2 U 117/01 – Temperierblock für Laborthermostate II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 445

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. September 2005, Az. 2 U 117/01

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. Juli 2001 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

Die auf das deutsche Patent 196 46 115 gestützte Klage wird im Wege des Verzichtsurteils abgewiesen.

II.
Auf die Anschlussberufung der Klägerin

1.
werden die Beklagten verurteilt,

a)
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Teiles des europäischen Patents 0 881 950

aa)
Temperierblöcke für Laborthermostate zur Erzeugung eines sich im Temperierblock erstreckenden, im wesentlichen linearen Temperaturgradienten, mit Aufnahmen an einer Aufnahmeseite zur Aufnahme der mit Probeflüssigkeit gefüllten Bereiche von Behältern und mit wenigstens zwei in Richtung des zu erzeugenden Temperaturgradienten hintereinanderliegenden, den Temperierblock wärmeleitend kontaktierenden Temperiereinrichtungen, die mit aneinander grenzenden Feldern der der Aufnahmeseite gegenüberliegenden Kontaktierseite des Temperierblockes in großflächigem Kontakt stehen und denen Aufnahmen gegenüberliegen, wobei die Temperiereinrichtungen an eine Regeleinrichtung angeschlossen sind, die zur Steuerung der Temperiereinrichtungen derart ausgebildet ist, dass die Temperiereinrichtungen zur Erzeugung eines Temperaturgradienten auf unterschiedliche, in der Richtung ansteigende Temperaturen bringbar sind,

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen jeder der Temperiereinrichtungen jeweils mehrere in Gradientenrichtung hintereinanderliegende Aufnahmen gegenüberliegen;

und/oder

bb)
Temperierblöcke für Laborthermostate gemäß vorstehend II. 1. a) aa) gewerbsmäßig zur Verwendung zur Erzeugung eines im wesentlichen linearen Temperaturgradienten durch unterschiedliche Temperierung der Temperiereinrichtungen anzubieten oder in Verkehr zu bringen;

b)
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu II. 1. a) aa) bezeichneten Handlungen in der Zeit vom 9. Januar 1999 bis zum 6. August 2004 begangen haben, und zwar unter Angabe

aa)
der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

bb)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

cc)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

dd)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für die zu II. 1. a) aa) bezeichneten, in der Zeit vom 9. Januar 1999 bis zum 6. August 2004 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

3.
Die weitergehende Anschlussberufung, soweit darüber nach der teilweisen Rücknahme der auf das europäische Patent 0 881 950 gestützten Anträge noch zu entscheiden ist, wird zurückgewiesen.

III.
Die Klägerin hat die im ersten Rechtszug entstandenen Kosten zu tragen.

Von den im Berufungsverfahren bis zur Rücknahme des Antrages der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Verletzung des europäischen Patents 0 881 950 sowie des darauf rückbezogenen Rechnungslegungsantrages im Termin vom 9. Juni 2005 entstandenen Kosten haben die Klägerin 72 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 28 % zu tragen.

Die danach entstandenen Kosten werden der Klägerin zu 64 % und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 36 % auferlegt.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 200.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt:

a) bis zum 19. Juli 2004:

255.645,94 € (= 500.000,- DM), die allein auf die Berufung der Beklagten entfallen;

b) vom 20. Juli 2004 bis zur Rücknahme des Antrages auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und des darauf rückbezogenen Rechnungslegungsantrages im Termin vom 9. Juni 2005:

260.000,- €, von denen 255.645,94 € auf die Berufung der Beklagten und 260.000,- € auf die Anschlussberufung der Klägerin entfallen, wobei sich diese Werte bis zum Betrag von 255.645,94 € decken;

c) seitdem:

255.645,94 €; dieser Betrag entfällt voll auf die Berufung der Beklagten und in Höhe von 200.000,- € zugleich auf die Anschlussberufung der Klägerin, wobei sich die Werte bis zum Betrag von 200.000,- € decken.

Tatbestand:

Die Klägerin war eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 196 46 115 (im folgenden: Klagepatent I), das auf einer am 8. November 1996 eingegangenen Anmeldung beruhte und dessen Erteilung am 25. Mai 2000 veröffentlicht worden war.

Der einzige Anspruch dieses Patents lautete:

Verwendung von Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘) zur Temperierung eines Temperierblockes (8, 48) für Laborthermostate mit Aufnahmen (11‘) an einer Aufnahmeseite (10) für die Aufnahme der mit Probeflüssigkeit gefüllten Bereiche von Behältern in großflächigem Kontakt, mit wenigstens zwei den Temperierblock (8, 48) wärmeleitend kontaktierenden Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘), wobei die Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘) mit aneinander grenzenden Feldern einer der Aufnahmeseite (10) gegen-überliegenden Kontaktierseite (15) des Temperierblockes (8, 48) mit Ausnahme von Zwischenräumen im Bereich der Feldgrenzen (61, 62) über die gesamte Fläche des Temperierblockes (8, 48) in großflächigem Kontakt stehen, zur Erzeugung eines Temperaturgradienten zwischen unterschiedlichen Stellen des Temperierblockes (8, 48), wobei die Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘) auf unterschiedliche Temperaturen eingestellt werden und wobei sich über die Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘) hinweg der Temperaturgradient im Temperierblock (8, 48) einstellt.

In einem u. a. von der Beklagten zu 1. dieses Rechtsstreits betriebenen Einspruchsbeschwerdeverfahren hat das Bundespatentgericht mit – später rechtskräftig gewordenem – Beschluss vom 20. November 2002 das Klagepatent I widerrufen.

Die Klägerin ist des weiteren eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 881 950 (im folgenden: Klagepatent II), das auf einer am 7. November 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität des Klagepatents I (8. November 1996) eingegangenen Anmeldung beruht, die am 9. Dezember 1998 offengelegt worden ist. Veröffentlichungstag der Patenterteilung war der 7. Juli 2004.

Gegen die Erteilung des Klagepatents II haben die amerikanische Muttergesellschaft der Beklagten sowie ein weiteres Unternehmen Einsprüche eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.

Die in diesem Rechtsstreit interessierenden Ansprüche 1 und 5 des Klagepatents II lauten wie folgt:

1.
Temperierblock (8, 48, 58, 68) für Laborthermostaten zur Erzeugung eines sich im Temperierblock (8, 48, 58, 68) erstreckenden, im wesentlichen linearen Temperaturgradienten,

mit Aufnahmen (11, 11‘, 71, 72) an einer Aufnahmeseite (10) zur Aufnahme der mit Probeflüssigkeit gefüllten Bereiche von Behältern (1)

und mit wenigstens zwei in Richtung des zu erzeugenden Temperaturgradienten hintereinanderliegenden, den Temperierblock wärmeleitend kontaktierenden Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘), die mit aneinander grenzenden Feldern der der Aufnahmeseite gegenüberliegenden Kontaktierseite (15) des Temperierblockes (8, 48, 58, 68) in großflächigem Kontakt stehen, und denen Aufnahmen (11, 11‘, 71, 72) gegenüberliegen, wobei die Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘) an eine Regeleinrichtung angeschlossen sind, die zur Steuerung der Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘) derart ausgebildet ist, dass die Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘) zur Erzeugung des Temperaturgradienten auf unterschiedliche, in der Richtung ansteigende Temperaturen bringbar sind,

dadurch gekennzeichnet,

dass jeder der Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘) jeweils mehrere in Gradientenrichtung hintereinanderliegende Aufnahmen (11, 11‘, 71, 72) gegenüberliegen.

5.
Verwendung eines Temperierblockes (8, 48, 58, 68) für Laborthermostaten nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 4 zur Erzeugung eines im wesentlichen linearen Temperaturgradienten durch unterschiedliche Temperierung der Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘).

Die nachstehend wiedergegebenen Figuren 3 und 4 aus der Klagepatentschrift II zeigen jeweils einen Temperierblock in unterschiedlicher Ausführungsform, die Figuren 3a und 4a den zu dem jeweils darüber dargestellten Block gehörenden Temperaturgradienten; die ebenfalls wiedergegebene Figur 5 zeigt einen Temperierblock in Ansicht von der Kontaktierseite her mit vier in Quadrantenanordnung vorgesehenen Temperiereinrichtungen:

Die Beklagten haben jedenfalls bis zum Januar 2000 in Deutschland Laborthermostate mit der Bezeichnung „XZ “ vertrieben, die von der Beklagten zu 2. hergestellt worden waren.

Einzelheiten hinsichtlich der Beschaffenheit dieser Laborthermostate ergeben sich aus den nachfolgend wiedergegebenen, aus einer Werbeveröffentlichung der Beklagten stammenden Abbildungen:

Die Klägerin hat geltend gemacht, mit dem Vertrieb der Geräte „XZ “ verletzten die Beklagten das Klagepatent I, und hat die Beklagten deswegen aus dem Klagepatent I auf Unterlassung, Rechnungslegung (für die Zeit ab 25. Juni 2000) und Feststellung ihrer Pflicht zur Leistung von Schadensersatz für die seit dem 25. Juni 2000 begangenen Vertriebshandlungen in Deutschland in Anspruch genommen.

Die Beklagten haben um Klageabweisung gebeten und eingewendet:

Die angegriffenen Thermostate machten von der Lehre des Klagepatents I keinen Gebrauch; im übrigen stehe ihnen hinsichtlich der angegriffenen Geräte jedenfalls ein privates Vorbenutzungsrecht zu, weil die Beklagte zu 2. bereits vor dem Prioritätstag des Klagepatents I ein der angegriffenen Ausführungsform entsprechendes Gerät entwickelt und Maßnahmen zu seiner Markteinführung ergriffen gehabt habe.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf das Urteil vom 10. Juli 2001 wird Bezug genommen.

Die Beklagten haben Berufung eingelegt, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen.

Nachdem das Klagepatent I rechtskräftig widerrufen worden war, hat die Klägerin mit am 20. Juli 2004 eingegangenem Schriftsatz ihre Klage erweitert und sich zur Begründung der neuen Anträge auf das Klagepatent II gestützt; soweit die Klage auf dem Klagepatent I beruhte, hat die Klägerin unter Verzicht auf die aus dem Klagepatent I hergeleiteten Ansprüche die Rücknahme der Klage erklärt; dem haben die Beklagten widersprochen.

Die Klägerin macht geltend:
Die angegriffenen Laborthermostate, die die Beklagten nach wie vor in Deutschland vertrieben, machten auch von der Lehre des Klagepatents II Gebrauch, so dass die Beklagten dieses Schutzrecht verletzten.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zunächst beantragt,

wie unter Nr. II des Tenors dieses Urteils zuerkannt;

darüber hinaus hat sie auch hinsichtlich der im Urteilsausspruch zu II. 1. a) bb) genannten Handlungen der Beklagten Rechnungslegung und Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung sowie für die Zeit nach dem 6. August 2004 die Verurteilung der Beklagten zur Rechnungslegung beantragt, wobei die zu legende Rechnung zusätzlich die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinn angeben sollte; außerdem hat sie die Feststellung beantragt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die im Unterlassungsantrag bezeichneten, seit dem 7. August 2004 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde.

Im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie ihre auf das Klagepatent II gestützte Klage hinsichtlich des Schadensersatz-Feststellungsantrages und des darauf rückbezogenen Rechnungslegungsantrages mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die auf das Klagepatent I gestützte Klage durch Verzichtsurteil abzuweisen und des weiteren die Klage auch insoweit abzuweisen, als sie auf das Klagepatent II gestützt werde;

hilfsweise:
hinsichtlich des Klagepatents II die Verhandlung des Rechtsstreits bis zur Erledigung der gegen dieses Schutzrecht anhängigen Einsprüche auszusetzen.

Sie widersprechen der Erweiterung der Klage auf das Klagepatent II und wenden darüber hinaus ein, die angegriffene Ausführungsform verletze auch das Klagepatent II nicht, welches sich im übrigen als nicht rechtsbeständig erweisen werde. Gegenüber den Ansprüchen der Klägerin auf Leistung einer angemessenen Entschädigung und auf Rechnungslegung berufen sie sich außerdem auf Verjährung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg und führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage, soweit diese auf das Klagepatent I gestützt war. Über diesen Teil der Klage ist nach wie vor sachlich zu entscheiden, weil die von der Klägerin insoweit erklärte Klagerücknahme wegen des Widerspruches der Beklagten nicht wirksam geworden ist (§ 269 Abs. 1 ZPO).

Die Klage, soweit sie auf das Klagepatent I gestützt ist, war schon deshalb abzuweisen, und zwar durch Verzichtsurteil, weil die Klägerin insoweit auf die geltend gemachten Ansprüche verzichtet und die Beklagten die Abweisung dieses Teils der Klage beantragt haben (§ 306 ZPO).

II.

1.
Die von der Klägerin in der Berufungsinstanz vorgenommene Erweiterung der Klage auf das Klagepatent II, bei der es sich rechtlich um eine Klageänderung handelt, ist trotz des Widerspruches der Beklagten zulässig, weil sie sachdienlich ist (§ 263 ZPO).

Die geänderte Klage richtet sich gegen dieselbe Ausführungsform wie die ursprüngliche Klage; sie ist auf das Klagepatent II gestützt, das sich inhaltlich vom Klagepatent I nur geringfügig unterscheidet. Der bisherige Prozessstoff kann daher auch für die Entscheidung über das Klagepatent II im wesentlichen unverändert herangezogen werden; da der Rechtsstreit entscheidungsreif ist, tritt durch die Zulassung der Klageänderung, die einen neuen Rechtsstreit entbehrlich macht und daher prozessökonomisch ist, auch keine Verzögerung des Rechtsstreits ein.

2.
Die geänderte Klage, soweit über sie nach der mit Zustimmung der Beklagten erfolgten und daher wirksamen Teilrücknahme (nämlich hinsichtlich der Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Klagepatents II und der darauf rückbezogenen Rechnungslegungsansprüche) noch zu entscheiden ist, ist auch überwiegend begründet.

3.
Das Klagepatent II (im folgenden nur noch: Klagepatent) betrifft mit seinen Ansprüchen 1 bis 4 einen Temperierblock für Laborthermostate und mit seinem Anspruch 5 dessen Verwendung zur Erzeugung eines im wesentlichen linearen Temperaturgradienten.

Derartige Temperierblöcke sind an ihrer Oberseite mit einer Mehrzahl von Aufnahmeöffnungen oder Einsenkungen versehen, in die mit entsprechender Kontur geformte Behälter eingesetzt werden können, welche zur Reaktion zu bringende Reagenzien enthalten. Die Temperierblöcke weisen außerdem Temperiereinrichtungen auf, um die Temperierblöcke (und damit auch die Behälter sowie die in ihnen befindlichen Reagenzien) auf gewünschte Temperaturen zu bringen, die für die angestrebte Reaktion erforderlich sind. Ein möglicher Einsatzzweck solcher Temperierblöcke besteht darin, zu ermitteln, wo die optimale Temperatur für die gewünschte Reaktion der in den Behältern befindlichen Reagenzien liegt, z.B. wenn DNA-Sequenzen gezielt amplifiziert werden sollen, was bei bestimmten Temperaturen besonders gut gelingt. In derartigen Fällen ist es zweckmäßig, bei den verschiedenen Probeaufnahmebehältern einen Temperaturgradienten zu erzeugen, um dann festzustellen, bei welcher Temperatur die gewünschte Amplifikation am besten abläuft.

Wie die Klagepatentschrift in ihrem Abschnitt 0002 ausführt, ist ein solcher Temperierblock aus der US-A-55 25 300 (Anlage 2 zur Klageschrift) bekannt, bei dem zwei an gegenüberliegenden Enden des Temperierblockes in Wärmekontakt angreifende Temperiereinrichtungen den Temperierblock von einem Ende her heizen und ihn vom anderen Ende her kühlen, so dass ein Wärmestrom in Längsrichtung zwischen den Temperiereinrichtungen durch den Temperierblock fließt und ein Temperaturgradient in Längsrichtung über den Temperierblock entsteht.

Die Klagepatentschrift kritisiert an dieser und auch an einer ähnlichen, aus der US-A-46 79 615 bekannten Konstruktion, es sei nachteilig, wenn die Temperierung des Temperierblockes nur von seinen Enden her erfolge; beim Einschalten des Gerätes oder bei einer Veränderung des im Temperierblock einzustellenden Temperaturniveaus ergäben sich aufgrund der Temperierung von den Enden her längere Temperierzeiten, bis das gewünschte Gleichgewicht eingestellt sei; ferner könne im mittleren Bereich durch die Umgebungseinflüsse die Temperatur vom gewünschten Temperaturprofil abweichen.

Die Klagepatentschrift erwähnt des weiteren einen aus der DE-OS 31 22 008 (Anlage 7) bekannten Temperierblock mit Temperiereinrichtungen, die, über die Kontaktierseite verteilt, großflächig an dieser anliegen und an eine Regeleinrichtung angeschlossen sind, welche derart ausgebildet ist, dass alle Temperiereinrichtungen auf derselben Temperatur gehalten werden.

Die Klagepatentschrift bezeichnet es sodann als Aufgabe der Erfindung, einen Temperierblock der gattungsgemäßen Art zu schaffen, bei dem das gewünschte Temperaturprofil schneller und störungsfreier einstellbar sei.

Das so umschriebene technische Problem soll erfindungsgemäß (Anspruch 1 des Klagepatents) gelöst werden durch einen

1.
Temperierblock (8, 48, 58, 68) für Laborthermostaten zur Erzeugung eines sich im Temperierblock erstreckenden, im wesentlichen linearen Temperaturgradienten;
2.
der Temperierblock hat
2.1 Aufnahmen (11, 11‘, 71, 72) an einer Aufnahmeseite (10) zur Aufnahme der mit Probeflüssigkeit gefüllten Bereiche von Behältern (1)

und

2.2 wenigstens zwei in Richtung des zu erzeugenden Temperaturgradienten hintereinanderliegende, den Temperierblock wärmeleitend kontaktierende Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘);

3.
die Temperiereinrichtungen stehen mit aneinander grenzenden Feldern der der Aufnahmeseite gegenüberliegenden Kontaktierseite (15) des Temperierblockes (8, 48, 58, 68) in großflächigem Kontakt;

4.
jeder der Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘) liegen jeweils mehrere in Gradientenrichtung hintereinanderliegende Aufnahmen (11, 11‘, 71, 72) gegenüber;

5.
die Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘) sind an eine Regeleinrichtung angeschlossen, die zur Steuerung der Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘) derart ausgebildet ist, dass die Temperiereinrichtungen (20, 19, 19‘, 59, 59‘, 60, 60‘) zur Erzeugung des Temperaturgradienten auf unterschiedliche, in der Richtung ansteigende Temperaturen bringbar sind.

Die Klagepatentschrift hebt hervor, überraschend zeige sich bei der patentgemäßen Konstruktion, dass trotz des großflächigen Kontaktes mit Temperiereinrichtungen, die dem Temperierblock gleichmäßig Wärme zuführten oder aus ihm Wärme abführten, auch über die Temperiereinrichtungen hinweg ein Temperaturgradient eingestellt werden könne und die bekannte endständige Anordnung der Temperiereinrichtungen hierzu nicht notwendig sei. Es ergebe sich der Vorteil einer direkten Temperaturbeeinflussung des Temperierblockes über seine ganze Fläche. Umgebungseinflüsse, z.B. durch die umgebende Luft, würden weitgehend ausgeschaltet. Durch den großflächigen Eingriff über die gesamte Fläche des Temperierblockes seien auch die Zeiten zur Einstellung des gewünschten Temperaturprofils wesentlich geringer, wenn beispielsweise der Temperierblock von einem Temperaturprofil im Bereich 40º auf ein Temperaturprofil im Bereich 90º umgeschaltet werden solle. Es sei also ohne weiteres möglich, Proben in einem Temperierblock rasch nacheinander auf unterschiedliche Temperaturniveaus zu bringen, entweder mit einem Temperaturgradienten oder auch mit über dem gesamten Block gleichmäßiger Temperatur.

Bei der Beschreibung der Ausführungsbeispiele weist die Klagepatentschrift (Abschnitte 0046 ff.) darauf hin, die im mittleren Bereich des Temperierblockes linear verlaufende Temperaturkurve, die sich z.B. bei dem in Figur 3 gezeigten Temperierblock gemäß der Darstellung in Figur 3a ergebe, flache zum linken Ende hin etwas ab, da hier der heizende Einfluss der Temperiereinrichtung 20 immer mehr abnehme. Auf der rechten Seite lasse sich bis zum Ende des Temperierblockes ein linearer Verlauf dann erreichen, wenn man parallel zur Grenze zwischen den mit den Temperiereinrichtungen 19 und 20 kontaktierten Feldern der Kontaktierseite 15 Nuten 37 und 38 vorsehe, die den Querschnitt des Temperierblockes abschwächten und in Richtung des Wärmestromes, der im Block von der heizenden Temperiereinrichtung 20 zur kühlenden Temperiereinrichtung 19 verlaufe, für eine örtliche Erhöhung des Wärmeleitwiderstandes des ansonsten gut leitenden Blockes sorge. Die in Figur 3 dargestellte Tiefe und Anordnung der Nuten seien nur als Beispiele zu verstehen.

Angesichts des Streites der Parteien bedürfen die Merkmale 1 und 3 der oben wiedergegebenen Merkmalsgliederung näherer Erörterung.
Maßgebend für den Schutzbereich eines europäischen Patents ist gemäß Artikel 69 Abs. 1 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche, zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Es kommt also bei der Ermittlung, wie die in den Ansprüchen eines Patents genannten Begriffe auszulegen sind, darauf an, wie der von dem jeweiligen Patent angesprochene Durchschnittsfachmann mit den Kenntnissen des Prioritätstages des Patents diese Begriffe versteht, wenn er sich auch an der Beschreibung und den Zeichnungen des Patents orientiert, welches hinsichtlich der Bedeutung der in den Ansprüchen genannten Begriffe gleichsam sein eigenes Lexikon darstellt (vgl. dazu BGH, GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube).

Dieser Durchschnittsfachmann versteht unter einem „im wesentlichen linearen“ Temperaturgradienten, der von der erfindungsgemäßen Vorrichtung erzeugt werden soll, einen solchen, wie er in den Figuren 3a und 4a der Klagepatentschrift dargestellt ist, der also lediglich im mittleren Bereich des Temperierblockes genau linear verläuft, zu seinen Enden hin dagegen etwas abflacht.

Bereits der reine Wortlaut des Patentanspruches 1, wonach der Temperaturgradient nur „im wesentlichen“ linear sein soll, deutet darauf hin, der Temperaturgradient müsse patentgemäß nicht vollständig und über seine gesamte Länge genau linear verlaufen, sondern könne in Teilbereichen von einer genauen Linearität etwas abweichen. Die Beschreibung des Klagepatents (Abschnitte 0046 und 0048) spricht ausdrücklich davon, zum linken Ende des Temperierblockes flache die Temperaturkurve ab (wie es auch die durchgezogenen Linien in den Figuren 3a und 4a zeigen), da zu diesem Ende hin der heizende Einfluss der Temperiereinrichtung 20 immer mehr abnehme. Aus den Abschnitten 0047 und 0048 der Beschreibung entnimmt der Durchschnittsfachmann, dass der Temperaturgradient auch zum rechten Ende des Temperierblockes hin dann abflacht, wenn man diesen Block lediglich entsprechend den Merkmalen des Patentanspruches 1 ausgestaltet, in denen die aus den Zeichnungen ersichtlichen und in den Abschnitten 0047 und 0048 ausdrücklich als nur beispielhaft beschriebenen Nuten 37 und 38 zwischen den Feldern der Kontaktierseite nicht genannt werden. Auch ein Temperaturgradient, der zum rechten Ende des Temperierblockes hin etwas abflacht, ist daher „im wesentlichen linear“ im Sinne des Merkmals 1.
Soweit Merkmal 3 von „aneinander grenzenden Feldern“ auf der Kontaktierseite des Temperierblockes spricht, also auf der Seite, die der Aufnahmeseite (zur Aufnahme der mit Probeflüssigkeit gefüllten Bereiche der einzusetzenden Behälter) gegenüberliegt und in Kontakt mit den Temperiereinrichtungen steht, sind damit lediglich Teilbereiche auf der Unterseite des Temperierblockes gemeint, die in ihrer Größe den mit ihnen in Kontakt stehenden Temperiereinrichtungen (also denjenigen Vorrichtungsteilen, die den Block heizen oder kühlen sollen) entsprechen. Dass die „Felder“ voneinander zusätzlich durch Nuten oder dergleichen abgegrenzt werden müssten, wie es in den – lediglich bevorzugte Ausführungsbeispiele zeigenden, die Patentansprüche aber nicht einschränkenden – Figuren der Klagepatentschrift dargestellt ist, sieht der Patentanspruch 1 nicht vor.

Ein „großflächiger Kontakt“ zwischen den Temperiereinrichtungen und den aneinander grenzenden Feldern auf der Kontaktierseite des Temperierblockes, wie ihn Merkmal 3 zusätzlich lehrt, ist dann gegeben, wenn jedes der Felder jeweils so groß ist wie die an ihm anliegende Temperiereinrichtung und wenn der größte Teil der gesamten Unterseite des Temperierblockes in Kontakt mit den Temperiereinrichtungen steht, wie es z.B. in den Figuren 1 und 5 der Klagepatentschrift dargestellt ist. Da der in Merkmal 3 genannte „Kontakt“ zwischen der Unterseite des Temperierblockes und den Temperiereinrichtungen dazu dient, möglichst gut die Temperatur der jeweiligen Temperiereinrichtung auf den Temperierblock zu übertragen, erkennt der Durchschnittsfachmann ohne weiteres, dass die Temperiereinrichtungen nicht unbedingt direkt und unmittelbar an den ihnen zugeordneten Feldern anliegen müssen, sondern dass sich zwischen beiden auch eine gut wärmeleitende nachgiebige Zwischenschicht befinden kann, welche diejenigen Nachteile bei der Temperaturübertragung ausgleicht, die sich daraus ergeben können, dass in der Regel weder die Unterseite des Temperierblockes noch die Oberseite der Temperiereinrichtungen ganz genau plan ausgebildet sind, so dass sich ohne die Zwischenschicht immer Stellen ergeben würden, an denen, weil die beiden Flächen nicht genau aneinander liegen, der Temperaturübergang beeinträchtigt wäre.

4.
Die angegriffenen Temperierblöcke machen von allen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
Das stellen die Beklagten hinsichtlich der Merkmale 2, 2.1, 2.2, 4 und 5 selbst nicht in Frage, so dass es insoweit keiner besonderen Erörterungen bedarf. Wie sich aus den obigen Ausführungen zum Inhalt der Merkmale 1 und 3 ergibt, sind aber auch diese Merkmale bei den angegriffenen Temperierblöcken wortsinngemäß erfüllt: Dass der von ihnen erzeugte Temperaturgradient zu den Enden des Temperierblockes hin etwas abgeflacht ist, ändert – wie soeben ausgeführt – nichts daran, dass er „im wesentlichen“ linear im Sinne der Lehre des Klagepatents verläuft. Dass sich zwischen der Unterseite des Temperierblockes und den Temperiereinrichtungen eine dünne, nachgiebige und gut wärmeleitende Zwischenschicht befindet, steht, wie oben dargelegt, der Annahme eines „Kontaktes“ zwischen den Feldern der Kontaktierseite und den Temperiereinrichtungen nicht entgegen, und dieser Kontakt ist auch „großflächig“, wie sich aus der Wiedergabe der angegriffenen Ausführungsform unter Abschnitt I der Entscheidungsgründe dieses Urteils ohne weiteres ergibt.

Die Beklagten sind zu einer Benutzung der Lehre des Klagepatents in Deutschland nicht befugt, insbesondere können sie sich insoweit nicht auf ein Vorbenutzungsrecht (§ 12 PatG) berufen. Handlungen zu einer Benutzung der Erfindung oder zu deren unmittelbaren Vorbereitung vor dem Prioritätstage des Klagepatents sollen nach den Behauptungen der Beklagten allein in Großbritannien (bei der Beklagten zu 2.) vorgenommen worden sein. § 12 PatG gewährt ein Vorbenutzungsrecht aber nur dann, wenn die Benutzung der Erfindung oder deren unmittelbare Vorbereitung im „Inland“ stattgefunden hat.

Wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil (wenn auch nur im Zusammenhang mit dem Klagepatent I) zutreffend ausgeführt hat, so dass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug nehmen kann, ist unter „Inland“ im Sinne des § 12 PatG nur Deutschland zu verstehen und nicht auch ein anderes Mitgliedsland der Europäischen Union (vgl. auch z.B. Benkard-Jestaedt, EPÜ, Art. 64 Rdnr. 14 m.w.N.).

5.
Die Klägerin kann von den Beklagten in dem aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlichen Umfang Unterlassung verlangen, weil in Deutschland erfolgende Vertriebshandlungen der Beklagten hinsichtlich der angegriffenen Temperierblöcke das durch das Klagepatent begründete Ausschließlichkeitsrecht der Klägerin (Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9, 139 PatG) verletzen. Das gilt nicht nur, soweit es um den (Vorrichtungs-) Anspruch 1 des Klagepatents geht, sondern auch hinsichtlich des (Verwendungs-) Anspruches 5.

Wie auch die Beklagten nicht in Zweifel ziehen, so dass es dazu keiner weiteren Erörterungen bedarf, stellen Temperierblöcke mit den Merkmalen des Patentanspruches 1 Mittel dar, die sich auf ein wesentliches Element der geschützten Erfindung beziehen. Da die von den Beklagten in Deutschland angebotenen Temperierblöcke ausdrücklich unter anderem so betrieben werden sollen, dass sich ein im wesentlichen linear verlaufender Temperaturgradient ergibt, ist es nicht nur offensichtlich, sondern die Beklagten wissen dies auch, dass ihre Abnehmer die ihnen gelieferten – objektiv dazu geeigneten – Mittel zur Benutzung der durch das Klagepatent geschützten Erfindung bestimmen. Die Beklagten verletzen daher mit den angegriffenen Vertriebshandlungen nicht nur – unmittelbar – Anspruch 1 des Klagepatents, sondern zugleich auch – mittelbar – seinen Anspruch 5 (§ 10 Abs. 1 PatG).

Für die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche kommt es nicht darauf an, ob die Beklagten in der Zeit nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents Handlungen der in den Unterlassungsanträgen bezeichneten Art bereits vorgenommen haben, weil solche Handlungen der Beklagten jedenfalls konkret zu befürchten sind, so dass insoweit Begehungsgefahr besteht.

Die Beklagten berufen sich darauf, die angegriffenen Temperierblöcke machten von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, sie – die Beklagten – seien also zu den mit der Klage angegriffenen Handlungen berechtigt; darin liegt eine für einen Unterlassungsanspruch der Klägerin ausreichende Berühmung. Bei der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ob man etwa annehmen könne, die Beklagten beriefen sich ausschließlich zum Zwecke der Rechtsverteidigung darauf, die angegriffenen Vorrichtungen verletzten das Klagepatent nicht, sie beabsichtigten aber nicht, die genannten Geräte auch tatsächlich in Deutschland zu vertreiben, haben es die Beklagten ausdrücklich abgelehnt, eine solche Erklärung abzugeben. Es muss deshalb angenommen werden, sie hätten zumindest die konkrete Absicht, in Deutschland die angegriffenen Vorrichtungen anzubieten und zu vertreiben.

6.
Da die Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen die angegriffenen Temperierblöcke jedenfalls bis zum Januar 2000 in Deutschland vertrieben, also den Gegenstand der Anmeldung des Klagepatents in der Zeit nach der am 9. Dezember 1998 erfolgten Veröffentlichung der Patentanmeldung benutzt haben, kann die Klägerin von ihnen für Benutzungshandlungen, die von Anspruch 1 des Klagepatents Gebrauch gemacht haben und die in der Zeit vom 9. Januar 1999 (einen Monat nach Veröffentlichung der Anmeldung des Klagepatents) bis einen Monat nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents, also bis zum 6. August 2004, vorgenommen worden sind, eine angemessene Entschädigung verlangen (Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG). Da die Klägerin diesen Anspruch ohne Kenntnis vom genauen Umfang der Benutzungshandlungen der Beklagten – diese Kenntnis besitzt sie bisher nicht – noch nicht beziffern kann, andererseits aber ihre Entschädigungsansprüche einer verhältnismäßig kurzen, nämlich nur dreijährigen Verjährung unterliegen (§ 195 BGB), hat sie ein rechtliches Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) daran, die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung lediglich feststellen zu lassen.

7.
Keine Entschädigungsansprüche (und damit auch solche auf Rechnungslegung) hat die Klägerin allerdings hinsichtlich des Anspruches 5 des Klagepatents, dessen Gegenstand – wie sich aus den obigen Ausführungen (unter II. 5.) ergibt – die Beklagten in der Zeit vor der Erteilung des Klagepatents mittelbar benutzt haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. GRUR 2004, 845, 847 f. – Drehzahlermittlung), welcher der Senat folgt, stehen dem Anmelder eines Patents solche Ansprüche aufgrund von lediglich mittelbaren Benutzungshandlungen (wie es hier der Fall war, soweit Anspruch 5 des Klagepatents betroffen ist) nicht zu. Soweit die Klägerin auch derartige Ansprüche geltend macht, war daher die Anschlussberufung zurückzuweisen.
8.
Da – wie ausgeführt – die Klägerin zur Bezifferung ihrer Entschädigungsansprüche (im Zusammenhang mit Anspruch 1 des Klagepatents) auf die Kenntnis vom genauen Umfang der Benutzungshandlungen der Beklagten angewiesen ist, die sie von sich aus nicht haben kann, die ihr die Beklagten aber ohne unzumutbare Schwierigkeiten verschaffen können, kann die Klägerin gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) von den Beklagten in dem aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlichen Umfang auch Rechnungslegung verlangen.

9.
Die Entschädigungs- und Rechnungslegungsansprüche der Klägerin sind nicht verjährt.

Wie der Senat bereits in seinem Urteil „Haubenstretchautomat“ vom 20. Juni 2002 (InstGE 2, 115, 122) – in Übereinstimmung u.a. mit Busse-Keukenschrijver, PatG, 6. Auflage, IntPatÜG Art. II § 1, Rdnr. 7, Schulte, PatG, 7. Aufl., Int PatÜG Art. II § 1, Rdnr. 10, und Kraßer, Patentrecht, 5. Auflage, S. 929 – ausgeführt hat, ist auf die Verjährung von Ansprüchen auf angemessene Entschädigung wegen Benutzung des Gegenstandes einer offengelegten europäischen Patentanmeldung die Regelung in § 33 Abs. 3 PatG entsprechend anwendbar. Die genannten Ansprüche der Klägerin verjähren daher frühestens ein Jahr nach Erteilung des Klagepatents; diese Zeit war bei der Erhebung der auf das Klagepatent II gestützten Klage im Juli 2004 noch nicht abgelaufen; durch die Erhebung der Klage ist der Lauf der Verjährung gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

10.
Zu einer Aussetzung der Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits bis zum Abschluss der gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchsverfahren (§ 148 ZPO) besteht kein Anlass.

Angesichts des Umstandes, dass ein Patent seinem Inhaber nur ein zeitlich begrenztes Monopolrecht verleiht und dass ein wesentlicher Teil dieses Rechtes, nämlich der Unterlassungsanspruch gegenüber einem Patentverletzer, durch eine Aussetzung der Verhandlung des Verletzungsrechtsstreits praktisch suspendiert würde, kommt eine solche Aussetzung wegen eines gegen ein Klagepatent anhängigen Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens nur dann in Betracht, wenn ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klageschutzrechtes nicht nur möglich, sondern mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Ist das nicht der Fall, so verdient das Interesse des Patentinhabers an einer alsbaldigen Durchsetzung seiner – zeitlich ohnehin begrenzten – Rechte aus dem Patent den Vorrang vor dem Interesse der Gegenpartei, nicht aus einem Patent verurteilt zu werden, das sich möglicherweise später als nicht rechtsbeständig erweist.

Dass ein Widerruf oder eine Vernichtung eines Patents mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, kann in der Regel dann nicht gesagt werden, wenn die Argumente, auf die der Einspruch oder die Nichtigkeitsklage gestützt werden, bereits im Erteilungsverfahren oder im bisherigen Verlauf des Nichtigkeitsverfahrens von den dort tätigen sachkundigen Stellen geprüft und für nicht patenthindernd angesehen worden sind.

So liegt der Fall hier: Mit den gegen das Klagepatent (II) anhängigen Einsprüchen werden der Sache nach dieselben Entgegenhaltungen geltend gemacht, die bereits im Einspruchsverfahren gegen das Klagepatent I und in dem Löschungsverfahren gegen das aus dem Klagepatent I abgezweigte und inhaltlich im wesentlichen mit diesem und dem Klagepatent II übereinstimmende deutsche Gebrauchsmuster 296 23 597 geprüft worden sind. Dabei hat der 5. Senat des Bundespatentgerichts in seinem Beschluss vom 4. Juli 2002 (Anlage WKS 8) die Ansicht vertreten, diese Entgegenhaltungen hätten weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit die Lehre des genannten Gebrauchsmusters (die der des Klagepatents entspricht) – nämlich mit Temperiereinrichtungen, die jeweils in großflächigem Kontakt mit Feldern an der Unterseite eines Temperierblockes stehen, wobei jede einzelne Temperiereinrichtung über ihre gesamte Kontaktfläche einheitlich temperiert ist, gleichwohl einen im wesentlichen linearen Temperaturgradienten zu erzeugen – nahegelegt, so dass das zu beurteilende Recht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Zwar hat später der 7. Senat des Bundespatentgerichts in seinem Beschluss vom 20. November 2002 (Anlage G 34), mit dem er das Klagepatent I widerrufen hat, eine andere Ansicht vertreten; dieser Ansicht vermag der Senat aber nicht zu folgen: Allein der Umstand, dass der in der DE-OS 31 22 008 – Anlage 7 zur Klageschrift – beschriebene Thermostat an seiner der Aufnahmeseite gegenüberliegenden Seite in großflächigem Kontakt mit wenigstens zwei Temperiereinrichtungen steht (die aber so temperiert sind, dass eine im wesentlichen gleiche Temperatur über den gesamten Temperierblock entsteht) und dass die Beschreibung der US-PS 55 25 300 – Anlage 2 zur Klageschrift – (die einen Temperierblock betrifft, bei welchem ein Temperaturgradient in der Weise erzeugt wird, dass der Temperierblock an seinem einen Ende beheizt und an seinem anderen gekühlt wird) davon spricht, man könne als Temperiereinrichtungen auch Peltierelemente – also flächig ausgestaltete Elemente – verwenden, legte es entgegen der a.a.O. vom 7. Senat des Bundespatentgerichts vertretenen Meinung nicht nahe, diese Elemente so anzubringen wie bei dem Gegenstand der DE-OS 31 22 008, sie aber unterschiedlich zu temperieren und so – trotz des großflächigen Kontaktes mit der Unterseite des Temperierblockes – einen im wesentlichen linearen Temperaturgradienten zu erzeugen.

Dass die genannte Ansicht des 7. Senats des Bundespatentgerichts unzutreffend ist, hat ersichtlich auch das sachkundige Europäische Patentamt angenommen, welches nämlich in Kenntnis des Beschlusses des 7. Senats des Bundespatentgerichts vom 20. November 2002 das Klagepatent II erteilt hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO a.F., die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nrn. 1 und 10, 711, 108 ZPO.

IV.

Eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) kam nicht in Betracht, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind:
Die vorliegende Rechtssache, die einen reinen Einzelfall betrifft, hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

R1 R2 R4