Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2566
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. Oktober 2016, Az. 4a O 174/15
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren Geschäftsführern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Dachfenster mit einem Rahmenaufbau und einem zu öffnenden glasscheibentragenden Flügelaufbau, wobei beide aus horizontalen Ober- und Unterteilen bestehen, die durch parallele Seitenteile verbunden sind, wobei der Flügelaufbau als ein Schwenkrahmen mit einer Schwenkachse annähernd in der Mitte zwischen den Ober- und Unterteilen und parallel zu diesen in dem Rahmenaufbau gelagert ist, und die Ober-, Unter- und Seitenteile der Rahmen- und Flügelaufbauten zumindest teilweise als Holzprofile ausgebildet sind, die an den nach außen weisenden Seiten mit wetterschützenden Verkleidungselementen zum dichtenden Umgeben der darunterliegenden Holzprofile sämtlicher von der Dacheindeckung hervorragenden Flächen verkleidet sind,
wobei die Verkleidungselemente mit den Holzprofilen in den Ober-, Unter- und Seitenteilen der Rahmen- und Flügelaufbauten über Eingriffs- und Befestigungsmittel verbunden sind, die derart ausgestaltet und/oder in Bezug auf die Verkleidungselemente angeordnet sind, dass ein Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit in die Holzprofile im Wesentlichen verhindert wird,
wobei die Verkleidungselemente eine haubenähnliche obere Verkleidungsabdeckung zum Abdecken der Oberteile der Rahmen- und Flügelaufbauten, ein inneres Glasleistenprofil zum Abdecken eines Teils der Oberkante jedes dem lichtdurchlassenden Bereich des Fensters zugewandten Flügelseitenteils, ein äußeres Verkleidungselement zum Abdecken des außerhalb der Dachfläche liegenden Teils der Außenseite jedes Rahmenseitenteils und des daran angrenzenden Teils der Oberkante des Rahmenseitenteils sowie ein oberes und ein unteres Abdeckungselement, die das Glasleistenprofil und das Rahmenverkleidungselement auf jeder Seite der Drehachse überlappen, umfassen
wobei das untere Abdeckungselement an dem unteren Teil des Flügelseitenteils befestigt ist, während das obere Abdeckungselement an den oberen Teil des Rahmenseitenteils oder an einem zwischen Rahmen- und Flügelteilen und über der Schwenkachse liegenden Zwischenflügelarm befestigt ist,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Abdeckungselemente als flache, trogförmige Profile mit demselben im Wesentlichen U-förmigen Profilquerschnitt ausgeführt sind und eine Außenwand und zwei flache Seitenwände umfassen, die aufrechtstehende Flanschwände auf dem Glasleistenprofil bzw. dem Rahmenverkleidungselement abdecken,
wobei das untere Abdeckungselement an seinem oberen Ende ein unter das untere Ende des oberen Abdeckungselements eingeschobenes gekröpftes Verbindungselement einer solchen Form aufweist, dass in der geschlossenen Stellung des Fensters die Abdeckungselemente mit deren Außenwänden und Seitenwänden zueinander fluchten, und dass das untere Abdeckungselement in der offenen Stellung des Fensters gegenüber dem oberen Abdeckungselement ungehindert nach außen schwenken kann;
2. der Klägerin – unter Vorlage eines einheitlichen geordneten Verzeichnisses – für die Zeit ab dem 21.06.2003 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Erzeugnisse gem. Ziffer I.1. zu erteilen und Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die Handlungen gemäß Ziffer I.1. seit dem 21.06.2003 begangen hat,
und zwar unter Angabe
a) der Menge der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse gemäß Ziff. I.1., unter Aufschlüsselung der einzelnen Herstellungs-, Eingangs- und Bestellmengen und
-zeiten
sowie, für die Zeit seit dem 01.09.2008, der Einkaufspreise für die vorgenannten Erzeugnisse, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer der genannten Erzeugnisse jeweils unter Vorlage von Kopien der zugehörigen Rechnungen oder, falls diese nicht vorhanden sind, Lieferscheine; wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftpflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer
und, für die Zeit seit dem 01.09.2008, der Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, jeweils unter Vorlage von Kopien der zugehörigen Rechnungen oder, falls diese nicht vorhanden sind, Lieferscheine, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftpflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie bei Internetwerbung des Schaltungszeitraums, der Internetadressen sowie der Suchmaschinen, bei denen die jeweiligen Seiten direkt oder über ein Gesamtangebot angemeldet waren;
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch seine Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer und/oder Angebotsempfänger in der erteilten Rechnung enthalten sind;
3. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben oder – nach ihrer (der Beklagten) Wahl – selbst zu vernichten;
wobei der Beklagten gestattet ist, anstelle der vollständigen Vernichtung der angegriffenen Fenster, diese in der Form umzugestalten, dass das untere Abdeckungselement (Kappenelement) an seinem oberen Ende kein verkröpftes Verbindungselement aufweist und in der geschlossenen Stellung des Fensters die Abdeckungselemente (Kappenelemente) mit deren Außenwänden und Seitenwänden nicht untereinander fluchten;
4. die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 30.04.2006 in Verkehr gebrachten und sich im Besitz gewerblicher Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen
a) zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Gericht auf eine Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 070 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse die Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der durch die Rückgabe entstehenden Kosten verbindlich zugesagt wird, und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen,
wobei der Beklagten gestattet ist, denjenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, anzubieten, anstatt das Erzeugnis gegen Erstattung des Kaufpreises an die Beklagte zurückzugeben, die Erzeugnisse von der Beklagten so umgestalten zu lassen, dass das untere Abdeckungselement (Kappenelement) an seinem oberen Ende kein verkröpftes Verbindungselement aufweist und in der geschlossenen Stellung des Fensters die Abdeckungselemente (Kappenelemente) mit deren Außenwänden und Seitenwänden nicht untereinander fluchten; wobei die Beklagte sämtliche Kosten der Umgestaltung trägt; und
b) endgültig zu entfernen, indem die Beklagte, erforderlichenfalls nach Ermittlung der Besitzer und Standorte der Erzeugnisse unter Auswertung ihr bekannter oder für sie verfügbarer Erkenntnismittel,
entweder hinsichtlich dieser Erzeugnisse für sie bestehende Rückforderungsansprüche, etwa aufgrund fortbestehenden Eigentums, gegen den jeweiligen Dritten geltend macht und, erforderlichenfalls mit gerichtlicher Hilfe, durchsetzt und, erforderlichenfalls nach Vollstreckung, diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt,
oder die Vernichtung dieser Erzeugnisse beim jeweiligen Dritten veranlasst, indem sie, falls ihr nicht aus sonstigen Gründen ein Anspruch auf Vernichtung gegen den jeweiligen Dritten zusteht, mit dem jeweiligen Dritten vereinbart, die bei dem Dritten befindlichen Erzeugnisse Zug um Zug gegen Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises und Übernahme der durch die Vernichtung entstehenden Kosten zu vernichten, und den Anspruch auf Vernichtung, erforderlichenfalls mit gerichtlicher Hilfe, durchsetzt und die Vernichtung, notfalls im Wege der Vollstreckung, entweder selbst durchführt oder durch eine von ihr zu benennende Person durchführen lässt, wobei die Vernichtung auch dadurch erfolgen kann, dass der Dritte die Erzeugnisse an einen von der Beklagten zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung herausgibt;
wobei der Beklagten gestattet ist, dem jeweiligen Dritten, anzubieten die Rückgabe der Erzeugnisse an die Beklagte oder dessen Vernichtung abzuwenden, indem der Dritte es der Beklagten gestattet, das jeweilige Erzeugnis in einer Form umzugestalten, dass das untere Abdeckungselement (Kappenelement) an seinem oberen Ende kein verkröpftes Verbindungselement aufweist und in der geschlossenen Stellung des Fensters die Abdeckungselemente (Kappenelemente) mit deren Außenwänden und Seitenwänden nicht untereinander fluchten; wobei die Beklagte sämtliche Kosten der Umgestaltung trägt.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen durch die seit dem 21.06.2003 begangenen Handlungen gemäß Ziffer I.1. entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.000.000,00.
T a t b e s t a n d
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Entfernung patentverletzender Vorrichtungen und Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, Schadensersatz zu leisten, in Anspruch.
Die Klägerin ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts (Anlage TW2) eingetragene Inhaberin des Deutschen Teils des Europäischen Patents EP 1 070 XXX B1 (nachfolgend: Klagepatent; vorgelegt in Anlage TW1). Das Klagepatent trägt den Titel „Ein Dachfenster mit Grundrahmen und Flügelverkleidungselementen“ und wurde am 25.03.1999 unter Inanspruchnahme des Prioritätsdatums 07.04.1998 der DK 49XXX angemeldet. Die Erteilung des in englischer Verfahrenssprache erteilten Klagepatents wurde am 21.05.2003 vom Europäischen Patentamt veröffentlicht. Das Deutsche Patent- und Markenamt veröffentlichte am 01.04.2004 als DE 699 08 XXX T2 eine deutsche Übersetzung des Klagepatents (vorgelegt in Anlage TW3).
Das Klagepatent steht in Kraft. Die Beklagte hat unter dem 21.04.2016 vor dem Bundespatentgericht eine Nichtigkeitsklage (vorgelegt in Anlage B3) gegen das Klagepatent eingereicht, über die noch nicht entschieden wurde.
Anspruch 1 des Klagepatents lautet in seiner englischen Originalfassung (Anlage TW1) wie folgt:
“A roof window with a frame structure and an openable, pane supporting sash structure, both consisting of horizontal top and bottom members (1, 2; 5, 6) connected by parallel side members (2, 4; 7, 8), the sash structure being accommodated in the frame structure as a pivot sash with a pivot axis (10) parallel with and approximately halfway between the top and bottom members (1, 2; 5, 6), whereby the top, bottom and side members (1 – 8) of the frame and sash structures at least partially are designed as wood profiles which on the outwards facing sides are covered by weather-shielding covering members (11, 12, 15, 17, 20, 21, 32) for sealing enclosure of the subjacent wood profiles on all surfaces protruding from the roofing, said covering members being connected with the wood profiles in the top, bottom and side members of the frame and sash structures by means of engagement and securing means (23 – 29, 40) which are designed in such manner and/or positioned such relative to the covering members that penetration of water and moisture into the wood profiles is substantially prevented, the covering members comprising a hood-like upper covering cap (32) for covering the top members (1, 5) of the frame and sash structures, an interior glazing profile (15) for covering a part of the upper edge (7, 8) of each sash side member facing the light-admitting area of the window, an exterior covering member (11) for covering the part of each frame side member (3, 4) protruding from the roofing of the exterior side and the adjoining part of the upper edge of the frame side member, and an upper and a lower cap member (20, 21) overlapping the glazing profile (15) and the frame covering member (11) on each side of the axis of rotation (10), and of which the lower cap member (21) is secured to the lower part of the sash side member (7, 8), whereas the upper cap member (20) is secured to the upper part of the frame side member (3, 4) or to an intermediate sash arm (36) connected between the frame and sash members (3, 4; 7, 8) and positioned above the pivot axis,
characterized in that said cap members (20, 21) are designed as flat, trough-shaped profiles with the same substantially U-shaped profile cross section comprising an exterior wall (20a, 21 a) and two low side walls (20b-c, 21b-c) covering upright flange walls (15b, 11c) on the glazing profile (15) and the frame covering member (11), respectively,
the lower cap member (21) having at its upper end a joggled connection member (22) inserted under the lower end of the upper cap member (20), said connection member having such a shape that the cap members (20, 21) in the closed position of the window are placed with their exterior walls (20a, 21a) and side walls (20b-c, 21b-c) in alignment with each other, and in that the lower cap member (21), when the window is open, may swing unimpededly outwards releative to the upper cap member (20).”
In der deutschen Übersetzung gemäß der T2-Schrift (Anlage TW3) lautet Anspruch 1 wie folgt:
“Dachfenster mit einer Rahmenkonstruktion und einer aufschliessbaren glasscheiben-tragenden Flügelkonstruktion, beide bestehend aus waagrechten Ober- und Unterteilen (1, 2; 5, 6), die durch parallele Seitenteile (2, 4; 7, 8) verbunden sind, wobei die Flügelkonstruktion als ein Schwenkrahmen mit einer Schwenkachse (10) annähernd in der Mitte zwischen den Ober- und Unterteilen (1, 2; 5, 6) und parallel zu diesen in der Rahmenkonstruktion gelagert ist, und die Ober-, Unter- und Seitenteile (1 – 8) der Rahmen und Flügelkonstruktionen zumindest teilweise als Holzprofile ausgebildet sind, die an den nach aussen wendenden Seiten mit wetterschützenden Verkleidungselementen (11, 12, 15, 17, 20, 21, 32) zum dichtenden Umhüllen der darunterliegenden Holzprofile sämtlicher von der Dacheindeckung hervorragenden Flächen ausgekleidet sind, welche Verkleidungselemente mit den Holzprofilen in den Ober-, Unter- und Seitenteilen der Rahmen- und Flügelkonstruktionen über Eingriffs- und Befestigungsorgane (23 – 29, 40) verbunden sind, die in bezug auf die Verkleidungselemente derart ausgestaltet und/oder angeordnet sind, dass Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit zu den Holzprofilen im wesentlichen verhindert wird, wobei die Verkleidungselemente eine haubenähnliche obere Bekleidungskappe (32) zum Abdecken der Oberteile (1, 5) der Rahmen und Flügelkonstruktionen, ein inwendiges Glasleistenprofil (15) zum Abdecken eines Teils der Oberkante (7, 8) jedes dem lichteinfallenden Bereich des Fensters zuwendenden Flügelseitenteils, ein äusseres Verkleidungselement (11) zum Abdecken des ausserhalb der Dachfläche liegenden Teils der Aussenseite jedes Rahmenseitenteils (3, 4) und des daran anstossenden Teils der Oberkante des Rahmenseitenteils sowie ein oberes und ein unteres Kappenelement (20, 21), die das Glasleistenprofil und das Rahmenverkleidungselement (11) auf jeder Seite der Drehachse (10) überlappen, umfassen, wobei das untere Kappenelement (21) an den unteren Teil des Flügelseitenteils (7, 8) befestigt ist, während das obere Kappenelement (20) an den oberen Teil des Rahmenseitenteils (3, 4) oder an einen zwischen Rahmen- und Flügelteilen (3, 4; 7, 8) und über der Schwenkachse liegenden Zwischenflügelarm (36 ) befestigt ist,
dadurch gekennzeichnet, dass erwähnte Kappenelemente (20, 21) als flache, trogförmige Profile mit demselben im wesentlichen U-förmigen Profilquerschnitt ausgeführt sind und eine Aussenwand (20a, 21a) und zwei niedrige Seitenwände (20b-c, 21b-c) umfassen, die aufrechtstehende Flanschenwände (15b, 11c) auf dem Glasleistenprofil (15) bzw. dem Rahmenverkleidungselement (11) decken,
wobei das untere Kappenelement (21) an seinem oberen Ende ein unter dem unteren Ende des oberen Kappenelements (20) eingeschobenes verkröpftes Verbindungselement (22) einer solchen Form aufweist, dass in der geschlossenen Stellung des Fensters die Kappenelemente (20, 21) mit deren Aussenwänden (20a, 21a) und Seitenwänden (20b-c, 21b-c) untereinander fluchten, und dass das untere Kappenelement (21) in der offenen Stellung des Fensters gegenüber dem oberen Kappenelement (20) ungehindert nach aussen schwenken kann.“
Zur Veranschaulichung der geschützten Lehre werden nachfolgend die Fig. 2 und 3 des Klagepatents verkleinert eingeblendet, die nach der Patentbeschreibung eine Explosionszeichnung eines erfindungsgemäßen Dachfensters und eine (teilweise geschnittene) schematische Seitenansicht einer Verbindung zwischen einem oberen und einem unteren Abdeckungselement zeigen:
Die Beklagte vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland A-B-Dachfenster mit einem dafür vorgesehenen A-Eindeckrahmen (nachfolgend zusammen: angegriffene Ausführungsform), beispielsweise ein A B-C Schwingfenster mit der Bezeichnung D und einen A-Eindeckrahmen E. Für die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform wird ergänzend auf den auszugsweise in Anlage TW6 vorliegenden Katalog der Beklagten und die von der Klägerin gefertigten Fotos der angegriffenen Ausführungsform in Anlage TW9 verwiesen.
Die Klägerin trägt vor, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent wortsinngemäß. In der ausschlaggebenden englischen Verfahrenssprache verlange das Klagepatent eine „openable, pane supporting sash structure“. „Openable“ sei in der Merkmalsgliederung und den Anträgen von der Klägerin zutreffend mit „zu öffnenden“ übersetzt worden. Entsprechend sei auch die Beschreibung in der Originalfassung zu verstehen.
Ein Weiterbenutzungsrecht nach Art. II § 3 Abs. 5 a.F. i.V.m. Art. XI § 4 IntPatÜG stehe der Beklagten nicht zu. Es fehle zum einen an einer Gutgläubigkeit der Beklagten. Zum anderen liege auch bei Zugrundelegung der fehlerhaften deutschen Übersetzung eine Verletzung vor. Die angegriffene Ausführungsform sei abschließbar und damit auch wieder „aufschließbar“, da ein entsprechender Verriegelungsmechanismus vorhanden sei. Dieser muss – insoweit unstreitig – mittels eines innenseitigen Betätigungsgriffs erst entriegelt werden, bevor das Fenster geöffnet werden kann. Selbst wenn man – unzutreffend – ein Schloss mit Schlüssel verlange, sei die angegriffenen Ausführungsform aufgrund des vorhandenen Verriegelungsmechanismus‘ äquivalent verletzend.
Im Klagepatent finde sich keine Grundlage dafür den Begriff des „dichtenden Umhüllens“ als vollständiges und dichtendes Abgrenzen des Holzprofils von der Umgebung auszulegen. In den Zeichnungen und der Beschreibung sei dies nicht gezeigt oder beschrieben. Eine Abdichtung sei vielmehr nur da erforderlich, wo die Konstruktion direkt mit Spritzwasser oder Regen in Kontakt kommen kann.
Der Merkmalswortlaut „im Wesentlichen U-förmigen Profilquerschnitt“ zeige die Zulässigkeit von Abweichungen. Die Verbindungselemente bildeten nur einen sehr kleinen Teil der unteren Abdeckungselemente und seien bei geschlossenem Fenster nicht sichtbar. Nur in diesem Zustand komme es auf das gewünschte einheitliche äußere Erscheinungsbild an.
Wie sich dem englischen Merkmalswortlaut entnehmen lasse, sei „bzw.“ im Anspruch als „und“ zu verstehen, so dass die Flanschenwände sowohl auf dem Glasleistenprofil als auch auf dem Rahmenverkleidungselement abgedeckt werden sollen.
Die Auslegung der Beklagten, ein ungehindertes Schwenken des unteren Abdeckungselements nach außen „in der offenen Stellung des Fensters“ beziehe sich auf eine Bewegung ausgehend von einem bereits geöffneten Fenster, beruhe auf einer rein philologischen Betrachtung des Anspruchs. Das Merkmal sei funktional vielmehr dahingehend zu verstehen, dass beim Öffnen des Fensters ein ungehindertes Schwenken möglich ist. Entsprechendes lasse sich auch für die angegriffene Ausführungsform feststellen.
Der Klageantrag umfasse zu recht ein Unterlassen des Herstellens, da die Beklagte auf ihrer Internetseite – unstreitig – angibt, 90 % der in Deutschland vertriebenen Produkte im Inland herzustellen. Zumindest bestehe bei der Beklagten eine Erstbegehungsgefahr für ein inländisches Herstellen.
Die von der Beklagten hilfsweise beantragte Teilvernichtung könne nicht verhindern, dass Abnehmer die angegriffenen Ausführungsformen wieder in patentgemäße Vorrichtungen zurückbauen.
Das Klagepatent werde sich auf die Nichtigkeitsklage der Beklagten hin als rechtsbeständig erweisen, so dass eine Aussetzung des Verfahrens nicht angezeigt sei.
Die Klägerin beantragt,
hinsichtlich Ziff. I.1, I.2 und II. des Tenors wie zuerkannt, sowie ferner,
die Beklagte zu verurteilen,
3. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben oder – nach ihrer (der Beklagten) Wahl – selbst zu vernichten;
4. die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 30.04.2006 in Verkehr gebrachten und sich im Besitz gewerblicher Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen
a) zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Gericht auf eine Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 070 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse die Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der durch die Rückgabe entstehenden Kosten verbindlich zugesagt wird, und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen, und
b) endgültig zu entfernen, indem die Beklagte, erforderlichenfalls nach Ermittlung der Besitzer und Standorte der Erzeugnisse unter Auswertung ihr bekannter oder für sie verfügbarer Erkenntnismittel,
entweder hinsichtlich dieser Erzeugnisse für sie bestehende Rückforderungsansprüche, etwa aufgrund fortbestehenden Eigentums, gegen den jeweiligen Dritten geltend macht und, erforderlichenfalls mit gerichtlicher Hilfe, durchsetzt und, erforderlichenfalls nach Vollstreckung, diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt
oder die Vernichtung dieser Erzeugnisse beim jeweiligen Dritten veranlasst, indem sie, falls ihr nicht aus sonstigen Gründen ein Anspruch auf Vernichtung gegen den jeweiligen Dritten zusteht, mit dem jeweiligen Dritten vereinbart, die bei dem Dritten befindlichen Erzeugnisse Zug um Zug gegen Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises und Übernahme der durch die Vernichtung entstehenden Kosten zu vernichten, und den Anspruch auf Vernichtung, erforderlichenfalls mit gerichtlicher Hilfe, durchsetzt und die Vernichtung, notfalls im Wege der Vollstreckung, entweder selbst durchführt oder durch eine von ihr zu benennende Person durchführen lässt, wobei die Vernichtung auch dadurch erfolgen kann, dass der Dritte die Erzeugnisse an einen von der Beklagten zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung herausgibt;
hilfsweise,
der Klägerin nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden;
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise:
das Verfahren gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des Patents EP 1 070 XXX (DE 699 08 XXX T2) erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.
weiter hilfsweise:
der Beklagten zu gestatten, anstelle der Vernichtung, des Rückrufs und der Entfernung aus dem Vertriebsweg die angegriffenen Fenster in der Form umzugestalten, dass das untere Kappenelement an seinem oberen Ende kein verkröpftes Verbindungselement aufweist und in der geschlossenen Stellung des Fensters die Kappenelemente mit deren Außenwänden und Seitenwänden nicht untereinander fluchten;
höchst hilfsweise:
der Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch in Form einer Bankbürgschaft erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.
Die Beklagte meint, das Klagepatent werde durch die angegriffene Ausführungsform nicht verletzt.
Die Beklagte vertreibe die angegriffene Ausführungsform in Vertrauen auf die Richtigkeit der deutschen Übersetzung gemäß der T2-Schrift. Insofern stehe ihr nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. (i.V.m. Art. XI § 4 IntPatÜG) jedenfalls ein Weiterbenutzungsrecht zu. In der Fassung der T2-Schrift verlange der geltend gemachte Anspruch eine „aufschließbare“ Flügelkonstruktion, was einen Aufschließmechanismus mit Schloss und Schlüssel voraussetze. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei dagegen nur ein reiner Öffnungsmechanismus vorhanden, den jedes Dachfenster aufweise. Es lasse sich auch der in diesem Zusammenhang allein maßgeblichen T2-Schrift nicht entnehmen, dass die Übersetzung falsch ist.
Das Klagepatent verlange, dass die Verkleidungselemente dichtend umhüllen. Der Begriff „Umhüllung“ setze grundsätzlich ein vollständiges und dichtendes Abgrenzen des Holzprofils von der Außenumgebung des Dachfensters von allen Seiten voraus. So sei auch in Abs. [0006] T2 des Klagepatents von einem vollständig geschlossenen Einhüllen der Holzteile die Rede. Dies korrespondiere mit der vom Anspruch geforderten Funktion, ein Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit in die Holzprofile zu verhindern.
Soweit der Anspruch zwei flache, trogförmige Profile mit demselben Profilquerschnitt verlange, sei er widersprüchlich, da das untere Kappenelement (Abdeckungselement) über ein verkröpftes Verbindungselement verfügen müsse. Insoweit ergäben sich unterschiedliche Profilquerschnitte. Das „im wesentlichen“ im Anspruchswortlaut beziehe sich nur auf die U-Form.
Der Anspruchswortlaut „beziehungsweise“ lasse die Auslegung zu, dass die Kappenelemente lediglich die Flanschenwände des Glasleistenprofils oder die Flanschenwände des Rahmenverkleidungselements (ab-) decken sollen. Sofern die Klägerin auf den englischen Anspruchswortlaut abstellt („and … respectively“), sei dies unzulässig.
Schließlich müsse nach dem Klagepatent das untere Kappenelement in der bereits geöffneten Stellung ungehindert nach außen schwenken können. Eine Schwenkbarkeit ausgehend von einem geschlossenen Fenster sei damit nicht angesprochen. Eine Schwenkbarkeit in der bereits offenen Stellung sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht gegeben.
Ein Unterlassungsanspruch im Hinblick auf Herstellungshandlungen bestehe nicht, da die angegriffene Ausführungsform in Polen hergestellt werde. Aufgrund zahlreicher Übersetzungsfehler sei der Unterlassungsantrag nicht vollstreckbar.
Der Vernichtungs- und Rückrufantrag seien unverhältnismäßig, die Verkleidungselemente, auf die sich der Kern des Patentschutzes beschränke, seien ohne Weiteres austauschbar.
Jedenfalls sei das Verfahren jedoch hilfsweise auszusetzen, da sich das Klagepatent im anhängigen Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde. Das Klagepatent sei nicht neu gegenüber der Entgegenhaltung DE 925 XXX (Entgegenhaltung E1). Zumindest fehle eine erfinderische Tätigkeit gegenüber der E1 in Kombination mit der DE 17 84 XXX (Entgegenhaltung E2) oder gegenüber der GB 2045XXX A (Entgegenhaltung D2) oder gegenüber der E2 in Kombination mit der DE 19 92 XXX U1 (Entgegenhaltung E3).
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2016 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die angegriffenen Ausführungsformen verletzen Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß (hierzu unter I.). Der Beklagten steht kein Weiterbenutzungsrecht zu (hierzu unter II.), so dass die Klägerin gegen sie die geltend gemachten Ansprüche aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140a Abs. 1, Abs. 3, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB hat, wobei die Ansprüche auf Vernichtung, Rückruf und Entfernung nicht in dem beantragen Umfang bestehen (hierzu unter III.). Im Rahmen des der Kammer zustehenden Ermessens wird das Verfahren nicht ausgesetzt (hierzu unter IV.).
I.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre von Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
1.
Das Klagepatent (nachfolgend nach Abs. als „T2“ in der Übersetzung nach Anlage TW3 zitiert) betrifft ein Dachfenster mit einer Rahmenkonstruktion und einer öffnenbaren Flügelkonstruktion, die eine Glasscheibe umfasst und gegenüber der Rahmenkonstruktion schwenkbar ist. Derartige Dachfenster sind vorbekannt und werden verbreitet verwendet (Abs. [0001] T2).
Die Profile der Rahmen- und Flügelkonstruktion sind dabei zumindest teilweise als Holzprofile ausgebildet. Um deren nach außen gerichtete Seiten vor eindringendem Wasser und Feuchtigkeit zu schützen, sind diese Seiten mit wetterschützenden Verkleidungselementen dichtend umhüllt. Zu diesen Verkleidungselementen gehören ein oberes und ein unteres Abdeckungselement (auch Kappenelemente genannt), die das Glasleistenprofil und das Rahmenverkleidungselement auf jeder Seite der Drehachse überlappen. Die wetterschützenden Verkleidungselemente sollen dabei einen möglichst vollständigen Außenschutz der Holzprofile in den Ober-, Unter- und Seitenteilen der Rahmen- und Flügelkonstruktion sichern (Abs. [0002] T2).
Das Klagepatent kritisiert, dass bei herkömmlichen Dachfenstern die Verkleidungselemente typischerweise mittels Schraubenverbindungen an die Holzprofilteile der Rahmen- und Flügelkonstruktionen befestigt werden, wobei die Schrauben direkt in die darunterliegenden Holzteile eingeschraubt werden. Hierbei sind für eine genaue Montage vorgebohrte Schraubenlöcher in den Holzteilen erforderlich. Zudem besteht das Risiko, dass insbesondere durch die Schraubenlöcher in den Verkleidungselementen Feuchtigkeit und Wasser in die Holzteile eindringt (Abs. [0003] T2).
Das Klagepatent erörtert weiter, dass bei zu öffnenden Dachfenstern die Verkleidungselemente auf den nach außen gerichteten Seiten der Rahmen- und Flügelkonstruktionen ein – bereits erwähntes – oberes und ein unteres Kappenelement (Abdeckungselement) aufweisen. Dabei ist das untere Abdeckungselement unter der Drehachse an dem unteren Teil des Flügelseitenteils befestigt, während das obere Abdeckungselement über der Drehachse an dem oberen Teil des Rahmenseitenteils oder an einem zwischen Rahmen- und Flügelteilen und über der Schwenkachse liegenden Zwischenflügelarm befestigt. Dadurch kann beim Öffnen des Fensters das untere Kappenelement dem Ausschwenken der Flügelkonstruktion folgen (Abs. [0004] T2).
Das Klagepatent geht sodann auf herkömmliche Fenster ein, wie sie beispielsweise aus der DE-A-24 43 098 (Anlage TW4) bekannt sind. Von der DE 24 43 098 A1 wird nachfolgend deren Fig. 1 zur Veranschaulichung verkleinert eingeblendet:
Hieran kritisiert das Klagepatent, dass es in Bezug auf diese Kappenelemente (Abdeckungselemente) schwierig war, eine zufriedenstellende Dichtung beim Übergang zwischen den oberen und unteren Kappenelementen und bei dem unteren Ende der unteren Kappenelemente zu erzielen (Abs. [0005] T2).
Das Klagepatent nennt es in Abs. [0006] T2 als seine Aufgabe, ein System von Verkleidungselementen für ein aufschliessbares Dachfenster aufzuzeigen, bei dem die Holzteile der Rahmen- und Flügelprofile vollständig eingehüllt sind, wobei gleichzeitig oben erwähntes Problem gelöst ist.
2.
Zur Lösung schlägt das Klagepatent ein Dachfenster nach Maßgabe von dessen Anspruch 1 vor, der sich in Form einer Merkmalgliederung wie folgt darstellen lässt:
1. Dachfenster mit einem Rahmenaufbau und einem zu öffnenden glasscheibentragenden Flügelaufbau, wobei beide aus horizontalen Ober- und Unterteilen (1, 2; 5, 6) bestehen, die durch parallele Seitenteile (3, 4; 7, 8) verbunden sind, wobei der Flügelaufbau als ein Schwenkrahmen mit einer Schwenkachse (10) annähernd in der Mitte zwischen den Ober- und Unterteilen (1, 2; 5, 6) und parallel zu diesen in dem Rahmenaufbau gelagert ist, und die Ober-, Unter- und Seitenteile (1 – 8) der Rahmen- und Flügelaufbauten zumindest teilweise als Holzprofile ausgebildet sind;
2 Die Ober-, Unter- und Seitenteile (1 – 8) sind an den nach außen weisenden Seiten mit wetterschützenden Verkleidungselementen (11, 12, 15, 17, 20, 21, 32) zum dichtenden Umgeben der darunterliegenden Holzprofile sämtlicher von der Dacheindeckung hervorragenden Flächen verkleidet,
3 wobei die Verkleidungselemente mit den Holzprofilen in den Ober-, Unter- und Seitenteilen der Rahmen- und Flügelaufbauten über Eingriffs- und Befestigungsmittel (24, 27, 30) [Bezugszeichen gegenüber Patentanspruch geändert] verbunden sind, die derart ausgestaltet und/oder in Bezug auf die Verkleidungselemente angeordnet sind, dass ein Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit in die Holzprofile im Wesentlichen verhindert wird.
4 Die Verkleidungselemente umfassen
4.1 eine haubenähnliche obere Verkleidungsabdeckung (32) zum Abdecken der Oberteile (1, 5) der Rahmen- und Flügelaufbauten,
4.2 ein inneres Glasleistenprofil (15) zum Abdecken eines Teils der Oberkante (7, 8) jedes dem lichtdurchlassenden Bereich des Fensters zugewandten Flügelseitenteils,
4.3 ein äußeres Verkleidungselement (11) zum Abdecken des außerhalb der Dachfläche liegenden Teils der Außenseite jedes Rahmenseitenteils (3, 4) und des daran angrenzenden Teils der Oberkante des Rahmenseitenteils sowie
4.4 ein oberes und ein unteres Abdeckungselement (20, 21), die das Glasleistenprofil und das Rahmenverkleidungselement (11) auf jeder Seite der Drehachse (10) überlappen, wobei das untere Abdeckungselement (21) an dem unteren Teil des Flügelseitenteils (7, 8) befestigt ist, während das obere Abdeckungselement (20) an den oberen Teil des Rahmenseitenteils (3, 4) oder an einem zwischen Rahmen- und Flügelteilen (3, 4; 7, 8) und über der Schwenkachse liegenden Zwischenflügelarm (36) befestigt ist.
5. Die Abdeckungselemente (20, 21) sind als flache, trogförmige Profile mit demselben im wesentlichen U-förmigen Profilquerschnitt ausgeführt und umfassen eine Außenwand (20a, 21a) und zwei flache Seitenwände (20b-c, 21b-c), die auf rechtstehende Flanschwände (15b, 11c) auf dem Glasleistenprofil (15) bzw. dem Rahmenverkleidungselement (11) abdecken,
6. wobei das untere Abdeckungselement (21) an seinem oberen Ende ein unter das untere Ende des oberen Abdeckungselements (20) eingeschobenes gekröpftes Verbindungselement (22) einer solchen Form aufweist,
6.1 dass in der geschlossenen Stellung des Fensters die Abdeckungselemente (20, 21) mit deren Außenwänden (20a, 21 a) und Seitenwänden (20b-c, 21 b-c) zueinander fluchten und
6.2 dass das untere Abdeckungselement (21) in der offenen Stellung des Fensters gegenüber dem oberen Abdeckungselement (20) ungehindert nach außen schwenken kann.
Die Merkmalgliederung folgt dem Klageantrag der Klägerin. Dessen Wortlaut folgt zwar nicht der deutschen Übersetzung gemäß der T2-Schrift, jedoch kommt es auf diesen nicht entscheidend an. Vielmehr stellt nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ der Wortlaut des europäischen Patents in der Verfahrenssprache – hier Englisch – in jedem Vertragsstaat die verbindliche Fassung dar. Insoweit ist der Anspruchswortlaut gemäß der T2-Schrift nicht bindend, sondern kann und muss bei dessen Fehlerhaftigkeit durch eine zutreffende Übersetzung ersetzt werden. Die von der Klägerin als Übersetzung zugrunde gelegte Antragsfassung und Merkmalgliederung ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte legt auch nicht konkret dar, welches Merkmal ausgehend von dem englischen Anspruchswortlaut von der Klägerin unzutreffend übersetzt wurde.
Von der Frage des zugrunde zu legenden Anspruchswortlauts zu trennen ist, ob aufgrund der ggf. unzutreffenden Übersetzung in der T2-Schrift ein Weiterbenutzungsrecht nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. besteht (hierzu unter II.).
3.
Das Klagepatent löst die gestellte Aufgabe durch ein verkröpftes Verbindungselement am oberen Ende des unteren Abdeckungselements. Dieses lässt einerseits ein ungehindertes Öffnen des Fensters durch Verschwenkung zu, andererseits wird auch im geöffneten Zustand eine Abdichtung gegen Feuchtigkeit erzielt (Merkmale 5 – 6.2).
Um das vom Klagepatent kritisierte Eindringen von Feuchtigkeit über Schraubverbindungen der Verkleidungselemente zu vermeiden, sieht Merkmal 3 vor, dass die Verkleidungselemente mit den Holzprofilen der Rahmen- und Flügelaufbauten über Eingriffs- und Befestigungsmittel verbunden sind, die so ausgestaltet und/oder in Bezug auf die Verkleidungselemente so angeordnet sind, dass ein Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit in die Holzprofile im Wesentlichen verhindert wird.
4.
Die angegriffene Ausführungsform macht von Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Auch die Verwirklichung der von der Beklagten bestrittenen Merkmale lässt sich feststellen.
a.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von Merkmal 1 (= Merkmal 1.2 nach der Gliederung der Beklagten) wortsinngemäß Gebrauch. Nur der erste Halbsatz dieses Merkmals ist Gegenstand des Streits der Parteien, der von der Klägerin wie folgt übersetzt wurde:
„Dachfenster mit einem Rahmenaufbau und einem zu öffnenden glasscheibentragenden Flügelaufbau,“.
Dieses Merkmal ist zutreffend übersetzt. Der englische Anspruchswortlaut verlangt insoweit:
„A roof window with a frame structure and an openable, pane supporting sash structure”.
Der Wortlaut „zu öffnenden“ setzt nur voraus, dass sich das Fenster überhaupt öffnen lässt. Nicht erforderlich ist dagegen eine Schließfunktion oder gar, dass ein Schloss am Fenster vorhanden sein muss. Soweit in der Beschreibung gemäß der T2-Schrift (etwa in Abs. [0001] a.E.; [0006]) von einem „aufschließbaren“ Fenster gesprochen wird, führt dies zu keiner abweichenden Auslegung. Die auch insoweit maßgebliche englische Beschreibung sieht an diesen Stellen „openable“ vor.
Dies ist bei den angegriffenen Ausführungsformen der Fall, da sich diese öffnen lassen, was von der Beklagten zutreffend nicht bestritten wird. Die Frage eines Weiterbenutzungsrechts aufgrund der Übersetzung des Anspruchs in der T2-Schrift ist hiervon zu trennen (vgl. hierzu unter II.).
b)
Die angegriffenen Ausführungsformen machen auch von Merkmal 2 (entspricht, soweit streitig, Merkmal 1.5 der Gliederung der Beklagten) wortsinngemäß Gebrauch.
aa)
Merkmal 2,
„Die Ober-, Unter- und Seitenteile (1 – 8) sind an den nach außen weisenden Seiten mit wetterschützenden Verkleidungselementen (11, 12, 15, 17, 20, 21, 32) zum dichtenden Umgeben der darunterliegenden Holzprofile sämtlicher von der Dacheindeckung hervorragenden Flächen verkleidet,
verlangt nur für die von der Dacheindeckung hervorragenden Flächen ein dichtendes Umgeben. Damit wird ein Umgeben gerade nicht von allen Seiten der Holzprofile verlangt, sondern nur auf den Seiten, wo diese Profile mit dem Regen in Berührung kommen, weil sie nicht von der Dacheindeckung bedeckt werden. Im Einklang dazu wird auch in der englischen Anspruchsfassung eine „sealing enclosure“ nur für „all surfaces produting from the roofing“ der Holzprofile verlangt. Damit lässt schon der Anspruchswortlaut erkennen, dass ein „dichtendes Umgeben“ („sealing enclosure“) kein Abdecken von allen Seiten verlangt; also nicht gefordert ist, dass die Verkleidungselemente die Holzprofile vollständig einschließen. Auch technisch-funktional erscheint eine Verkleidung – die dem Schutz vor wetterbedingter Feuchtigkeit dient – nur dort zwingend geboten, wo die Holzprofile dem Wetter ausgesetzt sind. Dort, wo die Dacheindeckung einen Wetterschutz bietet, sind Verkleidungselemente dagegen überflüssig.
Aus Merkmal 3 ergibt sich ebenfalls nicht, dass die Holzprofile von den Verkleidungselementen vollständig eingeschlossen werden müssen. Hiernach soll ebenfalls das Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit in die Holzprofile verhindert werden. Während Merkmal 2 den Wetterschutz durch die Verkleidungselemente betrifft, behandelt Merkmal 3 die Ausgestaltung der Eingriffs- und Befestigungsmittel dieser Verkleidungselemente. Die Lehre von Merkmal 3 soll verhindern, dass der Wetterschutz dadurch beeinträchtigt wird, dass Feuchtigkeit über die Bohrlöcher der Befestigungsschrauben der Verkleidungselemente in die Holzprofile eindringen kann. Daraus lässt sich aber nichts Maßgebliches für die Frage herleiten, ob die Holzprofile vollständig eingeschlossen werden müssen – dies ist Gegenstand von Merkmal 2.
Es kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass sich das Klagepatent in Merkmal 2 vom diskutierten Stand der Technik durch ein vollständiges Umhüllen (auch der Unterseite) abgrenzen will, wie die Beklagte mit Verweis auf Abs. [0003] und [0005] T2 meint. Abs. [0003] T2 spricht nur die Probleme einer Schraubenverbindung an, Abs. [0005] T2 den Übergang der Abdeckungselemente (Kappenelemente). Beides ist nicht Gegenstand von Merkmal 2.
Soweit in Abs. [0018] T2 ausgeführt wird, die Verkleidungselemente sicherten zusammen eine vollständig wetterschützende Bekleidung des Fensters, führt dies zu keiner anderen Auslegung. Zum einen wird hier ein Ausführungsbeispiel beschrieben, was einen weitergehenden Wortsinn des Anspruchs nicht einschränken könnte. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass die vollständig wettergeschützte Bekleidung in diesem Ausführungsbeispiel durch eine vollständiges Umgeben der gesamten Holzprofile auch der nicht dem Wetter ausgesetzten Seiten erreicht wird.
bb)
Damit ist Merkmal 2 verwirklicht. Wie auch die Beklagte einräumt, sind bei der angegriffenen Ausführungsform die Holzprofile an deren Oberseite und den Seitenflächen verkleidet. Damit sind – wie von Merkmal 2 verlangt – sämtliche von der Dacheindeckung hervorstehenden Teile wetterschützend von der Verkleidung umgeben. Die unverkleideten Flächen der Holzprofile, namentlich deren Unterseiten, ragen nicht von der Dacheindeckung hervor.
Auch das von der Beklagten nicht ausdrücklich bestrittene Merkmal 3 ist verwirklicht, da die Verkleidung bei der angegriffenen Ausführungsform angebracht ist, ohne dass Schrauben in die Holzprofile eingebracht werden.
c)
Die Verwirklichung von Merkmal 5 (Merkmal 3.1 bei der Beklagten),
„Die Abdeckungselemente (20, 21) sind als flache, trogförmige Profile mit demselben im wesentlichen U-förmigen Profilquerschnitt ausgeführt und umfassen eine Außenwand (20a, 21a) und zwei flache Seitenwände (20b-c, 21b-c), die auf rechtstehende Flanschwände (15b, 11c) auf dem Glasleistenprofil (15) bzw. dem Rahmenverkleidungselement (11) abdecken,“
durch die angegriffenen Ausführungsformen lässt sich ebenfalls feststellen.
aa)
Der erste Teil von Merkmal 5, wonach die Abdeckungselemente als
„flache, trogförmige Profile mit demselben im wesentlichen U-förmigen Profilquerschnitt ausgeführt“
sind, ist nicht dadurch widersprüchlich, dass die Abdeckungselemente ein verkröpftes Verbindungselement aufweisen. Dies folgt zwar nicht aus den Worten „im wesentlichen“, denn diese beziehen sich auf die U-Form. Jedoch ist der Patentanspruch in seiner Gesamtheit zu würdigen. Merkmal 6 sieht ausdrücklich ein verkröpftes Verbindungselement am oberen Ende des unteren Abdeckungselements vor. Damit ist für den Fachmann klar, dass nur der Teil der Abdeckungselemente außerhalb des Verbindungselements ein im Wesentlichen trogförmiges U-Profil aufweisen muss.
Dies steht im Einklang mit der Funktion des Merkmals. Merkmal 5 soll ein einheitliches Aussehen des Abdeckrahmens sicherstellen, weshalb beide Abdeckungselemente denselben Profilquerschnitt aufweisen. Weiter sieht Merkmal 6.1 vor, dass die Außenwände und Seitenwände der beiden Abdeckungselemente im geschlossenen Zustand des Fensters zueinander fluchten. Bei geschlossenem Fenster ist das verkröpfte Verbindungselement nicht sichtbar, da es – wie Merkmal 6 vorschreibt – in diesem Zustand unter das untere Ende des oberen Abdeckungselement eingeschoben ist. Durch diese Merkmale vermeidet die Lehre des Klagepatents eine Stufe oder Sprung an dem Übergang der beiden Abdeckungselemente, was zu einem ansprechenden Äußeren führt.
Der Vorteil eines ansprechenden Äußeren wird im Rahmen eines Ausführungsbeispiels für die Lehre nach Merkmal 6.1 ausdrücklich angesprochen (Abs. [0026] a.E. T2):
„Diese Ausgestaltung der Kappenelemente verleiht dem Fenster in der geschlossenen Stellung in Hinblick auf Formgebung ein von aussen attraktives Aussehen, wobei die Kappenelemente 20 und 21 auf jeder Seite des Fensters als ein zusammenhängendes Element erscheinen.“
Zwar können Ausführungsbeispiele einen breiteren Wortsinn der Ansprüche nicht einschränken (vgl. BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe; BGH, GRUR 2012, 1242 – Steckverbindung). Jedoch können Anhaltspunkte dafür, welche technische Funktion einem Merkmal im Rahmen der Erfindung zukommen soll, solchen Beschreibungsstellen entnommen werden, die sich auf ein konkretes bevorzugtes Ausführungsbeispiel beziehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.10.2014 – I-15 U 30/14 – Rn. 92 bei Juris).
bb)
Damit ist Merkmal 5 bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Unstreitig weisen die Abdeckungsprofile der angegriffenen Ausführungsform denselben, im Wesentlichen U-förmigen Profiquerschnitt auf, wie sich den Abb. 9 und 10 in Anlage TW9 ersehen lässt. Dass das Verbindungselement von diesem Querschnitt abweicht, steht der Merkmalsrealisierung nicht entgegen.
Die Verwirklichung der übrigen Teile von Merkmal 5 stellt die Beklagte zutreffend nicht in Abrede.
d)
Merkmal 6.2 (entspricht Merkmal 4.3 der Gliederung der Beklagten), wonach das gekröpfte Verbindungselement eine solche Form haben muss,
„dass das untere Abdeckungselement (21) in der offenen Stellung des Fensters gegenüber dem oberen Abdeckungselement (20) ungehindert nach außen schwenken kann“,
wird ebenfalls verwirklicht.
aa)
Dieses Merkmal gibt hinsichtlich der Form des Verbindungselements vor, dass diese es zulassen muss, dass das untere Abdeckungselement gegenüber dem oberen Abdeckungselement ungehindert nach außen geschwenkt werden kann. Dies ist der Fall, wenn das Verbindungselement der Öffnungsbewegung von der geschlossenen bis in die maximal geöffnete Stellung des Fensters nicht behindert.
Der Wortlaut „in der offenen Stellung“ verlangt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass bei einem bereits (vollständig) geöffneten Fenster das Verbindungselement eine weitere Öffnung zulässt. Zwar mag eine solche Auslegung bei rein philologischer Betrachtung nahe liegen. Bei der Auslegung ist jedoch nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt. Der Fachmann orientiert sich an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck eines Merkmals, womit der technische Sinn der in der Patentschrift benutzten Worte und Begriffe – nicht die philologische oder logisch-wissenschaftliche Begriffsbestimmung – entscheidend ist. Die Patentschrift stellt dabei gleichsam ihr eigenes Lexikon dar (BGH, GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube).
Wie sich aus Merkmal 4 ergibt, ist bei einem patentgemäßen Dachfenster das untere Abdeckungselement an dem unteren Teil des Flügelseitenteils befestigt, während das obere Abdeckungselement an den oberen Teil des Rahmenseitenteils oder an einem Zwischenflügelarm befestigt ist. Damit geht das Öffnen des Fensters durch das Verschwenken des Flügelaufbaus (mit der Fensterscheibe) gegenüber dem im Dach eingebauten Rahmenaufbau einher mit der Verschwenkung der beiden Abdeckungselemente zueinander. Dieser Verschwenkung darf das beanspruchte Verbindungselement nicht entgegen stehen.
Vor dem Hintergrund der Funktion des Merkmals wird der Fachmann „in der offenen Stellung des Fensters“ nicht dahingehend verstehen, dass damit die bereits vollständig geöffnete Position gemeint ist (im Sinne einer maximalen Verschwenkung des Flügel- gegenüber dem Rahmenaufbau). In dieser Position findet keine weitere (Öffnungs-) Bewegung statt, welche durch das Verbindungselement gehindert oder zugelassen werden könnte. Bei einer solchen Auslegung wäre das Merkmal widersinnig.
Der Anspruchswortlaut enthält im Übrigen selbst bei einer rein philologischen Betrachtung keinen Hinweis darauf, dass die offene Stellung als vollständig geöffnete Stellung zu verstehen ist. Der Fachmann versteht „in der offenen Stellung des Fensters“ damit als Unterscheidung vom geschlossenen Zustand des Fensters. In der nicht geschlossenen Fensterstellung soll das Verbindungselement das (weitere) Öffnen des Fensters nicht verhindern.
bb)
Dieses Merkmal wird von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Das Fenster lässt sich in die maximal geöffnete Position bringen, ohne dass das Verbindungselement die Bewegung der beiden Abdeckungselemente zueinander behindert (vgl. Abb. 15 – 17 Anlage TW9).
5.
Die Verwirklichung der übrigen Merkmale stellt die Beklagte zutreffend nicht in Abrede, so dass diese keiner weiteren Erörterung mehr bedürfen.
II.
Die Beklagte kann sich nicht auf ein Weiterbenutzungsrecht nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. berufen.
1.
In der Gesetzesfassung vom 13.12.2001, gültig vom 01.01.2002 bis zum 12.12.2007, durfte nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG (a.F.) bei einer fehlerhaften Übersetzung der europäischen Patentschrift derjenige, der im Inland in gutem Glauben die Erfindung in Benutzung genommen oder wirkliche und ernsthafte Veranstaltungen zur Benutzung der Erfindung getroffen hat, nach Veröffentlichung der berichtigten Übersetzung die Benutzung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten unentgeltlich fortsetzen, wenn die Benutzung keine Verletzung des Patents in der fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift darstellen würde.
Zwar ist diese Vorschrift mittlerweile außer Kraft; sie bleibt jedoch nach Art. XI § 4 IntPatÜG (n.F.) für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 01.05.2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden ist, in der Fassung anwendbar, die im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises galt. Hiernach ist vorliegend die oben dargestellte Fassung von Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG vom 13.12.2001 anwendbar, da die die Veröffentlichung des Klagepatents am 21.05.2003 im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht wurde.
2.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Anspruch mit „aufschließbar“ falsch übersetzt wurde. Denn ein Weiterbenutzungsrecht kann nur dann erfolgreich eingewandt werden, wenn bei Zugrundelegung der (falschen) Übersetzung keine Verletzung des übersetzten Anspruchs vorliegt. Dies ist hier nicht der Fall.
a)
Der Anspruchswortlaut nach der T2-Schrift lautet sofern für das Weiterbenutzungsrecht relevant:
„Dachfenster mit einer Rahmenkonstruktion und einer aufschliessbaren glasscheiben-tragenden Flügelkonstruktion,“ (Unterstreichung durch das Gericht).
Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass die Auslegung sich insoweit an der T2-Schrift zu orientieren hat (selbst wenn diese ebenfalls fehlerhaft ist) und die Patentschrift in der Verfahrenssprache nicht herangezogen werden darf. Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a.F. stellt auf die fehlerhafte Übersetzung der Patentschrift insgesamt ab. Die Funktion dieser Vorschrift, den guten Glauben an die Richtigkeit der Übersetzung zu schützen, würde untergraben, wenn man für die Auslegung der Übersetzung gezwungen wäre, auf die Fassung der Beschreibung in der Verfahrenssprache zurückzugreifen. Auslegungsmaterial ist damit nur die T2-Schrift.
Soweit die Beklagte jedoch meint, der Anspruch gemäß der T2-Schrift erfordere es, dass ein patentgemäßes Fenster ein Schloss aufweise, das mit einem Schlüssel abgeschlossen werden kann, ist dem nicht zu folgen. Der Anspruchswortlaut sieht weder ein Schloss noch einen Schlüssel vor. Der Wortlaut „aufschließbar“ erfasst vielmehr auch solche Lösungen, bei denen ein anderer Mechanismus vorhanden ist, der das Fenster in der geschlossenen Position hält und damit „abschließt“ (die Beklagte spricht insoweit von einem „Öffnungsmechanismus“). Vom Anspruch ausgeschlossen sind nur solche Fenster, die sich entweder überhaupt nicht öffnen lassen oder die über keinen Mechanismus verfügen, mittels derer das Fenster in einer geschlossenen Position gehalten werden kann.
Ein technisch-funktionaler Grund für eine Einschränkung auf Fenster mit einem Schloss lässt sich der T2-Schrift des Klagepatents nicht entnehmen. Entscheidend für das Klagepatent ist insoweit nur, dass sich das beanspruchte Fenster durch eine Verschwenkung der Flügelkonstruktion gegenüber der Rahmenkonstruktion öffnen lässt. Wie das Fenster demgegenüber in der geschlossenen Position gehalten wird, ist nicht Gegenstand der Lehre des Klagepatents (nach der T2-Schrift).
Auch in der Beschreibung der T2-Schrift wird ein Schloss mit einem Schlüssel nicht angesprochen. Soweit das Wort „aufschließbar“ durchgängig in der Beschreibung der T2-Schrift verwendet wird, kann dem ein solches Erfordernis nicht entnommen werden. In Abs. [0037] T2 wird vielmehr ein nicht in den Figuren gezeigter und nicht näher beschriebener „Schliessmechanismus“ erwähnt, der sich mittels einer Entlüftungs- und Bedienungsklappe 37 auslösen lässt. Dies lässt nicht die Notwendigkeit eines abschließbaren Schloss erkennen. Vielmehr deutet die Bedienbarkeit mittels einer Klappe – ohne die Erwähnung eines Schlüssels oder Ähnlichem – darauf hin, dass der beschriebene Schließmechanismus gerade ohne weitere Hilfsmittel geöffnet werden kann.
Dem steht – anders als die Beklagte unter Hinweis auf die Anlagen B5 und B6 meint – nicht entgegen, dass es im Stand der Technik Dachfenster mit einem abschließbaren Schloss gab oder dass „aufschließbar“ auch solche Ausgestaltungen umfasst. Für das Weiterbenutzungsrecht ist die T2-Schrift nach üblichen Maßstäben auszulegen. Dass demgegenüber ein zwingendes fachmännisches Verständnis von „aufschließbar“ im Sinne von „mit einem Schloss versehen“ besteht, welches für das Klagepatent bindend ist, lässt sich nicht ersehen.
b)
Nach diesen Erwägungen verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal 1 auch in der Fassung der T2-Schrift. Die angegriffene Ausführungsform verfügt unstreitig über einen Mechanismus, mit dem man das Fenster öffnen und wieder schließen kann und es in der geschlossenen Position halten kann (vgl. Anlage TW11 und die entsprechenden Ausführungen der Klägerin auf S. 14 ff. Replik = Bl. 102 ff. GA).
3.
Ein Weiterbenutzungsrecht nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG ergibt sich auch nicht daraus, dass Merkmal 2 in der Fassung der T2-Schrift möglicherweise nicht zutreffend übersetzt wurde. Merkmal 2 (= Merkmal 1.4 der Beklagten) lautet – soweit hier relevant – in der korrekten Übersetzung:
„zum dichtenden Umgeben der darunterliegenden Holzprofile“.
In der T2-Schrift wird statt eines „Umgeben“ dagegen ein „Umhüllen“ verlangt. Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass Umhüllen hier ein anderer Wortsinn zu kommt als Umgeben. Insbesondere verlangt der Anspruch gemäß der T2-Schrift kein vollständiges Umhüllen. Denn auch aus dem Anspruchswortlaut der T2-Schrift geht hervor, dass das Umhüllen nur auf die von der Dacheindeckung hervorragenden Flächen der Holzprofile bezogen ist.
Damit machen die angegriffenen Ausführungsformen auch nach der Übersetzung des Anspruchs in der Fassung der T2-Schrift von diesem Merkmal wortsinngemäß Gebrauch, so dass ein Weiterbenutzungsrecht unabhängig davon ausscheidet, ob eine fehlerhafte Übersetzung vorliegt.
4.
Die angeführte Fehlerhaftigkeit der Übersetzung lässt den Patentschutz nicht entfallen. Inhaltliche Abweichungen zwischen Patentschrift und Übersetzung haben auf Bestand und Schutzbereich des europäischen Patents im Inland keinen Einfluss (BGH, GRUR 2010, 708 Rn. 12 – Nabenschaltung II).
III.
Die Beklagte verletzt das Klagepatent durch Anbieten und Inverkehrbringen der angegriffenen Ausführungsformen. Aufgrund der festgestellten Patentverletzung ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen:
1.
Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes im Inland ohne Berechtigung erfolgt.
a)
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin umfasst dabei sämtliche der Patentinhaberin vorbehaltene Benutzungshandlungen einschließlich des Herstellens. Die Verwirklichung einer Benutzungshandlung verursacht grundsätzlich Wiederholungsgefahr für alle in § 9 PatG geschützten Handlungen (Voß/Kühnen in Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 50). Nur bei einem nicht auf Produktion ausgerichteten Betrieb eines Patentverletzers – etwa bei einem reinen Handelsunternehmen – besteht keine Wiederholungsgefahr für eine Herstellung des patentgeschützten Gegenstands (Voß/Kühnen in Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 50). Wer patentgeschützte Gegenstände lediglich vertreibt, ist nicht zur Unterlassung der Herstellung zu verurteilen, solange nicht die Besorgnis besteht, dass der Verletzer vom Vertrieb zur Herstellung übergeht (Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Aufl. 2015, § 139 Rn. 32).
Eine solche Besorgnis besteht jedoch vorliegend. Die Beklagte betreibt nicht nur Handel mit den angegriffenen Ausführungsformen, sondern ist ein produzierendes Unternehmen. Sie trägt zwar vor, die angegriffenen Ausführungsformen in Polen über eine Tochterfirma herzustellen und nicht im Inland. Allerdings betreibt die Beklagte in Deutschland (F) ein Werk, wo sie nach eigenen Angaben 90 % ihrer im Inland vertriebenen Produkte herstellt (vgl. Anlage TW12). Weiterhin bewirbt sie ihre Produkte als „german made“, was aber nicht als Angabe des Produktionsstandorts verstanden werden soll, sondern etwa auf „Deutsche Präzision in Konstruktion und Entwicklung, Qualitäts- und Prozessmanagement“ verweisen soll (Anlage B7). Insofern ist zu besorgen, dass die Beklagte die Produktion ins Inland verlagert. Dass eine solche Produktionsverlagerung – wie die Beklagte ohne nähere Konkretisierung behauptet – ggf. mit einem Kostenaufwand von mehreren Millionen verbunden wäre, steht dem nicht entgegen. Es lässt sich nicht feststellen, dass dies die Beklagte sicher daran hindern wird, die Produktion ins Inland zu verlagern. Die Frage des Produktionsstandort ist bei einem produzierenden Unternehmen in erster Linie eine Kostenfrage, die sich fortlaufend ändern kann (vgl. zum Geschmacksmusterrecht: BGH, GRUR 2012, 512, 518 Rn. 52 – Kinderwagen).
b)
Die Antragsfassung des Unterlassungsanspruchs begegnet keinen Bedenken. Soweit die Beklagte „Übersetzungsfehler und Formulierungswidersprüche“ (S. 30 KE = Bl. 78 GA) anführt, betrifft dies zumindest nicht den von der Klägerin geltend gemachten Antragswortlaut, der sich als zutreffende Übersetzung des Patentanspruchs in der maßgeblichen englischen Verfahrenssprache darstellt. Die Beklagte legt nicht hinreichend dar, aus welchem konkreten Grund ihrer Meinung nach „keine vollstreckbare Antragsfassung“ vorliegen soll.
2.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG folgt. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bzw. die Nutzung der angemeldeten Lehre bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB.
Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin aber noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Schadensersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht folgt aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sei ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Von Amts wegen wurde der Beklagten aber im Rahmen der Belegvorlage aus Verhältnismäßigkeitsgründen gestattet, geheimhaltungs-
bedürftige Details außerhalb der auskunftpflichtigen Daten zu schwärzen.
4.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Vernichtungsanspruch, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 PatG folgt. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ist der Beklagten jedoch zu gestatten, statt der vollständigen Vernichtung nur die Abdeckungselemente der angegriffenen Ausführungsform samt des gekröpften Verbindungselements zu demontieren und durch Abdeckungselemente zu ersetzen, die nicht zueinander fluchten und kein gekröpftes Verbindungselement aufweisen.
a)
Nach § 140a Abs. 4 PatG sind Vernichtungs- und Rückrufansprüche ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen. Maßgeblich sind die vom Patentverletzer darzulegenden und zu beweisenden Umstände des Einzelfalls, die abzuwägen sind (Grabinski/Zülch in Benkard, PatG, 11. Aufl. 2015, § 140a Rn. 8). Als Ausnahmetatbestand ist § 140a Abs. 4 PatG eng auszulegen, die Vernichtung bzw. der Rückruf stellen die Regelmaßnahme dar (BeckOK PatR/Rinken, 2. Edition, § 140a Rn. 28; zum Markenrecht: BGH, GRUR 1997, 899, 901 – Vernichtungsanspruch). Hohe Kosten der Vernichtung oder des Rückrufs machen diese nicht per se unverhältnismäßig. Ein Aspekt in der Abwägung ist der Grad des Verschuldens des Patentverletzers. Gewisse Schäden beim Verletzer sind oft unvermeidbare Folge der Ansprüche aus § 140a PatG und stellen dessen Verhältnismäßigkeit nicht ohne Weiteres in Frage (BeckOK PatR/Rinken, 2. Edition, § 140a Rn. 30).
Zu berücksichtigen ist bei der Frage der Verhältnismäßigkeit, welche Alternativen es gibt, um einen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen und wie wirtschaftlich schwerwiegend der rechtswidrige Zustand für den Schutzrechtsinhaber ist (Voß/Kühnen in Schulte, PatG, 9. Auf. 2014, § 140a Rn. 14). An der Verhältnismäßigkeit kann es fehlen, wenn durch andere Maßnahmen als der vollständigen Vernichtung der Verletzungsform der rechtswidrige Zustand beseitigt werden kann (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Aufl. 2016, Rn. D.540; BeckOK PatR/Rinken, 2. Edition, § 140a Rn. 29a). Die Vernichtung einer Vorrichtung ist jedoch gegenüber einer möglichen Teilvernichtung nicht unverhältnismäßig, wenn Letztere die Gefahr mit sich brächte, dass das vernichtete Teil nachträglich von Dritten wieder ergänzt und die Vorrichtung damit erneut in einen patentverletzenden Zustand versetzt wird (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259 – Thermocycler).
Im Einzelfall kann ein Anspruch auf Vernichtung im Einzelfall vollständig wegen Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen sein, wenn es keine Alternative zur Vernichtung gibt (Grabinski/Zülch, a.a.O., § 140a Rn. 8b; (BeckOK PatR/Rinken, 2. Edition, § 140a Rn. 30).
b)
Insofern ist es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geboten, der Beklagten hier gemäß ihrem Hilfsantrag zu gestatten, anstelle der vollständigen Vernichtung der angegriffenen Ausführungsformen diese so umzugestalten, dass das untere Abdeckungselemente (Kappenelement) an seinem oberen Ende kein verkröpftes Verbindungselement aufweist und in der geschlossenen Stellung des Fensters die Kappenelemente mit deren Außenwänden und Seitenwänden nicht untereinander fluchten. Bilder einer solchen Ausgestaltung hat die Beklagte in Anlage B10 vorgelegt.
Durch diese Maßnahmen werden die angegriffenen Ausführungsformen in einen nicht mehr patentverletzenden Zustand versetzt, da bei einer so abgewandelten Ausführungsform die Merkmale 6. und 6.1 nicht mehr verwirklicht werden.
Diese Teilvernichtung ist ausreichend, um eine Patentverletzung zu vermeiden. Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass ein Abnehmer sich veranlasst fühlt, eine abgewandelte Ausführungsform wieder in den patentverletzenden Zustand zu versetzen. Durch die Ersetzung der Abdeckungselemente (Kappenelemente) durch andere, patentfreie Bauteile wird vermieden, dass Abnehmer die angegriffene Ausführungsform wieder in ein patentverletzendes Fenster umbauen. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2016 unwidersprochen vorgetragen, die von ihr im Hilfsantrag vorgeschlagene Abwandlung der angegriffenen Ausführungsformen entspreche der Ausgestaltung von Dachfenstern, wie sie von der Klägerin über viele Jahre hinweg vertrieben wurde. Es ist davon auszugehen, dass eine solche Ausführungsform ausreichend funktionstüchtig und insbesondere dicht ist. Dem ist die Klägerin nicht konkret entgegengetreten. Bei einer funktionsfähigen Vorrichtung besteht aber für einen Abnehmer keine Veranlassung zu einem Umbau in einen patentverletzenden Zustand.
Es bestehen insofern keine Bedenken, dass eine solche Abwandlung technisch ausführbar ist, insbesondere, da sie von der Beklagten selbst vorgeschlagen wurde, die entsprechende Bilder und eine Zeichnung (Anlagen B8/B10) einer solchen Ausführungsform vorgelegt hat. Sollte die Umwandlung der angegriffenen Ausführungsformen doch technisch nicht möglich sein, so ginge dies ohnehin zu Lasten der Beklagten, die dann in jedem Fall eine vollständige Vernichtung durchführen müsste. Die Beklagte trägt die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Verhältnismäßigkeit der vollständigen Vernichtung; damit obliegt es ihr aufzuzeigen, welche technisch umsetzbare Abwandlungsmöglichkeit besteht. Kann sie eine solche Alternative zur vollständigen Vernichtung nicht aufzeigen, so begegnen der vollständigen Vernichtung in dieser Hinsicht grundsätzlich keine Verhältnismäßigkeitsbedenken.
c)
Weitergehender Einschränkungen aus Verhältnismäßigkeitsgründen unterliegt der Vernichtungsanspruch hier nicht. Die Beklagte kann sich nicht auf ein geringes Maß an Verschulden berufen. Die angegriffene Ausführungsform verletzt Anspruch 1 des Klagepatents sowohl in der richtig übersetzten Fassung (gemäß dem englischen Anspruchswortlaut) als auch bei Zugrundelegung der T2-Schrift. Dass die Klägerin von einem gegenüber der T2-Schrift angepassten Anspruchswortlaut ausgeht, berührt ohne das Hinzutreten weiterer Umstände den Grad des Verschuldens nicht.
5.
Die Klägerin kann die Beklagte aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG auf Rückruf patentverletzender Erzeugnisse in Anspruch nehmen. Aufgrund von Verhältnismäßigkeitserwägungen (§ 140a Abs. 4 PatG) bleibt es der Beklagten jedoch vorbehalten, den Abnehmern neben der Rückgabe der angegriffenen Ausführungsformen gegen Rückerstattung des Kaufpreises auch anzubieten, die angegriffenen Ausführungsformen patentfrei umzugestalten und wieder an den Abnehmer zurückzugeben, sofern der Abnehmer dies wünscht.
a)
Hinsichtlich der Frage der Verhältnismäßigkeit gelten die Ausführungen zum Vernichtungsanspruch hier zunächst entsprechend. Hat der Patentverletzer eine patentfreie Ausweichtechnik zur Hand, so kann der Rückruf ggf. auch in der milderen Form umgesetzt werden, dass der Abnehmer die patentverletzende Vorrichtung nicht gegen Rückgabe des Kaufpreises an den Patentverletzer zurückgibt, sondern im Austausch gegen die patentfreie Vorrichtung (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Aufl. 2016, Rn. D.578).
b)
Der Beklagten kann ein solcher Austausch vorbehalten bleiben, da sie eine patentfreie Umgestaltung aufgezeigt hat. Auf die Ausführungen zum Vernichtungsanspruch wird Bezug genommen.
c)
Allerdings ist der Beklagten nur zu gestatten, ihren Abnehmern die Umwandlung in eine patentfreie Gestaltung als zusätzliche Option neben der Aufforderung zur Rückgabe gegen Erstattung des Kaufpreises anzubieten. Nach § 140a Abs. 4 S. 2 PatG sind bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen, wobei es sich bei den Dritten insbesondere um Abnehmer der patentverletzenden Erzeugnisse handeln kann. Einem Abnehmer muss vorbehalten bleiben, selbst zu entscheiden, ob er eine patentverletzende angegriffene Ausführungsform gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben möchte oder deren Umgestaltung zustimmt.
Würde man der Beklagten erlauben, die Abnehmer ausschließlich zur Überlassung der angegriffenen Ausführungsform an die Beklagte zum Zwecke der Umgestaltung und anschließender Rückgabe an den Abnehmer aufzufordern, wären deren berechtigte Interessen gefährdet. Ein Abnehmer wäre dann gezwungen, die angegriffene Ausführungsform zu behalten, wenngleich sie sich nach Umgestaltung – auch äußerlich – von dem Produkt unterscheidet, welches der Abnehmer ursprünglich erworben hat. Dies muss der Abnehmer nicht hinnehmen. Er darf auch vollständig vom Erwerb der angegriffenen Ausführungsform Abstand nehmen.
Wenn der Abnehmer durch die Umgestaltung grundsätzlich am Kaufvertrag festgehalten würde, verbliebe der Beklagten zudem ein Vorteil, den sie ggf. durch die Patentverletzung erlangt hat, etwa wenn ein Abnehmer eine angegriffene Ausführungsform gerade aufgrund der patentverletzenden Gestaltung erworben hat. Zwar ist die Beklagte für diesen Verkauf schadensersatzpflichtig, gleichwohl erscheint es im Sinne eines effizienten Patentschutzes und zugunsten der berechtigten Interessen des Patentinhabers sinnvoller, dem Abnehmer zu erlauben, die patentverletzende Ausführungsform nach dessen Wahl zurückzugeben und eine patentgemäße Gestaltung aus einer berechtigten Quelle zu erwerben.
Durch die Möglichkeit, die angegriffenen Fenster entweder zurückzugeben oder umgestalten zu lassen, werden auch effizienter die Folgen einer Schutzrechtsverletzung beseitigt. Denn durch die zusätzliche Option dürfte sich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Abnehmer auf den Rückruf reagieren.
d)
Weitere Einschränkungen des Rückrufanspruchs aufgrund von Verhältnismäßigkeitserwägungen erscheinen nicht geboten. Soweit die Beklagte einen erheblichen logistischen Aufwand und Schäden für ihre Vertriebsbeziehungen anführt, sind dies übliche Folgen eines Rückrufs, die ohne Weiteres nicht zur Unverhältnismäßigkeit im Einzelfall nach § 140a Abs. 4 PatG führen. Dass hier über das normale Maß hinausgehende Beeinträchtigungen für die Beklagte zu befürchten sind, hat diese nicht hinreichend vorgetragen. Hinsichtlich des Grads des Verschuldens liegen hier – wie beim Vernichtungsanspruch erörtert – ebenfalls keine Umstände im Einzelfall vor, die eine Unverhältnismäßigkeit begründen könnten.
6.
Der Kläger hat dem Grunde nach ferner einen Anspruch auf Entfernung aus den Vertriebswegen nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG. Dieser Anspruch steht kumulativ neben dem Rückrufanspruch (Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Aufl. 2015, § 140a Rn. 19; Mes, PatG und GebrMR, 4. Aufl. 2015, Rn. 25; BeckOK/Rinken, PatR, 1. Edition, § 140a Rn. 52).
Beim Rückruf und der Vernichtung im Rahmen des Entfernungsanspruchs ist gleichermaßen aus Verhältnismäßigkeitsgründen der Beklagten zu gestatten, den Dritten (Abnehmern) anzubieten, einen nicht patentverletzenden Zustand durch eine Umgestaltung der angegriffenen Ausführungsform zu erreichen. Auch insoweit handelt es sich um eine zusätzliche Option, deren Wahl dem Dritten (Abnehmer) zusteht.
7.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Unterliegen der Klägerin – namentlich im Umfang der Verpflichtung der Beklagten, angegriffene Ausführungsformen zu vernichten, zurückzurufen und zu entfernen, ist nur geringfügig.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Eine Abwendungsbefugnis nach § 712 Abs. 1 ZPO war der Beklagten nicht einzuräumen, da diese einen drohenden, nicht ersetzbaren Nachteil nicht hinreichend dargelegt hat.
IV.
Das Verfahren wird nicht nach § 148 ZPO in Bezug auf das Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt.
Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei der Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens einen Rechtsstreit aussetzen. Die Vorgreiflichkeit ist aufgrund der angenommenen Verletzung des Schutzrechtes hinsichtlich des anhängigen Nichtigkeitsverfahrens gegeben. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellt ohne Weiteres noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen. Die Patenterteilung ist auch für die (Verletzungs-) Gerichte bindend. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent nicht als Einwand im Verletzungsverfahren geführt werden. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessenentscheidung ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage oder dem erhobenen Einspruch nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – Az. 2 U 64/14, S. 29 f.).
1.
Es kann nicht festgestellt werden, dass es Anspruch 1 des Klagepatents gegenüber der Entgegenhaltung DE 925 XXX (nachfolgend: E1) an Neuheit mangelt. Die Offenbarung der Merkmale 4.2, 4.3 und 5 des Klagepatents kann in der Entgegenhaltung E1 nicht hinreichend festgestellt werden.
a)
Gemäß Merkmal 4.2 umfassen die Verkleidungselemente
„ein inneres Glasleistenprofil (15) zum Abdecken eines Teils der Oberkante (7, 8) jedes dem lichtdurchlassenden Bereich des Fensters zugewandten Flügelseitenteils“.
Ob ein solches Glasleistenprofil in der Entgegenhaltung gezeigt ist, erscheint fraglich. Das Glasleistenprofil weist patentgemäß aufrechtstehende Flanschwände auf, wie sich aus Merkmal 5 (= Merkmal 3.2 der Beklagten) ergibt, wonach die die flachen Seitenwände der Abdeckungselemente
„auf rechtstehende Flanschwände (15b, 11c) auf dem Glasleistenprofil (15) bzw. dem Rahmenverkleidungselement (11) abdecken“
Dieses Merkmal ist dahingehend auszulegen, dass sowohl auf dem Glasleistenprofil als auch auf dem Rahmenverkleidungselement aufrechtstehende Flanschwände vorhanden sind und abgedeckt werden. „Bzw.“ ist hier kumulativ zu verstehen. Dies ergibt sich aus dem nach Art. 70 EPÜ maßgeblichen englischen Anspruchswortlaut in dem es „(…) and (…), respectively“ heißt. Für die Frage der Rechtsbeständigkeit greift auch kein Gutglaubensschutz ein. Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG sieht nur ein Weiterbenutzungsrecht vor, schützt aber nicht ein Vertrauen in einen vermeintlich mangelnden Rechtsbestand.
Die Beklagte selbst räumt ein, dass ein solches Glasleistenprofil in der E1 direkt nicht gezeigt ist und verweist insoweit auf Fensterkitt. Ob dies für eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung eines Glasleistenprofils ausreichend ist, erscheint zweifelhaft, da Fensterkitt keine aufrechtstehende Flanschwand besitzt.
b)
Merkmal 4.3 (= 2.3 der Beklagten) wird in der E1 nicht gezeigt. Nach diesem Merkmal umfassen die Verkleidungselemente,
„ein äußeres Verkleidungselement (11) zum Abdecken des außerhalb der Dachfläche liegenden Teils der Außenseite jedes Rahmenseitenteils (3, 4) und des daran angrenzenden Teils der Oberkante des Rahmenseitenteils“
aa)
Das von Merkmal 4.3 des Klagepatents näher gelehrte äußere Verkleidungselement soll patentgemäß die Außenseite jedes Rahmenseitenteils sowie den daran angrenzenden Teil der Oberkante des Rahmenseitenteils abdecken. Damit muss nicht nur jeweils die Außenseite des jeweiligen Rahmenseitenteils von dem äußeren Verkleidungselement abgedeckt werden, sondern auch ein Teil der daran angrenzenden Oberseite. Entsprechend muss das äußere Verkleidungselement einen im rechten Winkel abgewinkelten Fortsatz oder dergleichen aufweisen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten meint „Oberkante“ nicht nur den obersten Teil der Außenseite. Insofern würde auch kein Angrenzen vorliegen. Die Oberkante besteht patentgemäß vielmehr zumindest teilweise aus der Oberseite des Rahmenseitenteils (die im eingebauten Zustand des Fensters im Wesentlichen parallel zur Dachoberfläche verläuft).
Dies deckt sich mit der Verwendung des Begriffs der oberen Kante in einem Ausführungsbeispiel gemäß Abs. [0019] T2:
„So sind die Rahmenseitenteile 3 und 4 mit länglichen Verkleidungselementen 11 mit hauptsächlich Z-förmigem Querschnitt ausgekleidet, welche Verkleidungselemente eine Seitenwand 11a, die die obere, nach aussen wendende Seitenfläche des ausserhalb der Dacheindeckung rechtwinkelig zur Dachoberfläche, in welcher das Fenster eingebaut ist, befindlichen Rahmenseitenteils deckt, eine obere Wand 11b, die die angrenzende obere Kante des Rahmenseitenteils deckt, und eine von der oberen Wand hervorstehende, verhältnismässig niedrige Flanschenwand 11c umfassen.“ (Unterstreichung vom Gericht hinzugefügt)
Hier deckt die obere Wand die obere Kante des Rahmenseitenteils ab. Zur Veranschaulichung der hier beschriebenen Ausgestaltung des äußeren Verkleidungselements wird Fig. 2 des Klagepatents auszugsweise eingeblendet:
Das hier gezeigte Verkleidungselement 11 hat in Einklang mit Merkmal 4.3 einen rechtwinklig zur Seitenwand verlaufenden Teil. Die „obere Kante“ wird durch eine obere Wand 11b abdeckt, die wiederum parallel zur Dacheindeckung verläuft. Zwar handelt es sich hierbei nur um ein Ausführungsbeispiel, jedoch ist davon auszugehen, dass der Begriff der „oberen Kante“ im Klagepatent einheitlich verwendet wird. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass mit der „oberen Kante“ ausschließlich der obere Bereich der Außenseite gemeint ist.
bb)
Die in der E1 offenbarten Schutzbleche 12 decken demgegenüber die Oberkante der Fenstereinfassung 3 nicht ab. Eine entsprechende Offenbarung lässt sich in der E1 nicht finden. Auf S. 2 Z. 30 – 34 E1 heißt es:
„An den Außenseiten der Fenstereinfassung 3 sind Schutzbleche 12 angeordnet, die den Regen auf das Dach 15 leiten. Die äußeren, nach unten gerichteten Kantenflansche 10 übergreifen diese Schutzbleche, so daß kein Regen längs der Außenseiten des Rahmens eindringen kann.“
Zur Veranschaulichung wird nachfolgend Abb. 6 E1 eingeblendet:
Dieser zeigt das Schutzblech 12 im Zusammenspiel mit dem Deckrahmen 5, der zwei nach unten gerichtete Flansche 10/11 umfasst, dem Dach 15, der Fenstereinfassung 3 und dem Fensterrahmen 2. Eine Abdeckung der Oberkante ist dabei nicht vorhanden.
c)
Merkmal 5,
„Die Abdeckungselemente (20, 21) sind als flache, trogförmige Profile mit demselben im wesentlichen U-förmigen Profilquerschnitt ausgeführt und umfassen eine Außenwand (20a, 21a) und zwei flache Seitenwände (20b-c, 21b-c), die auf rechtstehende Flanschwände (15b, 11c) auf dem Glasleistenprofil (15) bzw. dem Rahmenverkleidungselement (11) abdecken.“
ist in der Entgegenhaltung E1 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart. Zum Verständnis dieses Merkmals wird auf die Ausführungen oben verwiesen. Durch die beiden Abdeckungselemente mit demselben Profilquerschnitt, die im geschlossenen Zustand zueinander fluchten, soll im geschlossenen Zustand des Fensters ein ansprechendes Äußeres geschaffen werden.
Dieses Merkmal wird in der Entgegenhaltung E1 nicht offenbart. In der Beschreibung dieser Entgegenhaltung findet sich kein Hinweis darauf, dass beide Teile des Deckrahmens 4a/5a bzw. 4b/5b denselben Profilquerschnitt aufweisen. Identische Profile entnimmt der Fachmann der E1 nicht aus Abb. 1, wo die beiden Teile des Deckrahmens anscheinend eine einheitliche Außenlinie besitzen. Hierbei handelt es sich für den Fachmann ersichtlich nur um eine in diesem Punkt unpräzise schematische Darstellung. Bei Berücksichtigung des gesamten Offenbarungsgehalts der Entgegenhaltung E1 ist vielmehr festzustellen, dass identische Profile mit der Lehre dieser Entgegenhaltung nicht in Einklang zu bringen sind. Denn nach der E1 sollen die unteren Abdeckungselemente (4a/4b) unter die oberen Abdeckungselemente (5a/5b) geschoben werden, wobei die sich an die Seitenwände (10) anschließenden Seitenflansche (13) mittels einer Scharnier-artigen an den Abdeckungselementen unter die oberen Abdeckungselemente (5a/5b) eingeschoben. Damit müssen die unteren Abdeckungselemente einen schmaleren Querschnitt als die oberen aufweisen. Dadurch entstehen letztlich Stufen im Bereich des Übergangs der beiden Teile des Deckrahmens.
2.
Es lässt sich nicht feststellen, dass Anspruch 1 des Klagepatents durch eine Kombination der E1 mit der DE 17 84 XXX (E2) nahegelegt ist.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Fachmann Anlass dazu hatte, diese beiden Schriften zu kombinieren. Selbst wenn dies der Fall ist und man der Beklagten darin folgt, dass so Merkmal 4.2 (= 2.2 der Beklagten – Glasleistenprofil) vorweggenommen wäre, ist nicht dargelegt worden, dass auch die Merkmale 4.3 und 5 des Klagepatents offenbart sind.
3.
Ein Mangel an erfinderischer Tätigkeit des Klagepatents gegenüber der GB 2045XXX A (Entgegenhaltung D2, Übersetzung in Anlage D2a eingereicht) kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Zumindest die Merkmale 4 und 5/6.1 werden hier nicht gezeigt und es erscheint zweifelhaft, ob der Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit zu diesen gelangen würde.
a)
Die Offenbarung von Merkmal 4 in der D2 ist zweifelhaft. Dieses Merkmal verlangt ein
„äußeres Verkleidungselement (11) zum Abdecken des außerhalb der Dachfläche liegenden Teils der Außenseite jedes Rahmenseitenteils (3, 4) und des daran angrenzenden Teils der Oberkante des Rahmenseitenteils“.
Die Beklagte verweist insoweit auf die in Fig. 6 und 7 D2 gezeigte, nicht näher bezeichnete Dichtung. Jedoch kann hierfür nicht unmittelbar und eindeutig festgestellt werden, dass diese den gesamten außerhalb der Dachfläche liegenden Teiles der Außenseite des Rahmenseitenteils bedeckt. Wie weit sich die Dichtung in Einbaurichtung nach unten erstreckt, wird in der D2 nicht erörtert. Es könnte auch sein, dass ein technisch relevanter Teil insoweit unbedeckt bleibt. Dagegen könnte allenfalls sprechen, dass in den Fig. 6 und 7 die senkrechte Wand (Abdeckbleche 9b/11b) auf gleicher Höhe mit der Dichtung abschließt. Ob an diesem Abschluss die Dacheindeckung beginnt, lässt sich den Figuren oder der Beschreibung jedoch nicht entnehmen.
b)
Merkmal 5 (= Merkmal 3.1 nach der Gliederung der Beklagten) lehrt, dass beide Abdeckungselemente denselben Profilquerschnitt aufweisen, wobei nach Merkmal 6.1 (= Merkmal 4.2 der Beklagten) in der geschlossenen Stellung des Fensters die Außenwänden und Seitenwänden der beiden Abdeckungselemente zueinander fluchten sollen (vgl. die obigen Ausführungen zur Entgegenhaltung E1).
Diese Merkmale sind in der D2 nicht gezeigt. Soweit in S. 1 Z. 127 – S. 2 Z. 4 D2 beschrieben wird, dass die oberen und unteren Abdeckungselemente („cladding sheets“, Bezugsziffern 9 und 11) den gleichen Aufbau haben, bezieht sich dies unter Berücksichtigung der Gesamtoffenbarung der D2 nur auf den grundsätzlichen Aufbau (Form), nicht aber auf die Größe. Vielmehr wird in der D2 ausdrücklich beschrieben, dass sich die beiden Abdeckungselemente überlappen müssen (S. 2 Z. 15 – 21 und S. 2 Z. 26 D2). Dies wird auch von den Fig. 1 – 4 so gezeigt und steht einem „zueinander fluchten“ entgegen.
Ob der Fachmann hiervon ausgehend zur Erreichung eines attraktiven Äußeren ein verkröpftes Verbindungselement heranziehen würde, um hierdurch ein Fluchten der Abdeckungselemente zu erreichen, kann von der nicht mit fachkundigen Technikern besetzten Kammer auf Grundlage des Vortrages der Beklagten nicht hinreichend festgestellt werden.
4.
Es kann schließlich nicht festgestellt werden, dass die Lehre des Klagepatents gegenüber einer Kombination der DE 19 92 XXX U1 (Entgegenhaltung E3) mit der E2 nahelag.
Die Beklagte selbst gibt an, dass die Merkmale 4.3, 4.4, 5 und 6.2 (nach der Gliederung der Beklagten: die Merkmale 2.3/2.4, 3.1, 3.2 und 4.2) in der E3 nicht gezeigt sind und selbst bei einer Kombination mit der E2 nicht alle Merkmale von Anspruch 1 des Klagepatents offenbart seien. Selbst bei der Kombination der beiden Entgegenhaltung würden namentlich die Außen- und Seitenwände der Abdeckungselemente nicht zueinander fluchten.
Die Vorwegnahme von Anspruch 1 des Klagepatents erscheint insofern auf einer rückschauenden Betrachtung zu beruhen, welche die erfinderische Tätigkeit nicht hinreichend in Frage stellen kann.
V.
Der Streitwert wird auf EUR 1.000.000,00 festgesetzt.