2 U 131/06 – Aufzugssysteme

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 933

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. April 2008, Az. 2 U 131/06

Vorinstanz: 4a O 372/05

I.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 26. Oktober 2006 verkündete Teilurteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Abschnitt I des landgerichtlichen Urteilsausspruches folgende Fassung erhält:

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Klägerin Aufzugsysteme mit einer Maschine, einer von dieser drehend antreibbaren Traktionsscheibe, einer Kabine, einem Gegengewicht und einem Zugelement, das die Kabine und das Gegengewicht trägt und mit der Traktionsscheibe zum Bewegen der Kabine und des Gegengewichts zusammenwirkt, bei denen das Zugelement lasttragende Stränge aus metallischem Material aufweist, die in eine Polyurethanmaterial auf Etherbasis enthaltende Umhüllungsschicht eingeschlossen sind und ein Dimensionsverhältnis von Breite zu Dicke hat, welches größer als 1 ist, als Verletzung des deutschen Gebrauchsmusters 299 24 xxx und des europäischen Patentes 1 153xxx angegriffen hat.

II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 750.000,– Euro festgesetzt.

G r ü n d e:

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichten europäischen Patentes 1 153 xxx betreffend ein Aufzugsystem bzw. ein Zugglied für einen Aufzug (Klagepatent, Anlage K 27; deutsche Übersetzung Anlage K 28) und des parallelen deutschen Gebrauchsmusters 299 24 xxx (Klagegebrauchsmuster, Anlage K 1); aus beiden Schutzrechten nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.

Das aus der internationalen Anmeldung PCT/US1999/xxx (Anlage AS 1 zur Anlage B 4) hervorgegangene Klagepatent beruht auf einer am 23. August 1999 unter Inanspruchnahme zweier US-amerikanischer Prioritäten vom 22. Dezember 1998 und vom 26. März 1999 eingereichten und am 14. November 2001 veröffentlichten Anmeldung; der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 3. Mai 2006 bekannt gemacht worden. Anspruch 1 des Klagepatentes lautet folgendermaßen:

Elevator system comprising a car (14), a rotatable traction sheave (24) and a tension member (22) suspending the car (14) and the counterweight (16) and for providing the lifting force to the car (14), the tension member (22) being engageable with and driven by the traction sheave (24) in order to raise and lower the car (14), the tension member (22) having a width w, a thickness t measured in the bending direction, and an engagement surface (30) defined by the width dimension of the tension member (22), wherein the tension member (22) has an aspect ratio, defined as the ratio of width w relative to thickness t, greater one, the tension member (22) having a load carrying cord (26) encased within a coating layer (28), wherein the load carrying cord (26) is formed form a metallic material and the coating layer (28) is formed from a non-metallic material,
wherein the load carrying cord (26) is formed from strands (27a, 27b; 37a, 37b; 200, 210) of wires (29, 31, 35, 202, 204, 206, 208);
wherein the cord (26) comprises a center strand (200) and a plurality of outer strands (210) laid around the center strand (200), each of the strands (200, 210) comprises a center wire (202, 206), wherein each of the center wires (202, 206) has a larger diameter as compared to the the outer wires (204, 208) of the respective strand (200, 210);
wherein the wires (29, 31, 35, 202, 204, 206, 208) have a wire diameter of 0.21 mm and less; and
wherein the tension member (22) further includes a plurality of the load carrying metallic cords (26) spaced relative to one another, and wherein the coating layer (28) encapsulates the plurality of spaced metallic cords (26); and
wherein the traction sheave (24) has a diameter of around 100 mm and less.

Die deutsche Übersetzung (Anlage K 27, S. 8 Zeilen 31 bis 52; Anlage K 28, S. 19, Zeilen 6 bis 34) lautet:

Aufzugsystem mit einer Kabine (14), einer drehbaren Traktionsscheibe (24) und einem Zugelement (22), an dem die Kabine (14) und das Gegengewicht (16) aufgehängt sind und das zum Schaffen der Hebekraft für die Kabine (14) ausgebildet ist, wobei das Zugelement (22) dazu ausgebildet ist, mit der Traktionsscheibe (24) zusammenzuwirken und von dieser antriebsmäßig bewegt zu werden, um die Kabine (14) anzuheben und abzusenken, wobei das Zugelement (22) eine Breite w, eine Dicke t gemessen in der Biegerichtung sowie eine Eingriffsfläche (30) aufweist, die durch die Breitendimension des Zugelementes (22) gebildet ist, wobei das Zugelement (22) ein Dimensionsverhältnis, das als das Verhältnis der Breite w relativ zu der Dicke t definiert ist, von größer als Eins aufweist, wobei das Zugelement einen lasttragenden Strang (26) aufweist, der in eine Umhüllungsschicht (28) eingeschlossen ist, wobei der lasttragende Strang (26) aus metallischem Material gebildet ist und die Umhüllungsschicht (28) aus nichtmetallischem Material gebildet ist,
wobei der lasttragende Strang (26) aus Litzen (27a, 27b; 37a, 37b; 200, 210) von Drähten (29, 31, 35, 202, 204, 206, 208) gebildet ist;
wobei der Strang (26) eine zentrale Litze (200) und eine Mehrzahl von äußeren Litzen (210) aufweist, die um die zentrale Litze (200) herumgelegt sind, wobei jede der Litzen (200, 210) einen zentralen Draht (202, 206) aufweist,
wobei jeder der zentralen Drähte (202, 206) im Vergleich zu den äußeren Drähten (204, 208) der jeweiligen Litze (200, 210) einen größeren Durchmesser hat;
wobei die Drähte (29, 31, 35, 202, 204, 206, 208) einen Drahtdurchmesser von 0,21 mm und weniger aufweisen; und
wobei das Zugelement (22) ferner eine Mehrzahl der lasttragenden metallischen Stränge (26) aufweist, die relativ zueinander beabstandet sind, und wobei die Umhüllungsschicht (28) die Mehrzahl der voneinander beabstandeten metallischen Stränge (26) umschließt; und
wobei die Traktionsscheibe (24) einen Durchmesser von etwa 100 mm und weniger aufweist.

Das am 23. August 1999 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 22. Dezember 1998 angemeldete, am 7. Juli 2005 eingetragene und am 11. August 2005 bekannt gemachte Klagegebrauchsmuster ist durch Teilung aus dem deutschen Gebrauchsmuster 299 24 xxx (Anlage AS 4 zur Anlage B 4, Stammgebrauchsmuster) entstanden, welches seinerseits am 25. April 2005 aus der genannten PCT-Anmeldung abgezweigt wurde. Schutzanspruch 1 lautet wie folgt:

Aufzugsystem mit einer Maschine (20), einer von der Maschine (20) drehend antreibbaren Traktionsscheibe (24), einer Kabine (14), einem Gegengewicht (16), und einem Zugelement (22), das die Kabine (14) und das Gegengewicht (16) trägt und das mit der Traktionsscheibe (24) zum Bewegen der Kabine (14) und des Gegengewichts (16) zusammenwirkt, dadurch gekennzeichnet, dass das Zugelement (22) einen lasttragenden Strang (26) aus metallischem Material aufweist, der in eine Umhüllungsschicht (28) aus Polyurethanmaterial auf Etherbasis eingeschlossen ist; und dass das Zugelement (22) ein Dimensionsverhältnis Breite zu Dicke hat, welches größer als 1 ist.

Wegen des Wortlauts der lediglich „insbesondere“ geltend gemachten Schutzansprüche 2 bis 6, 11 bis 21, 23, 25, 30 und 34 wird auf die Klagegebrauchsmusterschrift Bezug genommen.

Die nachstehend wiedergegebenen übereinstimmend in der Klagepatent- und der Klagegebrauchsmusterschrift enthaltenen Figurendarstellungen zeigen Ausführungsbeispiele der Erfindung, und zwar Figur 1 eine Perspektivansicht des Aufzugsystems bestehend aus Kabine, Gegengewicht, Zugelement und Antriebsvorrichtung, die Figuren 2 bis 5 Schnittdarstellungen der Traktionsscheibe mit aufliegendem Zugelement bzw. mehreren Zugelementen, die jeweils aus mehreren umhüllten lasstragenden Strängen bestehen, die Figuren 6 bis 8 verschiedene Ausführungsformen des lasttragenden Stranges mit sechs um eine zentrale Litze verdrillten Litzen, wobei jede Litze aus sechs um einen Zentraldraht gelegten Drähten besteht. In der Ausführungsform gemäß
Figur 6 haben sämtliche Drähte einen einheitlichen Durchmesser, in Figur 7 ist der Durchmesser des Zentraldrahtes der zentralen Litze größer als derjenige aller übrigen Drähte, während in Figur 8 sämtliche Litzen einen Zentraldraht mit gegenüber den äußeren Drähten größeren Durchmesser aufweisen.

Die Beklagte beantragte unter dem 16. Januar 2006 bei dem Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung des Klagegebrauchsmusters (Anlage B 4) und erhob vor dem Europäischen Patentamt unter dem 28. Juli 2006 Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatentes (vgl. Anlage B 9); in beiden Verfahren steht eine Entscheidung noch aus.

Die Beklagte vertreibt unter den Produktbezeichnungen „3.100“, „3.300“, „5.300“ und „6.200“ Aufzuganlagen, in denen flache Gurte als Zugelemente verwendet werden, deren lasttragende Stränge aus verdrillten und mit Kunststoff umgebenen Drahtlitzen bestehen. In Werbeprospekten (Anlagen K 7 bis K 10) ist angegeben, die Gurte bestünden aus mit Gummi oder Polyurethan umhüllten speziellen Metallkabeln. Bei dem Polyurethan handelt es sich um Elastolan 1185, einem Polyurethanpolymer auf Etherbasis, bei dem Gummi um das elastomere Material Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM). Die Querschnittskonfiguration dieser Zuggurte ergibt sich aus der nachstehend wiedergegebenen von der Klägerin vorgelegten Abbildung Anlage K 17 und den von der Beklagten zu den Akten gereichten ebenfalls nachfolgend gezeigten Abbildungen gemäß Anlagen B 3 und B 8. Die mit der Traktionsscheibe zusammenwirkende Seite des Zugelementes ist im Querschnitt zahn– bzw. keil– oder wellenförmig ausgebildet, wobei die Schrägflächen des Zugelementes auf den komplementär geformten Schrägflächen der Traktionscheibe aufliegen. Auf der der Traktionsscheibe abgewandten Seite sind die von der Beklagten verwendeten Zugelemente mit einer Textilschicht aus Nylongewebe versehen, auf die nach dem Vorbringen der Beklagten im Herstellungsprozess die lasttragenden Stränge aufgelegt werden. Die Traktionsfläche für die Zuggurte befindet sich auf der Rotorwelle.

Die Klägerin sieht durch den Vertrieb der Ausführungsform mit Polyurethan-Gurten das Klagegebrauchsmuster und durch den Vertrieb beider Ausführungsformen das Klagepatent verletzt. Sie hat vor dem Landgericht geltend gemacht, die Traktionsscheibe könne erfindungsgemäß auch einstückig mit der Motorwelle ausgebildet sein. Die Bezugnahme auf eine Traktionsscheibe in den geltend gemachten Ansprüchen lege nur die Gattung des Aufzugsystems fest und stelle klar, dass die Antriebskraft durch Reibung übertragen werde. Als Traktionsscheibe bezeichneten die Klageschutzrechte nur denjenigen Bereich, über den die Zugelemente geführt werden. Dass Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters statt von mehreren von nur einem lasttragenden Strang spreche, sei im Sinne einer Mindestangabe zu verstehen und schließe Ausführungsformen mit mehreren Strängen wie die angegriffenen Zuggurte ein. Das Kunststoffmaterial kapsele die lasttragenden Stränge von allen Seiten vollständig ein.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat eingewandt, die Hinweise auf Polyurethan-Umhüllungen in den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen beträfen Ausführungsformen, die vor Eintritt der Ausschließlichkeitswirkungen benutzt worden seien. Als Umhüllungsmaterial für die Stränge werde seither in Deutschland nur noch EPDM verwendet. Auch in anderen Einzelheiten unterscheide sich die angegriffene Ausführungsform von der schutzbeanspruchten Lehre. Bei den angegriffenen Systemen befinde sich die Traktionsfläche nicht auf einer Antriebsscheibe, sondern unmittelbar auf der Welle. Da im Verschleißfall stets Motor und Motorwelle mit ausgetauscht werden müssten, sei diese Ausgestaltung nachteilig gegenüber der erfindungsgemäßen Konfiguration, bei der ein Austausch der Scheibe genüge. Kabine und Gegengewicht seien auch nicht an dem Zugelement aufgehängt bzw. von diesem getragen, sondern über Umlenkrollen in voneinander beabstandete Schlaufen des Zuggurtes eingehängt, so dass die Hebekraft nur mittelbar übertragen werde. Die lasttragenden Stränge seien nicht allseitig von der Kunststoffschicht eingeschlossen, sondern auf der Außenseite von einer Nylongewebeschicht abgedeckt. Da die Lasttragestränge unter Pressdruck auf die Nylonschicht aufgebracht würden, könne das Kunststoffmaterial sie an den Auflageflächen nicht umhüllen. Darüber hinaus beschränke sich der Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters in Schutzanspruch 1 auf Ausführungsformen mit einem einzigen lasttragenden Strang. Mit dieser Vorgabe werde auf die in der Beschreibung erörterte Ausbildung des Stranges als ein einziges sich über die Breite des Zugelementes erstreckendes Flachseil Bezug genommen; sie umfasse nicht die mehrere Stränge aufweisenden Gurte der angegriffenen Ausführungsformen. Da die Zugelemente auf ihrer Eingriffseite nur mit ihren Schrägflächen und nicht auch in den Umkehrbereichen auf der Traktionsfläche auflägen und hierdurch letztlich mehrere mit Abstand nebeneinander angeordnete Eingriffsflächen aufwiesen, unterschieden sie sich auch hierin von der Lehre des Klagepatentes, die eine sich über die gesamte Breite des Zugelementes durchgehend erstreckende Eingriffsfläche verlange. Darüber hinaus seien beide Klageschutzrechte nicht schutzfähig, weshalb die Verhandlung in jedem Falle ausgesetzt werden müsse.

Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 26. Oktober 2006 „die Klage abgewiesen“; in den Entscheidungsgründen wird dargelegt, die Ausführungsform „Elastolan 1185“ stimme mit der technischen Lehre beider Klageschutzrechte nicht überein. Elastolan 1185 sei zwar ein Polyurethanpolymer auf Etherbasis, die Klägerin habe jedoch auf das Bestreiten der Beklagten hin trotz gerichtlichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung nicht konkret dargetan, dass die Beklagte dieses Umhüllungsmaterial auch nach Eintritt der Ausschließlichkeitswirkungen der Klageschutzrechte noch für das Zugelement verwendet habe. Dass die Prospekte gemäß Anlagen K 7 bis K 10, in denen auch Polyurethan als Umhüllungsmaterial angegeben sei, aus der Zeit nach Eintritt der Schutzwirkung stammten, sei nicht zu erkennen, die Klägerin habe das auch nicht konkret behauptet. Gleiches gelte für S. 5-2 des Servicehandbuchs Anlage K 25 und den als Anlage K 18 vorgelegten Auszug aus dem Anhang zur EG-Entwurfsprüfbescheinigung aus August 2004. Dass im Internetauftritt der Beklagten nunmehr statt Polyurethan eine Umhüllung aus Polymer genannt werde, lasse nicht den Schluss auf Polyurethan auf Etherbasis zu, weil der Begriff Polymer eine sehr große Anzahl natürlicher und synthetischer Verbindungen ohne nähere Spezifizierung umfasse und vom objektiven Betrachter des Internetauftritts nicht zwingend als Polyurethan auf Etherbasis identifiziert werde. Das Klagepatent verlange zwar insoweit nur eine Umhüllungsschicht aus nichtmetallischem Material, was auf Polyurethan auf Etherbasis auch zutreffe, die Klägerin habe jedoch die Benutzung eines solchen Materials nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung nicht schlüssig dargetan. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Angriff auf die Ausführungsform mit Polyurethan-Umhüllung weiter. Zur Begründung führt sie unter ergänzender Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen aus: Die Beklagte biete weiterhin Polyurethan-beschichtete Gurte an; eine im Januar 2007 in ihrer Internetwerbung befindliche Broschüre (Anlage BK 1) entspreche insoweit noch immer derjenigen gemäß Anlage K 10 und enthalte auch den Hinweis auf Umhüllungsmaterial aus Polyurethan. Unzutreffend habe das Landgericht ferner den Umstand gewürdigt, dass die Beklagte nach Eintritt der Ausschließlichkeitswirkungen Gurte mit einer Umhüllungsschicht aus Polymer beworben habe. Es komme nicht darauf an, ob der Leser der Werbebroschüren zwingend auf Polyurethan schließen müsse; entscheidend sei, dass die Beklagte in der Werbung nicht ausreichend deutlich gemacht habe, dass die Gurte mittlerweile angeblich aus anderem Material gefertigt seien. Wer bereits die bisher beworbenen und auch in den Verkehr gelangten polyurethanbeschichteten Gurte gekannt habe, werde diese Ausführungsform auch in dem Begriff „Polymer“ wiedererkennen, weil Polyurethan zu den Polymeren gehöre. Im Ausland bewerbe die Beklagte nach wie vor Polyurethan-Gurte. Nach ihrer eigenen Darstellung vertreibe sie innerhalb des Gemeinsamen Marktes nur identische Produkte; das habe sie auch in dem negativen Feststellungsprozess betreffend den italienischen Teil des Klagepatentes vorgetragen. Für andere Umhüllungen als solche aus EPDM und Polyurethan habe die Beklagte auch keine Prüf-Zertifikate, ohne die Zuggurte nicht angeboten oder vertrieben werden dürften.

Überdies habe die Beklagte in ihren Schriftsätzen im vorliegenden Verfahren zu erkennen gegeben, sie nehme für sich das Recht in Anspruch, solche Gurte vertreiben zu dürfen. Auch die Produktbeschreibung A (Anlage BK 2) vom 13. Januar 2006 sei im Präsens verfasst und dokumentiere, dass der Beklagten noch immer Polyurethanmaterial geliefert werde. In jedem Fall ergebe sich aus diesen Umständen die ernsthafte Besorgnis, dass die Beklagte polyurethan-beschichtete Zugelemente auch nach Eintritt der Ausschließlichkeitswirkungen in Deutschland vertreiben werde. Das Landgericht habe auch die Anforderungen an ihre – der Klägerin – Darlegungslast überspannt. Sie habe den Verletzungstatbestand hinreichend substantiiert; demgegenüber habe die Beklagte durch ihre mehrfache Änderung der Kunststoffbezeichnung nach Klageerhebung die Feststellung des Sachverhalts wesentlich erschwert. Der Beklagten sei es dagegen ohne weiteres möglich darzulegen, inwiefern die inzwischen angeblich verwendeten Polymere nicht dem streitgegenständlichen Polyurethan entsprächen. Die Beklagte treffe eine Mitwirkungspflicht. Auch die Prospekte gemäß Anlagen K 7 bis K 10 stammten aus der Zeit nach Eintritt der Schutzwirkungen. Am Einreichungstag der Klage – dem 29. Juli 2006 – habe ihr Prozessbevollmächtigter die beigefügten Anlagen geprüft, die tatsächlich noch an diesem Tag in dieser Form im Internet veröffentlicht gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils

A.
die Beklagte zu verurteilen,

I.
es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

1.
ein Aufzugsystem mit einer Maschine, einer von der Maschine drehend antreibbaren Traktionsscheibe, einer Kabine, einem Gegengewicht und einem Zugelement, das die Kabine und das Gegengewicht trägt und das mit der Traktionsscheibe zum Bewegen der Kabine und des Gegengewichts zusammenwirkt,

herzustellen, anzubieten, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen,

bei dem das Zugelement einen lasttragenden Strang aus metallischem Material aufweist, der in eine Umhüllungsschicht aus Polyurethanmaterial auf Etherbasis eingeschlossen ist und bei dem das Zugelement ein Dimensionsverhältnis Breite zu Dicke hat, welches größer als 1 ist;

2.
hilfsweise,
ein Aufzugssystem mit einer Maschine, einer von der Maschine drehend antreibbaren Traktionsscheibe, einer Kabine, einem Gegengewicht und einem Zugelement, das die Kabine und das Gegengewicht trägt und das mit der Traktionsscheibe zum Bewegen der Kabine und des Gegengewichts zusammenwirkt,

herzustellen, anzubieten, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen,

bei dem das Zugelement einen lasttragenden Strang aus metallischem Material aufweist, der in eine Umhüllungsschicht aus Polyurethan auf Etherbasis und Nylongewebe eingeschlossen ist,

bei dem das Zugelement ein Dimensionsverhältnis Breite zu Dicke hat, welches größer als 1 ist;

II.
der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu A. I. bezeichneten und für die Zeit seit dem 9. September 2005 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten der einzelnen Anlagen unter Einschluss etwaiger Wartungs- und Serviceverträge für die Anlagen unter Angabe

1.
der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten, Lieferpreise der Lieferverträge,

2.
der Laufzeiten, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Wartungs- und/oder Servicepreise der Wartungs- und Serviceverträge,

3.
der Namen und Anschriften der jeweiligen Vertragspartner,

4.
der produktabhängigen Gestehungskosten unter Nennung der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns,

5.
der einzelnen Angebote und der Werbung unter Nennung der Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Angebotszeiten und Angebotspreise sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

6.
der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

wobei der Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch seine Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer und/oder Lieferungen in der erteilten Rechnung enthalten sind;

III.
der Klägerin für die Zeit seit dem 9. September 2005 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter A. I. verwandten Zugelemente zu erteilen, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und deren Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie unter Angabe der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse;

IV.
die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen Zugelemente entsprechend Ziffer A. I. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

V.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer A. I. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 2005 entstanden ist oder zukünftig entstehen wird;

B.
die Beklagte zu verurteilen,

I.
es bei Meidung der vorbezeichneten Ordnungsmittel zu unterlassen,

ein Aufzugsystem mit einer Kabine, einer drehbaren Traktionsscheibe und einem Zugelement, an dem die Kabine und das Gegengewicht aufgehängt sind und das zum Schaffen der Hebekraft für die Kabine ausgebildet ist, wobei das Zugelement dazu ausgebildet ist, mit der Traktionsscheibe zusammenzuwirken und von dieser antriebsmäßig bewegt zu werden, um die Kabine anzuheben und abzusenken, wobei das Zugelement eine Breite w, eine Dicke t gemessen in der Biegerichtung sowie eine Eingriffsfläche aufweist, die durch die Breitendimension das Zugelements gebildet ist, wobei das Zugelement ein Dimensionsverhältnis, das als das Verhältnis der Breite w relativ zu der Dicke t definiert ist, von größer als 1 aufweist, wobei das Zugelement einen lasttragenden Strang aufweist, der in eine Umhüllungsschicht eingeschlossen ist, wobei der lasttragende Strang aus metallischem Material gebildet ist und die Umhüllungsschicht aus nicht metallischem Material gebildet ist, wobei der lasttragende Strang aus Litzen von Drähten gebildet ist, wobei der Strang eine zentrale Litze und eine Mehrzahl von äußeren Litzen aufweist, die um die zentrale Litze herumgelegt sind, wobei jede der Litzen einen zentralen Draht aufweist, wobei jeder der zentralen Drähte im Vergleich zu den äußeren Drähten der jeweiligen Litze einen größeren Durchmesser hat, wobei die Drähte einen Drahtdurchmesser von 0,21 mm und weniger aufweisen, und wobei das Zugelement ferner eine Mehrzahl der lasttragenden metallischen Stränge aufweist, die relativ zueinander beabstandet sind, und wobei die Umhüllungsschicht die Mehrzahl der voneinander beabstandeten metallischen Stränge umschließt und wobei die Traktionsscheibe einen Durchmesser von etwa 100 mm und weniger aufweist,

herzustellen, anzubieten, zu verkaufen und/oder sonst in den Verkehr zu bringen;

II.
der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu B. I. bezeichneten, ab dem 3. Mai 2006 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten der einzelnen Anlagen unter Einschluss etwaiger Wartungs- und Serviceverträge für die Anlagen unter Angabe der vorstehend zu A. II. 1-6 aufgeführten Einzelheiten.

wobei der Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch seine Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer und/oder Lieferungen in der erteilten Rechnung enthalten sind;

III.
der Klägerin für die Zeit seit dem 3. Mai 2006 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter B. I. verwandten Zugelemente zu erteilen, insbesondere unter Angabe der zu vorstehend B.III. genannten Einzelheiten;

IV.
die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen Zugelemente entsprechend Ziff. B. I. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

V.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziff. B. I. bezeichneten, ab dem 3. Juni 2006 begangenen Handlungen entstehen wird und für die Zeit ab dem 3. Mai 2006 eine angemessene Lizenzgebühr zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise, das Verletzungsverfahren bis zur Entscheidung über den gegen das Klagegebrauchsmuster gerichteten Löschungsantrag auszusetzen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Klägerin unter ergänzender Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage in Bezug auf Aufzugsysteme mit Polyurethan-beschichteten Traktionsgurten abgewiesen.

A.

Die Berufung ist zulässig.

1.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Klägerin durch das angefochtene Urteil auch beschwert, soweit sie die Ausführungsform I. „Polyurethan“ aus dem Klagepatent angegriffen hat. Das Teilurteil erfasst den Klageangriff auf diese Ausführungsform aus beiden Klageschutzrechten. Dass das Landgericht, obwohl es in Absatz I. seines Urteilsausspruches allgemein und ohne entsprechende einschränkende Zusätze hinzuzufügen „die Klage abgewiesen“ hat, keine auch die Ausführungsform „EPDM“ einschließende Vollabweisung der Klage ausgesprochen hat, ergibt sich zum einen daraus, dass das angefochtene Urteil ausdrücklich als Teilurteil bezeichnet wird (Umdruck Seiten 1, 12 und 19; Bl. 157, 168 und 175 d.A.) und nach Ziffer II. der Spruchformel die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten wird. Zum anderen geht dies ebenso wie der Umfang der Teilabweisung aus dem ersten Absatz und dem letzten Absatz der Entscheidungsgründe hervor (dort Umdruck, Seiten 12 und 19, Bl. 168 und 175 d.A.). Angegriffen wurden in erster Instanz die Ausführungsform „Polyurethan“ aus beiden Schutzrechten, die Ausführungsform „EPDM“ dagegen nur aus dem Klagepatent (Umdruck S. 6 Abs. 2 a.E.; Bl. 162 d.A.). Hinsichtlich der Ausführungsform „EPDM“ hat das Landgericht die Entscheidungsreife verneint (Umdruck S. 19, Bl. 175 d.A.). Der Angriff auf die Ausführungsform I. „Polyurethan“ ist dagegen in vollem Umfang und dem entsprechend auch in Bezug auf beide Schutzrechte beschieden worden. In Abschnitt II. 1. der Entscheidungsgründe wird im angefochtenen Teilurteil dargelegt (Umdruck S. 17-19; Bl. 173-175 d.A.), aus welchen Gründen das Landgericht die Verletzung des Klagegebrauchsmusters für nicht schlüssig dargetan hält; im Anschluss daran wird in Abschnitt II.2. der Entscheidungsgründe ausgeführt, aus den bisher erörterten Gründen werde auch die Verletzung des Klagepatentes als nicht schlüssig vorgetragen betrachtet (Umdruck S. 19, Bl. 175 d.A.). Dementsprechend hat der Senat in Ziffer I. seines Berufungsurteils den Urteilsausspruch des Landgerichts konkretisiert und an den Umfang der erstinstanzlich ausgesprochenen Teilabweisung angepasst. In diesem vorstehend erörterten Sinne hat auch die Klägerin, wie ihre Berufungsanträge zeigen, den Umfang der erstinstanzlichen Klageabweisung verstanden.

2.
Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin ihre Berufung auch im Hinblick auf die weiterhin geltend gemachte Verletzung des Klagepatentes ausreichend begründet. In ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 15. Januar 2007 nimmt sie in den Abschnitten I., II. und III. (sämtlich Bl. 198 d.A.) Bezug auf beide Klageschutzrechte. Dass das Klagegebrauchsmuster im Mittelpunkt ihrer Erörterungen steht, hat seine Ursache erkennbar darin, dass dieses Schutzrecht auch den Schwerpunkt der landgerichtlichen Ausführungen bildet, mit denen im angefochtenen Urteil begründet worden ist, weshalb die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen habe, dass die Beklagte in Deutschland noch nach Eintritt der Ausschließlichkeitswirkungen Polyurethan-beschichtete Gurte für ihre Aufzugsysteme verwendet habe, und dass die Verletzung des Klagepatentes nur mit einer Bezugnahme auf diese Ausführungen verneint worden ist, ohne dass es auf weitere nur das Klagepatent treffende technische Einzelheiten noch ankam. Dementsprechend müssen die Ausführungen der Klägerin, mit denen sie die ihr ungünstigen Argumente des Landgerichts zu entkräften sucht, auch auf beide Schutzrechte bezogen werden, soweit sie beiden gemeinsame Vorgaben betreffen. Da sich das Landgericht in seinem Urteil mit den weiteren zwischen den Parteien streitigen technischen Fragen nicht befasst hat, konnte die Klägerin sich insoweit darauf beschränken, in Absatz II. ihrer Berufungsbegründung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen zu verweisen.

B.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weil die angegriffenen Aufzugsysteme der Beklagten von der technischen Lehre der Klageschutzrechte keinen Gebrauch machen.

1.
Die schutzbeanspruchte Erfindung, die für beide Klageschutzrechte vorrangig anhand der Klagepatentschrift erörtert wird, betrifft Aufzugsysteme, speziell die Gestaltung ihres Zugelementes, das Kabine und Gegengewicht miteinander verbindend trägt und über eine motorgetriebene Traktionsscheibe geführt wird, die Kabine und Gegengewicht durch ihre Drehbewegung m Schacht auf- und abwärts bewegt.

Herkömmliche Traktionsaufzugsysteme arbeiten mit im Querschnitt runden Stahlseilen und gusseisernen Traktionsscheiben (Klagepatentschrift, Abs. 0002 und 0003; Übersetzung S 1, Zeilen 13 bis 25; Klagegebrauchsmusterschrift S. 1, Zeilen 13 bis 25); beide sind jedoch, obwohl sie sich gut bewährt haben, in ihren Einsatzmöglichkeiten beschränkt. Eine erste Einschränkung ist bedingt durch die Traktionskräfte bzw. die Haftreibung zwischen Seil und Scheibe. Sie können durch die Erhöhung des Umschließungswinkels der Seile oder durch Unterschneiden der Nuten in der Scheibe gesteigert werden (vgl. Helmut Ernst, Die Hebezeuge, Band 1, 8. Auflage 1973, S. 32, Anlage B 11). Beides reduziert jedoch die Haltbarkeit der Seile; ein höherer Umschließungswinkel steigert die Abnutzung der Seile, eine Unterschneidung der Nuten den Seildruck (Klagepatentschrift, Abs. 0003 und 0006; Übersetzung S. 1, Zeilen 27 bis 30 und S. 2, Zeilen 25 bis 32; Klagegebrauchsmusterschrift S. 1, Zeilen 27 bis 30, S. 2, Zeilen 61 bis 68). Höherer Seildruck verkürzt ebenfalls die Lebensdauer der Seile und steigert auch den Nutenverschleiß. Synthetische Auskleidungen in den Nuten der Scheibe erhöhen den Reibungskoeffizienten zwischen Seil und Scheibe und minimieren gleichzeitig den Verschleiß der beiden zusammenwirkenden Teile.

Auch die Ermüdungseigenschaften und die begrenzte Flexibilität runder Stahlseile beschränken deren Einsatzmöglichkeiten. Der nach einschlägigen Sicherheitsbestimmungen erforderliche Mindestdurchmesser der Seile erfordert entsprechend große Traktionsscheibendurchmesser von mindestens 320 bzw. 380 mm. Mit zunehmendem Seildurchmesser steigt das von der Antriebsmaschine benötigte Drehmoment (Klagepatentschrift Abs. 0004; Übersetzung, S. 2, Zeilen 1 bis 10; Klagegebrauchsmusterschrift S. 2, Zeilen 38 bis 46).

Seile aus Aramidfasern sind zwar flexibler, haben ein verbessertes Verhältnis von Zugfestigkeit zu Gewicht und verbessern die Traktion (Klagepatentschrift, Abs. 0005; Übersetzung, S. 2 Zeilen 12 bis 23; Klagegebrauchsmusterschrift S. 2, Zeilen 48 bis 59), unterliegen aber einem immer noch beträchtlichen Seildruck, der die Aramidfasern beschädigen kann und die Möglichkeit einer Reduzierung des Scheibendurchmessers einschränkt; darüber hinaus sind sie bei Querbelastungen defektanfälliger (Klagepatentschrift Abs. 0007; Übersetzung S. 2, Zeile 34 bis S: 3, Zeile 9; Klagegebrauchsmusterschrift S. 3, Zeilen 70 bis 80). Hinzu kommt der bei Stahlseilen anfallende Wartungsaufwand für das Aufbringen von Gleit- und Schmiermitteln.

Die in der Klagepatentschrift (Abs. 0008; Übersetzung S. 11 bis 26) erörterte britische Patentanmeldung 2 162 283 (in Anlage B 4, Übersetzung Anlage B 5) offenbart (vgl. dort Anspruch 5) einen Minenförderer, eine Hebeanlage oder einen Lift mit einer Kabine, einem drehbaren Schaftschmiedeteil mit integralem Rohrkörper und mit einem Flachgurt-Zugelement, an dem die Kabine und das Gegengewicht aufgehängt sind. Das Zugelement wird vom Rotorkörper angetrieben, um die Kabine anzuheben und abzusenken und weist in einem elastomeren Material eingehüllte lasttragende Stränge auf, die relativ zueinander beabstandet sind. Die nachstehend wiedergegebene Figur 6 der Druckschrift zeigt Rotoren, die auf einem Turm montiert sind, nach den Ausführungen in der Beschreibung aber auf jeder Anzahl von Ebenen arbeiten können. Der geringe Rotordurchmesser gestattet den Einsatz kleiner mit relativ hoher Geschwindigkeit laufender Motoren, die direkt an den Rotor gekoppelt sind (vgl. Anlage B 5, S. 4, Zeilen 5 bis 7 und 19 bis 21).

Die in der Klagepatentschrift weiterhin (Abs. 0009, Übersetzung S. 3, Zeilen 28 bis 34), erörterte japanische Patentanmeldung 090 21 084 (in Anlage B 4, Übersetzung Anlage B 6) zeigt eine Drahtseilstruktur mit aus Drahtlitzen gebildeten und in ein Umhüllungsmaterial aus Polyamid – beispielsweise Nylon oder Polypropylen, Polyimid, Polytetrafluorethylen – oder auch aus anderen flexiblen und stabilen Materialien eingebetteten Strängen (vgl. Anlage B 6, Abs. 0027). Jeder Strang weist eine zentrale Litze und mehrere um sie herumgelegte äußere Litzen auf, wobei innerhalb der zentralen Litze unterschiedliche Drahtdurchmesser vorhanden sind. Für die Ausführungsform entsprechend Abbildung 1 werden beispielhaft Durchmesser von 0,3 mm für alle Drähte angegeben, wobei jeder Strang etwa 1,5 mm und ein Seilkörper aus drei Strängen ca. 4,5 mm breit ist (B 6, Abs. 0025 und 0026); die Ausführungsform gemäß Abbildung 5 weist pro Strang um einen etwas dickeren Kerndraht 11d herum angeordnete dünnere Drähte 11a auf, wobei um diese sechs Drähte nochmals je 12 weitere angeordnet sind, von denen 6 den Durchmesser des Kerndrahts haben und 6 dünner sind. Jede Seileinheit besteht aus insgesamt 75 Drähten mit einem Durchmesser von 0,12 bis 0,17 mm (Abs. 0039 und 0040, Anlage B 6). Das Seil kann zum Antrieb von Webrahmen in Webmaschinen, aber auch zur Aufhängung von Aufzügen und zur Übertragung der Antriebskraft in Maschinen und Anlagen aller Art verwendet werden (Anlage B 6, S. 3 Abs. 0006 und S. 5 Abs. 0011). Nachstehend wiedergegeben sind die Abbildungen 1 bis 3 und 5 der älteren Druckschrift.

Die Klagepatentschrift erörtert außerdem (Abs. 0010, Übersetzung S. 4, Zeilen 1 bis 11) die US-Patentschrift 5 461 850 (Anlage B 4, deutsche Übersetzung Anlage B 7), aus der ein gummierter Stahlstrang (10; Bezugszeichen entsprechen den nachstehend wiedergegebenen Figuren 2, 6 und 9 der älteren Druckschrift) bekannt ist, der eine zentrale Litze (20) und bis zu neun äußere Litzen (14) aufweist, wobei die zentrale Litze und die äußeren Litzen aus einem zentralen Draht und mehreren äußeren um den zentralen Draht verdrillten Drähten gebildet sind. Die zentralen Drähte haben im Vergleich zu den äußeren Drähten der jeweiligen Litze einen größeren Durchmesser, und der zentrale Draht der zentralen Litze hat einen größeren Durchmesser als die zentralen Drähte der äußeren Litze. Die runden Stahlstränge können etwa als Förderseil verwendet werden. Die Druckschrift offenbart weiterhin einen flachen Fördergurt (66) mit mehreren derartigen Strängen (10), die Seite an Seite innerhalb einer gemeinsamen Umhüllungsschicht angeordnet sind (vgl. Abbildung 9).

Die Aufgabe (das technische Problem) der Erfindung besteht darin, bei zumindest gleicher Traktionswirkung den Seildruck der Zugelemente zu reduzieren, um den Traktionsscheibendurchmesser verringern zu können.

Zur Lösung dieser Problemstellung kombiniert das in Anspruch 1 des Klagepatentes vorgeschlagene Aufzugssystem folgende Merkmale miteinander:

1.
eine Kabine (14), eine drehbare Traktionsscheibe (24) und

2.
ein Zugelement (22),

2.1
an dem die Kabine und das Gegengewicht aufgehängt sind und das

2.2
zum Schaffen der Hebekraft für die Kabine ausgebildet ist;

3.
das Zugelement ist dazu ausgebildet, mit der Traktionsscheibe zusammenzuwirken und von dieser antriebsmäßig bewegt zu werden, um die Kabine anzuheben und abzusenken,

4.
es weist eine Breite w, eine Dicke t gemessen in der Biegerichtung sowie eine Eingriffsfläche (30) auf, die durch die Breitendimension des Zugelements gebildet ist,

5.
es weist ein Dimensionsverhältnis von größer als 1 auf, das als Verhältnis der Breite w relativ zu der Dicke t definiert ist,

6.
es weist einen lasttragenden Strang (26) auf, der in eine Umhüllungsschicht (28) eingeschlossen ist;

6.1
der lasttragende Strang ist aus metallischem Material und die Umhüllungsschicht aus nichtmetallischem Material gebildet,

6.2
der lasttragende Strang ist aus Litzen (2 a, 2 b, 37a, 37b; 200, 210) von Drähten (29, 31, 35, 202, 204, 206, 208) gebildet,

6.3
er weist eine zentrale Litze (200) und eine Mehrzahl äußerer Litzen (210) auf, die um die zentrale Litze herumgelegt sind;

6.4
jede der Litzen weist einen zentralen Draht (202, 206) auf, wobei jeder der zentralen Drähte im Vergleich zu den äußeren Drähten (204, 208) der jeweiligen Litze einen größeren Durchmesser hat;

6.5
die Drähte (29, 31, 25, 202, 204, 206, 208) weisen einen Drahtdurchmesser von 0,21 mm und weniger auf;

7.
das Zugelement weist ferner eine Mehrzahl der lasttragenden metallischen Stränge auf, die relativ zueinander beabstandet sind;

8.
die Umhüllungsschicht umschließt die Mehrzahl der voneinander beabstandeten metallischen Stränge;

9.
die Traktionsscheibe weist einen Durchmesser von etwa 100 mm und weniger auf.

Das in Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters beschriebene Aufzugsystem kombiniert folgende Merkmale:

1.
eine Maschine (20), eine von der Maschine drehend antreibbare Traktionsscheibe (24), eine Kabine (14), ein Gegengewicht (16), und

2.
ein Zugelement (22), das

2.1
die Kabine und das Gegengewicht trägt und

2.2
mit der Traktionsscheibe zum Bewegen der Kabine und des Gegengewichts zusammenwirkt;

3.
das Zugelement weist einen lasttragenden Strang (26) auf, der

3.1
aus metallischem Material besteht und

3.2
in eine Umhüllungsschicht (28) aus Polyurethanmaterial auf Etherbasis eingeschlossen ist;

4.
das Zugelement hat ein Dimensionsverhältnis Breite zu Dicke, welches größer als 1 ist.

Für die Ausgestaltung der Traktionsscheibe enthalten die Merkmale 1 bis 3 des Klagepatentanspruches die Merkmale 1 und 1 bis 2.2 des Schutzanspruches 1 die für jede Traktionsscheibe funktionswesentlichen Angaben, dass sie drehbar (Klagepatent) bzw. von der Maschine drehend antreibbar (Klagegebrauchsmuster) sein und mit dem Zugelement zum Bewegen von Kabine und Gegengewicht zusammenwirken muss. Einen bestimmten Durchmesser wie in Merkmal 9 des Klagepatentes gibt das Klagegebrauchsmuster noch nicht in Schutzanspruch 1, sondern erst in Unteranspruch 26 vor, auch die Klagegebrauchsmusterbeschreibung hebt jedoch mehrfach hervor, der Durchmesser der Scheibe könne infolge der erfindungsgemäß flexibleren Zugelemente kleiner ausgebildet sein als bisher üblich (Klagegebrauchsmusterschrift S. 4, Zeilen 115 bis 120, 124 bis 128, S. 5, Zeilen 137 bis 141 und S. 10, Zeilen 313 bis 319). Dieser Hinweis zeigt dem Fachmann zusammen mit der in beiden Schutzrechten hervorgehobenen Vorteilsangabe, die Minimierung des Scheibendurchmessers erlaube den Einsatz kompakterer Motoren ohne Getriebe (Klagepatentschrift, Abs. 0010; Übersetzung S. 5, Zeilen 13-16; Klagegebrauchsmusterschrift S. 4, Zeilen 117 bis 120), dass der Durchmesser der Traktionsscheibe in solchen Fällen denjenigen der Antriebswelle kaum überragt und bei entsprechender Dimensionierung der Antriebswelle auch deren Durchmesser gleich sein kann. Das Wort Traktionsscheibe beschränkt den Blick des Durchschnittsfachmanns auch nicht auf Gegenstände, deren Durchmesser entsprechend einer herkömmlichen Scheibe größer als ihre Dicke ist. Je nach Durchmesser der Scheibe und Breite der Zugelemente wird sich das bei Ausführungsformen mit mehreren verhältnismäßig breit ausgebildeten Zugelementen, wie sie in Unteranspruch 2 des Klagegebrauchsmusters und Figur 3 beider Schutzrechte gezeigt werden, kaum erreichen lassen; ausgehend von den in Figur 3 erkennbaren Größenverhältnissen weist die Traktionsscheibe dann eine rollen- bzw. walzenförmige Gestaltung auf, deren Dicke den Durchmesser übersteigt. Sofern die örtlichen Verhältnisse das günstig erscheinen lassen, bietet es sich für den Fachmann auch an, Antriebswelle und Traktionsscheibe als einheitliches Bauteil auszubilden, zumal erfindungsgemäß der Verschleiß von Zugelement und Traktionsscheibe vermindert werden soll und ein Austausch dann seltener nötig wird. Dem hält die Beklagte ohne Erfolg entgegen, als separates Teil ausgebildete Traktionsscheiben hätten den Vorteil, flexibler einsetzbar und bei Bedarf leichter austauschbar zu sein und erforderten insbesondere nicht den gleichzeitigen Ausbau von Traktionsmotor- und welle. Mit diesen Vorteilen befasst sich die hier unter Schutz gestellte Erfindung nicht.

Merkmal 2.1 des Klagegebrauchsmusters, nach dessen Vorgabe das Zugelement Kabine und Gegengewicht trägt, muss nicht in der Weise verwirklicht werden, dass entsprechend Figur 1 an einem Ende des Zugelementes die Kabine und am anderen Ende das Gegengewicht aufgehängt sind, sondern ist auch erfüllt, wenn beide Enden am Schachtkopf befestigt und Kabine und Gegengewicht in das Zugelement eingestellt bzw. eingehängt sind, wie es die Beklagte im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 4. August 2006 (S. 19, Bl. 119) zeichnerisch darstellt. Auch dann wird das Gewicht beider selbstverständlich vom Zugelement getragen und werden die Hebekräfte von der Traktionsscheibe an Kabine und Gegengewicht weitergegeben. Auch wenn Merkmal 2.1 des Klagepatentanspruches 1 etwas anders formuliert ist und verlangt, dass Kabine und Gegengewicht an dem Zugelement aufgehängt sind (englische Fassung … a tension member (22) suspending the car (14) and the counterweight (16) …), wird der Durchschnittsfachmann dieser Vorgabe keinen anderen Sinngehalt beilegen als derjenigen des Klagegebrauchsmusters. Das ergibt sich schon aus der in Merkmal 3 des Klagepatentanspruches beschriebenen Funktion des Zugelementes, die Kabine und das Gegengewicht anzuheben und abzusenken (Abs. 0025; Übersetzung S. 8, Zeilen 21 bis 27). Es spielt dabei keine Rolle, ob das Zugelement die Hebekraft unmittelbar ohne Zwischenschaltung weiterer Funktionsteile oder mittelbar über zwischengeschaltete Umlenkrollen überträgt. Entscheidend ist nur, dass die Kraftübertragung durch den von der Maschine über die Traktionsscheibe bewegten Zuggurt erfolgt und Kabine und Gegengewicht wechselseitig durch Verkürzen des Abstandes zur Traktionsscheibe angehoben und durch Verlängerung dieses Abstandes abgesenkt werden.

Dass das Klagegebrauchsmuster sich in Merkmal 2.3 seines Schutzanspruches 1 nicht auf Ausführungsformen mit einem einzigen lasttragenden Strang beschränkt (für das Klagepatent ist dies durch die Merkmale 7 und 8 ohnehin klargestellt), kann angesichts der auf Schutzanspruch 1 rückbezogenen mehrere Stränge lehrenden Schutzansprüche 4 bis 6, 12 bis 14, 17 und 23 bis 25 und der in den Figuren 2 bis 5 und 9 dargestellten ebenfalls mehrere Stränge aufweisenden bevorzugten Ausführungsformen nicht ernsthaft bezweifelt werden. Insoweit gilt nichts anderes als für die Zugelemente, von denen Merkmal 2 eines verlangt, der Unteranspruch 2 aber auch mehrere Zugelemente nebeneinander erlaubt. Sieht man entsprechend Merkmal 2 nur ein einziges Zugelement vor und verwendet hierfür kein Flachseil, das im übrigen nur in der Gebrauchsmusterbeschreibung (S. 12, Zeilen 392 bis 398) und nicht einmal in den Schutzansprüchen erwähnt wird, lassen sich die erfindungsgemäß angestrebte Verringerung des Seildrucks und die flache und flexiblere Ausbildung des Zugelementes nur erreichen, indem man mehrere Seile vorsieht, auf die der Seildruck verteilt werden kann; die Verteilung ist nur möglich, wenn mehrere lasttragende Stränge nebeneinander über eine gegenüber einem runden Seil breitere Ausdehnung des Zuggurtes angeordnet werden.

Kern der Erfindung ist in beiden Schutzrechten die Ausgestaltung des Zugelementes, das der Klagepatentanspruch 1 in den Merkmalen 4 bis 8 und Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in seinen Merkmalen 3 bis 4 näher umschreibt. Wesentlich für die Erfindung ist danach zum einen die Umhüllung der Lasttragestränge, die nun nicht mehr wie herkömmliche Seile unmittelbar auf der Traktionsscheibe aufliegen. Statt dessen bildet die Umhüllungsschicht eine Eingriffsfläche für das Zusammenwirken mit der Traktionsscheibe. Ihr griffigeres Material soll die Traktionswirkung verbessern, außerdem sollen die Metallstränge versiegelt werden, kein Schmiermittel mehr nötig sein und die Räume zwischen einander benachbarten Litzen der Stränge ausgefüllt werden, um einen Kontakt von Draht zu Draht zu vermeiden, der wegen der damit verbundenen Reibkorrosion und Beeinträchtigung der Stränge unerwünscht ist (Klagepatentschrift, Abs. 0019; Übersetzung S. 6, Zeilen 2-4; Klagegebrauchsmusterschrift S. 5, Zeilen 150-153).

Zum anderen gehört zum Kern der Erfindung auch die flache Ausbildung des Zugelements; sie wird dadurch erreicht, dass statt herkömmlicher runder Seile ein flacher Lasttragestrang verwendet wird oder mehrere runde Stränge dünneren Querschnittes nebeneinander angeordnet werden. Dünnere Seile sind flexibler, so dass kleinere Traktionsscheibendurchmesser verwendbar sind, was die weiteren Vorteile mit sich bringt, dass weniger kostenintensive kompaktere Motoren mit hoher Drehzahl eingesetzt werden können, kein Getriebe notwendig ist und der Durchmesser der Traktionsscheibe auf das in Merkmal 9 angegebene Maß von 100 mm oder weniger vermindert werden kann. Um entsprechende Seilkonfigurationen zu erreichen, sieht Anspruch 1 des Klagepatentes das in den Merkmalen 6.2 und 6.3 beschriebene Verdrillungsmuster und insbesondere den in Merkmal 6.5 angegebenen Drahtdurchmesser von 0,21 mm oder weniger vor (Klagepatentschrift Abs. 0036, 004, 0016 und 0017; Übersetzung S. 13, Zeilen 5 bis 15, S. 2, Zeilen 9 und 10 und S. 5, Zeilen 13 bis 28; Klagegebrauchsmusterschrift S. 3, Zeile 94 bis S. 4, Zeile 120).

An der gleichmäßigen Verteilung des Seildrucks ist nicht nur die Ausbildung der Lasttragestränge beteiligt, sondern auch die breitere Erstreckung der Eingriffsfläche gemäß Merkmal 6 des Klagepatentanspruches 1, gemäß dem die Eingriffsfläche durch die Breitendimension des Zugelementes gebildet ist (in der englischen Fassung … engagement surface, defined by the width dimension (Abs. 0014, 0021 und 0044; Übersetzung S. 4, Zeilen 26 bis 30, S. 6, Zeilen 28 bis 29 und S. 18, Zeilen 2 bis 5). Damit ist verdeutlicht, was zum Ausführungsbeispiel noch konkreter ausgeführt wird, nämlich dass die Umhüllungsschicht des Zugelementes eine einzige durchgehende und über die gesamte Breite reichende Eingriffsfläche definiert, die mit einer passend gestalteten Oberfläche der Traktionsscheibe in Berührung steht (Abs. 0026 a.E.; Übersetzung S. 9, Zeilen 24 bis 26), wie es auch die Ausführungsbeispiele gemäß Figuren 2 bis 5 zeigen. Die Breitendimension des Zugelementes bildet bzw. definiert vor diesem Hintergrund nur dann dessen Eingriffsfläche, wenn das Zugelement zumindest über die wesentliche Breite mit einer durchgehenden Fläche auf der Traktionsfläche der Antriebsscheibe aufliegt. Dass die Eingriffsfläche nur auf der Breitseite des Zugelementes angeordnet, aber ansonsten beliebig schmal konfiguriert ist, genügt nicht. Auch eine Ausbildung der Auflagefläche mit im Querschnitt wellen- oder keilförmigen Vertiefungen ist nur dann eine Eingriffsfläche im Sinne des Klagepatentes, wenn sie praktisch über die gesamte Breite durchgehend sowohl mit den Flanken als auch an den Wellenbergen und –tälern auf einer komplementär ausgebildeten Traktionsfläche aufliegt. Die Vertiefungen mögen zwar zu einer gegenüber einer glatten Ausbildung insgesamt größeren Berührungsfläche führen; besteht aber an den Wellenbergen und –tälern kein Eingriff, konzentriert sich die Druckbelastung auf die Flanken, die dann wieder gegenüber den berührungsfreien Flächen erhöhter Beanspruchung ausgesetzt sind. Eine solche Ausbildung entspricht der Verwendung unterschnittener Nuten, die in der Klagepatentbeschreibung mit der Begründung abgelehnt werden, der hierdurch an den Auflagestellen erhöhte Seildruck verringere die Haltbarkeit der Seile und begünstige den Verschleiß der Traktionsscheibe (Abs. 0003; Übersetzung S. 1 Zeilen 25 ff.). Die herangezogenen Ausführungen der Patentbeschreibung befassen sich zwar nur mit unmittelbar und ohne zwischengeschaltete Umhüllungsschicht auf der Traktionsscheibe aufliegenden herkömmlichen Seilen, sie führen den angesprochenen Fachmann aber zu der Erkenntnis, auch bei einer Verwendung von Gurten aus umhüllten Stahlsträngen stellten sich vergleichbar nachteilige Ergebnisse ein, weil Unterbrechungen die Kontaktfläche verkleinerten und an den Auflagestellen wieder die Gefahr von Druckerhöhungen bestehe, die zu einer erhöhten Beanspruchung der Umhüllung führten, was die flache Ausbildung des Zugelementes in gleicher Weise wie die bisherige Beanspruchung der Seile gerade vermeiden will.

Dass nach Merkmal 6.4 der Zentraldraht jeder Litze einen größeren Durchmesser als die ihn umgebenden Drähte hat, reduziert neben der Umhüllungsschicht den nachteiligen Kontakt zwischen den herumgelegten Drähten und zwischen den nach Merkmal 6.3 um die zentrale Litze herumgelegten Litzen (Klagepatentschrift Abs. 0037 und 0038; Übersetzung S. 13, Zeilen 26 bis 34 und S. 14, Zeilen 23 bis 28; vgl. ferner Abs. 0019 a.E.; Übersetzung S. 6, Zeilen 3 und 4).

Während Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in Merkmal 3.2 ausdrücklich Polyurethanmaterial auf Etherbasis verlangt, genügt nach den Merkmalen 6 und 6.1 des Klagepatentanspruches 1 jedes geeignete nichtmetallische Material. Im Klagepatent wird die Auswahl des Umhüllungsmaterials dem Fachmann überlassen; konkrete Angaben enthalten dort erst die Vorgaben der Unteransprüche 9 und 10, vorzugsweise thermoplastisches Urethan bzw. flammhemmendes Material zu verwenden.

2.
Geht man hiervon aus, kann eine Verletzung der Klageschutzrechte nicht festgestellt werden.

a)
Die Verletzung des Klagepatentes scheitert an der fehlenden Verwirklichung des Merkmals 4.

aa)
Eine wortsinngemäße Übereinstimmung liegt nicht vor, weil die Eingriffsfläche des Zugelementes nicht durch seine Breitendimension gebildet bzw. definiert ist. Ausgegangen werden muss von der Ausbildung der Eingriffsfläche und ihrem Zusammenwirken mit der Traktionsfläche der Scheibe entsprechend den von der Beklagten vorgelegten Abbildungen Anlagen B 3 und B 8, denen die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht widersprochen hat; sie stimmen überein mit der von der Klägerin vorgelegten Abbildung Anlage K 17. Danach bilden beide abwechselnd im Querschnitt etwa dreieckförmige Nuten und keilförmige Erhebungen bzw. Wellen, wobei die Schrägflächen aufeinander liegen, am Nutpunkt und an der Oberkante der Keile bzw. an den Wellenbergen und –tälern dagegen keine Berührung stattfindet. Wie die Abbildung Anlage B 8 belegt, ändert sich daran auch nichts, wenn man auf den angegriffenen Zuggurt Druck in Richtung gegen die Eingriffsfläche der Traktionsscheibe ausübt. Infolge dieser Ausbildung hat das Zugelement der angegriffenen Aufzugsysteme über seine Breite keine durchgehende Eingriffsfläche, sondern diese ist mehrfach, insgesamt 11mal unterbrochen. Sie besteht letztlich aus 12 im Abstand parallel zueinander angeordneten „Streifen“ und entspricht in ihrer Breite nicht annähernd derjenigen des Traktionsgurtes.

bb)
Eine Verwirklichung dieses Merkmals mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Sie scheiterte auch daran, dass sich nicht feststellen lässt, dass die bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Abwandlung nach den vorstehenden Darlegungen nicht dieselbe Wirkung hat, wie sie das Klagepatent einer über die gesamte Breite des Zugelementes reichenden ununterbrochenen Eingriffsfläche zuschreibt und infolge dessen für den Fachmann am Prioritätstag des Klagepatentes anhand an den Ansprüchen orientierter Überlegungen weder als gleichwirkende Alternative auffindbar war noch von ihm als der im Wortsinn beschriebenen gleichwertige Lösung in Betracht gezogen wurde. Es mag sein, dass auch die angegriffene Ausführungsform gegenüber runden Seilen eine breitere Verteilung des Seildrucks ermöglicht; diese Übereinstimmung im Leistungsergebnis genügt aber nicht. Die im Wortsinn beschriebene Lösung setzt eine zumindest im Wesentlichen der Breite des Zugelementes entsprechende Eingriffsfläche voraus, deren Querschnittsfläche nicht unterbrochen wird (vgl. Abs. 0014, Übersetzung S. 4, Zeilen 26 bis 33). Nuten werden nur in der äußeren nicht auf der Traktionsscheibe aufliegenden Oberfläche zugelassen (Abs. 0031, Übersetzung S. 11, Zeilen 11 bis 13). Eine durchgehende Eingriffsfläche soll eine gleichmäßige Verteilung der Belastung hervorrufen, während unterbrochene nutförmige Eingriffsflächen an den Auflagestellen andere größere Beanspruchungen erfahren als an den berührungslosen Flächen, wobei diese unterschiedlichen Beanspruchungen auch über die Breite verteilt zu unterschiedlichen Spannungsbelastungen und unterschiedlichem Verschleiß führen können. Sie entsprechen damit insoweit den in der einleitenden Beschreibung wegen ihrer punktuellen Verschleißkonzentration beanstandeten unterschnittenen Nuten. Es mag sein, dass die bei den angegriffenen Gegenständen verwirklichte Ausbildung durch die verhältnismäßig große Dicke des Kunststoffmaterials im Bereich der Eingriffsflächen diese Spannungen verringern oder auch ausgleichen kann, ohne dass die Spannungen in den Bereich der Seilstränge gelangen. Von der patentierten Lehre entfernt man sich damit jedoch so weit, dass keine Gleichwertigkeit mehr vorliegt.

b)
Die Verletzung des Klagegebrauchsmusters scheitert daran, dass das Merkmal 3.2 nicht erfüllt ist. Das Vorliegen der Merkmale 1 und 2.2, soweit sie eine Traktionsscheibe voraussetzen und des Merkmals 2.1, das verlangt, dass das Zugelement Kabine und Gegengewicht trägt, kann nach den vorstehenden Ausführungen in Abschnitt B. 1. nicht ernsthaft bezweifelt werden, ebenso wenig, dass das Zugelement, auch wenn es mehrere lasttragende Stränge besitzt, unter Merkmal 3 fällt, das nur einen lasttragenden Strang fordert.

Merkmal 3.2 gibt vor, dass der lasttragende Strang in eine Umhüllungsschicht aus Polyurethan auf Etherbasis eingeschlossen ist. Eingeschlossen bedeutet, dass alle im vorstehenden Abschnitt B.1. beschriebenen Funktionen, die die Umhüllungsschicht erfindungsgemäß insbesondere in Bezug auf die Metallstränge hat, von diesem Material erfüllt sein müssen, das zu diesem Zweck die Stränge von allen Seiten – auch auf der Außenseite des Zugelementes – vollständig umschließen muss. Dass dies auf die Außenseite der angegriffenen Ausführungsform zutrifft, die mit einer Nylon-Gewebeschicht belegt ist, hat die Klägerin nicht ausreichend dargelegt. Die Beklagte hat unwiderlegt vorgetragen, bei der Herstellung des angegriffenen Traktionsgurtes würden zuerst die Stahlstränge auf das Nylongewebe aufgepresst (Bl. 57, 122, 133 d.A.); an den Auflagestellen könne das Kunststoffmaterial nicht zwischen die Stränge und das Nylongewebe und auch nicht in dieses hinein dringen, so dass die Stränge dort ohne Nylonschicht tatsächlich offen an der Oberfläche des Zugelementes lägen. Um dieses Vorbringen zu widerlegen und die Übereinstimmung mit der schutzbeanspruchten technischen Lehre darzutun, hätte die darlegungsbelastete Klägerin die Beschaffenheit des Zuggurtes nicht nur wie geschehen an einer Stelle untersuchen dürfen, sondern hätte an mehreren über die gesamte Länge des untersuchten Gurtes angelegten Querschnitten sich von der Ausbildung der Polyurethan-Umhüllungsschicht um die Lastträger herum überzeugen müssen, wobei die Abstände der Schnitte so dicht hätten gewählt werden müssen, dass an den Schnittstellen stets eingeschlossene Metallstränge mit ausreichender Wahrscheinlichkeit dafür gesprochen hätten, auch an den nicht geschnittenen Abschnitten kapsele die Polyurethanschicht die Stränge von allen Seiten und auch auf der Gewebeseite ein. Erst das hätte den Vortrag der Klägerin hinreichend untermauert und wäre ein ausreichender Hinweis darauf gewesen, dass auch die nicht geschnittenen Bereiche zwischen den Querschnittsstellen nicht anders beschaffen sind. Dem genügt das Vorbringen der Klägerin nicht. Das Original der von ihr als Anlage K 17 vorgelegten Darstellung einer einzigen Querschnittstelle zeigt im Gegenteil, dass das während der Verarbeitung fließfähige Polyurethan-Material beim Aufbringen zwar an den meisten Stellen zwischen die Litzen und zum Teil auch zwischen deren einzelne Drähte dringen konnte, was auch aus den von der Beklagten vorgelegten Abbildungen Anlagen B 3 und B 8 hervorgeht; auf der Gewebeseite sind demgegenüber mehrere Stellen erkennbar, an denen die Drähte die Oberfläche des Kunststoffs durchbrechen, mögen diese Stelle auch nur klein sein und nicht über die gesamte Länge des Gurtes reichen. An diesen Stellen wären die Drähte ohne die Nylonschicht den unerwünschten Umwelteinflüssen ausgesetzt.

Dass die von der Klägerin in Frankreich im Rahmen des dortigen Saisie-Contrefacon-Verfahrens durchgeführten Untersuchungen andere Ergebnisse gebracht haben, ist nicht zu erkennen. Die in dem Gutachten gemäß Anlage BK 16 enthaltenen Abbildungen 68 bis 74 und 78 zeigen im Querschnitt das Verdrillungsmuster mehrerer lasttragender Stränge des angegriffenen Zugelementes und ihrer Litzen. Ob dort die lasttragenden Stränge auf der Nylongewebeschicht vollständig mit Polyurethan umhüllt waren, ist nicht eindeutig zu sehen, heller gefärbte Stellen zwischen einzelnen Drähten einer Litze, wie sie insbesondere auf den Bildern 72 bis 74 zu erkennen sind, sprechen aber dafür, dass das Kunststoffmaterial in die betreffenden Zwischenräume nicht vollständig eingedrungen ist; das wiederum kann ein Hinweis darauf sein, dass auch zwischen den Drähten und der Nylonauflage ähnliche nicht von Kunststoff ausgefüllte Zwischenräume vorhanden sind. Nichts anderes ergibt sich aus den von der Klägerin selbst vorgenommenen Untersuchungen vom 20. Dezember 2007 (Anlage BK 8). Auch die auf der Seite 4 dieses Untersuchungsberichtes befindlichen Querschnittsabbildungen von zwei verschiedenen Gurten enthalten an einzelnen Stellen vom Kunststoffmaterial nicht durchdrungene Zwischenräume zwischen dem Draht und dem Gewebe. Gleiches zeigt die Abbildung auf S. 7 des Untersuchungsberichts; sie zeigt in gleicher Weise, dass das Kunststoffmaterial nicht in sämtliche Zwischenräume zwischen den Drähten eingedrungen ist.

Ebenso erfolglos bleibt der Versuch der Klägerin, die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Umhüllung mit einer Polyurethan und Nylongewebe kombinierenden Ummantelung als Verwirklichung des Merkmals 3.2 mit äquivalenten Mitteln zu betrachten. Dies scheitert daran, dass diese Abwandlung für den Durchschnittsfachmann am Prioritätstag des Klagegebrauchsmusters anhand an den Schutzansprüchen orientierter Überlegungen nicht als einer reinen Polyurethan-Umhüllung gleichwirkendes Mittel auffindbar war und erst recht von ihm nicht als der im Wortsinn beschriebenen Lösung gleichwirkende Alternative in Erwägung gezogen wurde. Eine Umhüllung nur aus Polyurethan, wie sie in Merkmal 3.2 vorgesehen ist, bietet die in der Gebrauchsmusterbeschreibung und oben in Abschnitt B.1. erörterten Vorteile insbesondere deshalb, weil sie homogen ist und aus einem Guss besteht. Sie ist damit frei von Spannungsbelastungen, die sich aus einer Zusammensetzung des Umhüllungsmaterials aus mehreren Schichten ergeben können, und sie ist auch nicht mit den Schwierigkeiten behaftet, die beiden Schichten flächendeckend so miteinander zu verbinden, dass die Umhüllung bei Betrieb und insbesondere beim Laufen des Gurtes über die Traktionsscheibe auftretenden unterschiedlichen Spannungskräften standhält. Das alles würde den Fachmann daran hindern, von der im Wortsinn beschriebenen homogenen Zusammensetzung aus Polyurethan abzurücken.

Die im Schriftsatz vom 27. Februar 2008 angekündigte Neufassung des Klageantrages in Bezug auf das Klagegebrauchsmuster hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht verlesen, so dass weitere Ausführungen hierzu nicht angezeigt sind.

III.

Nachdem die Berufung der Klägerin erfolglos geblieben ist, hat sie nach § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen; die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordern sie Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, die Entscheidung des Bundesgerichtshofes nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.