2 U 32/01 – Querschweißbacken in einer Schlauchbeutelmaschine

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 129 

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. August 2002, Az. 2 U 32/01 

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Februar 2001
verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düssel-
dorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Androhung von Ordnungsmitteln im angefochtenen Urteil auf ein vom Gericht festzusetzendes Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von Euro 250.000,– , ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, für jeden Fall der Zuwiderhandlung beschränkt wird.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf
die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
Euro 1.023.000,– abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten dürfen auch durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren bewirkt werden, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf DM 2.000.000 = Euro 1.022.583,76 festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt als eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 39 07 208 (Anlage K 1; nachfolgend: Klagepatent) die Beklagte wegen mittelbarer Verletzung des Patentanspruches 1 dieses Patentes auf Unterlassung und Rechnungslegung in Anspruch und möchte überdies wegen der begangenen Verletzungshandlungen deren Schadensersatzverpflichtung festgestellt haben.

Das Klagepatent ist unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 18. Oktober 1988 am 7. März 1989 angemeldet worden. Die Offenlegung der Anmeldung mit den aus den Anmeldeunterlagen gemäß Anlage CCP 1 ersichtlichen Patentansprüchen 1 bis 33 erfolgte am 19. April 1990. Das Klagepatent ist in der Folgezeit mit den aus der Anlage K 1 ersichtlichen Patentansprüchen 1 bis 22 erteilt und die Erteilung am 15. Juli 1993 veröffentlicht worden. Der erteilte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

Verfahren zum Betreiben der Querschweißbacken (Quersiegelbacken) (1) in einer Schlauchbeutelmaschine mit Steuereinrichtung, wobei der Betätigungszyklus der Querschweißbacken einen ersten Arbeitsschritt umfaßt, in welchem die Querschweißbacken (1) voneinander entfernt sind, einen nachfolgenden zweiten Arbeitsschritt, in welchem die Querschweißbacken (1) gegeneinander bewegt und vor oder zu Beginn des zweiten Arbeitsschrittes die Querschweißbacken (1) zur Erwärmung des Schlauchbeutels in einem Abstand zur Oberfläche des Schlauchbeutels gehalten oder an den zu verschweißenden Folienschlauch angelegt werden, einen nachfolgenden dritten Arbeitsschritt, in welchem die Querschweißbacken (1) gegeneinander gepreßt werden, und einen vierten Arbeitsschritt, in welchem die Querschweißbacken (1) voneinander getrennt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Leistungsaufnahme des Antriebs (3) der Querschweißbacken (1) gemessen und dieses Meßsignal der Steuereinrichtung (2) zugeführt wird, die dieses Meßsignal als Eingangsgröße zur Regelung des Siegeldruckes verwendet.

Die Beklagte hat Nichtigkeitsklage betreffend die Patentansprüche 1 bis 4 des Klagepatents erhoben (vgl. Anlage CCP 4 sowie Anlage B 2 nebst Anlagen GKS & S 4 bis GKS & S 12). Die Nichtigkeitsklage ist darauf gestützt, dass der Gegenstand des Klagepatents in mehrfacher Hinsicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, und darauf, dass die Lehre des Anspruches 1 des Klagepatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Die Klägerin hat der Nichtigkeitsklage widersprochen (vgl. u.a. Anlage L 1). Mit Urteil vom 19. Februar 2002 hat das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage abgewiesen (vgl. Sitzungsprotokoll gemäß Anlage L 2). Gegen das zu dieser Zeit noch nicht schriftlich begründete Urteil des Bundespatentgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 29. Juni 2002 beim Bundesgerichtshof Berufung eingelegt (vgl. Anlage B 4). Anfang Juli 2002 sind die schriftlichen Urteilsgründe des Urteils des Bundespatentgerichts vom 19. Februar 2002 den Parteien zugeleitet worden (vgl. Anlage B 5).

Die Beklagte vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland eine „a1xxxxxx Schlauchbeutelmaschine V3x-S3“, die nach Auffassung der Klägerin ausschließlich dazu geeignet und bestimmt ist, das patentgeschützte Verfahren nach Patentanspruch 1 des Klagepatents auszuführen. Über diese Maschine verhält sich der Prospekt gemäß Anlage K 4 bzw. CCP 2, aus dem die nachfolgend wiedergegebene Abbildung gemäß Anlage K 5 entnommen ist, welche die Klägerin farbig ausgestaltet und beschriftet hat.

Wegen weiterer Einzelheiten der Arbeitsweise dieser Maschine wird auf die Anlage K 6 bzw. Anlage L 8 in Verbindung mit dem Vortrag der Klägerin auf Seite 5 des Schriftsatzes vom 11. Juni 2002 – Bl. 189 GA, die Anlage K 7 in Verbindung mit dem Vortrag der Klägerin auf Seite 9 des Schriftsatzes vom 27. Dezember 2000 – Bl. 58 GA und vor allem auf die Anlage L 8 in Verbindung mit dem Vortrag der Klägerin auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 11. Juni 2002 – Bl. 188 GA und in Verbindung mit dem Vortrag der Beklagten auf Seiten 19/20 der Berufungsbegründung vom 7. Mai 2001 – Bl. 147/148 GA verwiesen. Nachfolgend ist der die angegriffene Ausführungsform betreffende Teil der Anlage L 6 wiedergegeben, in welchem oben auch der Vortrag der Beklagten aus der Berufungsbegründung zur angegriffenen Ausführungsform zitiert ist.

Das Landgericht hat antragsgemäß in der Sache wie folgt erkannt:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Schlauchbeutelmaschinen zur Durchführung eines Verfahrens zum Betreiben der Querschweißbacken in einer Schlauchbeuteleinrichtung mit Steuereinrichtung,

wobei der Betätigungszyklus der Querschweißbacken einen ersten Arbeitsschritt umfaßt, in welchem die Querschweißbacken voneinander entfernt sind, einen nachfolgenden zweiten Arbeitsschritt, in welchem die Querschweißbacken gegeneinander bewegt und vor oder zu Beginn des dritten Arbeitsschrittes die Querschweißbacken zur Erwärmung des Schlauchbeutels an den zu verschweißenden Folienschlauch angelegt werden, einen nachfolgenden Arbeitsschritt, in welchem die Querschweißbacken gegeneinander gepreßt werden, und einen vierten Arbeitsschritt, in welchem die Querschweißbacken voneinander getrennt werden,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und zu vertreiben,

bei denen die Leistungsaufnahme des Antriebs der Querschweißbacken gemessen und dieses Meßsignal der Steuereinrichtung zugeführt wird, die dieses Meßsignal als Eingangsgröße zur Regelung des Siegeldruckes verwendet;

2.
der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 15. August 1993 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

II.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 15. August 1993 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Beklagte mache mit Angebot und Vertrieb der streitbefangenen Schlauchbeutelmaschine mittelbar (§ 10 PatG) von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch , da diese Maschine ausschließlich dazu bestimmt und geeignet sei, das erfindungsgemäße Verfahren zum Betreiben der Querschweißbacken anzuwenden. Soweit das Klagepatent davon spreche, dass vor oder zu Beginn des zweiten Arbeitsschrittes die Querschweißbacken zur Erwärmung des Schlauchbeutels entweder in einem Abstand zur Oberfläche des Schlauchbeutels gehalten oder an den zu verschweißenden Folienbeutel angelegt werden, werde dieses Merkmal in seiner zweiten Alternative bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Das „Anlegen“ beinhalte kein besonderes Zeitmoment. Bei der angegriffenen Ausführungsform erfolge unstreitig ein „Anlegen“ der Querschweißbacken an dem zu verschweißenden Folienbeutel vor dem Arbeitsschritt des „Gegeneinanderpressens“ der Backen. Dieses „Anlegen“ sei mit einer Erwärmung verbunden, die – gegebenenfalls unterstützt durch diejenige Strahlungswärme, die bereits bei der Annäherung der Querschweißbacken an der Oberfläche des Folienmaterials entstehe – eine ausreichende Erwärmung des Beutelmaterials bewirke. Dass diese Erwärmung ausreichend sei, ergebe sich bereits daraus, dass die angegriffene Vorrichtung funktionsfähig sei und ohne ein hinreichendes Aufschmelzen der Folie keine Schweißnaht gebildet werden könne. Auch die kennzeichnenden Merkmale seien bei der Arbeitsweise der streitbefangenen Maschine verwirklicht. Die erfindungsgemäße Lösung verlange eine Regelung des Preßdrucks nur in der Weise, dass die Leistungsaufnahme des Schweißbackenantriebs erfasst werde (Ist-Wert), dieser Wert einer als Steuereinrichtung bezeichneten, der Sache nach aber einer regelnden Einrichtung zugeführt werde, die unter Verarbeitung dieses Wertes den Siegeldruck „regele“, was einen Vergleich des erfassten Ist-Wertes mit dem Soll-Wert für den Anpreßdruck voraussetze und eine Beeinflussung im Sinne einer Angleichung an den Soll-Wert. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde – wie die Beklagte nicht in Abrede stelle – die Leistungsaufnahme des Motors erfasst (Ist-Wert) und mit dem erforderlichen Anpreßdruck, der in Abhängigkeit von der Folienstärke und dem Folienmaterial berechnet und eingestellt werde (Soll-Wert), verglichen, worauf dann gegebenenfalls eine Beeinflussung im Sinne einer Angleichung an den Soll-Wert erfolge. – Zu einer Aussetzung der Verhandlung wegen der anhängigen Nichtigkeitsklage hat das Landgericht mangels hinreichender Erfolgsaussicht dieser Klage keinen Anlass gesehen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz wiederholen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es.

Die Beklagte macht insbesondere geltend, bei dem Arbeiten mit der in Rede stehenden Schlauchbeutelmaschine würden die Querschweißbacken nicht vor oder zu Beginn des zweiten Arbeitsschritts und damit des Arbeitsschrittes, in welchem sie gegeneinander bewegt würden, zur Erwärmung des Schlauchbeutels an den zu verschweißenden Folienbeutel angelegt. Zu dieser Zeit erfolge noch überhaupt keine Anlage an den Folienbeutel. Vielmehr erfolge eine Anlage an den Folienbeutel erst zum Schluß des zweiten Arbeitsschrittes bzw. unmittelbar vor oder zu Beginn des dritten Arbeitsschrittes. Dieses Anlegen erfolge jedoch nicht „zur Erwärmung des Schlauchbeutels“. Die Querschweißbacken würden von ihrer extremen Öffnungsstellung bis zur Pressstellung – was unstreitig ist – in einer Zeit von 120 Millisekunden bis zu 2000 Millisekunden (= 2 Sekunden) zusammengeführt, so dass in diesem Zeitraum denknotwendig eine Erwärmung des Folienmaterials unabhängig vom Pressvorgang nicht möglich sei. Eine relevante (Vor-) Erwärmungsphase, wie sie mit dem Patentanspruch 1 des Klagepatents gelehrt werde und die ein zeitlich relevantes Innehalten auch bei der Alternative des Anlegens an den Folienbeutel voraussetze, gebe es bei ihrer Schlauchbeutelmaschine nicht. Auch würden die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruches 1 des Klagepatents nicht verwirklicht. Zwar werde bei ihrer Maschine der Wert der Leistungsaufnahme des Motors erfaßt, doch werde das Messsignal nicht einer Steuereinrichtung zugeführt, die das Messsignal als Eingangsgröße zur Regelung des Siegeldruckes verwende. Vielmehr werde das Messsignal allein dem Antriebsverstärker/Stromregler zugeführt, der seinerseits durch Regelung der Stromstärke den Siegeldruck beeinflusse. Nach der Lehre des Klagepatents gehe es jedoch darum, den Anpreßdruck flexibel zu steuern und den jeweiligen Erfordernissen anzupassen, wobei insbesondere auf Spalte 3, Zeilen 47 – 52 sowie Spalte 1, Zeilen 27 – 39 der Klagepatentschrift zu verweisen sei. Nach Patentanspruch 1 gehe in die Bestimmung des Soll – Werts auch die jeweils gemessene Schweißbackentemperatur ein. Dies sei entgegen der Auffassung des Landgerichts keine bloße Option für eine bevorzugte Ausführung nach Anspruch 2 des Klagepatents. Anspruch 2 besage lediglich, dass die Temperatur „ständig“ gemessen werde, während der Patentanspruch 1 eine solche „ständige“ Messung der Temperatur nicht voraussetze. Es gehe nach der Erfindung nicht um einen lapidaren Abgleich zwischen Soll – und Ist – Wert eines Servomotors. Bei der angegriffenen Ausführungsform würden im Gegensatz zum Erfindungsgegenstand unterschiedliche Materialstärken und -schwankungen nur durch Variation von Temperatur und Zeit berücksichtigt, nicht aber durch eine Variation des Anpreßdruckes, der konstant gehalten werde. Der Soll – Wert für den Siegeldruck könne nicht für jeden individuellen Anwendungsfall vorgegeben werden, sondern bleibe immer konstant. Der Siegeldruck werde auch nicht in einem PC vorgegeben. Zeit und Temperatur würden separat und unabhängig voneinander gesteuert. Temperatur und Preßzeit würden als Variablen, abhängig vom Folienmaterial eingegeben. Der Preßdruck bleibe stets konstant. Bei unterschiedlichem Folienmaterial würden allein die Parameter Zeit und Temperatur variiert. – Zumindest aber sei die Verhandlung wegen der anhängigen Nichtigkeitsklage auszusetzen, da das Klagepatent nicht rechtsbeständig sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf aufzuheben und
die Klage abzuweisen,

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Ent-
scheidung über den Bestand des Klagepatents –
DE-PS 39 07 208 – auszusetzen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivil-
kammer des Landgerichts Düsseldorf vom 13. Februar
2001 und den Aussetzungsantrag der Beklagten zurück-
zuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend und verweist im Hinblick auf den Rechtsbestand des Klagepatents darauf, dass das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage der Beklagten zu Recht abgewiesen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg, wobei jedoch die im landgerichtlichen Urteil im Rahmen der Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung ausgesprochene Androhung von Ordnungsmitteln auf das nach den Vorschriften des EG StGB mögliche Ausmaß zu beschränken war. Mit Angebot und Vertrieb der streitbefangenen Schlauchbeutelmaschine bietet die Beklagte entgegen der Bestimmung in § 10 Abs. 1 PatG an und liefert ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes anderen als zur Benutzung der nach dem Klagepatent patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel zur Benutzung der Erfindung nach dem Klagepatent, die sich im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG „auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen“, wobei die Beklagte weiß, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Die streitbefangene Schlauchbeutelmaschine und ihre Arbeitsweise, die die Beklagte als Anbieterin dieser Maschine kennt, arbeitet ausschließlich so, dass beim Betreiben der Querschweißbacken das Verfahren nach Patentanspruch 1 des Klagepatents angewendet wird. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten beruht auf einer Verkennung des geschützten Gegenstandes des Patentanspruches 1 des Klagepatents.

I.
Die Lehre des Klagepatents nach Patentanspruch 1 bezieht sich auf ein

1. Verfahren zum Betreiben der Querschweißbacken (Quersiegelbacken) (1)

2. in einer Schlauchbeutelmaschine

3. mit Steuereinrichtung,

4. wobei der Betätigungszyklus der Querschweißbacken einen ersten Arbeitsschritt umfaßt, in welchem die Querschweißbacken (1) voneinander entfernt sind,

5. einen nachfolgenden zweiten Arbeitsschritt, in welchem die Querschweißbacken (1) gegeneinander bewegt

6. und vor oder zu Beginn des zweiten Arbeitsschrittes die Querschweißbacken (1) zur Erwärmung des Schlauchbeutels in einem Abstand zur Oberfläche des Schlauchbeutels gehalten oder an den zu verschweißenden Folienschlauch angelegt werden,

7. einen nachfolgenden dritten Arbeitsschritt, in welchem die Querschweißbacken (1) gegeneinander gepreßt werden,

8. und einen vierten Arbeitsschritt, in welchem die Querschweißbacken voneinander getrennt werden.

Dies ergibt sich aus dem Oberbegriff des Patentanspruches 1 sowie aus dem einleitenden Satz der Klagepatentschrift in Spalte 1, Zeilen 3 bis 19. – Nach Spalte 1, Zeilen 19/20 der Klagepatentschrift ist ein solches Verfahren, d. h. ein Verfahren mit den vorgenannten Merkmalen, zum Beispiel aus der DE-AS 11 79 854 (An-lage K 2 und Anlage GKS &S 4) oder der GB-PS 775 061 (Anlage L 5 und Anlage GKS & S 5) entnehmbar.

Der durch die Klagepatentschrift angesprochene Durchschnittsfachmann wird in ihr nach den einleitenden Ausführungen in Spalte 1, Z. 3 – 20 auf einen Stand der Technik hingewiesen, wie er beispielsweise aus der DE 37 15 838 A 1 bekannt sein soll. Nach der Klagepatentschrift ist Gegenstand dieser Druckschrift eine Schlauchbeutelmaschine, bei der die Bewegung der Querschweißbacken mittels Kurvenscheiben gesteuert ist. Dabei ist insbesondere ein Kurvenscheibenpaar vorgesehen, welches direkt mit dem Paar von Querschweißbacken betriebsverbunden und so ausgebildet ist, dass bei einer vollständigen Drehung der Kurvenscheibe ein Arbeitszyklus der jeweiligen Querschweißbacke durchgeführt wird. Obwohl die Form der jeweiligen Kurvenscheibe fest vorgegeben ist, ist es möglich, die Bewegung der Querschweißbacke den jeweiligen Betriebsbedingungen anzupassen. Man erreicht dies dadurch, dass die Winkelgeschwindigkeit der Kurvenscheiben während ihres Umlaufs verändert wird. Insbesondere ist es möglich, die erforderlichen Siegel- oder Schweißzeiten in Abhängigkeit von der Art des Materials oder der Temperatur der Schweißbacken zu steuern (Spalte 1, Zeilen 21 bis 40).

An diesem Stand der Technik bemängelt die Klagepatentschrift, dass es nicht möglich sei, den jeweils erforderlichen Anpreßdruck der Querschweißbacken den Erfordernissen anzupassen. Dies – so die Klagepatentschrift – führe unter ungünstigen Betriebsbedingungen dazu, dass entweder keine ausreichende Verschweißung oder Versiegelung erfolge oder dass das Material durch die Querschweißbacken zu sehr erwärmt werde, so dass Löcher oder Fehlstellen entstehen könnten. Ein weiterer Nachteil dieser bekannten Kurvenscheibensteuerung der Querschweißbacken liege darin, dass die Querschweißbacken durch die von den Kurvenscheiben aufgezwungene Beschleunigung vielfach stark gegeneinander schlügen, so dass hohe Materialbeanspruchungen aufträten. Dies habe zur Folge, dass die Querschweißbacken aus festeren Materialien gefertigt und entsprechend dimensioniert werden müßten. All dies erhöhe die Herstellungskosten der Schweißbacken oder führe dazu, dass größere Massen bewegt werden müßten. (Spalte 1, Zeilen 42 bis 57).

Die Klagepatentschrift befasst sich anschließend mit einem Artikel von Walter Bippus und Klaus Heyse, der in der Verpackungsrundschau, 10. Sonderausgabe Oktober 1976 erschienen ist und den Titel „Verfahren und Vorrichtungen zum Schweißen und Heißsiegeln von Verpackungsfolien in DE-Z“ trägt. Aus diesem Artikel sollen nach dem Inhalt der Klagepatentschrift die Zusammenhänge zwischen Siegeldruck, Backenzustand und Backentemperatur bekannt sein. In diesem Artikel soll insbesondere angegeben sein, dass ein hoher Aufwand erforderlich sei, um die Temperatur der Siegelbacken mittels einer geeigneten Steuerungs- und Regelungseinrichtung möglichst konstant und gleichbleibend zu halten. Hierzu würden Temperaturfühler verwendet, welche insbesondere die Temperaturverteilung in Längsrichtung der Siegelbacke berücksichtigten. Die beschriebene Vorgehensweise ziele somit darauf ab, eine möglichst gleichbleibende Temperatur der Siegelbacken dadurch zu erzielen, dass die Heizungseinrichtung in entsprechender Weise nachgeregelt werde (vgl. Spalte. 1, Zeile 58 bis Spalte 2, Zeile 6).

Der durch die Klagepatentschrift angesprochene Durchschnittsfachmann erfährt aus ihr weiter, dass aus der US 38 26 701 ein kontinuierlich arbeitendes Folienschweißgerät bekannt sei, bei dem die Stärke der beiden Ausgangsfolien und die Stärke der Schweißnaht gemessen würden. In Abhängigkeit der erhaltenen Stärke der Schweißnaht werde die Siegelzeit durch Veränderung der Vorzugsgeschwindigkeit der Folien und /oder der Anpreßdruck der Siegelwerkzeuge und/oder die Schweißtemperatur verändert (vgl. Spalte 2, Zeilen 7 bis 14).

Schließlich erwähnt die Klagepatentschrift einen Stand der Technik, wie er aus der PCT-WO 88/00 887 bekannt ist. Sie führt insoweit aus, dass dort versucht werde, durch eine exakte Temperaturregelung die Temperatur der Quersiegelbacken auf einem gleichbleibenden Wert zu halten und damit eine gleichbleibende Güte der Siegelnaht zu sichern, ohne allerdings ständig die Temperatur der Siegelbacken zu messen und diese Siegelbackentemperatur als Ausgangsgröße zur Bestimmung der Siegelparameter zu verwenden (vgl. Spalte 2, Zeilen 40 – 49).

Die Aufgabe (das technische Problem) der hier allein interessierenden Verfahrens- Erfindung wird dahin formuliert, ein Verfahren der eingangs genannten Art, also mit den Merkmalen 1 bis 8 , zu schaffen, welches es bei betriebssicherer Handhabbarkeit ermöglicht, den Druckverlauf während der Siegelphase kontrolliert zu beeinflussen (Spalte 2, Zeilen 15 – 17). Es soll also möglich sein, den jeweils erforderlichen Anpreßdruck der Querschweißbacken den Erfordernissen anzupassen, so dass einerseits eine ausreichende Verschweißung oder Versiegelung gewährleistet ist, andererseits das Material aber auch nicht so erwärmt wird, dass es zu Löchern oder Fehlstellen kommt (vgl. die Angaben zu den zu vermeidenden Nachteilen des Standes der Technik in Spalte 1, Zeilen 40 ff). Es soll insbesondere eine sichere und zuverlässige Durchführung des Verfahrens bei verschiedenen Materialstärken oder bei Schwankungen der Materialstärke gewährleistet sein (vgl. Vorteilsangaben in Spalte 2, Zeilen 32 – 34). Es soll überdies ermöglicht werden, den Anpreßdruck bis zu dem optimalen Wert aufzubauen, um so zu verhindern, dass die Backen mit zu geringem oder zu großem Druck gegeneinander angepreßt werden (vgl. Vorteilsangaben in Spalte. 2, Zeilen 35 – 39).

Zur Lösung der vorgenannten Aufgabe wird vorgeschlagen, bei dem Verfahren mit den oben genannten Merkmalen 1 bis 8 die nachfolgenden Merkmale 9 bis 11 vorzusehen:

9. Die Leistungsaufnahme des Antriebs (3) der Querschweißbacken (1) wird gemessen.

10. Das Meßsignal wird der Steuereinrichtung (2) zugeführt.

11. Diese (die Steuereinrichtung) verwendet dieses Meßsignal als Eingangsgröße
zur Regelung des Siegeldruckes.

Die Lehre des Klagepatents besteht mithin darin, bei einem Verfahren zum Betreiben der Querschweißbacken in einer Schlauchbeutelmaschine mit den Merkmalen des Oberbegriffs (Merkmale 1 bis 8) den Siegeldruck (während des dritten Arbeitsschritts, vgl. Merkmal 7) zu „regeln“ (vgl. Merkmal 11) und hierfür die Leistungsaufnahme des Antriebs der Querschweißbacken zu messen und dieses Meßsignal der „Steuereinrichtung“ zuzuführen, die es als Eingangsgröße zur „Regelung“ des Siegeldruckes verwendet.

Zutreffend verweist das Landgericht im angefochtenen Urteil darauf, dass es nach der Lehre des Klagepatents um eine „Regelung“ und nicht um eine „Steuerung“ im fachmännischen Sprachsinne gehe, wobei mit dem Bundespatentgericht (vgl. Seite 6 des Urteils vom 19. Februar 2002 gemäß Anlage B 5) als Fachmann, der durch die Klagepatentschrift angesprochen wird, ein Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Maschinenbau angesehen werden kann, der Kenntnisse in der Ansteuerung und Regelung der Antriebe von Verpackungsmaschinen besitzt, die Schweiß- bzw. Siegeleinrichtungen für Folienwerkstoffe aufweisen. Die Einrichtung, die mit den Merkmalen 10 und 11 als „Steuereinrichtung“ bezeichnet wird, ist daher der Sache nach eine „Regeleinrichtung“. Die zu regelnde Größe (Regelgröße) wird fortlaufend erfaßt, mit einer anderen Größe (Führungsgröße) verglichen und im Sinne einer Angleichung an die Führungsgröße beeinflußt. Mit der Erfassung der Leistungsaufnahme des Antriebs der Querschweißbacken wird letztlich der jeweilige tatsächliche Anpreßdruck = Siegeldruck (Ist – Anpreßdruck) der Querschweißbacken ermittelt, der somit die Regelgröße darstellt. Die Einrichtung, der diese Größe mitgeteilt wird, nämlich die „Steuereinrichtung“, soll sie dann zur Regelung des Siegeldruckes benutzen, was soviel bedeutet, dass sie mit einem Sollwert (Soll – Anpreßdruck bzw. Soll – Siegeldruck) verglichen werden soll, um dann die patentgemäß vorgesehene Regelung des Siegeldrucks herbeizuführen.

Nach den kennzeichnenden Merkmalen des Klagepatents soll (nur) der Siegeldruck der Querschweißbacken geregelt werden. Über die anderen, die Schweißung der Naht beeinflussenden Parameter ist im Anspruch 1 nichts ausgesagt.
Da der Fachmann jedoch weiß, dass der Anpreßdruck nicht völlig frei und unabhängig von anderen Parametern wie zum Beispiel „Temperatur“ und „Siegelzeit“ gewählt werden kann, sondern dass zum Beispiel der Wert, auf den der Siegeldruck zu regeln ist, auch davon abhängig ist, wie die beiden anderen Parameter „Temperatur“ und „Siegelzeit“ gewählt und eingestellt sind, ist ihm klar, dass er diese Parameter bei der Bemessung des Siegeldrucks unbedingt berücksichtigen muß. Diese Berücksichtigung kann nach Patentanspruch 1 des Klagepatents jedoch dadurch geschehen, dass der Siegeldruck sowohl unter Berücksichtigung der (geeignet) vorgewählten Temperatur als auch der (geeignet) vorgewählten Siegelzeit eingestellt und geregelt wird (so auch das Bundespatentgericht auf den Seiten 7 und 8 seines Urteils vom 19. Februar 2002 gemäß Anlage B 5). – Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt die erfindungsgemäße Lehre nach Patentanspruch 1 daher nicht voraus, dass in die Bestimmung des Sollwertes (des Siegeldruckes) eine jeweils laufend gemessene Schweißbackentemperatur und/oder eine jeweils laufend gemessene Materialstärke eingehen. Hinsichtlich der Schweißbackentemperatur ergibt sich dies auch bereits aus Patentanspruch 2, der insoweit eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung zum Gegenstand hat, als er lehrt, bei einem Verfahren nach Patentanspruch 1, bei welchem überdies die Siegelbackentemperatur mit einem Temperaturmeßfühler gemessen wird und bei welchem sowohl Siegeldruck als auch Siegeldauer variiert werden können, vorzusehen, dass mittels einer automatischen Steuerung sowohl Siegeldruck als auch Siegeldauer ständig in Abhängigkeit vom aktuellen Temperaturmeßsignal gesteuert werden. Die Verwirklichung der technischen Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents setzt derartiges jedoch nicht voraus.

Da der Streit der Parteien jedoch nicht nur das Verständnis des Fachmanns von den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruches 1 des Klagepatents betrifft, sondern auch darum geht, wie der Fachmann die Merkmale des Oberbegriffs versteht, und zwar insbesondere das Merkmal 6, bedarf es hierzu noch einiger Erläuterungen. Dem durch die Klagepatentschrift angesprochenen Fachmann wird, nachdem ihm zuvor einleitend gesagt worden ist, dass die Erfindung sich auf ein Verfahren mit den Merkmalen 1 bis 8 beziehe (vgl. Spalte 1, Zeilen 3 bis 19), mitgeteilt, dass ein solches Verfahren, also ein Verfahren mit diesen Merkmalen, zum Beispiel der DE-AS 11 79 854 (Anlage K 2) oder der GB-PS 775 061 (Anlage L 5) „entnehmbar“ sei.

Der Fachmann wird daher, soweit er im Hinblick auf den Wortsinn der vorgenannten Merkmale Verständnisschwierigkeiten hat, zunächst einmal zur Auslegung die beiden genannten Schriften heranziehen. Er sieht dann, dass die Erfindung nach der DE-AS 11 79 854 (Anlage K 2) eine Vorrichtung zum Abziehen und Querversiegeln eines auf einer Schlauchbeutelherstellungsmaschine geformten und portionsweise gefüllten Schlauches aus siegel- oder schweißfähigem Material betrifft, bei der die am Schlauch gegenüberliegenden Siegelbacken in zwei Stufen gegeneinander bewegt werden, wobei die Backen in der ersten Stufe bis auf einen Abstand genähert werden, der größer ist als die doppelte Schlauchwandstärke, während in der zweiten Stufe das Zusammenpressen der Backen zur Querschlußverbindung und zum Trennen des Beutels erfolgt (vgl. Spalte 1, Zeilen 1 bis 12 der Anlage K 2). Dieser Druckschrift ist somit ein Verfahren mit den vorgenannten Merkmalen entnehmbar, bei dem vor dem in Merkmal 7 erwähnten Arbeitsschritt ein Arbeitsschritt im Sinne der ersten Alternative des Merkmals 6 erfolgt, also die Querschweißbacken zuvor zur (Vor-) Erwärmung des Schlauchbeutels in einem Abstand zur Oberfläche des Schlauchbeutels gehalten werden (eine Arbeitsweise, wie sie im Patentanspruch 8 der Ursprungsunterlagen des Klagepatents beschrieben ist, vgl. Anlage CCP 1).

Der GB-PS 775 061 (Anlage L 5) kann der Fachmann zwar auch ein Verfahren mit den vorgenannten Merkmalen 1 bis 8 entnehmen, doch ist dieses Verfahren im Sinne der zweiten Alternative des Merkmals 6 ausgestaltet, wobei diese Druckschrift in Spalte 1, Zeilen 32 bis 46 davon ausgeht, dass gewöhnlich zwei Möglichkeiten der Erhitzung bestehen:

„Two methods of heating are commonly used. In the first, either one or both of the sealing jaws are heated, and the heated jaws are closed with the seam area of the plastic pinched between them. The jaws are held closed until the plastic between them has been heated by conduction and the two laminae have been fused together.
The second method induces the heat directly in the material. The jaws are not heated but are made parts of a high frequency electric circuit so that material beween the jaws is heated to fusion temperature by the dielectic loss in the material when the high frequency circuit is energised.“

Ausgehend davon werden mit dieser Druckschrift Verbesserungen dieser Verfahrensweisen vorgeschlagen. Der Fachmann entnimmt dieser Druckschrift mithin, dass vor dem dritten Arbeitsschritt im Sinne des Merkmals 7 die Querschweißbacken, ohne dass zuvor ein Anhalten in einem Abstand zur Oberfläche des Folienschlauches zum Zwecke der (Vor-)Erwärmung erfolgt, (unmittelbar) an den Folienschlauch angelegt werden, wobei dies gewöhnlich auch mit einer Erwärmung verbunden ist und damit der Erwärmung dient („zum Zwecke der Erwärmung“) und das Anlegen entsprechend dem Bedürfnis im Einzelfall auch eine variable Vorwärmzeit ermöglicht. Dass dies die Sichtweise des durch die Klagepatentschrift angesprochenen Fachmanns ist, ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundespatentsgerichts vom 19. Februar 2002 (Anlage B 5), in welchem es auf Seite 10 bezüglich dieser britischen Patentschrift – dort als E 5 bezeichnet – heißt, dass sie lehre , die Querschweißbacken zur Erwärmung bzw. Vorwärmung des Schlauchbeutels an den zu verschweißenden Folienschlauch anzulegen, „vgl. die zweite Variante des Merkmals 6“. Auch diese Arbeitsweise soll mit dem Verfahren nach Merkmalen 1 bis 8 erfaßt sein, wie der Fachmann der Aussage in Spalte 1, Zeilen 19/20 der Klagepatentschrift entnimmt, dass ein solches Verfahren zum Beispiel der GB-PS 775 061 (Anlage L 5) entnehmbar sei (Im übrigen war diese Arbeitsweise entsprechend der zweiten Alternative des Merkmals 6 im Patentanspruch 6 der Ursprungsunterlagen des Klagepatents beschrieben, vgl. Anlage CCP 2).

Dass dies die Sichtweise des durch die Klagepatentschrift angesprochenen Durchschnittsfachmannes ist, wird auch nicht durch die Ausführungen des Bundespatentgerichts in dem Urteil vom 19. Februar 2002 (Anlage B 2) auf den Seiten 6/7 in Frage gestellt . Das Bundespatentgericht hatte sich dort lediglich damit zu befassen, ob das Merkmal 6 „in Verbindung mit einer Vorerwärmung“ ursprünglich offenbart war. Es hat insoweit völlig zu Recht (vgl. insoweit Anlage CCP 1) darauf hingewiesen, dass der Verfahrensanspruch 6 in der Fassung vom Anmeldetag schon das Merkmal eines nachfolgenden zweiten Arbeitsschritts enthalte, in welchem die Querschweißbacken (1) gegeneinander bewegt und an den zu verschweißenden Folienschlauch angelegt werden. Dass dieses Anliegen auch „in Verbindung“ mit einer Vorerwärmung offenbart war, hat das Bundespatentgericht zu Recht mit dem Hinweis auf Seite 5 Zeilen 29 f und Seite 6 Zeilen 5 f der ursprünglichen Unterlagen begründet. Auf Seite 5 Zeilen 29 f der Ursprungsunterlagen (vgl. CCP 1) ist die Rede davon, dass die Querschweißbacken gegeneinander bewegt und an die zu verschweißenden Schlauchbeutel angelegt werden, bevor sie dann in einem nachfolgenden Arbeitsschritt gegeneinander gepreßt werden. Auf Seite 6 Zeilen 5 f. wird in demselben Absatz und im Zusammenhang damit davon gesprochen, dass sich daraus unter anderem der Vorteil ergebe, dass eine variable Vorwärmzeit vorgesehen werden „kann“.

Der Fachmann sieht daher, dass mit der zweiten Alternative des Merkmals 6 eine Arbeitsweise erfaßt wird, wie sie u.a. aus der GB-PS 775 061 (Anlage L 5) bekannt war und die sich dadurch auszeichnete, dass die Schweißbacken in einem Arbeitsschritt gegeneinander bewegt und in einem weiteren nachfolgenden Arbeitsschritt gegeneinander gepreßt werden, wobei dazwischen ohne ein Halten der Querschweißbacken in einem Abstand zur Oberfläche des Schauchbeutels diese (un-mittelbar) an den Folienschlauch angelegt werden, was zur einer Erwärmung des Schlauchbeutels führt. Dass dieses Anlegen zwingend über einen zeitlich „relevanten“ Zeitraum und zum Zwecke einer „relevanten“ Vorerwärmung erfolgen muß, wie die Beklagte meint, wobei sie jedoch nicht dartut, was sie konkret überhaupt mit „relevant“ meint, ist weder dieser britischen Patentschrift zu entnehmen noch dem Inhalt der Klagepatentschrift. Der Patentanspruch 1 spricht im Merkmal 6 selbst nicht von einer Vorerwärmung, sondern nur von einer Erwärmung. In der Klagepatentschrift wird von einer „Vorwärmzeit“ bzw. von einem „Vorwärmen“ in ihrem allgemeinen Teil der Beschreibung auch nur in Spalte 3, Zeilen 20 bis 32, und zwar lediglich im Zusammenhang mit einem geringfügigen Abstandhalten der Schweißbacken von dem Schlauchbeutelmaterial und damit im Zusammenhang mit der ersten Alternative des Merkmals 6, gesprochen. Als Ausführungsbeispiel zeigt die Klagepatentschrift nur eine Maschine, die entsprechend der ersten Alternative des Merkmals 6 arbeitet, so dass aus der Aussage in Spalte 7, Zeilen 12 bis 16, dass in einem zweiten Arbeitsschritt ein Schließen der Querschweißbacken auf einen vorbestimmten Abstand, welcher zum „Vorwärmen“ des zu verschweißenden oder versiegelnden Folienmaterials dient, nicht geschlossen werden kann, dass das erfindungsgemäße „Anlegen“ an den Folienschlauch über eine gewisse Zeit hinweg zum Zwecke einer, wie die Beklagte sich ausdrückt, „relevanten Vorerwärmung“ erfolgen müsse. Der Fachmann sieht vielmehr, dass die mit dem „Anlegen“ der (erhitzten) Schweißbacken an den zu verschweißenden Folienbeutel (stets) verbundene Erwärmung des Schlauchbeutels letztlich nur so sein muß, dass bei dem sich anschließenden Gegeneinander- Pressen der Querschweißbacken eine ordnungsgemäße Schweißnaht gebildet wird. Dies kann im Einzelfall ein „Anlegen“ der Schweißbacken an den zu verschweißenden Folienbeutel über einen gewissen Zeitraum erfordern, muß es aber nicht, so dass der Fachmann auch keine Veranlassung hat, die zweite Alternative des Merkmals 6 nur dann als verwirklicht anzusehen, wenn das „Anlegen“ über einen gewissen Zeitraum hinweg erfolgt.

Das „Anlegen“ der (erhitzten) Schweißbacken an den Folienschlauch und damit eine Vorwärmung bzw. Erwärmung kann dabei durchaus schon zu Beginn des „zweiten“ Arbeitsschrittes erfolgen, also der Gegeneinanderbewegung der Schweißbacken, da die den Schweißbacken zugewandten Bereiche des Folienschlauches aufgrund der schon erfolgten Füllung weit auseinanderstehen und sich daher nahe an den Schweißbacken befinden können. Jedenfalls muß das Anlegen im Sinne des Merkmals 6 – nur um diese Alternative geht es hier – sinnvollerweise vor dem endgültigen Zusammenpressen im dritten Arbeitsschritt erfolgen (so auch das Bundespatentgericht auf Seite 8 unten seines Urteils vom 19. Februar 2002) . Der Fachmann wird daher die Aussage in Merkmal 6 „vor oder zu Beginn des zweiten Arbeitsschrittes“ nicht auf einen bestimmten Zeitabschnitt vor dem Zusammenpressen im dritten Arbeitsschritt beschränken, sondern darauf beziehen, dass das „Halten“ bzw. „Anlegen“ vor dem endgültigen Zusammenpressen im dritten Arbeitsschritt erfolgt, so dass es dahingestellt bleiben kann, ob, wie das Landgericht gemeint hat, es sich bei der Angabe von einem „zweiten“ Arbeitsschritt in Merkmal 6 aus der Sicht der Fachmanns um ein offensichtliches Schreibversehen handelt und er diese Angabe so liest, als stünde dort „vor oder zu Beginn des dritten Arbeitsschrittes“.

II.
Von der sich so darstellenden Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents wird bei der mit der Klage angegriffenen Schlauchbeutelmaschine Gebrauch gemacht. Aus dem Prospekt gemäß Anlage K 4 bzw. CCP 2, aus dem die Abbildung gemäß Anlage K 5 entnommen ist, welche die Klägerin farbig ausgestaltet und beschriftet hat, und aus den Anlagen K 6 bzw. L 8 , K 7 und L 6 sowie dem eigenen Vorbringen der Beklagten zur angegriffenen Ausführungsform ergibt sich, dass diese Ausführungsform entsprechend der Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents arbeitet.

Aus den vorgenannten Unterlagen ergibt sich, dass die angegriffene Vorrichtung eine Schlauchbeutelmaschine mit einer Steuereinrichtung ist, in welcher Querschweißbacken im Sinne des Merkmals 1 „betrieben“ werden. Dabei weist der Betätigungszyklus der Querschweißbacken unstreitig einen ersten Arbeitsschritt auf, in welchem die Backen voneinander entfernt sind, und einen späteren Arbeitsschritt, in welchem die Backen gegeneinander gepreßt werden, sowie einen dann nachfolgenden Arbeitsschritt, in welchem sie voneinander getrennt werden. Unstreitig liegt zwischen dem Arbeitsschritt, in welchem die Backen voneinander entfernt sind, und demjenigen, in welchem sie gegeneinander gepreßt werden, ein Arbeitsschritt, in dem die Backen gegeneinander bewegt werden und dann (vor oder zu Beginn des folgenden Arbeitsschrittes) an den zu verschweißenden Folienbeutel angelegt werden, und zwar findet dieses Gegeneinander – Bewegen und Anlegen bis zur Pressstellung nach dem nicht widerlegten Vorbringen der Beklagten in einem Zeitraum von 120 Millisekunden bis 2 Sekunden (= 2000 Millisekunden) statt (vgl. Berufungsbegründung vom 7. Mai 2001 Seite 18 – Bl. 146 GA). Mit diesem Gegeneinander – Bewegen und Anlegen der erhitzten Schweißbacken geht naturgesetzlich eine Erwärmung des Schlauchbeutels einher. Dabei handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um eine solche Erwärmung des Schlauchbeutels, die es erlaubt, anschließend während des Pressvorgangs eine ordnungsgemäße Schweißnaht zu bilden. Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine, worauf schon das Landgericht hingewiesen hat, funktionsfähige Schlauchbeutelmaschine, mit der ordnungsgemäße Schweißnähte erzielt werden.

Es ist oben unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe dargelegt, dass ein „Anlegen“ der Schweißbacken an den zu verschweißenden Folienbeutel nicht zwingend über einen gewissen Zeitraum zu erfolgen hat und es nach der Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents bei der zweiten Alternative des Merkmals 6 nicht der Einhaltung einer gewissen „Vorwärmzeit“ bedarf, sondern dass es mit dieser Lehre durchaus in Einklang steht, wenn gleichsam in einem fließenden Übergang die Gegeneinander – Bewegung der (erhitzten) Schweißbacken, ihr Anlegen an den zu verschweißenden Folienbeutel und ihr Gegeneinander – Pressen erfolgen, sofern die mit dem Anlegen verbundene Erwärmung des Folienbeutels – gegebenenfalls unterstützt durch die bereits zuvor beim Gegeneinander – Bewegen der Schweißbacken abgegebene Strahlungswärme – beim anschließenden Gegeneinander – Pressen die Bildung ordnungsgemäßer Schweißnähte ermöglicht.

Die angegriffene Vorrichtung arbeitet damit nach den Verfahrensmerkmalen 1 bis 8 des Patentanspruches 1 des Klagepatents, und zwar so, wie der Fachmann sie nach den oben unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe gemachten Ausführungen versteht, und damit nach dessen Oberbegriff, und zwar hinsichtlich des Verfahrensmerkmals 6 nach dessen zweiter Alternative.

Was nun die Verwirklichung der kennzeichnenden Merkmale angeht, so ist zunächst einmal festzustellen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform die Stärke des Stromes „bestimmt“, d. h. gemessen, wird, der von dem Elektromotor aufgenommen wird (vgl. Berufungsbegründung der Beklagten vom 7. Mai 2001 Seite 14 – Bl. 142 GA). Die Stärke des Stromes ist jedoch proportional zur Leistungsaufnahme des Antriebs , so dass über diesen Weg das Merkmal 9 verwirklicht wird. Auch nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten wird die Leistungsaufnahme des Antriebs der Querschweißbacken als Ist – Wert erfasst (vgl. Berufungsbegründung der Beklagten vom 7. Mai 2001 Seite 19 – Bl. 147 GA).

Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten a.a.O. wird mit dem gewonnenen Ergebnis ein Signal erzeugt, das einem Stromregler/Antriebsverstärker zugeführt wird, welcher einen Vergleich dieses erfaßten Ist – Wertes mit dem „Soll – Wert der Eingabe“ vornimmt. Damit wird das Meßsignal einer Einrichtung im Sinne des Merkmals 10 zugeführt, die gemäß Merkmal 11 dieses Meßsignal als Eingangsgröße zur Regelung des Siegeldrucks verwendet. Die Beklagte führt insoweit auf den Seiten 19/20 der Berufungsbegründung vom 7. Mai 2001 (Bl. 147/148 GA) selbst aus, dass die Einrichtung, nämlich der Stromregler/Antriebsverstärker, dem das Meßsignal zugeführt werde, dann seinerseits durch Regelung der Stromstärke den Siegeldruck beeinflusse. – Die Klägerin hat diesen Sachverhalt in der Anlage L 6 noch einmal verdeutlicht.

Damit verwirklicht die angegriffene Ausführungsform jedoch das erfindungsgemäße Verfahren, da dieses – wie oben bereits ausgeführt – nicht voraussetzt, dass die erfindungsgemäße Steuereinrichtung, die in Wirklichkeit eine Regeleinrichtung ist, nicht nur einen eingestellten Wert als Führungsgröße verwendet, sondern weitere Parameter laufend heranzieht, um daraus laufend die gewünschte Führungsgröße (Siegeldruck) zu bestimmen. Das erfindungsgemäße Verfahren kann so ausge-staltet werden (vgl. z. B. Anspruch 2), muß es jedoch nicht. Es reicht vielmehr aus, wenn, wie dies bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist, der Siegeldruck unter Berücksichtigung der geeignet vorgewählten bzw. voreingestellten anderen wichtigen Parameter (z. B. Temperatur und Siegelzeit) unter Ausnutzung des Messwertes für die Leistungsaufnahme des Antriebs der Querschweißbacken geregelt wird.

III.
Das Landgericht hat unter Ziffer III. seiner Entscheidungsgründe im einzelnen ausgeführt, aufgrund welcher weiteren Tatumstände und Rechtsvorschriften der Klägerin die zuerkannten Ansprüche gegen die Beklagte zustehen. Auf diese zutreffenden Ausführungen, die von der Beklagten als solche nicht beanstandet werden und die sich der Senat zu eigen macht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

IV.
Zu einer Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO wegen der in der Berufungsinstanz beim Bundesgerichtshof anhängigen Nichtigkeitsklage der Beklagten betreffend das Klagepatent bestand kein Anlass. Eine solche Aussetzung kommt nach ständiger, vom Bundesgerichtshof (vgl. GRUR 1987, 284) gebilligter Rechtsprechung des Senats im allgemeinen nur in Betracht, wenn die Nichtigkeitsklage mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird (vgl. die Senatsentscheidungen „Flachdachabläufe“ in GRUR 1979, 188 und „Steinknacker“ in Mitt. 1997, 258). Diese Prognose läßt sich jedoch regelmäßig dann nicht treffen, wenn – wie hier – die Nichtigkeitsklage durch Urteil des Bundespatentgerichts abgewiesen worden ist und eine Berufungsbegründung gegen dieses Urteil nicht vorliegt.

Im übrigen ist die im Urteil des Bundespatentgerichts vom 19. Februar 2002 (Anlage B 5) gegebene Begründung, mit der die Nichtigkeitsklage der Beklagten abgewiesen worden ist, aber auch überzeugend und läßt weder eine fehlerhafte Beurteilung des von der Beklagten geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der unzulässigen Erweiterung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG noch eine fehlerhafte Würdigung des Standes der Technik und eine nicht haltbare Bewertung des Vorliegens erfinderischer Tätigkeit erkennen. Soweit im Stand der Technik bei gattungsgemäßen Verfahren eine Regelung des Siegeldruckes erfolgt, erfolgt dies nicht entsprechend der Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents durch Verwendung des durch Messung der Leistungsaufnahme des Antriebs der Querschweißbacken gewonnenen Meßwertes, sondern auf anderem Wege, zum Beispiel durch Messung des Drucks im Druckmittelsystem selbst (vgl. die zu den Akten gereichte
US- PS 4 713 047).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.).

K2xxxxxxxx R3xx Dr. B4xxxx