4a O 290/08 – Schaltpulse

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1411

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. Juni 2010, Az. 4a O 290/08

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 866 XXX (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vorlage von Belegen und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 30.10.1997 von der Klägerin, damals noch firmierend unter Leister Elektro-Gerätebau, in deutscher Verfahrenssprache angemeldet. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 30.09.1998. Eingetragener und allein verfügungsberechtigter Inhaber des Klagepatents ist die Klägerin. Das Patent steht in Kraft. Über eine von der Beklagten zu 1) beim Bundespatentgericht erhobene Nichtigkeitsklage bezüglich des Klagepatents wurde bislang noch nicht entschieden.

Das Klagepatent bezieht sich auf ein Verfahren und eine Schaltungsanordnung zur schaltstoßarmen Leistungssteuerung elektrischer Lasten. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

1. Verfahren zur schaltstoßarmen Leistungssteuerung elektrischer Lasten, die in wenigstens zwei Teillasten elektrisch aufgeteilt sind, wobei zur Erzielung der geforderten Heizleistung diese in einem bestimmten Leistungsbereich auf die Teillasten weitgehend gleichmäßig verteilt sind,
dadurch gekennzeichnet, dass
– aus drei aufeinanderfolgenden Netzhalbwellen (Muster-Periode) drei getrennte Pulsmusterfolgen A, B und C gebildet werden, die der jeweiligen Netzhalbwelle entsprechen, wobei die negativen Halbwellen gleichgerichtet werden;
– jede Pulsmusterfolge A, B und C über eine vorgegebene Periode (PWM-Periode) mindestens eine Teillast schaltet, wobei entsprechend der maximalen Anzahl der Pulse pro PWM-Periode jedes Pulsmuster A, B oder C maximal ein Drittel der Nennleistung einer Teillast (Pulsmusterleistung) schaltet; und
– mittels Pulsweitenmodulation (PWM) von mindestens einer Pulsmusterfolge entsprechend der Gesamtleistungsanforderung über eine vorgebbare PWM-Periodendauer durch die Anzahl der Pulse der jeweiligen Pulsmusterfolge A, B und/oder C während dieser PWM-Periode die jeweilige Teillast geschaltet wird.

Nachfolgend ist mit der Figur 1 eine auf der Netzfrequenz basierende Pulsmusteraufteilung abgebildet, wie sie dem erfindungsgemäßen Verfahren zugrunde liegen kann. Weiterhin zeigt die nachstehend abgebildete Figur 2 ein Pulsmuster für zwei Lasten bei verschiedenen Leistungsanforderungen. Die Abbildungen stammen aus der Klagepatentschrift.

Die Beklagte zu 1), deren Verwaltungsratspräsident der Beklagte zu 2) ist, vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Heizluftgebläse unter der Bezeichnung „A“ (angegriffene Ausführungsform). Diese weisen unter anderem eine elektronische Schaltung – im Wesentlichen bestehend aus einem Microcontroller – auf, mit der die Leistung des in zwei Teillasten aufgeteilten Heizelements über die Schaltung von B gesteuert wird. In einem Speicher der elektronischen Schaltung sind zum Schalten jeder der beiden Teillasten jeweils 30 verschiedene Bitmuster – bestehend aus 24 Bytes zu je 8 Bits – fest gespeichert. In Abhängigkeit von der vom Benutzer gewählten Leistungsstufe wählt der Microcontroller eines der 30 Bitmusterpaare aus. Bei jedem Nulldurchgang der Netzspannung wird für jede der beiden Teillasten das jeweils nächste Bit des ausgewählten Bitmusters ausgelesen. Hat das Bit den Wert „1“, wird der zugehörige Triac angesteuert und die Teillast geschaltet. Hat das Bit den Wert „0“, erfolgt keine Schaltung. Nachstehend wird das Blockschaltbild der angegriffenen Ausführungsform wiedergegeben. Eine Auswahl von Ausschnitten einzelner für die Steuerung hinterlegter Bitmuster ist ebenfalls abgebildet. Wegen der vollständigen Bitmuster wird auf die Anlagen K 6 und K 6a verwiesen. Die letzten beiden Grafiken geben den Spannungsverlauf der Wechselspannung (Kurve 1), der an die beiden Teillasten abgegebenen Pulse (Kurve 2 und 3) und den resultierenden, von der angegriffenen Ausführungsform aufgenommenen Strom (Kurve 4) wieder. Sämtliche Abbildungen stammen von der Klägerin.

Die Klägerin ist der Ansicht, mit der angegriffenen Ausführungsform könne das erfindungsgemäße Verfahren angewandt werden. Dem Klagepatentanspruch gehe es im Wesentlichen um die Systematik der Anordnung von Schaltpulse. Für die Bildung von drei getrennten Pulsmusterfolgen A, B und C genüge es, wenn Pulsmusterfolgen zur Leistungssteuerung gebildet würden, die mit den entsprechenden Halbwellen synchron verliefen und den im Klagepatent beschriebenen Pulsmusterfolgen entsprächen. Soweit die Musterfolgen jeweils einer eigenen Gesetzmäßigkeit folgten, lägen sie „getrennt“ voneinander vor. Die hinterlegten Bitmusterfolgen der angegriffenen Ausführungsform seien systematisch in exakt 64 Musterperioden aus drei sich wiederholenden Netzhalbwellen aufteilbar. Es handele sich um Pulsmusterfolgen im Sinne des Klagepatentanspruchs. Auf welche Art und Weise die Pulsmusterfolgen elektrisch gebildet würden, lege der Klagepatentanspruch nicht fest. Die im Anspruch vorgegebene Gleichrichtung bedeute lediglich, dass auch eine negative Netzhalbwelle einen positiven Schaltpuls auslöse, wenn die entsprechende Pulsmusterfolge dies vorgebe. Soweit der Klagepatentanspruch vorsehe, dass jede Pulsmusterfolge mindestens eine Teillast über eine vorgegebene Periode schalte, sei damit nur die Möglichkeit des Schaltens angesprochen.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, im Falle der Beklagten zu 1) zu vollziehen am jeweiligen Präsidenten des Verwaltungsrates, zu unterlassen,

zur Benutzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 866 XXX in der Bundesrepublik Deutschland Vorrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern, die geeignet sind

zur Ausführung eines Verfahrens, zur schaltstoßarmen Leistungssteuerung elektrischer Lasten, die in wenigstens zwei Teillasten elektrisch aufgeteilt sind, wobei zur Erzielung der geforderten Heizleistung diese in einem bestimmten Leistungsbereich auf die Teillasten weitgehend gleichmäßig verteilt sind, wobei

– aus drei aufeinanderfolgenden Netzhalbwellen (Muster-Periode) drei getrennte Pulsmusterfolgen A, B und C gebildet werden, die der jeweiligen Netzhalbwelle entsprechen, wobei die negativen Halbwellen gleichgerichtet werden;

– jede Pulsmusterfolge A, B und C über eine vorgegebene Periode (PWM-Periode) mindestens eine Teillast schaltet, wobei entsprechend der maximalen Anzahl der Pulse pro PWM-Periode jedes Pulsmuster A, B oder C maximal ein Drittel der Nennleistung einer Teillast (Pulsmusterleistung) schaltet; und

– mittels Pulsweitenmodulation (PWM) von mindestens einer Pulsmusterfolge entsprechend der Gesamtleistungsanforderung über eine vorgebbare PWM-Periodendauer durch die Anzahl der Pulse der jeweiligen Pulsmusterfolge A, B und/oder C während dieser PWM-Periode die jeweilige Teillast geschaltet wird;

2. ihr Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 30.10.1998 begangen haben, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem ersichtlich sind

a) die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen unter Angabe der jeweiligen Artikelnummer sowie Typenbezeichnung;

b) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum, Verbreitungsgebiet und gegebenenfalls Empfänger,

d) der erzielte Gewinn unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten;

3. hinsichtlich der Angaben zu Ziffer I. 2. lit. a) Belege in der Form von Rechnungen oder Lieferscheinen herauszugeben, wobei Angaben über sonstige Ein- und Verkäufe sowie sonstige Preise auf den Belegen geschwärzt werden können;

II. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, ab dem 30.10.1998 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird;

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung, die auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden darf, abzuwenden,

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des anhängigen Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Die Beklagten sind der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform sei nicht geeignet, das erfindungsgemäße Verfahren anzuwenden. Nach der Lehre des Klagepatentanspruchs sei es erforderlich, dass aus den Netzhalbwellen getrennte Pulsmusterfolgen gebildet würden. Die Pulsmusterfolgen müssten daher zu mindestens einem Zeitpunkt einmal getrennt voneinander vorliegen. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien die Bitmuster jedoch bereits in gespeicherter Form vorhanden und würden nicht erst aus den Netzhalbwellen gebildet. Es könne nicht von 192 Bit langen Bitmustern auf drei Pulsmusterfolgen geschlossen werden. Daher sei es auch nicht erforderlich, negative Netzhalbwellen gleichzurichten, wie dies vom Klagepatentanspruch vorgesehen sei. Die angegriffene Ausführungsform verwende stattdessen die Nulldurchgänge der Netzspannung, um die Teillasten zu schalten. Weiterhin sehe der Klagepatentanspruch vor, dass jede Pulsmusterfolge A, B und C über eine vorgegebene Periode (PWM-Periode) mindestens eine Teillast schalte. Es müsse daher jedes der drei Pulsmuster während einer solchen PWM-Periode in den Schaltvorgang der Teillasten involviert sein. Bei der angegriffenen Ausführungsform gebe es aber eine Vielzahl von Leistungsstufen, bei denen nicht alle „Pulsmusterfolgen“ verwendet würden. Weiterhin finde eine Schaltung von Teillasten in Abhängigkeit von Pulsmustern ebenso wenig statt wie die erfindungsgemäße Pulsweitenmodulation, weil die angegriffene Ausführungsform keine Pulsmuster(-folgen) verwende. Darüber hinaus vertreten die Beklagten die Auffassung, dass sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde, weil die Lehre des geltend gemachten Patentanspruchs nicht neu sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Unterlassung, Schadensersatz dem Grunde nach, Auskunft, Rechnungslegung und Herausgabe von Belegen aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3, §§ 242, 259 BGB. Denn die angegriffene Ausführungsform ist nicht geeignet, das erfindungsgemäße Verfahren anzuwenden.

I.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 ein Verfahren zur schaltstoßarmen Leistungssteuerung elektrischer Lasten. In der Beschreibung des Klagepatents wird dazu ausgeführt, dass aufgrund der Impedanz von Versorgungsleitungen Änderungen der Netzspannung auftreten, wenn elektrische Lasten am Versorgungsnetz wie beispielsweise am öffentlichen Wechselstromnetz variiert werden. Diese – als Flicker bezeichneten – Spannungsänderungen werden teilweise als störend empfunden und müssen nach verschiedenen Normen in engen Grenzen (Flickerpegel) gehalten werden. Müssen elektrische Lasten wie beispielsweise Heizungen für eine gute Regelcharakteristik oft ein- und ausgeschaltet werden, können daher nur begrenzte Lastenänderungen pro Zeiteinheit geschaltet werden. Dies wird durch die Aufteilung der Gesamtlast in einzelne, getrennte und nicht gleichzeitig geschaltete Teillasten oder durch Aufteilung der Gesamtleistung in Leistungsstufen erreicht.

Im Stand der Technik – so die Klagepatentschrift – ist aus der DE 36 01 55 C2 eine Steuereinrichtung zur stufenweisen Leistungsschaltung eines elektrischen Durchlauferhitzers in Abhängigkeit vom Leistungsbedarf bekannt. In einem Zyklus, der mehrere Netzvollwellen umfasst, werden zur Leistungssteuerung mehr oder weniger Netzhalbwellen auf wenigstens einen Heizkörper durchgeschaltet, wobei in dem Zyklus die gleiche Anzahl von positiven und negativen Halbwellen auftritt. Hierzu werden in einem elektronischen Speicher mehrere unterschiedliche Steuersignalmuster gespeichert, die in Abhängigkeit vom Leistungsbedarf die entsprechenden Netzhalbwellenmuster durchschalten. Jedes Steuersignal des jeweiligen Musters schaltet eine Halbwelle oder mehrere aufeinanderfolgende Netzhalbwellen auf den elektrischen Heizkörper durch. Dabei sind die Netzhalbwellenmuster so ausgelegt, dass ihre Kurzzeit-Flickerpegel unter der Störgrenze liegen und sie aufgrund einer jeweils unterschiedlichen Anzahl durchgeschalteter Halbwellen in der elektrischen Leistung abgestuft sind. Um Leistungszwischenstufen in einem Zyklus zu schalten, werden Netzhalbwellenmuster unterschiedlicher Lasten aufeinanderfolgend geschaltet. Durch die Vorgabe dieser unterschiedlichen, gleichspannungsfreien, in Steuersignalmustern abgespeicherten Netzhalbwellenmuster und deren Abarbeitung in einem festen Zyklus lässt sich die notwendige Flickerfreiheit verbunden mit einer feinstufigen Heizungsleistungssteuerung erreichen.

Weiterhin ist aus der DE 37 26 535 A1 ein Verfahren zur schaltstoßarmen Leistungssteuerung elektrischer Lasten bekannt, bei dem die Heizlasten in wenigstens zwei Unterlasten elektrisch aufgeteilt sind und die Unterlasten wahlweise in wenigstens drei Haupt-Leistungsstufen in Serienschaltung, wechselweise einzeln oder in Parallelschaltung an ein Wechselstromnetz schaltbar sind. Ausgehend von einer der Haupt-Leistungsstufen wird in einem sich laufend wiederholenden Zyklus von wenigstens zwei Wechselstrom-Halbwellen während wenigstens einer Halbwelle in jedem Zyklus auf die jeweils nächstniedrigere Haupt-Leistungsstufe geschaltet. Die dabei verwendeten Schaltzyklen weisen eine Länge von jeweils sechs Halbwellen auf, die jeweils nach dem Leistungsbedarf geschaltet werden.

Die ebenfalls in der Klagepatentschrift gewürdigte DE 195 04 470 A1 (irrtümlich in der Klagepatentschrift als DE 105 04 470 A1 bezeichnet) beschreibt einen elektrischen Durchlauferhitzer, bei dem die Abstufung der Heizleistung in bekannter Weise durch entsprechendes Ausblenden von Teilbereichen des üblicherweise sinusförmigen Heizstromes erfolgt. Die Schaltung des Heizstromes erfolgt in den Nulldurchgängen. Die Gesamtheizleistung des Durchlauferhitzers ist auf verschiedene Heizkörper aufgeteilt und die einzelnen Heizkörper weisen eine unterschiedlich große Nennheizleistung auf. Mittels einer Steuerschaltung wird die jeweilige Heizleistung auf möglichst viele Heizkörper geschaltet. Die Abstufung bezüglich der Heizleistung erfolgt in 1/3-Schritten (0/3, 1/3, 2/3 oder 3/3) der Nennheizleistung. Das Durchschalten der Heizleistung beziehungsweise des Heizstromes auf die Heizkörper erfolgt während sechs Netzhalbwellen, wobei eine der Heizleistung entsprechende Anzahl von Halbwellen geschaltet wird. So werden bei 1/3 Leistung die erste und vierte Halbwelle, bei 2/3 Leistung die zweite, dritte, vierte und fünfte Halbwelle und bei 3/3 Leistung alle Halbwellen geschaltet. Zur Erzielung der gewünschten Leistung werden nacheinander die einzelnen Heizstufen, die eine unterschiedliche Nennleistung aufweisen, geschaltet. Dabei wird darauf geachtet, dass alle drei Lasten gleichmäßig mit einer Heizstufe belegt sind, bevor die nächsthöhere Heizstufe bei einer Teillast zugeschaltet wird.

In der Klagepatentschrift wird an den im Stand der Technik bekannten Verfahren zur schaltstoßarmen Leistungssteuerung als nachteilig angesehen, dass nur eine Last direkt geschaltet werden könne. Die Aufteilung erfolge durch leistungsproportionales festes Zuschalten von Teillasten und die Regelung über eine Teillast. Dies führe bei einer Heizung, bei Schweißgeräten und Heißluftgeräten zu unterschiedlichen Temperaturen in den verschiedenen Lastbereichen, da die Leistungsabgaben der Teillasten bis zu 100 % differieren könnten. Dies führe zu Materialspannungen und frühzeitigem Altern der Geräte. Weiterhin sei im Stand der Technik nachteilig, dass die Pulsmustersteuerung aufgrund der Norm für die Flickerrate nur für Lasten bis ca. 2,5 kW eingesetzt werden könne. Für größere Lasten seien meist komplizierte und aufwendige elektrische Schaltungen notwendig. Zudem sei die zu erwartende Schaltstoßbelastung des Netzes nicht eindeutig auszumachen, weil in der Regel die Pulsmuster nach der Leistungsanforderung wahlfrei hintereinander gesetzt würden.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, eine Möglichkeit der Ansteuerung von Lasten vorzuschlagen, die ein flickerfreies Schalten innerhalb der vorgegebenen Norm einer Vielzahl von Teillasten ermöglicht, wobei die Teillasten bei jeder Leistungsanforderung gleichmäßig belastet werden.

Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Verfahren zur schaltstoßarmen Leistungssteuerung elektrischer Lasten;
2. die elektrischen Lasten sind in wenigstens zwei Teillasten elektrisch aufgeteilt;
3. zur Erzielung der geforderten Heizleistung sind die elektrischen Lasten in einem bestimmten Leistungsbereich auf die Teillasten weitgehend gleichmäßig verteilt;
4. aus drei aufeinanderfolgenden Netzhalbwellen (Muster-Periode) werden drei getrennte Pulsmusterfolgen A, B und C gebildet, die der jeweiligen Netzhalbwelle entsprechen, wobei die negativen Halbwellen gleichgerichtet werden;
5. jede Pulsmusterfolge A, B und C schaltet über eine vorgegebene Periode (PWM-Periode) mindestens eine Teillast;
6. entsprechend der maximalen Anzahl der Pulse pro PWM-Periode schaltet jedes Pulsmuster A, B oder C maximal ein Drittel der Nennleistung einer Teillast (Pulsmusterleistung); und
7. die jeweilige Teillast wird mittels Pulsweitenmodulation (PWM) von mindestens einer Pulsmusterfolge entsprechend der Gesamtleistungsanforderung über eine vorgebbare PWM-Periodendauer durch die Anzahl der Pulse der jeweiligen Pulsmusterfolge A, B und/oder C während dieser PWM-Periode geschaltet.

II.
Die angegriffene Ausführungsform ist nicht im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG geeignet, das mit dem Klagepatentanspruch 1 geschützte Verfahren anzuwenden. Insofern kann dahinstehen, ob mit dem beanstandeten Heizluftgebläse „A“ die Merkmale 5 bis 7 verwirklicht werden, was zwischen den Parteien streitig ist. Denn jedenfalls werden bei der angegriffenen Ausführungsform nicht aus drei aufeinanderfolgenden Netzhalbwellen drei getrennte Pulsmusterfolgen A, B und C gebildet (Merkmal 4).

1.
Das mit dem Klagepatentanspruch 1 geschützte Verfahren dient dazu, elektrische Lasten schaltstoßarm steuern zu können, indem die elektrische Last auf Teillasten aufgeteilt wird, die Teillasten wiederum über Pulsmusterfolgen A, B und C geschaltet werden und die Anzahl der Pulse der jeweiligen Pulsmusterfolgen während einer PWM-Periode entsprechend der Gesamtleistungsanforderung variiert werden kann (Pulsweitenmodulation).

Hinsichtlich der Pulsmusterfolgen ist im Klagepatentanspruch vorgesehen, dass aus drei aufeinanderfolgenden Netzhalbwellen (Muster-Periode) drei getrennte Pulsmusterfolgen A, B und C gebildet werden, die der jeweiligen Netzhalbwelle entsprechen, wobei die negativen Halbwellen gleichgerichtet werden (Merkmal 4). Im Klagepatentanspruch wird nicht im Einzelnen ausgeführt, wie die Pulsmusterfolgen erzeugt werden sollen. Aus dem Wortlaut des Merkmals 4 wird jedoch deutlich, dass zumindest einer der Schritte des geschützten Verfahrens darin besteht, die Netzhalbwellen dergestalt elektrotechnisch zu verarbeiten, dass daraus drei getrennte Pulsmusterfolgen entstehen. Für diese Auslegung spricht, dass die Pulsmusterfolgen „aus den Netzhalbwellen gebildet werden.“ Begrifflich geht es also nicht nur darum, dass jeder auftretende Puls durch eine Netzhalbwelle irgendwie ausgelöst wird, sondern dass der Puls aus der Netzhalbwelle selbst gebildet wird. Dass es sich bei der Bildung der Pulsmusterfolgen um einen elektrotechnischen Vorgang handelt, wird weiterhin daraus deutlich, dass im Zuge der Bildung der Pulsmusterfolgen die negativen Halbwellen gleichgerichtet werden. Der Begriff „gleichrichten“ stammt aus der Elektrotechnik und wird typischerweise verwendet, um die Umwandlung von Wechselspannung in Gleichspannung zu beschreiben. In diesem Sinne wird der Begriff auch im Klagepatentanspruch verstanden, weil ausdrücklich negative Halbwellen genannt werden, die im Wechsel mit den – nicht eigens genannten – positiven Halbwellen die Wechselspannung charakterisieren, wie sie beispielhaft in der Figur 1 dargestellt ist (vgl. auch S. 5 Z. 5 ff; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift, Anlage K 1). In der Klagepatentschrift gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der im Klagepatentanspruch beschriebene Vorgang der Gleichrichtung nicht im hier genannten Sinne zu verstehen ist. Dem Klagepatent liegt daher die Vorstellung zugrunde, dass für die Erzeugung der Pulsmusterfolgen eine elektrotechnische Verarbeitung der Netzhalbwellen erfolgen muss, in deren Verlauf die negativen Halbwellen des Wechselstroms in positive Halbwellen umgewandelt werden.

Der Auffassung der Klägerin, für die Bildung von drei getrennten Pulsmusterfolgen A, B und C genüge es, wenn Pulsmusterfolgen zur Leistungssteuerung gebildet würden, die mit den entsprechenden Halbwellen synchron verliefen, kann nicht gefolgt werden. Sie lässt den technischen Wortsinn des Klagepatentanspruchs außer acht. Denn dieser verlangt mehr als nur die Bildung von drei Pulsmusterfolgen A, B und C, die jeweils synchron zu drei aufeinanderfolgenden Netzhalbwellen verlaufen. Über das Erfordernis hinaus, dass die Pulsmusterfolgen „der jeweiligen Netzhalbwelle entsprechen“ (vgl. den Wortlaut des Klagepatentanspruchs), sollen die Pulsmusterfolgen A, B und C aus den Netzhalbwellen gebildet werden. Daher reicht es für den Vorgang der Gleichrichtung entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht aus, dass durch jede Netzhalbwelle – und somit auch durch eine negative Halbwelle – in beliebiger Art und Weise ein positiver Schaltpuls ausgelöst wird. Denn nach der Lehre des Klagepatentanspruchs ist es erforderlich, dass für die Bildung der Pulsmusterfolge die Halbwelle selbst gleichgerichtet wird. Diese erfährt eine entsprechende Umwandlung im elektrotechnischen Sinne. Mit Blick auf die Aufgabe des Klagepatents ist es für ein Verfahren zur schaltstoßarmen Leistungssteuerung an sich unbeachtlich, wie die Schaltpulse konkret gebildet werden und über welche Art von Pulsen die Schaltung der Teillasten erfolgt, da es sich bei den Schaltpulsen lediglich um Steuersignale zur Steuerung der Teillasten handelt. Daher weist die Klägerin im Grunde zu Recht darauf hin, dass es letztlich allein auf die Anordnung der Pulse und die Gesetzmäßigkeiten der Pulsmusterfolgen ankommt. Allerdings bleibt der Klagepatentanspruch dabei nicht stehen, sondern enthält konkrete (elektrotechnische) Vorgaben zur Bildung der Pulsmuster, indem die Pulsmusterfolgen aus drei aufeinanderfolgen Netzhalbwellen gebildet werden, die der jeweiligen Netzhalbwelle entsprechen, wobei negative Halbwellen gleichgerichtet werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Figur 1 der Klagepatentschrift, auf die die Klägerin zur Begründung ihrer Auffassung verweist. Zwar wird aus dieser Figur deutlich, dass positive Pulse den negativen Halbwellen zugeordnet sind. Dabei handelt es sich aber lediglich um das Ergebnis der Bildung von Pulsmusterfolgen. Wie insbesondere der Verfahrensschritt der Gleichrichtung zu erfolgen hat, ist aus der Figur 1 nicht ersichtlich. Insofern überzeugt auch nicht das Argument, mit dem Merkmal 4 solle erreicht werden, dass negative Netzhalbwellen zur Auslösung eines Schaltpulses herangezogen werden und eine feinere Abstufung der Leistungssteuerung ermöglicht wird. Denn dieses Ergebnis wird bereits dadurch erzielt, dass die Pulsmusterfolgen aus drei aufeinanderfolgenden Netzhalbwellen gebildet werden und diesen entsprechen. Die von der Klägerin vorgenommene funktionale Betrachtung darf nicht dazu führen, dass der technische Wortsinn des Klagepatentanspruchs außer acht gelassen wird.

In diese Auslegung fügt sich ohne Widersprüche auch das Erfordernis getrennter Pulsmusterfolgen ein. Die Bildung getrennter Pulsmusterfolgen ist dahingehend zu verstehen, dass die Pulsmusterfolgen physisch getrennt, also an getrennten Ausgängen der für die Pulsmusterbildung erforderlichen Schaltungsanordnung anliegen müssen, wie dies in der Figur 5 beispielhaft dargestellt und im Klagepatent beschrieben ist (S. 7 Z. 17-22). Zwar wird mit dem Klagepatentanspruch 1 nicht die konkrete Schaltungsanordnung geschützt und die in der Figur 5 dargestellte Anordnung stellt nur ein Ausführungsbeispiel dar, das regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs erlaubt. Der die Schaltungsvorrichtung betreffende Nebenanspruch 8 sieht aber „einen Mustergenerator (2) zur Erzeugung von drei getrennten gleichgerichteten Pulsmusterfolgen (A, B, C) aus drei aufeinanderfolgenden Netzhalbwellen“ vor. Vor dem Hintergrund der Beschreibung des Klagepatents (S. 7 Z. 17-22) und der Figur 5 hat der Begriff der „getrennten Pulsmusterfolgen“ im Nebenanspruch 8 die Bedeutung, dass die Pulsmusterfolgen an getrennten Ausgängen bereit gestellt werden müssen. Es ergeben sich dann die in der Figur 1 beispielhaft dargestellten drei getrennten Pulsmusterfolgen. Da die technischen Begriffe in der gesamten Klagepatentschrift einheitlich verwendet werden, ist auch im Klagepatentanspruch 1 für die Trennung der Pulsmusterfolgen zu folgern, dass diese an getrennten Ausgängen bereit gestellt werden müssen. Das Erfordernis getrennter Pulsmusterfolgen bestätigt damit auch die übrige Auslegung des Klagepatentanspruchs hinsichtlich der Anweisung, die Pulsmusterfolgen aus den Netzhalbwellen zu bilden und die Halbwelle gleichzurichten: Die Pulsmusterfolgen werden durch eine elektrotechnische Verarbeitung der Netzhalbwellen erzeugt, indem die an einem Anschluss anliegenden einzelnen Netzhalbwellen auf verschiedene Anschlüsse aufgetrennt und negative Halbwellen gleichgerichtet werden.

Die Klägerin ist der Ansicht, „getrennt“ bedeute, dass die Pulse in Dreiergruppen angeordnet sind, die jeweils getrennte – d.h. jeweils eigenständigen Gesetzmäßigkeiten unterliegende – Pulsmusterfolgen A, B und C ergeben. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, weil der Klagepatentanspruch und auch die Beschreibung des Klagepatents – was die Beklagten zu recht bemängeln – keinerlei „eigenständige Gesetzmäßigkeit“ vorsehen, mit der die eine Pulsmusterfolge von der anderen unterschieden werden könnte. Dass jede Pulsmusterfolge A, B und C während einer PWM-Periode mindestens eine Teillast, aber maximal ein Drittel der Nennleistung einer Teillast schalten muss (Merkmale 5 und 6), erfordert ungeachtet der zwischen den Parteien streitigen Auslegung keine eigenständige Gesetzmäßigkeit der einzelnen Pulsmusterfolgen, was auch von der Klägerin nicht behauptet wird. Das Erfordernis einer „eigenständigen Gesetzmäßigkeit“ wird spätestens mit dem Merkmal 7 widerlegt, weil die Anzahl der Pulse einer Pulsmusterfolge infolge der Pulsweitenmodulation beliebig variiert werden kann. Die Anzahl ist allein von der jeweiligen Gesamtleistungsanforderung abhängig. Insbesondere können die Pulse zu beliebigen Zeitpunkten innerhalb der PWM-Periode erfolgen, was beispielsweise in der Figur 2 bei verschiedenen Gesamtlasten daraus deutlich wird, dass während einer gesamten PWM-Periode zu unterschiedlichen Zeitpunkten vereinzelte Pulse auftreten, die keinem bestimmten Muster folgen.

2.
Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass bei der Verwendung der angegriffenen Ausführungsform aus den Netzhalbwellen drei getrennte Pulsmusterfolgen gebildet werden (Merkmal 4). Bei der angegriffenen Ausführungsform sind für jede der zwei Teillasten 30 verschiedene Bitmuster entsprechend den 30 Leistungsstufen gespeichert. Bei jedem Nulldurchgang der Netzspannung wird das jeweils nächste Bit des gewählten Bitmusters ausgelesen. Hat dieses Bit den Wert „1“, ergeht ein Steuersignal an den zugehörigen Triac und die Teillast wird geschaltet. Hat das Bit den Wert „0“ wird der Triac nicht angesteuert und die Teillast nicht geschaltet. Die dafür erforderlichen Steuersignale zur Schaltung des B beziehungsweise der Teillast können als Pulse im Sinne des Klagepatentanspruchs angesehen werden. Die Klägerin hat auf Nachfrage der Kammer in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass diese Steuersignale letztlich aus dem Wechselstromnetz stammen, an dem auch die Steuerschaltung angeschlossen sei. Aus den als Anlage K 11 vorgelegten Spannungskurven ist zudem ersichtlich, dass die Steuersignale immer positiv sind. Dies deutet darauf hin, dass bei der angegriffenen Ausführungsform im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs die Pulse aus aufeinanderfolgenden Netzhalbwellen gebildet und die Halbwellen tatsächlich gleichgerichtet werden. Letztlich bedarf dies aber keiner Entscheidung. Denn jedenfalls werden bei diesem Vorgang in der angegriffenen Ausführungsform keine drei getrennten Pulsmusterfolgen gebildet. Da die Steuersignale in Abhängigkeit vom Wert des ausgelesenen Bits generiert werden, bedarf es grundsätzlich keiner drei getrennten Pulsmusterfolgen. Entsprechend ist auch nicht vorgetragen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt drei getrennte Pulsmusterfolgen im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs vorliegen.

Die Klägerin kann dagegen nicht mit Erfolg einwenden, die Steuersignale, die die Schaltung der angegriffenen Ausführungsform an ihrem Ausgang (im Blockschaltbild der Anlage K 9 mit „x“ bezeichnet) verlassen, würden sich nicht von den Steuersignalen unterscheiden, die an den Ausgängen L1 und L2 der Schaltungsanordnung der Figur 5 in der Klagepatentschrift anliegen. Denn dabei handelt es sich um eine rein ergebnisorientierte, funktionale Betrachtung, die außer acht lässt, dass mit dem Klagepatentanspruch 1 ein Verfahren beschrieben wird, bei dem einer der Schritte darin besteht, getrennte Pulsmusterfolgen zu bilden. Dass diese Pulsmusterfolgen gegebenenfalls nach der Pulsweitenmodulation wieder an einem einzelnen Eingang eines B zur Schaltung einer Teillast zusammengeführt werden, ist unbeachtlich.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 500.000,00 EUR