, dass Fluoreszenzmaterial der im Patentanspruch angegebenen chemischen Formel in einer Granatstruktur kristallisiert und für die genannte Verbindung der Begriff Zer-aktiviertes „YAG“ geläufig ist. Vor diesem Hintergrund wird der Fachmann in Erwägung ziehen, dass der in dem Wort „grantrot“ enthaltene Wortbestandteil „granat“ als Hinweis darauf zu verstehen ist, das es sich bei dem erfindungsgemäßen Fluoreszenzmaterial um ein „Granatmaterial“ handelt, dass sich durch eine „Granatstruktur“ auszeichnet. Weshalb im Patentanspruch von „granatrotem fluoreszierendem Material“ die Rede ist, bleibt für ihn jedoch im Dunkeln.

Der Fachmann mag zwar weiter in Betracht ziehen, dass die Angabe „granatrot“ eine doppelte Bedeutung haben, nämlich zum einen die Struktur des Materials („granat“) und zum anderen dessen Farbe („rot“) beschreiben könnte. Auch aus der Patentbeschreibung erschließt sich ihm aber nicht, warum das Material ausgerechnet eine rote Materialfarbe haben soll. Gegen die Erwägung, dass die Farbeigenschaft im fluoreszierenden Zustand und damit die Farbe des von dem Leuchtstoff ausgesandten Lichts angesprochen sein könnte, spricht, dass im Patentanspruch nicht von „granatrot fluoreszierendem Material …“, sondern von „granatrotem fluoreszierendem Material“ die Rede ist. Außerdem entnimmt der Fachmann der Klagepatentbeschreibung, dass bei dem ersten Ausführungsbeispiel weißes Licht erzeugt wird, indem blaues Licht, das von dem lichtemittierenden Teil ausgesendet wird, und gelbes Licht, das von dem durch das blaue Licht angeregten Leuchtstoff ausgesendet wird, gemischt werden (vgl. Seite 16 Zeilen 9 bis 13 und Seite 17 Zeilen 8 bis 11). Sofern mit der Angabe „granatrotes“ auch die Farbe des von dem Leuchtstoff ausgestrahlten Lichts angesprochen wäre, würde daher dieses Ausführungsbeispiel nicht unter den Patentanspruch fallen. Ein Grund hierfür ist der Patentschrift jedoch nicht zu entnehmen und für den Fachmann auch nicht ersichtlich.

Weshalb zwingend ein fluoreszierendes Material verwendet werden soll, das im fluoreszierenden Zustand eine rote Körperfarbe hat und demgemäß rotes Licht auszusenden vermag, erschließt sich dem Fachmann auch nicht aus der weiteren Patentbeschreibung. In der das Beispiel 9 betreffenden Beschreibung ist zwar von einem (zweiten) Fluoreszenzmaterial die Rede, das rotes Licht auszusenden vermag (Seite 52 Zeile 16 und Seite 53 Zeile 1). Beschrieben wird dort allerdings die Herstellung einer Ausführungsform mit einem Leuchtstoff, der aus zwei Leuchtstoffen gemischt wird, nämlich aus Leuchtstoffen der Farben grün und rot. Die Herstellung dieses Leuchtstoffs wird auf Seite 52 Zeile 16 bis Seite 53 Zeile 17 erläutert. Der Fachmann entnimmt dieser Beschreibungsstelle, dass eine Mischung dreier Komponenten möglich ist, nämlich von grünem Leuchtstoff, rotem Leuchtstoff und Epoxidharz, um eine erfindungsgemäße Schicht aus Fluoreszenzmaterial herzustellen, die in der Lage ist, das von der lichtemittierenden Diode ausgestrahlte blaue Licht farbumzuwandeln. Entsprechendes gilt für das Beispiel 10, bei dem der Leuchtstoff ebenfalls durch das Mischen eines ersten Fluoreszenzmaterials, das grünes Licht auszusenden vermag, und eines zweiten Fluoreszenzmaterials, das rotes Licht aussenden kann, hergestellt wird (Seite 54 Zeilen 23 ff). Von einer derartigen Mischung ist im Anspruch aber nicht die Rede. Angesichts der Tatsache, dass in den Beispielen 9 und 10 das Fluoreszenzmaterial aus einem roten und einem grünen Leuchtstoff gemischt wird, ist dem Fachmann nicht verständlich, weshalb der Patentanspruch die Verwendung eines Leuchtstoffes verlangen sollte, der allein rotes Licht aussenden kann. Das gilt umso mehr, als in Beispiel 11 die Herstellung eines Leuchtstoffs durch Mischung eines Fluoreszenzmaterials, das gelbes Licht mit relativ kurzer Wellenlänge auszusenden vermag, und eines Fluoreszenzmaterials, das gelbes Licht mit relativ großer Wellenlänge aussenden kann (Seite 57 Zeilen 16 ff), beschrieben wird. Richtig ist zwar, dass in der Patentbeschreibung auch erläutert wird, wie die „Emission eines mehr rötlichen Lichts“ (Seite 18 Zeilen 19 ff) bzw. eines Lichts „von stärkerem Rot“ (Seite 22 Zeilen 11 ff) bzw. eines verstärkten „Rotanteils“ (Seite 22 Zeilen 20 ff) erreicht werden kann. Das bedeutet aber nicht, dass das Fluoreszenzmaterial ein (rein) rotes Licht aussendet, weil andernfalls – wie die Klägerin im ersten Verhandlungstermin unwidersprochen vorgetragen hat – durch die Mischung mit dem blauen Licht der LED kein weißes Licht erzeugt werden könnte. In den besagten Beschreibungsstellen wird nur zum Ausdruck gebracht, dass das von dem Leuchtstoff ausgesendete Licht einen stärkeren Rotanteil hat. Wie sich aus der von der Beklagten ebenfalls in Bezug genommenen Beschreibungsstelle auf Seite 15 Zeilen 20 bis 21 ergibt, soll der Leuchtstoff die Fähigkeit zur Emission von Licht „zwischen dem grünen und dem roten Bereich“ haben, um weißes Licht zu erzeugen. Nach den vorbezeichneten Beschreibungsstellen liegt die Emission lediglich mehr im roten Bereich. Es handelt sich aber um kein rotes Licht.

Der Fachmann hat vor diesem Hintergrund berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Übersetzung und wird daher, da er den übersetzten Patentanspruch auch bei Heranziehung der Patentbeschreibung nicht sinnvoll auslegen kann, den englischen Originaltext zurate zu ziehen. Dadurch wird ihm der vorliegende Übersetzungsfehler sofort offenbar.

cc)
Scheidet ein Gutglaubensschutz schon aus den vorstehenden Gründen aus, kann dahinstehen, ob von einer Gutgläubigkeit der in Taiwan ansässigen Beklagten, die in Deutschland unstreitig keine Niederlassung unterhält und die im Geschäftsverkehr in Chinesisch und Englisch kommuniziert, in Bezug auf die deutsche Übersetzung auch deshalb nicht ausgegangen werden kann, weil es sich bei der Beklagten um einen Ausländer handelt, dem die englischsprachige Erteilungsfassung des Klagepatents näher steht als die deutsche Übersetzung (vgl. hierzu Kühnen, a.a.O., Kap. E Rn. 411).

d)
Dass eine berichtigte deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift erst am 07.10.210 veröffentlicht worden ist, hat nicht zur Folge, dass eine Patentverletzung erst ab diesem Zeitpunkt vorliegen kann. Ein (Weiter-)Benutzungsrecht nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. setzt nach dem Wortlaut der Vorschrift zwingend und stets voraus, dass der Benutzer die Erfindung in gutem Glauben in Benutzung genommen oder ernsthafte Veranstaltungen zur Benutzungsaufnahme getroffen hat. Soweit Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. von „nach Veröffentlichung der berichtigten Übersetzung“ spricht, wird damit nur zum Ausdruck gebracht, dass derjenige, der in gutem Glauben an die Richtigkeit der Übersetzung die Benutzung der Erfindung aufgenommen oder ernsthafte Veranstaltungen zur Benutzungsaufnahme getroffen hat, die Erfindung auch nach Berichtigung der Übersetzung für die Bedürfnisse des eigenen Betriebes weiterbenutzen darf. Hingegen lässt sich aus dieser Formulierung nicht herleiten, dass es auf einen guten Glauben des Benutzers nicht ankommt, solange eine berichtigte Übersetzung nicht veröffentlicht worden ist (Senat, Urteil vom 24.06.2011 – I- 2 U 62/04).

F.
Dass die Beklagte im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Schutzrechtsverletzung bzw. –benutzung zur Unterlassung, und, weil sie das Klagepatent schuldhaft verletzt hat, auch zum Schadenersatz verpflichtet ist und der Klägerin, um ihr die Berechnung ihres Anspruches auf Schadenersatz zu ermöglichen, über den Umfang ihrer Verletzungshandlungen Rechnung zu legen hat, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt; auf diese von der Berufung nicht gesondert angegriffenen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

III.
Da die Berufung der Beklagten erfolglos geblieben ist, hat sie nach § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.