2 U 30/09 – Aufblasventil

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1876

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. April 2012, Az. 2 U 30/09

Vorinstanz: 4b O 146/07

A.
Auf die Berufung wird das Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 15.01.2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I.
Die Beklagten zu 2) und 3) werden verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

1.1
Aufblasventile für Säcke, Taschen oder ähnliche Behälter mit unstarren Wänden, wobei diese Behälter unter Druck gesetzt werden, vorzugsweise unter Luftdruck, wobei die Aufblasventile einen Flansch aufweisen, der aus einem röhrenförmigen Teil gebildet ist, der mit einer kreisförmigen zylindrischen Öffnung versehen ist, und wobei der Flansch einen plattenförmigen Teil aufweist, mit dem der Flansch am Behälter befestigt wird, wobei die Aufblasventile ferner eine Einfülldüse enthalten, die so ausgebildet ist, dass sie mit Hilfe einer Schnappverbindung im Dichteingriff in der Öffnung des röhrenförmigen Teils angeordnet werden kann, und der Aufnahme eines mit der Einfülldüse verbundenen Gaszuführrohrs dienen,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder einzuführen,

bei denen die Einfülldüse in der Öffnung frei drehbar gelagert ist und einen Teil eines Ventilkörpers bildet oder mit diesem verbunden ist, welcher sich etwas unterhalb des äußeren Endes des röhrenförmigen Teils in Achsrichtung des Flansches erstreckt und
welcher senkrecht zu dieser Achsrichtung mit dem Gaszuführkanal mit einer, ein Gaszuführrohr in Passeingriff aufnehmenden, Öffnung versehen ist, wobei ein Ende so ausgebildet ist, dass es eine Ventilklappe mechanisch öffnet, sobald das Gaszuführrohr eingeführt wird, wobei die Klappe im Ventilkörper angebracht ist und normalerweise den Gaszuführkanal aufgrund des elastischen Materials oder der Anbringung der Ventilklappe geschlossen hält,

und/oder

1.2
Aufblasventile für Säcke, Taschen oder ähnliche Behälter mit unstarren Wänden, wobei diese Behälter unter Druck gesetzt werden, vorzugsweise unter Luftdruck, wobei die Aufblasventile einen Flansch aufweisen, der aus einem röhrenförmigen Teil, das mit einer kreisförmigen zylindrischen Öffnung versehen ist, und aus einem plattenförmigen Teil gebildet ist, mit dem der Flansch am Behälter befestigt wird, wobei die Aufblasventile ferner eine Einfülldüse enthalten, die so ausgebildet ist, dass sie mit Hilfe einer Schnappverbindung in Dichteingriff in der Öffnung des röhrenförmigen Teils angeordnet werden kann, und eine Einfülldüse aufweisen, die in der Öffnung frei drehbar gelagert ist und einen Teil des Ventilkörpers bildet oder mit diesem verbunden ist, welcher sich etwas unterhalb des äußeren Endes des röhrenförmigen Teils in Achsrichtung des Flansches erstreckt und welcher senkrecht zu dieser Achsrichtung mit dem Gaszuführkanal versehen ist, wobei die Klappe im Ventilkörper angebracht ist und normalerweise den Gaszuführkanal aufgrund des elastischen Materials oder der Anbringung der Ventilklappe geschlossen hält,

zur Benutzung in Deutschland anzubieten oder zu liefern,

die geeignet sind, ein mit der Einfülldüse verbundenes Gaszuführrohr aufzunehmen, wobei der röhrenförmige Teil mit einer ein Gaszuführrohr in Passeingriff aufnehmenden Öffnung versehen ist und wobei ein Ende des Gaszuführrohres so ausgebildet ist, dass es eine Ventilklappe mechanisch öffnet, sobald das Gaszuführrohr eingeführt wird,

ohne die Abnehmer darauf hinzuweisen, dass diese Aufblasventile nicht zu Zwecken der Nutzung gemäß dem EP 0 932 XXX B1 eingesetzt werden dürfen;

2.
der Klägerin für die Zeit ab dem 10.03.2005 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der vorstehend zu 1. beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen, unter Angabe der Namen und Anschriften der Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber;

3.
der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu 1. bezeichneten und seit dem 10.03.2005 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung der Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine, beschränkt auf die Angas gemäß § 140 b PatG,

 der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
 der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
 der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, insbesondere unter Angabe der Werbung im Internet und der Anzahl der darauf erfolgten Zugriffe,
 der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, der seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt,

dass die Beklagten zu 2) und 3) gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 10.03.2005 durch die zu I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

B.
Die Klägerin ist des Rechtsmittels der Berufung gegenüber der Beklagten zu 1) verlustig und hat deren gesamte außergerichtliche Kosten zu tragen.

C.
Hinsichtlich der übrigen Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) gilt:

Die Kosten der Beweisaufnahme werden den Beklagten zu 2) und 3) auferlegt.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin werden dieser zu 40 % und den Beklagten zu 2) und 3) zu 60 % auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) haben diese selbst zu 90 % und die Klägerin zu 10 % tragen.

D.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten ohne Sicherheitsleistung, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000,- €. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten zu 2) und 3) wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zu 2) und 3) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

E.
Die Revision wird nicht zugelassen.

F.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 300.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist seit dem 10.03.2005 eingetragene Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache u.a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten EP 0 932 XXX (Anlage MBP 1, im folgenden „Klagepatent“ genannt), welches eine dänische Unionspriorität vom 16.10.1996 in Anspruch nimmt. Der Hinweis auf die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 04.08.1999, der Hinweis auf die Veröffentlichung der Erteilung am 07.03.2001. Die Klägerin hat das Klagepatent von ihrer früher unter „B“, jetzt „C“ firmierenden dänischen Tochtergesellschaft übernommen. Diese hatte als deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift die aus der Anlage H-E 10 ersichtliche Übersetzung eingereicht, aus der die T 2-Schrift DE 697 04 XXY (Anlage MBP 2) hervorgegangen ist. In ihr fehlen die in der englischsprachigen Patentschrift vorhandenen Überschriften. Diese sind erst in der Übersetzung vorhanden, die die Klägerin am 08.12.2008 als berichtigte Fassung beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht hat.

Das Klagepatent betrifft ein Aufblasventil für Säcke oder andere Behälter. Sein im vorliegenden Verfahren allein streitgegenständlicher Anspruch 1 lautet in der deutschen Übersetzung:

„Aufblasventil für Säcke, Taschen oder ähnliche Behälter mit unstarren Wänden, wobei diese Behälter unter Druck gesetzt werden sollen, vorzugsweise mit Luftdruck, wobei das Aufblasventil einen Flansch aufweist, der aus einem röhrenförmigen Teil mit einer kreisförmigen zylindrischen Öffnung und einem plattenförmigen Teil gebildet ist, mit dem der Flansch am Behälter befestigt wird; das Aufblasventil enthält ferner eine Einfülldüse, die so ausgebildet ist, dass sie mit Hilfe einer Schnappverbindung in Dichteingriff in der Öffnung des röhrenförmigen Teils angeordnet werden kann, und ein mit der Einfülldüse verbundenes Gaszuführrohr,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Einfülldüse in der Öffnung frei drehbar gelagert ist und einen Teil eines Ventilkörpers bildet oder mit diesem verbunden ist, welcher sich etwas unterhalb des äußeren Endes des röhrenförmigen Teils in Achsrichtung des Flansches erstreckt und welcher senkrecht zu dieser Achsrichtung mit dem Gaszuführkanal mit einer ein Gaszuführrohr in Passeingriff aufnehmenden Öffnung versehen ist, wobei ein Ende so ausgebildet ist, dass es eine Ventilklappe mechanisch öffnet, sobald das Gaszuführrohr eingeführt wird, wobei die Klappe im Ventilkörper angebracht ist und normalerweise den Gaszuführkanal aufgrund des elastischen Materials oder der Anbringung der Ventilklappe geschlossen hält.“

Die nachfolgend eingeblendeten, verkleinert wiedergegebenen Figuren aus der Klagepatentschrift zeigen ein klagepatentgemäßes Ventil. Die Figur 1 zeigt ein solches Ventil von oben, wobei das Gaszuführrohr in einer Aufsicht durch gestrichelte Linien dargestellt ist. Figur 2 ist eine Seitenansicht entlang der Linie 2-2 in Figur 1:

Nachfolgende Zeichnung der Beklagten, die sich die Klägerin zu Eigen gemacht hat, vervollständigt die obige Figur 2 um die linke Hälfte des Ventils einschließlich des dort angeordneten Gaszuführkanals:

Die nächste Skizze zeigt das zuletzt abgebildete Ventil bei eingeführtem Gaszuführrohr:

Die Beklagte zu 2), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3) ist, bietet an und vertreibt Aufblasventile. Sie lieferte Aufblasventile wie aus den Anlagen MBP 15 bis 20 ersichtlich (im Folgenden „angegriffene Ausführungsform“ genannt) u.a. an eine Abnehmerin in E. Die nachfolgend eingeblendeten Zeichnungen, die von der Klägerin als Anlage MBP 20 eingereicht wurden und deren Richtigkeit unstreitig ist, zeigen den Aufbau der angegriffenen Ausführungsform in der Seitenansicht, einmal ohne eingeführtes Gaszuführrohr, einmal mit. Die Bezugsziffer 204 betrifft ein Ventilelement, in dem sich ein mit der Bezugsziffer 202 versehener Schlitz befindet, der sich bei eingeführtem Gaszuführrohr weitet (Figur 3) und das Gas in den Behälter einströmen lässt:

Von der Beklagten zu 2) wird in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls ein Bauteil vertrieben, welches zum Befüllen eines mit der angegriffenen Ausführungsform versehenen Airbags auf die Mündung einer handelsüblichen Luftpistole gesetzt wird und welches auf dem Foto Anlage MBP 19 letzte Seite abgebildet ist.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten zu 1) und 2), die denselben Geschäftsführer haben, seien „in Personalunion tätig“. Auch die Beklagte zu 1), die die angegriffene Ausführungsform im Internet bewerbe, habe zumindest im Juli 2005 Muster der angegriffenen Ausführungsform an die F GmbH & Co. KG in G geliefert, um mit dieser in Geschäftsbeziehung zu treten. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Angebot und Vertrieb des Ventils als solchem stelle eine unmittelbare, zumindest jedoch eine mittelbare Patentverletzung dar. Ein unmittelbarer Schutzrechtseingriff liege jedenfalls in dem gemeinsamen Angebot und Vertrieb von Ventilen und Luftpistolen bzw. den dafür vorgesehenen Aufsätzen.

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, die Klägerin habe nicht substantiiert dargelegt, dass die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform in Deutschland anbiete und vertreibe. Für die Beklagte zu 2) sei die Beklagte zu 1) nicht verantwortlich. Das Klagepatent stehe in der Bundesrepublik Deutschland nicht in Kraft, da es an einer vollständigen Übersetzung fehle. Jedenfalls sei die angegriffene Ausführungsform nicht patentverletzend. Von der technischen Lehre des Klagepatents werde mit der angegriffenen Ausführungsform aus verschiedenen, von den Beklagten näher dargelegten Gründen kein Gebrauch gemacht.

Die auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechungslegung, Vernichtung sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzverpflichtung gerichtete Klage hat das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche schon deshalb nicht zu, da das Klagepatent in der Bundesrepublik Deutschland nicht in Kraft stehe. Gem. Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG gälten seine Wirkungen für die Bundesrepublik von Anfang an als nicht eingetreten, weil mit dem Schreiben gemäß Anlage H-E 10 keine Übersetzung in einer die ordnungsgemäße Veröffentlichung gestattenden Form eingereicht worden sei. Dem Erfordernis der Einreichung einer vollständigen Übersetzung sei nicht genüge getan, da in der allein fristgemäß vorgelegten Übersetzung (Anlage H-E 10) die im Original vorhandenen Überschriften „H“, „I“, „J“, „K“ und „L“ fehlen. Das strikte Verständnis von der Vollständigkeit der Übersetzung basiere auf mehreren rechtlichen Überlegungen. Dazu zähle neben dem Wortlaut des Art. II § 3 Abs.1 IntPatÜG der Sinn und Zweck des Übersetzungserfordernisses, das 2. GPatG und die ÜbersV. Zudem sei eine Differenzierung nach Qualität und Ausmaß des fehlenden Teils sachlich a priori nicht gerechtfertigt, jedenfalls würde eine solche zu einer nicht hinzunehmenden Rechtsunsicherheit führen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie macht geltend, die Ansicht des Landgerichts zum Fehlen einer ausreichenden Übersetzung sei aus diversen, näher ausgeführten Gründen falsch. Im Übrigen wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen zu den den Beklagten vorgeworfenen Verletzungshandlungen. Außerdem wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen zur angegriffenen Ausführungsform. Hilfsweise macht sie nunmehr eine äquivalente Verletzung des Klagepatents geltend.

Sie beantragt nach mit Zustimmung der Beklagten erfolgter Klagerücknahme hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche auf Vernichtung sowie Entschädigung und Schadensersatz in Bezug auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin sowie Rücknahme der Berufung gegenüber der Beklagten zu 1) nunmehr,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 15.01.2009 – Az.: 4b O 146/07 – abzuändern und

I.
die Beklagten zu 2) und 3) zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

1.1
Aufblasventile für Säcke, Taschen oder ähnliche Behälter mit unstarren Wänden, wobei diese Behälter unter Druck gesetzt werden, vorzugsweise unter Luftdruck, wobei die Aufblasventile einen Flansch aufweisen, der aus einem röhrenförmigen Teil gebildet ist, der mit einer kreisförmigen zylindrischen Öffnung versehen ist, und wobei der Flansch einen plattenförmigen Teil aufweist, mit dem der Flansch am Behälter befestigt wird, wobei die Aufblasventile ferner eine Einfülldüse enthalten, die so ausgebildet ist, dass sie mit Hilfe einer Schnappverbindung im Dichteingriff in der Öffnung des röhrenförmigen Teils angeordnet werden kann, und der Aufnahme eines mit der Einfülldüse verbundenen Gaszuführrohrs dienen,

in der Bundesrepublik Deutschland in anzubieten, Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder einzuführen,

bei denen die Einfülldüse in der Öffnung frei drehbar gelagert ist und einen Teil eines Ventilkörpers bildet oder mit diesem verbunden ist, welcher sich etwas unterhalb des äußeren Endes des röhrenförmigen Teils in Achsrichtung des Flansches erstreckt und
welcher senkrecht zu dieser Achsrichtung mit dem Gaszuführkanal mit einer, ein Gaszuführrohr in Passeingriff aufnehmenden, Öffnung versehen ist, wobei ein Ende so ausgebildet ist, dass es eine Ventilklappe mechanisch öffnet, sobald das Gaszuführrohr eingeführt wird, wobei die Klappe im Ventilkörper angebracht ist und normalerweise den Gaszuführkanal aufgrund des elastischen Materials oder der Anbringung der Ventilklappe geschlossen hält,

und/oder

1.2
Aufblasventile für Säcke, Taschen oder ähnliche Behälter mit unstarren Wänden, wobei diese Behälter unter Druck gesetzt werden, vorzugsweise unter Luftdruck, wobei die Aufblasventile einen Flansch aufweisen, der aus einem röhrenförmigen Teil, das mit einer kreisförmigen zylindrischen Öffnung versehen ist, und aus einem plattenförmigen Teil gebildet ist, mit dem der Flansch am Behälter befestigt wird, wobei die Aufblasventile ferner eine Einfülldüse enthalten, die so ausgebildet ist, dass sie mit Hilfe einer Schnappverbindung in Dichteingriff in der Öffnung des röhrenförmigen Teils angeordnet werden kann, und eine Einfülldüse aufweisen, die in der Öffnung frei drehbar gelagert ist und einen Teil des Ventilkörpers bildet oder mit diesem verbunden ist, welcher sich etwas unterhalb des äußeren Endes des röhrenförmigen Teils in Achsrichtung des Flansches erstreckt und welcher senkrecht zu dieser Achsrichtung mit dem Gaszuführkanal versehen ist, wobei die Klappe im Ventilkörper angebracht ist und normalerweise den Gaszuführkanal aufgrund des elastischen Materials oder der Anbringung der Ventilklappe geschlossen hält,

zur Benutzung in Deutschland anzubieten oder zu liefern,

die geeignet sind, ein mit der Einfülldüse verbundenes Gaszuführrohr aufzunehmen, wobei der röhrenförmige Teil mit einer ein Gaszuführrohr in Passeingriff aufnehmenden Öffnung versehen ist und wobei ein Ende des Gaszuführrohres so ausgebildet ist, dass es eine Ventilklappe mechanisch öffnet, sobald das Gaszuführrohr eingeführt wird,

ohne die Abnehmer darauf hinzuweisen, dass diese Aufblasventile nicht zu Zwecken der Nutzung gemäß dem EP 0 932 XXX B1 eingesetzt werden dürfen;

2.
der Klägerin für die Zeit ab dem 10.03.2005 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter vorstehend zu 1. beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen, unter Angabe der Namen und Anschriften der Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber;

3.
der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu 1. bezeichneten und seit dem 10.03.2005 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung der Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, beschränkt auf die Unterlagen gemäß § 140 b PatG

 der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
 der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
 der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, insbesondere unter Angabe der Werbung im Internet und der Anzahl der darauf erfolgten Zugriffe,
 der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, der seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II.
festzustellen,

dass die Beklagten zu 2) und 3) gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu 1. bezeichneten und seit dem 10.03.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird;

III.
vorsorglich, den Rechtsstreit an das Landgericht Düsseldorf zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die Ansicht des Landgerichts zum Bestand des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland für zutreffend und wiederholen und vertiefen im Übrigen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Dabei machen sie insbesondere geltend, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Das Ventilelement liege nicht an der Wand der Ventilkammer an, sei nicht mit dem Ventilkörper verbunden und halte den Gaszuführkanal nicht aufgrund des elastischen Materials oder der Anbringung, sondern wegen der angebrachten Feder geschlossen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 29.04.2010 (Bl. 411 ff GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M aus April 2011 (Bl. 392 ff GA) und das Protokoll seiner mündlichen Anhörung am 08.03.2012 (Bl. 506 ff GA) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Klage ist im noch geltend gemachten Umfang begründet, weil die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht. Das angegriffene Aufblasventil verfügt in Gestalt des becherförmigen und mithilfe des Gaszuführrohres (den Schlitz (202) öffnend und schließend) verschwenkbaren Bodens über eine Ventilklappe, die nach erfolgtem Aufblasen den Gaszuführkanal dicht hält.

1.
Hierüber hatte der Senat selber zu entscheiden, da ein Fall der – von der Klägerin hilfsweise – beantragten Zurückverweisung an das Landgericht, § 538 ZPO, nicht vorliegt. Das erstinstanzliche Verfahren leidet nicht an einem wesentlichen Mangel (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Denn eine unrichtige materiell-rechtliche Beurteilung, und nur eine solche kann vorliegend bei der Frage des Bestands des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland in Betracht kommen, stellt einen solchen Mangel nicht dar (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 538 Rdnr.10 m.w.N.). Ein Fall des § 538 Abs. 2 Nr. 2 bis 7 ZPO liegt ersichtlich ebenfalls nicht vor.

2.
Dabei war das gesamte Vorbringen der Klägerin zur Dichtigkeit der angegriffenen Ausführungsform auch ohne Feder zu berücksichtigen. Eine – teilweise – Zurückweisung wegen Verspätung nach § 531 Abs. 2 ZPO kam nicht in Betracht, auch nicht in Bezug auf das diesbezüglich in zweiter Instanz erfolgte Beweisangebot zur Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Klägerin hatte erstinstanzlich im Schriftsatz vom 04.03.2008 ihre tatsächlichen Behauptungen zur Dichtigkeit der angegriffenen Ausführungsform mit Feder unter Sachverständigenbeweis gestellt. In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat sie sodann unstreitig bereits eine Dichtigkeit der angegriffenen Ausführungsform auch ohne Feder behauptet. Dabei war im Wege der Auslegung davon auszugehen, dass das Beweisangebot Einholung eines Sachverständigengutachtens auch hierauf bezogen sein sollte. Jedenfalls hätte insoweit seitens des Gerichts nachgefragt werden müssen, wobei als sicher davon auszugehen ist, dass dann ein entsprechendes Beweisangebot seitens der Klägerin ausdrücklich formuliert worden wäre.

3.
Die geltend gemachten Ansprüche scheitern entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht an einer fehlenden Wirksamkeit des Klagepatents. Dieses steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Dass die Überschriften in der ursprünglichen Übersetzung fehlen, steht dem nicht entgegen. Der von verschiedenen erstinstanzlichen Verletzungsgerichten und auch dem OLG München (Urteil vom 28.05.2009 – Az.: 6 U 3322/06) vertretenen Auffassung, jede Unvollständigkeit der Übersetzung der Patentschrift führe gemäß Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG zum endgültigen Verlust der Wirkungen des europäischen Patents für Deutschland, ist mit dem Bundesgerichtshof (GRUR 2010, 708 – Nabenschaltung II) zu widersprechen. Die Fälle, in denen nach Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG eine solche Rechtsfolge eintreten soll, sind in der genannten Norm abschließend aufgezählt. Dies sind die nicht fristgerechte Einreichung der Übersetzung, die Einreichung der Übersetzung in einer Form, die eine ordnungsgemäße Veröffentlichung nicht gestattet, und die nicht fristgerechte Zahlung der Veröffentlichungsgebühr. Die Unvollständigkeit der Übersetzung gehört nach der eindeutigen Gesetzesfassung nicht dazu. Eine Einbeziehung der unvollständigen Übersetzung in den Katalog des Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG ist auch nicht nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerechtfertigt. Denn eine ordnungsgemäße deutsche Übersetzung der Patentschrift soll gewährleisten, dass der Inländer von Inhalt und Offenbarungsgehalt des Patents verlässlich Kenntnis nehmen und den Schutzbereich für sein eigenes wirtschaftliches Handeln zutreffend ermitteln kann. Insofern macht es keinen Unterschied, ob sich der Inländer wegen einer unvollständigen oder wegen einer sachlich falschen Übersetzung ein unzutreffendes Bild von der patentgeschützten Erfindung macht. In beiden Fällen ist er nur schutzwürdig, wenn er gutgläubig war und die Benutzung keine Verletzung des Patents in der fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift darstellen würde (Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG). Mit der Verwendung des Begriffs „fehlerhaft“ umfasst Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG sowohl den Fall der Unrichtigkeit wegen falscher Übersetzung als auch den Fall der Unrichtigkeit wegen unvollständiger Übersetzung. Ob ein Fehler schutzbereichsrelevant ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dies gilt auch für das Fehlen von Überschriften. Unschädlich wird es in der Regel sein, wenn in der deutschen Übersetzung die den Patentansprüchen vorangestellte Überschrift „Patentansprüche“ fehlt, da diese zumeist auch sonst unmissverständlich als solche zu erkennen sind. Anders kann es sich verhalten, wenn Überschriften wie „Allgemeine Erläuterungen der Erfindung“ oder „Erläuterung bevorzugter Ausführungsbeispiele“ nicht übersetzt sind. Denn für die Schutzbereichsbestimmung kann es einen Unterschied machen, ob bestimmte Bemerkungen als prinzipielle Erläuterungen des Erfindungsgedankens oder als bloße Hinweise auf Spezialitäten eines Ausführungsbeispiels aufzufassen und in die Patentauslegung einzustellen sind.

Dies berücksichtigend kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass das Fehlen der Überschriften in der ursprünglichen deutschen Übersetzung des Klagepatents schutzbereichsrelevant ist:

Die erste fehlende Überschrift lautet übersetzt „N“ und ist in der Originalpatentschrift dem im Abschnitt [0001] enthaltenen Einleitungssatz (S. 1 Z. 3-4 der ursprünglichen Übersetzung, Anlage MBP 2) vorangestellt, der besagt, dass die Erfindung ein Aufblasventil der im Oberbegriff des Anspruchs 1 beschriebenen Art ist. Das Fehlen dieser Überschrift gibt diesem Abschnitt mithin keinen anderen Sinngehalt.
Die zweite fehlende Überschrift lautet im Original „I“ und ist dort den Abschnitten [0002] bis [0004] (S. 1 Z. 6 bis S. 2 Z. 32 der ursprünglichen Übersetzung, Anlage MBP 2) vorangestellt, in denen der Stand der Technik beschrieben wird. Auch ohne Übersetzung der Überschrift entnimmt der Durchschnittsfachmann diesen Abschnitten nichts anderes als die Beschreibung des Standes der Technik.
Die dem Abschnitt [0005] ff (S. 3 Z. 1 ff der ursprünglichen Übersetzung, Anlage MBP 2) vorangestellte Überschrift „J“ ist für das Verständnis dieses Abschnitts schon deshalb entbehrlich, weil auch der erste Halbsatz des Abschnitts dem Leser mitteilt, dass nunmehr die Aufgabe des Patents beschrieben wird.
Das Fehlen der nächsten Überschrift („O“ im Original, „P“ übersetzt) gibt S. 5 Z. 8 ff der ursprünglichen Übersetzung ebenfalls keinen von Abschnitt [0015] der Originalpatentschrift abweichenden Sinngehalt. Diese Überschrift gibt keinen Aufschluss darüber, ob – die nachfolgend beschriebenen – Zeichnungen der prinzipiellen Erläuterung des Erfindungsgedankens dienen oder nur Ausführungsbeispiele wiedergeben.

Etwas anderes gilt zwar für die nächste Überschrift „L“, übersetzt „Beste Art und Weise zum Ausführen der Erfindung“; vor Abschnitt [0016] ff (S. 5 Z. 23 ff der ursprünglichen Übersetzung, Anlage MBP 2), die verdeutlicht, dass nunmehr bevorzugte Ausführungsbeispiele beschrieben werden. Gleiches gilt aber auch für die Einleitung des genannten Abschnitts, die besagt, dass ein Aufblasventil der vorliegenden Erfindung und nicht das Aufblasventil der vorliegenden Erfindung in den Figuren 1 und 2 dargestellt wird.

4.
Die Merkmale des danach wirksamen Klagepatentanspruchs 1 werden von der angegriffenen Ausführungsform in vollem Umfang verwirklicht.

Nach der einleitenden Erläuterung betrifft die klagepatentgegenständliche Erfindung ein Aufblasventil der im Oberbegriff des Anspruchs 1 beschriebenen Art, also ein solches für Säcke, Taschen oder ähnliche Behälter mit unstarren Wänden, wobei diese Behälter unter Druck gesetzt werden sollen, vorzugsweise mit Luftdruck. Das Aufblasventil weist einen aus einem röhrenförmigen Teil und einem plattenförmigen Teil bestehenden Flansch auf. Der röhrenförmige Teil hat eine kreisförmige zylindrische Öffnung, mit dem plattenförmigen Teil ist der Flansch am Behälter befestigt. Das Aufblasventil hat ferner eine Einfülldüse, die so ausgebildet ist, dass sie mit Hilfe einer Schnappverbindung in Dichteingriff in der Öffnung des röhrenförmigen Teils angeordnet werden kann.

Solche Aufblasventile waren nach dem Stand der Technik bekannt. Das Klagepatent greift insoweit zunächst das EP 0 659 XXZ der dänischen Tochter der Klägerin auf, bei dem das Ventil aus zwei Teilen gebildet wird, nämlich einem unteren, in Form eines Griffes am Flansch des Behälters angebrachten Teil und einem Ventilhalter, der durch ein Gelenk mit dem unteren Teil in Verbindung steht. Beide wurden in der Praxis drehbar um das Gelenk herum gelagert, so dass sich das Aufblasventil in geöffnetem Zustand weit über die Sackoberfläche ausdehnte. Letzteres wird vom Klagepatent wegen der Platzknappheit bei Anbringung der Säcke um die zu sichernden Waren herum als nachteilig angesehen.

Nach dem ebenfalls vom Klagepatent in Bezug genommenen EP 0 466 XYX wird der zu befüllende Behälter mit einem als Klemme ausgebildeten Ventilglied versehen, nachdem der Behälter an der Position, in der er zum Einsatz kommen soll, angeordnet wurde. Neben dem als kompliziert erachteten Aufbau des Ventils, das mehrere Druckfedern und verschiedene mechanische bewegliche Teile aufweist, die u.a. ein automatisches Schließen gewährleisten, wenn das Ventilglied von der Aufblasdüse entfernt wird, sieht das Klagepatent hieran als nachteilig an, dass es nicht möglich ist, das Ventilglied mit dem Aufblasschlauch zu drehen, um ein Aufblasen von allen Seiten zu ermöglichen, wenn das Ventilglied auf dem Flansch festgeklemmt ist.

Als drittes Patent wird zum Stand der Technik das US-Patent 5,437,XYY aufgeführt, dessen Aufblasventil die Fähigkeit des unteren Ventilkörperteils begrenzt, relativ zum Ventilkörper an sich drehbeweglich zu sein. Auch dieses Ventil wird vom Klagepatent im Hinblick auf die notwendigen Federn und beweglichen Teile als kompliziert und teuer in der Herstellung bezeichnet.

Als Aufgabe der Erfindung stellt das Klagepatent daher heraus, einen einfachen Ventilaufbau ohne die Verwendung von Gewinden oder mechanischen Teilen zu schaffen. Außerdem soll das Aufblasventil vorzugsweise in der Richtung senkrecht zur Behälteroberfläche dort, wo es befestigt ist, so kompakt wie möglich sein, vorzugsweise ein Aufblasen von allen Seiten des Behälters ermöglichen, auch ohne Einführen eines Verschlussstopfens und Verwendung eines komplizierten Rückschlagventils eine Ventildichtigkeit erreichen und eine Druckmessung im Behälter gestatten.

Dieses Ziel wird mit der Erfindung dadurch erreicht, dass die Ventilklappe oder das konische Ventilglied sowie die vorzugsweise in Form eines 0-Rings ausgebildete Dichtverbindung an der Ventildüse befestigt wird, welche dann auf dem das plattenförmige Teil aufweisenden Flansch angebracht wird, mit dem der Flansch am Behälter befestigt wird. Hierdurch reicht es vor dem Einblasen von Luft aus, ein Ende des Gaszuführrohres einzuführen, bis das vorderste Ende des Rohres die Ventilklappe oder das Ventilglied von der Wand der Ventilkammer wegdrückt und so das Ventil öffnet.

In seinem Anspruch 1 sieht das Klagepatent demgemäß die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Aufblasventil (1) für Säcke, Taschen oder ähnliche Behälter mit unstarren Wänden, wobei diese Behälter unter Druck gesetzt werden sollen, vorzugsweise mit Luftdruck.

2. Das Aufblasventil (1) weist

2.1 einen Flansch (2),

2.2 eine Einfülldüse (6) und

2.3 ein Gaszuführrohr (18) auf.

3. Der Flansch (2) ist gebildet aus

3.1. einem röhrenförmigen Teil (3) mit einer kreisförmigen zylindrischen Öffnung (4) und

3.2. einem plattenförmigen Teil (5), mit dem der Flansch (2) am Behälter befestigt wird.

4. Die Einfülldüse (6)

4.1. ist so ausgebildet, dass sie mit Hilfe einer Schnappverbindung in Dichteingriff in der Öffnung (4) des röhrenförmigen Teils (3) des Flansches (2) angeordnet werden kann,

4.2. ist in der Öffnung (4) des röhrenförmigen Teils (3) des Flansches (2) frei drehbar gelagert,

4.3. bildet einen Teil eines Ventilkörpers (9) oder ist mit diesem verbunden.

5. Der Ventilkörper (9)

5.1 erstreckt sich geringfügig oberhalb des äußeren Endes des röhrenförmigen Teils (3) in Achsrichtung des Flansches (2),

5.2 ist mit einem Gaszuführkanal (14) versehen, wobei

5.3 der Gaszuführkanal (14)

• sich senkrecht zur Achsrichtung des Flansches (2) erstreckt und
• eine Öffnung (15) hat, die das Gaszuführrohr (18) in Passeingriff aufnimmt.

6. Das Gaszuführrohr (18)

6.1 kann mit der Einfülldüse (6) verbunden werden und

6.2 ist an einem Ende (19) so ausgebildet, dass es eine Ventilklappe (16) mechanisch öffnet, sobald das mit der Einfülldüse (6) zu verbindende Gaszuführrohr (18) eingeführt wird.

7. Die Ventilklappe (16)

7.1 ist im Ventilkörper (9) angebracht und

7.2 hält normalerweise den Gaszuführkanal (14) aufgrund des elastischen Materials oder der Anbringung der Ventilklappe (16) geschlossen.

Dass es in Merkmal 5.1 „geringfügig über“ und nicht „etwas unterhalb“ heißt, folgt aus der nach Art. 70 (1) EPÜ maßgeblichen englischen Fassung des Patentanspruchs 1, in der von „slightly beyond“ die Rede ist. Aus den gleichen Gründen hat es in Merkmal 6.2 das „zu verbindende“ Gaszuführrohr und nicht das „verbundene“ Gaszuführrohr zu heißen, da in der maßgeblichen englischen Fassung des Patentanspruchs 1 von „a gas supply tube (18) to be connected to the filling nozzle (6)“ die Rede ist (Anlage MBP 1, Sp. 5 Z. 42 – 43). Auch wenn die Übersetzung damit fehlerhaft war und ist, steht den Beklagten kein Weiterbenutzungsrecht nach Art. II § 3 (4) und (5) IntPatÜG zu, auf das sie sich im Übrigen auch nicht berufen. Denn ein Weiterbenutzungsrecht ist danach nur für den gegeben, der gutgläubig auf den engeren Schutzbereich vertraute, der sich aus einer fehlerhaften Übersetzung ergibt. Vorliegend kommt eine solche Gutgläubigkeit schon deshalb nicht in Betracht, weil in Merkmal 5.1 der Schwerpunkt aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns, bei dem es sich um einen Maschinenbau-Ingenieur mit einigen Jahren Berufserfahrung im Bereich der Entwicklung und Konstruktion von Aufblasventilen handelt, ersichtlich auf der „geringfügigen Erstreckung“ und der damit erreichten kompakten Bauweise des Ventils liegt. Für Merkmal 6.2 gibt die deutsche Übersetzung selbst Hinweise darauf, dass es sich bei der Übersetzung der zitierten Passage des Originals um einen Fehler handeln muss. Eine dauerhafte Verbindung des Gaszuführrohres mit der Einfülldüse macht ersichtlich keinen Sinn, da das Ventil so gestaltet sein soll, dass durch das Einführen des Gaszuführrohres die Ventilklappe geöffnet wird und sich bei Entfernen des Gaszuführrohres wieder schließt. Das Gaszuführrohr selbst ist daher nicht Teil eines klagepatentgemäßen Aufblasventils.

Der genannte Fachmann versteht unter einer Ventilklappe (Merkmal 7), dies hat der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt, ein Bauteil, welches einseitig am Ventilkörper befestigt ist und sich zum Öffnen von einem Sitz abhebt. Dieses Abheben verbindet der Fachmann, auch wenn es bei Ventilklappen aus elastischen Werkstoffen Anteile von linearer und kreisförmiger Bewegung enthält, überwiegend mit der Vorstellung einer Schwenkbewegung. Um die Funktion des Abdichtens erfüllen zu können, muss die Ventilklappe zudem an einer Gegenfläche anliegen, und das im Bereich des Zuführkanals. Soweit die Beklagten in der Berufung die Auffassung vertreten, das Klagepatent lehre ein Ventil, bei dem die Ventilklappe an der Wand der Ventilkammer anliege, kann dem nicht gefolgt werden. Die Vorgabe einer solchen Positionierung der Ventilklappe ist dem Anspruch nicht zu entnehmen. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass die von den Beklagten insoweit herangezogene Beschreibungsstelle nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar zur Erfassung des Sinngehalts herangezogen werden kann, nicht aber zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Patentanspruchs festgelegten Gegenstandes führen darf (GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Zudem entnimmt der Leser der der in Bezug genommenen Beschreibungsstelle vorangestellten Einleitung „Die Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnung näher erläutert.“ nicht, dass alle nachfolgenden Ausführungen prinzipielle Erläuterungen des allgemeinen Erfindungsgedankens sind. Denn nach der kurzen Zusammenfassung, was die Figuren zeigen werden, heißt es, dass ein (und nicht „das“)Aufblasventil gemäß der vorliegenden Erfindung in den Figuren 1 und 2 dargestellt ist.

Nach Merkmal 7.2 muss die Ventilklappe den Gaszuführkanal „normalerweise geschlossen halten“. Erkennbarer Sinn dieser Anweisung ist es sicherzustellen, dass aus dem Ventil, wenn der Aufblasvorgang beendet und der aufgeblasene Airbag bestimmungsgemäß im Einsatz ist, durch den Gaszuführkanal keine Luft mehr nach außen entweichen kann. Würde solches geschehen, wäre die für die zu schützende Fracht angestrebte Stoßdämpferfunktion des Airbags in Frage gestellt. Der Begriff „normalerweise“ hat insofern den („normalen“ Gebrauchs-)Zustand des Ventils im Auge, bei dem kein Gaszuführrohr in den Gaszuführkanal eingeführt ist. Wie die für den normalen Gebrauchszustand vorgesehene Abdichtung zu erreichen ist, gibt Merkmal 7.2 dem Fachmann konkret vor. Der dichte Abschluss des Gaszuführkanals soll nicht irgendwie, sondern auf ganz bestimmte Weise erreicht werden, nämlich durch die Elastizität des Ventilklappenmaterials oder durch die Anbringung der Ventilklappe im Ventilkörper (oder durch eine Kombination von beidem). Die im Merkmal 7.2 enthaltene Aufzählung versteht der Fachmann als ab-schließend in dem Sinne, dass – abgesehen von der Materialbeschaffenheit und der Anbringungsart der Ventilklappe – keine weiteren Maßnahmen und Bauteile notwendig sein dürfen, um die erforderliche Dichtigkeit des Ventils herbeizuführen. Dies folgt zum einen aus dem Anspruchswortlaut (wonach es eben die Elastizität oder die Anbringung der Ventilklappe sein soll, die den Gaszuführkanal geschlossen hält) und zum anderen aus der dem Klagepatent zugrunde liegenden Aufgabe, die dahin geht, einen konstruktiv einfachen Ventilaufbau zu schaffen, der ohne die Verwendung von mechanischen Teilen auskommt, wie sie im vorbekannten Stand der Technik noch gebräuchlich waren. Vorliegend ist deswegen die Frage zu beantworten, ob sich bei der angegriffenen Ausführungsform ein dichter Abschluss des Gaszuführkanals auch dann einstellt, wenn die Spiralfeder hinweg gedacht und allein die Ventilklappe (= becherförmiger Boden des Ventilelements) in Betracht gezogen wird. Ist das der Fall, würde es sich bei der Spiralfeder bloß um eine für die Erzielung der patentgemäßen Wirkungen überflüssige Zutat handeln, die einer Merkmalsverwirklichung durch den becherförmigen Boden nicht entgegen stehen könnte.

Festzustellen ist ein dichter Abschluss des Gaszuführkanals ohne die Spiralfeder nicht notwendigerweise für den gesamten Druckbereich, der für die angegriffenen Airbags der Beklagten denkbar oder vorgesehen ist. Patentanspruch 1 bezieht sich nicht auf ein Aufblasventil für Behälter, die unter einen bestimmten Druck gesetzt werden können; ebenso wenig sieht der Anspruchswortlaut einen Druckbereich für die mit dem Ventil zu versehenden Behälter vor. Im Merkmal 1. heißt es nur, dass die Behälter „unter Druck gesetzt werden sollen“, aber nicht, dass die Behälter „unter einen bestimmten Druck oder unter einen Druck von … bar bis … bar gesetzt werden können“. Nur in den beiden zuletzt genannten Alternativen wäre zu fordern, dass das Aufblasventil bei dem bestimmten, im Anspruch genannten Druck oder über den bestimmten, im Anspruch ausgewiesenen Druckbereich hinweg dicht bleiben muss. Mangels einer derartigen Einschränkung im Anspruchswortlaut reicht es vorliegend aus, dass die Ventilklappe den Gaszuführkanal überhaupt, nämlich für irgendeinen Druckwert dicht abschließt, wobei der betreffende Druckwert freilich in dem Sinne praktisch relevant sein muss, dass er nicht nur theoretisch denkbare, sondern tatsächlich realistische Einsatzbedingungen für den Airbag repräsentiert. Wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, stellt der bei seinen Untersuchungen zugrunde gelegte Druckwert von 0,2 bar solche realen Aufblasbedingungen für den Airbag der Beklagten dar. Es handelt sich zwar um den nach den beigegebenen Verwendungshinweisen höchstzulässigen Druckwert, der jedoch ohne weiteres angezeigt ist, wenn die zu sichernde Ladung mit Rücksicht auf ihr Gewicht einen voll aufgeblasenen Airbag verlangt. Für den Wert von 0,2 bar hat der Sachverständige – was ausreicht – jedenfalls für eines der von ihm untersuchten Muster festgestellt, dass der becherförmige Boden den Gaszuführkanal auch ohne die Feder dicht hält. Diesem Muster entsprechende Airbags hat die Beklagte zu 2) unstreitig in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben.

Keine Bedeutung hat, ob es bei wiederholtem Gebrauch des Airbags infolge nachlassender Rückstellkräfte im Bereich des becherförmigen Bodens ohne die Feder zu Undichtigkeiten kommen würde. Nach den Darlegungen des Sachverständigen handelt es sich bei den streitgegenständlichen Airbags um Einmalartikel, die nach ihrem erstmaligen Gebrauch weggeworfen zu werden pflegen. Wenn dem so ist, kommt es nur auf eine Dichtigkeit der Ventilklappe über die vorgesehene (einmalige) Gebrauchsdauer des mit dem Ventil versehenen Airbags an. Dass die angegriffene Ausführungsform während dieser Dauer dicht hält, steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Wie der Sachverständige überzeugend bekundet hat, würde mindestens einer der von ihm untersuchten Muster einen Transport zwischen Containern über eine praxisrelevante Straße z.B. von Duisburg nach Rotterdam aushalten. Denn seine Untersuchungen haben ergeben, dass dieses Muster ohne Feder in aufgeblasenem Zustand mit weniger Druck als 0,2 bar belastet noch nach 6 Wochen gefüllt war.

5.
Aus der vorstehend dargelegten Schutzrechtsverletzung ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

Da die Beklagten zu 2) und 3) mit dem Vertrieb von Mundstück und angegriffener Ausführungsform entgegen § 9 Nr. 1 PatG die patentierte Erfindung unmittelbar benutzen und durch den separaten Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung, nämlich das Ventil, bezieht, das Klagepatent mittelbar verletzen (§ 10 PatG), kann die Klägerin sie nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG auf Unterlassung in Anspruch nehmen.

Nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG haben die Beklagten zu 2) und 3) der Klägerin außerdem allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die schutzrechtsverletzenden Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten zu 2) und 3) haben die ihnen zur Last gelegten schutzrechtsverletzenden Handlungen schuldhaft begangen, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hätten sie als einschlägig tätige Gewerbetreibende die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätten sie sich vor der Aufnahme der Verletzungshandlungen über die Schutzrechtslage informiert; im Rahmen dieser Nachforschungen wären sie auf das Klagepatent gestoßen und hätten jedenfalls bei zutreffender rechtlicher Beratung ohne Schwierigkeiten feststellen können, dass die angegriffenen Schuhe von der dort unter Schutz gestellten Lehre Gebrauch machen und dass ihnen kein Recht zur Benutzung des Klagepatents zusteht.

Die Klägerin hat auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse daran, die Verpflichtung der Beklagten zu 2) und 3) zum Schadenersatz zunächst nur dem Grunde nach feststellen zu lassen, statt auf Leistung zu klagen. Dass ihr die schutzrechtsverletzenden Handlungen der Beklagten zu 2) und 3) Schaden zugefügt haben, erscheint hinreichend wahrscheinlich; beziffern kann die Klägerin die ihr daraus erwachsenden Ansprüche jedoch erst, wenn die Beklagten zu 2) und 3) ihr über den Umfang der begangenen angegriffenen Handlungen Rechnung gelegt haben.

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenser-satzanspruch beziffern zu können, sind die Beklagten zu 2) und 3) zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuer-kannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten zu 2) und 3) werden durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

Gemäß § 140b PatG haben die Beklagten zu 2) und 3) ferner über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen.

III.

Die Verlustigkeitserklärung und die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) waren nach § 516 Abs. 3 ZPO auszusprechen.

Die übrige Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 96, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.