2 U 93/03 – Reflektorschirm

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 473

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. April 2005, Az. 2 U 93/03

1. Die Berufung der Beklagten gegen die Urteilsaussprüche zu I.1.b. sowie I.2. und II. (soweit auf den Ausspruch zu I.1.b. rückbezogen) des am 12. September 2003 verkündeten Urteils der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

2.
Die Beklagten werden der von ihnen eingelegten Berufung gegen die Urteilsaussprüche zu I.1.a. sowie I.2. und II. (soweit auf den Ausspruch zu I.1.a. rückbezogen) des genannten Urteils für verlustig erklärt.

3.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung von 350.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt:

a) bis zum 31. Januar 2005: 700.000 €;
b) seit dem 1. Februar 2005: 350.000 €.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des in deutscher Sprache abgefassten, u.a. auch für die Bundesrepublik Deutschland geltenden europäischen Patents 0 806 606 (im folgenden: Klagepatent), das auf einer am 8. April 1997 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 8. Mai 1996 eingegangenen und am 12. November 1997 veröffentlichten Anmeldung beruht. Der Hinweis auf die Patenterteilung und die Veröffentlichung des Klagepatents sind am 2. Dezember 1998 erfolgt.

Der Kläger ist außerdem eingetragener Inhaber des die Priorität des Klagepatents begründenden deutschen Patents 196 18 434, dessen Erteilung am 20. November 1997 veröffentlicht worden ist; auf dieses Patent stützt er die vorliegende Klage hilfsweise.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

Schirmartig aufspannbarer Reflektor mit

– einem Lagerkörper (5), in den ein rohrförmiger Träger (1) so einsetzbar ist, dass er im Lagerkörper (5) verschiebbar gehaltert ist,

– einem am Lagerkörper (5) angeordneten Kranz von Gelenken (10),
mit denen Schirmspeichen (11) am Lagerkörper (5) angelenkt sind,
an denen eine reflektierende Schirmbespannung (18) befestigt ist,

– einem auf dem rohrförmigen Träger (1) verschiebbaren Schieber (15), an dem ein Kranz von Kniegelenken (14) angeordnet ist, an denen Spreizspeichen (13) gelagert sind, deren zur Schirmbespannung (18) zeigendes Ende mit Spreizgelenken (12) an den Schirmspeichen (11) befestigt ist, wobei die Spreizspeichen (13) so bemessen sind, dass der Schieber (15) zum Aufspannen des Reflektors gegen die beim Aufspreizen der Schirmspeichen (11) wirkenden Rückstellkräfte etwa bis zur Ebene der Spreizgelenke (12) oder über diese hinaus zum Lagerkörper (5) hin in eine Aufspannstellung mit einer Arretierung verschiebbar ist, und mit einem elektromagnetische oder akustische Wellen emittierenden Element (2), das an dem der Innenseite des schirmartigen Reflektors zugewandten Ende des rohrförmigen Trägers (1) angeordnet ist, so dass das Element (2) durch Verschieben des rohrförmigen Trägers (1) in dem Lagerkörper (5) in verschiedene Positionen relativ zum aufgespannten Reflektor bewegt werden kann.

Die nachstehend wiedergegebene Figur 1 aus der Klagepatentschrift zeigt ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der geschützten Erfindung:

Die Beklagte zu 1. stellt in der Schweiz her und vertreibt über die unter der Geschäftsführung des Beklagten zu 3. stehende Beklagte zu 2. in Deutschland u.a. Beleuchtungsvorrichtungen für Foto- und Filmaufnahmen. Zum Herstellungs- und Vertriebsprogramm der Beklagten gehörten seit etwa 2002 auch Reflektorenschirme mit den Typenbezeichnungen „P2“ und „P3“ in zwei verschiedenen Varianten.

Eine dieser Varianten („Ausführungsform I“) war so beschaffen, wie aus der nach- folgend wiedergegebenen Abbildung ersichtlich:

Die Beschaffenheit der anderen Variante („Ausführungsform II“) ergibt sich aus der nachstehend wiedergegebenen Abbildung (Anlage K 18):

Der Kläger hat geltend gemacht:

Die Ausführungsform I mache wortsinngemäß, die Ausführungsform II teils wortsinngemäß, teils in äquivalenter Weise von der Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass die Beklagten mit dem Vertrieb beider Vorrichtungen das Klagepatent verletzten.

Der Kläger hat die Beklagten deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zur Entschädigung und zum Schadensersatz in

Anspruch genommen, während die Beklagten um Klageabweisung gebeten
haben.

Sie haben eingewendet:

Keine der angegriffenen Ausführungsformen mache von der Lehre des Klagepatents Gebrauch; die Ausführungsform II habe sich im übrigen am Prioritätstage des Klagepatents in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.

Das Landgericht hat, den Anträgen des Klägers folgend,

I.
die Beklagten verurteilt,

1.
es bei Meidung der (näher bezeichneten) gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

a) … (betraf die Ausführungsform I);

b) schirmartig aufklappbare Reflektoren mit einem Lagerkörper, in den ein
rohrförmiger Träger so einsetzbar ist, dass er im Lagerkörper verschieb-
bar gehaltert ist, einem am Lagerkörper angeordneten Kranz von Ge-
lenken, mit denen Schirmspeichen am Lagerkörper angelenkt sind,
an denen eine reflektierende Schirmbespannung befestigt ist, einem
auf dem rohrförmigen Träger verschiebbaren Schieber, einem an dem
Träger angeordneten Kranz von Kniegelenken, an denen Spreizspeichen
gelagert sind, deren zur Schirmbespannung zeigendes Ende mit Spreiz-
gelenken an den Schirmspeichen befestigt ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Spreizspeichen so bemessen sind, dass der Träger mit den Kniegelenken zum Aufspannen des Reflektors gegen die beim Aufspreizen der Schirmspeichen wirkenden Rückstellkräfte etwa bis zur Ebene der Spreizgelenke oder über diese hinaus zum Lagerkörper hin in eine Aufspannstellung mit einer Arretierung verschiebbar ist, und mit einem elektromagnetische oder akustische Wellen emittierenden Element, das an dem Schieber auf dem der Innenseite des schirmartigen Reflektors zugewandten Teil des rohrförmigen Trägers angeordnet ist, so dass das Element durch Verschieben des Schiebers in verschiedene Positionen relativ zum aufgespannten Reflektor bewegt werden kann;

2.
dem Kläger Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie – die Beklagten – die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 12. Dezember 1997 begangen hätten, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten, oder bei Fremdbezug: der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Liefer-
zeiten, Lieferpreisen, Typenbezeichnungen sowie den Namen und An-
schriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, An-
gebotszeiten, Angebotspreisen und Typenbezeichnungen sowie den
Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs-
kosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fix-
kosten und variablen Gemeinkosten gemindert sei, es sei denn, diese
könnten ausnahmsweise den unter I.1. genannten Gegenständen un-
mittelbar zugerechnet werden;

wobei

vom Beklagten zu 3. sämtliche Angaben und von allen Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 2. Januar 1999 zu machen seien

und

den Beklagten vorbehalten bleibe, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten trügen und ihn ermächtigten und verpflichteten, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sei.

Darüber hinaus hat das Landgericht

II.
festgestellt,

1.
dass die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner verpflichtet seien, dem Kläger für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 12. Dezember 1997 bis zum 1. Januar 1999 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

sowie

2.
dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 2. Januar 1999 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde.

Auf das Urteil vom 12. September 2003 wird Bezug genommen.

Die Beklagten haben zunächst in vollem Umfang Berufung eingelegt. Am 1. Februar 2005 haben sie ihre Berufung zurückgenommen, soweit die Ausführungsform I betroffen war. Sie verfolgen ihren Klageabweisungsantrag jetzt nur noch hinsichtlich der Ausführungsform II weiter, während der Kläger um Zurückweisung des Rechtsmittels bittet.

Soweit es um die Ausführungsform II geht, wiederholen und ergänzen die Parteien ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung, soweit über sie nach der teilweisen Rücknahme noch zu entscheiden ist, ist nicht begründet. Soweit es den zurückgenommenen Teil der Berufung betrifft, waren die Beklagten gemäß § 516 Abs. 3 ZPO der von ihnen eingelegten Berufung für verlustig zu erklären.

1.

Das Klagepatent betrifft einen schirmartig aufspannbaren Reflektor für Lichtwellen, elektromagnetische Wellen, akustische Wellen usw. Ein solcher Reflektor kann insbesondere für Beleuchtungszwecke in Fotografie und Film, aber auch für das Senden und Empfangen von Funkwellen, das Sammeln von Sonnenenergie sowie das Senden und Empfangen von Schallwellen dienen.

Nach den einleitenden Ausführungen der Klagepatentschrift besteht auf den vorerwähnten Einsatzfeldern ein Bedarf für mobile Reflektoren, die zum Zwecke des Transports zusammenlegbar sind und am Einsatzort auf ihre volle Größe gebracht werden können.

Die Klagepatentschrift erwähnt die deutsche Patentanmeldung 31 24 757 (Anlage K 3) aus welcher eine Blitzlampenanordnung mit einem schirmartigen Faltreflektor bekannt ist. Hier seien, so die Klagepatentschrift, an einer Haltevorrichtung für einen Lampensockel Schirmspeichen gelagert, die sich über Spreizspeichen an einem Führungsring abstützten, welcher auf dem rohrförmigen Lampensockel geführt sei. Durch Verschieben des Führungsringes auf dem Lampensockel sei der Faltreflektor zusammenleg- oder aufklappbar. In aufgeklappter Stellung werde der Führungsring mit einer Rasteinrichtung am Lampensockel verrastet. Zwecks Anpassung an verschieden große Faltreflektoren könnten zwischen Haltevorrichtung und Lampenkörper zylindrische Sockel verschiedener Länge angeordnet werden.

Die Klagepatentschrift kritisiert an dieser Vorrichtung, bei ihr sei die Lampe stets starr bezüglich des Reflektors angeordnet; außerdem erlaube die regenschirmartige Speichenkonstruktion nicht das Erreichen kleiner Brennweiten; große Faltreflektoren seien mit diesem Konstruktionsprinzip nur schwer aufklappbar, die Rasteinrichtung müsse dann große Rückstellkräfte abstützen, und zwar auch dann, wenn durch viele Speichen eine feine Segmentierung zwecks Annäherung an eine ideale Reflektorform erreicht werden solle.

Die Klagepatentschrift bezeichnet es sodann als Aufgabe der Erfindung, einen konstruktiv einfachen schirmartigen Reflektor zu schaffen, bei dem das zu fokussierende Element relativ zum Reflektor verschiebbar sei, so dass auch kleine Brennweiten erreichbar seien.

Das so umschriebene technische Problem soll nach Anspruch 1 des Klagepatents gelöst werden durch einen

1. schirmartig aufspannbaren Reflektor mit

2. einem Lagerkörper (5);

2.1 in den Lagerkörper ist ein rohrförmiger Träger (1) so einsetzbar,
dass er im Lagerkörper (5) verschiebbar gehaltert ist;

2.2 an dem Lagerkörper (5) ist ein Kranz von Gelenken (10) ange-
ordnet;

3. Schirmspeichen (11);

3.1 die Schirmspeichen (11) sind mit den Gelenken (10) am Lager-
körper (5) angelenkt;

3.2 an den Schirmspeichen (11) ist eine reflektierende Schirmbe-
spannung befestigt;

4. einem auf dem rohrförmigen Träger (1) verschiebbaren Schieber (15);

4.1 an dem Schieber (15) ist ein Kranz von Kniegelenken (14)
angeordnet;

5. Spreizspeichen (13);

5.1 die Spreizspeichen (13) sind an den Kniegelenken (14) des
Schiebers (15) gelagert;

5.2 das zur Schirmbespannung (18) zeigende Ende der Spreiz-
speichen (13) ist mit Spreizgelenken (12) an den Schirm-
speichen (11) befestigt;

5.3 die Spreizspeichen (13) sind so bemessen, dass der Schieber
zum Aufspannen des Reflektors gegen die beim Aufspreizen der
Schirmspeichen (11) wirkenden Rückstellkräfte etwa bis zur
Ebene der Spreizgelenke (12) oder über diese hinaus zum
Lagerkörper (5) hin in eine Aufspannstellung mit Arretierung ver-
schiebbar ist;

6. einem elektromagnetische oder akustische Wellen emittierenden Element (2),

6.1 das an dem der Innenseite des schirmartigen Reflektors zuge-
wandten Ende des rohrförmigen Trägers (1) angeordnet ist,

6.2 so dass es durch Verschieben des rohrförmigen Trägers (1)
in dem Lagerkörper (5) in verschiedene Positionen relativ zum
aufgespannten Reflektor bewegt werden kann.

Die Klagepatentschrift hebt hervor:

Der erfindungsgemäße Reflektor habe einen Lagerkörper, der wie die Krone eines Schirmes einen Kranz von Gelenken für die Schirmspeichen aufweise; des weiteren habe er einen rohrförmigen Träger, an dessen einem Ende sich das zu fokussierende Element, beispielsweise eine Lampe, befinde; dieser rohrförmige Träger sei im Unterschied zu bekannten Schirmkonstruktionen nicht fest, sondern axial verstellbar in dem Lagerkörper gehalten. Die am Lagerkörper angelenkten Schirmspeichen wiesen in einem Abstand von ihren Anlenkungen Spreizgelenke auf, an denen sich Spreizspeichen befänden, die mit ihren anderen Enden an einem Kranz von Kniegelenken eines an dem Träger geführten Schiebers gelagert seien. Dabei seien die Spreizspeichen so bemessen, dass sie sich entgegen den Rückstellkräften, die beim Aufspreizen durch die Verformung der Schirmspeichen und der Schirmbespannung bewirkt würden, bis etwa zur Ebene der Spreizgelenke oder über diese hinaus zum Lagerkörper hin in eine Aufspannstellung mit einer Arretierung drücken ließen. Diese Arretierung könne durch eine besondere Verriegelung (z.B. eine Rastklinke oder dergleichen) bewirkt werden, aber auch – und zwar in besonders einfacher Weise – bei einer Verschiebbarkeit über die Ebene der Spreizgelenke hinaus durch bloßes Abstützen des Schiebers an dem als Anschlag wirkenden Lagerkörper.

Die Erfindung begünstige ein axiales Verstellen oder Verdrehen des Trägers bezüglich des Lagerkörpers und eine Fokussierung durch Verschieben des Trägers bei aufgespanntem Schirm; dabei seien, falls der Schieber bis an den Lagerkörper herangeschoben werde, sehr geringe Brennweiten erreichbar. Des weiteren seien sehr große und fein segmentierte Schirmreflektoren möglich, da mittels des Schiebers gerade in der Nähe des Kniehebeltotpunktes sehr hohe Aufspreizkräfte auf die Schirmspeichen ausgeübt werden könnten. Ein schneller Auf- und Abbau des Reflektors sei somit ohne den Einsatz von Werkzeugen oder sonstigen Hilfsmitteln möglich. Ferner begünstige die Konstruktion ein geringes Gewicht und Transportvolumen.

Über die stufenlose Fokussierbarkeit hinaus sei auch ein schnelles Wechseln des zu fokussierenden Elements möglich, ohne dass der Reflektor entspannt oder demontiert werden müsse. Hierzu könne der Träger aus der Konstruktion herausgezogen werden. Auch sei es möglich, das zu fokussierende Element austauschbar am Träger zu befestigen.

Angesichts des Streites der Parteien bedürfen das Merkmal 2.1 sowie die Merkmalsgruppen 4, 5 und 6 der vorstehenden Merkmalsgliederung näherer Erörterung.

Gemäß Merkmal 2.1 soll in den Lagerkörper (5) ein rohrförmiger Träger (1) einsetzbar sein, und zwar so, dass er in dem Lagerkörper „verschiebbar gehaltert“ ist.
Das genannte Merkmal verlangt damit ein rohrförmiges Teil, das in dem Lagerkörper (5) längsverschieblich sein und das etwas „tragen“ soll, nämlich zum einen den Schieber (15) mit den daran angelenkten Spreizspeichen und zum anderen das „emittierende Element“ (2).

Der Schieber (15) soll gemäß Merkmal 4.1 mit einem Kranz von Kniegelenken (14) – nämlich für die Spreizspeichen, vgl. Merkmal 5.1 – versehen und nach Merkmal 4 auf dem rohrförmigen Träger (1) verschiebbar sein. Der rohrförmige Träger (1) trägt damit mittelbar auch die Kniegelenke für die Spreizspeichen.

Der Schieber (15) dient – vgl. die Merkmalsgruppe 5 – dazu, über die an ihm gelagerten Spreizspeichen (13) den Reflektor zu öffnen und zu schließen, ohne
dass man dabei den – seinerseits gegenüber dem die Gelenke der Schirmspeichen (11) tragenden Lagerkörper (5) beweglichen – rohrförmigen Träger (1) verschieben müsste. Dieser soll sich auch und gerade in der aufgespannten Stellung des Reflektors verschieben lassen, um – vgl. die Merkmalsgruppe 6 – das an seinem einen Ende angeordnete „emittierende Element“ (2) – bei einem Einsatz zu Beleuchtungszwecken: eine Lampe – in verschiedene Positionen relativ zum aufgespannten Reflektor zu bewegen, es also, wie es die Patentschrift auch ausdrückt, zu fokussieren. Das „emittierende Element“ (2) seinerseits soll nach dem Wortsinn des Merkmals 6.1 gegenüber dem rohrförmigen Träger (1) nicht verschieblich sein, es kann allerdings, wie die Klagepatentschrift in Spalte 2, Zeilen 52 bis 54 ausdrücklich hervorhebt, an ihm „austauschbar befestigt“, also von ihm lösbar sein, so dass es dann für ein schnelles Wechseln des genannten Elements nicht nötig ist, den rohrförmigen Träger aus der Konstruktion herauszuziehen.

Nach dem Wortsinn der Merkmalsgruppen 4 bis 6 weist also der erfindungsgemäße Reflektor an dem – verschiebbaren – rohrförmigen Träger (1) ein bewegliches Teil, nämlich den Schieber (15) mit den Spreizspeichen (13), und ein unbewegliches Teil, nämlich das „emittierende Element“ (2) auf, das durch ein Verschieben des rohrförmigen Trägers stufenlos fokussiert werden kann.

Über das Ausmaß der Fokussierbarkeit, insbesondere darüber, eine wie geringe Brennweite erreichbar sein soll, sagt der Anspruch 1 des Klagepatents nichts aus.

Das „emittierende Element“ (2) kann durch ein Verschieben des rohrförmigen Trägers (1) nur so weit in Richtung auf den Lagerkörper (5) bewegt werden, bis es an den Schieber (15) stößt, der seinerseits nach Merkmal 5.3 nicht unbedingt über die Ebene der Spreizgelenke (12) hinaus zum Lagerkörper (5) hin verschiebbar sein muss; patentgemäß reicht es vielmehr aus, wenn man ihn nur „etwa bis“ zu dieser Ebene, also auch nur bis kurz vor sie, verschieben kann. Dann aber lassen sich „sehr geringe Brennweiten“ nicht erreichen, die, worauf die Beschreibung des Klagepatents in Spalte 2, Zeilen 36 bis 39 ausdrücklich hinweist, (nur) dann möglich sind, wenn sich der Schieber (über dessen Längenausdehnung das Klagepatent im übrigen keine Angaben enthält) bis unmittelbar an den Lagerkörper heranbewegen lässt.

2.

Von der oben erläuterten Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents macht die angegriffene Ausführungsform II teils wortsinngemäß, im übrigen in äquivalenter Weise Gebrauch.

Wie offensichtlich ist und wie auch die Beklagten nicht in Zweifel ziehen, handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform II um einen schirmartig aufspannbaren Reflektor (Merkmal 1) mit einem Lagerkörper, an welchem ein Kranz von Gelenken angeordnet ist, an denen wiederum Schirmspeichen für eine reflektierende Schirmbespannung angelenkt sind (Merkmale 2, 2.2, 3, 3.1 und 3.2).

Wortsinngemäß verwirklicht ist des weiteren das Merkmal 2.1 in seiner oben dargestellten Auslegung, denn bei der angegriffenen Ausführungsform II ist in dem Lagerkörper ein rohrförmiger Träger verschiebbar gehaltert, der sowohl, und zwar unmittelbar, einen Kranz von Kniegelenken für die Spreizspeichen als auch, und zwar mittelbar über den auf dem L-förmig abgewinkelten letzten Teil des Trägers befindlichen Schlitten, ein „emittierendes Element“ trägt, nämlich eine Lampe.

Offensichtlich und unstreitig wortsinngemäß verwirklicht sind darüber hinaus die Merkmale 5 und 5.2, denn der angegriffene Reflektor hat auch Spreizspeichen, deren zur Schirmbespannung zeigende Enden mit Spreizgelenken an den Schirmspeichen befestigt sind.

Zwar nicht wortsinngemäß, aber äquivalent verwirklicht sind schließlich das Merkmal 5.1 sowie die Merkmalsgruppen 4 und 6.

In den Schutzbereich eines Patents fallen außer wortsinngemäßen auch äquivalente Benutzungen seiner Lehre.

Eine äquivalente Benutzung der Lehre eines Patents liegt dann vor, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen des Patents unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der patentgeschützten Erfindung zugrunde- liegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte. Dabei erfordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung bestehende Gebot der Rechtssicherheit, dass der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereiches bildet, welche sich an den Patentansprüchen auszurichten hat (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl. etwa GRUR 2002, 511, 512 – Kunststoffrohrteil; GRUR 2002, 515, 517 – Schneidmesser I; GRUR 2002, 519, 521 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 523, 524 – Custodiol I; GRUR 2002, 527, 529 – Custodiol II).

Demnach ist es, um eine Benutzung der Lehre eines Patents unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz bejahen zu können, erforderlich, dass die vom Wortsinn des Patentanspruches abweichende Ausführungsform das der Erfindung zugrunde- liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst, dass der Durchschnittsfachmann mit den Fachkenntnissen des Prioritätstages des Patents ohne erfinderische Bemühungen in der Lage war, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden, und außerdem, dass die vom Fachmann dafür anzustellenden Überlegungen derart am Sinngehalt der in den Patentansprüchen unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführungsform mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (vgl. BGH, a.a.O.).

Alle diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Die angegriffene Ausführungsform II unterscheidet sich von einer dem Wortsinn des Anspruches 1 des Klagepatents entsprechenden Gestaltung dadurch, dass sich der Kranz von Kniegelenken für die Spreizspeichen nicht an einem auf dem rohrförmigen Träger verschiebbaren Schieber befindet, sondern unmittelbar an dem rohrförmigen Träger, und dass das „emittierende Element“ an dem der Innenseite des schirmartigen Reflektors zugewandten Ende des rohrförmigen Trägers nicht unmittelbar und fest angeordnet ist, sondern mittelbar und verschieblich, nämlich über einen Schlitten, der auf einem L-förmig abgewinkelten Ende des Trägers verschiebbar ist.

Die bei der angegriffenen Ausführungsform II vorhandenen abgewandelten Mittel erzielen die gleiche Wirkung wie die dem Wortsinn des Merkmals 5.1 sowie der Merkmalsgruppen 4 und 6 entsprechenden Mittel, denn auch bei der angegriffenen Ausführungsform II lässt sich das „emittierende Element“ bei aufgespanntem Reflektor zum Zwecke des Fokussierens in verschiedene Positionen zum aufgespannten Reflektor bewegen; darüber hinaus ist ein schnelles Wechseln des zu fokussierenden Elements möglich, weil dieses an dem auf dem Träger befindlichen Schlitten (und damit mittelbar auch an dem Träger) austauschbar befestigt ist, was nach den Ausführungen in Spalte 2, Zeilen 52 bis 54 der Klagepatentschrift ausreichend ist.

Dass sich bei der angegriffenen Ausführungsform II die Lampe nicht so weit in Richtung des Lagerkörpers verschieben lassen mag wie bei einer Gestaltung entsprechend der Figur 1 des Klagepatents, dass sich also bei ihr eine nicht ganz so geringe Brennweite erreichen lassen mag, steht der Annahme einer Gleichwirkung nicht entgegen.

Figur 1 der Klagepatentschrift zeigt nur ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung, bei dem sich der Schieber mit den daran angelenkten Spreizspeichen gemäß der zweiten Alternative des Merkmals 5.3 bis über die Ebene der an den Schirmspeichen befindlichen Spreizgelenke (12) hinaus in Richtung auf den Lagerkörper verschieben lässt. Die Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents ist aber weiter. Denn nach dem klaren Wortlaut des Merkmals 5.3 umfasst sie (vgl. die erste dort genannte Alternative) auch eine Gestaltung, bei welcher sich der Schieber (der im übrigen, da das Klagepatent seine nähere Ausgestaltung dem Durchschnittsfachmann überlässt, auch durchaus länger sein kann, als in Figur 1 der Klagepatentschrift dargestellt) nur „etwa bis“ zur Ebene der Spreizgelenke hin – also nur bis zu einer Linie, die etwas vor dieser Ebene liegt – verschieben lässt. Auch in einem solchen – offensichtlich patentgemäßen – Fall lässt sich keine so geringe Brennweite erreichen wie bei einer Gestaltung gemäß der Figur 1 der Klagepatentschrift.

Die bei der angegriffenen Ausführungsform II vorgenommene Abwandlung ist, verglichen mit einer dem Wortsinn des Anspruches 1 des Klagepatents entsprechenden Ausgestaltung, konstruktiv praktisch nicht aufwendiger und löst daher auch das weitere in der Aufgabenstellung des Klagepatents angesprochene technische Problem, nämlich einen „konstruktiv einfachen“ schirmartigen Reflektor zu schaffen:

Soweit es die Lagerung der Spreizspeichen betrifft, ist die angegriffene Ausführungsform konstruktiv sogar noch einfacher als die Lösung nach dem Wortsinn des Anspruchs 1 des Klagepatents, weil der Kranz von Kniegelenken unmittelbar an dem rohrförmigen Träger angeordnet ist, so dass ein Schieber (15) entfallen kann. Diese Vereinfachung gleicht den zusätzlichen Aufwand aus, der dadurch erforderlich wird, dass die Lampe nicht unmittelbar an einem Ende des rohrförmigen Trägers befestigt ist, sondern an einem verschiebbaren Schlitten, der auf dem L-förmig abgewinkelten Ende des rohrförmigen Trägers gelagert ist.

Der Durchschnittsfachmann konnte eine Lösung wie die angegriffene Ausführungsform II am Prioritätstage des Klagepatents mit Hilfe seiner Fachkenntnisse ohne erfinderische Bemühungen aufgrund von Überlegungen auffinden, die an den Sinngehalt der durch das Klagepatent geschützten Erfindung anknüpften.

Diese Erfindung lehrt, den „Schirmstock“ so zu gestalten, dass er gegenüber einem Lagerkörper, der den Kranz mit den Gelenken für die Schirmspeichen trägt, verschieblich ist, und an ihm ein Teil – nämlich den Schieber mit den Spreizspeichen – beweglich und ein anderes Teil – nämlich das „emittierende Element“ – fest anzuordnen. Es lag daher für einen Fachmann, der eine vom Wortlaut des Klagepatents abweichende Lösung suchte, nahe, den Reflektor in der Weise abzuwandeln, dass er das Anlenkelement für die Spreizspeichen fest an dem Träger anordnete – der ja seinerseits gegenüber dem Lagerkörper verschiebbar ist und daher auch bei einer solchen Anordnung ein problemloses Öffnen und Schliessen des Schirmes ermöglicht – und statt dessen das „emittierende Element“ gegenüber dem Träger verschiebbar machte, und zwar so, wie es bei der angegriffenen Ausführungsform II der Fall ist, nämlich in einer Weise, die nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten auf S. 4 ihres Schriftsatzes an das Landgericht vom 4. Juli 2003 (Bl. 89 GA) seit langem „zum allgemeinsten Stand der Technik“ gehörte.

Dass man bei einer solchen Ausgestaltung den Träger nicht mehr (wegen der fest an ihm angeordneten Spreizspeichen) aus dem Lagerkörper herausziehen und dass man ihn in aufgespanntem Zustand des Reflektors auch nicht mehr gegenüber dem Lagerkörper verschieben kann (weil man dann den Schirm zumindest teilweise wieder zuklappen würde), ändert nichts daran, dass eine Abwandlung der in Rede stehenden Art naheliegend war:

Ein – im Anspruch 1 des Klagepatents nicht genanntes – Herausziehen des rohrförmigen Trägers aus der Konstruktion zum Zwecke eines Wechselns des zu fokussierenden Elements ist nach der Beschreibung des Klagepatents (Spalte 2, Zeilen 48 ff.) nicht die einzige patentgemäße Möglichkeit zum Wechseln des genannten Elements; ein solches Wechseln kann patentgemäß vielmehr (vgl. Spalte 2, Zeilen 52 bis 54 der Klagepatentschrift) auch auf eine Weise ermöglicht werden, bei der man den Träger nicht aus der Konstruktion herausziehen muss, indem man nämlich – wie es bei der angegriffenen Ausführungsform II der Fall ist – das zu fokussierende Element austauschbar am Träger befestigt. Eines Verschiebens des rohrförmigen Trägers, um die Position des „emittierenden Elements“ relativ zum aufgespannten Reflektor zu verändern, bedarf es, wie dem Durchschnittsfachmann ohne weiteres klar ist, dann nicht, wenn man – wie bei der angegriffenen Ausführungsform II in einer am Prioritätstage des Klagepatents allgemein bekannten Art geschehen – dieses Element selbst gegenüber dem Träger verschiebbar macht.

Auch das Gebot der Rechtssicherheit steht einer Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsform II in den Schutzbereich des Klagepatents nicht entgegen. Die Beschreibung des Klagepatents bringt auch nicht andeutungsweise zum Ausdruck, die Erfindung wolle gegenüber dem rohrförmigen Träger unbedingt den Kranz von Kniegelenken für die Spreizspeichen beweglich und das „emittierende Element“ unbeweglich anordnen und lehne eine – gleichwirkende – umgekehrte Art der Anordnung ab. Der vom Klagepatent angesprochene Durchschittsfachmann konnte daher nicht berechtigterweise darauf vertrauen, eine solche Art der Anordnung solle nicht, und zwar auch nicht unter Äquivalenzgesichtspunkten, in den Schutzbereich des Klagepatents einbezogen werden.

Schließlich können die Beklagten auch nicht mit Erfolg einwenden, eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform II liege deshalb nicht vor, weil diese – gegenüber dem Wortsinn des Klagepatents teilweise abgewandelte – Ausführungsform sich am Prioritätstage des Klagepatents in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben habe und daher ihrerseits nicht patentfähig gewesen wäre.

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 98, 12 ff. = GRUR 1986, 803, 806 – Formstein) im Patentverletzungsprozess ein solcher Einwand des wegen (äquivalenter) Patentverletzung in Anspruch genommenen Beklagten zugelassen, dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Verletzungsrichter an die im Erteilungs-, Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren getroffenen Entscheidungen über die Patentfähigkeit einer geschützten Erfindung gebunden ist. Die Prüfung, ob sich eine gegenüber dem Wortsinn eines Patents abgewandelte Ausführungsform am Prioritätstage dieses Patents in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hat, darf sich zu den genannten Entscheidungen aus dem Erteilungsverfahren nicht in Widerspruch setzen. Der sogenannte „Formstein“-Einwand kann deshalb nicht durchgreifen, wenn er sich in seinem sachlichen Gehalt nur gegen die Schutzwürdigkeit der – vom Verletzungsrichter als schutzwürdig hinzunehmenden – Lehre des Klagepatents richtet. Die Zugehörigkeit einer als äquivalent angegriffenen Ausführungsform zum Schutzbereich des Klagepatents kann daher nicht ausschließlich mit solchen Überlegungen verneint werden, die – in gleicher Weise auf den Gegenstand des Klageschutzrechtes angewendet – zwingend zu der Feststellung führen müssten, auch dieses Schutzrecht beinhalte keine schutzrechtsfähige Lehre zum technischen Handeln (vgl. dazu BGH, GRUR 1997, 454, 457 – Kabeldurchführung I).

Der aus der US-PS 3 851 164 (Anlage B 3) bekannte Reflektorschirm und auch der ähnlich beschaffene Reflektorschirm gemäß der europäischen Patentanmeldung 0 225 105 (Anlage B 4) konnten die angegriffene Ausführungsform II nicht nahelegen, weil sie keinen rohrförmigen Träger aufweisen, der gegenüber einem die Schirmspeichen tragenden Lagerkörper beweglich wäre und an dem wiederum eine Lampe verschiebbar angeordnet wäre.

Die französische Patentschrift 1 033 163 (Anlage B 9) zeigt zwar einen Schirm, bei dem die Schirmspeichen an einem Lagerkörper angelenkt sind, der sich auf einem rohrförmigen, die Spreizspeichen tragenden Element verschieben lässt, um so den Schirm auf- oder zuzuklappen; es handelt sich hier aber um eine gattungsfremde Vorrichtung, nämlich um einen Sonnenschirm, der kein fokussierbares „emittierendes Element“ aufweist und daher den Durchschnittsfachmann nicht zu einer Gestaltung wie bei der angegriffenen Ausführungsform II anregen konnte.

Aus der US-PS 4 594 645 (Anlage B 11, deutsche Übersetzung Anlage B 11 a) war am Prioritätstage des Klagepatents zwar ein schirmartig aufspannbarer Reflektor bekannt, bei dem die Schirmspeichen an einem Lagerkörper (7) angelenkt sind, in welchem sich ein rohrförmiges Element (6) verschieben lässt, welches die Spreizspeichen trägt, den man also in ähnlicher Weise wie die angegriffene Ausführungsform II aufspannen und zuklappen kann; dieser Reflektor weist aber eine Lampe (3) auf, die fest in der Nähe des Lagerkörpers (7) angebracht ist und sich daher nicht relativ zu dem aufgespannten Reflektor in verschiedene Positionen (zum Zwecke einer Fokussierung, die bei dem genannten Schirm überhaupt nicht vorgesehen ist) bewegen lässt, wie aus den nachstehend wiedergegebenen Figuren 3 und 4 der genannten Schrift ersichtlich ist:

Auch dieser Reflektor legt damit keine Lösung wie die angegriffene Ausführungsform II nahe, und zwar weder für sich allein noch zusammen mit dem sogenannten H-Jumbo-Schirm gemäß der nachstehend wiedergegebenen Abbildung aus dem im Jahre 1990 veröffentlichten Prospekt der Firma H (Anlage B 10),

weil der Durchschnittsfachmann bis zum Prioritätstage des Klagepatents eine Kombination der genannten beiden Schirme nicht in Betracht gezogen hätte.

Bei dem H-Jumbo-Schirm handelt es sich um einen Schirm der üblichen Bauart mit feststehendem Schirmstock, auf dem sich ein Schieber mit angelenkten Spreizspeichen zum Zwecke des Auf- und Zuklappens des Schirmes verschieben lässt. Der Schirmstock befindet sich auf der inneren, reflektierenden Seite des Schirmes, wo er an einem Stativ befestigt ist; jenseits der Befestigungsstelle ist er abknickbar; der abknickbare Teil trägt eine auf dem Schirmstock verschiebbare Lampe.

Ein Durchschnittsfachmann, der am Prioritätstage des Klagepatents diesen Schirm dahin hätte abwandeln wollen, dass sich mit ihm geringere Brennweiten erreichen ließen, wozu man die Lampe so hätte anordnen müssen, dass sie sich näher an das Lager für die Schirmspeichen des Schirmes hätte schieben lassen, hätte keinen Anlass gehabt, den H-Schirm irgendwie mit der Lösung gemäß der US-PS 4 594 645 (Anlage B 11) zu kombinieren – bei der die Lampe fest ist und sich daher überhaupt nicht fokussieren lässt -, sondern hätte allenfalls die ein Verschieben der Lampe näher zur Innenseite des Schirmes verhindernde Befestigungsstelle für das Stativ an die Außenseite des Schirmes verlegt, wozu er lediglich den – festen – Schirmstock über die Bespannung hinaus hätte verlängern müssen; damit wäre er aber nicht zu einer Lösung wie der angegriffenen Ausführungsform II gelangt, sondern zu einer, die sich erheblich davon unterschieden hätte.

Eine Kombination des H-Schirmes mit der Lösung gemäß der genannten US-Patentschrift kann allenfalls für denjenigen als naheliegend erscheinen, der – anders als der Durchschnittsfachmann vor dem Prioritätstage des Klagepatents – die angegriffene Ausführungsform II bereits kennt und daher eine (in diesem Zusammenhang unzulässige) rückschauende Betrachtung anstellt.

Selbst wenn man es aber mit den Beklagten bereits für den Prioritätstag des Klagepatents als naheliegend ansehen wollte, durch Kombination der zuletzt erörterten Schirme zu einer Lösung wie der angegriffenen Ausführungsform II zu gelangen, die einen gegenüber einem Lagerkörper mit daran angelenkten Schirmspeichen verschiebbaren rohrförmigen Träger aufweist, der seinerseits sowohl den Kranz von Kniegelenken für die Spreizspeichen als auch eine Lampe trägt, und zwar eines dieser beiden Elemente fest und das andere verschiebbar, könnten die Beklagten sich nicht mit Erfolg auf den „Formstein“-Einwand berufen. Denn eine Kombination dieser beiden aus dem Stand der Technik bekannten Schirme hätte dann neben der angegriffenen Ausführungsform II ebenso auch die Lösung nach dem Wortsinn des Klagepatents nahegelegt, was bedeuten würde, dass auch das Klagepatent nicht schutzfähig wäre. In einem solchen Fall aber wären die Beklagten aus den Gründen, die in der oben genannten „Kabeldurchführung I“-Entscheidung des Bundesgerichtshofes genannt sind, an der Geltendmachung des „Formstein“-Einwandes gehindert.

3.

Dass und warum die Beklagten angesichts dessen, dass sie mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform II von der Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben, ohne dem Kläger als dem Patentinhaber gegenüber dazu berechtigt zu sein, nicht nur zur Unterlassung, sondern auch, wie zuerkannt, zur Rechnungslegung sowie zur Entschädigung und zum Schadensersatz verpflichtet sind, hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, ohne dass die Berufung das besonders angreift. Der Senat kann daher zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verweisen.

4.

Die Kostenentscheidung folgt, soweit der Senat über die Berufung entschieden hat, aus § 97 Abs. 1 ZPO, im übrigen aus § 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) kam nicht in Betracht, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind: Die vorliegende Rechtssache, die einen reinen Einzelfall betrifft, hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

R1 R2 R4