Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Oktober 2008, Az. 4a O 93/07
Rechtsmittelinstanz: 2 U 126/08
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
optische Datenträger als Verfahrenserzeugnis eines Verfahrens zur Erzeugung eines lokalen, decodierten Signals
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
wobei das genannte lokale, decodierte Signal durch das Zusammenfügen eines decodierten Fehlersignals mit einem bewegungskompensierten Vorhersagesignal erzeugt wird, und das genannte decodierte Fehlersignal durch Decodieren eines codierten Datums, das ein codiertes Vorhersagefehlersignal, das aus einer Differenz zwischen einem ersten Videobild und einem zweiten Videobild eines Bewegtvideo-Signales, das für erste und zweite Videobilder umfassende sequentielle Videobilder repräsentativ ist, gewonnen wurde, ist, erzeugt wird, mit folgenden Verfahrensschritten:
– Speichern des lokalen, decodierten Signals als vielfache gerade und ungerade Halbbilder in einem Halbbildspeicher;
– Erzeugen von vielfachen Vorhersagesignalen aus den genannten vielfachen im genannten Halbbildspeicher gespeicherten Halbbildern durch funktionelles Verbinden des genannten Halbbildspeichers;
– Erzeugen eines interpolierten Vorhersagesignals, das sich von jedem der Vielzahl der Vorhersagesignale unterscheidet, indem die genannte Vielzahl von Vorhersagesignalen interpoliert wird;
– wobei das genannte bewegungskompensierte Vorhersagesignal aus der Vielzahl der Vorhersagesignale und dem interpolierten Vorhersagesignal erhalten wird;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die vorstehend zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 02.05.2003 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
hinsichtlich der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen und Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind,
der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend zu I. 1. bezeichneten, seit dem 02.05.2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 94 % und der Klägerin zu 6 % auferlegt.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000.000,00 EUR. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 0 984 xx B1 (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 21.10.1992 unter Inanspruchnahme zweier japanischer Prioritäten vom 22.10.1991 und vom 02.04.1992 angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 02.04.2003 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft.
Das Klagepatent bezieht sich auf Systeme und Verfahren zur Kodierung alternierender Halbbilder in Zeilensprungbildsequenzen. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache Englisch ist, lautet in der veröffentlichten deutschen Übersetzung wie folgt:
1. Verfahren zur Erzeugung eines lokalen, dekodierten Signals, wobei das genannte lokale, dekodierte Signal durch das Zusammenfügen eines dekodierten Fehlersignals (207) mit einem bewegungskompensierten Vorhersagesignal (210) erzeugt wird, und das genannte dekodierte Fehlersignal (207) durch Dekodieren von eines kodierten Datums (206), das ein kodiertes Vorhersagefehlersignal, das aus einer Differenz zwischen einem ersten Videobild und einem zweiten Videobild eines Bewegtvideo-Signales (201), das für erste und zweite Videobilder umfassende sequentielle Videobilder repräsentativ ist, gewonnen wurde, ist, erzeugt wird,
durch die Verfahrensschritte gekennzeichnet:
Speichern des lokalen, dekodierten Signals als vielfache gerade und ungerade Halbbilder in einem Halbbildspeicher (28, 29);
Erzeugen von vielfachen Vorhersagesignalen (204a, 204b) aus den genannten vielfachen im genannten Halbbildspeicher gespeicherten Halbbildern durch funktionelles Verbinden des genannten Halbbildspeichers;
Erzeugen eines interpolierten Vorhersagesignals (204c), das sich von jedem der Vielzahl der Vorhersagesignale (204a, 204b) unterscheidet, indem die genannte Vielzahl von Vorhersagesignalen interpoliert wird;
wobei das genannte bewegungskompensierte Vorhersagesignal (210) aus der Vielzahl der Vorhersagesignale (204a, 204b) und dem interpolierten Vorhersagesignal (204c) erhalten wird.
A ist die 1988 im Rahmen der International Organisation for Standards (ISO) gegründete Expertengruppe. Sie beschäftigt sich mit Kompressions- und Dekompressionsstandards in der digitalen Übertragungstechnik und entwickelte unter anderem den A-2-Standard, der insbesondere im Zusammenhang mit der (De-)Komprimierung bei der Speicherung oder Übertragung von Bilddaten Anwendung findet. Der A-2-Standard trägt die Bezeichnung B-1 „Systems“ für die Kombination eines oder mehrerer Datenströme zwecks Speicherung und Übertragung („System-Teil“) und B-2 „Video“ für (De-) Komprimierung von Video-Daten („Video-Teil“). Die für die Verwirklichung dieser beiden A-2-Standards maßgeblichen Patente wurden von den jeweiligen Patentinhabern in einen Patentpool eingebracht, der von der A LA LLC (nachfolgend A LA) verwaltet wird. Aufgabe der A LA LLC ist es unter anderem, Unterlizenzen an den Patenten aus diesem Pool zu erteilen. Sie hat sich verpflichtet, jedem Interessierten an dem Patentpool eine Lizenz zu festgelegten und jeweils gleichen Bedingungen zu erteilen. Unter den 25 Patentinhabern, deren insgesamt über 800 Patente aus 57 Ländern Bestandteil des Patentpools sind, befindet sich auch die Klägerin, die das Klagepatent in den Patentpool einbrachte. Die Nutzung des A-2-Standards setzt die Benutzung des Klagepatents zwingend voraus.
Die Beklagte stellt her und vertreibt optische Datenträger mit Videoinhalten, die nach dem A-2-Standard codiert wurden. Sie ist die größte Produzentin von DVDs in Griechenland mit einer Produktion von 28 Mio. Stück im Jahr 2007. Die DVDs werden schwerpunktmäßig in Griechenland, aber auch im europäischen Ausland und an arabische Kunden vertrieben.
Am 09.02.2007 nahm eine Frau C für das Unternehmen „D C“ per Email Kontakt zur Beklagten auf und bat um Abgabe eines Angebots zur Lieferung von 500 DVDs. Sie gab als Geschäftsanschrift eine Anschrift in F. an. Eine Mitarbeiterin der Beklagten wickelte die Anfrage ab. Sie wies in der ersten Email darauf hin, dass die Preise keine Copyright-Rechte oder Lizenzgebühren beinhalten. Daraufhin erklärte „D C“, die Daten seien GEMA-frei. Sie bestellte 500 DVDs und verlangte Lieferung an ein Lager mit einer Anschrift in K.. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass die angegebene Umsatzsteueridentifikationsnummer nicht mit der „D C“ übereinstimmte. Frau C wies darauf hin, dass sich die USt.-ID auf ihre Wohnanschrift in L. beziehe. Am 26.04.2007 bestätigte D den Erhalt der Lieferung in K.. Anschließend war es der Beklagten nicht mehr möglich, Kontakt zu Frau C aufzunehmen. Die Geschäftsadresse in F. hat keinen Briefkasten und keine Klingel. In K. ist Frau C nicht ansässig und betreibt dort auch kein Gewerbe.
Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Aufgrund der Produktionskapazitäten der Beklagten und des gesamten Bestell- und Liefervorgangs sei erkennbar, dass die Beklagte DVDs nicht nur für den griechischen Markt produziere, sondern auch ins Ausland, unter anderem in die Bundesrepublik Deutschland liefere. Daher sei die Beklagte durch die Bestellung seitens der „D C“ nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise hereingelegt worden. Ebenso werde der Gerichtsstand beim Landgericht Düsseldorf zu Recht in Anspruch genommen.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt zu entscheiden und darüber hinaus unter Ziffer
III. die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen unter I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten,
hilfsweise ihr nachzulassen, im Falle des Unterliegens die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte rügt das Fehlen der internationalen und örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Sie behauptet dazu, sie vertreibe die von ihr hergestellten DVDs nicht in der Bundesrepublik Deutschland. Sie unterhalte auch keine geschäftlichen Beziehungen in Deutschland und beabsichtige auch keine Ausweitung der Tätigkeit nach Deutschland. Bei der Lieferung an „D Frau C“ habe es sich um die einzige Lieferung nach Deutschland im Zeitraum seit Juni 1995 gehandelt. Es seien in dieser Zeit keine Bestellungen aus Deutschland akzeptiert worden. Die Mitarbeiter würden dementsprechend unterrichtet und instruiert.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe sich die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf rechtsmissbräuchlich erschlichen, indem sie den Sachverhalt manipuliert habe. Bei der „D C“ handele es sich um eine Scheinfirma. Durch eine Bestellung von nur 500 DVDs habe die Klägerin die betriebsinternen Kontrollmechanismen der Klägerin umgangen. Eine Lieferung nach K. sei nur verlangt worden, um einen Gerichtsstand beim Landgericht Düsseldorf begründen und dadurch ein Gericht anrufen zu können, bei dem die Klägerin ihr Schutzrecht bereits erfolgreich habe durchsetzen können. Auf solche sachfremden Erwägungen können die Zuständigkeit des Gerichts nicht gestützt werden.
Die Beklagte hält die Klage außerdem für unbegründet. Die geltend gemachten Ansprüche seien wegen Rechtsmissbrauchs zu verneinen. Der einzige Zweck der Bestellung sei es gewesen, einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten zu provozieren und die Beklagte hereinzulegen. Im Übrigen werde das Klagepatent durch die angegriffene Ausführungsform nicht wortsinngemäß verletzt. Die Beklagte bestreitet insofern eine Verletzung des Klagepatents.
Mit Schriftsatz vom 17.09.2008 hat die Beklagte erstmals die Ansicht vertreten, dass im Falle einer Benutzung der technischen Lehre die Rechte aus dem Klagepatent zumindest erschöpft seien. Dazu hat die Beklagte schriftsätzlich vorgetragen, die Maschine zur Herstellung der DVDs sei mit Zustimmung der Klägerin von der in der Schweiz ansässigen E GmbH an die Beklagte veräußert worden. Bei der Herstellung der DVDs kämen alle streitgegenständlichen Patente zum Einsatz. Da es sich um Verfahrensansprüche handele, trete mit der Veräußerung Erschöpfung ein.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
A
Die Klage ist zulässig.
Das Landgericht Düsseldorf ist für die Entscheidung über das Klagebegehren international und örtlich zuständig.
1. Die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Die Beklagte als Unternehmen mit Sitz in Griechenland wird vor einem deutschen Gericht in Anspruch genommen. Die Klägerin macht Ansprüche wegen Patentverletzung, mithin deliktische Ansprüche geltend. Ein Gerichtsstand ist gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO dort eröffnet, wo das schädigende Ereignis eingetreten ist. Das ist sowohl der Ort, an dem der Schaden entstanden ist, als auch der Ort des ursächlichen Geschehens. Im vorliegenden Fall ist zumindest der Schaden in der Bundesrepublik Deutschland eingetreten, weil die Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin DVDs, die von dem durch das Klagepatent geschützten Verfahren Gebrauch machen, in die Bundesrepublik Deutschland lieferte. Dass die Klägerin selbst keinen Sitz in einem Mitgliedsstaat der EG hat, ist unbeachtlich. Die Zuständigkeitsverordnung gilt auch für Ausländer aus Drittstaaten, die ebenfalls einen Anspruch auf Justizgewährung haben (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl.: Art. 2 EuGVVO Rn 13).
2. Das Landgericht Düsseldorf ist gemäß § 32 ZPO i.V.m. § 143 PatG und der VO des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31.01.1998 (GV NW S. 106) örtlich zuständig, da der Erfolgsort der von der Klägerin vorgetragenen Patentverletzungshandlung in Nordrhein Westfalen liegt. Nach der Regelung in § 32 ZPO ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die schädigende Handlung begangen wurde, also eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale verwirklicht wurde. Im vorliegenden Fall liegt der Erfolgsort der Handlung in K., weil die Beklagte die streitgegenständlichen DVDs unstreitig an eine Lieferanschrift in K. sandte, wo sie auch ausgeliefert wurden. Die ausschließliche örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf in Patentstreitigkeiten für das Land Nordrhein-Westfalen ergibt sich aus der entsprechenden Verordnung vom 31.01.1998 (GV NW S. 106).
3. Die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf kann nicht mit der Begründung verneint werden, die Klägerin habe sich rechtsmissbräuchlich verhalten, indem sie über Dritte die Beklagte veranlasst habe, die streitgegenständlichen DVDs nach K. in die Bundesrepublik Deutschland zu liefern. Es ist anerkannt, dass auch das Prozessrecht und damit die Gerichtsstandsregelungen dem Grundsatz von Treu und Glauben unterliegen, wie er für das materielle Recht in § 242 BGB seinen Ausdruck gefunden hat. Danach kann einer Klage, die formal gesehen alle Zuständigkeitsvoraussetzungen erfüllt, gleichwohl der gerichtliche Rechtsschutz versagt werden, weil der Kläger treuwidrig oder missbräuchlich handelt, wenn er formal gegebene Zulässigkeitsvoraussetzungen zu seinen Gunsten ausnutzt (OLG Hamm NJW 1987, 138).
a) Ein Kläger handelt in Fällen treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich, in denen er die tatsächlichen Voraussetzungen für seine Klage gewissermaßen manipuliert, um eine gerichtliche Zuständigkeit zu erreichen, die ihm sonst verschlossen wäre. (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl.: § 12 Rn 19 m.w.N.). Ebenso ist anerkannt, dass sich ein Kläger nicht auf § 32 ZPO berufen kann, wenn er eine unerlaubte Handlung provoziert hat. (OLG München NJW 1990, 3097, 3098). Von einer solchen Provokationsbestellung, durch die eine Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf nicht begründet werden könnte, kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein.
aa) Es ist bereits unklar, ob die Klägerin überhaupt Frau C veranlasste, die streitgegenständlichen DVDs bei der Beklagten zu bestellen und nach Deutschland liefern zu lassen. Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin im Besitz von DVDs und der zugehörigen Rechnung ist, kann nicht zwingend geschlossen werden, dass Frau C für die Beklagte tätig wurde und das Geschehen anlässlich der Bestellung der DVDs der Klägerin zugerechnet werden kann. Selbst wenn aber die angegriffenen Ausführungsformen auf Veranlassung der Klägerin bestellt wurden, handelt es sich nicht um eine unbeachtliche Provokationsbestellung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Testkäufe und -bestellungen ein weithin unentbehrliches Mittel zur Überprüfung des Wettbewerbsverhaltens von Mitbewerbern sind (BGH GRUR 1999, 1017, 1019 – Kontrollnummernbeseitigung). Die Ausführung einer Bestellung, wie sie im vorliegenden Fall vorgenommen wurde, zeigt im Allgemeinen die grundsätzliche Lieferbereitschaft des Anbieters. Als unbeachtlich könnte allenfalls eine Einzellieferung angesehen werden, die außerhalb des regelmäßigen Absatzgebietes nur ausnahmsweise aufgrund einer ausdrücklichen Bestellung vorgenommen worden wäre (vgl. auch BGH GRUR 1980, 227, 229 – Monumenta Germaniae Historica). Davon kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Vielmehr durfte die Klägerin in zulässiger Weise von einer allgemeinen Lieferbereitschaft der Beklagten ins Ausland und insbesondere in die Bundesrepublik Deutschland ausgehen, die sich in der streitgegenständlichen Lieferung lediglich manifestierte. Dass es sich dabei gegebenenfalls um die erste Lieferung der Beklagten nach Deutschland handelte, ist unbeachtlich. Für die Zulässigkeit eines Testkaufs und die wirksame Begründung eines internationalen Gerichtsstandes in der Bundesrepublik Deutschland sind frühere Lieferungen seitens der Beklagten nach Deutschland grundsätzlich nicht erforderlich. Vielmehr genügt die allgemeine Lieferbereitschaft.
bb) Der Erfolg des Testkaufs zeigt, dass die Beklagte durchaus gewillt und in der Lage ist, Geschäfte mit deutschen Kunden abzuschließen. Darüber hinaus hat die Klägerin zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte mit einer Produktion von 28 Mio. DVDs im Jahr 2007 und einer Produktionskapazität von 29 Mio. DVDs im Jahr 2008 zu den größeren DVD-Herstellern Europas gehört. Aufgrund der Menge der hergestellten DVDs ist nicht anzunehmen, dass die Beklagte allein für den griechischen Markt produziert. Vielmehr haben auch der Leiter der Finanzen und der General Manager bei der Beklagten in ihren Erklärungen lediglich mitgeteilt, dass der Schwerpunkt der Unternehmensaktivitäten in Griechenland liege. Dies schließt Lieferungen ins Ausland nicht aus. Für solche Lieferungen ins Ausland spricht zudem der Ablauf des Auftrags- und Liefervorgangs. Ausgangspunkt des Liefergeschäfts war keine ausdrückliche Bestellung, sondern lediglich eine Bitte um die Erstellung eines Angebots. Auf diese Anfrage einer ihr unbekannten Person aus dem deutschen Ausland reagierte die Beklagte durch ihre Sachbearbeiterin G mit einer Selbstverständlichkeit, die eine Auslandstätigkeit der Beklagten nahe legt. Die Sachbearbeiterin erteilte der anfragenden Frau C per Email in englischer Sprache alle erbetenen Informationen. Der Auftrag von Frau C wurde anstandslos angenommen. Der Umgang der Beklagten mit dem Erfordernis der Umsatzsteueridentifikationsnummer zeigt Erfahrungen im internationalen Geschäft. Auf ein internationales Tagesgeschäft weisen auch die standardmäßig zweisprachig gehaltenen Geschäftspapiere hin, die zudem alle Angaben für den internationalen Bankenverkehr enthalten. Schließlich schließt auch die Art der von der Beklagten angebotenen Leistung – also die Herstellung von DVDs – die Bereitschaft für Lieferungen nach Deutschland nicht aus. Vielmehr können DVDs ohne Einschränkung für den internationalen Markt hergestellt werden. Vielmehr hängt allein vom Inhalt der DVD ab, ob sie auf dem griechischen oder dem deutschen Markt angeboten wird. Die Leistung der Beklagten beschränkt sich jedoch auf die Herstellung von DVDs mit vorgegebenen Inhalten.
cc) Soweit die Beklagte vorträgt, sie habe kein Interesse und keine Absicht, in der Bundesrepublik Deutschland geschäftlich tätig zu werden, und instruiere dementsprechend ihre Mitarbeiter, greift dies nicht durch. Betriebsinterne Kontrollmechanismen, die in zuverlässiger Weise eine Lieferung der streitgegenständlichen Produkte in die Bundesrepublik verhindern könnten, hat die Beklagte nicht im Einzelnen vorgetragen. Sie hat lediglich eine von H, dem General Manager der DVD-Produktionsanlage der Beklagten, an Mitarbeiter der Beklagten versandte Email vom 04.07.2006 vorgelegt (Anlage B23). Darin heißt es sinngemäß, dass alle Aufträge mit einem Volumen von über 400 Stück DVDs/CDs mit allen erforderlichen Informationen Herrn H vorzulegen sind und nur nach Erteilung seiner schriftlichen Bestätigung ausgeführt werden dürfen. In allen Fällen sollen die Mitarbeiter zwingend vor der Ausführung eines Auftrags sicherstellen, dass alle Lizenzen und Gebühren in Bezug auf gewerbliche Schutzrechte und Urherberrechte geklärt sind und allein von den Kunden der Beklagten an die Rechteinhaber gezahlt werden („(…) that all licenses and royalties in relation to intellectual and industrial property rights (copyrights, neighbouring rights, patents, trademarks etc.) shall be cleared and paid (…) by our clients“ – Anlage B 23).
Aus der vorstehend wiedergegebenen Mitteilung an die Mitarbeiter der Beklagten geht nicht hervor, dass seitens der Beklagten kein Interesse an Lieferungen von DVDs in die Bundesrepublik Deutschland besteht und solche Lieferungen nicht gewollt sind. Der Sinn und Zweck der Regelung, Auftragsvolumina von über 400 DVDs/CDs dem General Manager mitzuteilen und erst nach schriftlicher Genehmigung ausführen zu dürfen, erschließt sich aus der Email nicht. Es ist beispielsweise auch möglich, dass diese Mitteilungspflicht lediglich dazu dient, die Auslastung der Anlage besser zu koordinieren oder die Bonität der Kunden überprüfen zu können. Es ist aber fernliegend anzunehmen, der General Manager werde in jedem Einzelfall prüfen, ob es sich um eine Lieferung nach Deutschland handelt. Denn es wäre einfacher, den Mitarbeitern eine Weisung zu erteilen, Aufträge aus Deutschland zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Weisung, Aufträge erst nach Klärung der gewerblichen Schutzrechte und Urheberrechte auszuführen, bestehen Zweifel, ob mit den genannten Immaterialgüterrechten auch die mit der technischen Herstellung von DVDs verbundenen Schutzrechte – also nicht solche Schutzrechte, die auf den Content der DVD bezogen sind – gemeint sind. Aber selbst wenn dies der Fall sein sollte, geht aus der Weisung nicht hervor, dass Lieferungen in die Bundesrepublik Deutschland weder gewollt, noch beabsichtigt sind. Vielmehr zeigt diese Email eine allgemeine Lieferbereitschaft der Beklagten in das Ausland, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland. Die Auftragserfüllung soll lediglich davon abhängig gemacht werden, dass die Schutzrechtslage geklärt ist und etwaige Lizenzzahlungen von den Kunden der Beklagten geleistet werden. Im Übrigen handelt es sich bei der Weisung des General Manager nicht um einen wirksamen Kontrollmechanismus, um Patentverletzungen im Ausland zu vermeiden, weil den Mitarbeitern nicht mitgeteilt wird, welche konkreten Rechte betroffen sein können und unter welchen Bedingungen von einer Klärung der Schutzrechtslage auszugehen ist. Darüber hinaus ist auch nichts dazu vorgetragen, ob die Weisungen im Einzelnen überwacht werden.
dd) Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt das Verhalten der Klägerin beziehungsweise von Frau C keine Manipulation des Sachverhalts dar. Dies gilt auch im Hinblick auf den Umstand, dass für die Wohnanschrift der Frau C kein Gewerbe angemeldet ist und für die angegebenen Anschriften in F. und K. nicht festgestellt werden kann, ob dort von Frau C überhaupt ein Gewerbe betrieben wird. Denn für den Erfolg von Testkäufen ist es regelmäßig unerlässlich, dass ihr Zweck verheimlicht wird (BGH GRUR 1999, 1017, 1019 – Kontrollnummernbeseitigung). In dieser Hinsicht macht es keinen Unterschied, ob der Testkauf durch die Klägerin selbst, ihren Rechtsanwalt oder durch Dritte erfolgt (vgl. auch BGH a.a.O.; OLG Karlsruhe GRUR 1994, 130 131 – Testpatient). Schließlich kann die Beklagte der Klägerin auch nicht vorwerfen, sie habe die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf erschlichen, indem sie nur 500 DVDs bestellt habe und infolgedessen keine Rücksprache mit Vorgesetzten erfolgt sei. Es ist nicht ersichtlich, woher die Klägerin oder Frau C Kenntnis von den internen Genehmigungs- und Zustimmungserfordernissen der Beklagten haben sollte. Von einer Umgehung von Kontrollmechanismen kann ohne deren Kenntnis keine Rede sein.
b) Die Beklagte trägt vor, der Klägerin sei es mit dem Testkauf und dem Verlangen, die streitgegenständlichen DVDs an eine Anschrift in K. statt an die Gewerbeniederlassung in F. am Main liefern zu lassen, allein darum gegangen, die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf zu begründen, weil sich dieses Gericht bereits in anderen Fällen mit dem Klagepatent befasst habe und die Rechtsprechung für die Klägerin vorteilhaft sei. Sie ist der Ansicht, dieses Verhalten sei rechtsmissbräuchlich, und beruft sich auf eine Entscheidung des OLG Hamm vom 15.05.1986 (NJW 1987, 138). Die vom OLG Hamm angestellten Erwägungen sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der Besteller ist im Rahmen eines Testkaufs grundsätzlich frei, an welchen Ort er sich die bestellte Ware liefern lässt. Dementsprechend wurde der Gerichtsstand beim LG Düsseldorf erst durch die freiwillige Lieferung der streitgegenständlichen DVDs durch die Beklagte nach K. eröffnet. Infolgedessen standen der Klägerin aufgrund des ersten Angebots und die Lieferung der DVDs allenfalls die Gerichtsstände beim Landgericht F. und beim Landgericht Düsseldorf zur Verfügung.
Die Wahl zwischen den beiden Gerichtsständen erfolgte nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise. Insofern kann den vom OLG Hamm in der Entscheidung vom 15.05.1986 (NJW 1987, 138) aufgestellten Grundsätzen nicht gefolgt werden. Soweit der Kläger zwischen mehreren Gerichtsständen gemäß § 35 ZPO die Wahl hat, kommt eine Einschränkung der Wahlmöglichkeit nach dem Schutzzweck der Gerichtsstandsregelungen nicht in Betracht (so aber OLG Hamm NJW 1987, 138). Vielmehr kann die Wahl eines bestimmten Gerichtsstands nur dann als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, wenn sie aus sachfremden Erwägungen erfolgt (so auch KG Berlin GRUR 2008, 212 – Fliegender Gerichtsstand). Demnach ist es grundsätzlich nicht als missbräuchlich anzusehen, wenn der Kläger das ihm bequemste oder genehmste Gericht auswählt, also beispielsweise sein Heimatgericht oder das Gericht mit der ihm am günstigsten erscheinenden Rechtsprechung. Insbesondere ist es dem Kläger im Patentverletzungsprozess unbenommen, dasjenige Gericht auszuwählen, das aus seiner Sicht über eine besondere Sachkunde und Erfahrung in der Beurteilung patentrechtlicher Streitigkeiten verfügt und bei dem entsprechend spezialisierte und qualifizierte Anwälte zugelassen sind. War ein bestimmtes Gericht in der Vergangenheit bereits mit dem fraglichen Schutzrecht befasst, kann es sich schließlich anbieten, auch weitere Rechtsstreitigkeiten gegen andere Verletzer vor diesem Gericht auszutragen, dessen Auffassung vom Inhalt und der Reichweite des Patents dem Kläger aus dem Vorprozess bereits bekannt ist (Kühnen: Kann der Entschädigungsanspruch im besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung geltend gemacht werden? In: GRUR 1997, 19, 20). Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall ein missbräuchliches Verhalten der Klägerin zu verneinen. Es ist nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn sie den Gerichtsstand beim Landgericht Düsseldorf allein deswegen wählte, weil sie das Klagepatent bei diesem Gerichtsstand bereits früher erfolgreich durchgesetzt hatte. Andere Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten hat die Beklagte nicht dargelegt.
B
Die Klage ist bis auf den Antrag zu III. begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB. Durch die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform wurde das Klagepatent verletzt. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die Klägerin mache die Ansprüche in rechtsmissbräuchlicher Weise geltend. Auch der Erschöpfungseinwand greift nicht durch.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Codiersystem zum Codieren eines Signals mit hoher Effizienz. Wie die Klagepatentschrift ausführt, ist es bereits im Stand der Technik bekannt, zum Codieren eines Bildsignals redundante Komponenten, die in einem Bildsignal enthalten sind, zu eliminieren. Ein typischer Ansatz zum Codieren eines Bildes sei die Transformations-Codierungsmethode, bei der ein Bild in Blöcke unterteilt, eine orthogonale Transformation für jeden dieser Blöcke durchgeführt werde und die Transformationskoeffizienten codiert würden (Übersetzung der europäischen Patentschrift 0 984 635 B1, DE 692 32 993 T2, Anlage K2, Abschnitt [0002]).
So würden im Falle von Fernsehsignalen Zeilensprungverfahren verwendet, wobei das Bildsignal eines Vollbildes zwei Mal abgetastet werde, einmal im ungeraden Halbbild, das andere Mal in dem geraden Halbbild, so dass die beiden Halbbilder verschiedene, aber komplementäre Räume eines Bildes abtasteten (Abschnitt [0003]). Die Halbbilder enthielten Bildinformationen zu verschiedenen Zeitpunkten, wobei es jedoch eine starke Korrelation zwischen ihnen gebe, weil die abgetasteten Zeilen der beiden Halbbilder alternierend und benachbart seien. Es gebe bereits eine Technik zum Codieren eines durch Zeilensprungverfahren erzeugten Bildsignals, bei der das Codieren nach dem Kombinieren der Halbbilder und deren Unterteilung in Blöcke durchgeführt werde (Anlage K2, Abschnitt [0004]).
Bei der in der Klagepatentbeschreibung gewürdigten vorbekannten Codiertechnik wird die Bewegung eines Objektes zwischen dem gegenwärtigen Halbbild und dem Halbbild des gleichen Typs des vorangehenden Vollbildes Block für Block ermittelt. Ein interpoliertes Vorhersagesignal kennt der Stand der Technik nicht. Beide Halbbilder werden zwingend und ausschließlich aus dem entsprechenden (geraden oder ungeraden) Halbbild des bereits codierten Vollbildes vorhergesagt und das lokale decodierte Signal konnte ausschließlich aus dem einen oder dem anderen Vorhersagesignal gewonnen werden. Daran rügt die Klagepatentschrift die geringe Codierungseffizienz; das bekannte System nutze die zwischen zwei Feldern existierende räumliche Korrelation, die durch das Zeilensprungverfahren produziert werde, nicht (Anlage K2, Abschnitt [0010]).
Das Klagepatent bezeichnet es als Ziel der ihm zugrunde liegenden Erfindung, eine Methode zur Verfügung zu stellen, die Verschlüsselung mit einer höheren Vorhersageeffizienz zu ermöglichen (Anlage K2, Abschnitt 0012]).
In seinem der vorliegenden Verletzungsklage zugrunde liegenden Anspruch 1 schlägt das Klagepatent ein Verfahren vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
(1) Verfahren zur Erzeugung eines lokalen, decodierten Signals;
(2) das genannte lokale, decodierte Signal wird durch das Zusammenfügen eines decodierten Fehlersignals (207) mit einem bewegungskompensierten Vorhersagesignal (210) erzeugt;
(3) das genannte decodierte Fehlersignal (207) wird erzeugt durch Decodieren eines codierten Datums (206), das ein codiertes Vorhersagefehlersignal ist, welches aus einer Differenz zwischen einem ersten Videobild und einem zweiten Videobild eines Bewegtvideo-Signals (201), das für erste und zweite Videobilder umfassende sequentielle Videobilder repräsentativ ist, gewonnen wurde,
umfassend die weiteren Schritte:
(4) Speichern des lokalen, decodierten Signals als vielfache gerade und ungerade Halbbilder in einem Halbbildspeicher (28, 29);
(5) Erzeugen von vielfachen Vorhersagesignalen (204a, 204b) aus den genannten vielfachen im genannten Halbbildspeicher gespeicherten Halbbildern durch funktionelles Verbinden des genannten Halbbildspeichers;
(6) Erzeugen eines interpolierten Vorhersagesignals (204c), das sich von jedem der Vielzahl der Vorhersagesignale (204a, 204b) unterscheidet, indem die genannte Vielzahl von Vorhersagesignalen interpoliert wird,
(7) wobei das genannte bewegungskompensierte Vorhersagesignal (210) aus der Vielzahl der Vorhersagesignale (204a, 204b) und dem interpolierten Vorhersagesignal (204c) erhalten wird.
Wie die Klagepatentschrift als wesentlich hervorhebt, kann das beanspruchte Verfahren eine stabilisierte Vorhersageeffizienz unabhängig von der Bewegung eines Objektes dadurch zur Verfügung stellen, dass es sich zur Vorhersage auf beide Halbbilder des bereits codierten Vollbildes bezieht (vgl. Anlage K2, Abschnitt [0015]). Dadurch, dass das patentgemäße Verfahren ein Vorhersagesignal benutzt, das durch Interpolation der Vorhersagesignale beider Halbbilder des bereits codierten Vollbildes erzeugt wird, kann Bewegung an dem Punkt zwischen Raum und Zeit der beiden zur Vorhersage verwendeten Halbbilder berücksichtigt werden (vgl. Anlage K2, Abschnitt [0016]).
Die erstrebte höhere Vorhersageeffizienz erreicht die technische Lehre des Klagepatents dadurch, dass den bewegungskompensierten Vorhersagesignalen, die aus dem geraden und dem ungeraden Halbbild gewonnen werden, ein interpoliertes Vorhersagesignal hinzugefügt wird, das sich von den beiden halbbildbasierten Vorhersagesignalen, aus denen es erzeugt wird, unterscheidet (Merkmal 6). Merkmal 7 verlangt dann lediglich, dass dieses interpolierte Vorhersagesignal für die Erzeugung des bewegungskompensierten Vorhersagesignals muss herangezogen werden können (dass dieses also auch unter Einschluss des interpolierten Vorhersagesignals „erhalten wird“), weil sich das interpolierte Vorhersagesignal nur dann im erstrebten Endsubstrat des Verfahrens, einem lokalen, decodierten Signal mit höherer Vorhersageeffizienz, niederschlagen kann. Eine freie Auswahl zwischen allen drei Signalen als gleichzeitig nebeneinander vorliegenden Entscheidungsalternativen verlangt die klagepatentgemäße Lehre hingegen nicht. Anspruchsgemäß und zur Erreichung des mit dem patentgemäßen Verfahren erstrebten Vorteils ausreichend ist es vielmehr, wenn es für das Verfahren zur Erzeugung eines lokalen, decodierten Signals zu dem Zeitpunkt, wo es aus den halbbildbasierten Vorhersagesignalen ein interpoliertes Vorhersagesignal bildet, bereits feststeht, dass das interpolierte Vorhersagesignal anschließend automatisch als bewegungskompensiertes Vorhersagesignal verwendet wird.
II.
Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen (§ 286 Abs. 1 ZPO) ist davon auszugehen, dass die angegriffenen DVDs ihre Entstehung (u.a.) der Anwendung des patentgemäßen Codierverfahrens verdanken. Bei dem Klagepatent handelt es sich um ein für den A-2-Standard wesentliches Patent und es ist angesichts des Umfangs der Geschäftstätigkeit der Beklagten nicht davon auszugehen, dass die Beklagte in keinem einzelnen Fall von den Optionen, durch die der Standard die technische Lehre des Klagepatents benutzt, Gebrauch gemacht hat.
1. Der von der Internationalen Organisation für Standardisierung (ISO) ausgearbeitete A-2-Standard befasst sich u.a. mit der Kombination eines oder mehrerer Datenströme zum Zwecke der Speicherung oder Übertragung (B-1 „Systems“). Speziell für die Verarbeitung von Videosignalen enthält er darüber hinaus technische Vorschriften für die Bildkomprimierung und -dekomprimierung (B-2 „Video“). Die Vorgaben des A-2-Standards sind zwar nicht in dem Sinne zwingend, dass sie stets lediglich eine einzige Vorgehensweise – unter Ausschluss aller anderen – tolerieren. Im Gegenteil enthält der Standard an verschiedenen Stellen Optionen, von denen im Einzelfall (d.h. bei der Codierung konkreter Videodaten) Gebrauch gemacht werden kann oder nicht bzw. die nur unter speziellen Anwendungsbedingungen bedeutsam sind, unter anderen hingegen nicht.
Dass die dem Anwender im Standard zur Verfügung gestellten Verhaltensoptionen – d.h. einzelne von ihnen – rein theoretischer Natur wären und in der Praxis keine Anwendung fänden, trägt auch die Beklagte nicht vor. Wenn aber von dem gesamten Standard (einschließlich seiner Optionen) bei der Datencodierung Gebrauch gemacht wird, so ist grundsätzlich auch der Standard mit seinem gesamten Inhalt (einschließlich der Optionen) geeignet, eine Aussage darüber zu treffen, in welcher technischen Weise bei Einhaltung des A-2-Standards verfahren wird. Steht – wie hier – fest, dass ein Benutzer den A-2-Standard beachtet, und ist des weiteren gesichert, dass eine mögliche, dem Standard entsprechende Vorgehensweise zur (wortsinngemäßen oder äquivalenten) Benutzung des Klagepatents führt, so ist deshalb von einer Patentverletzung auszugehen, wenn der Umfang der Geschäftstätigkeit des Beklagten (oder sonstige vom Kläger darzulegende Umstände) den sicheren Schluss zulassen, dass die Vorgaben des Standards bei Ausübung der Geschäftstätigkeit in ihrer gesamten Breite ausgeschöpft worden sind. Dem Beklagten obliegt unter solchen Umständen der konkrete Vortrag dazu, dass und weshalb er bei der Befolgung des Standards die zur Merkmalsverwirklichung führende Option keinesfalls angewandt hat (LG Düsseldorf, Urteil vom 30. November 2006, Az. 4b O 508/05, InstGE 7, 70, 79, Rn. 26 – Videosignal-Codierung I).
2. Das Verfahren zur Erzeugung eines lokalen, decodierten Signals gemäß Anspruch 1 des Klagepatents ist zwingender Bestandteil des A-2-Video-Standards. Dieser verwirklicht die Merkmale des Anspruchs 1 durch den Prädiktionsmodus des „Dual Prime“, wie er in Abschnitt 7.6.1 des A-2-Video-Standards geregelt ist.
Das Codierungsverfahren nach dem A-2-Video-Standard beinhaltet als einzelnen Verfahrensschritt auch ein Verfahren zum Erzeugen eines lokalen, decodierten Signals (Merkmal (1), vgl. Abschnitt 3.86 des Standards, wo die lokale Decodierung erwähnt wird). Das lokale, decodierte Signal nach Merkmal 1, das nach den weiteren Merkmalen (4) bis (7) zur Referenzbildung dient, wird durch Decodierung eines vorher codierten Signals gewonnen. Er wird ferner im Sinne des Merkmals (2) erzeugt durch das Zusammenfügen eines decodierten Fehlersignals mit einem bewegungskompensierten Vorhersagesignal, wenn als Referenzbilder P-Bilder eingesetzt werden. Zur Gewinnung dieser Referenzbilder ist es erforderlich, dass der Prädiktionsfehler als decodiertes Fehlersignal und ein bewegungskompensiertes I- oder P-Bild als Vorhersagesignal zusammengefügt werden (vgl. Intro 4.1.1 des A-2-Video-Standards). Das decodierte Fehlersignal wird auch nach dem A-2-Video-Standard im Sinne des Merkmals (3) erzeugt durch Decodieren eines Datums in Gestalt eines codierten Vorhersagefehlersignals, das gewonnen wurde aus einer Differenz zwischen einem ersten und einem zweiten Videobild eines Bewegtvideo-Signals. Das decodierte Fehlersignal entspricht dem Vorhersage- oder Prädiktionsfehler nach dem A-2-Video-Standard. Der Prädiktionsfehler wird für ein P-Bild dadurch erzeugt, dass eine Differenz gebildet wird zwischen einem ersten und einem zweiten Videobild eines Bewegtvideo-Signals im Sinne des Merkmals (3) (vgl. Abschnitt 3.100 des A-2-Video-Standards), wobei die Prädiktionen aus dem zuletzt codierten oberen und dem zuletzt codierten unteren Referenzhalbbild gewonnen werden (vgl. Abschnitt 7.6.2.1 des A-2-Video-Standards).
Jedenfalls bei einer Halbbild-Prädiktion gemäß Abschnitt 7.6.2.1 des A-2-Video-Standards wird das lokale, decodierte Signal als vielfache gerade und ungerade Halbbilder in einem Halbbildspeicher gespeichert (Merkmal (4)). Es ist seitens der Beklagten nicht dargetan, dass bei dem bei der Herstellung der angegriffenen optischen Datenträger verwendeten Codierungsverfahren ausschließlich die Vollbild-Prädiktion mit einem Referenzvollbild, das aus einem einzelnen Vollbild rekonstruiert wurde, zur Anwendung gekommen ist und kommt. Im Rahmen der Prädiktion nach dem A-2-Video-Standard werden die vielfachen Vorhersagesignale aus den vielfachen im Halbbildspeicher gespeicherten Halbbildern durch funktionelles Verbinden des Halbbildspeichers erzeugt (Merkmal (5)), wie sich aus Figur 7-5 des Standards entnehmen lässt. Im Rahmen des „Dual Prime“-Prädiktionsmodus (vgl. Abschnitt 7.6.1 des A-2-Video-Standatds) wird zudem Merkmal (6) verwirklicht, wonach durch Interpolieren der Vielzahl von Vorhersagesignalen gemäß Merkmal 5 ein interpoliertes Vorhersagesignal erzeugt wird, das sich von jedem der Vielzahl der Vorhersagesignale unterscheidet. In diesem Prädiktionsmodus wird aus den Prädiktionen aus zwei Referenzhalbbildern (einem oberen und einem unteren) ein Mittel gebildet, um die endgültige Prädiktion zu erhalten (Interpolation), was sicherstellt, dass sich die so ermittelte (endgültige) Prädiktion von einer jeden der beiden verwendeten Prädiktionen unterscheidet. Schließlich wird das bewegungskompensierte Vorhersagesignal auch gemäß Merkmal (7) aus der Vielzahl der (halbbildbasierten) Vorhersagesignale und dem interpolierten Vorhersagesignal erhalten. Dass im Rahmen des „Dual Prime“-Modus schon bei der Bildung des interpolierten Vorhersagesignals festliegen mag, dass dieses auch die endgültige Prädiktion darstellt, steht der Verwirklichung des Merkmals (7) nicht entgegen, weil dieses – wie ausgeführt – eine „ergebnisoffene“ Auswahl aus mehreren Entscheidungsalternativen nicht voraussetzt.
3. Die Benutzung der im Klagepatentanspruch 1 beschriebenen Erfindung ist unstreitig. Die Beklagte hat eine Benutzung der unter Schutz gestellten Lehre nicht substantiiert bestritten, so dass die Klägerin eines weiteren Tatsachenvortrags enthoben und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich war.
Da der A-2-Standard das Klagepatent umfasst und ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beklagte im Rahmen ihrer umfangreichen Geschäftstätigkeit von der technischen Lehre des Klagepatents und insbesondere auch von den das Klagepatent betreffenden Optionen des Standards Gebrauch gemacht hat, wäre es Sache der Beklagten gewesen, darzutun, dass es trotz Befolgung des A-2-Standards nicht zu einer patentgemäßen Verfahrensführung gekommen ist. Dieser Darlegungslast ist die Beklagte nicht nachgekommen.
Die Beklagte hat sich darauf beschränkt, einfach zu bestreiten, dass sie die streitgegenständlichen Patente bei der Produktion ihrer DVDs einsetzt. Dieses einfache Bestreiten ist nicht ausreichend. Nachdem feststeht, dass die Anwendung des A-2-Standards die Benutzung des Klagepatents voraussetzt, und nachdem die Klägerin in der Klageschrift konkret vorgetragen hat, dass die angegriffene Ausführungsform von jedem Merkmal der geltend gemachten Patentansprüche Gebrauch macht, war es Aufgabe der Beklagten darzulegen, ob und gegebenenfalls welches Anspruchsmerkmal von der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht worden sein soll. Nur wenn die Beklagte sich in diesem Sinne konkret geäußert hat, ist der betreffende Sachvortrag streitig, so dass die Klägerin erst dann ihre Behauptung weiter ausführen, d.h. mitteilen müsste, aufgrund welcher Untersuchungen sie zu welchen die Patentverletzung bestätigenden Ergebnissen gelangt ist.
III.
Die Beklagte hat von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch gemacht. Die angegriffenen optischen Datenträger stellen unmittelbare (körperliche) Erzeugnisse des durch Klagepatentanspruch 1 geschützten Verfahrens (§ 9 Satz 2 Nr. 3 PatG) dar. Aufgrund der Benutzung des Klagepatents ergeben sich die nachstehend dargestellten Rechtsfolgen.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, weil die Beklagte nicht berechtigt ist, das im Klagepatentanspruch 1 beschriebenen Verfahren zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform zu benutzen.
Das Verhalten der Beklagten wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Beklagte im Rahmen des Bestellvorganges in einer Email vom 12.02.2007 an die „D C“ (Anlage B5) darauf hinwies, dass die genannten Preise keine Urheberrechte oder Nutzungsgebühren umfassten („… do not include any copyrights or royalty fees, for which you should secure us.“). Denn eine zwischen dem Hersteller oder Lieferanten einerseits und dem Abnehmer andererseits getroffene Abrede ist nicht geeignet, die Haftung des Herstellers oder Lieferanten für die Verletzung von Schutzrechten Dritter auszuschließen.
2. Weiterhin steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG zu.
a) Die Beklagte hat die Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Die Beklagte kann sich nicht dadurch vom Schuldvorwurf befreien, dass sie alles ihr mögliche getan habe, um sicherzustellen, dass durch die Lieferung keine Schutzrechte verletzt werden. Sie macht insoweit geltend, dass sie in der Email vom 12.02.2007 an die „D C“ darauf hingewiesen habe, dass die genannten Preise keine Urheberrechte oder Nutzungsgebühren umfassen („… do not include any copyrights or royalty fees, for which you should secure us“). Die in diesem Vortrag zu Tage tretende Ansicht der Beklagten, sie habe durch diese Mitteilung der Bestellerin die Verantwortung für die Wahrung gewerblicher Schutzrechte übertragen, so dass sie kein Verschuldensvorwurf treffe, greift nicht durch. Denn die Erklärung betrifft erkennbar lediglich die Rechte an den audiovisuellen Inhalten der DVD (hier: Erdbebenmessungen), nicht aber die Rechte an dem zur Herstellung der DVD genutzten Verfahren und Vorrichtungen. Dies folgt aus der gemäß §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung der Erklärung.
Aus der Sicht eines objektiven Dritten an der Stelle des Emailempfängers spricht schon der Wortlaut der Erklärung („copyrights“) dafür, dass lediglich Nutzungsrechte an den auf die DVD gepressten Inhalten betroffen sind. Der Geschäftsverkehr wird im Allgemeinen erwarten, dass der tatsächliche Hersteller der DVD die für die technische Herstellung einer DVD erforderlichen technischen Schutzrechte klärt, weil der Auftraggeber nicht mit dem Herstellungsvorgang vertraut ist und in der Regel nicht weiß, welche Programmschritte für die einem Standard entsprechende Codierung von Daten erforderlich sind. Andererseits wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die auf die DVD zu brennenden Inhalte der Auftraggeber verantwortlich zeichnet, weil der Hersteller keine Verantwortung für die audiovisuellen Inhalte der DVD übernehmen will, die er nur im Auftrag des Bestellers vervielfältigt. In diesem Sinne hat auch die „D C“ die Email der Beklagten verstanden und per Email vom 27.02.2007 geantwortet (Anlage B6), dass die Video-Daten GEMA-frei seien („above video data is GEMA-free“). Da die GEMA nur Verwertungsrechte aus Urheberrechten und verwandten Schutzrechten verwaltet, war aus der Antwort auch für die Beklagte ersichtlich, dass keine technischen Schutzrechte gemeint waren. Selbst wenn daher die Beklagte mit der Email vom 12.02.2007 die Verantwortung für die Einhaltung technischer Schutzrecht auf die Bestellerin übertragen wollte, musste sie anhand der Antwort in der Email vom 27.02.2007 erkennen, dass ein Missverständnis vorlag, das von ihr hätte aufgeklärt werden müssen.
b) Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
3. Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB, damit sie in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können.
V.
Die vorstehend genannten Ansprüche sind nicht aufgrund der Umstände, unter denen die Bestellung und Lieferung der angegriffenen Ausführungsform erfolgte, ausgeschlossen. Ebenso wenig greift der Einwand der Erschöpfung durch.
1. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin habe in unlauterer Weise die Patentverletzung veranlasst und verhalte sich nun durch die Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen rechtsmissbräuchlich. Dem kann nicht gefolgt werden, weil der Klägerin ein unlauteres Verhalten nicht vorgeworfen werden kann.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich rechtsmissbräuchlich verhält, wer Unterlassung eines auf unlautere Weise veranlassten fremden Wettbewerbsverstoßes begehrt (BGH GRUR 1985, 447, 450 – Provisionsweitergabe; GRUR 1992, 612, 614 – Nicola). Allerdings liegt ein unlauteres oder sonst gesetzwidriges Verhalten nicht schon bei einem normalen Testkauf durch einen Mitbewerber oder einen von ihm Beauftragten vor (BGH GRUR 1992, 612, 614 – Nicola). Denn Testkäufe sind ein weithin unentbehrliches Mittel zur Überprüfung des Wettbewerbsverhaltens von Mitbewerbern und für ihren Erfolg ist es unvermeidlich, den Zweck zu verheimlichen (BGH GRUR 1999, 1017, 1019 – Kontrollnummernbeseitigung). Unzulässig ist ein Testkauf jedoch dann, wenn für einen begangenen oder drohenden Wettbewerbsverstoß keine Anhaltspunkte vorliegen und er nur dazu dient, einen Mitbewerber „hereinzulegen“ (BGH GRUR 1965, 612, 614 – Warnschild; GRUR 1992, 612, 614 – Nicola; GRUR 1999, 1017, 1019 – Kontrollnummernbeseitigung). Ebenso ist ein Testkauf unzulässig, wenn verwerfliche, insbesondere rechtswidrige oder strafbare Mittel angewandt werden, um ein unzulässiges Geschäft herbeizuführen (BGH GRUR 1992, 612, 614 – Nicola; OLG Karlsruhe GRUR 1994, 130, 131 – Testpatient). Beide Fallgruppen sind im vorliegenden Rechtsstreit nicht einschlägig.
a) Die Unzulässigkeit des Testkaufs kann nicht damit begründet werden, für einen drohenden Wettbewerbsverstoß habe es keinen Anhalt gegeben; der Testkauf habe nur dazu gedient, die Beklagte hereinzulegen. Insofern kann dahinstehen, ob die „D C“ auf Veranlassung der Klägerin tätig wurde und ihr Verhalten der Klägerin zugerechnet werden kann. Denn auch wenn dies der Fall ist, durfte die Klägerin aufgrund der Produktionszahlen der Beklagten davon ausgehen, dass die Beklagte nicht nur für den griechischen Markt produziert, sondern auch ins Ausland, unter Umständen nach Deutschland liefert. Letztlich hat sich diese Annahme in der anstandslosen Entgegennahme der Bestellung und Auslieferung der Ware durch die Beklagte bewahrheitet. Das gesamte Geschehen ausgehend von der Bestellung bis zur Auslieferung macht deutlich, dass eine grundsätzliche Lieferbereitschaft der Beklagten vorhanden war und die Klägerin zu Recht von einer drohenden Patentverletzung ausgehen durfte. Zur näheren Begründung wird im Übrigen ohne Einschränkung auf die vorstehenden Ausführungen im Zusammenhang mit der internationalen und örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf (Abschnitt A I. 3.) Bezug genommen werden.
b) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die Klägerin habe verwerfliche, insbesondere rechtswidrige oder strafbare Mittel angewandt, um ein unzulässiges Geschäft herbeizuführen. Der bloße Umstand, dass der Testkauf geheim gehalten wurde, ist unbeachtlich, weil eine Mitteilung des Kaufzwecks den Erfolg des Testkaufs vereiteln würde. Infolgedessen ist es auch nicht zu beanstanden, dass gegebenenfalls aus Geheimhaltungszwecken eine Scheinfirma tätig wird, die tatsächlich keine Niederlassung an der angegebenen Anschrift hat. Solange ein solches Vorgehen keinen anderen Zweck als die berechtigte Geheimhaltung – solche anderen Zwecke sind von der Beklagten nicht vorgetragen – hat, handelt es sich nicht um ein unlauteres Verhalten. Ebenso wenig begegnet es Bedenken, wenn für die Umsatzsteueridentifikationsnummer die Wohnanschrift des vermeintlichen Firmeninhabers angegeben wird. Weiterhin ist die Weitergabe von Bestellunterlagen, Rechnungen und Lieferscheinen rechtlich nicht zu beanstanden. Ohne eine entsprechende Vereinbarung handelt es sich bei diesen Unterlagen grundsätzlich nicht um vertrauliche Dokumente.
2. Die Beklagte hat weiterhin vorgetragen, die Rechte aus dem Klagepatent seien erschöpft, weil die Klägerin – so die Beklagte – die Maschine „J“ zur Herstellung der DVDs in den Verkehr gebracht habe beziehungsweise zugestimmt habe, dass die Maschine von E GmbH hergestellt und veräußert wurde. Abgesehen davon, dass der Erschöpfungseinwand verspätet ist, greift er auch in der Sache nicht durch.
a) Der von der Beklagten erhobene Einwand der Erschöpfung ist gemäß § 296a ZPO verspätet, weil zur Erschöpfung erstmals im Schriftsatz vom 17.09.2008 und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist. Die letzte mündliche Verhandlung fand am 21.08.2008 statt. Der Beklagten war zwar in der Verhandlung eine Schriftsatzfrist anlässlich des Schriftsatzes der Klägerin vom 18.08.2008 eingeräumt worden. Der Schriftsatznachlass bezog sich jedoch nur auf das neue tatsächliche Vorbringen der Klägerin in diesem Schriftsatz. Da Fragen der Erschöpfung des Patentrechts im Schriftsatz vom 18.08.2008 nicht angesprochen wurden, gab es auch für die Beklagte keinen Anlass, nunmehr den Erschöpfungseinwand zu erheben.
b) Unabhängig von der Verspätung des Vortrags zur Erschöpfung greift der Einwand auch in der Sache nicht durch. Erschöpfung meint den Verbrauch des Patentrechts. Der Einwand ist dann begründet, wenn die Partei, die sich darauf beruft, schlüssig darlegen kann, dass der Patentinhaber selbst oder ein mit dessen Zustimmung handelnder Dritter das patentierte Erzeugnis oder das unmittelbare Erzeugnis eines patentierten Verfahrens in einem der Vertragsstaaten der EU bzw. des EWR in Verkehr gebracht hat (BGH, GRUR 1997, 116 – Prospekthalter; GRUR 2001, 223 – Bodenwaschanlage; Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl.: § 9 Rn. 16 m.w.N.). Besonderheiten gelten allerdings für Verfahrenspatente. Das Recht an einem patentgeschützten Verfahren wird grundsätzlich nicht dadurch verbraucht, dass die zur Durchführung des Verfahrens erforderliche Vorrichtung mit Zustimmung des Patentinhabers in den Handelsverkehr gelangt (BGH, GRUR 1980, 38 – Fullplastverfahren; a.a.O. – Bodenwaschanlage). Durch das Inverkehrbringen der zur Ausübung eines Verfahrens erforderlichen Vorrichtung wird weder das Verfahren selbst in Verkehr gebracht, noch wird eine unmittelbare Benutzungshandlung in Ausübung des Verfahrenspatents vorgenommen (Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl.: § 9 Rn 25).
Allerdings gehen in Rechtsprechung und Literatur die Ansichten darüber auseinander, ob die Rechte aus einem Sachpatent und einem Verfahrenspatent erschöpft sind, wenn eine patentgeschützte Vorrichtung, das sich zur Ausübung eines ebenfalls patentgeschützten Verfahrens eignet, durch den Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung in den Verkehr gebracht wurde (BGH GRUR 1998, 130 – Handhabungsgerät; GRUR 2001, 407, 409 – Bauschuttsortieranlage; LG Düsseldorf Entscheidungen 1998, 115 – Levitationsmaschine; LG Hamburg Urteil vom 27.07.2000, Az. 315 O 645/99; ablehnend: Kraßer, Patentrecht 5. Aufl., S. 829 m.w.N.). Es kann jedoch dahinstehen, welcher Auffassung zu folgen ist, da in beiden Fällen eine Erschöpfung der Rechte aus dem Klagepatent durch ein Inverkehrbringen des „Js“ nicht bejaht werden kann.
aa) Die Beklagte hat bereits nicht substantiiert dargelegt, in welcher Weise die Klägerin der E GmbH beziehungsweise der L GmbH ihre Zustimmung erteilte, das „J“ in den Verkehr zu bringen. Der diesbezüglich Vortrag der Beklagten ist nicht hinreichend substantiiert. Sie hat lediglich dargelegt, dass die Maschine von dem in der Schweiz ansässigen Unternehmen E GmbH – derzeit unter L GmbH firmierend – hergestellt und nach Griechenland an die Beklagte veräußert worden sei, ohne dass sie – die Beklagte – auf bestehende Patente oder erforderliche Lizenzzahlungen hingewiesen worden sei. Das „J“ sei mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden. Dieser Vortrag genügt nicht für eine schlüssige Darlegung einer Zustimmung der Klägerin zum Inverkehrbringen des „Js“. Es ist nicht nachvollziehbar, in welcher Weise die Klägerin Lizenzen oder sonstige Berechtigungen für das Inverkehrbringen oder die Nutzung des „Js“ erteilt haben soll. Unklar ist auch, in welchem Land die Maschine erstmals in Verkehr gebracht worden ist. Dies ist jedoch wesentliche Voraussetzung für die Beurteilung des Erschöpfungseinwands. Es hätte der Beklagten oblegen, ihren Vortrag daraufhin näher zu konkretisieren, was sie jedoch nicht getan hat.
bb) Darüber hinaus greift der Erschöpfungseinwand auch deswegen nicht durch, weil nicht nachvollziehbar ist, dass mit dem „J“ das durch das Klagepatent geschützten Verfahren ausgeübt werden kann. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass gerade durch das „J“ das durch das Klagepatent geschützte Verfahren nach Patentanspruch 1 angewandt wird. Vielmehr hat die Beklagte mit gleichlautendem Wortlaut in allen sie betreffenden parallelen Verfahren vor dieser Kammer (4a O 93/07, 4a O 94/07 und 4a O 95/07) lediglich vorgetragen, dass die Maschine „J“ alle streitgegenständlichen Patente enthalte beziehungsweise verwirkliche. Mit diesem Vortrag hat die Beklagte lediglich das Ergebnis einer rechtlichen Bewertung wiedergegeben. Erforderlich ist jedoch die konkrete Darlegung, inwiefern das „J“ die in im Klagepatentanspruch 1 genannten Merkmale verwirklicht. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
c) Das Vorbringen der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.09.2008 rechtfertigt keine andere Entscheidung in der Sache. In dem Schriftsatz nimmt die Beklagte zu Fragen einer möglichen Verspätung ihres Vorbringens Stellung. Soweit sie dabei auf die Verspätungsrüge des Klägervertreters in einer mündlichen Verhandlung abstellt (Ziffer 3), bezieht sich dieser Vortrag erkennbar nicht auf das vorliegende Verfahren, weil nach dem 21.08.2008 keine weitere mündliche Verhandlung mehr stattfand. Soweit die Beklagte gleichwohl die Auffassung vertritt, der von ihr vorgebrachte Einwand der Erschöpfung sei nicht verspätet, verkennt sie, dass ihr ein Schriftsatznachlass nur im Hinblick auf das neue tatsächliche Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 18.08.2008 gewährt worden war. Da dieser Schriftsatz sich nicht zu Fragen der Erschöpfung verhielt, war es der Beklagten verwehrt, neue Verteidigungsmittel in Form des Erschöpfungseinwands vorzutragen.
C
Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu III. unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vernichtung von DVDs aus § 140a PatG. Sie hat nicht dargelegt, dass die Beklagte als im Ausland ansässiges Unernehmen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland DVDs im Besitz oder Eigentum hat, die unmittelbar durch das geschützte Verfahren hergestellt wurden (OLG Düsseldorf InstGE 7, 139 – Thermocycler). Dazu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte Betriebsstätten oder Lager in Deutschland unterhält.
D
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1 und 2, 711 ZPO. Dem von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Vollstreckungsschutzantrag war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.
Streitwert: 2.000.000,00 EUR
Antrag zu I. 1.: 1.320.000,00 EUR
Antrag zu I. 2.: 120.000,00 EUR
Antrag zu II.: 440.000,00 EUR
Antrag zu III.: 120.000,00 EUR