2 U 66/01 – Laderaumtür

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 222 

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 5. Juni 2003, Az. 2 U 66/01 

1.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. März 2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

2.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 256.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 256.000 €.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des in deutscher Sprache abgefassten europäischen Patents 0 698 515 (Anl. K 9, im folgenden: Klagepatent), in welchem als Vertragsstaat u.a. die Bundesrepublik Deutschland benannt ist, und außerdem des deutschen Gebrauchsmusters 94 19 874 (Anl. K 1, im folgenden: Klagegebrauchsmuster).

Das Klagepatent beruht auf einer am 31. Juli 1995 unter Inanspruchnahme dreier Prioritäten vom 26. August 1994, 24. September 1994 und 12. Dezember 1994 eingegangenen und am 28. Februar 1996 veröffentlichten Anmeldung. Veröffentlichungstag der Patenterteilung war der 30. August 2000.

Die Beklagte und ein weiteres Unternehmen haben gegen die Erteilung des Klagepatents Einspruch eingelegt; die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts hat im Anschluss an die von ihr anberaumte mündliche Verhandlung vom 29. April 2003 das Klagepatent in vollem Umfang aufrechterhalten.

Das Klagegebrauchsmuster ist am 12. Dezember 1994 angemeldet und am 4. Januar 1996 eingetragen worden, was am 15. Februar 1996 im Patentblatt bekannt gemacht worden ist. Unter dem 26. Oktober 1996 hat die Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt neue Schutzansprüche eingereicht.

Die Beklagte hat im Juni 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung des Klagegebrauchsmusters beantragt; über diesen Antrag ist bisher nicht entschieden worden.

Beide Schutzrechte betreffen eine Laderaumtür für einen Kastenaufbau, z.B. bei einem Lastkraftwagen.

Die von der Klägerin in Kombination geltend gemachten Ansprüche 1 und 19 des Klagepatents (die im wesentlichen den Ansprüchen 1 und 18 des Klagegebrauchsmusters entsprechen) lauten:

1. Laderaumtür (1), insbesondere stirnseitige Laderaumtür (1) für z.B.
einen von zwei Seitenwänden (5, 6), einem Boden (7) und einem
Dach (8) gebildeten Kastenaufbau (4) eines Lastkraftwagens mit
wenigstens einem an einem Außenrand (39) der Laderaumtür (1)
angeordneten Scharnier (9) zur Öffnung der Laderaumtür (1) um
mehr als 180°, insbesondere bis zu 270°, wobei die Laderaumtür
(1) randseitig von Profilen (14, 15, 16, 17) aus Aluminium eingefasst
ist und das Scharnierglied (10) den Außenrand des Profils (14, 15,
16, 17) durchsetzend und um zwei Achsen (11, 36) drehbar ange-
ordnet ist, von denen eine erste Achse (11) im Hinblick auf eine
Flächenerstreckung der Laderaumtür (1) auf der einen Seite des
Außenrandes (39), außerhalb der Laderaumtür (1), und eine zweite
Achse (36) auf der anderen Seite des Außenrandes (39), innerhalb
der Laderaumtür, angeordnet ist, und wobei weiter die Laderaumtür
(1) am Außenrand (39) eine Innenwandung (28) zur dichtenden Zu-
sammenwirkung mit dem Kastenaufbau (4) aufweist,

gekennzeichnet durch

ein die Laderaumtür (1) einfassendes, eine Innenwandung (28) und
eine Außenwandung (32) bildendes Profil (14) aus Aluminium, wobei
die Innenwandung (28) auch im Bereich des Scharniergliedes (10)
in Längserstreckung der ersten bzw. zweiten Achse (11, 36) durch-
gängig ausgebildet ist, eine in der Außenwandung (32) vorgesehene,
die Innenwandung (28) unversehrt lassende Ausnehmung (33) aus-
gebildet ist, und eine Abdeckung des Scharniergliedes (10) durch die
Innenwandung (28) zwischen der ersten und der zweiten Achse (11,
36) und weiter gekennzeichnet dadurch, dass die Stirnseite (12, 13)
einer Seitenwand über ihre volle Länge von einer Überlappung (29)
der Laderaumtür überdeckt ist, dass die zweite Achse (36) das
Scharnierglied (10) durchsetzt und dass die zweite Achse in dem
Flügel (2) der Laderaumtür (1) drehbar gelagert ist.

19. Laderaumtür nach Anspruch 1 oder 2

dadurch gekennzeichnet,

dass die Innenwandung (28) im Bereich der Überlappung (29) mit
einer durchgängigen Dichtung (30) versehen ist.

Nachstehend sind die Figuren 1, 2 und 3 aus der Klagepatentschrift wiedergegeben, von denen Figur 1 eine zweiflügelige, erfindungsgemäße Laderaumtür zeigt, Figur 2 einen Schnitt entlang der Linie II-II in Figur 1 und Figur 3 einen Teilschnitt entsprechend Figur 2 bei geöffneter Laderaumtür.

Die Beklagte vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Laderaumtüren, wegen deren Ausgestaltung auf das von der Klägerin als Anl. K 6 überreichte Prospektblatt, die Fotografien gemäß Anl. K 8 sowie auf die nachstehend wiedergegebene Zeichnung gemäß Anl. K 7 verwiesen wird, die mit Bezugszahlen gemäß den Zeichnungen aus der Klagepatentschrift versehen ist:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung der Klageschutzrechte auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigungs- sowie Schadensersatzpflicht in Anspruch. Sie hat ihre Klage zunächst nur auf das Klagegebrauchsmuster (und zwar dessen in Kombination geltend gemachte Ansprüche 1 und 18) gestützt und nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents auch auf den deutschen Teil dieses Patents, und zwar auf eine Kombination der Patentansprüche 1 und 19. Die Klägerin hat ihre vorher etwas weiteren Anträge in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht dahin eingeschränkt, dass sie Rechnungslegung nur noch für die Zeit ab 28. März 1996 verlangt hat, wobei Angaben zu den Gestehungskosten und zum erzielten Gewinn erst für die Zeit ab 30. September 2000 zu machen seien, und dass sie die Feststellung der Entschädigungspflicht für Handlungen der Beklagten in der Zeit vom 28. März 1996 bis zum 29. September 2000 sowie der Schadensersatzpflicht für Handlungen der Beklagten in der Zeit ab 30. September 2000 begehrt hat.

Die Beklagte hat um Klageabweisung, hilfsweise um Aussetzung der Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits bis zur Erledigung des gegen das Klagepatent eingelegten Einspruchs und weiter hilfsweise darum gebeten, ihr für den Fall einer Verurteilung zur Auskunft und zur Rechnungslegung einen Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen.

Sie hat geltend gemacht, die Klageschutzrechte seien nicht rechtsbeständig, und zwar u.a. mit Rücksicht auf zwei vorveröffentlichte Schriften, nämlich die französische Patentschrift 262 80 52 sowie die australische Patentschrift 256 320.

Das Landgericht hat

I. die Beklagte verurteilt,

1.
es bei Meidung der (näher bezeichneten) gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Laderaumtüren, insbesondere stirnseitige Laderaumtüren für z.B. einen von zwei Seitenwänden, einem Boden und einem Dach gebildeten Kastenaufbau eines Lastkraftwagens, mit wenigstens einem an einem Außenrand der Laderaumtür angeordneten Scharnier zur Öffnung der Laderaumtür um mehr als 180°, insbesondere bis zu 270°, wobei die Flügel aufweisende Laderaumtür randseitig von Profilen aus Aluminium eingefasst ist und das Scharnierglied den Außenrand des Profils durchsetzend und um zwei Achsen drehbar angeordnet ist, von denen eine erste Achse im Hinblick auf eine Flächenerstreckung der Laderaumtür auf der einen Seite des Außenrandes, außerhalb der Laderaumtür, und eine zweite Achse auf der anderen Seite des Außenrandes innerhalb der Laderaumtür angeordnet ist, und wobei weiter die Laderaumtür am Außenrand eine Innenwandung zur dichtenden Zusammenwirkung mit dem Kastenaufbau aufweist,

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen das die Laderaumtür einfassende Profil eine Innenwandung und eine Außenwandung bildet, die Innenwandung auch im Bereich des Scharniergliedes in Längserstreckung der ersten bzw. zweiten Achse durchgängig ausgebildet ist, eine in der Außenwandung vorgesehene, die Innenwandung unversehrt lassende Ausnehmung ausgebildet ist, eine Abdeckung des Scharniergliedes durch die Innenwandung zwischen der ersten und der zweiten Achse vorgesehen ist und ferner die Stirnseite einer Seitenwand
über ihre volle Länge von einer Überlappung der Laderaumtür überdeckt ist, die zweite Achse das Scharnierglied durchsetzt und in dem Flügel der Laderaumtür drehbar gelagert ist und bei denen die Innenwandung im Bereich der Überlappungen mit durchgängig hinterschnittenen Nuten versehen ist zur Aufnahme einer durchgängigen Dichtung;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie – die Beklagte – die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28. März 1996 begangen habe, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten
und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten
und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebots-
empfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet

und

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs-
kosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Angaben zu d) nur für die Zeit seit dem 30. September 2000
zu machen seien;

sowie

II. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei,

1.
der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 28. März 1996 bis zum 29. September 2000 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.
der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 30. September 2000 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde.

Auf das Urteil vom 22. März 2001 wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und zusätzlich beantragt, die hilfsweise erbetene Aussetzung auch bis zur Erledigung des gegen das Klagegebrauchsmuster eingeleiteten Löschungsverfahrens anzuordnen, während die Klägerin um Zurückweisung des Rechtsmittels bittet.

Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klägerin Ansprüche gegen die Beklagte aus dem Klagegebrauchsmuster geltend machen kann, weil ihr alle vom Landgericht zuerkannten Ansprüche jedenfalls aus dem Klagepatent zustehen.

I.

Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft eine Laderaumtür, insbesondere eine stirnseitige Laderaumtür für den Kastenaufbau eines Lastkraftwagens, der von zwei Seitenwänden, einem Boden und einem Dach gebildet wird.

Wie die Klagepatentschrift ausführt, erlaubt der bekannte Stand der Technik es, solche Laderaumtüren um 270° zu öffnen, so dass die Laderaumtür parallel zu der entsprechenden Seitenwand festgelegt werden kann und dann das Be- und Entladen nicht weiter behindert. Damit an einem solchen Kastenaufbau keine wesentlich hervorstehenden Lager für Drehachsen angebaut werden müssen, ist regelmäßig ein um zwei Achsen drehendes Scharnierglied vorgesehen, dessen erste Achse kastenaufbaufest und dessen zweite Achse laderaumtürfest ausgebildet ist, wodurch ein Verschwenken der Laderaumtür um die Stirnseite der Seitenwand möglich ist. Der bekannte Stand der Technik weist dazu in der Laderaumtür einen außenrandseitigen Durchbruch auf, in dem die zweite Achse und das Scharnierglied angeordnet sind. Bei einem Verschwenken der Laderaumtür steht damit das Scharnierglied über die Innenwandung der Laderaumtür vor. Aufgrund des Durchbruches durch die Laderaumtür entsteht eine Schwächung z.B. eines Randprofils der Tür, was nachteilig ist; von besonderem Nachteil ist es auch, dass aufgrund des Durchbruches eine sichere, randnahe Abdichtung nahezu unmöglich ist.

Die Klagepatentschrift geht dann näher auf Gestaltungen ein, wie sie aus der (gattungsbildenden) EP 0 362 060 B1 und aus der DE 38 13 088 A1 bekannt sind, und bezeichnet es anschließend als das der Erfindung zugrundeliegende technische Problem, eine Laderaumtür zur Verfügung zu stellen, deren Stabilität weitestgehend beibehalten ist und die gegenüber den Stirnseiten des Bodens, des Daches und insbesondere der Seitenwände z.B. eines Kastenaufbaus eines Lastkraftwagens sicher abdichtbar ist.

Die von der Klägerin in Kombination geltend gemachten Ansprüche 1 und 19 des Klagepatents lösen das so bezeichnete Problem in folgender Weise:

Es handelt sich um eine Laderaumtür, insbesondere eine stirnseitige Laderaumtür für z.B. einen von zwei Seitenwänden (5, 6), einem Boden (7) und einem Dach (8) gebildeten Kastenaufbau (4) eines Lastkraftwagens.

1. Die Laderaumtür (1)

1.1 weist wenigstens ein an ihrem Außenrand (39) angeordnetes
Scharnier (9) zur Öffnung der Laderaumtür (1) um mehr als 180°,
insbesondere bis zu 270°

1.2 und ferner Flügel (2) auf,

1.3 ist randseitig von Profilen (14, 15, 16, 17) aus Aluminium einge-
fasst

1.4 und weist am Außenrand (39) eine Innenwandung (28) zur dich-
tenden Zusammenwirkung mit dem Kastenaufbau (4) auf;

2. das Scharnierglied (10)

2.1 durchsetzt den Außenrand des Profils (14, 15, 16, 17)

2.2 und ist um zwei Achsen (11, 36) drehbar angeordnet;

3. von den Achsen (11, 36)

3.1 ist eine erste Achse (11) im Hinblick auf eine Flächenerstreckung
der Laderaumtür (1) auf der einen Seite des Außenrandes (39),
außerhalb der Laderaumtür (1), angeordnet;

3.2 eine zweite Achse (36)

3.2.1 durchsetzt das Scharnierglied (10),

3.2.2 ist in dem Flügel (2) der Laderaumtür (1) gelagert

3.2.3 und ist auf der anderen Seite des Außenrandes (39), inner-
halb der Laderaumtür (1), angeordnet;

4. das die Laderaumtür einfassende Profil (14) aus Aluminium bildet
eine Innenwandung (28) und eine Außenwandung (32);

5. die Innenwandung (28) ist auch im Bereich des Scharniergliedes (10)
in Längserstreckung der ersten bzw. zweiten Achse (11, 36) durch-
gängig ausgebildet;

6. es ist eine Ausnehmung (33) ausgebildet,

6.1 die in der Außenwandung (32) vorgesehen ist

6.2 und die Innenwandung (28) unversehrt lässt;

7. das Scharnierglied (10) wird durch die Innenwandung (28) zwischen
der ersten und der zweiten Achse (11, 36) abgedeckt;

8. die Stirnseite (12, 13) einer Seitenwand ist über ihre volle Länge von
einer Überlappung (29) der Laderaumtür überdeckt;

9. die Innenwandung (28) jedes Flügels (2, 3) ist im Bereich der Über-
lappungen (29) mit durchgängig hinterschnittenen Nuten (31) ver-
sehen zur Aufnahme einer durchgängigen Dichtung (30).

II.

Wie offensichtlich ist und auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird, so dass es keiner weiteren Erörterung bedarf, machen die angegriffenen Laderaumtüren der Beklagten wortsinngemäß von allen Merkmalen der Ansprüche 1 und 19 des Klagepatents Gebrauch.

Die Klägerin kann daher von der Beklagten, wie von ihr beantragt, Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung sowie die Leistung einer angemessenen Entschädigung für Benutzungshandlungen in der Zeit seit Ablauf eines Monats ab Offenlegung der dem Klagepatent zugrundeliegenden Anmeldung sowie Schadensersatz für Benutzungshandlungen in der Zeit seit Ablauf eines Monats nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung verlangen. Das hat das Landgericht im einzelnen in seinem Urteil begründet, und der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese – zutreffenden – Ausführungen Bezug.

III.

Zu einer Aussetzung der Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits bis zum Abschluss des gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchsverfahrens oder des Löschungsverfahrens gegen das Klagegebrauchsmuster (§ 148 ZPO) besteht kein Anlass.

Das gilt, soweit es um das Löschungsverfahren gegen das Klagegebrauchsmuster geht, schon deshalb, weil es – wie oben ausgeführt – für die Entscheidung des Senats nicht darauf ankommt, ob die Klägerin aus dem Klagegebrauchsmuster Rechte gegen die Beklagte geltend machen kann, die Frage der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters daher für die vorliegend zu treffende Entscheidung nicht vorgreiflich ist.

Eine solche Vorgreiflichkeit ist zwar bei dem Einspruchsverfahren gegen das Klagepatent zu bejahen, gleichwohl erscheint dem Senat auch hier eine Aussetzung der Verhandlung nicht angemessen.

Angesichts des Umstandes, dass ein Patent seinem Inhaber nur ein zeitlich begrenztes Ausschließlichkeitsrecht gewährt, dessen Durchsetzung durch eine Aussetzung der Verhandlung eines Verletzungsrechtsstreits – selbst dann, wenn bereits wie hier ein nur gegen Sicherheitsleistung des Patentinhabers vorläufig vollstreckbares erstinstanzliches Urteil vorliegt – jedenfalls erheblich erschwert würde, kommt eine Aussetzung nur in Betracht, wenn eine Vernichtung des Klagepatents in dem gegen dieses Recht anhängigen Verfahren nicht nur möglich, sondern
überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. dazu außer BGH, GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug – auch Senat, Mitt. 1997, 257 ff. – Steinknacker – sowie GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe). Dabei ist zwar, wie der Senat in seiner „Stein-
knacker“-Entscheidung ausgeführt hat, bei der Prüfung der Aussetzungsfrage im Berufungsverfahren dann ein weniger strenger Maßstab anzulegen, wenn der Schutzrechtsinhaber bereits – wie hier – über einen erstinstanzlichen Titel gegen seinen Prozessgegner verfügt, aus dem er – wenn auch nur gegen Sicherheitsleistung – vorläufig vollstrecken kann, eine hinreichende Erfolgsaussicht für den Angriff auf das Klageschutzrecht ist aber auch in derartigen Fällen erforderlich; vorliegend fehlt es jedoch an einer solchen.

Dass und warum die in der Zeit bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im Einspruchsverfahren gegen das Klagepatent vorgebrachten Argumente und Entgegenhaltungen einen Widerruf dieses Schutzrechts nicht erwarten lassen, hat das Landgericht auf den Seiten 20-29 des angefochtenen Urteils im einzelnen dargelegt; auf diese Ausführungen kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.

Ein Widerruf des Klagepatents ist aber auch im Hinblick auf die mittlerweile von der Beklagten geltend gemachte weitere Entgegenhaltung, nämlich die deutsche Gebrauchsmusterschrift 92 01 745 (Anl. CCP 3), nicht zu erwarten.

Dieses Gebrauchsmuster betrifft schon keine gattungsgemäße Laderaumtür für den Kastenaufbau eines Lastkraftwagens, die in verschlossenem Zustand den Aufbau dichtend abschließt, sondern ein Doppelgelenkscharnier, das vor allem für Aufbauten von (offenen) landwirtschaftlichen Anhängern und dergleichen eingesetzt werden soll, bei denen es auf die vom Klagepatent erstrebte Abdichtung nicht ankommt. Schon deswegen wird der Durchschnittsfachmann diesen Stand der Technik nicht heranziehen, wenn es ihm um die Lösung der dem Klagepatent zugrundeliegenden technischen Probleme geht.

Die mit sachkundigen Mitgliedern besetzte Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts hat daher bei ihrer Entscheidung vom 29. April 2003 in Kenntnis und unter Berücksichtigung nicht nur der schon ursprünglich von den Einsprechenden geltend gemachten Entgegenhaltungen, sondern auch des genannten Gebrauchsmusters das Klagepatent unverändert aufrechterhalten, weil nach seiner Ansicht die Entgegenhaltungen die Lehre des Klagepatents weder vorweggenommen noch auch nur nahegelegt haben. Dass diese Ansicht der Einspruchsabteilung unzutreffend sei, das Klagepatent also im Beschwerdeverfahren widerrufen werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich.

IV.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) kam nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen: Die vorliegende Rechtssache, die einen reinen Einzelfall betrifft, hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

F3 G6 Dr. C2