Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. Juni 2015, Az. 2 U 64/14
Vorinstanz: 4c O 2/12
Leitsätze der Redaktion:
1. Im Interesse eines nach dem Gesetzeszweck gebotenen effektiven Rechtschutzes für den Schutzrechtsinhaber ist der Begriff des Anbietens im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Er umfasst jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert darauf gerichtet ist, das beworbene Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitzustellen. Das „Angebot“ muss deshalb keine gemäß § 145 BGB rechtswirksame Vertragsofferte enthalten und setzt damit insbesondere nicht die Angabe von Preisen oder weiteren Einzelheiten voraus. Der Begriff des „Anbietens“ umfasst vielmehr auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter Schutz stehenden Gegenstand ermöglichen oder fördern sollen, das – wie beim Abschluss eines Kaufvertrages – die Benutzung dieses Gegenstands einschließt. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Anbietende mit seiner Offerte eigene Geschäftsabschlüsse forcieren will oder ob das Angebot einem Dritten zugutekommen soll, für dessen Produkt mit dem Angebot eine zu befriedigende Nachfrage geschaffen wird. Insofern entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass zur Gewährleistung eines wirksamen Patentschutzes nur von Belang ist, ob mit der fraglichen Handlung für einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand tatsächlich eine Nachfrage geschaffen wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird.
2. Für die von einer Handelsgesellschaft begangene Patentverletzung hat deren gesetzlicher Vertreter grundsätzlich persönlich einzustehen, weil er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat. Aufgrund seiner satzungsgemäßen Funktion ist er in der Regel Täter und nicht bloß Gehilfe. Er haftet dem Verletzten daher grundsätzlich bei jedweder Schutzrechtsverletzung deliktisch auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz. Soweit der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung für den Bereich des Urheber- und des Wettbewerbsrechts aufgegeben und stattdessen eine Störerhaftung etabliert hat, vermag der Senat dem jedoch für das Patentrecht nicht beizutreten.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.08.2014 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass
– im Tenor zu I. 2. und zu I. 3. des landgerichtlichen Urteils jeweils die Angabe „16. Mai 2003“ durch die Angabe „4. Januar 2011“ ersetzt wird,
– der Urteilstenor zu II. des landgerichtlichen Urteils folgende Fassung erhält:
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der B LLC, C, USA durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem
4. Januar 2011 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;
– der Urteilsauspruch zu III. des landgerichtlichen Urteils entfällt.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt: Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagten 80 % und die Klägerin 20 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten 90 % und die Klägerin 10 %.
III.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115.000,– EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 115.000,– EUR festgesetzt.
GRÜNDE :
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 0 874 AAA (Klagepatent, Anlage B 1, deutsche Übersetzung [DE 696 27 AAB T2] Anlage K 2) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Eingetragene Inhaberin des Klagepatents ist die B LLC, C, USA. Die Klägerin ist deren exklusive Vertriebspartnerin. Mit Vertrag vom 04.12.2012 (Anlage K 1) hat die Patentinhaberin der Klägerin die sich aus den unerlaubten Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. ergebenden Ansprüche auf Rechnungslegung, Schadensersatz und Kostenerstattung abgetreten. Außerdem hat sie die Klägerin ermächtigt, den ihr gegen die Beklagte zu 1. zustehenden Unterlassungsanspruch gerichtlich im eigenen Namen geltend zu machen.
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 31.12.1996 unter Inanspruchnahme dreier US-amerikanischer Prioritäten vom 03.01.1996, 31.01.1996 und 14.05.1996 eingereicht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 16.04.2003. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 696 27 AAB geführt. Er steht in Kraft.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Verbesserung des Atmens. Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet in der Verfahrenssprache wie folgt:
„A device (10; 110) for improving the breathing of a user, comprising: An upper arch (12; 112) adapted to receive at least some of the user’s upper teeth; a lower arch (14; 114) adapted to receive at least some of the user’s lower teeth; and a connector (16; 134) adjustably coupling the upper arch (12) to the lower arch (14); the connector (16; 134) allowing lateral motion of the lower arch (14; 114) relative to the upper arch (12; 112); caracterised in that the connector (16; 134) is operable to be adjusted while the upper arch (12; 112) is coupled to the lower arch (14; 114) and while the device is inserted in the user’s mouth to pull the lower arch (14;114) forwardly to a fixed forward position relative to the upper arch (12; 112).”
In der deutschen Übersetzung lautet Patentanspruch 1 wie folgt:
„Vorrichtung (10; 110) zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers, die umfasst: einen oberen Bogen (12; 112), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der oberen Zähne des Benutzers aufzunehmen; einen unteren Bogen (14; 114), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers aufzunehmen; und ein Verbindungsstück (16; 134), das den oberen Bogen (12) mit dem unteren Bogen (14) einstellbar verbindet; wobei das Verbindungsstück (16; 134) eine seitliche Bewegung des unteren Bogens (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112) ermöglicht; dadurch gekennzeichnet, dass das Verbindungsstück (16; 134) eingestellt werden kann, während der obere Bogen (12; 112) mit dem unteren Bogen (14; 114) verbunden ist und die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist, um den unteren Bogen (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112) nach vorn in eine feste Vorwärtsposition zu ziehen.“
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele, wobei die Figur 1b eine Ausführungsform zeigt, die für die Verwendung in Verbindung mit einem oberen und unteren Bogen angepasst ist. Figur 2a zeigt eine isometrische Seitenansicht dieser Ausführungsform, Figur 3a eine Seitenansicht einer alternativen Ausführungsform mit einer Führungsstange und Figur 6a eine Seitenansicht einer weiteren Ausführungsform mit einem Dehnelement.
Die Beklagte zu 1. hat – nach Erlass des landgerichtlichen Urteils – mit Schriftsatz vom 03.12.2014 (Anlage B 10) Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhoben, über die das Bundespatentgericht noch nicht entschieden hat.
Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, betreibt in Spanien ein Dentallabor, in dem sie Vorrichtungen zur Behandlung des Schnarchens und der Schlafapnoe mit der Bezeichnung „D“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) anfertigt, die sie auch selbst in Spanien vertreibt. Für den deutschen Markt bietet die Beklagte zu 1. an und Iiefert sie den Verbindungsmechanismus (im Folgenden auch: Schraubsystem) für diese Vorrichtungen. Ihre deutschen Abnehmer stellen mit Hilfe dieses Schraubsystems die angegriffene Ausführungsform her. Die generelle Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aus dem als Anlage K 6 vorgelegten Ausdruck des Internetauftritts der Beklagten zu 1. und der als Anlage K 7 vorgelegten Produktbroschüre, der die nachfolgend wiedergegebenen, von der Klägerin mit Bezugszeichen versehenen Abbildungen entnommen sind. Im Verhandlungstermin haben die Beklagten außerm ein Muster der angegriffenen Ausführungsform überreicht.
Die angegriffene Ausführungsform weist eine obere Schiene bzw. einen oberen Bogen (12) zur Aufnahme der oberen Zähne und eine untere Schiene bzw. einen unteren Bogen (14) zur Aufnahme der unteren Zähne auf. Außerdem umfasst die angegriffene Ausführungsform einen Verbindungsmechanismus (16), der den oberen Bogen (12) mit dem unteren Bogen (14) verbindet. Der Verbindungsmechanismus (16) besteht aus zwei horizontal orientierten, metallischen Führungsstangen. Die eine Führungsstange ist in das Kunststoffmaterial des oberen Bogens (12) eingebettet und die andere Führungsstange ist in das Kunststoffmaterial des unteren Bogens (14) eingebettet. Die beiden Führungsstangen sind über eine Verstelleinrichtung (VE) miteinander verbunden, die aus einem im Wesentlichen zylindrischen Metallgehäuse besteht. An seinem einen Ende weist das Metallgehäuse eine Öse auf, über die die Verstelleinrichtung an der mit dem oberen Bogen (12) verbundenen Führungsstange beweglich geführt ist. An dem Metallgehäuse, nämlich an dessen Unterseite, ist eine zweite Öse vorgesehen, die zur Festlegung der Verstelleinrichtung (VE) an der mit dem unteren Bogen (14) verbundenen Führungsstange dient. Die Verstelleinrichtung (VE) weist ferner eine Schraube (S) auf, über die die Positionierung der zweiten Öse entlang der Längserstreckung des Gehäuses der Verstelleinrichtung verstellbar ist. Die nachstehend zur besseren Veranschaulichung wiedergegebenen Abbildungen, die der Anlage K 7 entnommen sind, zeigen die Verstelleinrichtung nochmals im Detail:
Wie den nachfolgend ferner eingeblendeten Figuren 7 und 11 der Anlage K 7 zu entnehmen ist, kann die Vorrichtung mittels eines Schraubendrehers durch Drehen der Schraube (S) eingestellt werden:
Die Schraube ist hierbei – wie die nachfolgend eingeblendete Figur 13 der Anlage K 7 verdeutlicht – von vorn zugänglich, wenn die Vorrichtung in den Mund eines Benutzers eingeführt ist:
Der obere und untere Bogen der Vorrichtung sind über den Verbindungsmechanismus in der Weise verbunden, dass beim Tragen der Vorrichtung eine seitliche Bewegung des Unterkiefers relativ zum Oberkiefer möglich ist. Außerdem lässt sich innerhalb eines eingestellten Bewegungsspielraums der Mund öffnen.
Der Beklagten zu 1. ist das spanische Patent ES 2 365 AAC (Anlage B 1) erteilt worden. Außerdem ist ihr zwischenzeitlich auf eine unter Inanspruchnahme der Priorität des spanischen Patents am 02.06.2010 eingereichte Anmeldung (Anlage B 2) das europäische Patent 2 491 901erteilt worden, dessen Figuren 1 bis 5 nachfolgend wiedergegeben werden:
Die Antischnarch-Vorrichtung „D“ bewirbt die Beklagte zu 1. auf ihrer Internetseite, wobei sie dort u.a. ausführt (Anlage K 6, S. 2):
„… D basiert grundlegend auf dem regulierten mandibularen Vorschub, so dass die Mandibula gezwungen wird, nach vorne geschoben zu werden und dabei die Zunge mitsamt umliegendem Gewebe mitgezogen wird […]. D wird gebildet durch 2 Schienen, die miteinander verbunden sind, und einer Schraube, die den millimetergenauen Vorschub erlaubt. D weist die besonderen Eigenschaften auf, wie […] freie mandibuläre Bewegung mit einer geführten Steuerung durch einen zentralen Stab und einem bilateralen Lauf, d.h. es erlaubt die seitlichen und die eröffnenden Bewegungen im Mund des Patienten“.
Die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform findet in Deutschland unter Verwendung des von der Beklagten zu 1. gelieferten Schraubsystems durch von der Beklagten zu 1. zertifizierte Partnerlabore statt. Für die auf Deutsch angesprochenen Interessenten führt die Beklagte zu 1. auf ihrer Website unter der Rubrik „Laboratorien/zertifizierte Laboratorien“ hier ansässige Dentallabore an. Unter der Rubrik „Patienten/Ihr nächster Zahnarzt“ benennt sie außerdem in Deutschland ansässige Zahnärzte, an die sich Interessenten ebenfalls wenden können (vgl. Anlagen K 17 – K 19). Auf der Website der Beklagten zu 1. und als Inhalt eines „Starter-Kits“ (dazu sogleich) finden sich außerdem Informationen darüber, wie das Schraubsystem „D“ bei der Herstellung von Antischnarch-Vorrichtungen eingesetzt werden soll. Die Antischnarch-Vorrichtungen werden von den Partnerlaboren individuell für jeden Benutzer hergestellt, indem von dem jeweiligen Benutzer ein Abdruck des Gebisses genommen wird, hiervon ausgehend die Schienen (= Bögen) hergestellt und diese sodann mit dem von der Beklagten zu 1. gelieferten Schraubsystem zusammengefügt werden.
Ihren Partnerlaboren stellt die Beklagte zu 1. sog. Starter-Kits zur Verfügung. Ein solches „Starter-Kit“ besteht ausweislich des Internetauftritts der Beklagten zu 1. (Anlage B 4) aus einer Fabrikationslizenz „Zertifiziertes D Labor“, einer Schraubsystembox D: 10 Stück zur Herstellung von 10 D Schienen, einem technischen Handbuch D, einem Herstellungsvideo der Schiene D, einer DVD mit allen Werbematerialien (in verschiedenen Sprachen), der Auflistung auf der Homepage der Beklagten zu 1. als „zertifiziertes D Labor“ sowie dem Recht auf zukünftiges Design des entwickelten Werbematerials der Beklagten zu 1.
Im Jahr 2011 stellte die Beklagte zu 1. auf der Messe „IDS 2011 – 34. Internationale Dentalschau“ in Köln ein Modell der angegriffenen Ausführungsform aus und bewarb die angegriffene Ausführungsform dort.
Die Klägerin sieht im Verhalten der Beklagten eine Verletzung des Klagepatents. Mit Schreiben vom 03.08.2011 (Anlage K 11) mahnte sie die Beklagten wegen der Benutzung des Klagepatents sowie eines weiteren Patents ohne Erfolg ab.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht, dass die Klägerin das Klagepatent mit der angegriffenen Ausführungsform unmittelbar wortsinngemäß verletze. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1. Insbesondere ziehe das in den Mund eingeführte Gerät den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine feste Vorwärtsposition. Eine „feste Vorwärtsposition“ im Sinne des Klagepatents erfasse auch eine Anordnung, bei der die Führungsstange das Öffnen des Mundes während des Tragens der Vorrichtung dergestalt erlaube, dass der Mund bei gleichzeitiger Vorwärtsbewegung des Unterkiefers geöffnet werden könne. Die Beklagte zu 1. biete an und vertreibe die angegriffene Ausführungsform über die von ihr „zertifizierten Laborbetriebe“. Außerdem habe sie die angegriffene Ausführungsform selbst auf der Messe in Köln angeboten. Jedenfalls verletzten die Handlungen der Beklagten das Klagepatent mittelbar.
Die Beklagten, die um Klageabweisung gebeten haben, haben eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt. Die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Eine „feste Vorwärtsposition“ im Sinne des Klagepatents bedeute, dass sich der Unterkiefer in einer auf der Vorwärts-/Rückwärtsachse festgelegten Position befinde. Daran fehle es bei der angegriffenen Ausführungsform, weil diese ein Öffnen des Mundes bei gleichzeitiger Vorwärtsbewegung des Unterkiefers erlaube. Der Unterkiefer könne trotz eingesetzter Vorrichtung nach hinten bewegt werden. Außerdem scheide eine unmittelbare Patentverletzung aus, weil die Beklagte zu 1. nur das Schraubsystem in Deutschland anbiete und hierher liefere. Bei dem Auftritt auf der Messe IDS sei ein Modell der Gesamtvorrichtung einzig zu Demonstrationszwecken gezeigt worden. Dieses Modell sei nicht zum Einsatz bei einem Patienten geeignet gewesen, da die obere und untere Schiene nicht individuell an das Gebiss einer Person angepasst gewesen seien. Schließlich komme eine Haftung des Beklagten zu 2. nicht in Betracht.
Durch Urteil vom 20.08.2014 hat das Landgericht dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen (vgl. LG-Urteil, Umdr. S. 8-12) im Wesentlichen entsprochen. Abgewiesen hat es die – nach Teil-Klagerücknahme (LG-Urteil, Umdr. S. 8) verbliebene Klage – lediglich hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Abmahnkosten, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:
„I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR‚ ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft im Falle der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland
Vorrichtungen zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers, die umfassen:
einen oberen Bogen, der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der oberen Zähne des Benutzers aufzunehmen,
einen unteren Bogen, der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers aufzunehmen und
ein Verbindungsstück, das den oberen Bogen mit dem unteren Bogen einstellbar verbindet,
wobei das Verbindungsstück eine seitliche Bewegung des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen ermöglicht,
anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
bei denen das Verbindungsstück eingestellt werden kann, während der obere Bogen mit dem unteren Bogen verbunden ist und die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist, um den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorne in eine feste Vorwärtsposition zu ziehen;
2. der Klägerin für die Zeit ab dem 16. Mai 2003 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter vorstehend zu I.1. beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen, unter Angabe der Namen und Anschriften der Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer;
3. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu I.1. bezeichneten und seit dem 16. Mai 2003 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei
– die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu I. 3. a) und b) Bestellscheine, hilfsweise Lieferscheine, weiter hilfsweise Rechnungen in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
– den Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch seine Einschaltung entstehenden Kosten tragen und ihn zugleich ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 16. Mai 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
III. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.472,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2013 zu zahlen.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Es liege eine unmittelbare Patentverletzung vor. Die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Sie verwirkliche auch das allein streitige Merkmal des Patentanspruchs 1, wonach das in den Mund eingeführte Gerät den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine „feste Vorwärtsposition“ ziehe. Darunter sei zu verstehen, dass der untere Bogen im Gebrauch eine gegenüber der natürlichen Unterkieferstellung des Benutzers weiter vorn liegende Position einnehme und der Benutzer den unteren Bogen ausgehend von dieser Vorwärtsposition nicht durch Bewegung des Unterkiefers nach hinten versetzen könne. Technischer Sinn des Merkmales sei es, den Unterkiefer des Patienten nach vorn zu ziehen, um seine Atemwege weiter zu öffnen, so dass er leichter durch Mund und Nase atmen könne. Der Fachmann erkenne, dass es zur Erreichung dieses Ziels ausreiche, wenn der Benutzer den Unterkiefer nicht aus der eingestellten Position heraus nach hinten bewegen könne. Eine starre Festlegung der Position des unteren Bogens auf der Vorwärts-/Rückwärtsachse sei insoweit nicht erforderlich. Das Klagepatent erlaube, wie sich auch aus den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 6a bis 6c ergebe, eine weitere Vorwärtsbewegung aus der eingestellten Position heraus. Der Anspruchswortlaut lasse das aufgezeigte Verständnis zu. Der Begriff „fest“ sei nicht isoliert zu betrachten, sondern in Zusammenschau mit dem Begriff „Vorwärtsposition“. Diese Vorwärtsposition, also die gegenüber der natürlichen Kieferstellung des Benutzers nach vorn versetzte Position des Unterkiefers, sei festgelegt. Das bedeute, dass eine Bewegung des unteren Bogens samt Kiefer aus dieser Position nach hinten verhindert werden solle. Andere Bewegungen, die nicht zu einem Verlust der Vorwärtsposition führten, seien nicht zwingend ausgeschlossen. Soweit die Beklagte im Verhandlungstermin ausgeführt habe, der Unterkiefer könne bei der angegriffenen Ausführungsform trotz eingesetzter Vorrichtung nach hinten bewegt werden, sei dies dahingehend zu verstehen, dass der Unterkiefer in einem durch die Länge des Verbindungsstückes der angegriffenen Ausführungsform vorgegebenen Rahmen bewegt werden könne. Sei der Unterkiefer bei eingesetzter Vorrichtung nach vorn bewegt worden, könne er auch wieder nach hinten bewegt werden, allerdings nur in dem durch die Länge des Verbindungsstückes vorgegebenen Rahmen, also nicht bis er seine natürliche Position erreiche. Ein anderes Verständnis verbiete sich angesichts der eigenen Werbung der Beklagten.
Die Beklagte zu 1. biete die angegriffene Ausführungsform in Deutschland an. Ein Angebot liege in ihrem Internetauftritt, in dem die angegriffene Ausführungsform in Form der Gesamtvorrichtung „D“ beworben werde. Darüber hinaus hafte die Beklagte zu 1. für die Herstellung der Gesamtvorrichtung in Deutschland. Sie sei insoweit Mittäterin einer unmittelbaren Patentverletzung, da sich ein Labor, um Partner-Labor der Beklagten zu 1. zu werden, in der Verwendung der von der Beklagten zu 1. gelieferten Verbindungseinrichtung bei der Herstellung einer (Gesamt-) Vorrichtung unterweisen lassen müsse. Auch der Beklagte zu 2. sei aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. passivlegitimiert.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie eine vollständige Abweisung der Klage erstreben. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen sie geltend:
Mit „fester Vorwärtsposition“ des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen sei eine festgelegte, fixierte Vorwärtsposition gemeint, welche eine Bewegung des Unterkiefers in Vorwärts-/Rückwärtsrichtung nicht zulasse. Wie der Fachmann der Figur 2a entnehme, könne sich der Unterkiefer bei der bestimmungsgemäßen Verbindung (Verhakung) von Ober- und Unterkiefer gegenüber dem Oberkiefer in Vorwärts-/Rückwärtsrichtung nicht bewegen und nehme dieser insoweit eine feste Position ein. Soweit das Landgericht auf die Figuren 6a bis 6c des Klagepatents abgestellt habe, könne nach sprachlichem und fachmännischem Verständnis nicht gesagt werden, dass bei diesen ursprünglich beanspruchten Ausführungsbeispielen der untere Bogen (Unterkiefer) eine „feste Vorwärtsposition“ einnehme. Mit der Einfügung des Teil-Merkmals, wonach der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen in eine „feste Vorwärtsposition“ gezogen werde, habe der Patentanmelder eine Auswahlentscheidung getroffen und die genannten alternativen Ausführungsformen aus dem Schutzbereich von Patentanspruch 1 ausgenommen. Eine Patentverletzung scheide daher aus. Bei der angegriffenen Ausführungsform verhindere das einstellbare Verbindungsstück nicht, dass sich der untere Bogen aus einer zuvor definierten Position nach hinten verschieben könne. Mit der Verstelleinrichtung werde der untere Bogen nicht relativ zum oberen Bogen nach vorne gezogen. Vielmehr werde alleine das Spiel oder die Distanz zwischen oberem und unterem Bogen reguliert, um der individuellen Anatomie des Patienten zu entsprechen.
Sie – die Beklagten – stellten keine „Gesamtvorrichtung“ im Sinne einer fertigen Antischnarch-Vorrichtung in Deutschland her und lieferten eine solche auch nicht nach Deutschland. Auch hätten sie die angegriffene Ausführungsform in Deutschland nicht angeboten, sondern sie lediglich im Internet präsentiert. Es sei praktisch ausgeschlossen, dass ein Patient oder Dentallabor aus Deutschland bei der Beklagten zu 1. fertige Antischnarch-Vorrichtungen nachfrage und die Beklagte zu 1. solche nach Deutschland liefere. Es liege auch keine Mittäterschaft vor. Ein bewusstes Zusammenwirken mit Dentallaboren in Deutschland erfolge nicht. Eine Unterweisung von Dentallaboren durch sie finde nicht statt. Ihre Website enthalte lediglich Informationen, wie das Schraubsystem bei der Herstellung von Antischnarch-Vorrichtungen eingesetzt werden solle, was nicht über eine übliche Gebrauchsanweisung hinausgehe. Die Herstellung der Gesamtvorrichtung erfolge durch das Dentallabor individuell für den jeweiligen Patienten nach Anweisungen des Zahnarztes.
Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, weshalb das Verfahren jedenfalls bis zur Entscheidung des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen sei. Patentanspruch 1 sei unzulässig erweitert. Außerdem sei der Gegenstand des Klagepatents nicht patentfähig, weil er im Hinblick auf den im Nichtigkeitsverfahren entgegengehaltenen Stand der Technik nicht neu sei, jedenfalls aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen;
hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.
Die Klägerin, die ihre Anträge auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunftserteilung in der Berufungsinstanz mit Zustimmung der Beklagten teilweise zurückgenommen hat (Bl. 417 GA), beantragt,
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass der Tenor zu II. des Urteils des Landgerichts dahin gefasst werden soll, dass festgestellt wird, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr – der Klägerin – allen Schaden zu ersetzen, der der B LLC, C, USA durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 4. Januar 2011 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird, sowie mit der weiteren Maßgabe, dass auch Rechnungslegung- und Auskunftserteilung erst ab dem 4. Januar 2011 begehrt werden.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit sie ihre Klage in der Berufungsinstanz nicht teilweise zurückgenommen hat, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages und tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten sowie deren Aussetzungsantrag entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt – nachdem die Klägerin ihre Anträge auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunftserteilung zeitlich beschränkt und ihren Schadensersatzfeststellungsantrag ferner dahin angepasst hat, dass Ersatz des der Patentinhaberin entstandenen Schadens begehrt wird – im Wesentlichen ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagten wegen unmittelbarer Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung verurteilt und außerdem ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt. Es hat die angegriffene Ausführungsform zutreffend als wortsinngemäße Übereinstimmung mit der in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellten technischen Lehre beurteilt und ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagten das Klagepatent unmittelbar benutzen. Nicht begründet ist die Klage lediglich, soweit die Klägerin von den Beklagten auch die Erstattung von Abmahnkosten begehrt. Insofern ist die Klage im Berufungsverfahren – unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils – abzuweisen. Zu einer Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung über die von der Beklagten zu 1. erst nach Erlass des angefochtenen Urteils gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage besteht kein Anlass.
A.
Das Klagepatent betrifft eine medizinische Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung.
Aus dem Stand der Technik ist es bekannt, Atmungsproblemen in Gestalt von Schlafstörungen, Schnarchen und Schlafapnoe durch die Verwendung von Vorrichtungen zu begegnen, die in den Mund des Benutzers eingesetzt werden und dessen Unterkiefer nach vorn ziehen. Hierdurch werden die Atemwege des Benutzers weiter geöffnet, der somit leichter durch Nase und Mund atmen kann (Anlage K 2, Abs. [0003]; die nachfolgenden Bezugnahmen betreffen jeweils die deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift). An derartigen vorbekannten Vorrichtungen kritisiert die Klagepatentschrift als nachteilig, dass mit ihnen ernsthaftere Zustände nicht angemessen behandelt werden könnten. Außerdem könnten sie oft nicht in hinreichender Weise für den einzelnen Benutzer angepasst und eingestellt werden, um vielseitig verwendet werden zu können (Abs. [0003]). Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ferner ausführt, ist es außerdem als Behandlungsmethode für derlei Leiden bekannt, mithilfe einer Gesichtsmaske, Nasenmaske oder Naseneinsätzen einen kontinuierlichen Luftüberdruck auf die Atemwege des Patienten auszuüben, dessen Atemwege dadurch vollständiger geöffnet werden (Abs. [0004]). Hieran bemängelt die Klagepatentschrift, dass die erforderliche Maske, die mit einstellbaren oder elastischen Riemen befestigt werde, sich verschieben oder lösen und keinen ausreichenden Überdruck mehr ausüben könne oder gar der Patient geweckt werde (Abs. [0004]).
Außerdem erwähnt die Klagepatentschrift die US-A-5409AAD (Anlage K 3), die eine Kieferneupositionierungsvorrichtung mit einem oberen und einem unteren Beißblock offenbart. Die beiden Beißblöcke sind durch einen einstellbaren Mechanismus miteinander verbunden. Der Mechanismus umfasst einen hinteren, mit dem hinteren Teil des oberen Beißblocks verbundenen Abschnitt, einen inneren, mit dem vorderen Teil des unteren Beißblocks verbundenen Abschnitt und eine einstellbare Verbindung zwischen innerem und hinterem Abschnitt (Abs. [0005]).
Das Klagepatent hat es sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe gemacht, den Nachteilen und Problemen, die aus der Verwendung vorbekannter Vorrichtungen resultieren, abzuhelfen (Abs. [0006]).
Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Patentanspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
(1) Vorrichtung (10; 110) zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers.
(2) Die Vorrichtung umfasst
(2.1) einen oberen Bogen (12; 112), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der oberen Zähne des Benutzers aufzunehmen,
(2.2) einen unteren Bogen (14; 114), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers aufzunehmen,
(2.3) ein Verbindungsstück (16; 134).
(3) Das Verbindungsstück (16; 134)
(3.1) verbindet den oberen Bogen (12) mit dem unteren Bogen (14) einstellbar;
(3.2) ermöglicht eine seitliche Bewegung des unteren Bogens (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112);
(3.3) kann eingestellt werden, während der obere Bogen (12; 112) mit dem unteren Bogen (14; 114) verbunden ist und die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist.
(4) Das in den Mund eingeführte Gerät zieht den unteren Bogen (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112) nach vorn in eine feste Vorwärtsposition.
Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf das Merkmal (4) der vorstehenden Merkmalsgliederung näherer Erläuterung.
1.
Die unter Schutz gestellte Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers weist ein Verbindungsstück auf (Merkmal (2.3)), das den oberen Bogen mit dem unteren Bogen einstellbar verbindet (Merkmal (3.1)), wobei dieses Verbindungsstück eingestellt werden kann, während der obere Bogen mit dem unteren Bogen verbunden ist und die Vorrichtung in den Mund eines Benutzers eingeführt ist (Merkmal (3.3)). Gemäß Merkmal (4) kann die in den Mund eingeführte Vorrichtung („das Gerät“) den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine feste Vorwärtsposition ziehen. Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der vorgenannten Merkmale ergibt, kann der untere Bogen damit im Verhältnis zum oberen Bogen durch Einstellung des Verbindungsstücks nach vorn positioniert werden. Nach dem Anspruchswortlaut wird der untere Bogen hierbei nicht nur irgendwie nach vorn bewegt oder verschoben. Vielmehr „zieht“ die Vorrichtung den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn. Das bedeutet, dass der untere Bogen nach vorn im Verhältnis zum oberen Bogen positioniert wird, indem eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird. Letzteres entnimmt der Fachmann nicht nur dem Wort „zieht“, sondern auch der Klagepatentbeschreibung, in der es heißt (Unterstreichungen hinzugefügt):
„[0013] … Bei noch einer anderen Ausführungsform ermöglicht das Verbindungsstück eine laterale Bewegung des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen und eine einstellbare Positionierung des unteren Bogens nach vorn im Verhältnis zum oberen Bogen, indem eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird.“
„[0014] … Das Verbindungsstück kann den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen einstellbar vorwärts positionieren, indem eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird. …“
„[0016] …Die Vorrichtung positioniert den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen einstellbar unter Verwendung der Zugkraft nach vorn. …“
Diese Beschreibungsstellen beziehen sich zwar jeweils auf „weitere“ bzw. „andere“ Ausführungsformen. Dass sich die in diesen Beschreibungsteilen enthaltene Erläuterung, wie die einstellbare Positionierung des unteren Bogens nach vorn im Verhältnis zum oberen Bogen erfolgt, nur auf bevorzugte Ausführungsformen bezieht und die im Patentanspruch 1 enthaltene Angabe „zieht“ demgegenüber allgemeiner im Sinne einer „kraftbeaufschlagten Vorwärtspositionierung“ zu verstehen ist, lässt sich der Patentbeschreibung jedoch nicht entnehmen. Dagegen spricht auch, dass das Klagepatent keinen Unteranspruch enthält, der speziell Schutz für eine besondere Ausgestaltung nach Anspruch 1 beansprucht, bei der eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird. Zudem wird bei sämtlichen figürlich dargestellten Ausführungsbeispielen der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen jeweils nach vorn positioniert, indem eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird (vgl. auch Abs. [0079]). Das gilt auch für das von den Beklagten in Bezug genommene Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2b, bei dem der untere Bogen (14) einen Befestigungshaken (34) umfasst, der sich lateral über die Mittellinie des unteren Bogens (14) erstreckt und in einen an dem Hakenelement (26) vorgesehenen Haken (44) eingreift (vgl. Abs. [0049]). Wenn die Haken ineinandergreifen, kann der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen durch Drehung der horizontalen Schraube (24) nach vorn verschoben werden. Als Reaktion auf die Drehung der Schraube (24) in die geeignete Richtung gleitet die Schraube in dem Kanal (22) und ermöglicht es dem Hakenelement (26), sich in dem Kanal (22) vorwärts zu bewegen (vgl. Abs. [0049]). Durch die Vorwärtsbewegung des Hakenelements (26) wird über den in den Befestigungshaken (34) des unteren Bogens eingreifenden Haken (44) eine Zugkraft auf den unteren Bogen (14) ausgeübt, durch die dieser im Verhältnis zum oberen Bogen (12) nach vorn gezogen wird. Der Fachmann versteht den Begriff „zieht“ vor diesem Hintergrund dahin, dass eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird, um ihn vor dem oberen Bogen zu platzieren.
2.
Merkmal (4) gibt ferner vor, dass der unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen in eine „feste Vorwärtsposition“ gezogen wird. Der Begriff „feste Vorwärtsposition“ wird weder im Patentanspruch noch in der Patentbeschreibung definiert. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erkennt der Fachmann jedoch unschwer, dass es Sinn und Zweck des Merkmals (4) ist, den Unterkiefer des Benutzers im Verhältnis zum Oberkiefer nach vorn zu ziehen, um die Atemwege des Benutzers weiter zu öffnen, wobei klar ist, dass die Atemwege beim Tragen der Vorrichtung auch so geöffnet bleiben sollen. Wird die unter Schutz gestellte Vorrichtung zum Verbessern des Atmens in den Mund des Benutzers eingesetzt, nimmt der unterer Bogen mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers auf (Merkmal (2.2)), während der obere Bogen mindestens einige der oberen Zähne aufnimmt (Merkmal (2.1)). Dadurch, dass der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen von der Vorrichtung nach vorn gezogen wird, wird auch der Unterkiefer des Benutzers im Verhältnis zum Oberkiefer nach vorn gezogen. Dies bewirkt, dass die Atemwege des Benutzers weiter geöffnet werden, wodurch es diesem ermöglicht wird, leichter durch die Nase und den Mund zu atmen (Abs. [0002]). Zur weiteren Öffnung der Atemwege muss der Unterkiefer im Verhältnis zum Oberkiefer nach vorn gezogen werden. Außerdem muss sichergestellt sein, dass diese vom Klagepatent als „Vorwärtsposition“ bezeichnete Position, in der die Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung ihre Wirkung entfaltet, nicht wieder dadurch rückgängig gemacht wird, dass sich der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen aus der Vorwärtsposition heraus wieder nach hinten bewegt. Die Vorwärtsposition, in der die Vorrichtung die Atemwege des Benutzers weiter öffnet, muss insoweit aufrechterhalten werden. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erfordert dies aber nicht notwendig eine „starre“ Festlegung der Position des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen auf der Vorwärts-/Rückwärtsachse, weshalb es unschädlich ist, wenn der untere Bogen und damit der Unterkiefer beim Tragen der Vorrichtung aus der eingestellten Vorwärtsposition hinaus weiter nach vorn bewegt werden kann. Auch für die vom Klagepatent angestrebten Vorteile ist eine solche (weitere) Bewegbarkeit des Unterkiefers ohne Relevanz. Das Klagepatent will eine Vorrichtung bereitstellen, die auf einfache Weise vom Benutzer oder einer medizinischen Fachkraft an den Benutzer angepasst werden kann (Abs. [0017]). Durch die Anpassung soll gleichzeitig ein sicherer Sitz der Vorrichtung im Mund des Benutzers gewährleistet werden (Abs. [0017]). Außerdem soll es dem Kiefer beim Gebrauch der Vorrichtung möglich bleiben, sich lateral zu bewegen, wodurch der Komfort für den Benutzer erhöht wird (Abs. [0018]). Gleichzeitig soll eine wirksame Behandlung von Atemstörungen sichergestellt sein (vgl. Abs. [0017], [0018]). Wie sich dem Fachmann bei Lektüre der Klagepatentschrift unweigerlich erschließt, kommt es zur Verwirklichung dieser Ziele und Vorteile nicht auf eine starre Fixierung des Unterkiefers im Verhältnis zum Oberkiefer an. Erforderlich ist nur, dass der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine Vorwärtsposition gezogen wird, in der die Atemwege des Benutzers weiter geöffnet sind, und diese Stellung, in der die Vorrichtung ihre therapeutische Wirkung entfaltet, nicht wieder verloren geht. Die Vorwärtsposition muss insoweit nur dergestalt festgelegt sein, dass der im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn positionierte untere Bogen nicht nach hinten hinter die eingestellte, therapeutisch nützliche Vorwärtsposition zurückfallen kann. Die therapeutisch nützliche Vorwärtsposition darf mit anderen Worten nicht unterschritten werden. Ist dies gewährleistet, nimmt der untere Bogen und damit der Unterkiefer stets eine Position ein, die vor der Position liegt, die der Unterkiefer im Verhältnis zum Oberkiefer während des Schlafs des Benutzers ohne die Verwendung der Vorrichtung aufweisen würde, so dass der Unterkiefer dauerhaft („fest“) eine gegenüber der normalen („natürlichen“) Unterkieferstellung weiter vorn liegende, therapeutisch wirksame Position einnimmt. Ist die eingestellte Vorwärtsposition erreicht und ist ihre Aufrechterhaltung in dieser Weise gesichert, besteht kein Grund zu einer weitergehenden Fixierung des Unterkiefers im Verhältnis zum Oberkiefer. Die erfindungsgemäßen Vorteile werden vielmehr auch dann erzielt, wenn der untere Bogen nach Erreichen einer im Verhältnis zum oberen Bogen hinreichend nach vorn gezogenen Position noch weiter nach vorn und hiernach wieder zurück in die eingestellte Vorwärtsposition bewegt werden kann.
Bereits im Hinblick auf den vorbeschriebenen Zweck des Merkmals (4) und die Funktion der einstellbaren Vorwärtsposition versteht der Fachmann die Angabe „feste Vorwärtsposition“ in Merkmal (4) dahin, dass der untere Bogen im Gebrauch der Vorrichtung eine im Verhältnis zum oberen Bogen vorn liegende Position einnehmen soll, wobei er nur nicht hinter die eingestellte Vorwärtsposition zurückfallen darf. Der Anspruchswortlaut, der davon spricht, dass „…der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen in eine feste Vorwärtsposition“ gezogen wird, lässt diese Auslegung ohne Weiteres zu. Zum einen ist der Begriff „fest“ – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht isoliert zu betrachten, sondern in Zusammenschau mit der Angabe „Vorwärtsposition“, auf die er sich bezieht. Zum anderen wird die „feste Vorwärtsposition“ nicht absolut, sondern als Ergebnis einer Zugbewegung „im Verhältnis zum oberen Bogen“ gefordert. Es kommt daher für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre nur darauf an, dass, wenn die Vorrichtung in den Mund eines Benutzers eingeführt ist, der untere Bogen als Ergebnis einer Zugbewegung im Verhältnis zum oberen Bogen so positioniert ist, dass er nicht hinter die eingestellte therapeutische Vorwärtsposition zurückfällt. Insoweit ist die Vorwärtsposition „fest“.
Der Fachmann erkennt zudem, worauf das Landgericht mit Recht hingewiesen hat, dass eine zusätzliche Bewegungsfreiheit des unteren Bogens und damit des Unterkiefers den gewünschten Komfort für den Benutzer sogar vergrößern kann. Zwar wird eine Erhöhung des Tragekomforts nach der Lehre des Klagepatents schon dadurch erreicht, dass sich der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen seitlich bewegen lässt (Merkmal (3.2)). Eine weitergehende Bewegungsfreiheit kann den Komfort für den Benutzer jedoch weiter erhöhen. So ist es für den Benutzer insbesondere von Vorteil, wenn sich der Mund zum Husten, Gähnen etc. in einem gewissen Umfang öffnen lässt. Demgemäß schlägt das Klagepatent in seinem Unteranspruch 3 auch ausdrücklich eine besondere Ausgestaltung nach Anspruch 1 vor, bei der das Verbindungsstück die freie Bewegung des Unterkiefers des Benutzers in vertikaler Richtung im Verhältnis zum oberen Bogen ermöglicht (vgl. auch Abs. [0062], [0078]). Unteranspruch 9 schlägt ferner eine besonders bevorzugte Ausgestaltung vor, bei der das Verbindungsstück die vertikale Bewegung des unteren Bogens in vertikaler Richtung im Verhältnis zum oberen Bogen innerhalb eines bestimmten Bereichs einschränkt. Die genannten Unteransprüche sehen damit eine – zumindest gewisse – zusätzliche Bewegbarkeit des unteren Bogens in vertikaler Richtung vor, welche Voraussetzung für ein Öffnen des Mundes ist.
In dem Verständnis, dass Merkmal (4) keine starre Fixierung der Position des unteren Bogens verlangt, welche jegliche Bewegung des Unterkiefers in Vorwärts-/Rückwärtsrichtung unterbindet, sieht sich der Fachmann zudem durch die Ausführungsbeispiele gemäß der Figur 5d sowie den Figuren 6a bis 6c bestätigt. Wie das Landgericht zutreffend herausgearbeitet hat, verdeutlichen diese Ausführungsbeispiele ihm nämlich, dass das Klagepatent eine weitere Bewegung des unteren Bogens aus der eingestellten Vorwärtsposition heraus nach vorn erlaubt.
So ist bei den in den Figuren 6a bis 6c gezeigten Ausführungsbeispielen zur Einstellung der Vorwärtsposition jeweils ein Dehnelement (48) vorgesehen. Dieses kann unter Spannung gesetzt werden, wodurch der untere Bogen samt Unterkiefer nach vorn gezogen wird (vgl. Abs. [0060]). Eine solche Anordnung ermöglicht – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – eine gewisse weitere Bewegung des Unterkiefers nach vorn, weil bei einer entsprechenden Vorschubbewegung die Spannung des Dehnelements abnimmt.
Entsprechendes gilt für das in Figur 5d gezeigte Ausführungsbeispiel mit seinem elastischen Element (46). In Absatz [0059] der Patentbeschreibung heißt es hierzu (Unterstreichung hinzugefügt):
„Fig. 5d veranschaulicht eine alternative Ausführungsform des Hakens 44, der ein elastisches Element 46, wie beispielsweise eine Feder oder ein Gummiband, das zwischen dem Verbindungsstück 16 und dem Haken 46 angeordnet ist, umfasst. Wenn der Haken 44 in den Befestigungshaken 34 des unteren Bogens 14 eingegriffen hat, um den Unterkiefer des Benutzers nach vorn zu bewegen, genießt der Kiefer aufgrund des elastischen Elements nach wie vor eine gewisse Bewegungsfreiheit. Diese Konfiguration erlaubt dem Benutzer nicht nur, beim Gebrauch der Vorrichtung einen größeren Komfort zu genießen, sondern das elastische Element 48 reduziert die Gefahr der Verletzung von Zähnen des Benutzers als Folge einer schnellen und kräftigen Bewegung des Unterkiefers des Benutzers. …“
Die angesprochene Bewegungsfreiheit beinhaltet eine Bewegbarkeit in Vorwärtsrichtung. Denn das elastische Element (46) muss so gespannt sein, dass der untere Bogen und damit der Unterkiefer nach vorn gezogen werden. Damit ist aber eine (gewisse) weitere Vorwärtsbewegung des Unterkiefers möglich, weil bei einer solchen Bewegung die Spannung des elastischen Elementes abnimmt.
Wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat (Schriftsatz vom 06.02.2015, Seite 3 [Bl. 356 GA]), wird schließlich bei dem in den Figuren 3a und 3b gezeigten Ausführungsbeispiel, bei dem der untere Bogen und der obere Bogen über eine Führungsstange (94) verbunden sind, die den unteren Bogen nach vorn zieht, durch die Führungsstange ein Öffnen des Mundes ermöglicht, wobei dies unter einer gleichzeitigen Vorwärtsbewegung des Unterkiefers geschieht. Dem entsprechenden Sachvortrag der Klägerin sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Sie räumen vielmehr ausdrücklich ein, dass die Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 3a ff. Vorrichtungen mit in Vorwärts-/Rückwärtsrichtung beweglichem Unterkiefer zeigen (Schriftsatz vom 13.04.2015, Seite 3 [Bl. 380 GA]; Schriftsatz vom 03.12.2014, Seiten 7-8 [Bl. 302-303 GA]). Die Beklagten meinen nur, die betreffenden Ausführungsformen fielen nicht unter den erteilten Patentanspruch 1. Dafür ist der Klagepatentschrift jedoch nichts zu entnehmen. Wie bereits ausgeführt, entspricht auch eine Ausführungsform dem Wortsinn des Merkmals (4), bei der der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine vor dem oberen Bogen gelegene Position gezogen wird, aus der er zwar weiter nach vorn bewegt werden kann, hinter die er aber nicht zurückfallen kann, so dass es sich bei dieser Position im Verhältnis zum oberen Bogen um eine „feste Vorwärtsposition“ des unteren Bogens handelt. Soweit die Beklagten geltend machen, der Anmelder des Klagepatents habe eine „Auswahlentscheidung“ getroffen und die vorstehend behandelten Ausführungsformen aus dem Schutzbereich von Anspruch 1 ausgenommen, ist der Klagepatentschrift hierfür nichts zu entnehmen und auch ansonsten nichts ersichtlich.
B.
Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die angegriffene Ausführungsform der unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß entspricht.
1.
Hinsichtlich der Merkmale (1) bis (3) der vorstehend wiedergegebenen Merkmalsgliederung ist das auch in zweiter Instanz unstreitig und bedarf daher keiner weiteren Begründung.
2.
Die angegriffene Ausführungsform entspricht ferner den Vorgaben des Merkmals (4).
a)
Bei der angegriffenen Ausführungsform wird das klagepatentgemäße Verbindungsstück von den beiden Führungsstangen und der Verstelleinrichtung (VE) gebildet. Letztere Einrichtung besteht aus einem im Wesentlichen zylindrischen Metallgehäuse, das an seinem vorderen Ende eine „Öse“ aufweist, welche in dem der Beklagten zu 1. erteilten Patent EP 2 491 AAE als „oberer Verschiebering (3)“ bzw. „Führungsgehäuse (4)“ bezeichnet wird, wobei die dortige Öse allerdings vollständig geschlossen ist, wohingegen dies – wie sich aus der Anlage B 7 und dem von den Beklagten im Verhandlungstermin überreichten Muster ergibt – bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall ist. Über die besagte Öse ist die Verstelleinrichtung (VE) an der mit dem oberen Bogen (12) verbundenen Führungsstange beweglich geführt. An der Unterseite des Metallgehäuses ist eine zweite Öse vorgesehen, die zur Festlegung der Verstelleinrichtung an der mit dem unteren Bogen (14) verbundenen Führungsstange dient. In dem der Beklagten zu 1. erteilten EP 2 491 AAE wird letztere Öse als „unterer Verschiebering (11)“ bezeichnet, der eine „Bohrung 12“ aufweist. Die Verstelleinrichtung umfasst ferner eine Schraube (S), über die die Positionierung der zweiten Öse entlang der Längserstreckung des Gehäuses der Ver-stelleinrichtung verstellbar ist. Wird die Schraube in die geeignete Richtung gedreht, wird die untere Öse nach vorn verschoben. Da die in das Kunststoffmaterial des unteren Bogens (14) eingebettete untere Führungsstange in dieser Öse gelagert ist, wird durch die Vorwärtsverschiebung der Öse eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt, durch die dieser im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine Vorwärtsposition gezogen wird. In ihrer Werbung führt die Beklagte zu 1. hierzu aus, dass die „D“-Schiene auf einem „regulierten mandibularen Vorschub“ beruht, so dass die Mandibula (der Unterkiefer) gezwungen wird, nach vorn geschoben zu werden (Anlage K 6, S. 2). Außerdem hebt sie dort hervor, dass die Schraube einen „millimetergenauen Vorschub“ (Anlage K 6, S. 2) bzw. einen „millimeterkontrollierter Vorschub“ des Unterkiefers (Anlage K 6, S. 1; Anlage K 7, S. 1) erlaubt.
Bei der mittels der Schraube einstellbaren Vorschubposition handelt es sich um eine „feste Vorwärtsposition“ im Sinne des Klagepatents. Dass der Benutzer beim Tragen der angegriffenen Ausführungsform den Mund in einem gewissen Umfang öffnen kann und dass, je weiter der Benutzer den Mund öffnet, der Unterkiefer nach vorn verschoben wird, steht der Annahme einer solchen Vorwärtsposition aus den bereits angeführten Gründen nicht entgegen.
Im Hinblick auf die Werbung der Beklagten sowie das von den Beklagten im Verhandlungstermin vorgelegte Demonstrationsobjekt (Gebiss mit angegriffener Ausführungsform) muss auch davon ausgegangen werden, dass der untere Bogen nicht nach hinten hinter die eingestellte, therapeutisch nützliche Vorschubposition verschoben werden kann. Soweit die Beklagten in erster Instanz geltend gemacht haben, bei der angegriffenen Ausführungsform könne der Unterkiefer trotz eingesetzter Vorrichtung nach hinten bewegt werden, konnte dieses pauschale Vorbringen nur dahingehend interpretiert werden, dass der Unterkiefer zwar weiter nach vorn bewegt und hiernach auch wieder nach hinten bewegt werden kann, allerdings nur bis zu der eingestellten Vorschubposition, die deshalb eine feste Vorwärtsposition im Sinne des Klagepatents darstellt. Gegenteiliges zeigen die Beklagten auch in zweiter Instanz nicht auf. Es ist bereits nicht verständlich, weshalb sich beim Tragen der Vorrichtung der Unterkiefer wieder hinter die „millimetergenau“ einstellbare Vorschubposition zurück verschieben können sollte, da in diesem Falle die Vorrichtung ihre bestimmungsgemäße Wirkung nicht entfalten könnte. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, wie die angegriffenen Ausführungsform, wenn sie in den Mund eines Benutzers eingeführt ist, eine derartige Rückwärtsbewegung des Unterkiefers erlauben soll. Derartiges lässt sich auch anhand des vorgelegten Demonstrationsobjekts nicht feststellen. Hält man bei diesem den Oberkiefer fest und vollzieht man mit dem Unterkiefer eine korrekte Öffnungsbewegung, so bestätigt dieses Muster vielmehr, dass der Unterkiefer im Verhältnis zum Oberkiefer stets eine Vorwärtsposition einnimmt, die nicht verloren geht.
b)
Dass der Beklagten zu 1. für eine der angegriffenen Ausführungsform entsprechende bzw. ähnliche Vorrichtung ein Patent erteilt worden ist, steht einer Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagepatents nicht entgegen. Dieser Umstand könnte nur dann erheblich werden, wenn ein Merkmal des Klagepatents durch ein gleich-wirkendes Austauschmittel ersetzt und Patentanspruch 1 daher nur äquivalent verwirklicht wäre (BGH, GRUR 1999, 977, 981 – Räumschild; GRUR 2010, 602, 606 – Gelenkanordnung). Bei der angegriffenen Ausführungsform sind indes alle Merkmale von Patentanspruch 1 wortsinngemäß vorhanden.
C.
Mit Recht ist das Landgericht von der Passivlegitimation beider Beklagter ausgegangen.
1.
Die Beklagte zu 1. bietet die angegriffene Ausführungsform in Deutschland an und haftet auch für die seitens ihrer Partnerlabore in Deutschland unter Verwendung des von ihr gelieferten Verbindungsmechanismus durchgeführte Herstellung der Gesamtvorrichtung.
a)
Die angegriffene Ausführungsform wird von der Beklagten im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG angeboten.
aa)
Das Anbieten ist nicht nur eine dem Herstellen, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen oder Besitzen vorausgehende Vorbereitungshandlung, sondern eine eigenstände Benutzungsart neben diesen Handlungen, die selbstständig zu beurteilen und für sich allein anspruchsbegründend ist (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte; GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; GRUR 2007, 221, 222 – Simvastin; Senat, GRUR 2004, 417, 419 – Cholesterinspiegelsenker; Urt. v. 20.12.2012 – I-2 U 89/07, BeckRS 2013, 11856; Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14, BeckRS 2014, 21755). Es ist daher unerheblich, ob der Anbietende den Gegenstand selbst herstellt oder ob er ihn von dritter Seite bezieht (BGH, GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; Senat, Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14). Es ist auch nicht erforderlich, dass das angebotene Erzeugnis bereits fertiggestellt ist oder sich im räumlichen Geltungsbereich des verletzten Schutzrechtes befindet (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl., Rdnr. 195 m. w. Nachw.). Nach geltendem Recht ist Voraussetzung für ein Anbieten auch nicht das tatsächliche Bestehen einer Herstellungs- und/oder Lieferbereitschaft des Anbietenden (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für elektrische Geräte; Senat, InstGE 2, 125 128 f. – Kamerakupplung II; Urt. v. 20.12.2012 – I-2 U 89/07; Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14; OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59 – MP2-Geräte). Auch kommt es für eine Patentverletzung nicht darauf an, ob das Angebot Erfolg hat, es also zu einem Inverkehrbringen führt (Senat, GRUR 2004, 417, 418 – Cholesterinspiegelsenker; Senat, Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14). Im Interesse eines nach dem Gesetzeszweck gebotenen effektiven Rechtschutzes für den Schutzrechtsinhaber ist der Begriff des Anbietens im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Er umfasst jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert darauf gerichtet ist, das beworbene Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitzustellen (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; GRUR 1970, 358 – Heißläuferdetektor; Senat, Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14; Urt. v. 13.02.2014 – I-2 U 42/13; BeckRS 2014, 05732). Das „Angebot“ muss deshalb keine gemäß § 145 BGB rechtswirksame Vertragsofferte enthalten und setzt damit insbesondere nicht die Angabe von Preisen oder weiteren Einzelheiten voraus. Der Begriff des „Anbietens“ umfasst vielmehr auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter Schutz stehenden Gegenstand ermöglichen oder fördern sollen, das – wie beim Abschluss eines Kaufvertrages – die Benutzung dieses Gegenstands einschließt (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; Senat, GRUR-RR 2007, 259, 261 – Thermocycler). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Anbietende mit seiner Offerte eigene Geschäftsabschlüsse forcieren will oder ob das Angebot einem Dritten zugutekommen soll, für dessen Produkt mit dem Angebot eine zu befriedigende Nachfrage geschaffen wird (Senat, Urt. v. 13.02.2014 – I-2 U 42/13). In dem einen wie in dem anderen Fall ist die Rechtsposition des Schutzrechtsinhabers in gleichem Maße beeinträchtigt, weil eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt wird, die das Ausschließlichkeitsrecht aus dem Patent schmälert. Insofern entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass zur Gewährleistung eines wirksamen Patentschutzes nur von Belang ist, ob mit der fraglichen Handlung für einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand tatsächlich eine Nachfrage geschaffen wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird. Wer das angebotene Erzeugnis später zur Verfügung stellt, hat keine Bedeutung. Bezweckt das Angebot den Geschäftsabschluss mit einem Dritten, so ist es deswegen unerheblich, ob der Anbietende von dem Dritten beauftragt oder bevollmächtigt ist (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Selbst wenn es hieran fehlt, bleibt es dabei, dass mit dem drittbegünstigenden Angebot eine Nachfrage für das Verletzungsprodukt generiert wird, die in das Monopolrecht des Patentinhabers eingreift. Vom Schutzbedürfnis des Patents her betrachtet macht es ersichtlich keinen Unterschied, ob Verletzungsgegenstände deshalb nachgefragt werden, weil der spätere Lieferant selbst sich zu ihrer Lieferung bereit erklärt hat, oder ob derselbe Eingriffstatbestand dadurch geschaffen wird, dass ein Dritter das Verletzungsprodukt zugunsten des Lieferanten beworben hat (Senat, Urt. v. 13.02.2014 – I-2 U 42/13).
bb)
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze bietet die Beklagte zu 1. auf ihrer Homepage zweifelsfrei Verletzungsgegenstände an. Der Internetauftritt der Beklagten zu 1. ist in deutscher Sprache verfasst und richtet sich damit an in Deutschland ansässige Interessenten, zu denen auch Verbraucher, d.h. potentielle Patienten bzw. Benutzer gehören. Auf ihrer Internetseite bewirbt die Beklagte zu 1. die „D“-Schiene als Gesamtvorrichtung, mithin die patentverletzende angegriffene Ausführungsform. Die Werbung der Beklagten zu 1. ist nach ihrem objektiven Erklärungswert darauf gerichtet, das beworbene Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitzustellen. Sie macht nämlich für den Interessenten deutlich, dass patentverletzende Vorrichtungen erhältlich sind. Mangels gegenteiliger Hinweise in der Werbung der Beklagten zu 1. muss davon ausgegangen werden, dass deren Internetwerbung von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher dahin verstanden wird, dass die angepriesene „D“-Schiene über die auf der Internetseite der Beklagten zu 1. angegebenen „zertifizierten Laboratorien“ und/oder Zahnärzte von der Beklagten zu 1. erworben werden kann. Jedenfalls ist die Werbung der Beklagten zu 1. aber dahin zu verstehen, dass die beworbene „D“-Schiene bei den benannten „zertifizierten Laboratorien“ erhältlich ist. Insoweit bezweckt die Offerte der Beklagten zu 1. den Geschäftsabschluss über den schutzrechtsverletzenden Gegenstand mit einem Dritten, was – wie ausgeführt – für ein Angebot im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG genügt.
Darauf, ob in der Präsentation der angegriffenen Ausführungsform auf der Messe „IDS 2011“ in Köln ebenfalls ein Angebot im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG liegt, womit sich das Landgericht nicht befasst hat, kommt es unter diesen Umständen nicht an.
b)
Zutreffend hat das Landgericht auch festgestellt, dass die Beklagte zu 1. als Mittäterin für die von ihren Vertriebspartnern in Deutschland durchgeführte Herstellung der angegriffenen Ausführungsform haftet.
Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bei der Herbeiführung der Verletzung (BGH, GRUR 2015, 467, 469 – Audiosignalcodierung; GRUR 2011, 152, 154 – Kinderhochstühle im Internet; GRUR 2012, 1279, 1282 f. – DAS GROSSE RÄTSELHEFT, m. w. Nachw.). Ein solche gemeinschaftliche Tatbegehung hat das Landgericht hier zu Recht bejaht.
Das Vertriebskonzept der Beklagten zu 1. basiert darauf, dass sie gezielt mit inländischen Kooperationspartnern zusammenarbeitet. Die Beklagte zu 1. liefert das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform benötigte Schraubsystem an in Deutschland ansässige Partnerlabore, bei denen es sich um von ihr „zertifizierte“ Dentallabore handelt. Diese stellen die angegriffene Ausführungsform in Deutschland individuell für jeden Kunden her, indem sie von diesem einen Zahnabdruck nehmen, hiervon ausgehend die beiden Bögen herstellen und diese sodann bestimmungsgemäß mittels des von der Beklagten zu 1. gelieferten Schraubsystems miteinander verbinden. Alles dies ist der Beklagten zu 1. bekannt und dies will sie auch. Die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1. beschränkt sich dabei nicht nur auf die Lieferung des zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform erforderlichen Schraubsystems, sondern die Beklagte stellt ihren Partnerlaboren im Rahmen der Erstbelieferung auch ein sog. Starter-Kit zur Verfügung, das u.a. ein Video zur Herstellung der „D“-Schiene und eine DVD mit allen Werbematerialien umfasst. Außerdem erteilt die Beklagte zu 1. ihren Partnerlaboren eine Fabrikationslizenz als „Zertifiziertes D Labor“, womit sie den Eindruck erweckt, dass es sich bei dem betreffenden Labor um einen von ihr geschulten Kooperationspartner handelt, der über die entsprechenden Mittel und Fähigkeiten zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verfügt. Dass ein Zertifikatinhaber über das notwendige Material und die Kenntnisse für die Herstellung für die Herstellung der „D“-Schiene verfügt, wird in den von der Beklagten zu 1. ausgestellten Zertifikaten auch explizit betont (vgl. Anlage K 15, S. 3). Auf die von ihr zertifizierten Labore weist die Beklagte zu 1. außerdem auf ihrer eigenen Hompage hin (vgl. Anlagen K 17 und K 19), wobei ihre Partnerlabore ihrerseits damit werben, dass sie von der Beklagten zu 1. „zertifiziert“ sind (vgl. Anlage K 15, S. 1). Darüber hinaus erlaubt die Beklagte zu 1. ihren Partnerlaboren die Benutzung ihres eigenen Patents bzw. duldet diese jedenfalls. Die Partnerlabore werben dementsprechend ihrerseits damit, dass sie die „patentierten“ D-Schienen produzieren (Anlage K 15, S. 1). Des Weiteren gestattet die Beklagte zu 1. ihren Kooperationspartnern auch, die in Deutschland hergestellten Vorrichtungen unter der Marke „D“ zu vertreiben (vgl. Anlagen K 15, K 20, K 27), obwohl deren Bögen nicht von ihr stammen. Das gesamte Verhalten der Beklagten und ihrer Partnerlabore stellt sich vor diesem Hintergrund als ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken im Hinblick auf die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland dar.
2.
Der Beklagte zu 2. haftet als Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
a)
Für die von einer Handelsgesellschaft begangene Patentverletzung hat deren gesetzlicher Vertreter grundsätzlich persönlich einzustehen, weil er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat (Kühnen, a.a.O., Rdnr. 1033). Aufgrund seiner satzungsgemäßen Funktion ist er in der Regel Täter und nicht bloß Gehilfe (vgl. BGH, GRUR 2012, 1145 – Pelikan; OLG Hamburg, GRUR-RR 2006, 182; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 1033 u. 1038). Er haftet dem Verletzten daher grundsätzlich bei jedweder Schutzrechtsverletzung deliktisch auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz. Dies entspricht jahrzehntelanger, vom für das Patentrecht zuständigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gebilligter Rechtsprechung des erkennenden Senats und anderer Instanzgerichte. Auch der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ist bislang davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer für Wettbewerbsverstöße (BGH, GRUR 2005, 1061, 1064 – Telefonische Gewinnauskunft), Urheberrechtsverletzungen (BGH, GRUR 2009, 841, 842/843 – Cybersky) und Kennzeichenverletzungen (vgl. BGH, GRUR 2012, 1145, 1148 – Pelikan) der Gesellschaft haftet, wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern (vgl. BGH, GRUR 1986, 248, 251 – Sporthosen; BGH, GRUR 2009, 841, 843 – Cybersky; GRUR 2012, 1145, 1148 – Pelikan, m. w. Nachw.). Zwar hat der I. Zivilsenat zwischenzeitlich zum Wettbewerbsrecht (GRUR 2014, 883, 884 – Geschäftsführerhaftung) sowie zum Urheberrecht (Urteil vom 27.11.2014 – I ZR 124/11 – Videospiel-Konsolen II) entschieden, dass an dieser Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden könne. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für deliktische Handlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft soll danach nur bestehen, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, GRUR 2014, 883, 884; Urteil vom 27.11.2014 – I ZR 124/1, Rdnr. 80). Letztere soll sich dabei noch nicht aus der Organstellung des Geschäftsführers und auch nicht aus seiner Kenntnis von der Verletzungshandlung ergeben, es sei denn, es handelt sich um ein Verhalten, das augenscheinlich der Leitungsebene vorbehalten ist. Darüber hinaus kommt nach dieser Rechtsprechung eine zivilrechtliche Haftung nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2014, 883). Danach kann als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung (nicht hingegen Schadensersatz) in Anspruch genommen werden, wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und zumutbare Verhaltenspflichten verletzt (BGH, Urteil vom 27.11.2014 – I ZR 124/1, Rdnr. 81). Soweit hiernach eine persönliche Haftung des Geschäftsführers nur unter den vorgenannten Voraussetzungen in Betracht kommen soll, vermag der Senat dem jedoch für das Patentrecht nicht beizutreten.
b)
Im Übrigen hat der Beklagte zu 2. hier als Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der Beklagten zu 1. nicht nur Kenntnis von den Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. gehabt und nichts zu deren Verhinderung getan, sondern er hat vielmehr auch aktiv an diesen mitgewirkt. Wie die Klägerin in erster Instanz unwidersprochen vorgetragen hat (Schriftsatz vom 11.12.2013, Seite 5 [Bl. 122 GA]), hat nämlich der Beklagte zu 2., der auch Erfinder der angegriffenen Ausführungsform ist (vgl. Deckblatt der Anlagen B 1 und B 2), als Firmengründer das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1. entworfen und er persönlich unterschreibt auch die deutschen Partnerlaboren ausgestellten Zertifikate (Anlage K 15), so dass er selbst entscheidet, mit wem die Beklagte zu 1. bei der Herstellung und dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform zusammenarbeitet und wen die Beklagte zu 1. zum Zwecke der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform mit den hierzu notwendigem Verbindungsmechanismus beliefert.
D.
Unter Ziffer II. 3. seiner Entscheidungsgründe hat das Landgericht im Einzelnen ausgeführt, dass und weshalb die Beklagten bei dem festgestellten Verletzungstatbestand zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und Auskunftserteilung und zum Schadenersatz verpflichtet sind. Auf diese Ausführungen nimmt der Senat mit folgenden Maßgaben Bezug:
1.
Die Klagebefugnis der Klägerin betreffend den eingeklagten Unterlassungsanspruch, ergibt sich nach den Grundsätzen der sogenannten gewillkürten Prozessstandschaft, welche sich dadurch auszeichnet, dass der Kläger keinen eigenen Anspruch geltend macht, sondern im eigenen Namen fremde Rechte – nämlich die des Patentinhabers – durchsetzt.
Voraussetzung einer solchen gewillkürten Prozessstandschaft sind eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung, das auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden kann (st. Rspr., vgl. BGHZ 89, 1, 2 = GRUR 1984, 473; BGHZ 119, 237, 242 = GRUR 1993, 151; BGH, GRUR 1990, 361, 362 – Kronenthaler; NJW 1995, 3186; GRUR 1995, 54, 57 – Nicoline; NJW 1999, 1717 f.; GRUR 2002, 238, 239 – Auskunftsanspruch bei Nachbau; GRUR 2014, 65, 69 – Beuys-Aktion, m. w. Nachw.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Patentinhaberin hat die Klägerin wirksam zur gerichtlichen Verfolgung des Unterlassungsanspruchs ermächtigt. Die Klägerin hat auch ein eigenes schutzwürdige Interesse an der Geltendmachung des eingeklagten Unterlassungsanspruchs, welches sich daraus ergibt, dass sie nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag (Klageschrift, Seite 8) ausschließlicher Vertriebspartner der Klägerin in Deutschland ist und sie damit ebenfalls patentgemäße Antischnarch-Vorrichtungen vertreibt. Die angestrebte Untersagung des Vertriebs der Konkurrenzprodukte der Beklagten kann die eigene Vertriebsposition der Klägerin verbessern. Darauf, ob die Patentinhaberin der Klägerin eine (einfache) Lizenz am Gegenstand des Klagepatents eingeräumt hat, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Da – wie bereits ausgeführt – das erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse an der Geltendmachung des Anspruchs auch ein wirtschaftliches Interesse sein kann, reicht es aus, dass die Klägerin das Klagepatent im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit jedenfalls mit Einverständnis der Patentinhaber nutzt (vgl. Senat, Urteil vom 13.03.2008 – I-2 U 75/06).
2.
Gemäß dem von der Klägerin gestellten Berufungsantrag ist der die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten feststellende Tenor zu II. des landgerichtlichen Urteils, welcher nicht zum Ausdruck bringt, dass der Klägerin kein eigener, sondern ein Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht der Patentinhaberin zusteht, dahin anzupassen, dass sich die festgestellte Schadensersatzverpflichtung der Beklagten auf den Ersatz des der Patentinhaberin entstandenen und noch entstehenden Schadens bezieht. Im Hinblick auf die in der Berufungsinstanz erfolgte Teil-Klagerücknahme war der Tenor zu II. des landgerichtlichen Urteils ferner zeitlich dahingehend zu beschränken, dass sich die festgestellte Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz erst auf die Zeit seit dem 04.01.2011 bezieht. Entsprechendes gilt für die der Klägerin vom Landgericht ferner zuerkannten Ansprüche auf Rechnungslegung und Auskunftserteilung. Die Umschreibung des Klagepatents von dem früheren Patentinhaber auf die B LLC ist unstreitig am 04.01.2011 erfolgt (vgl. Anlage K 1a). Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die B LLC jedenfalls seit diesem Zeitpunkt materielle Inhaberin des Klagepatents ist. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2013, 713 – Fräsverfahren) hat die Registereintragung erhebliche indizielle Bedeutung für den Rechtsübergang, der im Verletzungsprozess regelmäßig weiteren Sachvortrag und Beweisantritt des Klägers zum Übertragungsgeschäft entbehrlich macht. Dass die B LLC seit diesem Zeitpunkt materielle Patentinhaberin ist, wird von den Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Die ihr selbst ab dem 04.01.2011 gegen die Beklagten zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunftserteilung hat die Patentinhaberin der Klägerin mit der Vereinbarung vom 04.12.2012 (Anlage K 1) wirksam abgetreten.
3.
Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten steht der Klägerin gegen die Beklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu.
In dem anwaltlichen Abmahnschreiben vom 03.08.2011 (Anlage K 11, Seite 2) hat die Klägerin behauptet, sie sei ausschließliche Lizenznehmerin der Patentinhaberin, so dass sie mit der Abmahnung eigene Ansprüche verfolgt hat. Tatsächlich ist die Klägerin als ausschließliche Vertriebspartnerin der Patentinhaberin aber allenfalls einfache Lizenznehmerin. Anders als der ausschließliche Lizenznehmer kann der einfache Lizenznehmer aus eigenem Recht keine Ansprüche aus § 139 PatG geltend machen (vgl. Benkard/Ullmann, PatG/GebrMG, § 15 PatG Rdnr. 101; Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139 PatG Rdnr. 17 und 18; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 988 ff.). Dass die Klägerin aus einem anderen Grunde berechtigt ist, einen Unterlassungsanspruch aus dem Klagepatent gegen die Beklagten geltend zu machen und von diesen Schadensersatz zu verlangen, war dem Abmahnschreiben nicht zu entnehmen. Hat die Antragstellerin in ihrem Abmahnschreiben aber unzutreffende Angaben zu ihrer Aktivlegitimation gemacht, liegt keine wirksame Abmahnung vor. Unzutreffende Angaben zur Anspruchsberechtigung nehmen der Abmahnung nämlich ihre Wirksamkeit (Senat, Beschluss vom 21.10.2010 – I-2 W 52/10; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 727). Ob dies auch dann gilt, wenn der Abmahnende objektiv aus einem anderen Grund befugt ist, Ansprüche aus dem Klagepatent gegen den Abgemahnten geltend zu machen, und er dies auch schon im Zeitpunkt des Ausspruchs der Abmahnung war, kann vorliegend dahinstehen. Eine Prozessführungsermächtigung ist der Klägerin von der Patentinhaberin erst am 12./14.04.2012 erteilt worden und zu diesem Zeitpunkt sind ihr auch erst die Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung abgetreten worden. Die nachträgliche Ermächtigung und Abtretung ist ohne Bedeutung. Denn für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten kommt es darauf an, ob die Abmahnung zu dem Zeitpunkt, in dem sie ausgesprochen worden (genauer: dem Schuldner zugegangen) ist, berechtigt war (BGH, GRUR 2011, 532, 533 – Millionen-Chance II; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 762).
E.
Zu einer Aussetzung der Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit (§ 148 ZPO) bis zu einer Entscheidung über die von der Beklagten zu 1. nunmehr gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage besteht keine Veranlassung.
1.
Wenn das Klagepatent mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist, verurteilt das Verletzungsgericht, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung, wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (überwiegend) wahrscheinlich hält; andernfalls hat es die Verhandlung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO auszusetzen, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Nichtigkeitsklage entschieden ist (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten). Denn eine – vorläufig vollstreckbare – Verpflichtung des Beklagten zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung sowie Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch gebietet, dem Verletzungsbeklagten wirkungsvollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff gegen den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur eine effektive Möglichkeit, diesen Angriff selbst durch eine Klage auf Nichtigerklärung führen zu können auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch ein – und gegebenenfalls das einzige – Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten).
2.
Das lässt sich hier jedoch nicht feststellen, wobei bei der zu treffenden Ermessensentscheidung auch zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte zu 1. ihre Nichtigkeitsklage erst nach Erlass des angefochtenen Urteils erhoben hat.
a)
Der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung liegt nicht vor, weil der Gegenstand des Klagepatents nicht über den Inhalt der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
aa)
Was das Teilmerkmal „in eine feste Vorwärtsposition“ anbelangt, konnte der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann bereits der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen (Figuren 3a und 3 b, 5d sowie 6a bis 6c) entnehmen, dass bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine Vorwärtsposition gezogen wird, in der die Atemwege des Benutzers weiter geöffnet sind, und diese Stellung nur dergestalt aufrechterhalten werden muss, dass der untere Bogen nicht hinter die therapeutisch nützliche Vorwärtsposition zurückfallen darf, weshalb diese Position im Verhältnis zum oberen Bogen „fest“ ist.
bb)
Auch in Bezug auf das Merkmal (3.3) liegt eine unzulässige Erweiterung nicht vor. Dass das Verbindungsstück eingestellt werden kann, während der obere Bogen mit dem unteren Bogen verbunden ist und die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist, konnte der Fachmann ebenfalls den ursprünglichen Unterlagen entnehmen. Denn in diesen ist in Bezug auf das in den Figuren 2a bis 2d dargestellte Ausführungsbeispiel ausdrücklich beschrieben (Anlage B 11a, S. 19/20), dass die Einstellung über eine horizontale Schraube (24) erfolgt, die sich von der Vorderseite des Körpers (20) des Verbindungsstücks (16) nach hinten in einen im Verbindungsstück ausgebildeten Kanal (22) erstreckt, um in das Hakenelement (26) einzugreifen. Der Schraubenkopf (25) der horizontalen Schraube (24) kann hierbei durch ein horizontales Loch (43) erreicht werden, das in der Gesichtsplatte (42) gebildet ist. Den in Bezug genommenen Figuren kann der Fachmann unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass das Verbindungsstück auf diese Weise einstellbar ist, wenn der obere Bogen mit dem unteren Bogen verbunden ist und die Vorrichtung sich im Mund eines Benutzers befindet.
b)
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist neu.
aa)
Die entgegengehaltene WO 95/08AAF (D 1 im Nichtigkeitsverfahren; deutsche Übersetzung Anlage B 11b) ist bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden und dort als nicht neuheitsschädlich eingestuft worden, und zwar zu Recht. Die in der in Bezug genommenen Figur 2d der WO 95/08AAF gezeigte Vorrichtung zur Verhinderung des Schnarchens und zur Verbesserung der Atmung weist in Gestalt ihres am oberen Bogen angeordneten Pfeilers (16) schon kein klagepatentgemäßes „Verbindungsstück“ auf, das den oberen Bogen mit dem unteren Bogen (einstellbar) „verbindet“ (Merkmale (3) und (3.3)). Vielmehr kommt es mittels des besagten Pfeilers (16) lediglich zu einer Berührung der beiden Bögen, d.h. einem losen Anschlag beider Bögen. Soweit die Beklagten geltend machen, dass auch ein loses Anliegen eines Elements an dem unteren Bogen der Lehre des Klagepatents entspreche, und in diesem Zusammenhang auf Unteranspruch 4 sowie das in den Figuren 2a bis 2d gezeigte Ausführungsbeispiel verweisen, kann dem nicht beigetreten werden. Denn bei der in Unteranspruch 4 unter Schutz gestellten und in den vorgenannten Figuren dargestellten Ausführungsform greift der Haken (44) in den unteren Bogen (14) bzw. den an diesem vorgesehenen Befestigungshaken (34) ein (vgl. Abs. [0049], [0050]), so dass die beiden Bögen auch hier miteinander verbunden werden. Diese Verbindung ist lediglich lösbar, da der Haken (44) „entfernbar“ in den unteren Bogen (14) bzw. dessen Befestigungshaken (34) eingreift. Demgegenüber sind die Bögen der in der WO 95/08AAF offenbarten Vorrichtung nicht miteinander verbunden, was zur Folge hat, dass bei dieser Vorrichtung die gewünschte Vorwärtsposition des Unterkiefers verloren gehen kann. Die in der WO 95/08AAF offenbarte Vorrichtung ist zudem nicht so ausgestaltet, dass sie den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine feste Vorwärtsposition „zieht“ (Merkmal (4)), womit – wie ausgeführt – gemeint ist, dass eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird. Bei der in der WO 95/08AAF offenbarten Vorrichtung wird der untere Bogen (14) vielmehr, wenn der obere Bogen über seinen Pfosten an der Halteeinrichtung des unteren Bogens anliegt, bloß von dem oberen Bogen nach vorn „gedrückt“.
bb)
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Klagepatents in der erteilten Fassung ist auch neu gegenüber der US 4 382 AAG (D 2; deutsche Übersetzung Anlage B 11c). Die in dieser Druckschrift offenbarte Vorrichtung zur Verbesserung und Korrektur eines Überbisses steht der Neuheit des Gegenstands des Klagepatents zumindest deshalb nicht entgegen, weil bei ihr die untere Schiene bzw. der untere Befestigungsblock im Verhältnis zur oberen Schiene bzw. dem oberen Befestigungsblock nicht nach vorn „gezogen“ wird. Denn auch bei dieser Vorrichtung wird keine Zugkraft auf den unteren Befestigungsblock ausgeübt.
c)
Dass sich der Gegenstand von Patentanspruch 1 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergibt und daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, vermag der Senat nicht festzustellen. Dagegen spricht bereits, dass weder die WO 95/08AAF noch die US 4 382 AAG das Merkmal (4) offenbaren, weil die in diesen Entgegenhaltungen beschriebenen Vorrichtungen nicht so ausgebildet sind, dass der unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn gezogen wird. Außerdem betrifft die US 4 382 AAG eine dauerhaft im Mund des Patienten bleibende kieferorthopädische Vorrichtung und liegt damit auf einem anderen technischen Gebiet, weshalb eher fernliegend erscheint, dass der Fachmann diese Entgegenhaltung in seine Beurteilung einbezieht.
3.
Damit kommt eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits bis zum Abschluss des das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahrens nicht in Betracht. Das gilt umso mehr, als die Beklagte zu 1. ihre Nichtigkeitsklage erst nach Erlass des landgerichtlichen Urteils erhoben hat. Bei der Ermessensausübung gemäß 148 ZPO ist in einem solchen Fall regelmäßig die Wertung gerechtfertigt, dass eine Aussetzung nur in klaren Fällen veranlasst ist, weil der Verletzter es infolge seines zögerlichen Angriffs gegen das Klageschutzrecht vereitelt hat, dass zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung eine – sonst bereits vorliegende fachkundige – Nichtigkeitsentscheidung Klarheit schafft oder doch zumindest eine vorläufige Stellungnahme der zuständigen Stelle in Gestalt eines Vorbescheides vorliegt. Der Beklagte eines Patentverletzungsrechtsstreits ist zwar nicht gezwungen, das Patent, auf das die Verletzungsklage gestützt ist, mit einer Nichtigkeitsklage anzugreifen. Ihm steht es grundsätzlich frei, ob und zu welchem Zeitpunkt er eine solche Klage erhebt. Entschließt er sich erst relativ spät für eine Nichtigkeitsklage, so kann dies jedoch dazu führen, dass eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits gemäß § 148 ZPO nur noch unter engen Voraussetzungen angeordnet wird (vgl. BGH, GRUR 2012, 93 f. – Klimaschrank; GRUR 2012, 1072 – Verdichtungsvorrichtung; GRUR 2014, 758, 759 – Proteintrennung).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.