4b O 398/06 – Glasverpackung/Kostenwiderspruch

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1045

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 4. Dezember 2008, Az. 4b O 398/06

I. Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten wird der Beschluss der Kammer vom 24. Oktober 2006, Az. 4b O 398/06, im Kostenpunkt (Ziffer VI.) aufgehoben.

II. Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsklägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d

Die Verfügungsklägerin war jedenfalls am 24. Oktober 2006 Inhaberin des europäischen Patents EP 1 525 XXX B1 (im Folgenden: Verfügungspatent; Anlage Ast 1a, nicht amtliche Übersetzung in deutscher Sprache als Anlage Ast 1b) betreffend ein Analytisches System zum Analysieren und Überwachen eines Produktionsprozesses für Glaserzeugnisse. Die Verfügungsbeklagte stellt eine Vorrichtung unter der Bezeichnung „A“ her, (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), welche sie zur Lieferung nach Deutschland anbot und auf der vom 24. bis zum 28. Oktober 2006 in Düsseldorf stattfindenden Messe „Glasstec“ ausstellte.

Auf Grundlage des Verfügungspatents beantragte die Verfügungsklägerin ohne vorherige Abmahnung der Verfügungsbeklagten mit Antragsschrift vom 19. Oktober 2006 die Durchführung eines selbständigen Beweissicherungsverfahrens gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die angegriffene Ausführungsform die Merkmale des Verfügungspatents verwirklicht, und zugleich den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet auf die Duldung der Begutachtung der angegriffenen Ausführungsform durch den gerichtlichen Sachverständigen. Antragsgemäß wurde durch Beschluss vom 26. Oktober 2006 (Bl. 34ff. GA) die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens angeordnet und die Verfügungsbeklagte zur Duldung der Begutachtung der angegriffenen Ausführungsform verpflichtet.

Der gerichtliche Sachverständige PA Dipl.-Ing. B begutachtete die angegriffene Ausführungsform am 26. Oktober 2006 auf dem Messestand der Verfügungsbeklagten und erstattete am 20. Dezember 2006 ein schriftliches Sachverständigengutachten (Bl. 56ff. GA). Während der Begutachtung der angegriffenen Ausführungsform gab ein Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten auf Bitte des Sachverständigen freiwillig ein Passwort in die elektronische Datenverarbeitungsanlage der angegriffenen Ausführungsform ein, um die Begutachtung zu ermöglichen.

In dem Verfahren 4b O 299/07 erhob die Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2007 Klage, in der sie gegen die Verfügungsbeklagte Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht aus dem europäischen Patent EP 0 643 XXX geltend machte.

Gegen den Beschluss vom 26. Oktober 2006 wendet sich die Verfügungsbeklagte mit dem Kostenwiderspruch, den sie mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2008, eingegangen bei Gericht am 13. Oktober 2008, erhob. Zugleich beantragt die Verfügungsbeklagte, der Verfügungsklägerin gemäß § 494a ZPO aufzugeben, Klage binnen einer zu bestimmenden Frist zu erheben.

Die Verfügungsklägerin erachtet den Kostenwiderspruch als unzulässig, weil die Verfügungsbeklagte insoweit „ihre Rechte verwirkt habe“. Daraus, dass die Verfügungsbeklagte erst nach zwei Jahren Kostenwiderspruch einlegt, ergebe sich, dass sie die einstweilige Verfügung akzeptiert habe, zumal da die Duldungsverfügung eine Maßnahme mit nur sehr kurzer Wirkungsdauer sei. Das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment habe die Verfügungsbeklagte dadurch geschaffen, dass sie auf die Festsetzung der Verfahrenskosten vorbehaltlos an die Verfügungsklägerin geleistet habe.

Die Verfügungsklägerin beantragt sinngemäß,

den gegen den Beschluss der Kammer vom 24. Oktober 2006 gerichteten Kostenwiderspruch zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss im Kostenpunkt aufzuheben und der Verfügungsklägerin die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens aufzuerlegen.

Die Verfügungsbeklagte verweist zur Begründung des Kostenwiderspruchs auf die fehlende Abmahnung seitens der Verfügungsklägerin. Gegen Beschlussentscheidungen sei der Widerspruch unbefristet gegeben. Auf die Kostenfestsetzung habe sie lediglich zur Abwendung etwaiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geleistet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Auf den zulässigen und begründeten Kostenwiderspruch der Verfügungsbeklagten hin war der angefochtene Beschluss im Kostenpunkt aufzuheben und die Kosten der Verfügungsklägerin aufzuerlegen.

I.

Der von der Verfügungsbeklagten erhobene Kostenwiderspruch ist zulässig.

1.

Dieser Rechtsbehelf ist nicht an die Einhaltung einer Frist gebunden. Die Verfügungsbeklagte hat diesen Rechtsbehelf, welcher mit der herrschenden Rechtsprechung und Literaturauffassung als Anerkenntnis des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und zugleich Antrag auf Belastung der Verfügungsklägerin mit den Verfahrenskosten entsprechend § 93 ZPO zu verstehen ist (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 9. Aufl., Kap. 55 Rn. 11; Ahrens/Scharen, Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 51. Rn. 42; Hefermehl/Kohler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 12 UWG Rn. 3.42; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 924 Rn. 10), auch nicht verwirkt.

Die Verwirkung eines Rechts oder eines Rechtsbehelfs setzt ein Zeit- und ein Umstandsmoment voraus: Wenn und soweit der eine Teil des materiellen oder prozessualen Rechtsverhältnisses aufgrund des eingetretenen Zeitablaufs und weiterer hinzutretender Umstände darauf vertrauen darf, er werde nicht mehr in Anspruch genommen bzw. eine ihm günstige Entscheidung nicht mehr angefochten, ist es dem anderen Teil des Rechtsverhältnisses wegen des in § 242 BGB verankerten Grundsatzes von Treu und Glauben verwehrt, das materielle Recht geltend zu machen bzw. den prozessualen Rechtsbehelf zu erheben (BGHZ 25, 47, 52; BGHZ 43, 289, 292; BGHZ 105, 290, 298; Looschelders, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, § 242 Rn. 302 und 306; Grüneberg/Sutschet, in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar z. BGB, Edition 10, § 242 Rn. 141f). Auch für den Rechtsbehelf des (Kosten-)Widerspruchs ist anerkannt, dass dieser grundsätzlich verwirkt werden kann. Dies setzt neben dem Verstreichen einer erheblichen Zeitdauer (vgl. beispielsweise OLG Celle GRUR 1980, 945; KG GRUR 1985, 237; OLG Frankfurt a.M. ZZP 69, 459) konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Antragsteller bzw. Verfügungskläger sich in berechtigter und schutzwürdiger Weise auf das Ausbleiben des Widerspruchs einstellen durfte (OLG Saarbrücken NJW-RR 1989, 1513; KG NJW 1962, 816; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 924 Rn. 10; Berneke, Einstweilige Verfügungen in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rn. 185; Heiderhoff, in: Hdb. Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 8 Rn. 22). Dies ist nur in engen Ausnahmefällen anzunehmen, etwa wenn der Antragsgegner bzw. Verfügungsbeklagte die Zwangsvollstreckung bis auf wenige Nebenpunkte duldend hinnimmt (KGR 1994, 131) oder etwa wenn die Eilentscheidung auf einer Norm beruht, die zwischenzeitlich durch das BVerfG mit der Wirkung des 79 Abs. 2 BVerfGG für nichtig erklärt wurde (KG GRUR 1985, 237).

Vorliegend ist schon zweifelhaft, ob das Zeitmoment einer Verwirkung angenommen werden kann. Zwischen dem Erlass der einstweiligen Verfügung durch Beschluss vom 24. Oktober 2006 und dem Eingang des Kostenwiderspruchs am 13. Oktober 2008 liegen nicht ganz zwei Jahre. Das dürfte im Hinblick auf die Wechselwirkung zwischen Zeit- und Umstandsmoment – je gewichtiger das etwaige Umstandsmoment wiegt, um so kürzer ist der für die Verwirkung erforderliche Zeitablauf (vgl. BGH GRUR 2001, 323, 327 – Temperaturwächter; Looschelders, a.a.O., Rn. 308) – zu kurz sein, um Verwirkung annehmen zu können.

Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, denn es fehlt jedenfalls das Umstandsmoment. Es ist kein Umstand ersichtlich, aufgrund dessen sich die Verfügungsklägerin darauf verlassen durfte, die Verfügungsbeklagte werde die einstweilige Verfügung nicht mit Widerspruch oder Kostenwiderspruch angreifen. Dass die Verfügungsbeklagte die durch den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31. Januar 2007 (Bl. 148f. GA) festgesetzten Kosten an die Verfügungsklägerin erstattete, begründete jedenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen der Verfügungsklägerin in den Bestand der einstweiligen Verfügung. Die Verfügungsbeklagte macht unwiderleglich geltend, sie habe die Kosten nur erstattet, um eine Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss abzuwenden. Die Leistung auf einen vollstreckbaren Titel allein kann nicht das Vertrauen des Titelinhabers begründen, der Titel bleibe unangefochten. Andernfalls sähe sich jeder durch erstinstanzliches Urteil vorläufig vollstreckbar zur Leistung Verurteilte vor die Wahl gestellt, entweder Vollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers zu riskieren, oder aber sich in der Einlegung ansonsten gegen den Titel statthafter Rechtsbehelfe behindert zu sehen, weil er Gefahr liefe, dass ihm die Leistung auf den Titel als Umstandsmoment für eine Verwirkung des Rechtsbehelfs entgegengehalten werden könnte.

Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass die Erstattung der Kosten durch die Verfügungsbeklagte bereits vor langer Zeit erfolgte. Der eingetretene Zeitablauf beruht spezifisch darauf, dass der Widerspruch gemäß § 924 ZPO nicht befristet ist. Diese Freiheit des von einer einstweiligen Verfügung Betroffenen beruht nach dem Gesetzeszweck nicht zuletzt darauf, dass die einstweilige Verfügung in einem summarischen Verfahren ergeht, in welchem sich der Antragsgegner bzw. Verfügungsbeklagte nur in eingeschränkter Weise oder bis zum Erlass einer Beschlussverfügung womöglich gar nicht verteidigen kann. Dass er dafür Widerspruch ohne Rechtsbehelfsfrist einlegen kann, ist ein Ausgleich für seine in dieser Weise im Vergleich zum Hauptsacheverfahren geschwächte Position. Dieser Ausgleich darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Antragsgegner bzw. Verfügungsbeklagte in das beschriebene Dilemma gerät, sich zwischen dem Risiko von Vollstreckungsmaßnahmen wegen der – typischer Weise ihm auferlegten Verfahrenskosten – und der Gefahr einer Verwirkung durch freiwillige Leistung auf die Kostenfestsetzung entscheiden zu müssen.

2.

Der Erhebung des Kostenwiderspruchs durch die Verfügungsbeklagte steht auch nicht entgegen, dass die angegriffene Ausführungsform bereits am 26. Oktober 2006 begutachtet wurde und damit im Hinblick auf die Verpflichtung der Verfügungsbeklagten zur Duldung der Begutachtung ein erledigendes Ereignis durch Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs eingetreten ist (Musielak/Wolst, a.a.O., § 91a Rn. 35). Auch nach dem Eintritt eines erledigenden Ereignisses ist es der Verfügungsbeklagten nicht verwehrt, von der Einlegung eines materiellen Widerspruchs Abstand zu nehmen und sogleich nur Kostenwiderspruch einzulegen, also – wie oben ausgeführt – den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung als begründet anzuerkennen und sich gemäß § 93 ZPO darauf zu berufen, die Verfügungsklägerin habe die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Verfügungsbeklagte war nach Durchführung der Begutachtung nicht darauf zu verweisen, materiellen Widerspruch zu erheben und zugleich den Rechtsstreit für erledigt zu erklären, um auf diese Weise gemäß § 91a ZPO eine Kostenentscheidung herbeizuführen.

Zum einen ist mit der Durchführung der Begutachtung lediglich ein erledigendes Ereignis, nicht aber zwingend Erledigung eingetreten. Letzteres setzt voraus, dass der geltend gemachte Anspruch auf Duldung der Begutachtung anfänglich gegeben, der Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung zulässig und begründet war (Musielak/Wolst, a.a.O., § 91a Rn. 42). Hätte die Verfügungsbeklagte materiellen Widerspruch eingelegt und zugleich den Rechtsstreit für erledigt erklärt, hätte sie riskiert, dass die Erledigungserklärung einseitig geblieben und eine vollständige Prüfung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung auf Zulässigkeit und Begründetheit durchzuführen gewesen wäre. Zum anderen hatte es die Verfügungsbeklagte nicht in der Hand, das erledigende Ereignis abzuwenden, da ihr Zwangsmittel gedroht hätten, hätte sie sich gegen die Durchführung der Begutachtung gewehrt. Nach dem für die Verfügungsbeklagte unabwendbaren erledigenden Ereignis darf sie aber nicht gezwungen werden, materiellen Widerspruch zu erheben und damit eine inhaltliche Prüfung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung herbeizuführen. Ihr muss es weiterhin offen stehen, den geltend gemachten Duldungsanspruch anzuerkennen und die nachträgliche Prüfung auf die Frage zu beschränken, ob ihr Anerkenntnis den Erfordernissen des § 93 ZPO entsprach.

II.

Der Kostenwiderspruch ist begründet. Die Kosten des Verfahrens sind gemäß der Regelung des § 93 ZPO, welche auch im einstweiligen Verfügungsverfahren Anwendung findet (Zöller/Herget, a.a.O, § 93 Rn. 6 „Einstweilige Verfügung“; Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 93 Rn. 8f.), der Verfügungsklägerin aufzuerlegen.

Die Verfügungsbeklagte hat den im Eilverfahren geltend gemachten Besichtigungsanspruch „sofort“ im Sinne des § 93 ZPO anerkannt und hat keinen Anlass zur Erhebung des Eilantrags gegeben.

1.

Sie kann sich mit Erfolg darauf berufen, dass sie durch die Verfügungsklägerin nicht abgemahnt wurde. Auch bei Durchsetzung eines Besichtigungsanspruchs im Eilverfahren hängt die Kostenentscheidung gemäß § 93 ZPO nach Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners davon ab, ob eine Abmahnung erforderlich war (LG Düsseldorf, InstGE 294, 296 – Walzen-Formgebungsmaschine). Eine Abmahnung ist dann nicht nur nicht erforderlich, sondern dem Antragsteller sogar unzumutbar, wenn die Gefahr besteht, dass der Antragsgegner aufgrund der Abmahnung eine Besichtigung des betreffenden Gegenstandes durch Veränderung oder Beiseiteschaffen vereiteln würde, und/oder dass die Abmahnung und die entsprechende Fristsetzung soviel Zeit in Anspruch nehmen würde, dass der Gegenstand dem Besichtigungszugriff entzogen würde. Solche Umstände sind vom Verfügungskläger auf den Kostenwiderspruch des Verfügungsbeklagten hin darzulegen (LG Düsseldorf, a.a.O.).

Die Verfügungsklägerin hat solche Umstände nicht dargetan. Sie sind auch in sonstiger Weise nicht ersichtlich. Gegen etwaige Manipulationsabsichten der Verfügungsbeklagten spricht bereits, dass einer ihrer Mitarbeiter bei der Begutachtung überobligatorisch kooperiert und die Begutachtung durch Eingabe eines Passworts erleichtert hat. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Verfügungsbeklagte das auf der Messe ausgestellte Begutachtungsobjekt weggeschafft hätte, hätte sie gewusst, dass die Verfügungsklägerin einen Besichtigungsanspruch geltend macht.

Für eine Abmahnung mit kurzer Fristsetzung wäre der Verfügungsklägerin auch ausreichend Zeit verblieben: Die Antragsschrift der Verfügungsklägerin datiert vom 19. Oktober 2006, die angegriffene Ausführungsform war vom 24. bis 28. Oktober 2006 auf der Messe in Düsseldorf ausgestellt. Hätte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte abgemahnt und aufgefordert, sich binnen kurzer Frist (beispielsweise zwei Tage) zur Duldung der Begutachtung bereit zu erklären, wäre noch ausreichend Zeit zur Einreichung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und zur Durchführung der Besichtigung (bis zum Ende der Messe) geblieben.

Dabei wird nicht übersehen, dass in diesen Konstellationen des hinsichtlich eines Messeausstellungsstücks im Eilverfahren geltend gemachten Besichtigungsanspruchs gemäß § 809 BGB oder § 140c PatG der Antragsteller stets Gefahr läuft, trotz materieller Berechtigung die Kostenlast tragen zu müssen. Er kann nicht oder nur schwer vorhersehen, ob eine Manipulation oder ein Beiseiteschaffen des Besichtigungsobjekts droht, und wird daher stets bedenken müssen, ob er das Überrauschungsmoment dadurch vereiteln will, dass er den Antragsgegner abmahnt. Diese Risikoverteilung ist indes mit der Regelung des § 93 ZPO (und seiner Anwendbarkeit auf das Eilverfahren) nicht nur vereinbar, sondern liegt gerade in dessen Regelungszweck: Der Antragsteller (ebenso wie der Kläger im Hauptsacheverfahren) mag gute Gründe dafür haben, das Überraschungsmoment nutzen zu wollen und sich dadurch die Möglichkeit einer außer- bzw. vorgerichtlichen Lösung des Konflikts zu verschließen. Dann liegt es aber im Regelungszweck des § 93 ZPO, dass der Antragsgegner als Ausgleich dafür, dass er keine Chance hatte, das Begehren des Antragstellers freiwillig zu erfüllen, sich der Kostenlast entledigen kann. Das muss um so mehr für das einstweilige Verfügungsverfahren gelten, in dem eine Entscheidung noch vor Anhörung des Antragsgegners ergehen kann.

2.

Der Anwendung des § 93 ZPO zu Gunsten der Verfügungsbeklagten steht auch nicht entgegen, dass sie beantragt hat, der Verfügungsklägerin gemäß § 494a ZPO eine Frist zur Klageerhebung zu setzen. Der im Kostenwiderspruch enthaltene Verzicht auf eine Sachentscheidung im Eilverfahren bedeutet keinen Verzicht auf eine Sachentscheidung in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren. Der Verfügungsbeklagte kann ohne weiteres die Sachentscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren hinnehmen und sich – ohne dass er dies erklären müsste – die Überprüfung der Sachentscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, etwa um die dort verbesserten Beweismöglichkeiten nutzen zu können (OLG Hamm, GRUR 1991, 633; Teplitzky, a.a.O, Kap. 55 Rn. 11; Ahrens/Scharen, a.a.O., Kap. 51 Rn. 43; Berneke, a.a.O. Rn. 201).

III.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.