4b O 205/07 – Fremdteilausscheider

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 978

Landgericht Düsseldorf
Teilurteil vom 9. Oktober 2008, Az. 4b O 205/07

Rechtsmittelinstanz: 2 U 118/08

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Rechnung zu legen und Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie vom 1. Juli 2006 bis zum 2. Februar 2008 in der Bundesrepublik Deutschland

1. Vorrichtungen zum Erfassen von andersfarbigen Fasern, Folien oder Geweben in Faseröffnungslinien hergestellt hat, die dadurch gekennzeichnet sind, dass gegenüber der Oberfläche einer Öffnungswalze Farbsensoren über die Arbeitsbreite der Walze angebracht sind, wobei der Faserstrom ganz oder teilweise aus der normalen Faseröffnungslinie ausgeschleust wird, wenn die Sensoren und die Auswerteelektronik eine deutliche Farbabweichung im geöffneten Material gegenüber der Normalfaser feststellen,

2. Vorrichtungen hergestellt und ausgeliefert hat, die zur Anwendung eines Verfahrens zum selektiven Ausschleusen von Fremdteilen an einer Öffnungswalze oder Abnahmewalze einer Textilmaschine geeignet sind, wobei vor einem Ausscheidemesser oder einer Kante ein kurzzeitiger Luftstau erzeugt wird, der die Fremdteile von der Walze abhebt und so verhindert, dass sie zwischen Messer und Walze passieren können und dadurch in einen Abfallbehälter gelangen oder abgesaugt werden,

3. Luftleitelemente an einer Walze zum Ausscheiden von Fremdteilen aus Textilfasern mittels sektionaler Luftströme hergestellt oder gebraucht hat, die dadurch gekennzeichnet sind, dass das Aushebeelement im Bereich der Ausschleuseöffnung einen von der Walzenoberfläche weg weisenden Verlauf aufweist,

und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung der Belege, insbesondere unter Angabe der Herstellungs- und Auslieferungsmengen und -zeiten, wobei sich der Begriff „Auslieferung“ auf den Zeitpunkt bezieht, zu dem die betreffenden Gegenstände das Werk der Beklagten verlassen.

Im übrigen wird die Klage gemäß Klageantrag zu Ziffer II.1. abgewiesen.

Im Hinblick auf die Feststellungsklageanträge zu Ziffer I. und Ziffer III. wird die Klage abgewiesen.

Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich des zuerkannten Anspruchs auf Rechnungslegung und Auskunftserteilung vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000 EUR.

Die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Übrigen bleiben dem Schlussurteil vorbehalten.

Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die Beklagte einerseits sowie der Kläger und die A GmbH andererseits schlossen im April 1998 einen als „Vereinbarung“ überschriebenen Vertrag (Anlage K 1) ab. In dieser Vereinbarung gewährte der Kläger der Beklagten ausschließliche, nicht übertragbare Lizenzen an mehreren Schutzrechten, unter anderem an folgenden deutschen Patenten und Patentanmeldungen:

– DE 194 18 xxx A1 (Fremdfaserdetektion an einer Öffnungsmaschine, Anlage K 2, Lizenzanmeldung 1);
– DE 195 43 xxx B4 (Verfahren zum selektiven Ausschleusen von Fremdteilen an einer Öffnungs- oder Abnahmewalze einer Textilmaschine, Anlage K 4, Lizenzpatent 2);
– DE 196 45 xxx (Verfahren zum selektiven Ausblasen von Fremdfasern an einer Öffnungs- oder Abnahmewalze einer Textilmaschine, Anlage K 6, Lizenzanmeldung 3);
– DE 198 53 xxx (Aushebeblech, Anlage K 10, Lizenzpatent 5).

Lizenzanmeldung 1 (Anlage K 2) betrifft eine Fremdfaserdetektion an einer Öffnungsmaschine. Anspruch 1 der Lizenzanmeldung 1 lautet:

„Vorrichtung zum Erfassen von andersfarbigen Fasern, Folien oder Geweben in Faseröffnungslinien, dadurch gekennzeichnet, dass gegenüber der Oberfläche einer Öffnungswalze Farbsensoren über die Arbeitsbreite der Walze angebracht sind. Stellen die Sensoren und die Auswerteelektronik eine deutliche Farbabweichung im geöffneten Material gegenüber der Normalfaser fest, wird der Faserstrom ganz oder teilweise aus der normalen Faseröffnungslinie ausgeschleust.“

Lizenzpatent 2 (Anlage K 4) betrifft ein Verfahren zum selektiven Ausschleusen von Fremdteilen an einer Öffnungswalze oder Abnahmewalze einer Textilmaschine. Anspruch 1 des Lizenzpatents 2 lautet:

„Verfahren zum selektiven Ausschleusen von Fremdteilen an einer Öffnungswalze oder Abnahmewalze einer Textilmaschine, dadurch gekennzeichnet, dass vor einem Ausscheidemesser oder einer Kante ein kurzzeitiger Luftstau erzeugt wird, der die Fremdteile von der Walze abhebt und so verhindert, dass sie zwischen Messer und Walze passieren können und dadurch in einen Abfallbehälter gelangen oder abgesaugt werden.“

Lizenzanmeldung 3 (Anlage K 6) betrifft ein Verfahren zum selektiven Ausblasen von Fremdfasern an einer Öffnung oder Abnahmewalze einer Textilmaschine. Anspruch 1 der Lizenzanmeldung 3 lautet:

„Verfahren zum selektiven Ausblasen von Fremdfasern an einer Öffnungswalze oder Abnahmewalze einer Textilmaschine, dadurch gekennzeichnet, dass an einer Stelle, an der die Walze nicht von einem Luftleitschirm umgeben ist, kurzzeitig ein Luftstrom erzeugt wird, der die Fremdteile von der Walzenoberfläche ablöst und abfördert.“

Lizenzpatent 5 (Anlage K 10) betrifft ein Aushebeblech. Anspruch 1 des Lizenzpatents 5 lautet:

„Luftleitelement an einer Walze zum Ausscheiden von Fremdteilen aus Textilfasern mittels sektionaler Luftströme, dadurch gekennzeichnet, dass das Aushebeelement im Bereich der Ausschleuseöffnung (E) einen von der Walzenoberfläche weg weisenden Verlauf aufweist.“

In Ziffern 3. und 4. des Lizenzvertrages (Anlage K 1) heißt es unter anderem:

„3. Vertragsdauer
Der Vertrag tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Er endet spätestens mit Erlöschen des letzten Vertragsschutzrechts. Bezahlte Lizenzgebühren können nicht zurückgefordert werden. […]

4. Haftung
Folgende Patente sind als Stand der Technik bekannt und sind nicht Gegenstand der Lizenz:
[…] EP-OS 606 626, Zellweger-Uster

Eine Gewähr für die Rechtswirksamkeit und Rechtsbeständigkeit der Vertragsschutzrechte sowie die Freiheit von Mängeln wird nicht übernommen. Keine Haftung für wirtschaftliche Verwertbarkeit und Funktionsfähigkeit.
Der Lizenzgeber übernimmt die Aufrechterhaltung der Vertragsschutzrechte.“

Mit Zusatzvereinbarung vom 5. und 20.04.2004 (Anlage K 12) vereinbarten die Parteien abweichende Stücklizenzgebühren der Beklagten an den Kläger.

Der Kläger zahlte die Jahresgebühr für die Lizenzanmeldung 3 nicht; diese gilt seit 2005 als zurückgenommen. Hiervon erfuhr die Beklagte im Januar 2007. Mit Schreiben vom 15.01.2007 (Anlage K 13) machte sie den Kläger hierauf aufmerksam, woraufhin der Kläger am 17.01.2007 einen Gesprächstermin mit der Beklagten vereinbarte, welcher wiederum am 25.01.2007 stattfand. In dem Gespräch forderte der Kläger die Beklagte trotz des Verfalls der Lizenzanmeldung 3 zur Zahlung von Lizenzgebühren innerhalb von 14 Tagen auf. Die Beklagte erklärte sodann mit Anwaltsschreiben vom 2. Februar 2007 (Anlage K 14) unter Beifügung schriftlicher Vollmachtserklärung gegenüber dem Kläger und der Fa. A GmbH die außerordentliche Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung, weiter hilfsweise die ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Zur Begründung der außerordentlichen Kündigung verwies die Beklagte darauf, der Kläger habe pflichtwidrig gehandelt, als er die Lizenzanmeldung 3 verfallen ließ, indem er die Jahresgebühr nicht zahlte. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger und der Fa. A GmbH am 2. Februar 2007 per Telefax zu.

Die Beklagte stellt her und vertreibt einen Fremdteilausscheider vom Typ „B“ sowie einen weiteren Fremdteilausscheider vom Typ „C“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen). Der Fremdteilausscheider vom Typ „B“ kann bei der Verarbeitung von Baumwolle eingesetzt werden und dient dazu, Fremdfasern in den Baumwollfasern zu erkennen und auszuscheiden. Der Fremdteilausscheider „C“ weist zwei Module auf: in einem ersten Modul, das einem Fremdteilausscheider vom Typ „B“ entspricht, werden Fremdfasern ausgeschieden; daran angeschlossen ist ein zweites Modul, in dem Polypropylen- und Polyethylenteile in der Baumwolle erkannt und ausgeschieden werden können.

In ihrer Klageerwiderung vom 08.02.2008 erteilte die Beklagte – zu Auskunftszwecken im Hinblick auf den ursprünglichen, nunmehr übereinstimmend erledigt erklärten Klageantrag Ziffer II. 1. c) – die Auskunft (Bl. 40 GA), sie habe weder in der Zeit vom 01.07.2006 bis zum 31.12.2006 noch danach zur Anwendung eines Verfahrens zum besseren Betrachten von Fremdteilen in Faserflocken an einer garnierten Walze Vorrichtungen hergestellt, bei denen die Strecke zwischen betrachtetem Walzenabschnitt und Betrachtungssensorik einen Winkel zur Tangente am Betrachtungsumfang der Walze bildet oder gebildet hat, der mit einem die Garnierung bestimmenden Winkel korrespondiert.

Im Schriftsatz vom 09.07.2008 erteilte die Beklagte ferner die Auskünfte – nunmehr im Hinblick auf Klageantrag Ziffer II. 1. a) und II. 1. b) –, sie habe im streitgegenständlichen Zeitraum keine Vorrichtungen zum Erfassen von andersfarbigen Fasern, Folien oder Geweben in Faseröffnungslinien hergestellt, die dadurch gekennzeichnet sind, dass gegenüber der Oberfläche eine Öffnungswalze Farbesensoren über die Arbeitsbreite der Walze angebracht sind, wobei der Faserstrom ganz oder teilweise aus der normalen Faseröffnungslinie ausgeschleust wird, wenn die Sensoren und die Auswerteelektronik eine deutliche Farbabweichung im geöffneten Material gegenüber der Normalfaser feststellen (zu Klageantrag Ziffer II. 1. a), vgl. Bl. 85 GA), und habe auch keine Vorrichtungen hergestellt und/oder ausgeliefert, die zur Anwendung eines Verfahrens zum selektiven Ausschleusen von Fremdteilen an einer Öffnungswalze oder Abnahmewalze einer Textilmaschine geeignet sind, wobei vor einem Ausscheidemesser oder einer Kante ein kurzzeitiger Luftstau erzeugt wird, der die Fremdteile von der Walze abhebt und so verhindert, dass sie zwischen Messer und Walze passieren können und dadurch in einen Abfallbehälter gelangen oder abgesaugt werden (zu Klageantrag Ziffer II. 1. b), vgl. Bl. 88 GA).

Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigung durch die Beklagte sei unberechtigt. Indem er die Lizenzanmeldung 3 verfallen ließ, habe er nur auf die Aufrechterhaltung einer nicht Erfolg versprechenden Anmeldung verzichtet. Die Lizenzanmeldung 3 sei durch das Lizenzpatent 2 vollständig vorweggenommen. Ein Patent wäre auf die Lizenzanmeldung 3 ohnehin nicht erteilt worden. Die Lizenzanmeldung 3 sei für die Beklagte ohne Bedeutung gewesen, deswegen habe sie auch keine Auslandsanmeldung gewünscht. Überdies habe er, der Kläger, die Lizenzanmeldung 3 lediglich versehentlich verfallen lassen. Hinsichtlich der hilfsweisen ordentlichen Kündigung meint der Kläger, diese sei ausgeschlossen, weil der Vertrag auf bestimmte Zeit abgeschlossen worden sei.

Den geltend gemachten Anspruch auf Rechnungslegung stützt der Kläger auf Ziffer 9 des Lizenzvertrages, wonach die Beklagte als Lizenznehmer spätestens bis Ende Januar 2007 über die Höhe der Lizenzgebühren hätte Rechnung legen und die Lizenzgebühren hätte zahlen müssen.

Der Kläger behauptet, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der technischen Lehre der Lizenzschutzrechte 1, 2 und 5 Gebrauch. Sie verletzten diese Schutzrechte wortsinngemäß, jedenfalls aber äquivalent. Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen alle Merkmale des Lizenzpatents 1 auf. Dass sie auch Lizenzpatent 2 und 5 verletzten, ergebe sich ohne weiteres aus der von der Beklagten erstellten Beschreibung der angegriffenen Ausführungsformen.

Der Kläger beantragt, nachdem die Parteien den Rechtsstreit teilweise, nämlich hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrages II. 1. c), übereinstimmend für erledigt erklärt haben,

I. festzustellen, dass der Lizenzvertrag zwischen den Parteien vom April 1998 in der Fassung der Zusatzvereinbarung vom 5./20. April 2004 nicht durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 2. Februar 2007 beendet wurde und nach wie vor in Kraft ist.

II. die Beklagte zu verurteilen,

1. dem Kläger Rechnung zu legen und Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Juni 2008 in der Bundesrepublik Deutschland

a) Vorrichtungen zum Erfassen von andersfarbigen Fasern, Folien oder Geweben in Faseröffnungslinien hergestellt hat, die dadurch gekennzeichnet sind, dass gegenüber der Oberfläche einer Öffnungswalze Farbsensoren über die Arbeitsbreite der Walze angebracht sind, wobei der Faserstrom ganz oder teilweise aus der normalen Faseröffnungslinie ausgeschleust wird, wenn die Sensoren und die Auswerteelektronik eine deutliche Farbabweichung im geöffneten Material gegenüber der Normalfaser feststellen,

b) Vorrichtungen hergestellt und ausgeliefert hat, die zur Anwendung eines Verfahrens zum selektiven Ausschleusen von Fremdteilen an einer Öffnungswalze oder Abnahmewalze einer Textilmaschine geeignet sind, wobei vor einem Ausscheidemesser oder einer Kante ein kurzzeitiger Luftstau erzeugt wird, der die Fremdteile von der Walze abhebt und so verhindert, dass sie zwischen Messer und Walze passieren können und dadurch in einen Abfallbehälter gelangen oder abgesaugt werden,

c) Luftleitelemente an einer Walze zum Ausscheiden von Fremdteilen aus Textilfasern mittels sektionaler Luftströme hergestellt oder gebraucht hat, die dadurch gekennzeichnet sind, dass das Aushebeelement im Bereich der Ausschleuseöffnung einen von der Walzenoberfläche weg weisenden Verlauf aufweist,

und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung der Belege, insbesondere unter Angabe der Herstellungs- und Auslieferungsmengen und -zeiten, wobei sich der Begriff „Auslieferung“ auf den Zeitpunkt bezieht, zu dem die betreffenden Gegenstände das Werk der Beklagten verlassen;

hilfsweise zu II.1.: die Beklagte zu verurteilen, die Auskünfte und Rechnungslegung gemäß den Klageanträgen zu Ziffer II.1. dem Kläger und der Fa. A GmbH für die Zeit seit dem 01.07.2006 zu erteilen

2. erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben gemäß Ziffer II.1. an Eides statt zu versichern,

3. an den Kläger Lizenzgebühren nebst Zinsen in einer nach Erteilung der Auskunft zu bestimmenden Gesamthöhe zu bezahlen.

III. festzustellen, dass die Maschinen der Typbezeichnung „B“ der Beklagten gemäß Anlage K 17 und „C“ gemäß Anlage K 19 Vorrichtungen gemäß Ziffer II.1. sind.

hilfsweise: festzustellen, dass der Vertrieb der Maschinen der Typbezeichnung „B“ der Beklagten gemäß Anlage K 17 und „C“ gemäß Anlage K 19 eine Lizenzpflicht nach Ziffer 6. des zwischen Parteien im April 1998 geschlossenen, als „Vereinbarung“ überschriebenen Lizenzvertrages gemäß Anlage K 1 auslöst.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, ihre außerordentliche Kündigung sei berechtigt gewesen. Der Kläger hätte die Lizenzanmeldung nicht verfallen lassen dürfen. Die Lizenzanmeldung 3 sei deshalb nicht durch das Lizenzpatent 2 vorweggenommen worden, weil das Lizenzpatent 2 als ältere nachveröffentlichte Patentanmeldung in Bezug auf die jüngere Lizenzanmeldung 3 nur bei der Beurteilung der Neuheit in Betracht gezogen werden könne gemäß § 4 Satz 2 PatG. Der Gegenstand der Lizenzanmeldung 3 (Anlage K 6) weiche jedoch in wenigstens einem Merkmal von demjenigen des Lizenzpatents 2 (Anlage K 4) ab, so dass dieses keine vollständige neuheitsschädliche Vorwegnahme enthalte. Das Lizenzpatent 2 (Anlage K 4) lehre ein Verfahren zum selektiven Ausschleusen von Fremdkörpern. Die Lizenzanmeldung 3 (Anlage K 6) lehre dagegen ein Verfahren zum selektiven Ausblasen von Fremdkörpern. Neu sei an der Lehre der Lizenzanmeldung 3, dass hiernach im Gegensatz zur technischen Lehre des Lizenzpatents 2 keine mechanischen Mittel notwendig sind, sondern allein ein Luftstrom (im Gegensatz zu einem vor einem mechanischen Mittel gebildeten Luftstau) eingesetzt wird. Überdies sei der Kläger verpflichtet gewesen, mit der Beklagten zu erörtern, ob die Lizenzanmeldung 3 fallengelassen werden sollte; er habe nicht das Recht gehabt, dies ohne Rücksprache mit der Beklagten zu tun.

Ferner meint die Beklagte, sie sei schon deshalb nicht zur Rechnungslegung verpflichtet, weil der Kläger Rechnungslegung über Benutzungshandlungen verlange, die alleine die Benutzung der EP-OS 606 626 (Anlage B 2a) beträfen. Die Benutzung dieses Verfahrens sei aber gemäß Ziffer 2. des Lizenzvertrages (Anlage K 2) nicht Gegenstand der Lizenzierung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Soweit über die Klage zum jetzigen Zeitpunkt zu entscheiden ist, ist sie in Klageantrag zu Ziffer III. unzulässig, im übrigen nur teilweise begründet.

A.

Die Klage ist im Hinblick auf den Antrag auf Feststellung des Fortbestandes der Vereinbarung (Klageantrag I.) und die Auskunftsstufe der Leistungsklage (Klageantrag zu Ziffer II.1.) zulässig, im Hinblick auf den Feststellungsantrag zu Ziffer III. unzulässig.

I.

Die Klage ist im Feststellungsantrag zu Ziffer III. unzulässig. Der Kläger hat insofern nicht das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

Klageantrag Ziffer III. ist gerichtet auf die Feststellung, dass die angegriffenen Ausführungsformen jeweils „Vorrichtungen gemäß Ziffer II.1. (sc.: der Klageanträge)“ sind. Es fehlt am erforderlichen Feststellungsinteresse. Der Kläger macht insoweit geltend, es stehe zu befürchten, die Beklagte werde auf Klageantrag II. 1. hin die unzutreffende Auskunft erteilen, keine Maschinen hergestellt und ausgeliefert zu haben, die die entsprechenden Merkmale aufweisen. Dies ergebe sich aus der von der Beklagten vertretenen Auffassung, ihre Maschinen machten keinen Gebrauch vom DE 195 43 xxx (Anlage K 4, Lizenzpatent 2). Dieses klägerische Vorbringen lässt kein rechtliches Interesse erkennen, das zur Erhebung einer Feststellungsklage berechtigt.

Die vom Kläger begehrte Feststellung ist auf eine tatsächliche Vorfrage gerichtet. Die hiernach festzustellende Behauptung des Klägers, die angegriffenen Ausführungsformen verletzten die Patente DE 195 18 xxx (Anlage K 2, Lizenzpatent 1), DE 195 43 xxx (Anlage K 4, Lizenzpatent 2) und DE 198 53 xxx (Anlage K 10, Lizenzpatent 5), ist Voraussetzung des im Klageantrag zu Ziffer II. als Stufenklage geltend gemachten Anspruchs auf Auskunft, Rechnungslegung und Zahlung. Die Entscheidung über den Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Zahlungsanspruch beinhaltet eine Entscheidung darüber, ob die angegriffenen Ausführungsformen die Merkmale dieser Patente erfüllen. Vertragliche Ansprüche hat der Kläger nur, wenn die angegriffenen Ausführungsformen unter den Lizenzvertrag fallen und ihre Herstellung deswegen die Verpflichtung zur Rechnungslegung und Lizenzzahlung gemäß Ziffer. 9 des Vertrages auslöst. Dies wiederum setzt voraus, dass die angegriffenen Ausführungsformen sämtliche Merkmale dieser Patente erfüllen. Nur dann werden sie in Ausübung der Lizenz hergestellt und vertrieben. Einer gleichsam vorgreiflichen, vor der Entscheidung über die Leistungsansprüche zu treffenden Feststellung dazu, ob die Maschinen von der jeweiligen technischen Lehre der Lizenzschutzrechte Gebrauch machen, bedarf es demnach nicht.

Überdies fehlt dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse, weil er mit seinem Antrag erkennbar darauf abzielt, eine etwaige Durchsetzung einer sachlich zutreffenden Auskunft vorwegzunehmen. Der Kläger macht geltend, es stehe zu befürchten, dass die Beklagte eine sachlich unzutreffende Auskunft gibt, nämlich des Inhalts, dass sie keine Vorrichtungen gemäß Klageantrag II.1. herstellt und ausliefert. Auf die Richtigkeit einer Auskunft, die die Beklagte bereits erteilt hat oder noch nach einer etwaigen Verurteilung zu Auskunft und Rechnungslegung möglicherweise erteilt, kann der Kläger nur durch die Geltendmachung seines Anspruchs auf Versicherung an Eides statt auf zweiter Stufe der Klage hinwirken. Wenn der Kläger der Auffassung ist, die Auskunft der Beklagten sei unrichtig, müsste er mithin nach Erteilung der Auskunft den Antrag auf zweiter Stufe stellen mit dem Ziel, die Beklagte möge verpflichtet werden, die Richtigkeit ihrer Auskunft an Eides statt zu versichern.

Auch als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ist der Klageantrag zu Ziffer III. nicht zulässig. Dies würde voraussetzen, dass die Feststellung eines vorgreiflichen Rechtsverhältnisses beantragt ist. Ob die angegriffenen Ausführungsformen die Merkmale gemäß den Klageanträgen nach Ziffer II.1. erfüllen, ist eine reine Tatfrage und kann deshalb nicht Gegenstand eines Zwischenfeststellungsantrages sein (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 256 Rn. 22 und 6).

Dieselben Überlegungen gelten auch für die Unzulässigkeit des Hilfsantrags zu Ziffer III. Auch insoweit zielt der Kläger darauf, eine aus seiner Sicht zu befürchtenden inhaltlich unrichtige Auskunft der Beklagten von vornherein zu verhindern, weswegen er Feststellung einer vorgreiflichen Tatsache begehrt, dass nämlich die angegriffenen Ausführungsformen von der Lizenzvereinbarung erfasst seien. Dies ist aus den dargelegten Gründen mangels Feststellungsinteresse unzulässig.

II.

Der Feststellungsantrag zu Ziffer I. ist hingegen zulässig. Der Kläger hat insoweit das erforderliche Feststellungsinteresse. Er macht geltend, auch zukünftig Ansprüche aus dem Lizenzvertrag herleiten zu können, hinsichtlich dessen die Beklagte die ihrer Auffassung nach wirksame Kündigung erklärt hat. Der Fortbestand des Lizenzvertrages ist ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien im Sinne von § 256 ZPO. An seiner Feststellung hat der Kläger ein Interesse, um auch zukünftig Ansprüche auf den Vertrag stützen zu können.

Gegen die Zulässigkeit des Auskunfts- und Rechnungslegungsantrags gemäß Ziffer II.1., über den auf erster Stufe zu entscheiden ist, bestehen keine Bedenken.

B.

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie nur teilweise begründet.

I.

Der auf Feststellung des Fortbestandes des in der „Vereinbarung“ (Anlage K 1) enthaltenen Lizenzvertrages gerichtete Klageantrag zu Ziffer I. ist unbegründet. Die Beklagte war zur außerordentlichen Kündigung der Lizenzabrede berechtigt, nachdem der Kläger schuldhaft und einer für das gesamte Vertragsgefüge erheblichen Weise seine vertraglichen Pflichten verletzt hat.

1.

Dass der Kläger die Jahresgebühr für die vom Lizenzvertrag umfasste DE 196 45 xxx (Lizenzanmeldung 3) nicht zahlte, weswegen die Anmeldung seit dem 01.06.2005 als zurückgenommen gilt, stellt ein Verhalten des Klägers dar, welches die Beklagte grundsätzlich zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Die Nichtzahlung der Jahresgebühr für dieses lizenzierte Schutzrecht stellt einen Umstand dar, aufgrund dessen es der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden konnte, das Vertragsverhältnis fortzusetzen, § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dies ist unter Rückgriff auf die Wertung des § 723 BGB anzunehmen, wenn ein Vertragspartner wesentliche Verpflichtungen aus dem Vertrag vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt oder die Erfüllung wesentlicher Verpflichtungen unmöglich geworden ist (Benkard/Ullmann, PatG, 10. Aufl., § 15 Rn. 212). Namentlich das Versäumnis des Lizenzgebers, fällige Amtsgebühren zu zahlen kann, wenn das Schutzrecht deswegen entfällt, den Lizenznehmer zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grunde berechtigen (Bartenbach, Patentlizenz- und Know-how-Vertrag, 6. Aufl., Rn. 1380).

Das Verhalten des Klägers verletzt eine Hauptpflicht, die ihm aufgrund des Lizenzvertrags gegenüber der Beklagten obliegt. Es ist eine im Synallagma stehende Hauptpflicht des Klägers als Lizenzgeber, der Beklagten als Lizenznehmerin die Benutzung aller lizenzierten Schutzrechte zu ermöglichen. Diese Pflicht des Klägers wird durch die Lizenzzahlungen der Beklagten entgolten und steht mit diesen im Gegenseitigkeitsverhältnis. Der Kläger muss dafür Sorge tragen, dass das Schutzrecht nicht aufgrund seines Verhaltens wegfällt. Insbesondere muss er durch Einzahlung der fälligen Amtsgebühren verhindern, dass eines der lizenzierten Schutzrechte wegfällt. Gemäß der ausdrücklichen Regelung in Ziffer 4. des Lizenzvertrages trifft den Kläger die Pflicht, die Aufrechterhaltung der lizenzierten Schutzrechte zu gewährleisten, also auch die fälligen Amtsgebühren fristgerecht einzuzahlen. Es ist dem Vertrag nicht zu entnehmen und auch ansonsten nicht ersichtlich, dass der Kläger nur unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet war, die lizenzierten Schutzrechte aufrecht zu erhalten. Es stand daher nicht in seinem Belieben, mit den lizenzierten Rechten allein nach seiner eigenen freien Entscheidung umzugehen.

Dass der Kläger diese Hauptpflicht verletzt hat, führte insoweit zu einer teilweisen Unmöglichkeit der ihm obliegenden vertraglichen Pflichten. Es ist ihm, jedenfalls jetzt, nicht mehr möglich, ein Schutzrecht mit der Priorität zu schaffen und an die Beklagte zu lizenzieren, wie es die Lizenzanmeldung 3 war. Demnach war die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung des Lizenzvertrages berechtigt.

Unerheblich ist, ob der Kläger es womöglich immerhin nicht vorsätzlich unterließ, die Amtsgebühren einzuzahlen. Sein Verhalten wäre selbst dann als grob fahrlässig zu beurteilen. Er hätte es dann unterlassen, naheliegende Vorsichtsmaßnahmen, etwa in Gestalt einer Fristen- oder Wiedervorlagekontrolle, zu schaffen, die jedermann in der Situation des Klägers als naheliegend hätten einleuchten müssen (Palandt / Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 277 Rn. 5 m.w.N.). Auch grobe Fahrlässigkeit des Klägers berechtigt die Klägerin grundsätzlich zur außerordentlichen Kündigung des Lizenzvertrages.

2.

Die Lizenzanmeldung 3 war für die Beklagte auch nicht etwa technisch und wirtschaftlich bedeutungslos: Die angegriffenen Ausführungsformen, welche die Beklagte herstellt und vertreibt, machen von der technischen Lehre der Lizenzanmeldung 3 Gebrauch.

a.

Die Lizenzanmeldung 3 betrifft ein Verfahren zum selektiven Ausblasen von Fremdfasern an einer Öffnungs- oder Abnahmewalze einer Textilmaschine. Dieses Verfahren kommt nach dem vorbekannten Stand der Technik unter anderem zum Einsatz bei der Verarbeitung von Baumwolle. Dort stellt sich das technische Problem, dass die zu verarbeitende Baumwolle in großen Ballen angeliefert wird, so dass die Baumwolle vor der Verarbeitung „geöffnet“, nämlich in einen kontinuierlichen Faserstrom überführt werden muss, und dass die Baumwolle Fremdteile enthält. Zu diesem Zweck wird die Baumwolle um eine Öffnungswalze geführt. Diese ist an ihrem Umfang mit Mitnehmerspitzen versehen, die in die Baumwolle eingreifen und die Fasern mitziehen. An der Öffnungswalze werden größere Fremdteile dadurch ausgeschieden, dass im geringen Abstand von der Oberfläche der Walze ein oder mehrere Messer angebracht sind, und die großen Teile nicht zwischen Messer und Walzenoberfläche passieren können und so an der Messerkante ausgeschieden werden. Kleinere Fremdteile müssen detektiert und auf andere Weise ausgeschieden werden.

Aus dem Stand der Technik ist nach der Lizenzanmeldung 1 (DE 195 18 738 A1) ein System bekannt, mit dem Fremdfasern an einer Öffnungsmaschine erkannt werden können. Detektierte Fremdfasern werden dabei dadurch ausgeschieden, dass eine der Öffnungsmaschine nachgeschaltete Klappe angesteuert und die detektierten Fremdteile zusammen mit guten Fasern ausgeschleust werden. Daran wird als nachteilig erkannt, dass relativ viele gute Fasern mit den Fremdteilen ausgeschleust werden.

Aufgabe der Erfindung nach Lizenzanmeldung 3 ist es, eine einfache und sehr schnell reagierende Ausschleusevorrichtung zu schaffen, die es erlaubt, an einer Öffnungswalze die Fremdteile auch selektiv auszuscheiden, indem die Ausscheidung in achsparallel zur Walze angeordneten Zonen erfolgt, wobei die Zonen mit Erkennungsbereichen korrespondieren, die – im Materialfluss gesehen – diesen Zonen vorgelagert sind.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Lizenzanmeldung 3 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1. Verfahren zum selektiven Ausblasen von Fremdfasern
2. an einer Öffnungsmaschine oder Abnahmewalze einer Textilmaschine.
3. An einer Stelle, an der die Walze nicht von einem Luftleitblech umgeben ist,
4. wird kurzzeitig ein Luftstrom erzeugt,
5. der die Fremdteile von der Walzenoberfläche ablöst und abfördert.

b.

Die angegriffenen Ausführungsformen führen ein Verfahren aus, das sämtliche Merkmale der Lizenzanmeldung 3 verwirklicht.

Diese Maschinen führen ein Verfahren aus, das dazu dient, Fremdfasern auszuscheiden (Merkmal 1.). Es handelt sich um Textilmaschinen die über eine Öffnungswalze verfügen (Merkmal 2.).

Die Öffnungswalze dieser Maschinen ist nicht vollständig von Leitblechen umgeben. Das ergibt sich aus der schematischen Darstellung, die nach dem beiderseitigen Vorbringen der Parteien die Funktionsweise beider Maschinentypen zutreffend wiedergibt, und die nachstehen wiedergegeben ist:

Im links unten liegenden Umfangsbereich der Öffnungswalze (1) tritt das Luftleitblech (4) zunächst näher an den Walzenumfang heran, jedoch noch vor dem Ausscheidemesser (5) wiederum zurück. Zwischen dem Luftleitblech und dem Ausscheidemesser ist die Öffnungswalze nicht von einem Luftleitblech umgeben (Merkmal 3.).

An dieser Stelle wird durch die Luftdüsen (3) ein kurzzeitiger Luftstrom erzeugt (Merkmal 4.). Dieser Luftstrom bewirkt – wie der Kläger selber vorbringt –, dass die durch den Sensor (2) detektieren und auf der Öffnungswalze transportierten Fremdteile angehoben und von der Öffnungswalze abgelöst werden. Die Fremdteile können dadurch den Zwischenraum zwischen der Öffnungswalze (1) und dem Ausscheidemesser (5) nicht mehr passieren, sondern werden von dem Ausscheidemesser aus dem Faserstrom herausgelöst und durch den Luftstrom in einen Kanal (6) zu einem Abfallbehälter oder Filter hin abgefördert (Merkmal 5.).

3.

Die vom Kläger fallengelassene Lizenzanmeldung 3 war nicht etwa wegen einer anderweitigen Vorwegnahme wertlos. Es lässt sich nicht feststellen, dass das Lizenzpatent 2 einer Erteilung eines Patents auf die Lizenzanmeldung 2 entgegen gestanden hätte. Das Lizenzpatent 2 beruht auf einer Anmeldung vom 22.11.1995, die am 28.05.1997 offengelegt wurde. Die Lizenzanmeldung 3 wurde am 07.11.1996 angemeldet und am 14.05.1998 offengelegt. Damit beruht das Lizenzpatent 2 auf einer im Vergleich zur Lizenzanmeldung 3 älteren Anmeldung, die jedoch erst nach der Lizenzanmeldung 3 offengelegt wurde, mithin auf einer älteren nachveröffentlichten Patentanmeldung. Gemäß § 4 Satz 2 PatG reduziert sich die Frage einer etwaigen Vorwegnahme der Lizenzanmeldung 3 durch das Lizenzpatent 2 damit auf die Prüfung einer etwaigen neuheitsschädlichen Vorwegnahme; eine erfinderische Tätigkeit der Lizenzanmeldung 3 im Vergleich zum Lizenzpatent 2 ist hingegen nicht erforderlich. Die Lizenzanmeldung 3 wäre demnach nur dann von Lizenzpatent 2 vorweggenommen, wenn dieses alle Merkmal der Lizenzanmeldung 3 aufwiese. Dies lässt sich nicht feststellen.

a)

Lizenzpatent 2 betrifft ein Verfahren zum selektiven Ausschleusen von Fremdteilen an einer Öffnungs- oder Abnahmewalze einer Textilmaschine. Auch das Lizenzpatent 2 bezieht sich als Stand der Technik auf das von der Lizenzanmeldung 1 (DE 195 18 738 A1) beschriebene System, bei dem detektierte Fremdteile durch eine der Öffnungsmaschine nachgeschaltete Klappe, die auf ein Signal der Sensoren hin geöffnet wird, zusammen mit guten Fasern ausgeschleust werden, wobei es bei diesem System nachteilhaft ist, dass relativ viele gute Fasern zusammen mit den Fremdteilen ausgeschleust werden. Daher stellt sich auch das Lizenzpatent 2 die Aufgabe, eine einfache und sehr schnell reagierende Ausschleusevorrichtung zu schaffen, die es erlaubt, an einer Öffnungswalze die Fremdteile auch selektiv auszuscheiden.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Lizenzpatent 2 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1. Verfahren zum selektiven Ausschleusen von Fremdteilen
2. an einer Öffnungswalze oder Abnahmewalze einer Textilmaschine.
3. Vor einem Ausscheidemesser oder einer Kante wird ein kurzzeitiger Luftstau erzeugt.
4. Der Luftstau hebt die Fremdteile von der Walze ab.
5. Der Luftstau verhindert so, dass Fremdteile zwischen Messer und Walze passieren können.
6. Die Fremdteile gelangen in einen Abfallbehälter oder werden abgesaugt.

b)

Lizenzpatent 2 nimmt nicht sämtliche Merkmale der Lizenzanmeldung neuheitsschädlich vorweg. Merkmal 4 der Lizenzanmeldung 3 fordert einen Luftstrom, der an einer Stelle erzeugt wird, an der die Öffnungswalze nicht von einem Luftleitblech umgeben ist. Dieses Merkmal ist von Lizenzpatent 2 nicht vorweggenommen. Lizenzpatent 2 fordert in Merkmal 3 des Lizenzpatents 2 einen Luftstau, der vor einem Ausscheidemesser oder einer Kante kurzzeitig erzeugt wird. Aus der Sicht des Fachmannes offenbart die Lehre eines vor einem Messer oder einer Kante zu erzeugenden Luftstaus nicht eine Lehre von einem Luftstrom. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des Hauptanspruchs des Lizenzpatents 2. Der Fachmann entnimmt dem Wortlaut, dass der Luftstau im Zusammenwirken von zugeführter Luft und einem weiteren mechanischen Element, nämlich einem Messer oder einer Kante, entsteht. Demgegenüber entnimmt der Fachmann der Lehre der Lizenzanmeldung 3 ein anderes und neues Merkmal, wenn dort ein Luftstrom gelehrt wird, für dessen Ausbildung nur die zugeführte Luft, nicht aber ein weiteres mechanisches Element erforderlich ist. Auch entnimmt der Fachmann dem Wortlaut des Hauptanspruchs von Lizenzpatent 2, dass das Ausschleusen der Fremdteile nach dieser Lehre mechanisch bewirkt wird, nämlich indem die durch den Luftstau von der Walze abgehobenen Fremdteile (Merkmal 4 des Lizenzpatents 2) nicht zwischen dem Messer und der Walze passieren können (Merkmal 5).

Auch aus den Beschreibungen des Lizenzpatents 2 und der Lizenzanmeldung 3 ergibt sich für den Fachmann, dass ein Luftstrom, wie er von der Lizenzanmeldung 3 gelehrt wird, ein anderes und neues Merkmal im Vergleich zum Luftstau ist. Das Lizenzpatent 2 lehrt, (Anlage K 4, Abschnitt [0013]), dass eine zugeführte Luftmenge nicht zwischen Messer und Öffnungswalze passieren kann und deswegen die Luft vor dem Messer staut. Die Lizenzanmeldung 3 lehrt dagegen (Anlage K 6, Spalte 1, Zeile 57,) dass der Luftstrom die Fremdteile bzw. Fremdfasern von der Öffnungswalze weg mit sich reißt, wobei der Mitreißeffekt auf einer hohen Luftgeschwindigkeit im Luftstrom entsteht. Der Luftstau zeichnet sich demnach aus Sicht des Fachmanns durch einen Luftstillstand aus, der Luftstrom hingegen durch eine besonders hohe Luftgeschwindigkeit, aufgrund derer (kleinere) Fremdteile mitgerissen werden.

c)

Im Übrigen hätte der Kläger selbst dann, wenn – aus seiner Sicht – die Lizenzanmeldung 3 im Hinblick auf das Lizenzpatent 2 nicht erfolgversprechend gewesen wäre, nicht eigenmächtig die Entscheidung treffen dürfen, die Lizenzanmeldung 3 nicht weiter zu verfolgen. Er hätte vielmehr die Beklagte über seine technische Einschätzung, wenn er eine solche denn zum fraglichen Zeitpunkt überhaupt bereits gewonnen hatte, informieren und mit der Beklagten abstimmen müssen, ob die Lizenzanmeldung 3 weiter verfolgt oder – eventuell gegen Anpassung der Lizenzgebühren – fallengelassen werden soll. Wie oben (unter I.1.) bereits ausgeführt, war der Kläger nach Ziffer 4. der Vereinbarung (Anlage K 1) in unbedingter Weise verpflichtet, die von der Lizenzierung umfassten Schutzrechte aufrecht zu erhalten. Er konnte sich gegenüber der Beklagten nicht auf ein eigenes Prüfungsrecht bezüglich etwaiger Mängel in der Schutzrechtsfähigkeit berufen.

4.

Auch unter Abwägung der sonstigen dargelegten Umstände des Einzelfalles war die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung der Lizenzierung berechtigt und musste kein milderes Mittel wählen. Die erteilte Lizenz war als ausschließliche Lizenz ausgestaltet. Indem die Lizenzanmeldung 3 ihre Wirkung verlor, ging für die betroffenen Technik der Konkurrentenschutz vollständig verloren. Die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz hat die Beklagte vom Kläger durch einen unüblich hohen Lizenzsatz erkauft. Nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten betrug im fraglichen Zeitraum der Verkaufspreis der von der Beklagten hergestellten Maschinen durchschnittlich 48.500,00 EUR. Die mit der Herstellung und dem Vertrieb der Maschine verbundenen Kosten belaufen sich auf durchschnittlich 36.000,00 EUR, die Kosten für Fracht, Verpackung, Provision und Montage auf 9.170,00 EUR, so dass der Beklagten – ohne Berücksichtigung von Lizenzzahlungen – ein Gewinn von lediglich 3.330,00 EUR verbleibt. Demgegenüber beläuft sich die gemäß Ziff. 6b der Vereinbarung zu zahlende Lizenzgebühr auf 5.112,92 EUR je Maschine und übersteigt bereits den Gewinn der Beklagten. Überdies beträgt die Lizenzzahlung hiernach etwas mehr als 10 Prozent des Umsatzes und liegt damit um ein mehrfaches über den branchenüblichen Lizenzsätzen, die für Textilmaschinen zwischen 2 % und 5 % des Umsatzes liegen.

Auch angesichts dieser konkreten Umstände des Einzelfalls war eine weitere Durchführung der Vereinbarung unter angepassten Umständen nicht mehr zuzumuten und die außerordentliche Kündigung damit berechtigt.

5.

Einer vorherigen Abmahnung des Klägers durch die Beklagte bedurfte es gemäß § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB nicht. Zum einen hat der Kläger unstreitig trotz des Wegfalls der Lizenzanmeldung 3 die Zahlung der vollen Lizenzgebühren von der Beklagten verlangt. Er hat es demnach im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ernsthaft und endgültig verweigert, den Lizenzvertrag im Hinblick auf das weggefallene Schutzrecht anzupassen, etwa durch eine Verringerung der Lizenzgebühren. Zum anderen liegt aus Sicht der Beklagten ein besonderer Umstand im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor, der die sofortige Kündigung rechtfertigte: die Lizenzanmeldung konnte zum Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr wiederhergestellt werden. Dem Kläger war es endgültig unmöglich geworden, seine Hauptpflichten aus dem Lizenzvertrag vollständig zu erfüllen.

Die Beklagte hat gemäß § 314 Abs. 3 BGB innerhalb angemessener Frist außerordentlich gekündigt. Sie hat nach der Kenntniserlangung vom Verfall der Lizenzanmeldung 3 den Kläger unverzüglich kontaktiert und innerhalb weniger Tage mit ihm das Gespräch gesucht. Wiederum wenige Tage nach diesem Gespräch, das im Hinblick auf den Fortbestand des Lizenzvertrages ergebnislos war, erklärte sie die Kündigung. Das Kündigungsschreiben der Beklagten ist dem Kläger unstreitig per Telefax am 02.02.2007 zugegangen. Einer besonderen Form, namentlich der Einhaltung der Schriftform gemäß § 126 BGB bedurfte die Kündigung nicht. Die Beklagte hat ihr außerordentliches Kündigungsrecht damit wirksam ausgeübt.

II.

Über den als Stufenklage formulierten und gestellten Antrag zu Ziff. II. ist zunächst auf erster Stufe hinsichtlich des geltend gemachten Rechnungslegungsanspruchs zu entscheiden. Soweit der Klageantrag entscheidungsreif ist, ist er teilweise begründet. Der Kläger kann von der Beklagten aus Ziffer 9. der Vereinbarung Rechnungslegung für den Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum Zeitpunkt der Kündigung am 02.02.2008 verlangen. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre der Lizenz–anmeldung 1, des Lizenzpatents 2 und des Lizenzpatents 5 jeweils Gebrauch, so dass Verkauf und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen gemäß Ziffer 1.2.a) der Vereinbarung die Lizenzpflicht und mithin die Pflicht zur Rechnungslegung auslösen.

Auf den Einwand der Beklagten, die begehrte Rechnungslegung (und Zahlung) beziehe sich in vollem Umfang auf Anlagen, die alle Merkmale der EP-OS 606 626 erfüllen, kommt es nicht an. Dieses Schutzrecht ist durch den Lizenzvertrag nicht lizenziert. Durch die Erwähnung dieses Schutzrechts in der Vereinbarung wird es der Beklagten nicht freigestellt, Anlagen herzustellen und zu vertreiben, die wenigstens auch die Merkmale der EP-OS 606 626 erfüllen. Wenn die Beklagte von der technischen Lehre eines der lizenzierten Schutzrechte Gebrauch macht, muss sie jedenfalls dem Kläger Rechnung legen und Lizenzgebühren an ihn bezahlen, gleichviel, ob sie zugleich auch von der technischen Lehre der EP-OS 606 626 Gebrauch macht.

1.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre der Lizenzanmeldung 1 (Anlage K 2) Gebrauch.

a.

Die Lizenzanmeldung 1 betrifft eine Fremdfaserdetektion an einer Öffnungsmaschine.

Beim Spinnen von Baumwolle stellt sich das Problem, dass in der in Ballen angelieferten Baumwolle – zum Teil: andersfarbige – Fremdfasern befinden, die von Stofffetzen oder Verpackungsmaterial stammen. Werden diese Fremdfasern nicht entfernt, werden sie in den herzustellenden Faden mit eingesponnen. Dies kann dazu führen, dass der Faden von Kunden der Spinnereien als mangelhafte Ware beanstandet wird.

Aus dem Stand der Technik sind Geräte bekannt, welche die Baumwolle in der Flocke oder als fertigem Garn inspizieren. Das hiernach bekannte Geräte „D“ etwa arbeitet in der Weise, dass in einer separaten Maschine die Flocken gefördert und auf Fremdfasern inspiziert werden. Andere Vorrichtungen inspizieren das fertige Garn, aus dem fehlfarbige Stücke dann herausgeschnitten werden. Hieran wird als nachteilig kritisiert, dass hohe Investitionskosten erforderlich sind, um eine separate Anlage zur Fremdfaserdetektion in bestehende Anlagen zu integrieren.

Ausgehend von diesem Stand der Technik stellt sich das Lizenzpatent 1 die Aufgabe (Anlage K 2, Sp. 1, Zeile 21 bis 23), eine preiswerte und leicht zu installierende Hilfe zur Bekämpfung der Fremdfasern in der Spinnerei zu schaffen.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Lizenzpatent 1 nach seinem Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Vorrichtung zum Erfassen von andersfarbigen Fasern, Folien oder Geweben in Faseröffnungslinien.
2. Die Vorrichtung umfasst Farbsensoren (S), eine Auswertelektronik und eine Ausschleusevorrichtung (F).
3. Die Farbsensoren sind angebracht
a) gegenüber der Oberfläche einer Öffnungswalze (W) und
b) über der Arbeitsbreite der Öffnungswalze (W).
4. Die Farbsensoren und die Auswertelektronik können eine deutliche Farbabweichung im geöffneten Material gegenüber der Normalfaser feststellen.
5. Wenn die Farbsensoren und die Auswertelektronik eine deutliche Farbabweichung im geöffneten Material gegenüber der Normalfaser feststellen, sorgen die Farbsensoren dafür, dass der Faserstrom ganz oder teilweise aus der normalen Faseröffnungslinie durch die Ausschleusevorrichtung (F) ausgeschleust werden kann.

b.

Die Maschinen der Beklagten, die unstreitig nach der oben unter I.2.b. wiedergegebenen schematischen Darstellung arbeiten, erfüllen sämtliche Merkmale der Lizenzanmeldung 1. Sie werden eingesetzt zum Erfassen von andersfarbigen Fasern, Folien oder Geweben in Faseröffnungslinien bei der Verarbeitung von Baumwolle (Merkmal 1). In den Maschinen sind Farbsensoren (in obiger Abbildung mit der Ziffer 2 bezeichnet) und – unstreitig – eine Auswerteelektronik vorhanden; als Ausschleusevorrichtung dient das Ausscheidemesser (5), da die Fremdfasern im Zwischenraum zwischen der Ausscheidemesser (5) und der Öffnungswalze nicht passieren können (Merkmal 2).

Die Farbesensoren (4) sind gegenüber der Oberfläche der Öffnungswalze (3) angebracht (Merkmal 3a); sie erfassen – ebenfalls unstreitig – die gesamte Breite der Öffnungswalze. Hierdurch wird Merkmal 3 der Lizenzanmeldung 3 verwirklicht. Der Einwand, dieses Merkmal sei in der Weise zu verstehen, dass die Farbesensoren in einem so geringen Abstand vom Walzenumfang angebracht sein müssen, dass die auf der Walze mitgeführte Baumwolle in Berührung mit den Objektiven der Sensoren kommt und diese von Staub freiwischt, während bei den Maschinen der Beklagten der Abstand zwischen Sensoren und Walze über 1.500 Millimeter beträgt, greift nicht durch. Ein solches einschränkendes Verständnis dieses Merkmals ist dem Anspruchswortlaut nicht zu entnehmen. Die genannte „Selbstreinigungsfunktion“ wird zwar in der Patentbeschreibung der Lizenzanmeldung 1 erläutert (Anlage K 2, Spalte 1 Z. 35ff.), wo auch konkret ein Abstand von nicht mehr als 20 Millimetern vorgeschlagen wird. Indes hat diese Beschreibung auch aus Sicht des Durchschnittsfachmannes keinen Niederschlag in der Formulierung des Hauptsanspruchs 1 der Lizenzanmeldung 1 gefunden. Der Fachmann wird daher die Angabe zum möglichst geringen Abstand der Farbsensoren von der Öffnungswalze lediglich als vorzugswürdige Ausführungsform verstehen und auch solche Ausführungsformen als erfindungsgemäß in Betracht ziehen, in denen das Problem der Zusetzung der Objektive mit Staub entweder gar nicht auftritt oder auf andere Weise gelöst wird. Das Vorbringen der Beklagten lässt sich mit der von ihr vertretenen Auffassung zum Verständnis dieses Merkmals nicht in Einklang bringen: Die Beklagte bringt vor, dass ihre Maschinen wunschgemäß arbeiten; das widerlegt aber ihre Auffassung, wonach eine Anbringung der Sensoren näher an der Öffnungswalze notwendig ist, um ein Zusetzen der Objektive mit Staub zu vermeiden.

Vielmehr ist das Merkmal 3.b. aus Sicht des Fachmanns in der Weise zu verstehen, dass die Sensoren dann „über“ der Breite der Öffnungswalze angebracht sind, wenn sie deren Breite optisch vollständig abtasten. Diese funktionsbezogene Auslegung stützt sich auf die Erläuterung in der Patentbeschreibung (Anlage K 2, Spalte 1, Zeile 26f.), dass es notwendig ist, große Oberflächen der zu verarbeitenden Baumwolle zu schaffen, die von den Farbsensoren beobachtet werden.

Die Farbsensoren (2) in den Maschinen der Beklagten können Farbabweichungen in dem auf der Öffnungswalze (1) transportierten geöffneten Material erkennen (Merkmal 4). Wenn dies geschieht, bewirken die Farbsensoren (2), dass die Luftdüsen (3) eine Bewegung der Luft auslösen, wodurch das Fremdteil auf der Öffnungswalze angehoben wird, nicht mehr zwischen dem Ausscheidemesser (5) und der Öffnungswalze passieren kann und in den zu einem Abfallbehältnis führenden Kanal (6) gelangt, also ausgeschleust wird (Merkmal 5).

2.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen auch von der technischen Lehre des Lizenzpatents 2 (Anlage K 4) Gebrauch; wegen der Darstellung des technischen Hintergrundes dieser Erfindung und der Merkmals-Gliederung wird auf die Ausführungen oben unter I.3.a) Bezug genommen.

In den angegriffenen Ausführungsformen wird ein Verfahren ausgeführt, das dazu dient, Fremdteile selektiv auszuschleusen an einer Öffnungswalze oder Abnahmewalze einer Textilmaschine (Merkmale 1 und 2 des Lizenzpatents 2). Die Maschinen verfügen auch über ein Ausscheidemesser (in der oben wiedergegebenen Darstellung mit Ziffer 5 bezeichnet). Vor diesem wird, wie sich anhand der vorgelegten Darstellung zur Funktionsweise der Maschinen feststellen lässt, durch die Luftdüsen (3) ein kurzzeitiger Luftstau erzeugt. Der entsprechende klägerische Vortrag ist durch das Vorbringen der Beklagten nicht entkräftet. Die Beklagte hat zwei Skizzen gefertigt, die nach ihrer Behauptung die Strömungsverhältnisse in ihren Maschinen einerseits ohne einen Luftstrahl aus den Luftdüsen und andererseits während dieses Luftstrahls darstelle:

Die Strömungsverhältnisse, wie sie in den obigen Abbildungen dargestellt sind, lassen nicht in nachvollziehbarer Weise erkennen, dass vor dem Ausscheidemesser kein Luftstau entstehen soll. Der Luftstrom aus der Düse (in obiger Skizze mit Doppelpfeil dargestellt), trifft auf die abgerundete Ausscheidekante und wird um diese herum gelenkt. Aus der Richtung der Luftströmung ergibt sich, dass diese nicht zwischen der Ausscheidekante und der Öffnungswalze passieren kann. Ein Gasgemisch wie es die Umgebungsluft ist, wird bei der Ablenkung seiner Bewegungsrichtung verlangsamt, wenngleich nicht zum Stillstand gebracht wird. Der Fachmann versteht unter einem Luftstau, wie oben unter I.3.b) ausgeführt, die Verlangsamung einer Luftbewegung an einem mechanischen Element. Dies findet bei den angegriffenen Ausführungsformen vor der Ausscheidekante statt. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wieso, wie die Beklagte in Anlage B 9 skizziert darstellt, sich die Strömungsrichtung an der Öffnungswalze im Bereich des Ausscheidemessers gegen die Rotationsrichtung verlaufen soll. Selbst wenn es so sein sollte, spräche dies allerdings eher für die Annahme eines Luftstaus als dagegen: eine so verlaufende gegenläufige Luftströmung würde derjenigen aus den Düsen entgegengerichtet sein und sie abbremsen, also stauen.

Bei den Maschinen der Beklagten besteht sowohl ein Luftstrom im Sinne der Lizenzanmeldung 3 als auch ein Luftstau im Sinne des Lizenzpatents 2. In dem (kurzen) Umfangsabschnitt der Öffnungswalze, der nicht von einem Luftleitelement umgeben ist, in dem sich die Luft aber noch nicht vor dem Ausscheidemesser staut, strömt die von den Düsen ausgestoßene Luft mit deutlich höherer Geschwindigkeit als die Umgebungsluft und der an der Öffnungswalze rotierende Luftfilm an der Öffnungswalze vorbei und löst dabei Fremdteile von der Oberfläche der Walze ab. Die Ausbildung eines Luftstroms an der Öffnungswalze schließt damit nicht aus, dass sich an der Öffnungswalze auch ein Luftstau bildet. Damit ist auch Merkmal 3 des Lizenzpatents 2 erfüllt.

Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien werden bei angegriffenen Ausführungsformen in dem Bereich vor dem Ausscheidemesser die Fremdteile von der Walze abgehoben (Merkmal 4 des Lizenzpatents 2). Das ist genau die Stelle, an der sich, wie oben festgestellt, ein Luftstau bildet. Dadurch können die Fremdteile nicht mehr zwischen dem Ausscheidemesser und der Öffnungswalze passieren (Merkmal 5) und werden in den Kanal, der zum Abfallbehälter führt, gelenkt (Merkmal 6).

3.

Schließlich verwirklichen die Maschinen der Beklagten auch die technische Lehre des Lizenzpatents 5 (Anlage K 10).

a.

Lizenzpatent 5 betrifft ein Aushebeblech, das in einem Verfahren zum selektiven Ausscheiden von Fremdteilen an einer Walze für Textilfasern Anwendung findet. Aus dem Stand der Technik, nämlich der Beschreibung des Lizenzpatents 2 (DE 195 43 xxx), ist eine Vorrichtung bekannt, die ein solches Verfahren dadurch ausführt, dass die Oberfläche der rotierenden Walze mit einem Sensor permanent inspiziert und ein hierdurch erkanntes Fremdteil von der Walzenoberfläche sodann ausgeblasen wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Lizenzpatent 5 die Aufgabe, das Ausblasen dadurch zu verbessern, dass ein Luftleitblech passend angeordnet und ausgeformt wird.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Lizenzpatent 5 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Luftleitelement
2. an einer Walze zum Ausscheiden von Fremdteilen aus Textilfasern
3. mittels sektionaler Luftströme.
4. Das Aushebelement weist im Bereich der Ausschleuseöffnung einen von der Walzenoberfläche wegweisenden Verlauf auf.

b.

Die angegriffenen Ausführungsformen verfügen, wie aus der oben wiedergegebenen Darstellung ersichtlich ist, über ein Luftleitelement (in obiger Darstellung mit der Ziffer 4 bezeichnet, Merkmal 1 des Lizenzpatents 5); dieses Luftleitelement ist an der Öffnungswalze (1) angeordnet, die zum Ausscheiden von Fremdteilen aus Textilfasern dient (Merkmal 2), wobei die Ausscheidung durch Luftströme erfolgt, die durch die Luftdüsen (3) erzeugt werden und entlang der Oberfläche der Öffnungswalze (1) verlaufen, also sektional (Merkmal 3). Das Luftleitelement (4) verläuft im Bereich vor dem Ausscheidemesser (5) (in Richtung des Luftstroms gesehen) von der Oberfläche der Öffnungswalze (1) weg, nachdem es sich zuvor der Oberfläche angenähert hatte. In diesem Bereich werden, wie oben ausgeführt, die Fremdteile von der Walzenoberfläche angehoben, so dass sie nicht zwischen dem Ausscheidemesser und der Walze passieren können, sondern in den Kanal (6) zu einem Abfallbehälter hin abgeführt werden. Der Verlauf des Luftleitelements weg von der Oberfläche der Walze befindet sich demnach im Bereich der Ausschleuseöffnung, so dass auch Merkmal (4) des Lizenzpatents 5 erfüllt ist.

4.

Da die angegriffenen Ausführungsformen somit die technische Lehre der Lizenzschutzrechte 1, 2, 3 und 5 erfüllen, sind sie gemäß Ziffer 1.2.a) der Vereinbarung (Anlage K 1.2.a) Lizenzgegenstände. Die Beklagte schuldet somit gemäß Ziffer 9 der Vereinbarung Rechnungslegung über Herstellung und Vertrieb dieser Maschinen. Dieser Anspruch ist fällig, da die Abrechnung zum Ende eines Kalenderhalbjahres spätestens nach Ablauf eines weiteren Monats geschuldet ist und das erste Halbjahr 2008, für das der Kläger Abrechung verlangt, seit mehr als einem Monat verstrichen ist.

Ihre Rechnungslegungspflicht hat die Beklagte mit ihren bisherigen zu Auskunftszwecken gemachten Angaben nicht gemäß § 362 BGB erfüllt. Die Beklagte hat ihre Angaben als Negativauskünfte gemacht und dies damit begründet, nach ihrer Auffassung machten die von ihr hergestellten Maschinen keinen Gebrauch von der technischen Lehre der genannten Lizenzschutzrechte. Eine solche Auskunft genügt zur Erfüllung des geltend gemachten Auskunftsanspruchs nicht. Eine Erfüllung, die gemäß § 362 BGB das Schuldverhältnis zum Erlöschen bringen soll, muss den Leistungserfolg herbeiführen (Dennhardt, in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar, Edition 10, § 362 Rn. 12). Zwar kann auch eine Negativauskunft, dass nämlich keine schutzrechtsverletzenden bzw. lizenzpflichtigen Gegenstände hergestellt oder vertrieben worden seien, grundsätzlich den Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch erfüllen, sofern nicht diese Auskunft von vornherein unglaubhaft oder unvollständig ist (BGH GRUR 1994, 630, 631 – Cartier-Armreif; BGH GRUR 2001, 841, xxx – Entfernung der Herstellungsnummer II). Eine Auskunft und Rechnungslegung ist jedoch nicht nur inhaltlich unrichtig, sondern insgesamt nicht erteilt, wenn der Auskunftsverpflichtete rechtsirrig den Umfang seiner Verpflichtung zu eng fasst und deshalb seine Auskunft entsprechend seiner rechtsirrigen Auffassung beschränkt. (BGH NJW 1962, 245, 246; Staudinger/Bittner, BGB, Neubearbeitung 2004, § 259 Rn. 32). Gemessen an diesem Maßstab hat die Beklagte den vertraglichen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des Klägers noch nicht erfüllt. Wie oben dargelegt machen die angegriffenen Ausführungsformen von den technischen Lehren der Lizenzschutzrechte 1, 2 und 5 Gebrauch, so dass der Kläger einen Anspruch auf Rechnungslegung durch die Beklagte über Herstellung und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen hat. Diese Auskunft hat die Beklagte bislang nicht erteilt, weil sie bei Erteilung der Auskunft davon ausging, Maschinen dieser Typen seien nicht Lizenzgegenstände, die von der Vereinbarung erfasst werden.

C.

Die Kostenentscheidung und der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit mit Ausnahme der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des zuerkannten Rechnungslegungs- und Auskunftsanspruchs waren dem Schlussurteil vorzubehalten. Da der Klageantrag zu II. als Stufenklage formuliert ist und der Kläger ausdrücklich mit diesem Antrag als Stufenklage verhandelt hat (Bl. 94 GA), war durch Teilurteil gemäß § 301 Abs. 1 ZPO zu entscheiden. Unschädlich ist dabei, dass der Kläger bereits mit dem Antrag auf Leistungsstufe (Antrag zu Ziffer II.3.) verhandelt hat (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 254 Rn. 7 m.w.N.). Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils sind im Hinblick auf die bereits beschiedenen und abgewiesenen Klageanträge zu I. und III. (Feststellungsanträge) gegeben. Die Vorfrage, ob die von der Beklagten erklärte Kündigung wirksam ist, betrifft auch den Klageantrag zu Ziffer I., der abgewiesenen worden ist. Die Gefahr widerstreitender Entscheidungen in Teil- und Schlussurteil ist damit ausgeräumt.