4a O 435/05 – Fluidspeicher

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 528

Landgericht Düsseldorf
Teilurteil vom 9. November 2006, Az. 4a O 435/05

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

T a t b e s t a n d

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Belieferung der Halbleiterindustrie mit speziellen Fluiden, insbesondere Gasen. Diese Fluide werden in unter Druck stehenden Behältern geliefert, die als Speicher- und Ausgabevorrichtung dienen.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patentes X (Anlage K 3a, deutsche Übersetzung Anlage K 11, nachfolgend Klagepatent), dessen Verfahrenssprache Englisch ist. Das Klagepatent, das auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde, wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE X geführt. Das Klagepatent wurde am 28. April 1999 unter Inanspruchnahme der US-Priorität X vom 28. April 1998 angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 4. November 1999. Die Patenterteilung wurde am 28. September 2005 veröffentlicht.

Das Klagepatent betrifft ein Lagerungs- und Verteilungssystem für Flüssigkeiten. Die für den Rechtsstreit maßgeblichen Patentansprüche 1 und 14 haben in der veröffentlichten deutschen Übersetzung folgenden Wortlaut:

Patentanspruch 1

Fluidspeicher- und Ausgabevorrichtung (10, 110, 300) für die Halbleiterherstellung mit:

einem Fluidspeicher- und Ausgabebehälter (12, 112, 302), der ein Innenvolumen (22, 133, 324) bestimmt zum Bereithalten eines unter Druck stehenden Fluids und einen Auslassanschluss (22, 133, 324) besitzt, und

einem in dem Innenvolumen (15, 328) des Behälters angebrachten und mit dem Anschluss in Verbindung stehenden Ventil (26, 332), gekennzeichnet dadurch

das Ventil (26, 332), das so lange geschlossen bleibt, um das Ausgeben von Fluid aus dem Behälter (12, 112, 302) durch den Anschluss zu verhindern, bis das Ventil ein unter subatmosphärischem Druck stehendes Gas von außerhalb des Behälters erhält, und auf den Erhalt des unter subatmosphärischem Druck stehenden Gases hin sich öffnet; und

der subatmosphärische Gasdruck einen vorbestimmten Wert nicht überschreitet.

Patentanspruch 14

Verfahren zum Herstellen eines Halbleiterproduktes unter Verwendung eines Halbleiterprozessfluids, das in einem unter Druck stehenden Behälter (12, 112, 324) mit einem das Fluid enthaltenden Innenvolumen (15, 328) enthalten ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

das Fluid in dem Innenvolumen durch einen Druckregler (28, 332) eingegrenzt ist, der in dem Innenvolumen in einer Fluidflussbahn (334, 336, 332, 330, 320) angeordnet ist, und die Fluidflussbahn durch den Druckregler gegenüber einem Fluidfluss stromabwärts des Druckreglers geschlossen ist,

das eingegrenzte Fluid durch Öffnen der Fluidflussbahn durch den Druckregler hindurch und stromabwärts desselben selektiv ausgegeben wird, und das Fluid mit einem durch den Fluiddruckregler bestimmten Durchsatz ausgelassen wird;

das Fluid zu einer Halbleiterherstellungseinrichtung (200) geleitet wird;

bei dem der Ausgabeschritt das Zuführen von Gas zu dem Druckregler bei oder unterhalb eines spezifizierten subatmosphärischen Drucks aufweist, und bei dem der Druckregler so eingestellt ist, dass der Druck des ausgegebenen Fluids auf den subatmosphärischen Druck reguliert ist.

Gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes legte die Beklagte zu 2. unter dem 28. September 2005 Einspruch beim Europäischen Patentamt ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt eine schematische Seitenansicht eines Fluidspeicher- und Ausgabesystems im Querschnitt, Figur 3 eine schematische Seitenansicht und Figur 6 eine teilweise geschnittene Ansicht des Reglers des Fluidspeicher- und Ausgabesystems gemäß der Figur 3.

Die Beklagten bewerben und vertreiben unter der Bezeichnung „X“ in Deutschland Produkte für die Speicherung und Ausgabe von toxischen Gasen, die bei der Halbleiterherstellung verwendet werden.

Die Produkte der Beklagten werden in einem Artikel beschrieben, welchen die Klägerin als Anlage K 6 zur Gerichtsakte gereicht hat. Es handelt sich hierbei um einen Nachdruck eines Artikels, der auf der Vierzehnten Internationalen Konferenz für Ionenimplantationstechnologie veröffentlicht wurde und von Mitarbeitern der Unternehmensgruppe der Beklagten mitverfasst wurde. Nachfolgend abgebildet ist die aus der Publikation stammende Figur I, welche den Aufbau der streitgegenständlichen Vorrichtung wiedergibt.

Der Aufbau des angegriffenen X-Produktes ergibt sich ferner aus der als Anlage K 7 vorgelegten Präsentation, worauf Bezug genommen wird. Auf den Seiten 3 und 4 der Anlage werden die X-Produkte beschrieben. Nachfolgend abgebildet ist Seite 6, welche den Aufbau und die Funktionsweise des Ventils zeigt, sowie Seite 9, welches ein Diagramm betreffend die Wirkungsweise des Gerätes unter Testbedingungen wiedergibt.

Gezeigt wird nachfolgend schließlich der Graph 1A aus der als Anlage B 5 von der Beklagten vorgelegten Untersuchung ihres Mitarbeiters Doug Heiermann, das in dem von der Beklagten als Anlage B 10 eingereichten Gutachten von Professor Dr. X vom 3.7.2006 auf Seite 9 als Bild 5 „Abnehmender Druckverlauf des X-Ventils bei ansteigendem Durchfluss unter nor¬malen Betriebsbedingungen“ wiedergegeben ist.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass das X- Gerät von der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre wortsinngemäßen Gebrauch mache. Daher liege in den Vertriebshandlungen der Beklagten eine unmittelbare Verletzung des Klagepatentes. Außerdem begingen die Beklagten eine mittelbare Verletzung des in Patentanspruch 14 geschützten Gegenstandes, indem sie ihr Produkt zur Benutzung des darin unter Schutz gestellten Verfahrens vertrieben.

Die Klägerin beantragt,

I.
die Beklagten zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassenen,

a) eine Fluidspeicher- und Ausgabevorrichtung für die Halbleiterherstellung mit: einem Fluidspeicher- und Ausgabebehälter, der ein Innenvolumen bestimmt zum Bereithalten eines unter Druck stehenden Fluides und einen Auslassanschluss besitzt, und einem in dem Innenvolumen des Behälters angebrachten und mit dem Anschluss in Verbindung stehenden Ventil, gekennzeichnet durch das Ventil, das so lange geschlossen bleibt, um das Ausgeben von Fluid aus dem Behälter durch den Anschluss zu verhindern, bis das Ventil ein unter subatmosphärischem Druck stehendes Gas von außerhalb des Behälters erhält, und auf den Erhalt des unter subatmosphärischem Druck stehenden Gases hin sich öffnet; und der subatmosphärische Gasdruck einen vorbestimmten Wert nicht überschreitet,

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

und/oder

b) einen mit mindestens einem Ventil versehenen Druckbehälter

zur Verwendung in einem Verfahren zum Herstellen eines Halbleiterproduktes unter Verwendung eines Halbleiterprozessfluids, das in einem unter Druck stehenden Behälter mit einem das Fluid enthaltenden Innenvolumen enthalten ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Fluid in dem Innenvolumen durch einen Druckregler eingegrenzt ist, der in dem Innenvolumen in einer Fluidflussbahn angeordnet ist, und die Fluidflussbahn durch den Druckregler gegenüber einem Fluidfluss stromabwärts von dem Druckregler geschlossen ist; das eingegrenzte Fluid durch Öffnen der Fluidflussbahn durch den Druckregler hindurch und stromabwärts von demselben selektiv ausgegeben wird, und das Fluid mit einem durch den Fluiddruckregler bestimmten Durchsatz ausgelassen wird, das Fluid zu einer Halbleiterherstellungseinrichtung geleitet wird; bei dem der Ausgabeschritt das Zuführen von Gas zu dem Druckregler bei oder unterhalb eines spezifizierten subatmosphärischen Drucks aufweist, und wobei der Druckregler so eingestellt ist, dass der Druck des ausgegebenen Fluids auf den subatmosphärischen Druck reguliert ist,

im Bereich der Bundesrepublik Deutschland Dritten zur Benutzung dort selbst anzubieten oder zu liefern;

2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig und wahrheitsgemäß darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die unter Ziffer I. 1. a) und b) bezeichneten Handlungen seit dem 28.10.2005 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmern,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der bloßen Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II.
festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die In Ziff. I. 1. a) und b) bezeichneten und seit dem 28.10.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen

hilfsweise

die Verhandlung bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über den gegen das Klagepatent eingelegten Einspruch auszusetzen.

Sie stellen eine mittelbare Verletzung des Patentanspruchs 14 in Abrede, weil das darin geschützte Verfahren mit ihrem Produkt nicht ausgeübt werden könne. Dieses mache vielmehr von einem andersartigen Verfahren Gebrauch.

Der Begriff des Ventils in Patentanspruch 1 sei als Druckregelventil zu verstehen, mit der Folge, dass das X-Produkt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht verwirkliche. Folge man dieser Auslegung nicht, werde sich Patentanspruch 1 als nicht rechtsbeständig erweisen, weshalb die Verhandlung jedenfalls auszusetzen sei.

Die Kammer hat mit parallel zu diesem Teilurteil verkündetem Beschluss die Verhandlung im Hinblick auf die Anträge, die auf eine unmittelbare Verletzung des Patentanspruchs 1 des Klagepatents gestützt sind (Anträge zu I. 1.) a) und darauf bezogene Anträge zu I. 2.) und II.) ausgesetzt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist, soweit die Anträge auf eine mittelbare Verletzung des Verfahrensanspruchs 14 gestützt werden (Klageanträge zu I. 1. b) sowie darauf zurückbezogene Klageanträge zu I. 2. und II.), entscheidungsreif. Insoweit ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.

I.

Das Klagepatent schützt in Patentanspruch 14 ein Verfahren zum Herstellen eines Halbleiterprodukts unter Verwendung eines Halbleiterprozessfluids, das in einem unter Druck stehenden Behälter mit einem das Fluid enthaltenden Innenvolumen enthalten ist.

Zum technischen Hintergrund der Erfindung führt das Klagepatent einleitend aus, dass bei unterschiedlichen industriellen Prozessen und Applikationen Bedarf für eine zuverlässige Quelle eines Prozessfluids besteht. Solche Prozess- und Applikationsbereiche umfassen die Halbleiterherstellung, die Ionenimplantation, die Herstellung von Flachbildschirmen und andere Anwendungen. Gerade bei der Halbleiterherstellung werden hochtoxische Gase wie Arsin benutzt, die in unter Druck stehenden Behältern gelagert werden. Da das Austreten solcher Gase in die Atmosphäre höchst gefährlich ist, ist der Schutz vor einem solchen Austreten von höchster Wichtigkeit.

Verschiedene Steuerungsmechanismen werden benutzt, um die Abgabe von toxischen Gasen aus den Behältern zu steuern. Bei den im Stand der Technik bekannten Steuerungsmechanismen war die Sicherheit durch deren Ausgestaltung und Anordnung gefährdet, weil sie lagen und empfindlich für Beschädigungen waren. Insbesondere war es im Stand der Technik so, dass das toxische Gas in die Atmosphäre mit potentiell katastrophalen Folgen austreten konnte, wenn der außen liegende Teil des Mechanismus beschädigt wurde oder man ihn unsachgemäß behandelte.

Das französische Patent X, das in der Beschreibung des Klagepatents als nächstliegender Stand der Technik angesehen wird, beschreibt ein Druckreduziergerät zum Ausgeben verflüssigter Petroleumgase (Butan oder Propan), die in einer Flasche gehalten werden. Das Gas wird aus einem Auslass ausgegeben, nachdem es durch eine erste Druckreduzierstufe zu einer zweiten Stufe, die ein steuerbares Venturi-Ventil aufweist, gelangt ist. Das Venturi-Ventil wird über eine federbelastete Membran gesteuert, um den Druck des Gases, das den Auslass verlässt, auf einen im Wesentlichen konstanten Pegel oberhalb des atmosphärischen Drucks zu regulieren.

Das Klagepatent macht es sich zum Ziel, neben einem verbesserten Fluid¬speicher- und Ausgabesystem für das selektive Ausgeben von Gasen ein verbessertes Verfahren zur Herstellung eines Halbleiterproduktes unter Verwendung eines Halbleiterprozessfluids mit folgenden Merkmalen vorzuschlagen.

1. Verfahren zum Herstellen eines Halbleiterproduktes unter Verwendung eines Halbleiterprozessfluids, das in einem unter Druck stehenden Behälter (12, 112, 324) mit einem das Fluid enthaltenden Innenvolumen (15, 328) enthalten ist;

2. das Fluid ist in dem Innenvolumen durch einen Druckregler (28, 332) eingegrenzt, der in dem Innenvolumen in einer Fluidflussbahn (334, 336, 332, 330, 320) angeordnet ist, und die Fluidflussbahn ist durch den Druckregler gegenüber einem Fluidfluss stromabwärts des Druckreglers geschlossen;

3. das eingegrenzte Fluid wird durch Öffnen der Fluidflussbahn durch den Druckregler hindurch und stromabwärts desselben selektiv ausgegeben und mit einem durch den Fluiddruckregler bestimmten Durchsatz ausgelassen;

4. das Fluid wird zu einer Halbleiterherstellungseinrichtung (200) geleitet;

5. bei dem Verfahren weist der Ausgabeschritt das Zuführen von Gas zu dem Druckregler bei oder unterhalb eines spezifizierten subatmosphärischen Druckes auf, und ist der Druckregler so eingestellt, dass der Druck des ausgegebenen Fluids auf den subatmosphärischen Druck reguliert ist.

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht von dem in Patentanspruch 14 unter Schutz gestellten Verfahren keinen Gebrauch. Es fehlt an einer Verwirklichung der Merkmale 3 und 5.

Die in Patentanspruch 14 beschriebene Verfahrenslehre sieht vor, dass der Druck¬regler, welcher in dem Innenvolumen in einer Fluidflussbahn angeordnet ist, das in dem Innenvolumen enthaltene Fluid eingrenzt und die Fluidflussbahn durch den Druckregler gegenüber einem Fluidfluss stromabwärts des Druckreglers geschlossen ist, Merkmal 2. Das Fluid wird also durch den geschlossenen Druckregler in dem Innenvolumen des unter Druck stehenden Behälters gehalten.

Dem Regler kommt aber nicht nur die Funktion zu, die Fluidbahn stromabwärts geschlossen zu halten. Vielmehr soll es darüber hinaus auch möglich sein, das eingegrenzte Fluid durch Öffnen der Fluidflussbahn durch den Druckregler hindurch und stromabwärts selektiv auszugeben und das Fluid mit einem durch den Fluiddruckregler bestimmten Durchsatz auszulassen, wie Merkmal 3 entnommen werden kann. Dabei ist die Möglichkeit der selektiven Fluidausgabe mit einem bestimmten Durchsatz kein Zweck an sich, sondern in Verbindung mit den in Merkmal 5 gestellten Anforderungen zu sehen. Danach soll zum Einen das Fluid bei einem bestimmten subatmosphärischen Druck ausgegeben werden und zum Anderen der Druck des ausgegebenen Fluids auf diesen bestimmten subatmosphärischen Druck reguliert sein. Dieser Zusammenhang wird in der Beschreibung beispielhaft anhand eines Druckreglers beliebiger Art veranschaulicht. Der Druckregler kann von der Art eines Tellerventils sein, welches ein Tellerelement aufweist, das zu einem Sitzaufbau hin vorgespannt ist, um einen Fluss des Fluids bei einem Druck oberhalb eines Sollwertes zu vermeiden. Der Fluiddruckregler kann darüber hinaus auf einen geeigneten Pegel von etwa 700 Torr eingestellt werden, um einen Fluss von ausgegebenem Fluid aus dem Speicher und Ausgabebehälter bei einem solchen Sollwertdruckpegel vorzusehen (vgl. Anlage K 3, S. 16, Abs. 1; S. 20, Abs. 1). Der Druckregler bewirkt also nicht nur ein Öffnen des Ventils, wenn ein bestimmter subatmosphärischer Drucksollwert erreicht ist, sondern reguliert darüber hinaus den Druckpegel des ausgegebenen Fluids auf diesen Wert. Dabei erfolgt die Regulierung des Druckpegels des ausgegebenen Gases auf den subatmosphärischen Sollwert durch die in Merkmal 3 vorgesehene Möglichkeit, das eingegrenzte Fluid durch Öffnen der Fluidbahn selektiv und mit einem bestimmten Durchsatz ausgeben zu können.

Seite 6 der als Anlage K 7 vorgelegten Präsentation der Beklagten gibt das beanstandete Druckventil im geschlossenen Zustand wieder. Das Tellerventil („Poppet“) wird durch die Feder („Spring“) vorgespannt und gegen die Fluidflussbahn gedrückt, so dass diese geschlossen ist. Liegt auslassseitig subatmosphärischer Druck an, dehnt sich der Faltenbalg („Bellows“) aus und bewegt einen Kolben in Richtung des auf dem Tellerventil angeordneten Pins. Kommt der Kolben mit dem Pin in Berührung, bewegt sich dieser zunächst nicht weiter fort, weil seine Bewegung durch die Gegenkraft der Feder aufgehalten wird, die über das Ventil auf den Pin wirkt. Führt der subatmosphärische Druck zu einer weiteren Ausdehnung des Faltenbalges, die größer ist als der Gegendruck der Feder, drückt der Kolben den Pin herunter, so dass sich das Tellerelement abhebt und die Fluidbahn geöffnet wird. Dies erfolgt bei Erreichen eines vorgegebenen Sollwertes, der im Bereich zwischen 200 und 400 Torr liegen kann. Steigt der auslassseitige Druck über diesen Sollwert, zieht sich der Faltenbalg wieder zusammen, der Kolben bewegt sich nach oben und der Pin wird durch die Federkraft nach oben gedrückt, so dass das Tellerelement die Fluidflussbahn wieder verschließt.

Nach dem Vorbringen der Beklagten bleibt das Ventil des Up-
Time-Systems im bestimmungsgemäßen Betrieb ständig geöffnet, solange nicht der vorgegebene Sollwert überschritten wird. Werde bei geöffnetem Ventil mehr Gas für die Produktion benötigt als der vorhandene Durchsatz abgebe, reduziere der Durchsatzregler („Mass Flow Controller“, „MFC“, vgl. Anlage K 7, Seite 9, im Tatbestand wiedergegeben) den Druck an der Außenseite des Ventils, um bei konstantem Innendruck eine Erhöhung der Druckdifferenz und damit einen erhöhten Durchsatz zu erzielen. Messungen der Beklagten bestätigten, dass der Abgabedruck bei zunehmendem Durchsatz wesentlich abnehme (vgl. Anlage B 5, Graf 1A und Privatgutachten Prof. X, Anlage B 10, Seite 9, Bild 5, im Tatbestand wiedergegeben). Sei umgekehrt der Gasbedarf geringer, werde das ausgegebenen Gas nicht vollständig durch die Produktion abgegeben, so dass sich der Ausgabedruck erhöhe, was zu einer entsprechenden Reduktion des Durchsatzes führe. Bei alledem sei das Ventil ohne Einfluss auf den Gasfluss, weil es sich stets in der geöffneten Position befinde.

Die Klägerin ist diesem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten nicht erheblich entgegengetreten, so dass es als zutreffend anzunehmen ist.

Die Klägerin hat im Verhandlungstermin zunächst klar gestellt, dass es sich bei dem X-System der Beklagten nicht um einen Zwei-Punkt-Regler handelt, bei dem das Ventil nur eine offene oder eine geschlossene Stellung einnehmen kann und ständig von der einen in die andere Stellung wechselt, je nachdem ob ein unterer Drucksollwert unter- bzw. ein oberer Drucksollwert überschritten wird. Bei einem solchen Zwei-Punkt-Regler öffnet das Ventil bei Unterschreiten des unteren Drucksollwertes voll, so dass der Gaszustrom ansteigt und bei gleichem oder geringerem Gasverbrauch dazu führt, dass sich der Druckpegel erhöht bis ein oberer Sollwert erreicht wird, bei dem das Ventil wieder schließt bis der äußere Druck wieder unter den unteren Schwellenwert fällt und sich das Ventil erneut öffnet. Bei dem X-System der Beklagten handelt es sich also unstreitig nicht um einen Zwei-Punkt-Regler.

Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 2.10.2006 und auch im Verhandlungstermin darauf hingewiesen, dass das Ventil der Beklagten nur deshalb ständig geöffnet sei, weil permanent subatmosphärischer Druck anliege. Würde der Druck auf Normaldruck ansteigen, beispielsweise weil ein Leck auftrete, so würde sich das Ventil schließen, um zu verhindern, dass die Umgebung verseucht werde. Dieses Vorbringen der Klägerin steht in Übereinstimmung mit den Darlegungen der Beklagten und kann daher ebenfalls als unstreitig angesehen werden. Die Klägerin trägt damit jedoch nur die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen des ersten Teils des Merkmals 5 vor, wonach das Gas nur unterhalb eines spezifizierten subatmosphärischen Druck ausgegeben werden darf, der Druckregler ansonsten aber den Fluidfluss verhindern soll. Hingegen hat die Klägerin insoweit nicht dargetan, dass darüber hinaus das Ventil des X-Systems den Druckpegel des ausgegebenen Fluids auf den spezifizierten subatmosphärischen Ausgabedruck reguliert, indem es das Gas nur selektiv ausgibt und den Gasdurchsatz bestimmt.

In ihrem Schriftsatz vom 2.10.2006 hat die Klägerin ferner ausgeführt, dass nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch solche Ventile als Druckregler bezeichnet würden, die eine gewisse Schwankungsbreite des Abgabedrucks aufwiesen. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf eine wissenschaftliche Veröffentlichung, wonach die normalen Leistungsanforderungen bei Reglern nicht sehr streng seien, weil die meisten Massenflusskontrollvorrichtungen über einen Bereich von 30 psi arbeiteten, so lange es keine plötzlichen Druckänderungen gebe. (vgl. Mc-Graw-Hill, Dictionary of Scientific and Technical Terms, 5. Aufl., 1994, S. 1570, Anlage K 14, S. 2, l. Sp.). Einem weiteren Standardwerk lasse sich entnehmen, dass ein gewisses Abfallen des Drucks bei erhöhtem Durchsatz gerade kennzeichnend für Druckregler (insbesondere einstufige Regler) sei (vgl. Compressed Gas Association, Handbook of Compressed Gases,, 3. Aufl., 1990, S. 48, Anlage K 13). Die Klägerin meint vor diesem Hintergrund, dass die Schwankungen von 5 % des Abgabedrucks, wie sie in der Werbung der Beklagten wiedergegeben worden seien (vgl. Anlage K 7, Seite 9: Abfallen des Abgabedrucks um ca. 10 Torr) bzw. die Schwankungen von 10 % das Abgabedrucks, wie sie bei der angegriffenen Ausführungsform nach den Angaben der Beklagten in Abbildung 5 des Privatgutachtens von Prof. X angegeben seien (Anlage B 10, Seite 9: Abfall des Abgabedrucks von ca. 370 Torr und ca. 330 Torr) der Annahme nicht entgegen stünden, dass es sich bei dem streitgegenständlichen X-Ventil um einen Druckregler handele.

Den Ausführungen der Klägerin kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Dabei mag es durchaus zutreffend sein, dass im allgemeinen Sprachgebrauch auch solche Ventile als Druckregler bezeichnet werden, die eine gewisse Schwankungsbreite des Abgabedrucks aufweisen und ein Absinken des Abgabedrucks bei ansteigendem Durchsatz für bestimmte Druckregler kennzeichnend ist. Allein der Umstand, dass bei dem X-System ein Absinken des Abgabeabdrucks bei ansteigendem Durchsatz festzustellen ist, enthebt die Klägerin jedoch nicht der Obliegenheit zur Darlegung, dass diese Wirkung bei der angegriffenen Ausführungsform tatsächlich auf ein Regulierverhalten des Ventils im Sinne der Merkmale 5 und 3 zurückzuführen ist und nicht andere Ursachen hat. Die Beklagten haben in diesem Zusammenhang vorgebracht, dass der Grund für den Druckabfall in einer erhöhten Gasnachfrage von Seiten des Durchsatzregler liege. Das Ventil wirke bei dem in Bild 5 dokumentierten Versuch dem treppenförmigen Absinken des Druckes von ca. 370 Torr auf ca. 330 Torr bei treppenförmig ansteigendem Durchfluss nicht entgegen (vgl. Privatgutachten Prof. X, Anlage B10, Seite 8). Gegenüber diesem spezifizierten Vorbringen der Beklagten hat die Klägerin keine tatsächlichen Umstände vorgetragen, denen sich entnehmen lässt, dass ein Regulierverhalten des Ventils beim X-System ursächlich für den etwa in Bild 5 dokumentierten moderaten Druckabfall ist.

Im Verhandlungstermin hat die Klägerin zwar ausgeführt, dass viel darauf hindeute, dass das Ventil der angegriffenen Ausführungsform auf dem Weg von der geschlossenen in die endgültige offene Stellung Zwischenpositionen einnehmen könne. Demgegenüber haben die Beklagten dargelegt, dass das Ventil keine durch den Druck am Faltenbalg definierten Zwischenstellungen einnehmen könne. Die Distanz des Tellerventils zwischen den Stellungen „Auf“ und „Zu“ sei extrem klein, nämlich weniger als 0,028 Inch, während der Abstand bei Standardventilen bei etwa 0,09 Inch liegt. Das Vorbringen der Klägerin stellt sich vor dem Hintergrund der Darlegungen der Beklagten, die diese bereits erstmals in ihrer Klageerwiderung vorgebracht haben, als rein spekulativ und deshalb unbeachtlich dar. Die Klägern hat nicht vorgetragen, dass ihre Behauptung, das Ventil des X-Systems könne Zwischenstellungen einnehmen, auf tatsächlichen Feststellungen beruht. Sie hat die Angaben der Beklagten zur Distanz, die zwischen der offenen und der geschlossenen Stellung des Ventils der angegriffenen Ausführungsform liegt, nicht in Abrede gestellt, gleichwohl aber nicht aufgezeigt, dass bei derartigen Abmessungen überhaupt definierte Zwischenstellungen möglich sind. Sie hat weiterhin nicht dargetan, dass, wenn solche Zwischenpositionen tatsächlich möglich sein sollten, diese den in Bild 9 der als Anlage K 7 vorgelegten Präsentation oder des in Bild 5 des Privatgutachtens von Prof. X dokumentierten abnehmenden Druckverlauf zumindest in erheblicher Weise mitverursachen. Sie hat schließlich nicht vorgetragen, dass das Tellerventil des X-Systems mit einem Messglied ausgestattet ist, welches eine Änderung des Druckflusses feststellt und es dadurch dem Tellerventil überhaupt erst ermöglicht, durch tendenzielles Öffnen oder Schließen auf eine Veränderung der Druckflusses zu reagieren.

Im – zur Verletzungsfrage – nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.10.2006 hat die Klägerin erstmals schriftsätzlich vorgetragen, dass der leichte Abfall der Druck-Kurve in Bild 5 des Privatgutachtens von Prof. X und in Bild 9 der als Anlage K 7 vorgelegten Präsentation ein leichter Abfall der Druck-Kurve trotz gleich bleibender Durchflussrate, also innerhalb eines Plateaus, als auch die leichte in-sich-Wellenform der Kurve und schließlich die Tatsache, dass die Kurve von Bild 5 der Anlage B 10 bei geringerem Durchsatz oder größerem Durchsatz stärker abfalle als bei mittlerem Durchsatz, wo die Druckkurve fast parallel zur Kurve der Durchflussrate verlaufe, technisch nur sinnvoll zu erklären sei durch ein tendenziell sich öffnendes und schließendes Tellerventil. Die Darlegungen der Klägerin sind bei Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten nicht nachvollziehbar. Die Beklagten haben – wie bereits oben im Einzelnen ausgeführt – das leichte21 Absinken des Abgabedrucks bei im Wesentlichen konstanten Bedingungen mit dem Wirkungen des nachgeschalteten Durchsatzreglers („Mass Flow Controller“) erklärt, der auch ausdrücklich in der Darstellung auf Bild 9 der Präsentation Anlage K 7 erwähnt wird (vgl. auch Privatgutachten Prof. X, Anlage B 10, S. 7 f.). Die Klägerin zeigt auch mit ihrem neuen Vorbringen nicht auf, aus welchen Gründen es ausgeschlossen sein soll, dass der Verlauf der Druckkurve auf den Einsatz des nachgeschalteten Druckreglers zurückzuführen ist. Sie stellt statt dessen die Behauptung auf, dass dem Verlauf der Druckkurve ein tendenziell sich öffnendes und schließendes Tellerventil zugrunde liege, ohne jedoch tatsächliche Feststellungen getroffen zu haben, die diese Behauptung stützen.

Nach alledem hat die Klägerin bei Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die angegriffene Ausführungsform geeignet ist, das in Patentanspruch 14 unter Schutz gestellten Verfahren anzuwenden. Es fehlt an einer Verwirklichung der in den Merkmalen 5 (Teil 2) und 3 geforderten Verfahrensschritte.