4b O 91/07 – MPEG2-Standard IX

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 975

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Oktober 2008, Az. 4b O 91/07

Rechtsmittelinstanz: 2 U 125/08

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

optische Datenträger mit codierten Bilddaten eines Bildcodierverfahrens zum Decodieren eines codierten Bildsignals

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

das in einem Codiervorgang durch Codieren von Bilddaten, zusammengesetzt aus Vollbildern, erzeugt worden ist, wobei jedes Vollbild zwei Halbbilder umfasst, wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:

o Extrahieren eines Signals von dem codierten Bildsignal, wobei das extrahierte Signal anzeigt,

ob die Vollbilder des codierten Bildsignals durch eine Vollbild-Einheit-Codierung durch Dividieren eines Vollbilds in eine Vielzahl von kleinen Blöcken des Vollbilds codiert worden ist, wobei jedes aus Pixeln beider der zwei Halbbilder zusammengesetzt wird, die in dem Vollbild umfasst sind, und Codieren jedes der kleinen Blöcke des Vollbilds,

oder codiert durch eine Halbbild-Einheit-Codierung durch Dividieren eines Vollbilds in eine Vielzahl von kleinen Blöcken des ersten Halbbilds, wobei jeder aus Pixeln von nur einem der zwei Halbbilder zusammengesetzt ist, die in dem Vollbild umfasst sind, und in eine Vielzahl von kleinen Blöcken des zweiten Halbbilds, wobei jeder aus Pixeln von nur dem anderen der zwei Halbbilder zusammengesetzt ist, die in dem Vollbild umfasst sind, und Codieren jedes kleinen Blockes des ersten und zweiten Halbbilds,

o Decodieren jedes Vollbilds des codierten Bildsignals auf einer Basis Vollbild für Vollbild oder auf einer Basis Halbbild für Halbbild in Abhängigkeit des extrahierten Signals;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die vorstehend zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 10.11.2001 begangen hat,

und zwar unter Angabe

a. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer unter Vorlage der Liefer- und Rechnungsunterlagen in Kopie,

b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen einschließlich der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer unter Vorlage der Liefer- und Rechnungsunterlagen in Kopie,

c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen einschließlich der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

w o b e i

o der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. bezeichneten, seit dem 10.11.2001 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 6 % und die Beklagte zu 94 %.

IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 2.000.000,– € vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.400,– € abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Der Streitwert wird auf 2.000.000,– € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des unter Inanspruchnahme einer japanischen Unionspriorität vom 25.11.1992 am 15.11.1993 angemeldeten europäischen Patents 0 599 xxx B 1 (im Folgenden: Klagepatent), dessen Erteilung am 10.10.2001 veröffentlicht worden ist. Als Vertragsstaat ist unter anderem die Bundesrepublik Deutschland benannt.

Das in englischer Verfahrenssprache abgefasste Klagepatent trägt die Bezeichnung „Verfahren und Gerät zur Bildkodierung und Verfahren und Gerät zur Bilddekodierung“. Patentanspruch 11, der im Rechtsstreit allein interessiert, lautet in deutscher Übersetzung wie folgt:

„Bilddecodierverfahren zum Decodieren eines codierten Bildsignals, das in einem Codiervorgang durch Codieren von Bilddaten, zusammengesetzt aus Vollbildern, erzeugt worden ist, wobei jedes Vollbild zwei Halbbilder umfasst, wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:

Extrahieren eines Signals von dem codierten Bildsignal, wobei das extrahierte Signal anzeigt, ob die Vollbilder des codierten Bildsignals durch eine Vollbild-Einheit-Codierung durch Dividieren eines Vollbilds in eine Vielzahl von kleinen Blöcken des Vollbilds codiert worden ist, wobei jedes aus Pixeln beider der zwei Halbbilder zusammengesetzt wird, die in dem Vollbild umfasst sind, und Codieren jedes der kleinen Blöcke des Vollbilds, oder codiert durch eine Halbbild-Einheit-Codierung durch Dividieren eines Vollbilds in eine Vielzahl von kleinen Blöcken des ersten Halbbilds, wobei jeder aus Pixeln von nur einem der zwei Halbbilder zusammengesetzt ist, die in dem Vollbild umfasst sind, und in eine Vielzahl von kleinen Blöcken des zweiten Halbbilds, wobei jeder aus Pixeln von nur dem anderen der zwei Halbbilder zusammengesetzt ist, die in dem Vollbild umfasst sind, und Codieren jedes kleinen Blocks des ersten und zweiten Halbbilds, und Decodieren jedes Vollbilds des codierten Bildsignals auf einer Basis Vollbild für Vollbild oder auf einer Basis Halbbild für Halbbild in Abhängigkeit des extrahierten Signals.“

Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in G., stellt her und vertreibt DVDs. Sie hat am 30. März 2007 500 von ihr hergestellte DVDs mit dem Titel „Erdbebenmessung in Deutschland“ (Anl. KA 2) an die Lieferadresse G.weg in K. geliefert. Anlass für diese Lieferung war eine von der Klägerin initiierte Bestellung einer Frau A, die diese unter der Bezeichnung „X A“ am 27. Februar 2007 aufgab. Als Firmenanschrift wurde S.straße in F. angegeben. Die Lieferung erfolgte auftragsgemäß an die angegebene Lageradresse der „X A“ (vgl. Anl. B 7) und wurde mit auf den 29.03.2007 datiertem Schreiben, welches einen Gesamtbetrag von 705,00 € (einschließlich Transportkosten) ausweist, in Rechnung gestellt.

Die Klägerin behauptet, dass die von der Beklagten hergestellten DVDs die Klagepatente wortsinngemäß verwirklichen. Die Belieferung europäischer und mithin auch deutscher DVD-Kunden gehöre zu dem Standardgeschäft der Beklagten.

Da das Codierverfahren des Klagepatents zum MPEG 2-Standard gehöre und für die Einhaltung dieses Standards essentiell sei, sei – so meint die Klägerin – nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass bei der Erstellung der DVDs durch die Beklagte vielfach auch das patentgemäße Verfahren angewandt worden sei. Die rekursive Struktur des MPEG 2-Standards erfordere, dass bereits bei der Codierung von P- und B-Bildern das Referenzbild decodiert werde, um anhand von dessen Bilddaten eine Berechnung des (P- oder B-)Differenzbildes vorzunehmen.

Aus dem Gesichtspunkt der Patentverletzung nimmt die Klägerin die Beklagten
– nachdem sie den zunächst ebenfalls begehrten Vernichtungsanspruch zurückgenommen hat – vorliegend auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

sinngemäß wie erkannt zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte rügt die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf.
Sie behauptet, die Klägerin habe die Lieferung der streitgegenständlichen DVDs nach K. allein zu dem Zweck provoziert, sich den Gerichtsstand des Landgerichts Düsseldorf zu erschleichen. Sie, die Beklagte, unterhalte keine geschäftlichen Beziehungen nach Deutschland. Bei der Lieferung an Frau A habe es sich um die einzige Lieferung nach Deutschland in dem Zeitraum seit Juni 1995 gehandelt. Es seien in dieser Zeit auch keine Bestellungen akzeptiert worden. Die Bestellung der Frau A sei von der Klägerin initiiert worden, die sich einer „Scheinperson“ bedient habe. Es sei der Beklagten trotz intensiver Recherche nicht gelungen, die Firma X zu ermitteln. Diese sei weder unter der Geschäftsanschrift in F. noch unter der in K. angegebenen Lageranschrift bekannt gewesen. Auch sei eine Kontaktaufnahme zu Frau A nicht mehr möglich gewesen. Nur aufgrund der mit 500 Stück als gering zu bezeichnenden Stückzahl hätten interne Kontrollmechanismen bei der Beklagten umgangen werden können. Die Sachbearbeiterin bei der Beklagten hätte bei einem größeren Bestellvolumen Rücksprache mit ihrem Vorgesetzten gehalten und sich danach erkundigt, ob eine Lieferung nach Deutschland überhaupt ausgeführt werden dürfe.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe die patentverletzende Handlung in Nordrhein-Westfalen deshalb provoziert, weil sie das Klageschutzrecht bereits in der Vergangenheit erfolgreich vor dem angerufenen Gericht durchgesetzt habe. Bei dieser Wahl des Gerichts handele es sich aber um sachfremde Erwägungen, die einen Gerichtsstand nicht begründen könnten.

Die Klägerin handele schließlich rechtsmissbräuchlich, wenn sie – ohne Anhaltspunkte für einen drohende Verletzungshandlung – eine Lieferung patentverletzender DVDs nach Deutschland provoziere, um die Beklagte hereinzulegen. Aufgrund dessen sei die Klage auch unbegründet.

Zudem verletzten die von ihr hergestellten DVDs nicht die technische Lehre des Klagepatents.

Selbst wenn – so die Ansicht der Klägerin – die Lehre der geltend gemachten Klagepatentansprüche durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht würde, sei das Schutzrecht erschöpft. Die Maschine zur Herstellung der DVDs sei mit Zustimmung der Klägerin von der in der Schweiz ansässigen C GmbH an die Beklagte veräußert worden. Bei der Herstellung der DVDs kämen alle streitgegenständlichen Patente zum Einsatz. Da es sich um Verfahrensansprüche handele, trete mit der Veräußerung Erschöpfung ein.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist auch begründet.

I.
Das Landgericht Düsseldorf ist für die Entscheidung des Rechtsstreits international und örtlich zuständig.

Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf ist nach Art. 5 Nr. 3 EG VO 44/2001 gegeben. Nach dieser Vorschrift kann ein Angehöriger eines Vertragsstaates (G., der Sitzstaat der Beklagten, ist ein solcher Vertragsstaat) vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates in Anspruch genommen werden, wenn dieser dort eine unerlaubte Handlung begangen hat, wobei es ohne Belang ist, dass die Klägerin selbst keine juristische Person mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der EG ist. Die Zuständigkeitsverordnung gilt auch für Ausländer aus Drittstaaten, die ebenfalls einen Anspruch auf Justizgewährung haben (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 26. Aufl., Art. 2 EuGVVO RN 13).

Zuständigkeitsbegründend ist sowohl der Handlungs- wie auch der Erfolgsort des Schadenseintritts. Für die Begründung der internationalen Zuständigkeit genügt die Behauptung einer zuständigkeitsbegründenden Verletzungshandlung durch den Kläger. Eine solche ist mit der vorgetragenen – unstreitigen – Lieferung (patentverletzender) DVDs durch die Beklagte nach K. gegeben.

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf ist vorliegend gem. § 32 ZPO i.V.m. § 143 PatG und der VO des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13.01.1998 (GV NW S. 106) zu bejahen, denn die Beklagte hat eine patentverletzende Handlung in Nordrhein-Westfalen begangen.

1.
Der Gerichtsstand des § 32 ZPO wird dadurch begründet, dass der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich ergibt, dass im Gerichtsbezirk eine unerlaubte Handlung begangen worden ist. Es ist unstreitig, dass die Beklagte (patentverletzende) DVDs aus ihrer Produktion nach K. ausgeliefert hat.

2.
Sich auf diesen Gerichtsstand zu berufen, ist der Klägerin nicht wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens verwehrt. Es ist anerkannt, dass auch das Prozessrecht und damit auch die Gerichtsstandsregelungen unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben stehen, wie er für das materielle Recht in § 242 BGB seinen Ausdruck gefunden hat. Danach kann einer Klage, die formal gesehen alle Zuständigkeitsvoraussetzungen erfüllt, gleichwohl der gerichtliche Rechtsschutz versagt werden, weil der Kläger im konkreten Fall treuwidrig oder missbräuchlich handelt, wenn er formal gegebene Zulässigkeitsvoraussetzungen aus sachfremden Erwägungen heraus zu seinen Gunsten ausnutzt.

a)
Die Klägervertreter haben im Termin zur mündlichen Verhandlung zugestanden, dass die Bestellung der Frau A eine von den Klägerinnen initiierte Handlung war. Eine solche Einschaltung einer dritten Person ist für den grundsätzlich zulässigen Testkauf unabdingbar, wenn potentielle Schutzrechtsverletzer überführt werden sollen und der Schutzrechtsinhaber in den Besitz liquider Beweismittel kommen will. Würde er selber auftreten, würde dies in aller Regel dazu führen, dass er keine schutzrechtsverletzenden Gegenstände angeboten oder geliefert bekommt.

Die Aufgabe einer Bestellung – auch durch einen eigens hierfür geworbenen Strohmann – und deren Ausführung in das Gebiet Nordrhein-Westfalens zeigt im allgemeinen zunächst einmal die grundsätzliche Lieferbereitschaft (vgl. OLG München, NJW 1990, 3097, 3098) des Beklagten und ist ein grundsätzlich zulässiges Mittel im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. Für den Erfolg des Testkaufs ist es dabei unvermeidlich, den Zweck zu verbergen und begründet alleine noch keine Unzulässigkeit (BGH, GRUR 1965, 612, 614 – Warnschild). Es ist wettbewerbsrechtlich auch grundsätzlich unbedenklich, wenn Testkäufe nicht von dem Wettbewerber selbst sondern von einem Dritten durchgeführt werden (vgl. BGH, GRUR 1999, 1017, 1019 – Kontrollnummernbeseitigung).

b)
Es ist weiterhin nicht rechtsmissbräuchlich, einen solchen Testkauf durchzuführen, um hierdurch einen Gerichtsstand in Düsseldorf zu begründen.

(aa)
Solche Testkäufe sind nur bei Vorliegen besonderer Umstände als sittenwidrig anzusehen, wenn mit ihnen lediglich die Absicht verfolgt wird, den Mitbewerber „hereinzulegen“, oder wenn verwerfliche Mittel angewandt werden, um ein unzulässiges Geschäft herbeizuführen (BGH, GRUR 1992, 612 – Nicola; OLG Karlsruhe, GRUR 1994, 130, 131 – Testpatient; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl. § 11, Rn 2.41). Nach der Rspr. des BGH fallen hierunter insbesondere in den Bereich der Strafbarkeit reichende oder anderweit verwerfliche Mittel, unter anderem auch die Anwendung besonderer Verführungskunst (BGH, GRUR 1992, 612, 614 – Nicola). Verwerfliche Mittel sind auch rechtswidrige Handlungen des testenden Mitbewerbers, und zwar nicht nur Straftaten, sondern auch sonstige von der Rechtsordnung verbotene Handlungen, weil grundsätzlich nicht deshalb Rechtsverletzungen hingenommen werden können, damit konkurrierende Unternehmen ihre wettbewerblichen Interessen besser verfolgen können (BGH, a.a.O.).

(bb)
Im vorliegenden Fall ist aber nicht ersichtlich, dass die Klägerin sich durch eine Beauftragung der Frau A in irgendeiner Art und Weise solcher verwerflicher Mittel bedient hätte oder dass Frau A selber solche Mittel angewandt hätte.

In diesem Zusammenhang kann es insbesondere nicht als verwerflich angesehen werden, dass die Bestellung nur ein Volumen von 500 Stück umfasste. Die Beklagte macht insoweit zwar geltend, dass diese geringe Stückzahl es ermöglicht habe, die Kontrollmechanismen der Beklagten zu umgehen. Die Sachbearbeiterin hätte bei einem größeren Bestellvolumen zumindest eine interne Absicherung durch Rücksprache mit dem Vorgesetzten durchgeführt. Dieser Vortrag wie auch die zur Akte gereichten Anlagen B 1 bis B 3 und B 21 bis B 23 lassen aber nicht erkennen, dass bei der Beklagten tatsächlich solche Kontrollmechanismen installiert worden seien, die eine Lieferung von DVDs nach Deutschland wirksam hätten verhindern können und sollen.

Betriebsinterne Kontrollmechanismen, die in zuverlässiger Weise eine Lieferung der streitgegenständlichen Produkte in die Bundesrepublik verhindern könnten, hat die Beklagte nicht im Einzelnen vorgetragen. Sie hat lediglich eine von D, dem General Manager der DVD-Produktionsanlage der Beklagten, an Mitarbeiter der Beklagten versandte Email vom 04.07.2006 vorgelegt (Anlage B23). Darin heißt es sinngemäß, dass alle Aufträge mit einem Volumen von über 400 Stück DVDs/CDs mit allen erforderlichen Informationen Herrn D vorzulegen sind und nur nach Erteilung seiner schriftlichen Bestätigung ausgeführt werden dürfen. In allen Fällen sollen die Mitarbeiter zwingend vor der Ausführung eines Auftrags sicherstellen, dass alle Lizenzen und Gebühren in Bezug auf gewerbliche Schutzrechte und Urherberrechte geklärt sind und allein von den Kunden der Beklagten an die Rechteinhaber gezahlt werden („(…) that all licenses and royalties in relation to intellectual and industrial property rights (copyrights, neighbouring rights, patents, trademarks etc.) shall be cleared and paid (…) by our clients“ – Anlage B 23).
Aus der vorstehend wiedergegebenen Mitteilung an die Mitarbeiter der Beklagten geht nicht hervor, dass seitens der Beklagten kein Interesse an Lieferungen von DVDs in die Bundesrepublik Deutschland besteht und solche Lieferungen nicht gewollt sind. Der Sinn und Zweck der Regelung, Auftragsvolumina von über 400 DVDs/CDs dem General Manager mitzuteilen und erst nach schriftlicher Genehmigung ausführen zu dürfen, erschließt sich aus der Email nicht. Es ist durchaus möglich, dass diese Mitteilungspflicht lediglich dazu dient, die Auslastung der Anlage besser zu koordinieren oder die Bonität der Kunden überprüfen zu können. Es erscheint demgegenüber nicht der allgemeinen Lebenserfahrung zu entsprechen, dass der General Manager eines solchen Unternehmens in jedem Einzelfall prüft, ob es sich bei einer eingehenden Bestellung um eine solche für eine Lieferung nach Deutschland handelt. Naheliegend ist es vielmehr, den Mitarbeitern eine Weisung zu erteilen, Aufträge aus Deutschland zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Weisung, Aufträge erst nach Klärung der gewerblichen Schutzrechte und Urheberrechte auszuführen, bestehen Zweifel, ob mit den genannten Immaterialgüterrechten auch die mit der technischen Herstellung von DVDs verbundenen Schutzrechte – also nicht solche Schutzrechte, die auf den Inhalt der DVD bezogen sind – gemeint sind. Aber selbst wenn dies der Fall sein sollte, geht aus der Weisung nicht hervor, dass Lieferungen in die Bundesrepublik Deutschland weder gewollt, noch beabsichtigt sind. Vielmehr zeigt diese Email eine allgemeine Lieferbereitschaft der Beklagten in das Ausland, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland. Die Auftragserfüllung soll lediglich davon abhängig gemacht werden, dass die Schutzrechtslage geklärt ist und etwaige Lizenzzahlungen von den Kunden der Beklagten geleistet werden. Im Übrigen handelt es sich bei der Weisung des General Manager nicht um einen wirksamen Kontrollmechanismus, um Patentverletzungen im Ausland zu vermeiden, weil den Mitarbeitern nicht mitgeteilt wird, welche konkreten Rechte betroffen sein können und unter welchen Bedingungen von einer Klärung der Schutzrechtslage auszugehen ist. Darüber hinaus ist auch nichts dazu vorgetragen, ob die Weisungen im Einzelnen überwacht werden.

Zuzugestehen ist der Beklagten allerdings, dass die Verwendung der deutschen Sprache allein noch keinen zwingenden Schluss auf eine Verbreitung in Deutschland zulässt, da es auch andere deutschsprachige Staaten gibt. Hierauf kommt es aber für die zur Entscheidung stehende Frage nicht an, da die Bestellung aus Deutschland kam und die Lieferung auch hierhin erfolgen sollte. Von daher wäre es fernliegend, bei der Auftragsbearbeitung seitens der Beklagten anzunehmen, die Bestellung sei nicht für eine Verwendung in Deutschland bestimmt. Schließlich ist nicht geltend gemacht, dass der Klägerin oder Frau A bekannt gewesen sei, dass mit einer Bestellung von „nur“ 500 Stück eine Bearbeitung des Auftrages wahrscheinlicher sei. Eine solche positive Kenntnis und deren bewusste Ausnutzung zum Zwecke des „Erschleichens“ der beanstandeten Lieferung wäre aber erforderlich, um der Klägerin ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorwerfen zu können.
(cc)
Es ist vorliegend auch nicht ersichtlich, dass der Testkauf nur dazu gedient hat, die Beklagte hereinzulegen, ohne dass Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder drohende Patentverletzung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland vorgelegen hätten.

Es ist unstreitig, dass die Beklagte ein auf dem betreffenden Markt bedeutendes Unternehmen in G. ist, mit einer Produktion von 28 Millionen DVDs im Jahr 2007. Die Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin nicht entgegengetreten, dass die Belieferung europäischer DVD-Kunden zu ihrem Standardgeschäft gehört. Sie hat insoweit lediglich geltend gemacht, dass der tatsächliche und strategische Schwerpunkt ihrer Unternehmensaktivitäten in G. liege und als Begründung hierzu angegeben, die hohe Inlandsnachfrage würde die Produktionskapazitäten der Beklagte bereits binden. Bestritten hat die Beklagte lediglich, dass sie seit Juni 1995 Bestellungen aus Deutschland akzeptiert oder Lieferungen nach Deutschland vorgenommen habe. Die Beklagtenvertreterin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung auch zugestanden, dass die Beklagte international tätig ist. Dies spricht bereits dafür, dass patentverletzende DVDs aus der Produktion der Beklagten auch in Deutschland Verbreitung finden, da es sich hierbei um eine flüchtige Ware handelt, deren Vertrieb von der Beklagten nicht gesteuert oder ohne weiteres nachvollzogen werden kann. Hierfür sprechen im übrigen auch die weiteren – durch den Testkauf an den Tag getretenen – Umstände, dass die Sachbearbeiterin der Beklagten offensichtlich problemlos in der Lage war, in der englischen Sprache zu korrespondieren und ihr auch die steuerlichen Verfahrensschritte für Auslandsgeschäfte durchaus geläufig waren (Anforderung der Gewerbesteuernummer und Kontrolle beim g.schen Finanzministerium in Athen). Sie hat auch zu keinem Zeitpunkt den Auftrag der Frau A hinterfragt. Vor diesem Hintergrund kann aber schon nicht davon gesprochen werden, dass es für die Klägerin keine Anhaltspunkte für eine patentverletzende Handlung der Beklagten in Deutschland gab. Bei der Größe eines solchen Unternehmens ist eine internationale Betätigung gerade nicht fernliegend.

(dd)
Auch das von der Klägerin initiierte Veranlassen einer Lieferung nach K. um eine für sie vermeintlich „günstige Rechtsprechung“ des Landgerichts Düsseldorf auszunutzen, führt nicht zu der Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Vorgehensweise.

Insoweit kann der von der Beklagten zitierten Entscheidung des OLG Hamm (NJW 1987, 138) nicht gefolgt werden. Den dortigen Erwägungen steht entgegen, dass es grundsätzlich nicht als missbräuchlich anzusehen ist, wenn der Kläger das ihm bequemste oder genehmste Gericht auswählt, also beispielsweise sein Heimatgericht oder das Gericht mit der ihm am günstigsten erscheinenden Rechtsprechung. § 32 ZPO erlaubt es dem Berechtigten, eine Klage aus unerlaubter Handlung bei dem Gericht zu erheben, in dessen Bezirk die Handlung begangen wurde. Ist das patentverletzende Erzeugnis – wie meist – bundesweit angeboten oder vertrieben worden, eröffnet sich für den Patentinhaber hiermit die Möglichkeit, seine Verletzungsklage wahlweise bei jedem der für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte anhängig zu machen. Darin besteht der besondere Vorteil dieses Wahlgerichtsstandes gegenüber anderen, die ansonsten in der Regel nur einen einzigen zusätzlichen Gerichtsort zur Verfügung stellen. Für den Patentinhaber (oder dessen Lizenznehmer) sind die Vorzüge einer erweiterten Wahlmöglichkeit, wie sie § 32 ZPO bietet, offensichtlich. Beide können gegebenenfalls an ihrem eigenen Wohn- und Firmensitz klagen und sich im Prozess durch ihre sie ständig beratenden Rechtsanwälte vertreten lassen. Unabhängig von einem inländischen Domizil steht es ihnen frei, (zumindest) dasjenige Gericht auszuwählen, das aus ihrer Sicht über eine besondere Sachkunde und Erfahrung in der Beurteilung patentrechtlicher Streitigkeiten verfügt und bei dem entsprechend spezialisierte und qualifizierte Anwälte zugelassen sind. Sie können ihre Gerichtswahl weiter danach treffen, mit welcher Verfahrensdauer voraussichtlich bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung zu rechnen ist. War ein bestimmtes Gericht in der Vergangenheit bereits mit dem fraglichen Schutzrecht befasst, kann es sich schließlich anbieten, auch weitere Rechtsstreitigkeiten gegen andere Verletzer vor diesem Gericht auszutragen, dessen Auffassung vom Inhalt und der Reichweite des Patents dem Schutzrechtsinhaber (oder dessen Lizenznehmer) aus dem Vorprozess bereits bekannt ist (Kühnen, GRUR 1997, 19, 20).

Es ist gerade in Rechtsstreitigkeiten des gewerblichen Rechtsschutzes weder ungewöhnlich noch anrüchig, wenn angreifende Wettbewerber im Hinblick auf den häufig eröffneten „fliegenden Gerichtsstand“ das gerichtliche Forum wählen, welches ihnen im Hinblick auf die dort vorherrschende Rechtsprechung zur Erreichung ihrer Prozessziele am meisten Erfolg versprechend erscheint. Dieser Effekt ist im Hinblick auf § 14 Abs. 2 UWG Ausdruck des gesetzgeberischen Willens (OLG Hamburg OLG-Rep 2002, 369; a. M. OLG Hamm NJW 1987,138). Jede auf den Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs wegen Ausnutzung eines bestehenden „Rechtsprechungsgefälles“ gestützte Beschränkung der zur Entscheidung zuständigen Gerichte, die weiter geht als die aus den jeweils anwendbaren allgemeinen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit, bedeutet nicht nur eine Verweigerung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), sondern zugleich auch eine Missachtung des Gleichheitsgebots (KG WRP 1992, 34, 36; Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, § 14 Rdn. 19). Die Ausnutzung des „fliegenden“ Gerichtsstands nach § 14 Abs. 2 UWG, § 35 ZPO ist also grundsätzlich keine unzulässige Rechtsausübung. Denn die Gerichtswahl nach § 35 ZPO kennt grundsätzlich keine Einschränkung, und zwar auch dann nicht, wenn ein Antragsteller unter Ausnutzung diesbezüglicher Möglichkeiten die Rechtsprechung verschiedener Gerichte sozusagen „testet“ ( vgl. KG, Beschl. vom 25.01.2008 – 5 W 371/07 Beck RS 2008 04442).

(ee)
Schließlich kann nicht außer Acht gelassen werden, dass es einer tatsächlichen Lieferung nach K. gar nicht bedurft hätte, um die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf jedenfalls hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungstenors zu begründen. Nach der gängigen Rechtsprechung der Kammer hätte eine Lieferung an die angegebene Firmenanschrift in F. bereits ausgereicht, eine Erstbegehungsgefahr auch für Lieferungen nach Nordrhein-Westfalen anzunehmen. Auch insoweit wäre die Kammer dann zur Entscheidung berufen.

II.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Bilddecodierung, und insbesondere ein Verfahren zur Bilddecodierung, das zum Übertragen und Aufzeichnen digitaler Bilder effektiv ist.

Ausgehend von der Ähnlichkeit aufeinanderfolgender Bilder beruht die Datenkompression auf dem Prinzip, nicht jedes Videobild mit seiner gesamten Datenmenge zu übertragen, sondern Einzelbilder im Bildstrom zur Kompression anderer, ihm ähnlicher Bilder heranzuziehen. Dieses als „interframe-dropping“ bezeichnete Verfahren basiert auf drei Kategorien von Bildtypen, die verschiedene Codierungsverfahren verwenden und einen variierenden Komprimierungsgrad aufweisen. Zu unterscheiden sind intrarahmen-codierte Bilder (I-Bilder) von interrahmen-codierten Bildern, wobei letztere wiederum P-Bilder oder B-Bilder sein können. I-Bilder stellen Referenzbilder für die von ihnen abhängigen P- und B-Bilder dar. Sie werden unter Verwendung von Informationen nur von sich selbst codiert und stellen Zugriffspunkte auf die codierte Sequenz bereit, an denen die Decodierung beginnen kann. Ihre Kompression ist gering. P-Bilder sind demgegenüber solche, die in Anwendung bewegungskompensierter Prädiktion von einem vergangenen Referenzvollbild oder -teilbild, und zwar einem I- oder einem P-Bild, codiert sind. Sie ermöglichen im Vergleich zu I-Bildern eine deutlich höhere Kompressionsrate und werden im Allgemeinen als Referenz für weitere Prädiktion verwendet. B-Bilder schließlich sind unter Verwendung bewegungskompensierter Prädiktion aus einem bzw. mehreren vergangenen und/oder zukünftigen Referenzvollbildern codiert. Sie liefern – wegen ihres Rückgriffs auf mehrere Referenzbilder – den höchsten Kompressionsgrad.

Bei der bewegungskompensierten Prädiktion wird die Größe einer Bewegung (ein Bewegungsvektor) zwischen einem Eingangsbild und einem Vergleichsbild ermittelt und vom Eingangsbild das Vorhersagebild subtrahiert, das durch den Bewegungsvektor als Vergleichsbild verschoben wurde. Dieser Fehlerwert und der Bewegungsvektor werden codiert.

Die aufeinander Bezug nehmenden Bilder sind in einer Gruppe (Sequenz) zusammengefasst, welcher eine weitere Gruppe (Sequenz) – wiederum bestehend aus I-, P- und/oder B-Bildern – folgt, usw. Da bei der Datenverarbeitung im Zusammenhang mit dem Videosignal eine unterschiedliche Bearbeitung von I-Bildern einerseits und von B- und P-Bildern andererseits erfolgt, sind die jeweiligen dazugehörigen Daten in besonderer Weise gekennzeichnet, um ein intrarahmen-codiertes Bild (I-Bild) von einem interrahmen-codierten Bild (P- oder B-Bild) unterscheiden zu können.

Prinzipiell ist eine Art Rasterung vorgesehen, bei der die Bilder in 8 x 8 Bildpunkte umfassende Blöcke unterteilt werden. Der Inhalt der Bildblöcke wird zusammenhängend übermittelt; im Gegensatz zum Fernsehbild erfolgt also keine zeilenweise Übertragung.

Im Stand der Technik war es bekannt, die Bewegung zwischen zwei Bildern zu ermitteln und für jeden einzelnen Block des Bildes zu entscheiden, ob dieser (bei Nichtvorliegen einer Bewegung) als Vollbild-Einheit oder (bei Vorliegen einer Bewegung) als Halbbild-Einheit codiert und mit einem die gewählte Codierungsart anzeigenden Signal versehen wird.

Dem Klagepatent liegt – ausgehend hiervon – die Aufgabe zugrunde, eine effektive Codierung zu ermöglichen.

Zu diesem Zweck schlägt Patentanspruch 1 ein Codierverfahren vor, bei dem aufgrund der Ermittlung der Bewegung zwischen zwei Bildern durch Beurteilung anhand eines zuvor festgelegten Maßstabes entschieden wird, ob das Bild als Vollbild-Einheit oder als Halbbild-Einheit codiert wird. Dabei wird die Entscheidung über die Codierungsart nicht Block für Block, sondern einheitlich für das gesamte zu codierende Bild getroffen. Anschließend wird das codierte Bildsignal mit einem Signal versehen, das die Art der vorgenommenen Codierung – Vollbild für Vollbild oder Halbbild für Halbbild – anzeigt. In Ergänzung zu dieser technischen Lehre stellt das Klagepatent in seinem – für den Rechtsstreit maßgeblichen – Nebenanspruch 11 ein (reziprokes) Decodierverfahren unter Schutz, das sich durch folgende Merkmale auszeichnet:

(1) Bilddecodierverfahren zum Decodieren eines codierten Bildsignals.

(2) Das codierte Bildsignal ist in einem Codiervorgang durch Codieren von Bilddaten erzeugt worden.

(3) Die Bilddaten sind aus Vollbildern zusammengesetzt, wobei jedes Vollbild zwei Halbbilder umfasst.

(4) Das Bilddecodierverfahren weist die folgenden Schritte auf:

(a) Extrahieren eines Signals von dem codierten Bildsignal;

(b) Decodieren jedes Vollbilds des codierten Bildsignals

o auf einer Basis Vollbild für Vollbild oder auf einer Basis Halbbild für Halbbild

o in Abhängigkeit von dem extrahierten Signal.

(5) Das extrahierte Signal zeigt an, ob die Vollbilder des codierten Bildsignals

(a) durch eine Vollbild-Einheit-Codierung

o durch Dividieren eines Vollbilds in eine Vielzahl von kleinen Blöcken des Vollbilds codiert worden ist,

o wobei jeder Block aus Pixeln beider der zwei Halbbilder zusammengesetzt wird, die in dem Vollbild umfasst sind,

o und wobei jeder der kleinen Blöcke des Vollbilds codiert ist;

(b) oder durch eine Halbbild-Einheit-Codierung

o durch Dividieren eines Vollbilds in eine Vielzahl von kleinen Blöcken des ersten Halbbilds und in eine Vielzahl von kleinen Blöcken des zweiten Halbbilds codiert worden ist,

o wobei jeder Block des ersten Halbbildes aus Pixeln von nur einem der zwei Halbbilder zusammengesetzt ist, die in dem Vollbild umfasst sind,

o jeder Block des zweiten Halbbildes aus Pixeln von nur dem anderen der zwei Halbbilder zusammengesetzt ist, die in dem Vollbild umfasst sind,

o und jeder der kleinen Blöcke des ersten und zweiten Halbbilds codiert ist.

Der Durchschnittsfachmann versteht ohne weiteres, dass die Decodierung der Bildsignale in derselben Weise vorgenommen werden muss wie die vorausgegangene Codierung erfolgt ist. Wurde z.B. auf der Basis Vollbild für Vollbild codiert, ist es notwendig, dass auch die Decodierung auf derselben Basis, d.h. Vollbild für Vollbild, stattfindet. Weil dem so ist, muss für das Decodierverfahren bekannt sein, in welcher Weise die zu decodierenden Bilddaten jeweils codiert worden sind. Nicht nur der die eigentliche Codierung betreffende Patentanspruch 1 sieht aus diesem Grund vor, dass die codierten Bilddaten mit einem ihre jeweilige Codierungsart – Vollbild für Vollbild oder Teilbild für Teilbild – anzeigenden Signal (Kennzeichen) versehen werden. Spiegelbildlich hierzu ordnet auch der das streitbefangene Decodierungsverfahren beschreibende Nebenanspruch 11 an, dass die Bilddaten in Abhängigkeit von eben diesem (die Codierungsart kennzeichnenden) Signal vorgenommen wird. Damit das „Kennzeichnungssignal“ – wie es seine Aufgabe ist – die Decodierung steuern kann, muss es zu Beginn des Decodierungsverfahrens erfasst (ausgelesen) werden. Merkmal (4) sieht dementsprechend vor, dass das die Codierungsart repräsentierende Signal (vgl. Merkmal 5) vor der Decodierung (vgl. Merkmal 4b) von dem codierten Bildsignal „extrahiert“ wird. Das „Extrahieren“ dient ersichtlich dem Zweck, Aufschluss darüber zu erhalten, ob das zu decodierende Bild in einer Vollbild-Einheit oder in einer Teilbild-Einheit codiert worden ist und demzufolge auch auf derselben Basis – nämlich Vollbild für Vollbild bzw. Teilbild für Teilbild – decodiert werden muss.

Dem Fachmann ist in diesem Zusammenhang geläufig, dass die geschilderte Decodierung nicht nur in einem Decodierer (der z.B. Teil eines DVD-Players ist) erfolgt, sondern dass es einer – lokalen – Decodierung des gerade codierten Bildsignals auch im Zuge der Codierung abhängiger (P- oder B-)Bilder bedarf. Sie ist notwendig, um das in Bezug genommene (I- oder P-)Bild als Referenzobjekt für die abhängige Codierung zur Verfügung zu haben. Der beschriebene Sachverhalt ist in der europäischen Patentschrift 0 573 665 (Seite 19 Zeilen 9-12) ausdrücklich erläutert.

Die lokale Decodierung unterscheidet sich dabei nicht grundsätzlich von der endgültigen Decodierung z.B. in einem DVD-Gerät. Da der Decodierungsschritt nicht Inhalt und Gegenstand des das eigentliche Codierverfahren beschreibenden Patentanspruchs 1 (und der auf ihn zurückbezogenen Unteransprüche) ist, bliebe die lokale Decodierung, obschon sie technisch notwendig ist und den gleichen Regeln wie die endgültige Decodierung folgt, völlig außerhalb des Patentschutzes, wenn sie nicht in den Anspruch 11 einbezogen würde. Eine derartige Beschränkung des Schutzgegenstandes wäre letztlich willkürlich und widerspräche zudem dem Umstand, dass das Klagepatent in den Figuren 1 und 6 ausdrücklich Codier-Schaltungen zeigt und im korrespondierenden Beschreibungstext erläutert, die Bauteile zur lokalen Decodierung aufweisen. Solcher Ausführungsbeispiele hätte es ersichtlich nicht bedurft, wenn die Maßnahmen zur lokalen Decodierung in einem Encoder außerhalb des Klagepatents lägen, weil sie von Patentanspruch 1 nicht erfasst werden und weil sie auch dem auf die endgültige Decodierung in einem Decoder beschränkten Nebenanspruch 11 nicht unterfallen.

III.

Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen (§ 286 Abs. 1 ZPO) ist davon auszugehen, dass die Beklagte bei ihrer DVD-Herstellung auf das patentgemäße Decodierverfahren zurückgreift.

1.
Nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin sind die DVDs der Beklagten auf gängigen DVD-Abspielgeräten abspielbar und stellt der MPEG 2-Standard das in der Praxis dominierende Codierverfahren dar.

Der von der Internationalen Organisation für Standardisierung (ISO) ausgearbeitete MPEG 2-Standard befasst sich u.a. mit der Kombination eines oder mehrerer Datenströme zum Zwecke der Speicherung oder Übertragung (ISO/IEC 13818-1 „Systems“). Speziell für die Verarbeitung von Videosignalen enthält er darüber hinaus technische Vorschriften für die Bildkomprimierung und –dekomprimierung (ISO/IEC 13818-2 „Video“). Die Vorgaben des MPEG 2-Standards sind zwar nicht in dem Sinne zwingend, dass sie lediglich eine einzige Vorgehensweise – unter Ausschluss aller anderen – tolerieren. Im Gegenteil enthält der Standard an verschiedenen Stellen Optionen, von denen im Einzelfall (d.h. bei der Codierung konkreter Videodaten) Gebrauch gemacht werden kann oder nicht bzw. die nur unter speziellen Anwendungsbedingungen bedeutsam sind, unter anderen hingegen nicht. Das gilt auch für den Video-Standardteil, welcher sich mit der „zeitlichen Verarbeitung“ der Daten befasst. AaO (Intro 4.1.1) heißt es:

„Aufgrund des Konflikts zwischen dem Erfordernis des Direktzugriffs und der hocheffizienten Kompression werden drei Hauptbildarten definiert. Intracodierte Bilder (I-Bilder) werden ohne Bezugnahme auf andere Bilder … mit nur mäßiger Kompression codiert. Prädiktiv codierte Bilder (P-Bilder) werden effizienter codiert unter Verwendung bewegungskompensierter Prädiktion aus einem vergangenen intracodierten oder prädiktiv codierten Bild … . Bidirektional-prädiktiv codierte Bilder (B-Bilder) liefern den höchsten Kompressionsgrad, erfordern jedoch sowohl vergangene als auch zukünftige Bezugsbilder für die Bewegungskompensation. … Die Anordnung der drei Bildarten in einer Sequenz ist sehr flexibel. Die Wahl wird dem Codierer überlassen und hängt von den Anforderungen der Anwendung ab. Figur I-1 veranschaulicht ein Beispiel der Beziehung zwischen den drei verschiedenen Bildarten.“

Dass die dem Anwender im Standard zur Verfügung gestellten Verhaltensoptionen –d.h. einzelne von ihnen – rein theoretischer Natur wären und in der Praxis keine Anwendung fänden, tragen auch die Beklagten nicht vor. Wenn aber von dem gesamten Standard (einschließlich seiner Optionen) bei der Datencodierung Gebrauch gemacht wird, so ist grundsätzlich auch der Standard mit seinem gesamten Inhalt (einschließlich der Optionen) geeignet, eine Aussage darüber zu treffen, in welcher technischen Weise bei Einhaltung des MPEG 2-Standards verfahren wird. Steht – wie hier – fest, dass ein Benutzer den MPEG 2-Standard beachtet, und ist des weiteren gesichert, dass eine mögliche dem Standard entsprechende Vorgehensweise zur (wortsinngemäßen oder äquivalenten) Benutzung des Klagepatents führt, so ist deshalb von einer Patentverletzung auszugehen, wenn der Umfang der Geschäftstätigkeit des Beklagten (oder sonstige vom Kläger darzulegende Umstände) den sicheren Schluss zulassen, dass die Vorgaben des Standards bei Ausübung der Geschäftstätigkeit in ihrer gesamten Breite ausgeschöpft worden sind. Dem Beklagten obliegt unter solchen Umständen der konkrete Vortrag dazu, dass und weshalb er bei der Befolgung des Standards die zur Merkmalsverwirklichung führende Option keinesfalls angewandt hat.

2.
Der MPEG 2-Standard sieht eine rekursive Struktur der codierten Bilder vor, bei der für bestimmte Bilder auf Daten aus anderen (Bezugs-)Bildern zurückgegriffen wird. So ist beispielsweise eine Verarbeitung eines verschachtelten Eingangssignals durch Auswahl von Bezugs-Vollbildern und Intra-Teilbild-Codierung eines Teilbildes des Bezugs-Vollbildes sowie Inter-Teilbild-Codierung des anderen Teilbildes des Bezugs-Vollbildes bekannt.

Dass der MPEG 2-Standard für die Codierung die Bestimmung von Bezugs-Vollbildern voraussetzt, von denen die Codierung anderer Bilder abhängt, bestreitet die Beklagte nicht. Im Standard selbst sind diese Bilder wie folgt definiert:

„Referenzvollbild: Ein Referenzvollbild ist ein rekonstruiertes Vollbild, das in Form eines codierten I-Vollbildes oder eines codierten P-Vollbildes codiert wurde. Referenzvollbilder werden für Vorwärts- und Rückwärtsprädiktion verwendet, wenn P-Bilder und B-Bilder verwendet werden.“ (Def. 3.111)

„Referenzteilbild: Ein Referenzteilbild ist ein Teilbild eines rekonstruierten Vollbildes. Referenzteilbilder werden für Vorwärts- und Rückwärtsprädiktion verwendet, wenn P-Bilder und B-Bilder decodiert werden. Es ist zu beachten, dass, wenn P-Teilbilder decodiert werden, die Prädiktion des zweiten P-Teilbildes eines codierten Vollbildes das zuerst rekonstruierte Teilbild desselben codierten Vollbildes als Referenzteilbild verwendet.“ (Def. 3.110)

In den Abschnitten „Intro 4.1.1 Zeitliche Verarbeitung“ sowie „6.1.1.5 Bildarten“ werden des weiteren die drei zuvor erwähnten Arten von Bildern (I-, P- und B-Bilder) näher definiert, wobei die nur mäßig komprimierten I-Bilder als Referenzbilder beschrieben werden, die als Basis für die von ihnen abhängigen, höhere Kompressionsraten aufweisenden P- und B-Bilder dienen.

Maßgeblich für die Intra-Teilbild-Codierung des Bildsignals eines der beiden Teilbilder jedes der Bezugs-Vollbilder und die Inter-Teilbild-Codierung des anderen der beiden Teilbilder jedes der erwähnten Bezugs-Vollbilder unter Verwendung von Daten des zuerst erwähnten einen Teilbildes des gleichen Bezugs-Vollbildes sind die Abschnitte 6.1.1.4.1 („Teilbilder“) und 7.6.3.5 („Prädiktion bei P-Bildern“). Darin heißt es:

„Wenn Teilbilder verwendet werden, treten sie paarweise auf (ein oberes Teilbild gefolgt von einem unteren Teilbild oder ein unteres Teilbild gefolgt von einem oberen Teilbild), und zusammen bilden sie ein codiertes Vollbild. […]

Wenn das erste Bild eines codierten Vollbildes ein I-Teilbild ist, dann ist das zweite Bild des Vollbildes entweder ein I-Teilbild oder ein P-Teilbild. Wenn das zweite Bild ein P-Teilbild ist, dann kommen bestimmte Beschränkungen zur Anwendung, vgl. 7.6.3.5.“ (Auszug aus Abschnitt 6.1.1.4.1)

„Im Fall, dass ein P-Teilbild als zweites Teilbild eines Vollbildes verwendet wird, in dem das erste Teilbild ein I-Teilbild ist, trifft eine Reihe von semantischen Beschränkungen zu. Diese stellen sicher, dass eine Prädiktion nur von dem I-Teilbild gestellt wird.“ (Auszug aus Abschnitt 7.6.3.5)

Die zitierten Textstellen des Standards belegen, dass das eine Teilbild eines Bezugs-Vollbildes ein I-Bild ist, also intra-codiert wird. Das andere Teilbild kann ebenfalls ein I-Bild sein, es kann aber auch als P-Teilbild inter-codiert werden. Bei der Inter-Codierung ist wiederum sicherzustellen, dass diese nur auf das vorhergehende I-Teilbild, also das zuvor bereits codierte eine Teilbild des Bezugs-Vollbildes Bezug nehmen darf.

Der MPEG 2-Standard kennt zudem in Abschnitt 6.3.10 („Bildcodierungsextension“) und Tabelle 6-14 („Bedeutung von picture_structure“) eine Kennzeichnung, die ein Signal erzeugt, welches die Codierung einer Vollbild-Einheit oder einer Teilbild-Einheit anzeigt und das so codierte Bildsignal zusammen mit dem zuvor erzeugten (Anzeige-)Signal ausgibt. Die Beschreibungsstellen aus dem MPEG 2-Standard legen die Bedeutung der Erweiterung fest, verhalten sich aber in keiner Weise dazu, ob und ggf. wie diese „extension“ während des Codiervorgangs Verwendung findet.

3.
Der MPEG 2-Standard erfordert, dass codierte Bilder während des Codiervorgangs sogleich wieder decodiert werden. Dabei ist hinreichend wahrscheinlich, dass aufgrund der Ausgestaltung der in der Praxis verwendeten Vorrichtungen dazu ein Signal extrahiert wird, das die Codierungsart angibt. Somit bestehen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte im Rahmen ihrer umfangreichen Geschäftstätigkeit von der technischen Lehre des Klagepatents und insbesondere auch von den das Klagepatent betreffenden Optionen des Standards Gebrauch gemacht hat. Dies hat zur Folge, dass es Sache der Beklagten ist, darzutun, dass es trotz Befolgung des MPEG 2-Standards nicht zu einer patentgemäßen Verfahrensführung gekommen ist. Dieser Darlegungslast ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Die Beklagte hat sich darauf beschränkt, einfach zu bestreiten, dass sie die streitgegenständlichen Patente bei der Produktion ihrer DVDs einsetzt. Dieses einfache Bestreiten ist aber nicht ausreichend. Die Klägerin hat zunächst darzulegen, dass die angegriffene Ausführungsform die technische Lehre des Klagepatents verwirklicht. Ihrer Darlegungslast ist sie bereits dadurch nachgekommen, dass sie in der Klageschrift die konkrete Behauptung aufgestellt hat, die angegriffene Ausführungsform mache von jedem Merkmal der geltend gemachten Patentansprüche Gebrauch. Irgendeines Nachweises hierzu bedarf es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Um diesen Patentverletzungsvorwurf erheblich zu bestreiten, ist es dann seitens der Beklagten erforderlich, dass sie der Wahrheit gemäß (§ 138 ZPO) erklärt, ob und gegebenenfalls welches Anspruchsmerkmal von der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht werden soll. Nur wenn die Beklagte sich in diesem Sinne konkret geäußert hat, ist der betreffende Sachvortrag streitig, so dass die Klägerin erst dann ihre Behauptung weiter ausführen, d.h. mitteilen müsste, aufgrund welcher Untersuchungen sie zu welchen die Patentverletzung bestätigenden Ergebnissen gelangt ist (vgl. Kühnen, Die Durchsetzung von Patenten, 3. Aufl., Rn 522).

4.
Die Klage ist auch nicht deshalb als unbegründet abzuweisen, weil die Klägerin etwa die streitgegenständliche Verletzungshandlung provoziert hätte, weswegen – wie die Beklagte meint – die Rechtsverfolgung einen Rechtsmissbrauch darstelle. Wegen dieser unzutreffenden Rechtsauffassung kann auf die vorstehend zu I.2. gemachten Ausführungen zur Zulässigkeit Bezug genommen werden.

5.
Die Rechte aus dem Klagepatent sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dadurch erschöpft, dass die Klägerin die Maschine „E“ zur Herstellung der DVDs in den Verkehr brachte beziehungsweise zustimmte, dass die Maschine von C GmbH hergestellt und veräußert wurde. Der Einwand der Erschöpfung greift nicht durch. Aufgrund dessen kommt es vorliegend auch nicht darauf an, dass der hierauf bezogene, erstmalige Vortrag in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 17.09.2008 nach § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen wäre, da sich aus der Sitzungsniederschrift ergibt, dass die Beklagtenvertreterin die Einräumung einer Schriftsatzfrist nur zur Erwiderung auf den gegnerischen Schriftsatz vom 18.08.2008 beantragt hat, was ihr eingeräumt wurde. Der Schriftsatz der Klägervertreter vom 18.08.2008 enthält jedoch keinen Tatsachenvortrag, der zu der nunmehr eingewendeten Erschöpfung Anlass gegeben hätte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte erst nun bzw. erst in ihrem verspäteten Schriftsatz die Möglichkeit hatte, zu dem Erschöpfungseinwand vorzutragen. Die von ihr nun vorgebrachten Tatsachen bestanden bereits im Zeitpunkt der Klageerwiderung.
Erschöpfung meint den Verbrauch des Patentrechts. Der Einwand ist dann begründet, wenn die Partei, die sich darauf beruft, schlüssig darlegen kann, dass der Patentinhaber selbst oder ein mit dessen Zustimmung handelnder Dritter das patentierte Erzeugnis oder das unmittelbare Erzeugnis eines patentierten Verfahrens in einem der Vertragsstaaten der EU in Verkehr gebracht haben (BGH, GRUR 1997, 116 – Prospekthalter; GRUR 2001, 223 – Bodenwaschanlage; Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl., § 9 Rn., 16 m.w.N.). Besonderheiten gelten allerdings für Verfahrenspatente. Das Recht an einem patentgeschützten Verfahren wird grundsätzlich nicht dadurch verbraucht, dass die zur Durchführung des Verfahrens erforderliche Vorrichtung mit Zustimmung des Patentinhabers in den Handelsverkehr gelangt (BGH, GRUR 1980, 38 – Fullplastverfahren; a.a.O. – Bodenwaschanlage). Durch das Inverkehrbringen der zur Ausübung eines Verfahrens erforderlichen Vorrichtung wird weder das Verfahren selbst in Verkehr gebracht, noch wird eine unmittelbare Benutzungshandlung in Ausübung des Verfahrenspatents vorgenommen (Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl., § 9 Rn 25).
Allerdings gehen in Rechtsprechung und Literatur die Ansichten darüber auseinander, ob die Rechte aus einem Sachpatent und einem Verfahrenspatent erschöpft sind, wenn eine patentgeschützte Vorrichtung, die sich zur Ausübung eines ebenfalls patentgeschützten Verfahrens eignet, durch den Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung in den Verkehr gebracht wurde (BGH GRUR 1998, 130 – Handhabungsgerät; LG Düsseldorf Entscheidungen 1998, 115 – Levitationsmaschine; LG Hamburg Urteil vom 27.07.2000, Az. 315 O 645/99; ablehnend: Kraßer, Patentrecht 5. Aufl., S. 829 m.w.N.). Es kann jedoch dahinstehen, welcher Auffassung zu folgen ist, da in beiden Fällen eine Erschöpfung der Rechte aus dem Klagepatent nicht bejaht werden kann.
Ohne näheren Vortrag der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass die mit den Klagepatentansprüchen geschützten Verfahren durch das „E“ angewandt werden. Es ist nichts dafür dargetan, dass ein „E“ die Merkmale patentgemäßer (De-/) Codiersysteme aufweist. Der Vortrag, in der Maschine zur Herstellung der DVDs seien „sämtliche streitgegenständlichen Patente enthalten und verwirklicht“, genügt insofern offensichtlich nicht. Damit hat die Beklagte lediglich das Ergebnis einer rechtlichen Bewertung wiedergegeben. Erforderlich ist jedoch die konkrete Darlegung, inwiefern die „E“ die in den Klagepatentansprüchen genannten Merkmale verwirklicht.

Hinzu tritt, dass, auch wenn die Maschine „E“ mit Zustimmung der Klägerin an die Beklagte veräußert worden sein sollte, nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin damit zugleich eine stillschweigende Lizenz für den Vertrieb von Erzeugnissen in die Bundesrepublik Deutschland erteilte, die durch das in der Bundesrepublik Deutschland geschützte Verfahren hergestellt wurden. Denn in G. stehen die Klagepatente nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht in Kraft. Unterstellt man diese – von der Klägerin bestrittene Behauptung – zugunsten der Beklagten als wahr, kann, eben weil das in der Bundesrepublik Deutschland geschützte Verfahren in G. patentfrei angewandt werden dürfte, nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin mit der von der Beklagten vorgetragenen Zustimmung zur Herstellung und Veräußerung der „Es“ in das patentfreie Ausland zugleich die Einfuhr von mit dem Verfahren hergestellter Erzeugnisse nach Deutschland erlauben wollte. Vielmehr kann ein solches Verhalten nur so verstanden werden, dass eine Nutzung des Verfahrens einschließlich des Vertriebs der mit dem Verfahren hergestellten Erzeugnisse in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin verboten beziehungsweise von einer Lizenzerteilung der Klägerin abhängig sein sollte.

6.
Soweit die Beklagte in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 17.09.2008 unter dem Gliederungspunkt I. Ausführungen zu dem Inhalt einer mündlichen Verhandlung vom 21.08.2008 vor der 4 a. Zivilkammer gemacht und in diesem Zusammenhang beantragt hat, eine Äußerung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in das Protokoll gemäß § 510 ZPO aufzunehmen, war in dem vorliegenden Verfahren hierüber nicht zu entscheiden, da dieser Vortrag sich offensichtlich nicht mit Vorgängen in der Verhandlung zu diesem Rechtsstreit am 26.08.2008 befasst.

IV.
Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet.

Da die Patentverletzung bei Beachtung der von der Beklagten als Fachunternehmen im Geschäftsverkehr zu verlangenden Sorgfalt erkennbar und vermeidbar gewesen wäre, trifft sie ein zumindest fahrlässiges Verschulden, das ihre Schadenersatzhaftung begründet (Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG).

Der Schuldvorwurf entfällt auch nicht etwa deshalb, weil die Beklagte alles ihr mögliche getan habe, um sicherzustellen, dass es durch die Lieferung nicht zu einer Schutzrechtsverletzung komme. Die Beklagte macht insoweit geltend, dass sie vor Lieferung der DVDs die Bestellerin darauf hingewiesen habe, dass ihre Preise weder Urheberrechte noch Lizenzen beinhalteten, für welche die Bestellerin zu sorgen habe (vgl. Anl. B 5). Sie ist damit offensichtlich der Ansicht, der Bestellerin die Verantwortung für die Wahrung gewerblicher Schutzrechte übertragen zu haben, weswegen ihr kein (Schuld-)Vorwurf zu machen sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Erklärungsgehalt dieses Hinweises auf „Copyrights und royalty fees“ ist vom objektivierten Empfängerhorizont aus zu bestimmen. Bei dem der Beklagten angetragenen Geschäft ging es darum, die von dem Besteller zur Verfügung gestellten Inhalte auf eine Anzahl von 500 DVDs zu kopieren und diese dann in anzufertigende Cover zu verpacken. Dem Besteller eines solchen Auftrages kommt es alleine darauf an, sein Werk so zu vervielfältigen, dass es verbreitet werden kann. Er wird sich keine Gedanken darüber machen, wie die technische Umsetzung erfolgt. Insbesondere nicht darüber, welche Programmschritte im Einzelnen zu durchlaufen sind, um die Daten so zu codieren, dass sie einem bestimmten Standard entsprechend abgespielt werden können. Er wird infolge dessen auch nicht darüber nachdenken, ob es möglicherweise irgendwelche technischen Schutzrechte gibt, die von seiner Auftragnehmerin bei der Durchführung ihrer Arbeiten verletzt werden können. Er wird daher – ohne nähere Angaben der Auftragnehmerin – deren Hinweis auf „Copyrights und royalty fees“ alleine auf urheberrechtliche Belange beziehen, da er insoweit die Verantwortung für die Inhalte trägt, die von der Herstellerin lediglich in seinem Auftrag vervielfältigt werden. Diesem allgemeinen Verständnis entsprechend hat auch vorliegend die Bestellerin diesen Hinweis offensichtlich verstanden. Deshalb teilte sie der Beklagten mit E-Mail vom 27.02.2007 mit, dass das von ihr georderte Material „GEMA-frei“ sei. Von etwaigen Lizenzen für die Verwendung der MPEG – Technologie, die alleine von der Beklagten bei der Herstellung der DVDs angewendet wurde, war erkennbar keine Rede. Sollte die Beklagte dies mit ihrem Hinweis gemeint haben wollen, so hätte sie die Bestellerin in Reaktion auf deren dann gegebenes offensichtliches Missverständnis hierauf hinweisen müssen. Es ist gerade nicht so, dass die Sachbearbeiterin der Beklagten davon ausgehen musste, dass die Bestellerin „für die Beachtung der inländischen nationalen Rechtsvorschriften Sorge“ (Bl. 105 d.A.) tragen werde. Dies liegt nach dem objektiven Empfängerhorizont alleine im Verantwortungsbereich der Beklagten als Herstellerin der DVDs. Der Besteller ist allenfalls bereit und geht bei entsprechender Anfrage davon aus, dass er die Verantwortung für den Inhalt der DVDs übernimmt. Hierauf hat sich auch die Bestellerin alleine bezogen, als sie die Mitteilung hinsichtlich der „GEMA-Gebühren“ machte.

Soweit die Beklagte weiterhin vorträgt, sie habe kein Interesse und keine Absicht, in der Bundesrepublik Deutschland geschäftlich tätig zu werden, und instruiere dementsprechend ihre Mitarbeiter, vermag auch dieser Einwand nicht den Schuldvorwurf entfallen zu lassen. Wegen des unzureichenden Vortrages hinsichtlich betriebsinterner Kontrollen, die eine Lieferung in die Bundesrepublik Deutschland zu verhindern geeignet wären, wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zu I.2.b) bb) verwiesen.
Mangels näherer Kenntnis der Klägerin über das genaue Ausmaß der Verletzungshandlungen besteht ein rechtliches Interesse der Klägerin daran, dass die Schadenersatzpflicht der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO).

Außerdem hat die Beklagte der Klägerin – wie zuerkannt – Rechnung zu legen, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch beziffern zu können (§ 140b PatG, §§ 242, 259 BGB).

Der weitere Vortrag der Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.09.2008 rechtfertigt keine abweichende Entscheidung und bot keinen Anlass, die ordnungsgemäß geschlossene Hauptverhandlung wiederzueröffnen.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 Abs. 3 ZPO. Soweit die Klägerin die ursprüngliche Klage bezüglich eines zunächst geltend gemachten Vernichtungsanspruchs teilweise zurückgenommen hat, waren ihr die Kosten aufzuerlegen.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 108 ZPO.