Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Oktober 2008, Az. 4a O 217/07
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 0 567 xxx B1, der unter dem Aktenzeichen DE 593 00 xxx geführt wird (nachfolgend: Klagepatent, Anlage K1). Vorherige eingetragene Inhaberin war seit dem 20. Januar 2003 die „A GmbH“, wobei es sich um die frühere Firmierung der Klägerin handelt.
Das Klagepatent wurde am 06. Februar 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der deutschen Patentanmeldung DE 42 13 xxx angemeldet und am 03. November 1993 offengelegt. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 07. Juni 1995. Das Klagepatent steht in Kraft. Über die von der Beklagten gemeinsam mit der B GmbH & Co. KG, der Beklagten des Parallelverfahrens 4a O 176/07, unter dem 23. Januar 2008 eingelegte Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent ist bislang noch nicht entschieden worden.
Gestützt auf das Klagepatent nimmt die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung in Anspruch und begehrt Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.
Das Klagepatent betrifft eine Revisionsabdeckung. Der im vorliegenden Rechtsstreit vorrangig als verletzt geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
Revisionsabdeckung mit einem Revisionsrahmen (1) für Wand- und Deckeneinbau und mit einem in dem Revisionsrahmen gelagerten Revisionsdeckel (2), wobei der Revisionsdeckel eine Dämmplatte und ggf. auf seiner Rückseite eine Stahlplatte (4) und einen die Dämmplatte (3) und ggf. Stahlplatte einfassenden Deckelrahmen (5) mit einem Auflagerschenkel (6) und einem Rahmenschenkel (7) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckelrahmen (5) eine Füllung aus Spachtelmasse (8) aufweist, dass die Dämmplatte (3) ggf. mit der Stahlplatte (4) derart in die Spachtelmasse (8) eingedrückt ist, dass die Dämmplatte (3) in der erhärteten Spachtelmasse mit dem Rahmenschenkel (7) fluchtet.
Hinsichtlich des zum Gegenstand eines „Insbesondere“-Antrags gemachten Unteranspruchs 2 wird auf die Klagepatentschrift (Anlage K1) verwiesen. Nachfolgend wird zur Veranschaulichung die Figur 2 des Klagepatents in leicht verkleinerter Fassung wiedergegeben. Sie zeigt einen Querschnitt durch eine erfindungsgemäße Revisionsabdeckung:
Die Beklagte stellt her und vertreibt Revisionsabdeckungen unter der Bezeichnung „C“ (angegriffene Ausführungsform). Nachfolgend ist das Produktblatt der angegriffenen Ausführungsform, das die Beklagte auch über das Internet verbreitet, gemäß Anlage K10 auszugsweise und leicht verkleinert wiedergegeben:
Ein Muster der angegriffenen Revisionsabdeckung der Beklagten hat die Klägerin als Anlagen K8, K8a und K8b in Einzelteilen zur Gerichtsakte gereicht. Im Zuge der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform wird der Deckelrahmen mit einem Klebstoff versehen, der die Gipsplatte mit dem Deckelrahmen verbindet. Die Oberfläche der Gipskartonplatte schließt bei dem Muster der angegriffenen Ausführungsform bündig mit den Rahmenschenkeln des Deckelrahmens ab. Wegen weiterer Einzelheiten der angegriffenen Ausführungsform wird auf die Anlagen K8, K8a und K8b Bezug genommen.
Zur Veranschaulichung ist nachfolgend die dritte fotografische Abbildung aus Anlage K9 auszugsweise wiedergegeben. Sie zeigt einen Ausschnitt des Musters gemäß Anlage K8 in der Seitenansicht. Die der Fotografie hinzugefügten Bezugsziffern stammen von der Klägerin:
Die Klägerin vertritt die Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere weise der Deckelrahmen eine Füllung aus Spachtelmasse auf, in welche die Dämmplatte derart eingedrückt worden sei, dass die Dämmplatte mit dem Rahmenschenkel fluchtet, wenn die Spachtelmasse erhärtet ist. Der verwendete Klebstoff stelle die patentgemäße Spachtelmasse dar, weil diese nach dem Klagepatent ausschließlich dazu diene, die Dämmplatte im Rahmen zu halten. Der Klebstoff weise auch eine hinreichende Tiefe auf. Für den Toleranzausgleich nach dem Klagepatent genüge es, wenn die Schicht an Spachtelmasse sehr dünn ausgestaltet sei, wie die Darstellung in Figur 2 der Klagepatentschrift belege. Bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform sei es der Beklagten möglich, durch ein mehr oder weniger festes Herunterdrücken der Dämmplatte in den Deckelrahmen die Position der Dämmplatte relativ zum Auflagerschenkel zu beeinflussen.
Die Klägerin beantragt, nachdem sie ihren Auskunfts- und Rechnungslegungsantrag für den Zeitraum vom 03. Dezember 1993 bis zum 19. Januar 2003 wirksam zurückgenommen und den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht unter Rücknahme des Entschädigungsantrags ebenfalls auf den Zeitraum seit dem 20. Januar 2003 beschränkt hat,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren,
zu unterlassen,
Revisionsabdeckungen mit einem Revisionsrahmen für Wand- und Deckeneinbau und mit einem in dem Revisionsrahmen gelagerten Revisionsdeckel, wobei der Revisionsdeckel eine Dämmplatte und einen die Dämmplatte einfassenden Deckelrahmen mit einem Auflagerschenkel und einem Rahmenschenkel aufweist,
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen der Deckelrahmen eine Füllung aus Spachtelmasse aufweist, wobei die Dämmplatte derart in die Spachtelmasse eingedrückt ist, dass die Dämmplatte in der erhärteten Spachtelmasse mit dem Rahmenschenkel fluchtet;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 20. Januar 2003 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei die Gemeinkosten nur abgezogen werden dürfen, wenn und soweit sie ausnahmsweise den unter 1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden können,
dabei zu a) und b) die zugehörigen Einkaufs- und Verkaufsbelege mit der Maßgabe vorzulegen, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 20. Januar 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Verhandlung im Verletzungsrechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen das Klagepatent DE 593 00 xxx.2 erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen.
Sie stellt eine Verletzung des Klagepatents in Abrede. Die angegriffene Ausführungsform mache jedenfalls von den Merkmalen (3) (d) und (4) keinen Gebrauch. Unter einer Füllung aus Spachtelmasse sei nur eine solche zu verstehen, die es erlaube, eine Dämmplatte derart in die Spachtelmasse einzudrücken, dass durch das Maß des Eindrückens ein Fluchten der Dämmplatte mit dem Rahmenschenkel realisierbar sei. Zu diesem Zweck müsse die Spachtelmasse eine gewisse Tiefe aufweisen, die die Vornahme eines Toleranzausgleichs zur Herstellung des Fluchtens der Dämmplatte mit den Rahmenschenkeln gestatte. Die Klebstoffschicht der angegriffenen Ausführungsform sei hingegen so dünn ausgestaltet, dass ein solcher Toleranzausgleich nicht möglich sei.
Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig und werde im Nichtigkeitsverfahren vernichtet werden. Es fehle ihm gegenüber dem Stand der Technik an der erforderlichen Erfindungshöhe, zumal das Deutsche Patent- und Markenamt die zum Klagepatent identische deutsche Prioritätsanmeldung – wie die Klägerin nicht bestreitet – auf der Grundlage des nun auch dem Klagepatent entgegen gehaltenen Standes der Technik bestandskräftig zurückgewiesen habe.
Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche weder aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2; 140 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 PatG; §§ 242, 259 BGB noch aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.
I.
Das Klagepatent betrifft eine Revisionsabdeckung, wie sie überall dort benötigt wird, wo in einer Wand oder Decke eingelassene Installationen einerseits hinter einer Wand- oder Deckenverkleidung für den Betrachter unsichtbar verborgen werden sollen, andererseits im Bedarfsfall unter vorübergehender Entfernung der Revisionsabdeckung erreichbar sein müssen. Ihrem grundsätzlichen Aufbau nach besteht eine Revisionsabdeckung, wie sie im Stand der Technik lange bekannt war, aus einem Revisionsrahmen, der in eine Wand oder Decke eingebaut wird und die verschließbare Öffnung randseitig definiert, und einem Revisionsdeckel, der in der Montagesituation in dem Revisionsrahmen aufgenommen wird und die Öffnung verschließt. Der Revisionsdeckel weist seinerseits eine Dämmplatte (und gegebenenfalls auf der Rückseite eine Stahlplatte) sowie einen die Dämmplatte (und gegebenenfalls Stahlplatte) einfassenden Deckelrahmen mit einem Auflagerschenkel und einem Rahmenschenkel auf. Der Auflagerschenkel bildet die Auflage für die Dämmplatte, der Rahmenschenkel umrahmt die Dämmplatte, und zwar benachbart zum Revisionsrahmen.
Wie die Klagepatentschrift erläutert (Anlage K1, Spalte 1 Zeilen 12-35), besteht bei derartigen Revisionsabdeckungen stets das Erfordernis, Toleranzen zu berücksichtigen, insbesondere bei der Einlagerung der Dämmplatte in den Deckelrahmen des Revisionsdeckels. Derartige Fertigungstoleranzen machen es erforderlich, die Dämmplatte gegenüber dem Rahmenprofil des Deckelrahmens grundsätzlich zurückgesetzt anzuordnen. Dies erfordert wiederum nach erfolgtem Einbau einen Ausgleich in der Differenz zwischen der Höhe der Dämmplatte und dem Niveau (der Vorderkante) des Rahmenprofils. Dieser Ausgleich erfolgt in der Praxis durch Aufbringen von Spachtelmasse auf der Dämmplatte, wodurch das Niveau der Dämmplatte so weit angehoben wird, bis es mit dem Revisionsrahmen und der angrenzenden Wand oder Decke fluchtet. Der Auftrag einer Spachtelschicht auf der Dämmplatte ist insofern nachteilig, als aus der Spachtelschicht Feuchtigkeit in die Dämmplatte eindringen kann, so dass diese schließlich unter Schüsselbildung ausbeult. Ein solches Ausbeulen der Dämmplatte stört nicht nur in ästhetischer Hinsicht, sondern kann sogar die Funktion der Revisionsabdeckung bzw. des Revisionsdeckels beeinträchtigen.
Vor diesem Hintergrund verfolgt das Klagepatent die Aufgabe (die Lösung des technischen Problems), eine Revisionsabdeckung der eingangs beschriebenen Art so fortzuentwickeln, dass der Revisionsdeckel nach erfolgtem Einbau der Revisionsabdeckung allenfalls geringfügig nachgespachtelt werden muss (vgl. auch die in der Klagepatentschrift erwähnte Aufgabenstellung, Anlage K1, Spalte 1 Zeilen 35-42).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Klagepatentschrift in Vorrichtungsanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:
(1) Revisionsabdeckung
(a) mit einem Revisionsrahmen (1) für Wand- und Deckeneinbau und
(b) mit einem Revisionsdeckel (2).
(2) Der Revisionsdeckel
(a) ist in dem Revisionsrahmen (1) gelagert,
(b) weist eine Dämmplatte (3) auf,
(c) weist einen Deckelrahmen (5) auf.
(3) Der Deckelrahmen (5)
(a) fasst die Dämmplatte (3) ein,
(b) umfasst einen Auflagerschenkel (6) sowie
(c) einen Rahmenschenkel (7) und
(d) weist eine Füllung aus Spachtelmasse (8) auf.
(4) Die Dämmplatte (3)
ist in die Spachtelmasse (8) derart eingedrückt, dass die Dämmplatte (3) mit dem Rahmenschenkel (7) fluchtet, wenn die Spachtelmasse erhärtet ist.
II.
Die Beklagte bestreitet nicht, dass die angegriffene Ausführungsform von den vorstehend gegliederten Merkmalen nach Merkmalsgruppen (1) und (2) sowie den Merkmalen (3) (a), (b) und (c) des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch macht.
Sie stellt jedoch eine Verwirklichung der Merkmale (3) (d) und (4) in Abrede, weil es sich bei der Klebstoffschicht der angegriffenen Ausführungsform nicht um eine Füllung aus Spachtelmasse handele, in die die Dämmplatte derart eingedrückt werden könne, dass sie mit dem Rahmenschenkel fluchtet, wenn die Spachtelmasse erhärtet ist. Dies geschieht nur zum Teil, und zwar hinsichtlich des Merkmals (4), zu Recht, während eine Verwirklichung des Merkmals (3) (d) entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung festzustellen ist.
Ausgehend von der Kritik am Stand der Technik, dass die aus fertigungstechnischen Gründen notwendigen Toleranzen bei dem Zusammenfügen von Dämmplatte (3) und Deckelrahmen (5) es erfordern, einen (nachträglichen) Höhenausgleich durch Spachtelmasse vorzunehmen, nachdem die Revisionsabdeckung eingebaut wurde, verfolgt die technische Lehre des Klagepatents den grundlegend anderen Ansatz, dass die Höhenanpassung bereits im Zuge der Fertigung der Deckelplatte (so wird der Revisionsdeckel in der Beschreibung, Anlage K1, Spalte 1 Zeile 52, bezeichnet) erfolgt. Die technische Lehre des Klagepatents geht nach der Darstellung in der Beschreibung (Anlage K1, Spalte 1 Zeilen 50-57) davon aus, dass schon im Zuge der Fertigung der Deckelplatte die aus fertigungstechnischen Gründen erforderlichen Toleranzen derart ausgeglichen werden können, dass ein Niveauausgleich zwischen Dämmplatte und Deckelrahmen bzw. seinem Rahmenschenkel durch Auftragen von Spachtelmasse nicht länger erforderlich ist. Als klagepatentgemäßes Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist deshalb vorgesehen, dass der Deckelrahmen eine Füllung aus Spachtelmasse aufweist (Merkmal (3) (d)) und dass die Dämmplatte (gegebenenfalls zusammen mit der im Klagepatent nur optional vorgesehenen Stahlplatte) derart in die Spachtelmasse eingedrückt wird, dass die Dämmplatte nach dem Erhärten der Spachtelmasse mit dem umlaufenden Rahmenschenkel fluchtet (Merkmal (4); Anlage K1, Spalte 1 Zeilen 43-50).
Diese Maßnahmen ermöglichen es, bei der erfindungsgemäßen Revisionsabdeckung auf eine Spachtelschicht auf der Dämmplatte von vornherein weitgehend zu verzichten, so dass auch das nachteilige schüsselartige Ausbeulen nicht länger auftritt und die patentgemäße Revisionsabdeckung sowohl in ästhetischer Hinsicht befriedigt als auch in funktionstechnischer Hinsicht optimiert ist (vgl. Anlage K1, Spalte 1 Zeile 57 bis Spalte 2 Zeile 6). Wie die Beschreibung weiter ausführt (Anlage K1, Spalte 2 Zeilen 6-14), ist tatsächlich allenfalls noch ein geringfügiges Nachspachteln des Revisionsdeckels nach dem Einbau der Revisionsabdeckung in eine Wand oder Decke erforderlich, um eine Anpassung an die Wand- bzw. Deckenfläche herbeizuführen. Die hierfür erforderliche Spachtelschicht ist jedoch äußerst dünn, so dass auch ihr Feuchtigkeitsgehalt minimal ist und folglich nicht stört. Im Ergebnis ermöglicht es die Lehre des Klagepatents somit, den sichtbaren Teil der Dämmplatte anders als im Stand der Technik überhaupt nicht mehr oder allenfalls in geringem Maße mit Spachtelmasse versehen zu müssen, um sein Niveau an dasjenige der umgebenden Wand oder Deckenfläche vollständig anzupassen.
Als Vorteil von besonderer Bedeutung hebt es die Klagepatentschrift hervor (vgl. Anlage K1, Spalte 2 Zeilen 14-21), dass für die Befestigung der Dämmplatte (und gegebenenfalls der Stahlplatte) in dem Deckelrahmen Schraubverbindungen nicht länger erforderlich seien, weil die Spachtelmasse eine Haftbrücke zwischen dem Deckelrahmen einerseits und der Dämmplatte (nebst gegebenenfalls zwischengelagerter Stahlplatte) andererseits bilde. Soweit sich die Beschreibung näher mit der Spachtelmasse befasst (Anlage K1, Spalte 2 Zeilen 25-35), hebt sie die nahezu homogene Haftverbindung hervor, die die Spachtelmasse mit dem Gips einer Dämmplatte aus Gipskarton (Unteranspruch 2) eingehen könne. Die Spachtelmasse könne nämlich nicht nur auf der Basis von feingemahlenem Zement, sondern auch auf Basis von Gips und Zement aufgebaut sein und z.B. Quarzsand oder Quarzmehl als Zuschlagstoffe oder Füller, gegebenenfalls unter Beigabe üblicher Zusatzmittel wie Kunstharze, enthalten, um jene elastischen Eigenschaften einzustellen, die für eine einwandfreie Haftbrücke zwischen Deckelrahmen und Gipskartonplatte sorgen.
Diesen Ausführungen in der Beschreibung des Klagepatents, die bei der gebotenen Auslegung der Patentansprüche neben den Zeichnungen heranzuziehen sind (Art. 69 Abs. 1 EPÜ, Auslegungsprotokoll zu Art. 69 EPÜ), kann zunächst zweierlei entnommen werden:
Zum einen setzt das in Merkmal (4) bezeichnete Ziel, in dem Revisionsdeckel der geschützten Revisionsabdeckung eine Dämmplatte derart in den Deckelrahmen einsetzen zu können, dass jene mit diesem bzw. mit dem Rahmenschenkel „fluchtet“, nicht voraus, dass ein Nachspachteln gänzlich entbehrlich wird. Das Klagepatent begnügt sich insofern ausdrücklich damit, dass ein großflächiges Nachspachteln (quasi ein Auffüllen des Deckelrahmens mit Spachtelmasse, Anlage K1, Spalte 1 Zeile 22f.) mit den aus dem Stand der Technik bekannten Nachteilen nicht mehr erforderlich ist, sondern allenfalls ein „geringfügiges“ (Anlage K1, Spalte 2 Zeile 7). Der durch die Anordnung der Spachtelmasse unter statt auf der Dämmplatte mögliche Niveauausgleich muss folglich nicht perfekt sein, vielmehr wird ein nur geringfügiges Nachspachteln, das – anders als ein großflächiges – nicht die Gefahr mit sich bringt, dass die Dämmplatte unter Schüsselbildung ausbeult, klagepatentgemäß geduldet, ohne aus einem „Fluchten“ im Sinne des Merkmals (4) herauszuführen.
Zum anderen kann die Funktion der Spachtelmasse, die im Rahmen des Merkmals (3) (d) als Füllung aus Spachtelmasse primär dazu dient, die Dämmplatte im Deckelrahmen zu halten, indem sie eine Haftbrücke bildet (vgl. Anlage K1, Spalte 2 Zeilen 18-21), bei Berücksichtigung des Merkmals (4) nicht auf diese bloße Haltefunktion beschränkt werden. Merkmal (4) setzt darüber hinausgehend voraus, dass die Spachtelmasse bei der geschützten Vorrichtung ein derartiges Eindrücken – oder angesichts des auf die fertige Vorrichtung abstellenden Anspruchs 1 besser: ein derartiges „Eingedrücktsein“ – der Dämmplatte in die Spachtelmasse ermöglicht, dass die Dämmplatte mit dem Rahmenschenkel in dem oben dargelegten Sinne fluchtet. Die Klägerin hat auf Seite 2 ihrer Replik selbst erkannt, dass die Klebeschicht eine gewisse Dicke aufweisen muss, hält jedoch die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Dicke der erhärteten Klebeschicht für ausreichend, um auch Merkmal (4) zu verwirklichen.
Dem vermag die Kammer nicht zu folgen. Zwar verwirklicht die angegriffene Ausführungsform entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht Merkmal (3) (d), wonach der Deckelrahmen eine Füllung aus Spachtelmasse aufweisen muss, die nach ihrem Erhärten eine Haftbrücke zwischen Deckelrahmen und Dämmplatte herstellt. Denn es ist – auch angesichts des Musters gemäß Anlagen K8, K8a und K8b – nicht ersichtlich, dass die bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verwendete Klebemasse nicht in der Lage wäre, als Haftbrücke zu dienen, etwa weil sie eine derart dünne Viskosität aufweisen würde, dass sie bereits durch das Gewicht der Dämmplatte aus dem Deckelrahmen herausgedrückt wird. Die Klebemasse der angegriffenen Ausführungsform verbindet vielmehr die Dämmplatte sicher mit dem Deckelrahmen und stellt aus diesem Grund eine Füllung aus Spachtelmasse im Sinne des Merkmals (3) (d) dar.
Die Klägerin hat jedoch – ungeachtet der Tatsache, dass die Dämmplatte der angegriffenen Revisionsabdeckung mit den Rahmenschenkeln fluchtet – nicht schlüssig vorgetragen, dass die Dämmplatte bei der angegriffenen Ausführungsform derart in die noch flüssige Klebstoffmasse als Spachtelmasse eingedrückt (worden) ist, dass nach deren Erhärten die Dämmplatte mit dem Rahmenschenkel fluchtet. Anknüpfend an den Wortlaut des Merkmals (4), wonach die Dämmplatte (3) in die Spachtelmasse (8) derart eingedrückt sein muss, dass sie mit dem Rahmenschenkel (7) des Deckelrahmens (5) fluchtet, wenn die Spachtelmasse erhärtet ist, ist von der patentgemäßen Spachtelmasse über die Haltefunktion hinaus zu fordern, dass sie zumindest in einem gewissen Maß ein Eindrücken der Dämmplatte in die Spachtelmasse ermöglicht. Zu klären bleibt, wo nach dem Verständnis des Klagepatents die Grenze zwischen einem schlichten Einkleben ohne ein patentgemäßes Eindrücken und dem von Merkmal (4) vorausgesetzten Eindrücken (bzw. dem Eingedrücktsein bei der geschützten Vorrichtung) zu ziehen ist. Das Maß des patentgemäß mindestens zu fordernden Eingedrücktseins muss unter Berücksichtigung dessen bestimmt werden, was durch die Maßnahme des Eindrückens erreicht werden soll, nämlich ein (weitgehendes) Fluchten, verstanden als ein zumindest annähernd gleiches Niveau von Dämmplatte einer- und Rahmenschenkel andererseits, welches nach dem Einbau der Revisionsabdeckung allenfalls ein geringfügiges Nachspachteln erforderlich macht, das nicht mit der Gefahr eines Ausbeulens einhergeht. Dass ein lediglich minimales Eindrücken der Dämmplatte in die Spachtelmasse hierfür nicht ausreichen kann, sondern die Spachtelmasse einen ausreichenden Einstellbereich zur Verfügung stellen muss, ergibt sich aus der Beschreibung in Spalte 1, Zeilen 50 bis 57. Danach macht sich die technische Lehre die Erkenntnis zunutze, dass schon im Zuge der Fertigung der Deckelplatte die aus fertigungstechnischen Gründen erforderlichen Toleranzen derart ausgeglichen werden können, dass ein nachträglicher Niveauausgleich (weitgehend, vgl. Spalte 2 Zeilen 6-11) entbehrlich wird. Einen solchen Toleranzausgleich bereits bei der Fertigung kann jedoch nur eine solche Spachtelmasse gewährleisten, die einen ausreichenden „Einstellbereich“ für die Dämmplatte in Relation zum Rahmenschenkel zur Verfügung stellt. Grundsätzlich denkbar wäre es, eine nennenswerte Verringerung des unerwünschten Niveauunterschiedes aus einem Vergleich zwischen den sich ergebenden Niveauunterschieden bei einer ohne jegliches Eindrücken allein in die Spachtelmasse hineingelegten Dämmplatte einerseits und einem maximalen Eindrücken der Dämmplatte in die Spachtelmasse andererseits abzuleiten. Dies liefe auf die Frage hinaus, ob es bei der Fertigung des Revisionsdeckels zu einem „aktiven Toleranzausgleich“ gekommen ist. Diesem Ansatz steht allerdings bereits entgegen, dass es sich bei Anspruch 1 des Klagepatents nicht um einen Verfahrens-, sondern um einen Vorrichtungsanspruch handelt, so dass es bereits an einem Anknüpfungspunkt für eine derartige zeitliche Dimension fehlt. Ausgangspunkt muss vielmehr die (von Anspruch 1 allein geschützte) fertiggestellte Vorrichtung sein.
Gleichwohl ist, wenn man Merkmal (4) in der gebotenen Weise ernst nimmt, ein Mindestmaß an Eindrückbarkeit der Dämmplatte in die noch nicht erhärtete Spachtel- bzw. Klebstoffmasse zu fordern. Dieses Mindestmaß steht in Wechselwirkung mit der Frage, welche Anforderungen an das Ziel der Eindrückbarkeit, das patentgemäße „Fluchten“, gestellt werden. Würde man – was wie ausgeführt nicht gerechtfertigt ist – eine vollständige Niveaugleichheit, also ein perfektes Fluchten, verlangen, müsste der Verstellbereich in Gestalt einer möglichen Eindrücktiefe der Dämmplatte in die Spachtelmasse so groß sein, dass jegliche Fertigungstoleranz, die bei Herstellung der zum Revisionsdeckel zu verbindenden Einzelteile, der Dämmplatte und des Deckelrahmens, unerlässlich ist, vollständig überwunden wird. Die erforderliche Eindrücktiefe in die noch nicht erhärtete Masse entspräche dann dem ohne Ausgleich maximal zu gewärtigenden Höhenunterschied, der sich aus den unvermeidbaren Fertigungstoleranzen ergibt, deren Größe die Klagepatentschrift freilich nicht mitteilt. Gegen die Praktikabilität dieses Ansatzes bestehen allerdings insofern Bedenken, als ein patentgemäßes „Fluchten“ ohnehin keine perfekte Niveaugleichheit erfordert, weshalb die maximal auszugleichende Toleranz auch nicht mit der mindestens erforderlichen Eindrücktiefe gleichgesetzt werden kann.
Vor dem Hintergrund der Funktion der Spachtelmasse nach der technischen Lehre des Klagepatents, den erwünschten Niveauausgleich weitestgehend bereits bei dem Zusammenfügen von Dämmplatte und Deckelrahmen zuzulassen, ist es jedoch auch nicht gerechtfertigt, bereits jedes minimale Eingedrücktsein der Dämmplatte in die Füllung aus Spachtelmasse ausreichen zu lassen. Erforderlich ist zumindest ein solches Eingedrücktsein der Dämmplatte in die Spachtel- bzw. Klebemasse, dass das Eindrücken für die Entbehrlichkeit eines nachträglichen großflächigen Spachtelauftrags erkennbar kausal geworden ist. An der fertigen Revisionsabdeckung, die vor dem Hintergrund des Vorrichtungsanspruchs 1 für die Beurteilung des Benutzungstatbestandes maßgeblich sein muss, ist dies dadurch festzustellen, dass man sich die Klebstoffschicht (freilich unter hypothetischer Beibehaltung ihrer Haltefunktion) hinwegdenkt und die Frage beantwortet, ob ohne jeglichen Höhenausgleich vermittels der Klebstoffschicht ein nachträgliches großflächiges Nachspachteln der Dämmplatte erforderlich wäre. Die von der Lehre des Klagepatents verfolgte, durch Merkmal (4) zu erreichende nennenswerte Verringerung des auch nach Eindrücken der Dämmplatte und Erhärten der Spachtelmasse verbleibenden Niveauunterschieds zwischen Dämmplatte und Deckelrahmen muss – mit anderen Worten – gewährleisten, dass die Problematik eines unerwünschten großflächigen Nachspachtelns mit der Gefahr der „Schüsselbildung“ wenn nicht vermieden, so doch verringert wird.
Dass dies bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist, hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan. Denkt man sich die Klebstoffschicht (bei gedanklich weiterhin in dem Deckelrahmen haftender Dämmplatte) hinweg, so wäre ein Nachspachteln der Gipskartonplatte weiterhin entbehrlich. Mit der bei der angegriffenen Ausführungsform feststellbaren Menge an Klebstoff zwischen Dämmplatte und Deckelrahmen konnte sich bei dem Einfügen der Dämmplatte in den Deckelrahmen allenfalls eine so minimale Differenz im Höhenniveau zwischen Dämmplatte und Rahmenschenkel ergeben, dass diese Differenz für die Zielerreichung, ein Nachspachteln entbehrlich zu machen, nicht von Bedeutung ist.
Selbst dann, wenn man die Dicke der Klebstoffschicht vollständig ignorieren würde, wäre auf der Grundlage des eigenen Vortrags der Klägerin nicht erkennbar, dass ein Nachspachteln der Dämmplatte in diesem Fall erforderlich gewesen wäre, um ihr Höhenniveau an dasjenige des Deckelrahmens anzupassen. Die Klägerin hat im Termin zum mündlichen Verhandlung vom 11. September 2008 selbst vortragen lassen, dass die nach dem Stand der Technik verbleibende Höhendifferenz zwischen Dämmplatte und Rahmenschenkel, die das Klagepatent im Hinblick auf ein Nachspachteln unter Schüssel- und Beulenbildung als problematisch ansieht, mindestens zwei, eher jedoch drei bis fünf Millimeter betragen habe, weshalb man die wesentlich geringere Höhendifferenz bei der im Parallelverfahren 4a O 176/07 angegriffenen Ausführungsform noch als „Fluchten“ im Sinne des Klagepatents bezeichnen könne. Führt man sich diese nach dem Stand der Technik verbleibenden Höhendifferenzen vor Augen und vergleicht sie mit der in Anlage, K8, K8a und K8b erkennbaren Klebstoffmenge, wird deutlich, dass die äußerst geringe Klebstoffschicht für die Entbehrlichkeit eines Nachspachtelns bei der angegriffenen Ausführungsform nicht mitursächlich geworden sein kann. Dass es eines Nachspachtelns bei der angegriffenen Ausführungsform nicht bedarf, beruht jedenfalls nicht auf einem gewissen Maß an Eindrücktiefe der Dämmplatte in die Klebstoffmasse, sondern allenfalls auf der Wahl einer so hochwertigen Dämmplatte, dass sie in ihrer Stärke weitgehend an die Höhe des Rahmenschenkels angepasst ist. Die Klägerin hat daher nicht dargetan, die Klebstoffschicht der angegriffenen Ausführungsform sei mit einer solchen Stärke aufgetragen worden, dass ein Eindrücken in dem von Merkmal (4) verlangten Maße möglich gewesen wäre.
Auf dieser Grundlage kann eine Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents im Hinblick auf Merkmal (4) nicht festgestellt werden.
III.
Mangels feststellbarer Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform ist die Frage seines Rechtsbestandes für die vorliegende Entscheidung nicht vorgreiflich. Eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO im Hinblick auf die anhängige Nichtigkeitsklage kommt daher nicht in Betracht.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz); 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 300.000,- € festgesetzt.