2 U 96/99 – Messerhalter

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 40 

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Januar 2001, Az. 2 U 96/99

I.
Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. März 1999 teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

II.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patentes 42 00 274 (Klagepatent, Anl. K 1) betreffend einen Messerhalter; aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung der angegriffenen Erzeugnisse nebst Werbemitteln und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrundeliegende Anmeldung wurde am 8. Januar 1992 eingereicht und am 15. Juli 1993 offengelegt; die Patenterteilung ist am 28. April 1994 veröffentlicht worden.

Anspruch 1 des Klagepatentes lautet wie folgt:

Messerhalter mit einem flachen, kastenartigen und mit Durchbrechungen versehenen Gehäuse zur Aufnahme von in Schlachtereien verwendeten Werkzeugen wie z.B. Messern, Wetzstählen und Sicherheitshandschuhen, wobei das Gehäuse an seiner oberen Stirnseite mittels eines angelenkten Klappdeckels verschließbar und in seinem Inneren mit einer durchbrochenen Halteleiste zur Aufnahme der Werkzeuge versehen ist, dadurch gekennzeichnet, daß außerhalb des Gehäuses (1) und somit getrennt und in einem seitlichen Abstand vom Aufnahmebereich für gereinigte und sterilisierte Werkzeuge angeordnet ein mit mindestens einem Einsteckschlitz für kontaminierte Messer versehener Halteblock (8) vorgesehen ist.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figurendarstellungen aus der Klagepatentschrift zeigen ein Ausführungsbeispiel der Erfindung, und zwar Figur 1 eine perspektivische Darstellung eines geschlossenen Messerhalters, Figur 2 seine Vorderansicht und Figur 3 einen Längsschnitt.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, bietet unter der Typenbezeichnung KMK-2 aus Gitterstäben bestehende käfigartige Messerkörbe mit zwei Bereichen zur Aufnahme von Messern an; ein abschließbarer Klappbügel hält die Messer in ihrer Einstecklage fest.

Zunächst bot die Beklagte zu 1) derartige Messerkörbe mit der Artikelbezeichnung 1.710.01 in einer Ausführungsform an, bei der der Bereich zur Aufnahme sauberer Messer durch eine Trennwand vom „unsauberen“ Bereich getrennt ist (Ausführungs-form I, Anl. K 8 und K 11) und bewarb sie in ihrem Katalog 1996/1997 (Anl. K 8, Seite 18 unten) folgendermaßen:

Nachdem die Klägerin die Beklagte zu 1) aus dem Klageschutzrecht abgemahnt hatte, änderte diese die Ausführungsform und ordnete zwischen den beiden Messer-Aufnahmebereichen ein von einer Spirale umgrenztes Fach zur Aufnahme eines Stechhandschuhs an (Ausführungsform II), sie bietet diese Ausführungsform unter der Artikelbezeichnung 1.711.02 wie in dem nachstehend ausschnittweise wiedergegebenen Prospektblatt gemäß Anl. K 9 gezeigt an (vgl. außerdem Anl. K 12); die hier interessierenden Einzelheiten sind auch aus dem von den Beklagten als Anl. Ax 2 zu den Akten gereichten Musterstück ersichtlich.

Die Klägerin sieht in Anbieten und Vertrieb dieser Messerkörbe eine schuldhafte Verletzung des Klagepatents mit wortsinngemäßen, jedenfalls aber mit teils wortsinngemäßen und teils patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Sie hat vor dem Landgericht geltend gemacht, der breitere bei der Ausführungsform I zur Aufnahme von sieben Messern und bei der Ausführungsform II zur Aufnahme von fünf Messern bestimmte Bereich bilde das im Oberbegriff des Patentanspruches 1 beschriebene Gehäuse, während der schmalere Bereich den im Anspruchskennzeichen vorausgesetzten außerhalb des Gehäuses anzuordnenden Halteblock zur Aufnahme kontaminierter Werkzeuge darstelle. Die Zwischenräume zwischen den Gitterstäben seien die patentgemäß geforderten Durchbrechungen und der Bügel zur Fixierung der Messer der in Anspruch 1 gelehrte Klappdeckel. In der Prospektwerbung für die Ausführungsform II seien zwar beide Bereiche mit sauberen Messern bestückt, gleichwohl könne der abgetrennte Bereich auch mit kontaminierten Messern bestückt werden. Aus dem Hinweis auf einen „unsauberen Bereich“ in der Prospektwerbung für die Ausführungsform I kenne der Benutzer diese Verwendungsmöglichkeit und übertrage sie auf die Ausführungsform II, auch wenn dort der Hinweis auf den „unsauberen Bereich“ fehle.

Die Beklagten haben eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede gestellt und vor dem Landgericht vorgetragen, die beiden Ausführungsformen besäßen die angegriffenen Körbe anstatt eines Gehäuses und eines davon getrennt anzuordnenden Haleblockes für die kontaminierten Messer ein einheitliches in sich geschlossenes Gehäuse, das auch bei der Ausführungsform I von innen in zwei Bereiche aufgeteilt sei; die bei der Ausführungsform II vorhandene Drahtspirale zur Aufnahme eines Stechhandschuhs bewirke keine Trennung und keinen seitlichen Abstand zwischen beiden Messer-Aufnahmebereichen. Da der Stechhandschuh sowohl sauber als auch kontaminiert in das Aufnahmefach gesteckt werden könne, lasse sich dieses sowohl dem sauberen als auch dem unsauberen Bereich zuordnen.

Durch Urteil vom 4. März 1999 (Bl. 95-111 d.A.) hat das Landgericht die Beklagten hinsichtlich der Ausführungsform I zur Unterlassung und zur Rechnungslegung verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadenersatz dem Grunde nach festgestellt; im Umfang des geltend gemachten Anspruchs auf Vernichtung des Messerkorbs nebst Werbemitteln und hinsichtlich der Ausführungsform II hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Käfig bilde das patentgemäß vorausgesetzte Gehäuse, der Klappbügel sei zwar kein Klappdeckel im Wortsinn des Patentanspruches 1, weil er das Gehäuse nicht wie ein Deckel verschließe, benutze die Lehre des Anspruches 1 jedoch mit äquivalenten Mitteln, weil er die in dem Messerhalter untergebrachten Messer oder sonstigen Werkzeuge wie der vorgeschlagene Klappdeckel gegen eine Wegnahme durch Unbefugte oder ein Herausfallen bei Transport oder Reinigung sichere. Der in der Prospektwerbung gemäß Anl. K 8 als unsauberer Bereich bezeichnete Aufnahmebereich für kontaminierte Messer sei zwar kein außerhalb des Gehäuses vorgesehener Halteblock, auch er verwirkliche die Lehre des Patentanspruches 1 jedoch in äquivalenter Form, weil er entsprechend der Lehre des Klagepatentes einen vom Aufnahmebereich für die gereinigten und sterilisierten Messer getrennt angeordneten weiteren Bereich zur Aufnahme kontaminierter Messer bilde, wobei das die gesamte Tiefe des Messerbehälters ausfüllende Trennblech die Gefahr ausschließe, daß unkontaminierte mit kontaminierten Werkzeugen in Berührung kämen. Beide vorbezeichneten Abwandlungen seien aus den Patentansprüchen herleitbar.

Bei der angegriffenen Ausführungsform II gebe es dagegen keine klar voneinander getrennten Aufnahmebereiche für kontaminierte und unkontaminierte Werkzeuge; das Spiralfach gehöre ebenfalls zum Aufnahmebereich, weil der dort einbringbare Stechhandschuh selbst ein aufzunehmendes Werkzeug darstelle, von dem ein in den kleineren Bereich neben der Drahtspirale eingesetztes kontaminiertes Messer nur geringen Abstand habe. Die beanspruchte Vernichtung des gesamten Messerkorbs und der diesbezüglichen Werbemittel sei unverhältnismäßig.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich erfolglos geltend gemachten Ansprüche gegen die gewerbliche Nutzung der Ausführungsform II weiter, während die Beklagten mit ihrer Anschlußberufung auch hinsichtlich der Ausführungsform I Klageabweisung begehren.

Die Klägerin macht in Ergänzung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages geltend: Auch die Ausführungsform II habe einen Halteblock außerhalb des eigentlichen Aufnahmebereichs für gereinigte und sterilisierte Werkzeuge. Die zwischen beiden Bereichen befindliche Spirale zur Aufnahme des Sicherheitshandschuhs sorge für einen seitlichen Abstand von mindestens 5 cm zwischen beiden Messer-Aufnahmebereichen, der hinreichend sicher die Gefahr ausschließe, daß nicht kontaminierte mit kontaminierten Messern in Berührung kommen könnten. Daß zu diesen Werkzeugen auch der Sicherheitshandschuh gehöre, sei unerheblich, weil der Benutzer nicht gezwungen sei, den Sicherheitshandschuh dort einzuführen und, wegen der sehr schlechten Einführbarkeit in aller Regel auch davon absehe. An Arbeitsplätzen, an denen das Tragen von Sicherheitshandschuhen vorgeschrieben sei, sei das Spiralfach leer. Jedenfalls sei eine mittelbare Patentverletzung gegeben, weil die Beklagten Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezögen, zur Benutzung der Erfindung angeboten und geliefert hätten, wobei die Kunden aus der Werbung für die Ausführungsform II wüßten bzw. es aufgrund der vorstehend geschilderten Umstände offensichtlich sei, daß der angegriffene Messerhalter dazu geeignet und bestimmt sei, für die geschützte Erfindung verwendet zu werden. Auch der Vernichtungsanspruch sei gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt,

I.
die Beklagten auch zu verurteilen,

1. es bei Meidung der gesetzlich vorgesehehen Ordnungs-
mittel zu unterlassen,

Messerhalter mit einem flachen, kastenartigen und mit
Durchbrechungen versehenen Gehäuse zur Aufnahme von
in Schlachtereien verwendeten Werkzeugen wie z.B.
Messern, Wetzstählen und Sicherheitshandschuhen, wo-
bei das Gehäuse an seiner oberen Stirnseite mittels
eines angelenkten Klappbügels verschließbar und in
seinem Inneren mit einer durchbrochenen Halteleiste
zur Aufnahme von Werkzeugen versehen ist,

im Geltungsbereich des deutschen Patents 42 00 274
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen
oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen
oder zu besitzen,

bei denen außerhalb des Aufnahmebereichs für ge-
reinigte und sterilisierte Werkzeuge, nämlich durch
eine Drahtspirale getrennt und auf Grund dessen in
einem seitlichen Abstand vom Aufnahmebereich für ge-
reinigte und sterilisierte Werkzeuge ein mit Ein-
steckschlitzen für kontaminierte Messer versehener
Aufnahmebereich vorgesehen ist;

2. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu 1. be-
zeichneten, seit dem 28. Mai 1994 begangenen Handlun-
gen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeug-
nisse sowie der Namen und Anschriften der Herstel-
ler, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach
Bestellnummern und Typenbezeichnungen, Liefermen-
gen und -zeiten und -preisen sowie der Namen und
Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Ange-
botsmengen, -zeiten und -preisen,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Wer-
beträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeit-
raum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüs-
selten Gestehungskosten sowie des erzielten Ge-
winns;

3. die noch in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen,
vorstehend zu 1. bezeichneten Erzeugnisse sowie ent-
sprechende Werbemittel zu vernichten bzw. unkenntlich
zu machen;

II.
festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 28. Mai 1994 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

und im Wege der Anschlußberufung,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage ins-
gesamt abzuweisen.

Auch sie wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen ergänzend geltend: Um eine Kontaminierung reiner Werkzeuge sicher zu vermeiden, verlange das Klagepatent für die kontaminierten Werkzeuge einen in sich geschlossenen Halteblock, der im Gegensatz zum Gehäuse keine Durchbrechungen aufweisen dürfe, um den Austritt an den kontaminierten Messern haftenden Blutes oder kranken Gewebes in das Gehäuse mit den reinen Werkzeugen zu verhindern; hierzu sollten die kontaminierten Messerklingen von den Einsteckschlitzen des Halteblockes abgedeckt und eingekapselt werden. Das könne ein offener Korb, wie er bei den angegriffenen Messerhaltern verwendet werde, nicht leisten. Auch fehle bei beiden Ausführungsformen der ausreichende räumliche Abstand der beiden Messer-Aufnahmebereiche voneinander. Die bei der Ausführungsform I vorgesehene Zwischenwand könne nicht verhindern, daß ein schräg in den Aufnahmeschlitz eingeführtes kontaminiertes Messer den auf der Klinge befindlichen Belag aus Blut und Geweberesten am oberen Rand der Einstecköffnung abstreife, der von dort in den sauberen Bereich abtropfen bzw. abfließen könne. Bei der Ausführungsform II sei das Einsteckfach für den Sicherheitshandschuh zur Vermeidung einer Infektion ungeeignet. Werde der Handschuh getragen, sei der Schacht leer, so daß es zu einer Kettenkontaminierung durch Tröpfcheninfektion kommen könne, wenn die Messer mit einer flüchtigen schnellen Bewegung in den Korb eingeführt würden oder hinunterfielen, nachdem die Spitze in den oberen Schlitz eingeführt worden sei. Erst recht bestehe die Infektionsgefahr, wenn auch der Handschuh kontaminiert sei und so in den Einsteckschacht gesteckt werde.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Anschlußberufung ist zulässig und begründet, während die Berufung zulässig, aber unbegründet ist. Zutreffend ist das Landgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, daß die Ausführungsform II von der Lehre des Klagepatentes keinen Gebrauch macht; entgegen der Auffassung des Landgerichts gilt das jedoch auch für die Messerhalter in der Ausführungsform I.

I.

Das Klagepatent betrifft einen Messerhalter, der in Schlachtereien verwendete Werkzeuge, beispielsweise Messer, Wetzstähle und Sicherheitshandschuhe in einem flachen und kastenartigen Gehäuse aufnimmt, das zu diesem Zweck im Inneren eine durchbrochene Halteleiste aufweist (Merkmale 1 und 2 a bis c und e der nachstehenden Merkmalsgliederung). In solchen Messerhaltern nimmt der Benutzer gereinigte und sterilisierte Werkzeuge zum Arbeitsplatz mit und entnimmt sie dort; nach Arbeitsende werden die benutzten Werkzeuge entweder in einem Sterilisationsbecken oder einer Durchlaufwaschmaschine gereinigt. Damit die Werkzeuge auch während eines solchen Vorganges im Messerhalter verbleiben können, weist das Gehäuse Durchbrechungen auf (Merkmal 2 c), die ein Durchspülen des Gehäuseinneren ermöglichen (vgl. Spalte 3, Zeilen 2-6 der Klagepatentschrift). Um die Messer gegen unbefugte Entnahme oder auf dem Transportweg gegen ein Herausfallen zu sichern, ist das Gehäuse an seiner oberen Stirnseite mit einem angelenkten Klappdeckel verschließbar (Merkmal 2 d). Ein solcher Messerhalter ist aus dem nachstehend abgebildeten Prospektblatt „Messerhalter Typ 2200“ der Klägerin (Anl. K 2) bekannt.

Sind Messer mit kontaminiertem (d.h. vom Veterinär ausnahmsweise übersehenen krankem bzw. infektiösem Gewebe) in Berührung gekommen – die Klagepatentbeschreibung macht hier keinen Unterschied zwischen Schlacht- und Ausweideabteilungen eines Fleischbetriebes einerseits und Zerlegebetrieben andererseits -, darf es nicht weiter benutzt werden, weil sonst auch gesundes Fleisch kontaminiert werden kann. Es darf auch nicht einfach weggelegt und am Arbeitsplatz liegen gelassen werden, denn dann besteht die Gefahr mit sich, daß die Kontaminierung nach einiger Zeit vergessen wird und das Messer ungereinigt erneut zur Bearbeitung des Schlachtgutes verwendet wird. Aus demselben Grund darf ein kontaminiertes Messer auch nicht einfach wieder in den aus dem Stand der Technik bekannten Messerhalter zurückgesteckt werden. Das brächte überdies auch die Gefahr mit sich, daß saubere und gegebenenfalls sterilisierte Messer oder andere Werkzeuge mit dem kontaminierten Messer in Berührung kommen (Spalte 1, Zeilen 64-67; Spalte 2, Zeilen 8-10 der Klagepatentschrift), und es besteht die Gefahr, daß der Benutzer nicht mehr oder nur unter großen Schwierigkeiten noch erkennen kann, welche im Messerhalter befindlichen Messer nun sauber bzw. weiterverwendbar und welche kontaminiert sind. Aus allen diesen Gründen mußte bislang ein kontaminiertes Messer sofort, d.h. noch während des normalen Arbeits- bzw. Produktionsbetriebes gereinigt und desinfiziert werden. Hierzu muß der Benutzer seine Arbeit unterbrechen und ein Sterilisationsbecken aufsuchen. Der hierzu erforderliche zusätzliche Arbeitsaufwand stört jedoch den Arbeitsablauf (Spalte 1, Zeilen 27, 28 der Klagepatentschrift).

Daraus ergibt sich das in der Klagepatentschrift angegebene der Erfindung zugrundeliegende technische Problem, einen Messerhalter der vorbeschriebenen Art so zu gestalten, daß er auch kontaminierte Messer aufnehmen kann, ohne daß dabei die Gefahr besteht, daß saubere und gegebenenfalls sterilisierte Messer oder andere Werkzeuge mit den kontaminierten Werkzeugen in Berührung kommen (Spalte 1, Zeilen 61-67 der Klagepatentschrift).

Zur Lösung dieses Problems wird in Anspruch 1 des Klagepatentes ein Messerhalter mit folgenden Merkmalen vorgeschlagen:

1. Der Messerhalter weist ein Gehäuse zur Aufnahme in
Schlachtereien verwendeter Werkzeuge wie z.B.
Messer, Wetzstähle und Sicherheitshandschuhe auf;

2. das Gehäuse ist

a) flach,

b) kastenartig,

c) mit Durchbrechungen versehen,

d) an seiner oberen Stirnseite mittels eines ange-
lenkten Klappdeckels verschließbar und

e) in seinem Inneren mit einer durchbrochenen Halte-
leiste zur Aufnahme der Werkzeuge versehen.

3. Es ist ein Halteblock vorgesehen, der

a) außerhalb des Gehäuses und somit getrennt und in
einem seitlichen Abstand vom Aufnahmebereich für
gereinigte und sterilisierte Werkzeuge angeordnet
und

b) mindestens mit einem Einsteckschlitz für konta-
minierte Messer versehen ist.

Damit Berührungen zwischen kontaminierten und unkontaminierten Werkzeugen zuverlässig vermieden werden, besteht der patentgemäße Messerhalter aus zwei separaten und voneinander im Abstand und getrennt angeordneten und auch unterschiedlich ausgebildeten Elementen, nämlich dem in Merkmal 1 und der Merkmalsgruppe 2 angesprochenen Gehäuse, das die reinen und gegebenenfalls auch die benutzten, aber unkontaminierten und wiederverwendbaren Werkzeuge aufnimmt, und einen hiervon zu unterscheidenden Halteblock zur Aufnahme kontaminierter Werkzeuge, von dem Merkmal 3 ausdrücklich sagt, er solle außerhalb des Gehäuses angeordnet sein und gleichzeitig angibt, was mit „außerhalb“ des Gehäuses gemeint ist, nämlich „getrennt und in einem seitlichen Abstand vom Aufnahmebereich für gereinigte und sterilisierte Werkzeuge“. Der Begriff „Halteblock“ vermittelt dem angesprochenen Durchschnittsfachmann schon vom allgemeinen Wortsinn her die Vorstellung von einem relativ massiven materialeinheitlichen und blockähnlichen Gebilde, das die kontaminierten Messer mittels der in Merkmal 3 b angesprochenen Einsteckschlitze umschlossen halten soll (vgl. auch Spalte 2, Zeilen 4-7 und 53-58 der Klagepatentschrift), die vorzugsweise entsprechend dem Vorschlag des Unteranspruches 10 (vgl. auch Spalte 3, Zeilen 21-23 der Klagepatentschrift) den Halteblock vollständig durchtreten, um die Reinigung der Schlitze erheblich zu erleichtern, wenn nicht gar erst zu ermöglichen. Diese Einsteckschlitze sind nicht dem gleichzusetzen, was das Merkmal 2 c in bezug auf das Gehäuse mit „Durchbrechungen“ bezeichnet. Die Merkmalsgruppe 2 beschreibt das, was bereits der Stand der Technik gemäß dem bereits erwähnten Prospektblatt „Messerhalter Typ 2200“ zeigt, über den auch der übrige in der einleitenden Patentbeschreibung erörterte Stand der Technik nicht hinausgeht. Hiervon soll sich der Halteblock für die kontaminierten Messer deutlich unterscheiden. Durchbrechungen sieht das Klagepatent dementsprechend nur in bezug auf Gehäuse,Rückwand und Klappdeckel vor. Weitere Einzelheiten, wie der Halteblock im übrigen ausgestaltet werden kann, überläßt Anspruch 1 des Klagepatentes dem Fachmann, der allerdings die Ausführungen in der Problemstellung und in den Vorteilsangaben der Klagepatentschrift beachten muß, schon die Gefahr solle ausgeschlossen sein, daß saubere bzw. nicht kontaminierte Werkzeuge mit kontaminierten Messern in Berührung kommen (Spalte 1, Zeilen 64, 65; Spalte 2, Zeilen 7-10). Das Klagepatent beschreibt zwei verschiedene bevorzugte Möglichkeiten einer Anordnung des Halteblockes, nämlich einmal die Anordnung von Gehäuse und Halteblock nebeneinander an einer gemeinsamen Rückwand – dann wird die Trennung der beiden Aufnahmebereiche sowohl durch die benachbarte Seitenwand des Gehäuses als auch durch eine etwa vorhandene Seitenwand des Halteblockes bewerkstelligt (vgl. auch Anspruch 3) oder die in den Unteransprüchen 8 und 9 beschriebene Befestigung des Halteblockes an einer Seitenwand des Gehäuses, die dann auch die Aufnahmebereiche voneinander trennt (vgl. Spalte 3, Zeilen 28-36 der Klagepatentschrift). Wie groß der seitliche Abstand von Gehäuse und Halteblock ist, überläßt Merkmal 3 a grundsätzlich dem Fachmann; die Trennung der beiden Bereiche muß allerdings gewährleisten, daß Verwechslungen praktisch ausgeschlossen sind. Auch wenn der Halteblock an einer Seitenwand des Gehäuses befestigt ist und mit diesem auch die Rückwand und den Klappdeckel gemeinsam haben kann, wie dies den Unteransprüchen 2, 3 und 11 sowie der Beschreibung in Spalte 2, Zeilen 51-55; 3, Zeilen 17-20 und 24-27 zu entnehmen ist, ist die Vorgabe des Merkmals 3 a den Halteblock als ein separates Teil gegenüber dem Gehäuse auszubilden (vgl. auch Spalte 3, Zeilen 30 und 31), deshalb ernst zu nehmen. Aus den genannten Aussagen der Patentbeschreibung entnimmt der Fachmann zwar, daß der in Merkmal 3 a geforderte seitliche Abstand keinen Mindestzwischenraum zwischen den Außenwänden des Gehäuses und des Halteblockes vorgibt und diese Wände auch aneinander stoßen können; die Anweisung, den Halteblock außerhalb des Gehäuses und somit getrennt, also separat anzuordnen, widerspricht jedoch der Annahme, der Halteblock könne ein bloßes Abteil innerhalb des Gehäuses sein, das beispielsweise durch eine Trennwand oder sogar nur durch eine mehr oder weniger deutliche Markierung für den Benutzer kenntlich gemacht werden kann. Dem Durchschnittsfachmann ist zwar klar, daß man ein Gehäuse mit Hilfe einer entsprechenden Unterteilung und seitlicher Beabstandung der Aufnahmebereiche so herrichten kann, daß von einmal in das entsprechende Abteil eingesteckten kontaminierten Messern keine Gefahr mehr für die im anderen, den Rein-Bereich bildenden Abteil steckenden sauberen Messer und Werkzeuge ausgeht. Es ist jedoch nicht allein die Beseitigung dieser Gefahr, die das Klagepatent mit der Vorgabe eines Halteblocks für die kontaminierten Messer anstrebt. Die Gefahr, daß saubere und gegebenenfalls sterilisierte Messer oder andere Werkzeuge mit den kontaminierten Messern in Berührung kommen können, ist vor allem dann besonders hoch, wenn dem Benutzer des Messerhalters die Aufnahmebereiche für saubere Messer einerseits und kontaminierte Messer andererseits als nicht genügend unterscheidbar gegenübertreten. Dieser Gefahr begegnet Anspruch 1 des Klagepatentes durch eine ganz besondere Ausgestaltung des Aufnahmebereiches für kontaminierte Messer, indem es seine Ausbildung als separaten vom Gehäuse deutlich unterscheidbaren Halteblock vorschreibt, dessen Einsteckschlitze die einzigen Öffnungen zur Aufnahme der kontaminierten Messer darstellen. Die Aufnahmebereiche für saubere Messer einerseits und kontaminierte Messer andererseits sind damit gleichzeitig so hergerichtet, daß der Benutzer sie auch unter Zeitdruck nicht miteinander verwechseln kann. In die Einsteckschlitze können die Messer nur mit größerer Sorgfalt eingeführt werden; verfehlt der Benutzer den Schlitz, stößt er mit der Klingenspitze auf massive Bereiche des Halteblockes und ist dann gezwungen, genauer hinzusehen, um einen freien Einsteckschlitz für das kontaminierte Messer zu finden. Daß Halteblock und Gehäuse von einem gemeinsamen Klappdeckel überdeckt werden können, ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein Hinweis darauf, daß der Halteblock ebenso wie das Gehäuse ausgestaltet oder gar nur eine abgetrennte Abteilung des Gehäuses bilden könnte. Selbst wenn ein solcher Klappdeckel vorgesehen ist, bietet er keine den Benutzer zum genauen Hinsehen beim Einstecken des Messers zwingende Sicherung mehr, solange er während der Arbeit geöffnet bleibt oder durch das in den Messerhalter zurückzusteckende gebrauchte Messer ohne genaues Hinsehen angehoben und geöffnet werden kann. Auch dann bedarf es einer Sicherung durch die Ausgestaltung des Halteblockes als grundsätzlich massives Gebilde mit Einsteckschlitzen, der zusätzlich räumlich separat und getrennt vom Gehäuse – dem „Rein-Bereich“ – vorzusehen ist.

II.

Von dieser Lehre machen die angegriffenen Messerhalter in keiner der beiden Ausführungsformen Gebrauch. Beide weisen nur ein in mehrere Bereiche unterteiltes einheitliches Gehäuse auf. Daß dies die technische Lehre des Merkmals 3 a nicht wortsinngemäß verwirklicht, weil es an einem Halteblock fehlt, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt auf die entsprechenden Darlegungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Soweit das Landgericht jedoch der Meinung ist, die Ausführungsform I verwirkliche das Merkmal 3 a mit

patentrechtlich äquivalenten Mitteln, vermag der Senat ihm nicht zu folgen. Das bei ihr vorhandene in einen „sauberen“ und einen „unsauberen“ Bereich unterteilte Gehäuse ist keine Abwandlung, die die gleichen Wirkungen erzielt wie der in Merkmal 3 a vorausgesetzte Halteblock. Die Trennwand sichert zwar die im Rein-Bereich befindlichen Messer zuverlässig gegen eine Berührung mit bereits eingesteckten kontaminierten Messern, kann aber nicht verhindern, daß bei nur flüchtigem Hinsehen die Aufnahmebereiche miteinander verwechselt werden und versehentlich ein kontaminiertes Messer in den Aufnahmebereich für unkontaminierte Werkzeuge gesteckt wird.

Nichts anderes gilt für die auch vom Landgericht für nicht patentverletzend gehaltene Ausführungsform II. Die bei ihr an der Grenze der beiden Aufnahmebereiche vorhandene Spirale zur Aufnahme eines Sicherheitshandschuhs mag zwar einen ausreichenden räumlichen Abstand zwischen den Messeraufnahmebereichen schaffen, der verhindert, daß die eingesteckten kontaminierten Messer mit den im anderen Bereich befindlichen unkontaminierten Messern in Berührung kommen, auch diese Ausführungsform bietet aber anders als der im Klagepatent gelehrte Halteblock keine Sicherheit dagegen, daß kontaminierte Messer versehentlich in den „Rein-Bereich“ gesteckt werden können.

III.

Als unterlegene Partei hat die Klägerin gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen; soweit sie mit ihrer Berufung auch weiterhin die Ausführungsform II angegriffen hat, ergibt sich diese Rechtsfolge aus § 97 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 und 108 Abs. 1 S. 1 ZPO.