4a O 285/06 – Kunststoff-Schalenteil-Gepäckstück

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 625

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Oktober 2007, Az. 4a O 285/06

Rechtsmittelinstanz: 2 U 113/07

I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
Gepäckstücke aus Kunststoff-Schalenteilen die längs einer Kante der einander zugewandten freien Ränder über ein Scharnier verbunden sind und die eine Schließeinrichtung zum Halten der Schalenteile in der Schließstellung aufweisen, wobei die Schalenteile aus einem dünnen, flexiblen Kunststoffmaterial gebildet sind, mittels eines Reißverschlusses verbunden sind,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die vorstehenden Ränder der Schalenteile von einem Keder eingefasst sind bzw. im Bereich des vom Bodenteil vorstehenden Randes der Vortasche ein Keder angelegt ist und bei denen der Reißverschluss Seitenteile aufweist, die mit den Kedern verbunden und mit den Rändern vernäht sind, und wobei mindestens ein Schalenteil mit mindestens einem gegenüber der Bodenfläche des mindestens einen Schalenteils nach außen vorstehenden, umlaufenden, die Fläche einer Vortasche umgrenzenden Rand ausgebildet ist, der mittels eines Reißverschlusses mit einem Deckel zur Bildung einer Vortasche verbunden ist.

2.
der Klägerin unter Vorlage der zugehörigen Belege Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 02.10.2004 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und –zeiten, oder bei Fremdbezug: der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei sich die Verpflichtung zur Belegvorlage nur bezieht
auf die Angaben zu a),
auf die Angaben zu b) mit Ausnahme der Lieferzeiten und –preise und nur soweit gewerbliche Abnehmer betroffen sind, und
auf die Angaben zu c) mit Ausnahme der Angebotszeiten und –preise, und
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Empfänger von Angeboten einem Wirtschaftsprüfer zu überlassen, wenn sie ihn ermächtigen, der Klägerin Auskunft darüber zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der ihm vorliegenden Liste enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 02.10.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

V.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des Gebrauchsmusters DE 201 22 xxx (Klagegebrauchsmuster) auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagegebrauchsmusters, das am 16.02.2001 angemeldet und am 29.07.2004 eingetragen wurde. Die Eintragung wurde am 02.09.2004 bekannt gemacht. Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft.

Das Klagegebrauchsmuster bezieht sich auf ein Gepäckstück. Der von der Klägerin geltend gemachten Gebrauchsmusteranspruch 1 lautet wie folgt:
Gepäckstück aus Kunststoff-Schalenteilen (2, 4), die längs einer Kante der einander zugewandten freien Ränder (9) über ein Scharnier (5) verbunden sind und die eine Schließeinrichtung zum Halten der Schalenteile (2, 4) in der Schließstellung aufweisen, wobei die Schalenteile (2, 4) aus einem dünnen, flexiblen Kunststoffmaterial gebildet und mittels eines Reißverschlusses (16) verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass, dass die vorstehenden Ränder (9, 28, 32) der Schalenteile (2,4 ) von einem Keder (18, 20) eingefasst sind und dass der Reißverschluss (16) Seitenteile (15, 17) aufweist, die mit den Kedern (18, 20) verbunden und mit den Rändern (28, 32) vernäht sind.

Auf Seite 2, Spalte 2, Zeilen 5-9 der Klagegebrauchsmusterschrift (Anlage K1) heisst es:
„Bei mindestens einem Schalenteil kann mindestens ein nach außen vorstehender, umlaufender, eine Fläche umgrenzender Rand ausgebildet sein, der mittels eines Reißverschlusses mit einem Deckel zur Bildung einer Vortasche verbunden ist.“
Die Klägerin nimmt diese Merkmale in den von ihr geltend gemachten Klageantrag auf. Wegen der lediglich „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 2, 3, 9 und 10 wird auf die Klageschrift verwiesen.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagegebrauchsmusterschrift stammen. Figur 1 zeigt eine Ansicht der Hauptfläche eines Gepäckstücks. Figur 2 zeigt eine Seitenansicht des Gepäckstücks. Figur 3 zeigt ein Formteil, aus dem ein Seitenteil und ein Deckel gebildet wird. Figur 4 zeigt eine vergrößerte Darstellung des Ausschnittes IV-IV in Figur 2.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Gepäckstücke bestehend aus Kunststoff-Schalenteilen unter der Bezeichnung „A“ und „B by A“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Die Klägerin hat als Anlage K5 ein Muster der angegriffenen Ausführungsform zur Akte gereicht. Das nachfolgend wiedergegebene Lichtbild zeigt, wie die Kante eines Schalenteils in dem Bereich ausgestaltet ist, in dem es auf das andere Schalenteil trifft, welches die andere Hälfte des Koffers bildet. Durch den links im Bild zu sehenden Reißverschluss sind die beiden Schalenteil-Hälften miteinander verbunden (Anlage K6).

Das nachfolgend wiedergegebene Lichtbild zeigt einen Ausschnitt der auf einer Schalenteil-Hälfte angeordneten Vortasche im geöffneten Zustand (Anlage K7):

Zunächst haben die Beklagten behauptet, bei der angegriffenen Ausführungsform sei die Kofferschale im Bereich der Vortasche tiefgezogen. Auf dem tiefgezogenen Boden sei durch Nieten ein separater schalenförmiger Boden-Einsatz befestigt. Aufgrund einer näheren Inaugenscheinnahme des als angegriffene Ausführungsform vorgelegten Musters gemäß Anlage K5 ist in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt worden, dass bei der angegriffenen Ausführungsform der Boden der Vortasche einstückig mit derjenigen Schalenteil-Hälfte verbunden ist, an der sich die Tasche befindet. Die Schalenteil-Hälfte ist in diesem Bereich tiefgezogen. Vom Boden der Vortasche führt eine etwa senkrecht stehende Wand zu einem mit einer Treppenstufe vergleichbaren Absatz. Die sich an die „Treppenstufe“ anschließende, nach oben stehende Wand geht in das Schalenteil über. Auf der „Treppenstufe“ und an der in das Schalenteil übergehenden Wand ist ein Keder vernäht. Folgende Skizze, die derjenigen entspricht, die in der mündlichen Verhandlung Gegenstand der Erörterung war, gibt die Verhältnisse wieder:

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagegebrauchsmuster wortsinngemäß, jedenfalls aber äquivalent. Das Schalenteil sei mit einem nach außen vorstehenden Rand ausgebildet. Dieser Rand könne in der vorstehenden Skizze in dem Bereich (a) gesehen werden, denn dieser Bereich stehe gegenüber der Bodenfläche nach außen vor und sei umlaufend ausgebildet. An diesem Bereich liege auch ein Keder an. Alternativ könne auch der Bereich (b) als der nach außen vorstehende Rand angesehen werden; dieser rage senkrecht von der Bodenfläche ab. Durch eine solche Ausführung werde die Funktion des Randes, nämlich die Umgrenzung der Vortasche, erfüllt. Dass in diesem Bereich (b) kein Keder angebracht sei, sei unerheblich, denn das Klagegebrauchsmuster verlange nicht, dass der Rand, der die Fläche der Vortasche umgrenze, von einem Keder eingefasst sei. Nach dem Klagegebrauchsmuster müssten nur diejenigen Ränder von einem Keder eingefasst sein, die nach innen ragten, das heißt in den Bereich, wo beide Schalenteil-Hälften aufeinander treffen und mit einem Reißverschluss verbunden sind.

Die Klägerin beantragt,
I.
die Beklagten zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
Gepäckstücke aus Kunststoff-Schalenteilen die längs einer Kante der einander zugewandten freien Ränder über ein Scharnier verbunden sind und die eine Schließeinrichtung zum Halten der Schalenteile in der Schließstellung aufweisen, wobei die Schalenteile aus einem dünnen, flexiblen Kunststoffmaterial gebildet sind, mittels eines Reißverschlusses verbunden sind,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die vorstehenden Ränder der Schalenteile von einem Keder eingefasst sind und bei denen der Reißverschluss Seitenteile aufweist, die mit den Kedern verbunden und mit den Rändern vernäht sind, und wobei mindestens ein Schalenteil mit mindestens einem nach außen vorstehenden, umlaufenden, die Fläche einer Vortasche umgrenzenden Rand ausgebildet ist, der mittels eines Reißverschlusses mit einem Deckel zur Bildung einer Vortasche verbunden ist.

2.
der Klägerin unter Vorlage der zugehörigen Belege Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 02.10.2004 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und –zeiten, oder bei Fremdbezug: der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
–preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen, Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und
des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Empfänger von Angeboten einem Wirtschaftsprüfer zu überlassen, wenn sie ihn ermächtigen, der Klägerin Auskunft darüber zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der ihm vorliegenden Liste enthalten ist.

II.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 02.10.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
der Klägerin nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleitung abzuwenden.

hilfsweise,
I.
die Beklagten zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
Gepäckstücke aus Kunststoff-Schalenteilen die längs einer Kante der einander zugewandten freien Ränder über ein Scharnier verbunden sind und die eine Schließeinrichtung zum Halten der Schalenteile in der Schließstellung aufweisen, wobei die Schalenteile aus einem dünnen, flexiblen Kunststoffmaterial gebildet sind, mittels eines Reißverschlusses verbunden sind,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die vorstehenden Ränder der Schalenteile von einem Keder eingefasst sind und bei denen der Reißverschluss Seitenteile aufweist, die mit den Kedern verbunden und mit den Rändern vernäht sind, und wobei mindestens ein Schalenteil mit mindestens einem gegenüber der Bodenfläche des mindestens einen Schalenteils nach außen vorstehenden, umlaufenden, die Fläche einer Vortasche umgrenzenden Rand ausgebildet ist, der mittels eines Reißverschlusses mit einem Deckel zur Bildung einer Vortasche verbunden ist.

2.
der Klägerin unter Vorlage der zugehörigen Belege Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 02.10.2004 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und –zeiten, oder bei Fremdbezug: der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
–preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der
Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen, Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und
des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Empfänger von Angeboten einem Wirtschaftsprüfer zu überlassen, wenn sie ihn ermächtigen, der Klägerin Auskunft darüber zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der ihm vorliegenden Liste enthalten ist.

II.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 02.10.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
der Klägerin nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleitung abzuwenden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, die Klägerin mache einen unzulässig erweiterten Gebrauchsmusteranspruch geltend. Der gestellte Antrag beziehe sich auf den Unteranspruch 4 des Klagegebrauchsmusters, sei aber weiter gefasst als dieser. Im Übrigen stehe bei der angegriffenen Ausführungsform der Rand nicht – ausgehend vom Schalenteil – nach außen vor, wie es das Klagegebrauchsmuster erfordere. Statt dessen sei das Schalenteil nach unten zum Boden der Vortasche hin tiefgezogen ausgebildet. Der Bereich (b), der vom Boden der Vortasche hochführe, könne im Übrigen schon deshalb nicht als der vom Klagegebrauchsmuster geforderte nach außen stehender Rand angesehen werden, weil er nicht von einem Keder eingefasst sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und mit dem Hilfsantrag begründet.
Die Klägerin kann von den Beklagten Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunft und Schadensersatz aus §§ 24 Abs. 1, 2, 24b Abs. 1, 2 GebrMG; §§ 242, 259 BGB verlangen. Die Ausführungsform macht von der Lehre des Gebrauchsmusters, die in dem Gebrauchsmusteranspruch 1 in Verbindung mit dem auf Seite 2, Spalte 2, Zeilen 5-9 der Klagegebrauchsmusterschrift (Anlage K1) enthaltenen Merkmal enthalten ist, nach den Grundsätzen gebrauchsmusterrechtlicher Äquivalenz Gebrauch, ohne dass die Beklagten dazu berechtigt sind (§ 11 Abs. 1 GebrMG).

I.
Der Klageantrag ist in der Form wie die Klägerin ihn gestellt hat, nicht zu beanstanden. Zu Unrecht kritisieren die Beklagten, die Klägerin stütze sich auf den Unteranspruch 4, führe aber nicht sämtliche Merkmale dieses Unteranspruchs auf. Tatsächlich stützt die Klägerin ihre Klageanträge nicht auf den Unteranspruch 4. Vielmehr macht sie den Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in abgewandelter Form geltend, indem sie die Merkmale gemäß Merkmalsgruppe 4 hinzufügt, die sie der Beschreibung entnimmt. Die Merkmale, die die Klägerin in die Merkmalsgruppe 4 aufgenommen hat, sind wörtlich auf Seite 2, Spalte 2, Zeilen 5-9 der Klagegebrauchsmusterschrift enthalten. Die Klägerin kann diese Merkmale daher in den Klageantrag aufnehmen und dadurch den Schutzanspruch 1 entsprechend eingeschränkt geltend machen. Daran ist die Klägerin auch nicht etwa deshalb gehindert, weil sie den in dieser Form eingeschränkten Schutzanspruch – soweit ersichtlich – bisher nicht beim Patentamt eingereicht hat. Auch eingeschränkte Schutzansprüche, die nicht zu den Unterlagen des Gebrauchsmusters gemacht wurden, können zur Grundlage eines Klageantrags gemacht werden (BGH GRUR 2003, 867, 868 – Momentanpol).

II.
1.
Das Klagegebrauchsmuster betrifft ein Gepäckstück aus zwei Schalenteilen aus Kunststoff. In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass Gepäckstücke aus zwei Schalenteilen aus Kunststoff bestehen könnten, die über ein Scharnier miteinander verbunden seien und die eine Schließvorrichtung aufwiesen. Es seien Gepäckstücke aus Textilmaterialien bekannt, die jedoch den Nachteil aufwiesen, dass sie weniger robust seien und in erhöhtem Maße verschleissanfällig seien. Allerdings hätten Gepäckstücke aus Textilmaterialien den Vorteil, dass sie ein geringes Gewicht aufwiesen und mit Taschenelementen versehen werden könnten. Im Vergleich dazu seien Gepäckstücke aus ABS-Schalenteilen, zwar robuster und weniger verschleissanfällig, allerdings seien sie schwerer und es könnten an den Außenseiten keine Taschen vorgesehen werden.
Als Stand der Technik nennt die Klagegebrauchsmusterschrift die DE 195 31 362. Diese Druckschrift beschreibt einen Koffer mit zwei schwenkbar verbundenen Schalenhälften, die einen Schaleninnenraum begrenzen. Auf der Außenseite der beiden Schalenhälften ist ein sich parallel zum Schaleninnenraum erstreckender separater Taschenraum aus flexiblem Material angeordnet. An diesem Stand der Technik kritisiert das Klagegebrauchsmuster als nachteilig, dass die von außen erreichbaren separaten Taschenräume sehr groß ausgebildet seien, so dass ein Verstauen von Kleinutensilien in ihnen nur schwierig möglich sei.

Dem Klagegebrauchsmuster liegt vor diesem Hintergrund das Problem zu Grunde, ein Gepäckstück aus Kunststoffschalenteilen zu bilden, das einerseits ein geringes Gewicht aufweist und mit Aufsatztaschen versehen werden kann und andererseits robust und wenig verschleissanfällig ist.

Dies soll durch den Klagegebrauchsmusteranspruch 1 erreicht werden, der folgende Merkmale aufweist:
1. Gepäckstück aus Kunststoff-Schalenteilen (2, 4), die
längs einer Kante der einander zugewandten freien Ränder (9) über ein Scharnier (5) verbunden sind
eine Schließeinrichtung zum Halten der Schalenteile (2, 4) in der Schließstellung aufweisen,
aus einem dünnen, flexiblen Kunststoffmaterial gebildet sind,
mittels eines Reißverschlusses (16) verbunden sind,
2. die vorstehenden Ränder (9, 28, 32) der Schalenteile (2,4 ) sind von einem Keder (18, 20) eingefasst,
3. der Reißverschluss (16) Seitenteile (15, 17) auf,
die mit den Kedern (18, 20) verbunden und
mit den Rändern (28, 32) vernäht sind,

Aus der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters (Seite 2, Spalte 2, Zeilen 5-9) leitet die Klägerin ferner folgendes zusätzliches Merkmal ab:

4. mindestens ein Schalenteil (2, 4) ist mit einem außen vorstehenden, umlaufenden Rand ausgebildet,
der Rand (28) umgrenzt die Fläche einer Vortasche (6),
der Rand (28) ist mittels eines Reißverschlusses (16) mit einem Deckel (8) zur Bildung einer Vortasche (6) verbunden.

2.
Eine wortsinngemäße Verletzung – wie von der Klägerin mit dem Hauptantrag geltend gemacht – liegt nicht vor, weil die angegriffene Ausführungsform keinen „nach außen vorstehenden, umlaufenden Rand“ im Sinne des Merkmals 4 aufweist.

a)
Der Fachmann versteht den Begriff des „nach außen vorstehenden Randes“ dahingehend, dass dieser Rand von der äußeren Fläche des Schalenteils abstehen muss. Dass das Klagegebrauchsmuster als Bezugspunkt für das Vorstehen nach außen die äußere Fläche des Schalenteils ansieht, ergibt sich zum einen aus einer Betrachtung des Merkmals 4.1, das den Rand 28 näher dahingehend beschreibt, dass er die Fläche einer Vortasche umgrenzen soll. Daraus ist ersichtlich, dass sich die Vortasche aus der Ebene des Schalenteils hervorheben soll; dabei soll die äußere, seitliche Umgrenzung von dem aus dem Schalenteil herausragenden Rand gebildet werden. Zum anderen folgt dies daraus, dass das Klagegebrauchsmuster es sich zur Aufgabe macht, ein Gepäckstück mit „Aufsatztaschen“ (Absatz [0005]) zu schaffen. Dies legt nahe, dass die Tasche auf die äußere Ebene des Schalenteils aufgesetzt werden soll, was für den Rand 28 bedeutet, dass er aus der äußeren Ebene des Schalenteils herausragen muss.
Darüber hinaus wird der Fachmann bei der Auslegung des Merkmals des „nach außen vorstehenden Randes“ den Unteranspruch 4 heranziehen. Dieser gibt dem Fachmann eine deutliche Präzisierung dieses Merkmals an die Hand, indem er den zunächst allgemein als „nach außen vorstehenden Rand“ näher beschreibt mit den Worten „… dass (…) auf der äußeren Hauptfläche eines Schalenteils (2, 4) mindestens ein umlaufender Rand (28) von der äußeren Hauptfläche eines Schalenteils (2, 4) absteht“. An dieser Stelle wird ausdrücklich die äußere Hauptfläche des Schalenteils als Bezugspunkt für das Vorstehen ebendiesen Randes nach außen benannt.
Schließlich bestärken auch sämtliche, im Klagegebrauchsmuster aufgeführten Ausführungsbeispiele den Fachmann in dem Verständnis, dass der Rand 28 ausgehend von der Außenfläche des Schalenteils abragen soll. Denn in allen Ausführungsbeispielen ist bei der Bildung der Vortasche vorgesehen, dass der Rand 28 aus der äußeren Ebene des Schalenteils nach außen hervorragt. So wird eine besonders bevorzugte Ausführungsform derart hergestellt, dass das Schalenteil einstückig mit dem Deckel ausgeformt wird und der Deckel dann in einem zweiten Schritt entlang einer Trennungslinie 26 von dem Formteil abgeschnitten wird, so dass ein vorstehender Rand am Schalenteil stehen bleibt (Absatz [0013]). Diese Ausführungsform ist in Figur 3 illustriert. Hier ist klar erkennbar, dass der Rand 28 aus der Ebene des Schalenteils herausragt.
Aber auch bei alternativen Ausführungsformen wird ein solches Herausragen beschrieben. So heisst es in Absatz [0031], dass man das Formteil auch einstückig mit dem Bodenteil 22 herstellen kann. Auch bei diesem Formteil soll dann aber zusätzlich ein nach außen vorstehender Rand ausgeformt werden. Im Unterschied zur Figur 3 wären bei diesem Formteil also all diejenigen Teile bereits einstückig ausgeformt, die in Figur 3 unterhalb der Trennungslinie zu sehen sind. Auf den aus der Ebene des äußeren Schalenteils herausragenden Rand wird auch hier also nicht verzichtet.

b)
Bei der angegriffenen Ausführungsform ist die Vortasche nach innen in das äußere Schalenteil eingelassen, das heißt, es ist in dem Schalenteil eine innenliegende Vertiefung ausgebildet. Ein Rand, der aus der äußeren Ebene des bei der angegriffenen Ausführungsform als grauer Kunststoff ausgebildeten Schalenteils abragen würde, ist nicht vorhanden, so dass Merkmal 4 wortsinngemäß nicht erfüllt ist.

3.
Die angegriffene Ausführungsform verletzt jedoch den geltend gemachten Gebrauchsmusteranspruch nach den Grundsätzen gebrauchsmusterrechtlicher Äquivalenz, so dass dem Hilfsantrag stattzugeben war. Ebenso wie im Patentrecht setzt Äquivalenz im Gebrauchsmusterrecht voraus, dass die vom Wortsinn des Gebrauchsmusteranspruchs abweichende Ausführung das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden. Darüber hinaus müssen die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Gebrauchsmusteranspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (zu dem Gleichlauf von Patent- und Gebrauchsmusterrecht vgl. BGH NJW 3208, 3210 – Demonstrationsschrank; zu den Voraussetzungen der Äquivalenz: BGH, Urteil vom 13.02.2007, X ZR 74/05 – Kettenradanordnung; BGH GRUR 2006, 313 – Stapeltrockner; BGH GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil; BGH GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; BGH GRUR 2002, 519 – Schneidmesser II; BGH GRUR 2002, 523 – Custodiol I; BGH GRUR 2002, 527, 529 – Custodiol II; OLG Düsseldorf Mitt. 2005, 449, 452 – Monoklonaler Maus-Antikörper).
Diese Voraussetzungen sind bei der angegriffenen Ausführungsform erfüllt.

a)
Die Kammer folgt insofern zwar nicht den rechtlichen Ausführungen, die die Klägerin selbst zur Begründung der Äquivalenz schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat.

(1)
So kann – entgegen dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – nicht etwa derjenige Bereich als äquivalentes Austauschmittel angesehen werden, der in der obigen Skizze mit „Bereich (a)“ bezeichnet wurde. Dieser Bereich erfüllt nicht die gleiche Funktion wie ein von der äußeren Hauptfläche der Schalenteile nach außen vorstehender Rand, so dass es insofern an der Gleichwirkung fehlt. Welche Funktion das Merkmal 4 erfüllen soll, geht unmittelbar aus dem Gebrauchsmusteranspruch, insbesondere aus Merkmal 4.1, hervor. Danach soll der Rand die Fläche einer Vortasche umgrenzen. Daraus ergibt sich, dass der Rand unmittelbar die seitliche Begrenzung der Vortasche bilden soll. Um diese seitliche Umgrenzung bilden zu können, muss der Rand aus der Ebene, die die Vortasche bodenseitig begrenzt, hervor ragen. Ein umlaufender Bereich, der sich ausgehend von der Fläche der Vortasche in seitlicher Richtung nach außen erstreckt, kann daher kein gleichwirkendes Austauschmittel darstellen.

(2)
Auch kann der in der Skizze mit „Bereich (b)“ bezeichnete Bereich nicht als ein äquivalentes Austauschmittel für den nach außen vorstehenden Rand angesehen werden, wie die Klägerin alternativ in der mündlichen Verhandlung argumentiert hat. Zwar ragt dieser Bereich aus der Ebene der Vortasche hervor, so dass die Funktion dieses Merkmals, die Fläche der Vortasche zu umgrenzen, von diesem Austauschmittel erfüllt wird.
Würde man jedoch allein den Bereich (b) als das Austauschmittel ansehen, dann könnte eine äquivalente Verletzung des Klagegebrauchsmusters jedenfalls deshalb nicht angenommen werden, weil dann das Merkmal 2 nicht erfüllt wäre. Hierauf haben die Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Recht hingewiesen. Merkmal 2 verlangt, dass die vorstehenden Ränder der Schalenteile von einem Keder eingefasst sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin bezieht sich Merkmal 2 nicht nur auf diejenigen Ränder der Schalenteile, die nach innen, also in Richtung der Verbindung zwischen den beiden Schalenhälften, weisen (vgl. die Ränder mit der Bezugsziffer 9 in Figur 3 des Klagegebrauchsmusters). Vielmehr wird durch das Merkmal 2 auch vorgegeben, dass die Ränder, die die Vortasche bilden, also etwa auch der hier streitige Rand 28, jeweils von Kedern eingefasst sein müssen. Dies ergibt sich aus einer näheren Betrachtung der Schutzansprüche und nach Heranziehung der Beschreibung und Zeichnungen. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass im Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters zunächst nur die Ränder 9 ausdrücklich beschrieben werden. Die Vortasche und die sie bildenden Ränder werden im Schutzanspruch noch nicht näher benannt. Der Fachmann wird jedoch zu dem Schluss kommen, dass auch im Schutzanspruch 1 bereits gefordert wird, dass sämtliche Ränder, auch solche, die der Bildung einer Vortasche dienen, von Kedern eingefasst werden müssen.
Dieses Verständnis ergibt sich zunächst aus dem Unteranspruch 7. Dieser Unteranspruch ist rückbezogen auf Schutzanspruch 1. In ihm wird detailliert beschrieben, wie die Vortasche auszubilden ist, wenn sie durch ein Abtrennen des Deckels vom Schalenteil hergestellt wird. Es wird in Unteranspruch 7 vorgegeben, dass in diesem Fall ein separates Bodenteil vorzusehen ist, das einen vorstehenden Rand aufweisen soll. Unteranspruch 7 gibt nun vor, dass der vorstehende Rand dieses Bodenteils gemeinsam mit dem vorstehenden Rand 28 des Schalenteils verbunden werden kann. Diese Möglichkeit, den Rand des Bodenteils mit dem Rand des Schalenteils zu verbinden, ist das einzige Merkmal, das der Unteranspruch 7 in Weiterentwicklung der Unteranspruch 6 vorgibt. Als selbstverständlich und bereits bekannt setzt der Unteranspruch 7 dagegen voraus, dass „der vorstehende Rand (28) des Schalenteils mit dem Keder (18) und dem einen Seitenteil (15) des Reißverschlusses (16) verbunden ist“ (vgl. Unteranspruch 7, am Ende). Das Klagegebrauchsmuster geht also in Unteranspruch 7 davon aus, dass dem Fachmann bereits durch die vorherigen Schutzansprüche vorgegeben wurde, dass der Rand (28), der die Vortasche bildet, mit einem Keder (18) eingefasst ist und mit einem Seitenteil (15) des Reißverschlusses verbunden ist. Ausführungen zu einem Keder und zu Seitenteilen eines Reißverschlusses finden sich jedoch ausschließlich in Schutzanspruch 1. Offensichtlich beziehen sich die darin gemachten Vorgaben damit nicht nur auf die Innenränder (9) der Schalenteile, sondern auch bereits auf die Ränder einer Vortasche.
Desweiteren ergibt sich dieses Verständnis daraus, dass der Schutzanspruch 1 in seiner Terminologie differenziert zwischen „freien Rändern“ und „vorstehenden Rändern“. Während mit den in Merkmale 1.1 genannten „freien Rändern“ offensichtlich lediglich die Innenränder (9) gemeint sind, die über ein Scharnier miteinander verbunden werden sollen, ist der Begriff der „vorstehenden Ränder“, die mit einem Keder eingefasst werden sollen, weiter gefasst. Schutzanspruch 1 gibt damit vor, dass sämtliche vorstehenden Ränder von Kedern eingefasst werden sollen. Hierfür spricht letztlich auch die Aufnahme der drei Bezugsziffern 9, 28 und 32 im Schutzanspruch 1.
Der Bereich (b) kann vor diesem Hintergrund kein äquivalentes Austauschmittel darstellen, da der Bereich (b) an keiner Stelle mit einem Keder in Berührung kommt.

b)
Allerdings ist aufgrund des Tatsachenvortrags der Klägerin ersichtlich, dass ein anderes, äquivalentes Austauschmittel für den „nach außen vorstehenden Rand“ gemäß Merkmal 4 gegeben ist. Dieses Austauschmittel für den nach außen vorstehenden Rand besteht aus dem Bereich (b), den Bereich (a) und den Bereich, der sich ausgehend vom Bereich (a) senkrecht in Richtung der äußeren Hauptfläche der Schale erstreckt. Dieser aus drei Teilabschnitten bestehende „Treppenabsatz“ erfüllt sämtliche Voraussetzungen der gebrauchsmusterrechtlichen Äquivalenz.

Es handelt sich um ein objektiv gleichwirkendes Mittel. Der Treppenabsatz bildet eine seitliche Begrenzung für die Vortasche des Gepäckstücks. Dabei ist unerheblich, dass der Treppenabsatz eine Stufe in der seitlichen Begrenzung der Vortasche vorsieht und nicht durchgehend nach oben führt. Entscheidend ist, dass der Rand die Fläche der Vortasche umgrenzt. Eine Ausgestaltung, bei der die Umgrenzung in sich gestuft ist, schließt das Klagegebrauchsmuster nicht aus, vielmehr sieht es selbst etwa zur Stabilisierung des Randes vor, dass dieser auf einen umlaufenden Sockel gesetzt werden kann (vgl. Absatz [0029]).

Seine Fachkenntnisse befähigen den Fachmann auch dazu, das abgewandelte Mittel durch Überlegungen, die am Sinngehalt der im Gebrauchsmusteranspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, aufzufinden. Insbesondere legen die in der Klagegebrauchsmusterschrift beschriebenen alternativen Herstellungsweisen dem Fachmann eine Ausgestaltung nahe, bei der die Vortasche nicht hervorstehend aus der äußeren Hauptfläche der Schalenteile ausgebildet ist, sondern – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – nach innen eingelassen ist. So lehrt das Klagegebrauchsmuster den Fachmann in Absatz [0013], dass er das Formteil 24 einstückig mit dem Bodenteil 22 ausbilden kann. Dies hat zur Folge, dass nur noch der Deckel separat ausgebildet und angefügt werden muss. Das Klagegebrauchsmuster gibt dann weiter vor, dass ein nach außen vorstehender umlaufender Rand in dem Formteil ausgeformt sein kann. Wenn der Fachmann aber bereits weiss, dass das Formteil und das Bodenteil aus demselben Kunststoffmaterial hergestellt werden können, dann bedarf es nur noch eines handwerklichen Schritts, um bei der einstückigen Ausbildung von Formteil und Bodenteil den Rand von dem Bodenteil und nicht von dem Formteil aus hervorstehend auszubilden. Eine Anregung, die Vortasche nach innen eingelassen auszubilden, erhält der Fachmann darüber hinaus aus den Figuren 3 und 4, da diese zeigen, dass das Bodenteil die Form einer Wanne aufweisen kann. Die Idee, die Vortasche nach innen einzulassen, erhält der Fachmann bereits dann, wenn er das wannenförmige Bodenteil in der Figur 4 schlicht nach unten verschiebt, so dass der Boden des Bodenteils nicht auf einer Höhe mit der äußeren Hauptfläche des Schalenteils liegt.

Der Fachmann zieht die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln auch als eine der gleichwertige Lösung in Betracht. Denn die Überlegungen, die den Fachmann zu dieser Abwandlung führen, sind eng an der Patentschrift orientiert.

Bei dieser Ausbildung des vorstehenden Randes in Form eines Treppenabsatzes ist es für den Fachmann auch unmittelbar einleuchtend, dass der in Merkmal 2 geforderte Keder nicht so angebracht werden kann, dass er eine Kante um 180° umschließt. Ein solches Umfassen eines Randes um 180° muss der Keder nur dann leisten, wenn der Rand hervorstehend ausgebildet ist und somit eine scharfe Kante abgedeckt werden muss. Da eine solche hervorstehende Kante bei der nach innen führenden Vortasche nicht vorhanden ist, muss der Keder diese Schutzfunktion nicht erfüllen. Dennoch ist der Keder weiterhin erforderlich, damit an ihm die Seitenteile des Reißverschlusses befestigt werden können. Ein solcher Keder ist bei der angegriffene Ausführungsform an dem Treppenabsatz vorhanden: er liegt circa im rechten Winkel auf dem Bereich (a) und dem Bereich, der sich von dort aus etwa senkrecht in Richtung der äußeren Hauptfläche des Schalenteils erstreckt, auf. Der Tenor war dieser Ausgestaltung anzupassen. An dem Keder ist das Seitenteil des Reißverschlusses befestigt. Dass der Keder nicht nur mit dem Reißverschluss, sondern zusätzlich noch mit dem Futterstoff vernäht ist, ist entgegen der von der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 17.09.2007 vertretenen Ansicht unerheblich. Denn die Klagegebrauchsmusterschrift gibt nicht vor, dass dem Keder keine weiteren Funktionen als die Aufnahme des Reißverschlusses und ggf. das Umschließen vorstehender Ränder zukommen darf.

4.
Aus der Verletzung des Klagegebrauchsmusters ergibt sich die tenorierte Verpflichtung der Beklagten zu 1) und 2) zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung, zur Zahlung von Schadensersatz und zur darauf bezogenen Rechnungslegung. Da die Beklagten widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch machen, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 24 Abs. 1 GebrMG.
Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten, § 24 Abs. 2 GebrMG. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1), vertreten durch ihren Geschäftsführer, den Beklagten zu 2), die Verletzung des Gebrauchsmusters durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Die Beklagten haften nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünften nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 24b Abs. 1 GebrMG. Zugleich sind die Beklagten verpflichtet, zu den im Tenor genannten Angaben Bestell-, Lieferscheine und Rechnungen vorzulegen, um es der Klägerin zu ermöglichen, durch Einsicht in die Belege die Verlässlichkeit der Auskunftserteilung zu überprüfen und sich darüber klar zu werden, ob ein Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung besteht. Die von der Klägerin geforderte Belegvorlage ist jedoch nur in Bezug auf diejenigen Angaben gerechtfertigt, die gemäß § 24b Abs. 1, 2 GebrMG geschuldet sind. Ein Anspruch auf die Vorlage von Belegen besteht hinsichtlich der gemäß §§ 242, 259 BGB geschuldeten Angaben nicht (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG/GebrMG, 10. Aufl. 2006, § 24b GebrMG; § 139 PatG Rn. 89a). Der Auskunftsanspruch des § 24b GebrMG richtet sich nicht auf Angaben über Preise und Lieferdaten sowie auf Angaben über nicht gewerbliche Abnehmer (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl. 2006, § 140b Rn. 6f), so dass diese Angaben von der Belegvorlagepflicht auszuschließen waren.

III.
Weder der nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 17.09.2007 noch der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin enthalten neuen erheblichen Sachvortrag, der Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geben würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Der Hauptantrag und der Hilfsanspruch betreffen denselben Gegenstand gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, da sie dieselbe Ausführungsform beschreiben. Da letztlich die geltend gemachten Ansprüche in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform in vollem Umfang zugesprochen wurden, stellt der Umstand, dass die Ansprüche in erster Linie auf eine wortsinngemäße Verletzung gestützt waren, eine geringfügige Zuvielforderung dar. Dies gilt auch für die geringfügigen Einschränkungen, die hinsichtlich der Verpflichtung zur Belegvorlage vorzunehmen waren.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 108 Abs. 1 ZPO.

Streitwert: 250.000,00 €