4a O 212/08 – Schneeketten

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 968

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16. Oktober 2008, Az. 4a O 212/08

I. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 16. September 2008 bleibt mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass den Antragsgegnern unter Ziffer I. anstelle des dort ausgesprochenen Verbots wegen wortsinngemäßer Verletzung (weiterhin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel wie unter Ziffer II. der Beschlussverfügung geschehen) untersagt wird,
Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugräder
mit einer Halterung,
die mittels eines nicht elastischen Bandes und eines Ratschenmechanismus gegenüber der Felge eines Fahrzeugrades derart angezogen und festgelegt werden kann, dass sie sich bei angezogenem Band vom Fahrzeugrad in seiner Achsrichtung nicht zu entfernen vermag,
die im montierten Zustand Drehbewegungen gegenüber dem Fahrzeugrad ausführen kann,
die mit mehreren speichenartig ausgebildeten, an der Radaußenseite zu liegen kommenden Haltearmen versehen ist, wobei die Haltearme in Achsrichtung des Fahrzeugrades federnd verformbar sind,
wobei mit den der Halterung abgewandten Enden der Haltearme Teile eines geschlossenen, hinsichtlich seiner Länge an den Radumfang anpassbaren Laufnetzes verbunden sind, das aus einer Vielzahl beweglich miteinander verbundener Elemente besteht und von den Haltearmen in den Bereich der Lauffläche gedrückt und dort gehalten wird,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
bei denen die Haltearme derart gelenkig mit der Halterung verbunden sind, dass sie aus einer durch Anschläge an der Halterung definierten Montagestellung von der Halterung weg in eine Aufbewahrungsstellung zusammenklappbar sind.

II. Die weiteren Kosten des Verfahrens werden den Antragsgegnern auferlegt.

Tatbestand:

Die Antragstellerin, die Gleitschutzketten für Fahrzeuge herstellt, ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 0 376 xxx B1 (nachfolgend: Verfügungspatent). Das Verfügungspatent wurde am 29. Dezember 1989 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 30. Dezember 1988 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet, seine Erteilung am 28. April 1993 im Patentblatt veröffentlicht. Sein deutscher Teil, der bei dem Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 589 04 xxx geführt wird, steht unangefochten in Kraft.

Das Verfügungspatent betrifft eine Gleitschutzvorrichtung für Fahrzeugräder. Sein dem Verfügungsantrag vorrangig zugrunde gelegter Anspruch 1 lautet wie folgt:

Gleitschutzvorrichtung für Fahrzeugräder mit einer über mindestens eine Feder mit der Felge des Fahrzeugrades verbindbaren Halterung (6), die im montierten Zustand Drehbewegungen gegenüber dem Fahrzeugrad ausführen kann und die mit mehreren in speichenartig ausgebildeten, an der Radaußenseite zu liegen kommenden Haltearmen (2) versehen ist, mit deren der Halterung (6) abgewandten Enden Teile eines geschlossenen, hinsichtlich seiner Länge an den Radumfang anpassbaren Laufnetzes (1) verbunden sind, das aus einer Vielzahl beweglich miteinander verbundener Elemente besteht und von den Haltearmen (2) in den Bereich der Lauffläche gedrückt und dort gehalten wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Haltearme (2) derart gelenkig mit der Halterung (6) verbunden sind, dass sie aus einer durch Anschläge (11) an der Halterung (6) definierten Montagestellung von der Halterung (6) weg in eine Aufbewahrungsstellung zusammenklappbar sind.

Hinsichtlich des Wortlauts der zum Gegenstand von Insbesondere-Anträgen gemachten Unteransprüche 10, 11, 12 und 15 wird auf die Verfügungspatentschrift (Anlage K7) Bezug genommen.

Zur Veranschaulichung werden nachfolgend (in leicht verkleinerter Darstellung) die Figuren 1 und 2 der Verfügungspatentschrift wiedergegeben. Diese zeigen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der geschützten Gleitvorrichtung im montierten (Figur 1) und im zusammengelegten Zustand (Figur 2):

Die Antragsgegnerin zu 1) vertreibt Schneeketten der Marke A in Deutschland. Die Antragsgegnerin zu 2), die ihren Sitz in M. (Italien) hat und Schneeketten herstellt und vertreibt, unterhielt auf der vom 16. bis zum 21. September 2008 in Frankfurt am Main stattfindenden Messe automechanika gemeinsam mit der Antragsgegnerin zu 1) einen Stand.
Die Antragsgegnerin zu 1) stellte anlässlich einer zwischen dem 04. und dem 07. September 2008 von der B AG in G. (Nordrhein-Westfalen) veranstalteten Werkstattmesse eine Schneekette mit der Markenbezeichnung „A“ und der Artikelbezeichnung „C“ auf ihrem Stand aus. Diese Schneekette wird im Weiteren auch als angegriffene Ausführungsform bezeichnet.
Die nachfolgend eingeblendete Fotografie (Anlage K10) zeigt die angegriffene Gleitschutzvorrichtung, wie sie auf der Werkstattmesse ausgestellt wurde:

Ein auf der Werkstattmesse am Stand der Antragsgegnerin zu 1) anwesender Mitarbeiter, der sich zwei Mitarbeitern der Antragstellerin als Gebietsverkaufsleiter der Antragsgegnerin zu 1) aus L. vorstellte, erklärte den Mitarbeitern der Antragstellerin auf deren Nachfrage, dass die angegriffene Ausführungsform auch auf der Messe automechanika 2008 präsentiert werde. Eine Präsentation der angegriffenen Ausführungsform auf dieser Messe fand tatsächlich nicht statt.

Ein Muster der angegriffenen Ausführungsform haben die Antragsgegner auf Anfrage der Kammer zur Gerichtsakte gereicht. In der Montagesituation wird eine zentrale Halterung auf Höhe der Nabe eines Fahrzeugrades mit axialem Abstand zur Nabe befestigt. Dies erfolgt mittels eines nicht elastischen Bandes zwischen der Halterung und einem als einseitiger Hebel ausgestalteten Anschlussteil. Letzteres kann zur Montage am Fahrzeugrad über ein im rechten Winkel abstehendes Befestigungselement an einer einzelnen Radmutter des betreffenden Fahrzeugrades fixiert werden. Das Band zwischen Halterung und Anschlussteil ist auf Seiten des Anschlussteils durch eine Öse geführt, welche in dem Anschlussteil drehbar (mit einer Drehachse entsprechend der Fahrzeugachse) gelagert ist. Das halterungsseitige Ende des besagten Bandes ist durch die Halterung geführt und kann relativ zu ihr mittels eines Ratschenmechanismus verstellt und fixiert werden. Über Scharniere sind an der Halterung vier aus jeweils zwei Speichen bestehende Haltearme klappbar befestigt, an deren äußeren Enden sich – wiederum über Scharniere verbunden – Gleitschutzelemente befinden. Diese bilden ein geschlossenes Laufnetz, das hinsichtlich seiner Länge an den Radumfang anpassbar ist.
Zur Montage der angegriffenen Gleitschutzvorrichtung wird zunächst das Befestigungselement mit einer Radmutter verbunden und das Laufnetz an den bei stehendem Fahrzeug zugänglichen Abschnitten der Reifenlauffläche aufgelegt. Seitlich der Reifenaufstandsfläche, wo dies nicht möglich ist, kommt das Laufnetz an der Seitenfläche des Reifens zu liegen. Indem der Anwender das Band sodann über den in der Halterung angeordneten Ratschenmechanismus aufwickelt und durch die Halterung hindurch anzieht, wird die Halterung gegen die Nabe des Fahrzeugrades gezogen und kann sich von dort nicht wieder entfernen, bis die Verrastung gelöst wird. Durch das Anziehen der Halterung werden die Haltearme, insbesondere die an den Bereich der Reifenaufstandsfläche angrenzenden Haltearme, elastisch von der Reifenflanke weg verbogen. Die mit dieser elastischen Auslenkung der Haltearme verbundene Rückstellkraft drückt das Laufnetz auch in diesem Bereich auf die Reifenlauffläche, sobald das Fahrzeug anfährt und die vorherige Aufstandsfläche frei wird. Im Betrieb verhindern die Haltearme gemeinsam mit der an der Felge befestigten Halterung, dass das Laufnetz von der Lauffläche des Reifens abfällt. Wegen weiterer Einzelheiten der angegriffenen Ausführungsform wird auf das zur Gerichtsakte gereichte Muster und die vorgelegten fotografischen Abbildungen Bezug genommen.

Mit separaten Schreiben jeweils vom 11. September 2008 (Anlage K6) ließ die Antragstellerin beide Antragsgegnerinnen patentanwaltlich unter Bezugnahme auf das Verfügungspatent abmahnen und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer beiden Schreiben beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bis zum Nachmittag des 12. September 2008 auf. Der Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1) teilte dem auf Seiten der Antragstellerin mitwirkenden Patentanwalt mit, für Schneeketten sei innerhalb der A-Unternehmensgruppe in erster Linie „die italienische Tochter“ zuständig.

Die Antragstellerin sieht durch die angegriffene Ausführungsform die technische Lehre des Verfügungspatents wortsinngemäß, hilfsweise mit äquivalenten Mitteln als verletzt an. Bei der angegriffenen Gleitschutzvorrichtung stellten die elastischen Haltearme diejenige Federwirkung zur Verfügung, mittels derer sich das Laufnetz bei einem Anfahren des Fahrzeugs selbsttätig vollständig, auch mit den zunächst noch neben der Reifenlauffläche liegenden Bereichen, auf die Lauffläche ziehen könne. Für eine wortsinngemäße Verwirklichung der technischen Lehre des Verfügungspatents sei es dabei gleichgültig, ob die patentgemäße Feder (wie in den bevorzugten Ausführungsbeispielen des Verfügungspatents gezeigt) zwischen der Halterung und dem Anschlussteil nebst Befestigungselement, das unmittelbar mit der Felge verbindbar ist, oder aber (wie bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall) zwischen Halterung und Laufnetz angeordnet ist.

Auf ihren Antrag vom 12. September 2008, auf der Geschäftsstelle der Kammer eingegangen am 15. September 2008, hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Verfügung die Benutzung des Verfügungspatents zu untersagen. Mit Beschlussverfügung vom 16. September 2008 hat die Kammer diesem Antrag entsprochen und den Antragsgegnern unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugräder mit einer über mindestens eine Feder mit der Felge des Fahrzeugrades verbindbaren Halterung, die im montierten Zustand Drehbewegungen gegenüber dem Fahrzeugrad ausführen kann und die mit mehreren in speichenartig ausgebildeten, an der Radaußenseite zu liegen kommenden Haltearmen versehen ist, mit deren der Halterung abgewandten Enden Teile eines geschlossenen, hinsichtlich seiner Länge an den Radumfang anpassbaren Laufnetzes verbunden sind, das aus einer Vielzahl beweglich miteinander verbundener Elemente besteht und von den Haltearmen in den Bereich der Lauffläche gedrückt und dort gehalten wird,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
bei denen die Haltearme derart gelenkig mit der Halterung verbunden sind, dass sie aus einer durch Anschläge an der Halterung definierten Montagestellung von der Halterung weg in eine Aufbewahrungsstellung zusammenklappbar sind.

Nach Zustellung der Beschlussverfügung am 16. September 2008 haben die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 19. September 2008 Widerspruch eingelegt.

Die Antragsgegnerin beantragt nunmehr,
die einstweilige Verfügung vom 16. September 2008 aufrecht zu erhalten,

hilfsweise,
es den Antragsgegnern bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten,
Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugräder
mit einer Halterung,
die im montierten Zustand Drehbewegungen gegenüber dem Fahrzeugrad ausführen kann,
die mit mehreren speichenartig ausgebildeten, an der Radaußenseite zu liegen kommenden Haltearmen versehen ist und
die über die in Achsrichtung des Fahrzeugrades federnd verformbaren Haltearme und das Laufnetz mit der Felge des Fahrzeugrades verbindbar ist,
wobei mit den der Halterung abgewandten Enden der Haltearme Teile eines geschlossenen, hinsichtlich seiner Länge an den Radumfang anpassbaren Laufnetzes verbunden sind,
das aus einer Vielzahl beweglich miteinander verbundener Elemente besteht und
von den Haltearmen in den Bereich der Lauffläche gedrückt und dort gehalten wird,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
bei denen die Haltearme derart gelenkig mit der Halterung verbunden sind, dass sie aus einer durch Anschläge an der Halterung definierten Montagestellung von der Halterung weg in eine Aufbewahrungsstellung zusammenklappbar sind.

Die Antragsgegner beantragen,
die einstweilige Verfügung vom 16. September 2008 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag vom 12. September 2008 zurückzuweisen.

Sie stellen die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf in Abrede und meinen, es fehle jedenfalls an der Passivlegitimation der Antragsgegnerin zu 2), weil im Hinblick auf sie keine Begehungsgefahr bestehe.
Zudem habe die Antragstellerin die Beschlussverfügung „unter täuschender Auslegung des Patents“ erwirkt. Merkmal 1, wonach die Halterung über mindestens eine Feder mit der Felge des Fahrzeugs verbindbar ist (vgl. die in den Entscheidungsgründen wiedergegebene Merkmalsgliederung), sei bei der angegriffenen Gleitschutzvorrichtung nicht erfüllt. Dieses Merkmal setze patentgemäß voraus, dass die zentral an der Rad-Außenseite angeordnete Halterung über ein federelastisches Bauteil wie beispielsweise eine oder mehrere Gummifedern oder eine Schraubenfeder auf direktem Weg (das heißt etwa über Anschlussteil und Befestigungselement an der Radmutter) mit der Felge verbunden werden kann. Mit dieser Vorgabe verfolge die patentgemäße Lehre das Ziel, die Halterung ihrerseits bereits elastisch vorgespannt an der Felge des Fahrzeugrades zu befestigen, so dass schon die Halterung selbst nach dem Spannen der Feder selbsttätig an die Felge herangezogen wird und damit auch die Haltearme mit dem Laufnetz selbsttätig an das Rad bzw. auf dessen Lauffläche gebracht und dort gehalten werden. Das bei der angegriffenen Ausführungsform zwischen Halterung und Anschlussteil befindliche Band, der mit der Ratschenvorrichtung der Halterung zusammenwirkende Riemen, ist hingegen (wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist) selbst nicht federelastisch. Es fehle daher, so die Antragsgegner, an einer patentgemäßen Feder im Sinne des Merkmals 1.
Selbst wenn die Haltearme der angegriffenen Gleitschutzvorrichtung aufgrund ihrer Elastizität nach dem manuellen Andrücken der Halterung an die Rad-Außenseite nebst ihrer Festlegung mittels Ratschenverbindung das Laufnetz auf die Lauffläche bewegen könnten, sei darin keine vom Verfügungspatent vorausgesetzte elastische Verbindung zwischen Halterung und Felge zu erblicken. Für eine äquivalente Verwirklichung fehle es an der Auffindbarkeit des Austauschmittels auf der Grundlage des Verfügungspatents.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Auf den Widerspruch der Antragsgegner ist die Beschlussverfügung vom 16. September 2008 zu bestätigen, denn sie erweist sich auch unter Berücksichtigung des Widerspruchsvorbringens als rechtmäßig (§§ 925, 936 ZPO). Die Kammer ist nicht nur hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1), sondern auch im Hinblick auf den Vorwurf einer zu befürchtenden erstmaligen Verletzung des Verfügungspatents durch die Antragsgegnerin zu 2) zuständig und die Antragsgegnerin zu 2) auch insoweit passiv legitimiert. Die angegriffene Gleitschutzvorrichtung „A C“ verwirklicht die technische Lehre des Verfügungspatents zwar nicht wortsinngemäß, jedoch mit äquivalenten Mitteln. Lediglich im Hinblick darauf war der Untersagungstenor aus der angegriffenen Beschlussverfügung vom 16. September 2008 zu präzisieren, indem er an die konkrete Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform angepasst wird.

A.
Die Kammer ist nicht nur für den gegen die Antragsgegnerin zu 1) gerichteten Verfügungsantrag, sondern auch im Hinblick auf die Antragsgegnerin zu 2) sowohl international (Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, EuGVVO) als auch örtlich zuständig, § 32 ZPO. Auch im Rahmen der Gerichtsstandsbestimmungen genügt für die Zuständigkeitsbegründung die Gefahr einer erstmaligen Begehung einer Patentverletzung, die im Falle der Antragsgegnerin zu 2) vorliegt.
Zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung war die Erstbegehungsgefahr hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2) dadurch begründet, dass diese sich mit der Antragsgegnerin zu 1), bei der Wiederholungsgefahr bestand, auf der Messe „automechanika 2008“ in Frankfurt am Main einen Messestand teilte und ein Ausstellen der angegriffenen Gleitschutzvorrichtung auf dieser Messe angekündigt war. Auch nachdem die beanstandete Ausführungsform dort tatsächlich nicht ausgestellt wurde (sei es aufgrund der ergangenen Beschlussverfügung, sei es ihrer ungeachtet), besteht nicht nur die Gefahr fort, dass die Antragsgegnerin zu 1) wiederholt Angebots- und Vertriebshandlungen im Inland vornimmt, sondern auch die ernsthafte Befürchtung, dass die Antragsgegnerin zu 2) nach einer Aufhebung der angefochtenen Verfügung erstmals den Vertrieb der angegriffenen Schneekette „C“ in Deutschland, und zwar auch in Nordrhein-Westfalen, aufnehmen wird. Dies ergibt sich aus den folgenden Umständen:
Es entspricht der Rechtsprechung der Kammer (vgl. InstGE 1, 154 – Rohrverzweigung), dass der Gerichtsstand des § 32 ZPO auch gegenüber einem ausländischen Hersteller patentverletzender Vorrichtungen gegeben ist, der seine Erzeugnisse an einen inländischen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die Ware bestimmungsgemäß im Bundesgebiet weiter vertreibt. Die Antragsgegnerin zu 1) hat die angegriffene Gleitschutzvorrichtung Anfang September 2008 auf der Werkstattmesse der B AG in Greven und damit im sich auf das gesamte Land Nordrhein-Westfalen erstreckenden Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Düsseldorf für Patentstreitsachen (§ 143 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Landesregierung über die Zuweisung von Patentstreitsachen an das Landgericht Düsseldorf vom 13. Januar 1998, GV NW 1998, S. 106) im patentrechtlichen Sinne angeboten. Dies begründet zunächst die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1). Nachdem die Antragsgegnerin zu 2) nicht bestritten hat, Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform zu sein, was durch ihre Angabe als Hersteller in einem in Österreich durchgeführten Zertifizierungsverfahren (belegt durch Anlage K14) bestätigt wird, muss schon die auf der Werkstattmesse in Greven ausgestellte Schneekette mit Wissen und Wollen der Antragsgegnerin zu 2) an die mit ihr konzernverbundene Antragsgegnerin zu 1) gelangt sein. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass auch weitere Schneeketten der angegriffenen Ausführungsform, die von der Antragsgegnerin zu 1) in der Zukunft in Deutschland hätten angeboten und vertrieben werden können und sollen, von der Antragsgegnerin zu 2) stammen würden. Das deckt sich mit der unstreitig gebliebenen Äußerung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin zu 1), für Schneeketten sei innerhalb des A-Unternehmensverbundes in erster Linie „die italienische Tochter“ zuständig, und dem ebenfalls nicht bestrittenen Vortrag der Antragstellerin, dies sei (ausschließlich) die Antragsgegnerin zu 2). Dass innerhalb der A-Unternehmensgruppe neben der Antragsgegnerin zu 2) auch andere Einheiten für die Herstellung der Schneekette „C“ in Betracht kämen, haben die Antragsgegner nicht behauptet. Die angegriffene Schneekette muss daher von der Antragsgegnerin zu 2) stammen, was durch den Umstand unterstrichen wird, dass die auf Seite 6 des Widerspruchsschriftsatzes (Bl. 89 GA) eingeblendete Halterung der angegriffenen Ausführungsform den Schriftzug „D“ und das zugehörige Logo trägt, dessen eingetragene Inhaberin die Antragsgegnerin zu 2) ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die nach dem Vortrag der Antragstellerin patentverletzende Ware im Inland oder im Ausland in die Verfügungsgewalt der Antragsgegnerin zu 1) gelangt, weil davon auszugehen ist, dass die Antragsgegnerin zu 2) die angegriffenen Vorrichtungen zielgerichtet und bestimmungsgemäß an die Antragsgegnerin zu 1) geliefert hat und auch in Zukunft liefern würde, damit die Antragsgegnerin zu 1) sie im Inland in den Verkehr bringt. Dies begründet die deliktische Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin zu 2) als Nebentäterin und daraus folgt zugleich, dass der Begehungsort im Sinne des Art. 5 Abs. 3 EuGVVO sowie des § 32 ZPO im Inland, und zwar im Land Nordrhein-Westfalen liegt.

B.
Gegen beide Antragsgegner war die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen bzw. auf ihren Widerspruch zu bestätigen, wobei lediglich der Verbotstenor im Hinblick auf die Verletzung des Verfügungspatents mit äquivalenten Mitteln an die konkrete Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform anzupassen war. Sowohl der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsanspruch (I.) als auch der eine Entscheidung gerade im Eilverfahren rechtfertigende Verfügungsgrund (II.) liegen vor.

I.
Die Antragstellerin hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegenüber beiden Antragsgegnern aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1; 9 Satz 2 Nr. 1 PatG (Verfügungsanspruch) glaubhaft gemacht. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die technische Lehre des Verfügungspatents mit äquivalenten Mitteln.

1.
Das Verfügungspatent betrifft eine Gleitschutzvorrichtung für Fahrzeugräder, insbesondere eine Schneekette. Gattungsgemäße Gleitschutzvorrichtungen, wie sie aus dem Stand der Technik bekannt waren, weisen eine Halterung auf, die über mindestens eine Feder mit der Felge des Fahrzeugrades verbindbar ist und im Montagezustand Drehbewegungen gegenüber dem Fahrzeugrad ausführen kann. Die Halterung der vorbekannten Gleitschutzvorrichtung ist mit mehreren speichenartig ausgebildeten, an der Radaußenseite zu liegen kommenden Haltearmen versehen, mit deren der Halterung abgewandten Enden Teile eines geschlossenen, hinsichtlich seiner Länge an den Radumfang anpassbaren Laufnetzes verbunden sind. Das Laufnetz besteht aus einer Vielzahl beweglich miteinander verbundener Elemente und wird von den Haltearmen in den Bereich der Lauffläche gedrückt (Anlage K7, Seite 2, Zeilen 3-9).
Aus dem Stand der Technik DE 35 45 529 A1 war eine Gleitschutzvorrichtung der vorbezeichneten Art mit vier Haltearmen bekannt. Wie die Verfügungspatentschrift beschreibt (Anlage K7, Seite 2, Zeilen 10 ff.), sind von den dort offenbarten vier Haltearmen jeweils zwei parallel zueinander in einer mit Führungskanälen versehenen Halterung hin- und herverschiebbar gelagert. In der Montagestellung schließen benachbarte Haltearme jeweils einen Winkel von 90° zueinander ein und erstrecken sich mit ihrem größten Teil radial von der Halterung nach außen. Zur Verringerung des Platzbedarfs dieser Vorrichtung im demontierten Zustand lassen sich bei diesem Stand der Technik einerseits die Haltearme eines jeden Haltearmpaares in den Führungskanälen nach innen verschieben, bis sie auf dem größten Teil ihrer Länge nebeneinander zu liegen kommen. Andererseits ist es möglich, die Haltearme durch eine Schwenkbewegung in eine nahezu parallele Position zu überführen (Anlage K7, Seite 2, Zeilen 14-18). Da dieser Vorgang bei der Montage umgekehrt vollzogen werden muss, bringt der Montagevorbereitungsprozess – so die Beschreibung des Verfügungspatents weiter – gewisse Unannehmlichkeiten mit sich. Nachteilig ist des Weiteren, dass die Führung der Haltearme einen erheblichen Aufwand erfordert und sowohl die Verwendung von mehr als vier Haltearmen als auch eine nichtpaarige Anordnung der Haltearme äußerst schwierig wäre (Anlage K7, Seite 2, Zeilen 22-29).
Darüber hinaus beschreibt die Verfügungspatentschrift (Anlage K7, Seite 2, Zeilen 30-38) einen aus der FR-A 2 464 835 bekannten Stand der Technik, bei dem eine zentrale Halterung eine Spannvorrichtung bildet. Mit Auslegerarmen lassen sich den Reifen hintergreifende Gleitschutzbügel verbinden, die nach ihrem Überstülpen über die Lauffläche durch mindestens einen mit Druckluft betätigbaren Kolben zur Radachse gezogen und fest gegen die Lauffläche des Reifens gedrückt werden. Als nachteilig daran würdigt es die Beschreibung des Verfügungspatents (vgl. Anlage K7, Seite 2, Zeilen 36-38), dass eine platzsparende Unterbringung der Vorrichtung bei Nichtgebrauch eine Trennung der Gleitschutzbügel von der Halterung zwingend voraussetzt.
Entsprechendes gelte für die aus der US-A 2,610,882 bekannte Gleitschutzvorrichtung, bei der die Halterung ebenfalls eine Spannvorrichtung bildet, durch die über den Reifen gestülpte Gleitschutzbügel radial zur Radmitte und damit auf die Reifenlauffläche gezogen werden. Wie die aus der FR-A 2 464 835 bekannte Vorrichtung ist auch hier, bedingt durch den Aufbau, eine automatische Restmontage, wie sie nach Angabe der Beschreibung bei den gattungsgemäßen Gleitschutzvorrichtungen praktiziert werden könne, ausgeschlossen (Anlage K7, Seite 2, Zeilen 38-44).

Der Erfindung nach dem Verfügungspatent liegt damit die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, eine gattungsgemäße, zu einem selbsttätigen Aufziehen auf die Reifenlauffläche geeignete Gleitschutzvorrichtung vorzuschlagen, die nicht nur im demontierten Zustand einen geringen Stauraum beansprucht, sondern bei einfacher Bauweise und größerer Variabilität hinsichtlich der Zahl der Haltearme auch schnell und bequem aus ihrer Aufbewahrungsstellung in die Montagestellung und umgekehrt überführt werden kann (vgl. auch Anlage K7, Seite 2, Zeilen 45-48).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Anspruch 1 des Verfügungspatents die Kombination folgender Merkmale vor:
Gleitschutzvorrichtung für Fahrzeugräder
1. mit einer über mindestens eine Feder mit der Felge des Fahrzeugs verbindbaren Halterung (6);
2. die Halterung kann im montierten Zustand Drehbewegungen gegenüber dem Fahrzeugrad ausführen;
3. die Halterung ist mit mehreren speichenartig ausgebildete, an der Radaußenseite zu liegen kommenden Haltearmen (2) versehen;
4. mit den der Halterung (6) abgewandten Enden der Haltearme (2) sind Teile eines geschlossenen, hinsichtlich seiner Länge an den Radumfang anpassbaren Laufnetzes (1) verbunden;
5. das Laufnetz besteht aus einer Vielzahl beweglich miteinander verbundener Elemente;
6. das Laufnetz wird von den Haltearmen in den Bereich der Lauffläche gedrückt und dort gehalten;
7. die Haltearme (2) sind dergestalt gelenkig mit der Halterung (6) verbunden, dass sie aus einer Montagestellung von der Halterung weg in eine Aufbewahrungsstellung zusammenklappbar sind;
8. die Montagestellung ist durch Anschläge (11) an der Halterung (6) definiert.

Das Ergebnis dieser Weiterentwicklung beschreibt die Patentschrift zusammenfassend dahin, die erfindungsgemäße Gleitschutzvorrichtung lasse sich ähnlich einem Schirm mit einem Handgriff betriebsbereit machen oder zusammenklappen (Anlage K7, Seite 2, Zeilen 52 ff.).

2.
Anders als von der Antragstellerin vertreten, macht die angegriffene Schneekette „C“ von Anspruch 1 des Verfügungspatents nicht wortsinngemäß Gebrauch, weil es an einer wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 1 fehlt. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner verwirklicht die angegriffene Ausführungsform die technische Lehre des Verfügungspatents, insbesondere hinsichtlich des Merkmals 1, jedoch mit äquivalenten Mitteln.

a)
Merkmal 1 verlangt, dass die Halterung der Gleitschutzvorrichtung über mindestens eine Feder mit der Felge des Fahrzeugs verbindbar ist. Die Beurteilung der wortsinngemäßen Verwirklichung von Merkmal 1 setzt daher insbesondere die Feststellung voraus, was nach erfindungsgemäßem Verständnis unter (1) einer Halterung, (2) der „Felge des Fahrzeugs“ und (3) einer Feder zu verstehen ist.

(1) Halterung im Sinne des Verfügungspatents ist jenes zentral angeordnete Bauteil der Gleitschutzvorrichtung, dem die Funktion zukommt, die speichenartig ausgebildeten Haltearme, die an der Radaußenseite zu liegen kommen, zu tragen (vgl. Merkmal 3). Hierzu muss die Halterung einen zentralen Platz vor der Felge einnehmen, um die nach außen zur Lauffläche des Reifens hin wegstrebenden Haltearme tragen zu können. Im montierten Zustand wird von der Halterung verlangt, dass sie relativ zum Fahrzeugrad Drehbewegungen ausführen kann (Merkmal 2), um – wie der Fachmann auch ohne ausdrückliche Erläuterung in der Patentschrift erkennt – der bei einem Abrollen des Fahrzeugrades auf dem Untergrund mit dazwischen liegendem Laufnetz unvermeidbaren Wanderbewegung der Gleitschutzvorrichtung über die Reifenoberfläche Rechnung zu tragen.
(2) Unter einer Felge wird gemeinhin der Radkranz eines Rades verstanden, häufig allerdings auch das gesamte Rad, bestehend aus Radflansch und Radkranz. Unabhängig von dem allgemeinen Verständnis eines im Patent verwendeten Begriffes ist jedoch allein entscheidend, was das Verfügungspatent selbst unter einer „Felge“ versteht. Der Beschreibung ist zu entnehmen, dass im Rahmen der Erfindung – im Sinne eines erweiterten Verständnisses – der Begriff „Felge“ mit dem Begriff des Rades (ohne Reifen) gleichzusetzen ist, also die Gesamtheit aus Radkranz – der Felge im technischen Sinne – und Radflansch bezeichnet. Dies ergibt sich insbesondere aus der Beschreibung des erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels (Anlage K7, Seite 3, Zeile 32), bei welchem „[d]ie Halterung (…) über eine Spannfeder 16 und ein Anschlussteil 17 am Fahrzeugrad befestigt“ ist. Bei funktionaler Betrachtung soll die Felge den Teil des Rades repräsentieren, der für das angestrebte selbsttätige Aufziehen des Laufnetzes auf die Lauffläche des Reifens den erforderlichen Fixpunkt zur Abstützung zur Verfügung stellt. Für diese Funktion ist es irrelevant, ob es sich um denjenigen Teil des Rades handelt, der auch nach allgemeinen Verständnis mitunter als Felge im engeren Sinne bezeichnet wird (der Radkranz), oder um den Radflansch. Zugleich würde der Wortsinn allerdings überschritten, wenn man auch den auf dem Rad montierten Reifen noch zur Felge im Sinne des Verfügungspatents zählen würde. Von ihm grenzt sich die Felge üblicherweise und auch aus Sicht des Verfügungspatents gerade ab: Sein Anspruch 1 bezeichnet die Gesamtheit aus Felge und Reifen selbst in anderer Weise, nämlich als „Fahrzeugrad“ (vgl. Merkmal 2, das vorschreibt, die Halterung müsse im montierten Zustand Drehbewegungen gegenüber „dem Fahrzeugrad“ ausführen können). Auch der in Merkmal 3 erwähnte Terminus „Radaußenseite“ bezieht sich auf die Gesamtheit aus Felge und Reifen, denn erst auf dem Reifen sollen die Haltearme bestimmungsgemäß zu liegen kommen (vgl. Figur 1). Dem ist zu entnehmen, dass auch die technische Lehre des Verfügungspatents zwischen Felge und Reifen, die erst zusammen das Fahrzeugrad bilden, wohl zu unterscheiden weiß.
(3) Unter einer Feder im technischen Sinne ist im Allgemeinen ein Bauteil zu verstehen, das unter Belastung nachgibt und nach Entlastung wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehrt, sich also elastisch verhält und somit eine Rückstellkraft aufzubringen vermag. Mittels einer solchen „Feder“ soll die Halterung mit der Felge des Fahrzeugs verbunden werden können. Dabei kommt es nach der technischen Lehre des Verfügungspatents nicht allein darauf an, die Halterung irgendwie, das heißt auf eine beliebige, zumindest Drehbewegungen gestattende Weise (Merkmal 2), mit der Felge des Fahrzeugs zu verbinden. Anspruch 1 verlangt mit der Anordnung, dass dies „über mindestens eine Feder“ zu geschehen habe, vielmehr weitergehend eine elastische Anbringung der Halterung relativ zur Felge: Zwischen Felge und Halterung muss ein elastisches Element eingefügt sein.
Der Fachmann auf dem Gebiet des Verfügungspatents – ein Techniker oder Fachhochschulingenieur mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Schneeketten – erkennt, dass diese elastische Anbringung der Halterung relativ zur Felge Voraussetzung dafür ist, ein selbsttätiges Aufziehen des Laufnetzes auf die Lauffläche auch in den Bereichen zu gestatten, die bei stehendem Fahrzeug noch neben der Reifenlauffläche verbleiben müssen (die Patentbeschreibung bezeichnet diesen Vorgang als „automatische Restmontage“, vgl. Anlage K7, Seite 2, Zeile 43). Indem das Verfügungspatent auf dem Stand der Technik gemäß der DE 35 45 529 A1 aufbaut, der dies – wie die Beschreibung des Verfügungspatents besagt – ermöglichte, macht es deutlich, dass auch die geschützte Gleitschutzvorrichtung eine solche automatische Restmontage – und zwar anders als der auf Seite 2 in den Zeilen 30 ff. gewürdigte Stand der Technik – gewährleisten soll (vgl. Anlage K7, Seite 2, Zeilen 42-44). Die Feder soll im Rahmen der geschützten technischen Lehre durch ihre Rückstellkraft bewirken, dass beim Anfahren nach Auflegen des Laufnetzes auf den bei stehendem Fahrzeug zugänglichen Teil der Lauffläche sich das Laufnetz vollständig auf den Reifen aufzieht und bei der Fahrt auch in kritischen Situationen auf der Lauffläche gehalten wird.
Nach den Angaben in der Beschreibung des Verfügungspatentschrift war ein selbsttätiges Aufziehen, das durch eine federnde Verbindung zwischen Halterung und Felge ermöglicht wurde, bereits im Stand der Technik (aus der Anmeldeschrift DE 35 45 529) bekannt. Die Ausführungen in der Beschreibung enthalten dazu jedoch keine weiteren Erläuterungen; da die Parteien die zitierte Druckschrift aus dem Stand der Technik (ebenso wie die weiteren in der Beschreibung gewürdigten Druckschriften, die ein selbsttätiges Aufziehen nicht gestattet haben sollen) allerdings nicht vorgelegt haben, können sich an dieser Stelle aus der DE 35 45 529 A1 keine weitergehenden Erkenntnisse für das zutreffende Verständnis des Merkmals 1 ergeben.
Allerdings vermag die Kammer auch der von der Antragstellerin im Termin geäußerten Ansicht nicht näher zu treten, die Verfügungspatentschrift meine mit der im Anspruch bezeichneten „Feder“ schlicht irgendein Element der Gleitschutzvorrichtung, das eine geeignete Federwirkung bereitstellt, durch die ein selbsttätiges Aufziehen des Laufnetzes ermöglicht wird, ohne Rücksicht darauf, wo genau das federnde Element zwischen Halterung und Felge angeordnet ist. Da „Feder“ im allgemeinen Teil der Beschreibung ohne jedes Bezugszeichen zitiert werde – so die Auffassung der Antragstellerin -, wolle die technische Lehre mit der Anordnung einer „Feder“ zwischen Halterung und Felge schlicht die Gattung der selbstaufziehenden Gleitschutzvorrichtungen kennzeichnen, die eine hierfür erforderliche Rückstellkraft aufweisen. Da die „Feder“ in der allgemeinen Beschreibung der technischen Lehre nirgends näher definiert werde, bleibe der Fachmann bei dem allein aus dem Anspruch gewonnenen „allgemeinen Verständnis“ stehen. Im Anspruch finde sich jedoch kein Anhalt dafür, dass die Halterung direkt mit der Felge über eine Feder verbunden sein müsse. Mit dieser Auffassung lässt die Antragstellerin allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze außer Betracht, wonach der Schutzbereich des Patents zwar durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt wird, zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen allerdings heranzuziehen sind (§ 14 PatG und das Protokoll über die Auslegung des Art. 69 Abs. 1 EPÜ). Der Fachmann hat auch im Falle des Verfügungspatents hinreichende Veranlassung, für die Ermittlung des Verständnisses der „Feder“ im Sinne des Anspruchs 1 die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen. Die Auffassung, dass mit der Erwähnung einer „Feder“ in Merkmal 1 nur allgemein eine bestimmte Gattung der geschützten Vorrichtung bezeichnet werde, berücksichtigt nicht, dass jedem einzelnen Merkmal innerhalb der insgesamt geschützten Lehre eine Bedeutung zukommt, und zwar unabhängig davon, ob sich das betreffende Merkmal im „Oberbegriff“ des Anspruchs oder in dessen „kennzeichnendem Teil“ befindet. Auch die Bedeutung des Merkmals „über mindestens eine Feder mit der Felge des Fahrzeugs verbindbare Halterung“ erschließt sich der Fachmann nicht allein aus dem Anspruch, sondern zieht dazu selbstverständlich auch die Beschreibung nebst Zeichnungen heran. Insbesondere dann, wenn die allgemeine Beschreibung wie hier keine Erläuterung enthält, greift er zur Auslegung auch auf die textliche und bildliche Beschreibung von Ausführungsbeispielen zurück.
Dies ist auch im Falle des Verfügungspatents anzunehmen: Die bereits oben in ihren Grundzügen aufgezeigte Funktion des im Anspruch schlicht als „Feder“ bezeichneten Elements zur Verbindung der Halterung mit der Felge wird in der Beschreibung lediglich im Zusammenhang mit der Erläuterung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels näher erörtert (vgl. Anlage K7, Seite 3, Zeilen 32 ff.). Danach sorgt die im Ausführungsbeispiel aus Gummi oder einem gummielastischen Material bestehende „Spannfeder 16“ zum einen dafür, dass beim Anfahren der sich nach dem Auflegen des Laufnetzes auf das Fahrzeugrad noch im Bereich der Bodenaufstandsfläche befindliche Teil des Laufnetzes auf die Lauffläche des Reifens gezogen wird. Zum anderen gewährleistet es die Spannfeder auch in kritischen Situationen, wie sie beispielsweise bei schneller Kurvenfahrt auftreten können, dass das Laufnetz auf der Lauffläche des Reifens verbleibt. In Bezug auf die bevorzugte Ausführungsform nach Figuren 1 bis 5 erläutert die Beschreibung weiter, die Verwendung eines Anschlussteiles 17 mit einem einzigen Befestigungselement 18, das sich mit einer Radschraube 19 oder einer Radmutter verbinden lasse, erleichtere die Montage der Gleitschutzkette. Nach dem Verbinden des Befestigungselementes 18 an der Radschraube 19 brauche der Benutzer der Gleitschutzvorrichtung lediglich noch die Spannfeder 16 mittels eines im Zentrum der Halterung gelegenen einzigen Betätigungsorgans 20 zu spannen und in der Spannstellung zu arretieren, um anschließend anfahren und so den automatischen Restmontagevorgang einleiten zu können (Anlage K7, Seite 3, Zeilen 37-44). Bei den in der Beschreibung dargestellten Ausführungsbeispielen erfolgt die Verspannung der Halterung mithin direkt gegenüber der Felge bzw. dem Radflansch, allenfalls vermittelt über das Anschlussteil 17, das Befestigungselement 18 und die Radschraube 19, wobei diese Bauteile des Ausführungsbeispiels im Anspruch selbst keine Erwähnung finden. In der Beschreibung nicht explizit dargestellt wird hingegen eine Verspannung der Halterung gegenüber der Felge, die ausschließlich vermittels der Haltearme und den Reifen (und damit ausschließlich indirekt in Bezug auf die Felge), ohne eine unmittelbare Federwirkung zwischen Halterung und Felge hergestellt wird. Angedeutet wird allerdings eine Verspannung der Haltearme gegenüber dem Fahrzeugrad, weil nur mit ihr zu erklären ist, weshalb die Haltearme im dargestellten Ausführungsbeispiel aus flachen Federstahlstäben gebildet sein sollen (vgl. Anlage K7, Seite 3, Zeile 17). Diese Verspannung der Haltearme 2 tritt im Ausführungsbeispiel jedoch nur ergänzend zu der Verspannung mittels der zentralen Spannfeder 16 hinzu und ersetzt diese im Rahmen des Ausführungsbeispiels nicht. Einen weitergehenden Anhalt dafür, im Rahmen des Wortsinns in einer federnden Ausgestaltung der Haltearme eine Alternative zur unmittelbaren Federwirkung zwischen Halterung und Felge sehen zu können, bieten weder die Beschreibung noch die Zeichnungen.
Primär findet die mit einer Verspannung der Haltearmenden gegenüber dem Reifen einhergehende Verbindung zwischen Halterung und Felge bei den Ausführungsbeispielen des Verfügungspatents mithin unmittelbar und direkt zwischen Halterung und Felge statt, wobei eine weitergehende Rückstellkraft aus den (im Ausführungsbeispiel ebenfalls elastisch verformbaren) Haltearmen hinzutreten kann. Das Verfügungspatent unterscheidet jedoch bereits in seinem Anspruchswortlaut zwischen dem als „Feder“ bezeichneten Bauteil einerseits und den „Haltearmen“ andererseits. Der Fachmann wird in dieser grundlegenden Unterscheidung dadurch bestärkt, dass auch die Beschreibung bei beiden dargestellten Ausführungsbeispiele die Federaufgabe zumindest primär dem unmittelbar zwischen Halterung und Felge vermittels Anschlussteil, Befestigungselement und Radschraube angeordneten Bauteil – in dem einen Fall der Spannfeder 16 aus einem Gummi oder einem gummielastischen Material (Figuren 1 bis 5), in dem anderen Fall (Figur 6) der Schraubenzugfeder 16 – zuweist.
Bei der angegriffenen Ausführungsform fehlt es jedoch hinsichtlich der unmittelbaren Festlegung der zentralen Halterung gegenüber der Felge an einer federnden Verbindung bzw. Verbindbarkeit, weil das einerseits im Anschlussteil festgelegte und andererseits in der Halterung mit einem Ratschenmechanismus festlegbare Band unstreitig keine elastischen Eigenschaften aufweist. Auch die weiteren, zwischen Halterung und Felge anzuordnenden Bestandteile der angegriffenen Ausführungsform (Anschlussteil und Befestigungselement) haben keine erkennbare Federwirkung. Eine wortsinngemäße Verwirklichung der technischen Lehre ist daher nicht feststellbar.

b)
Allerdings werden dann, wenn das Band der angegriffenen Ausführungsform mittels Ratschenvorrichtung gespannt und dadurch eine feste Verbindung zwischen Halterung und Felge (Radflansch) geschaffen wird, die Haltearme der angegriffenen Ausführungsform aufgespannt. Konkret werden die Haltearme mit ihren äußeren, dem Laufnetz an der Radaußenseite zugewandten Enden in axialer Richtung von Felge und Reifen weggerichtet elastisch verspannt. Dies betrifft insbesondere diejenigen Haltearme, die sich im Bereich der Bodenaufstandsfläche befinden, wo das Laufnetz nicht zwischen die Lauffläche und den Boden gelangen kann, zugleich aber auch die übrigen Haltearme, weil allein die Federkraft der Haltearme bei der angegriffenen Gleitschutzvorrichtung dazu beitragen kann, das vollständig aufgezogene Laufnetz auch im Betrieb sicher auf der Reifenlauffläche zu halten. Die elastische Verspannung der Haltearme, deren innere Enden mit der Halterung verbunden sind, setzt voraus, dass sich die Halterung gegenüber der Felge abstützen bzw. nicht auch ihrerseits von der Felge entfernen kann. Diese Fixierung erfährt die Halterung der angegriffenen Ausführungsform durch das nicht elastische Band, wenn dieses durch die Ratschenvorrichtung festgespannt wird. Die für eine selbsttätige Restmontage erforderliche Rückstellkraft wirkt – anders als dies nach dem Wortsinn vorausgesetzt wird – nicht direkt zwischen Halterung und Felge, sondern zwischen Halterung und Reifen, vermittelt über die Haltearme. Fährt das Fahrzeug nach Verspannen der Haltearme an und wird das Rad gedreht, werden die Haltearme aus ihrer elastischen Verformung mit ihren äußeren Enden zurück in Richtung Rad bewegt, nehmen weitgehend ihre ursprüngliche Form wieder an und drücken dabei das Laufnetz vollständig auf die Reifenlauffläche, wo es sodann – wie die Antragsgegner nicht bestritten haben – von den Haltearmen sicher gehalten wird. Im Ergebnis ist es somit die elastische Verspannung der Haltearme, vermittelt über die Ratschenverstellung des Riemens und damit die Festlegung der Halterung gegenüber der Felge, die eine automatische Restmontage und einen Verbleib des Laufnetzes auf der Lauffläche überhaupt ermöglicht.
Darin liegt eine Verwirklichung der technischen Lehre des Verfügungspatents mit äquivalenten Mitteln. Unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz ist die Benutzung einer patentgemäßen Lehre im Rahmen einer dreistufigen Prüfung dann zu bejahen, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen des Patents unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der patentgeschützten Erfindung zugrunde liegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte. Dabei erfordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung stehende Gebot der Rechtssicherheit, dass der durch Auslegung zu ermittelnde Sinn der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereiches bildet, welche sich an den Patentansprüchen auszurichten hat (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. etwa GRUR 2002, 511, 512 – Kunststoffrohrteil; GRUR 2002, 515, 517 – Schneidmesser I; GRUR 2002, 519, 521 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 523, 524 – Custodiol I, GRUR 2002, 527, 529 – Custodiol II; GRUR 2006, 313 – Stapeltrockner; Urteil vom 13.02.2007, X ZR 74/05 – Kettenradanordnung; OLG Düsseldorf, Mitt. 2005, 449, 452 – Monoklonaler Maus-Antikörper).
Demnach ist es, um eine Benutzung der Lehre eines Patents unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz bejahen zu können, nicht nur erforderlich, dass die vom Wortsinn des Patentanspruches abweichende Ausführungsform das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und dass der Durchschnittsfachmann mit den Fachkenntnissen des Prioritätstages des Patents ohne erfinderische Bemühungen in der Lage war, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden, sondern darüber hinaus auch, dass die vom Fachmann dafür anzustellenden Überlegungen derart am Sinngehalt der in den Patentansprüchen unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführungsform mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGH, a.a.O.).
Legt man dies zugrunde, so liegt in Gestalt der angegriffenen Ausführungsform eine Verletzung des Verfügungspatents mit äquivalenten Mitteln vor. Die von dem Verfügungspatent zu lösende Aufgabe, eine Gleitschutzvorrichtung zur Verfügung zu stellen, die sowohl zur automatischen Restmontage auf ein Fahrzeugrad fähig ist als auch auf einfache Weise von einer Aufbewahrungs- in eine Montagestellung und zurück überführt werden kann, erfüllt die angegriffene Ausführungsform in objektiv gleichwirkender Weise. Die Antragsgegner stellen nicht in Abrede, dass die Gleitschutzvorrichtung „C“ in der Lage ist, sich selbsttätig auf ein Fahrzeugrad aufzuziehen, wie in dem Werbevideo gemäß Anlage K15 gezeigt, und im Betrieb mit ihrem Laufnetz auf der Reifenlauffläche sicher gehalten zu werden. Desgleichen bestreiten die Antragsgegner nicht, dass sich die angegriffene Ausführungsform auch durch die in Merkmalen 7 und 8 näher beschriebene Ausgestaltung auszeichnet, die eine einfache Überführung von der platzsparenden Aufbewahrungs- in die Montageposition und umgekehrt ermöglicht. Die abgewandelten Mittel stellen beide Teile der erfindungsgemäßen Aufgabe (automatische Restmontage nebst sicherem Verbleib auf der Reifenlauffläche und einfache Klappbarkeit der Vorrichtung) nicht in Frage. Das Verfügungspatent setzt voraus, dass die zentrale Halterung am Zentrum der Felge ein Widerlager für die Aufbringung der Federkraft auf die äußeren Enden der Haltearme findet, um mittels dieser Federkraft das Laufnetz auf die Lauffläche zu drücken und anschließend dort zu halten. Insoweit stimmt das abgewandelte Mittel der angegriffenen Ausführungsform mit dem Verfügungspatent überein. Der Unterschied liegt allein darin, dass die technische Lehre des Verfügungspatents zumindest primär ein zentrales Heranziehen der Halterung an die Felge (gegebenenfalls kombiniert mit einer weiteren Federwirkung durch elastische Haltearme) voraussetzt, während die Federwirkung bei der Abwandlung ausschließlich über die Haltearme ausgeübt wird. Gemeinsamer Kern ist aber auch hier, dass die Halterung zusammen mit den inneren Enden der Haltearme eine Fixierung gegenüber der Felge erfährt (erfahren muss), die eine Aufbringung von Federkraft auf die äußeren Enden der Haltearme überhaupt erst ermöglicht. Dass die Federkraft bei der angegriffenen Ausführungsform demgegenüber ausschließlich durch eine elastische Verformung der Haltearme aufgebaut wird, während die Halterung durch ein unelastisches Band gegenüber der Felge festgelegt wird, stellt die Gleichwirkung im Hinblick auf die erstrebten Ziele nicht in Frage. Insbesondere vermag die angegriffene Gleitschutzvorrichtung in gleicher Weise, wie nach der technischen Lehre des Verfügungspatents vorgesehen, das Laufnetz selbsttätig auf die Reifenlauffläche zu drücken und im anschließenden Betrieb dort sicher zu halten.
Ausgehend von der Verfügungspatentschrift war der Fachmann des Prioritätstages aufgrund seiner Fachkenntnisse ohne erfinderische Tätigkeit in der Lage, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden und als gleichwertige Lösung in Betracht zu ziehen, wenn er sich am Sinngehalt der in den Patentansprüchen unter Schutz gestellten Lehre orientiert. Das Verfügungspatent gibt dem Fachmann alle Elemente an die Hand, um die Ziele des selbsttätigen Aufziehens, der sicheren Halterung und der einfachen Überführung von der Aufbewahrungsstellung in die Montagestellung und zurück erreichen zu können. Die Beschreibung selbst leitet ihn dazu an, die abgewandelten Mittel aufzufinden, indem sie im Zusammenhang mit dem dargestellten Ausführungsbeispiel davon spricht, die Haltearme seien aus flachen Federstahlstäben gebildet (Anlage K7, Seite 3, Zeile 17). Dem Fachmann ist aufgrund seines Fachwissens geläufig, dass sich Federstahl in besonderer Weise zur Herstellung von federnden Teilen aller Art eignet. Dies hat die Antragstellerin durch Vorlage des Lehrbuchauszugs Dubbel (Eintrag: Federstähle) als Anlage K16 glaubhaft gemacht und es begegnet aus Sicht der Kammer keinen Bedenken, dass der Fachmann aus der Erwähnung der Materialbeschaffenheit unschwer den Rückschluss auf die Federeigenschaft der Haltearme zieht, insbesondere wenn „flache Federstahlstäbe“ in der Beschreibung explizit erwähnt werden. Die Patentschrift offenbart ihm damit die Möglichkeit, in patentgemäßer Weise sowohl die unmittelbare Verbindung von Halterung und Felge federnd auszugestalten, als auch die Haltearme als Verbindung zwischen Halterung und Laufnetz. Das Laufnetz ist das Element der geschützten Gleitschutzvorrichtung, das durch die Federkraft in Richtung der Reifenlauffläche gedrückt und dort sicher gehalten werden soll (vgl. Anlage K7, Seite 3, Zeile 32-37). Es erschließt sich dem Fachmann daher nach Überzeugung der Kammer ohne erfinderische Überlegungen, dass er auf eine zentrale Feder, die direkt zwischen Halterung und Felge angeordnet ist, verzichten kann, wenn er nur die Haltearme hinreichend federnd ausgestaltet. Eines weitergehenden Anhaltspunktes in der Verfügungspatentschrift, auf eine zentrale Federung der Halterung unter diesen Umständen verzichten zu können, den die Antragsgegner hier vermissen, bedurfte es hierfür nicht. Denn bereits die in der Beschreibung offenbarte Möglichkeit, neben einer zentralen Feder auch federnde Haltearme vorzusehen, bringt für den Fachmann in der Praxis die Notwendigkeit mit sich, die Federwirkung des einen Elements auf die Federwirkung des jeweils anderen abzustimmen, etwa indem er bei verhältnismäßig weichen Federstahlstäben für die Haltearme auf eine vergleichsweise steife zentrale Feder zurückgreift. Würde er hingegen beide Federelemente gleichermaßen „weich“ auslegen, liegt es auf der Hand, dass ein selbsttätiges Aufziehen und ein sicherer Halt des Laufnetzes auf der Reifenlauffläche nicht mehr gewährleistet wären. Wählt er jedoch eine Kombination aus leicht federnden Haltearmen und relativ steifer Zentralfeder, wird er unschwer erkennen, dass er auf eine Federwirkung der unmittelbaren Verbindung zwischen Halterung und Felge auch gänzlich verzichten und ein unelastisches zentrales Verbindungsmittel wählen kann, sofern dieses nur die erforderliche Fixierung der Halterung mit den inneren Enden der Haltearme relativ zur Felge gewährleistet. Unter diesen Umständen erschließt es sich ihm ohne weiteres, dass die Federwirkung auch allein durch die Haltearme zur Verfügung gestellt werden kann.
Nicht zu folgen ist der von den Antragsgegnern in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht, der Fachmann werde durch die Beschreibung der Verfügungspatentschrift im Gegenteil eher davon abgehalten, zu den abgewandelten Mitteln der angegriffenen Ausführungsform zu gelangen. Die Antragsgegner meinen, dies geschehe dadurch, dass in Anspruchsmerkmal 1 eine Feder und daneben in der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels nach Anspruch 1 auch Federstahlstäbe für die Haltearme genannt würden, während der Anspruchswortlaut die Haltearme zugleich als gesonderte Merkmalsbestandteile ansehe. Durch die abgewandelten Mittel der angegriffenen Ausführungsform werde daher – so die Antragsgegner – nicht etwa ein Merkmal durch eine Abwandlung ersetzt, sondern ein anspruchsgemäßes Merkmal (und zwar das Merkmal der zentralen Feder) falle infolge der Abwandlung ersatzlos weg. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Der Fachmann verzichtet bei der Abwandlung gemäß der angegriffenen Ausführungsform nicht etwa ersatzlos auf die zentrale Verbindung (Haltefunktion) der Halterung mit der Felge mittels einer Feder (Federwirkung), sondern nur auf den einen Aspekt der zentralen Federung. Die zentrale Verbindung mittels einer Feder wird reduziert auf die Haltefunktion, durch welche die Halterung das erforderliche Widerlager auf der Felge erfährt, lediglich die Funktion der Verspannung (das heißt die Federwirkung zur Bereitstellung der Rückstellkraft) wird dezentralisiert und auf die Haltearme verlagert. Allein indem die Halterung der angegriffenen Ausführungsform mittels eines Riemens gegenüber der Felge so festgelegt wird, dass sie sich nicht wieder von ihr entfernen kann, wird es möglich, über die Verspannung der Haltearme überhaupt eine Rückstellkraft auf das Laufnetz zu übertragen. Die zwei Wirkungen der Feder im Sinne des Anspruchs 1 bleiben daher erhalten, sie werden lediglich auf getrennte Bauteile der angegriffenen Ausführungsform aufgeteilt: Die Funktion der Festlegung (zur Bildung eines Widerlagers gegenüber der Felge) behält das zentral zwischen Halterung und Felge anzuordnende Band der angegriffenen Ausführungsform bei, lediglich die Federwirkung wird ausschließlich von den elastischen Haltearmen ausgeübt.

c)
Um der Abwandlung der angegriffenen Gleitschutzvorrichtung gegenüber dem Wortsinn des Anspruchs 1 im Entscheidungsausspruch Rechnung zu tragen, konnte die angegriffene Beschlussverfügung nicht ohne sprachliche Anpassung aufrechterhalten werden. Hierbei war die Kammer nicht an die Fassung des von der Antragstellerin hilfsweise gestellten Äquivalenzantrags gebunden, sondern konnte nach freiem Ermessen bestimmen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind (§ 938 Abs. 1 ZPO), zumal sich die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung mit einer weitergehenden, von ihrem Hilfsantrag sprachlich abweichenden Präzisierung durch die Kammer ausdrücklich einverstanden erklärt hat. In der Fassung des hiesigen Tenors zu Ziffer I. gibt der Verbotsausspruch die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform wieder, in der eine Benutzung mit äquivalenten Mitteln zu erblicken ist.

3.
Aus den im Hinblick auf die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf unter A. der Entscheidungsgründe dargelegten Gründen ist neben der Antragsgegnerin zu 1), bei der Wiederholungsgefahr besteht (Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 139 Abs. 1; 9 Satz 2 Nr. 1 PatG), auch die Antragsgegnerin zu 2) unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr passiv legitimiert und kann gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 139 Abs. 1; 9 Satz 2 Nr. 1 PatG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

II.
Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht. Als Verfügungsgrund erfordert der Erlass einer einstweiligen Verfügung die unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu ermittelnde Dringlichkeit der einstweiligen Regelung. Durch Veränderung des bestehenden Zustandes muss entweder die Verwirklichung der Rechte des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden können (§ 935 ZPO) oder die Regelung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig erscheinen (§ 940 ZPO) (Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Auflage 2003, § 143 Rn. 326). Diese Prüfung erfordert unter anderem eine Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, die gegen die Interessen des Antragstellers abgewogen werden müssen (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG GebrMG, 10. Auflage 2006, § 139 PatG Rn. 153a m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen überwiegt im vorliegenden Fall das Interesse der Antragstellerin am Erlass einer einstweiligen Verfügung gegenüber dem Interesse der Antragsgegner an einem weiteren Angebot und am Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform.
Die Schutzrechtslage und die Verletzungsfrage sind hinreichend gesichert. Das Verfügungspatent steht seit seiner Erteilung im Jahre 1993 unangefochten in Kraft. Wie unter Ziffer I. 2. im Einzelnen ausgeführt wurde, kann nach der für das einstweilige Verfügungsverfahren erforderlichen summarischen Prüfung mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit von einer Verletzung des Verfügungspatents mit äquivalenten Mitteln ausgegangen werden. Die durch das Verfügungspatent geschützte technische Lehre ist nicht übermäßig komplex; Aufbau und Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform sind unstreitig und hinreichend dokumentiert.
Durch ein weiteres Angebot und einen weiteren Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform seitens der Antragsgegner würden die Rechte der Antragstellerin aus dem Verfügungspatent fortdauernd verletzt, was diese grundsätzlich nicht hinnehmen muss, zumal sie nach ihrem Vortrag eine der technischen Lehre des Verfügungspatents entsprechende Vorrichtung unter der Bezeichnung „E“ selbst vertreibt.
Schließlich hat die Antragstellerin durch ihr vorgerichtliches Verhalten nicht zu erkennen gegeben, auf eine vorläufige Regelung der Angelegenheit nicht angewiesen zu sein. Sie hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht unangemessen hinausgezögert. Die Dringlichkeit ist dann zu verneinen, wenn der Verletzte ohne einleuchtenden Grund mit dem Vorgehen gegen die Patentverletzung längere Zeit zugewartet hat (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139 PatG Rn. 153c). Sobald der Antragsteller Kenntnis vom mutmaßlich patentverletzenden Erzeugnis erlangt hat, ist es seine Pflicht, anhand des ihm vorliegenden Produkts den Verletzungstatbestand aufzuklären, genauso wie es seine Obliegenheit ist zu klären, welche Schutzrechte bei der gegebenen Ausgestaltung verletzt sein können (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Auflage 2008, Rn. 67). Diesen Anforderungen hat die Antragstellerin durch ihr Verhalten entsprochen. Nachdem sie über ihre Mitarbeiter F und G anlässlich der Werkstattmesse Anfang September 2008 Kenntnis von dem patentverletzenden Angebot der angegriffenen Ausführungsform durch die Antragsgegnerin zu 1) erlangt hatte, ist sie unverzüglich an die Antragsgegner herangetreten und hat diese mit Schreiben vom 11. September 2008 unter Setzung einer kurzen Frist erfolglos abgemahnt. Nach Fristablauf hat sie unverzüglich die streitgegenständliche einstweilige Verfügung beantragt.
Die Zusammenschau der vorstehend genannten Umstände rechtfertigt es, die mit dem Erlass der einstweiligen Verfügung verbundenen Nachteile und Risiken für die Antragsgegner in Kauf zu nehmen und ihnen im Wege der einstweiligen Verfügung den weiteren Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform zu verbieten.

C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz); 100 Abs. 1 ZPO.
Einer Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit dieses Urteils bedarf es nicht, insbesondere nicht nach § 708 Nr. 6 ZPO. Das die einstweilige Beschlussverfügung auf den Widerspruch des Antragsgegners bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche Beschlussverfügung (§§ 929 Abs. 1; 936 ZPO) und ist daher mit der Verkündung sofort vollstreckbar (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Auflage 2007, § 925 Rn. 9; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Auflage 2003, Rn. 193). Hingegen sind Urteile, durch welche eine einstweilige Verfügung abgelehnt oder aufgehoben wird, gemäß § 708 Nr. 6 ZPO für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung zu erklären. Die Voraussetzung der „Aufhebung“ wird dabei allgemein so verstanden, dass auch ein Urteil, das die Beschlussverfügung – sei es auch nur hinsichtlich einer bereits dort angeordneten Sicherheitsleistung – abändert oder von einer Sicherheitsleistung abhängig macht, ohne Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 925 Rn. 9; Zöller/Herget, a.a.O., § 708 Rn. 8). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil den Antragsgegnern mit diesem Urteil in der Sache dasselbe Verhalten untersagt wird, wie bereits mit der mit dem Widerspruch angegriffenen Beschlussverfügung geschehen. Die Benutzungshandlung, die anders als in der einstweiligen Verfügung vom 16. September 2008 angenommen keine wortsinngemäße Benutzung des Verfügungspatents, sondern eine solche mit äquivalenten Mitteln darstellt, wird mit dem hiesigen Entscheidungsausspruch lediglich im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform und ihre patentverletzende Ausgestaltung präzise beschrieben. Eine Änderung des Entscheidungsausspruchs in der Sache, die es rechtfertigen würde, von einer „Abänderung“ und damit (Teil-) Aufhebung der Beschlussverfügung im Sinne des § 708 Nr. 6 ZPO auszugehen, ist mit dieser Präzisierung nicht verbunden.

Der Streitwert wird auf 250.000,– € festgesetzt.