Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Februar 2008, Az. 4a O 427/06
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren,
zu unterlassen,
a) Abgabevorrichtungen zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken mit einem am Rand des Toilettenbeckens aufhängbaren Halter und zwei im Halter vorgesehenen, voneinander separierten Vorratsbehältern für jeweils ein Wirkstofffluid, wobei jeder Vorratsbehälter eine eigene Auslassöffnung aufweist, über die das jeweilige Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist,
im Geltungsbereich des deutschen Teils 501 08 xxx.9 des europäischen Patents 1 334 xxx herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen (wobei das Verbot der Herstellung nur die Beklagten zu 1) und 3) betrifft),
bei denen die Vorratsbehälter gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sind und die Auslassöffnungen der Vorratsbehälter so angeordnet sind, dass nur Wirkstofffluid austritt, die Auslassöffnungen der Vorratsbehälter in Gebrauchsstellung bodenseitig angeordnet sind, bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter in die Spülflüssigkeit erfolgt, am Halter ein plattenartiges Verteilungselement vorgesehen ist, das einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich aufweist, das Innere des Vorratsbehälters über die Auslassöffnung unter Zwischenanordnung eines ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Kapillarsystems dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung steht und das plattenartige Verteilungselement für die zwei Vorratsbehälter gemeinsam vorgesehen ist,
und/oder
b) Vorratsbehälter in einem gemeinsamen, einteiligen Gehäuse zur Verwendung in den vorstehend zu a) beschriebenen Abgabevorrichtungen
im Geltungsbereich des deutschen Teils 501 08 xxx.9 des europäischen Patents 1 334 xxx Dritten anzubieten und/oder zu liefern;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 04. Februar 2006 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten (nur bezüglich der Beklagten zu 1) und 3)),
b) der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer (nur bezüglich der Beklagten zu 2) und 3)),
c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, wobei sämtliche Bestellunterlagen, Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheine vorzulegen sind,
d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen -zeiten und -preisen,
e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
3. die vorstehend zu I. 1. a) bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen sowie – falls die Beklagten noch Eigentum daran haben – auf eigene Kosten aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen.
II. Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt,
1. die noch in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu I. 1. a) beschriebenen Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
2. als Gesamtschuldner an die Klägerin 18.024,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. November 2006 zu zahlen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 04. Februar 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
VI. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unmittelbarer und mittelbarer Patentverletzung auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf patentverletzender Erzeugnisse, Vernichtung sowie auf Erstattung vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten in Anspruch.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 1 334 xxx (nachfolgend: Klagepatent), der bei dem Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer 501 08 xxx.9 geführt wird. Das Klagepatent wurde am 21. Juli 2001 in deutscher Verfahrenssprache unter Inanspruchnahme deutscher Prioritäten vom 17. November 2000 und 17. März 2001 angemeldet. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 04. Januar 2006 veröffentlicht. Die Klagepatentschrift liegt als Anlage K1 vor. Das Klagepatent steht in Deutschland in Kraft. Über die von der Beklagten zu 1) unter dem 10. Mai 2007 zum Bundespatentgericht erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent ist noch nicht entschieden worden. Die auf ein weiteres Patent der Klägerin, das deutsche Patent 101 64 xxx, gestützten, im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Ansprüche sind nach zwischenzeitlicher Verfahrensabtrennung Gegenstand des Verfahrens 4a O xxx/08.
Das Klagepatent betrifft eine Abgabevorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken. Der in erster Linie geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
Abgabevorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken mit einem am Rand des Toilettenbeckens aufhängbaren Halter (1) und zwei im Halter (1) vorgesehenen, voneinander separierten Vorratsbehältern (2, 3) für jeweils ein Wirkstofffluid, wobei jeder Vorratsbehälter (2, 3) eine eigene Auslassöffnung (4) aufweist, über die das jeweilige Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vorratsbehälter (2, 3) gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sind und die Auslassöffnungen (4) der Vorratsbehälter (2, 3) so angeordnet sind, dass nur Wirkstofffluid austritt,
dass die Auslassöffnungen (4) der Vorratsbehälter (2, 3) in Gebrauchsstellung bodenseitig angeordnet sind,
dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter (2, 3) in die Spülflüssigkeit erfolgt,
dass am Halter (1) ein plattenartiges Verteilungselement vorgesehen ist, das einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich aufweist,
dass das Innere des Vorratsbehälters (2, 3) über die Auslassöffnung (4) unter Zwischenanordnung einer ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung steht und
dass das plattenartige Verteilungselement für mindestens zwei Vorratsbehälter (2, 3), vorzugsweise für alle Vorratsbehälter (2, 3) gemeinsam vorgesehen ist.
Hinsichtlich des Wortlauts der zum Gegenstand von Insbesondere-Anträgen gemachten Unteransprüche 7, 9, 14 und 15 wird auf die Klagepatentschrift (Anlage K1) verwiesen.
Die Beklagte zu 1) stellt in Deutschland Abgabevorrichtungen zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit eines Toilettenbeckens sowie Vorratsbehälter zum Nachfüllen dieser Abgabevorrichtungen her und bietet diese jeweils an (nachfolgend auch: angegriffene Ausführungsformen). Die Nachfüllbehälter werden als Ersatz für einen geleerten Behälter in die vorhandene Halterung eingesteckt. Der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen an Endverbraucher erfolgt in dm-Drogeriemärkten unter der Eigenmarke „A“ als „WC-Duftspüler doppelt aktiv“. Entsprechende, technisch identische, von der Beklagten zu 2) vertriebene Erzeugnisse werden unter der Bezeichnung „WC fix Duo Duftspüler“ in B-Märkten und unter der Bezeichnung „WC Double Action“ von der Drogeriemarktkette C an Endverbraucher angeboten. Der Beklagte zu 3) ist Mitgeschäftsführer sowohl der Beklagten zu 1) als auch der Beklagten zu 2). Muster der angegriffenen Ausführungsformen liegen als Anlagen K9 (dm-Produkt), K10 (C-Produkt) und K11 (B-Produkt) vor, ein separates WC-Körbchen ohne Behälter als Anlage K13, in aufgeschnittenem Zustand mit Behälter als Anlage B5.
Die angegriffenen Abgabevorrichtungen weisen ein aus transparentem Kunststoff gefertigtes, in sich symmetrisches Gehäuse mit zwei voneinander getrennten Volumina für die verschiedenen Wirkstofffluide auf. Beide Hälften sind gemeinsam einstückig gefertigt und durch einen Kunststoffsteg miteinander verbunden. Jede Hälfte verfügt über eine eigene Auslassöffnung, die im in den Halter eingesetzten Gebrauchszustand nach unten weist und in eine becherartige Vorrichtung des Halters mündet. Beim Einsetzen der Vorratsbehälter in den Halter werden Transportverschlüsse der Vorratsbehälter automatisch durchstoßen und die bodenseitigen Auslassöffnungen dadurch geöffnet. Durch jeweils einen Ringspalt zwischen dem einer Auslassöffnung zugeordneten Becher des plattenförmigen unteren Halterteils und dem Kragen des oberen Halterteils können Teilmengen des Wirkstofffluids austreten und durch Kapillarwirkung auf das plattenförmige Element gelangen, wo sie sich wiederum durch Kapillarkraft auf der geriffelten Oberfläche verteilen. Von dort können sie durch die Spülflüssigkeit, die den plattenförmigen Bereich bei Betätigung der Spülung überströmt, mitgenommen werden.
Wie die Beklagten nicht in Abrede gestellt haben, entsprechen die angegriffenen Ausführungsformen der mit der Replik als Anlage K15 vorgelegten internationalen Patentanmeldung der D Group Ltd. unter der internationalen Veröffentlichungsnummer WO 2007/104977 A2. Da die vorliegenden fotografischen Abbildungen der angegriffenen Ausführungsformen nicht zur Wiedergabe in diesem Urteil tauglich sind, werden nachfolgend die Figuren 1 bis 7 der Anmeldeschrift nach Anlage K15 wiedergegeben, denen die angegriffenen Ausführungsformen in ihrer technischen Ausgestaltung unstreitig entsprechen. Figur 1 zeigt eine Abgabevorrichtung entsprechend den angegriffenen Ausführungsformen in perspektivischer Ansicht, Figur 2 die kombinierten Vorratsbehälter in der Seitenansicht, teilweise mit Schnitt durch den Bereich der Auslassöffnung. Figuren 3 und 4 stellen in perspektivischer Ansicht die Verteilerplatte 9 mit Bechern 35 dar. Die Verteilerplatte 9 wirkt mit dem Halterteil 7 (als solches gezeigt in den Figuren 5 und 6) zusammen. Figur 7 stellt eine Schnittansicht durch die zusammengefügte Vorrichtung (entlang der Linie VII-VII der Figur 1) dar und illustriert das Zusammenwirken des Behälters 3, der in den Halter 7 eingesetzt ist, mit der Verteilerplatte 9.
Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen machten von sämtlichen Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Die Nachfüllbehälter seien dazu geeignet und bestimmt, in einer das Klagepatent verletzenden Weise verwendet zu werden. Dass bei den angegriffenen Ausführungsformen Spülflüssigkeit in das Innere der Vorratsbehälter jedenfalls nicht in nennenswerten Umfang eintrete, belegten sowohl die werblichen Aussagen der Beklagten, wonach der „WC-Duftspüler“ für ca. 350 Spülungen reiche, als auch die Schilderung der Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform in der Patentanmeldung WO 2007/104977 A2 (Anlage K15).
Die Klägerin beantragt,
im Wesentlichen wie erkannt, wobei sie die Anträge zu I. 3. (Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen) und zu II. 1. (Vernichtung) undifferenziert auf den Unterlassungsantrag zu I. 1. (umfassend zu lit. a) die unmittelbare Verletzung und zu b) die mittelbare Verletzung) rückbezieht.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage auszusetzen.
Die Beklagten bestreiten eine Verwirklichung der klagepatentgemäßen technischen Lehre. Diese meine mit zwei voneinander separierten Vorratsbehältern im Sinne der Merkmale 2.2 und 3.2 (vgl. die in den Entscheidungsgründen wiedergegebene Merkmalsgliederung) vollständig vereinzelte (voneinander getrennte) Vorratsbehälter, nicht jedoch auch eine Zweikammerlösung, wie sie bei den angegriffenen Ausführungsformen realisiert ist. Wie die Anlage B5 belege, seien die Vorratsbehälter der angegriffenen Ausführungsformen zudem nicht im Sinne des Merkmals 5 gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt. Da es etwa sechs Spülvorgänge dauere, bis eine konkrete Teilmenge des Wirkstofffluids nach ihrem Austritt aus dem Vorratsbehälter von der Spülflüssigkeit tatsächlich fortgetragen werde, sei des Weiteren Merkmal 7 nicht erfüllt, wonach bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter in die Spülflüssigkeit erfolgt. Schließlich stelle das Kapillarsystem zwischen den Auslassöffnungen der Vorratsbehälter und dem Verteilungselement keine Anordnung im Sinne der Merkmalsgruppe 9 dar, die ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindern könnte. Unter ihr verstehe der Fachmann eine Vorrichtung, die einen effektiven Verschluss der Vorratsbehälter für eine optimierte Steuerung der Abgabe erlaubt.
Unabhängig von der Frage der Benutzung des Klagepatents könne die Klägerin einen Rückruf der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen nach geltendem Recht nicht verlangen, zumal eine Verpflichtung zum Rückruf unverhältnismäßig sei. Schließlich sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, der Rechtsstreit daher jedenfalls auszusetzen.
Dem tritt die Klägerin entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen begründet.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse sowie deren Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen gestützt auf Art. 64 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2; 140a Abs. 1 Satz 1; 140b Abs. 1 und 2 PatG; §§ 242; 259 BGB sowie in richtlinienkonformer Auslegung des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen die Beklagten zu. Abzuweisen war die Klage lediglich insoweit, als sich die Anträge auf Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse (Antrag zu Ziffer II. 1.) und deren Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen (Antrag zu Ziffer I. 3.) auch auf die Vorratsbehälter nach dem Unterlassungsantrag zu Ziffer I. 1. b) rückbeziehen, der lediglich eine mittelbare Verletzung durch Anbieten und Liefern der Vorratsbehälter (Nachfüllpackungen) beschreibt.
I.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken, die als „WC-Körbchen“ in verschiedenen Ausführungen bekannt ist. Mit Wirkstofffluiden meint die Klagepatentschrift fließfähige, also flüssige bis zähflüssige, gegebenenfalls gel- oder pastenartige, granulatartige oder anderweit schüttfähige Wirkstoffzubereitungen mit reinigender, desinfizierender, desodorierender, bleichender oder ähnlicher Wirkung (vgl. Abschnitt [0002] der Klagepatentschrift, Anlage K1; weitere Verweise ohne Zusatz beziehen sich im Weiteren auf die Anlage K1).
Die Klagepatentschrift beschreibt zunächst in den Abschnitten [0003] bis [0007] diversen druckschriftlichen Stand der Technik, der sich mit Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid befasst. Das Wirkstofffluid befindet sich dort innerhalb eines in einem Halter fest angeordneten oder auswechselbar eingesetzten Vorratsbehälters mit einer bodenseitigen Auslassöffnung. Im Hinblick auf Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid beschreibt die Klagepatentschrift ein mit dem Wirkstofffluid tränkbares, mit der Spülflüssigkeit zu beaufschlagendes Betätigungselement, bei dem die Auslassöffnung von einem am Halter ortsfest angeordneten Dichtungselement großflächig verschlossen wird, so dass nur noch ein Strömungsweg mit geringem Querschnitt für das Wirkstofffluid zur Verfügung steht. Diese Vorrichtung funktioniert unter Nutzung der Kapillarwirkung des offenporigen Schaumstoffs (als Betätigungselement), wobei eine ähnliche Konstruktion auch mit einer der Verteilung dienenden Rippenplatte bekannt sei (Abschnitt [0004]). Bei beiden Varianten sei es jedoch nicht optimal, dass die Auslassöffnung im Grundsatz dauernd geöffnet ist, so dass auch bei längerer Nichtbenutzung Wirkstofffluid weiter heraussickern könne (Abschnitt [0005]). In Abschnitt [0006] beschreibt die Klagepatentbeschreibung eine Abgabevorrichtung für ein einzelnes Wirkstofffluid, bei der am Vorratsbehälter ein ventilartiges Dichtungselement zwischen einer Schließstellung und einer die Auslassöffnung geringfügig freigebenden Stellung mittels eines schwenkbar gelagerten Betätigungselements hin und her bewegt werden kann. Abschnitt [0007] behandelt weitere ventilgesteuerte Dichtungselemente.
Hinsichtlich aller Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid sieht es die Klagepatentschrift als nachteilig an, dass sämtliche Komponenten, die in die Spülflüssigkeit gelangen sollen, in dem einzigen Wirkstofffluid gemeinsam enthalten sein müssen. Dies wird deshalb als problematisch beschrieben, weil manche Wirkstoffkomponenten nicht gemeinsam lagerstabil zu realisieren seien (Abschnitt [0008]).
Die Klagepatentbeschreibung befasst sich daher in Abschnitten [0009], [0010] und [0011] mit der in der europäischen Anmeldeschrift EP 0 960 984 A2 (Anlage K2) behandelten Mehrkammer-Abgabevorrichtung. In dem am Rand des Toilettenbeckens aufhängbaren Halter befindet sich ein Behälter zum Bevorraten der Wirkstofffluide, der mindestens zwei nebeneinander angeordnete eigenständige Kammern aufweist. Jede Kammer hat eine Abgabevorrichtung mit einem Abgaberöhrchen, das mit seinem unteren freien Ende über den Boden des Behälters in die Umgebung austritt und an seinem anderen freien Ende führend von einer Abdeckung umgeben ist. Beim Spülvorgang gelangt über schlitzartige Durchlässe eines beide Kammern überspannenden Deckelteils Spülflüssigkeit in die Kammern des Behälters, löst dort Teile der Wirkstoffsubstanz und tritt nach Art eines Siphons oder Überlaufs über die Abgaberöhrchen unter Mitnahme des gelösten Wirkstoffs in das Toilettenbecken aus. Dabei sieht die Klagepatentschrift ein Problem darin, dass der Siphoneffekt (die freien Enden der Abgaberöhrchen bestimmen den Flüssigkeitspegel) in den beiden Kammern einen erheblichen Flüssigkeitspegel zurücklässt. Die in den Kammern verbleibende Spülflüssigkeit wirkt auch nach Abschluss des Spülvorgangs weiterhin auf das Wirkstofffluid in der jeweiligen Kammer ein. Der Verbrauch von Wirkstofffluid – so die Klagepatentschrift – sei damit praktisch nicht optimal zu steuern (Abschnitt [0011]).
Zu dem aus der WO 92/20876 A1 (Anlage K3) bekannten Stand der Technik einer Zweikammer-Abgabevorrichtung für gelartige Wirkstofffluide führt die Beschreibung aus (Abschnitt [0012]), dass die Auslassöffnungen als bodenseitige Perforation ausgeführt und dadurch dauernd offen seien. Durch die Viskosität und Oberflächenspannung des Gels könne dieses normalerweise nicht von selbst durch Einwirkung der Schwerkraft austreten, sondern nur, wenn überlaufende Spülflüssigkeit von unten her in die Auslassöffnungen eintritt, das dort befindliche Gel etwas anlöst und Teilmengen der Wirkstofffluide austrägt. Bei diesem Zweikammer-System sieht es das Klagepatent als nachteilig an, dass die Auslassöffnungen im Grundsatz dauernd geöffnet sind, so dass bei längerer Nichtbenutzung des Toilettenbeckens die Wirkstofffluide entweder heraussickern könnten oder unter Einfluss der Umgebungsatmosphäre verhärten und danach nicht mehr aktivierbar seien. Von diesem Stand der Technik geht die Klagepatentschrift nach eigenem Bekunden aus (Abschnitt [0012], Seite 3, Zeilen 11/12).
Dem Klagepatent liegt vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik von Mehrkammer-Abgabevorrichtungen die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die zuvor erläuterte Abgabevorrichtung mit mindestens zwei voneinander separierten Vorratsbehältern hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeit für die Abgabe der Wirkstofffluide zu optimieren. Dies bringt auch die Beschreibung in Abschnitt [0013] zum Ausdruck.
Der hier allein geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents umfasst die folgenden Merkmale, die sich wie folgt gliedern lassen:
1. Abgabevorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken.
2. Die Vorrichtung weist auf
einen Halter (1), der am Rand des Toilettenbeckens aufhängbar ist, und
mindestens zwei Vorratsbehälter (2, 3).
3. Die Vorratsbehälter (2, 3) sind
im Halter (1) vorgesehen,
voneinander separiert für jeweils ein Wirkstofffluid.
4. Jeder Vorratsbehälter (2, 3) weist eine eigene Auslassöffnung (4) auf, über die das jeweilige Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist.
5. Die Vorratsbehälter (2, 3) sind gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt.
6. Die Auslassöffnungen (4) der Vorratsbehälter (2, 3) sind
in Gebrauchsstellung bodenseitig und
so angeordnet, dass nur Wirkstofffluid austritt.
7. Bei jedem Spülvorgang erfolgt die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter (2, 3) in die Spülflüssigkeit.
8. Es ist ein Verteilungselement vorgesehen, das
am Halter (1) angeordnet und
plattenartig ist,
einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich aufweist und
für mindestens zwei Vorratsbehälter (2, 3), vorzugsweise für alle Vorratsbehälter (2, 3) gemeinsam vorgesehen ist.
9. Das Innere des Vorratsbehälters (2, 3)
steht über die Auslassöffnung (4) dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung,
und zwar unter Zwischenanordnung einer ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung.
Demgegenüber schützt der nebengeordnete Anspruch 2, dessen technische Lehre durch die drei Figuren der Klagepatentschrift anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels illustriert wird, eine positive (aktive) Schließung der Auslassöffnungen durch ihnen zugeordnete Dichtungselemente, mit denen ein Betätigungselement zu ihrer Verstellung zwischen einer Schließ- und einer Freigabestellung zusammenwirkt. Bei der Lösung nach Anspruch 2 kann ein Beaufschlagungsbereich am Betätigungselement von Spülflüssigkeit beaufschlagt werden, so dass die Dichtungselemente vorübergehend in die Freigabestellung verstellt werden.
II.
Während die Parteien über die Verwirklichung der Merkmale 2.2/3.2, 5, 7 und 9/9.2 durch die angegriffenen Ausführungsformen streiten, ist zwischen ihnen unstreitig, dass die übrigen Merkmale verwirklicht werden. Darüber hinaus machen die angegriffenen Ausführungsformen jedoch auch von den streitigen Merkmalen wortsinngemäß Gebrauch. Die angegriffenen Abgabevorrichtungen (verstanden als Gesamtvorrichtung aus Halter und Vorratsbehältern) sind daher als Erzeugnisse Gegenstand des Klagepatents (§ 9 Satz 2 Nr. 1 PatG).
1. Merkmale 2.2/3.2:
Anspruchsgemäß weist die Abgabevorrichtung mindestens zwei Vorratsbehälter auf, die voneinander separiert für jeweils ein Wirkstofffluid im Halter vorgesehen sind.
Nach Auffassung der Beklagten müssen die Vorratsbehälter als Bauteile voneinander getrennt sein, also aus vereinzelten Bauteilen (getrennten physikalischen Einheiten) bestehen. Es müsse ein Vorratsbehälter für das eine, ein anderer Vorratsbehälter für das andere Wirkstofffluid separat vorliegen, wie dies in den bevorzugten Ausführungsbeispielen mit baulich getrennten Vorratsbehältern (2) und (3) dargestellt sei. Eine Zweikammerlösung, wie sie die angegriffenen Ausführungsformen innerhalb eines einheitlichen Vorratsbehälters mit zwei getrennten Flüssigkeitsvolumina realisierten, sei von der Lehre des Klagepatents hingegen nicht erfasst, wie die Unteransprüche 4 bis 6 bestätigten. Die Trennung in separate Bauteile habe den Vorteil, dass die beiden Vorratsbehälter bei unterschiedlich starkem Gebrauch unabhängig voneinander austauschbar sind. Soweit Unteranspruch 7 davon spreche, dass die Vorratsbehälter in einem gemeinsamen, einteiligen Gehäuse ausgebildet seien, meine das Klagepatent damit ein zusätzliches gemeinsames Gehäuse, in dem die getrennten Vorratsbehälter angeordnet werden könnten. Das Klagepatent unterscheide schon sprachlich deutlich zwischen getrennten Kammern aus dem Stand der Technik und voneinander getrennten Vorratsbehältern nach der eigenen technischen Lehre.
Für die enge, eine Zweikammer-Lösung ausscheidende Auslegung der Merkmale 2.2/3.2 durch die Beklagten finden sich aus Sicht des Fachmanns keine zureichenden Anhaltspunkte. Schon der Wortlaut des Merkmals 3.2, wonach die mindestens zwei (Merkmal 2.2) Vorratsbehälter „voneinander separiert für jeweils ein Wirkstofffluid“ sind, deutet darauf hin, dass es allein auf eine Separierung der Wirkstofffluide voneinander ankommt, die – wie der Fachmann unschwer erkennt – nicht von einer „äußeren“ Vereinzelung der Bauteile abhängt. Die Abgrenzung des Klagepatents von den vorbekannten Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid in Abschnitt [0008] bestätigt dies: Insofern soll es problematisch sein, sämtliche Komponenten, die in die Spülflüssigkeit des Toilettenbeckens gelangen sollen, in einem einzigen Wirkstofffluid zu vereinen, weil manche Wirkstoffkomponenten gemeinsam nicht lagerstabil zu realisieren sind. Vor diesem Hintergrund betrifft der Gegenstand des Klagepatents ausschließlich eine Mehrkammer-Abgabevorrichtung, die die getrennte Lagerung und Abgabe der Komponenten aus eigenständigen Kammern gestattet.
Dass auch eine Zweikammer-Lösung in den Schutzbereich des Klagepatents einbezogen ist, belegt zugleich der Stand der Technik nach der WO 92/20876 A1 (Anlage K3), von dem der Gegenstand des Klagepatents nach eigenem Bekunden ausgeht (Abschnitt [0012], Seite 3, Zeilen 4-12). Die WO 92/20876 A1 (Anlage K3) betrifft – wie die Klagepatentbeschreibung ausdrücklich erkennt (vgl. Abschnitt [0012], Seite 3 Zeile 4) – eine Zweikammer-Abgabevorrichtung für gleiche oder unterschiedliche gelartige Wirkstofffluide, deren Kammern durch Trennwände hintereinander liegend separiert sind (vgl. Anlage K3, Seite 4, Zeilen 31-35, Figur 2). Anders als im Stand der Technik nach Anlage K2 sind die benachbarten Vorratsbehälter in keiner Weise miteinander verbunden, sind also hinsichtlich des Flüssigkeitsaustauschs voneinander separiert, obwohl sie in einem einzigen Gehäuse benachbart angeordnet sind. Auf der Grundlage dieses Standes der Technik formuliert das Klagepatent die Aufgabe (Abschnitt [0013]), die zuvor erläuterte Vorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden aus mindestens zwei voneinander separierten Vorratsbehältern hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeit für die Abgabe der Wirkstofffluide zu optimieren. Es kritisiert dabei mit keinem Wort, dass die beiden Kammern (die compartments 27 und 28 der Anlage K3) in einem einzigen Gehäuse zusammengefasst sind. Dem Fachmann erschließt sich daher bei der Lektüre der Klagepatentbeschreibung, dass mit Merkmalen 2.2/3.2 lediglich gemeint ist, dass die Innenräume der getrennten Vorratsbehälter wie im Fall der Anlage K3 voneinander separiert sind, ohne eine bestimmte Festlegung auf eine konstruktive Umsetzung dieser flüssigkeitstechnischen Separierung, etwa durch Ausschluss einer Zweikammer-Lösung, zu treffen. Die Zweikammer-Abgabevorrichtung aus Anlage K3 soll lediglich hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeit für die Abgabe der Wirkstofffluide verbessert werden, nicht jedoch im Hinblick auf eine weitergehende Separierung der Vorratsbehälter als Bauteile, also über die hydraulisch getrennten Volumina hinaus.
Dabei wird nicht verkannt, dass die Klagepatentschrift im Zusammenhang mit dem Stand der Technik nach Anlage K2 (EP 0 960 984 A2) in Abschnitt [0010] von einer „Trennung der Kammern in dem Behälter“ spricht, also offensichtlich zwischen Kammern und Behältern zu unterscheiden weiß. Die Beklagten meinen, aus der Tatsache, dass Anspruch 1 des Klagepatents nicht von „separierten Vorratskammern“, sondern von „voneinander separierten Vorratsbehältern“ spricht, ableiten zu können, dass sich die technische Lehre von der Zweikammer-Lösung bewusst abgrenze. Hätte das Klagepatent mit der unterschiedlichen Wortwahl nicht auch einen technischen Unterschied zum Stand der Technik verbunden, hätte der Anmelder nicht einen abweichenden Wortlaut wählen müssen. Diese allein philologisch orientierte Auslegung vermag nicht zu überzeugen, weil über die bloße Wortwahl hinaus für das Verständnis der technischen Lehre maßgeblich ist, welche Funktion das Klagepatent dem einzelnen Merkmal im Gesamtgefüge der technischen Lehre aus Sicht eines Fachmanns auf dem betreffenden technischen Gebiet beimisst. Welchen Vorteil das Klagepatent im Hinblick auf das zu lösende technische Problem, eine Abgabevorrichtung mit mindestens zwei voneinander separierten Vorratsbehältern hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeit für die Abgabe der Wirkstofffluide zu optimieren, damit verbinden sollte, eine Zweikammer-Lösung zugunsten auch äußerlich getrennter Vorratsbehälter zu verwerfen, haben die Beklagten aus der Klagepatentschrift nicht aufgezeigt und ist nicht ersichtlich. Für die erstrebte Optimierung der Steuerungsmöglichkeit kann es allenfalls darauf ankommen, dass die Innenräume (Volumina) der Vorratsbehälter nicht miteinander verbunden sind. Eine äußerliche Trennung in separate Bauteile ist hierfür irrelevant. Dass diese weitergehende Trennung es ermöglichen mag, im Falle unterschiedlich starken Verbrauchs lediglich einen einzelnen Behälter für ein Wirkstofffluid auszutauschen, hat mit der patentgemäßen Aufgabenstellung nichts zu tun und findet auch andernorts in der Klagepatentschrift keine Erwähnung.
Auf die Unteransprüche 4 bis 6 können sich die Beklagten nicht mit Erfolg berufen. Ihnen liegt zwar offenbar die Vorstellung auch äußerlich getrennter Vorratsbehälter zugrunde, weil sich nur bei solchen die Frage stellt, sie mittels eines Adapters (also eines zusätzlichen Bauteils; Unteranspruch 4) oder unmittelbar (Unteranspruch 6) zu kuppeln oder sie einzeln im Halter anzubringen (Unteranspruch 5). Als weitere Alternative tritt neben die Unteransprüche 4 bis 6 jedoch auch Unteranspruch 7. Nach ihm sind die Vorratsbehälter in einem gemeinsamen, einteiligen Gehäuse „ausgebildet“ (nicht etwa „angeordnet“). Für das Verständnis der Beklagten, damit könne nur ein zusätzliches Gehäuse gemeint sein, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten aus der Klagepatentschrift. Unteranspruch 7 spricht somit dafür, dass das Klagepatent in seinen Ansprüchen Vorratsbehälter und Vorratskammern synonym gebraucht, also auch bei Vorratsbehältern allein auf den Innenraum für das Wirkstofffluid abstellt. Mit dem Verständnis der Beklagten wäre nicht erkennbar, wo noch ein funktionaler Unterschied zwischen einem (so verstandenen) zusätzlichen Gehäuse (nach Auffassung der Beklagten Unteranspruch 7) und einem „Adapter o. dgl.“ zur Kupplung miteinander (Unteranspruch 4) liegen sollte. Eigenständige Bedeutung kommt Unteranspruch 7 vielmehr nur dann zu, wenn er ein einstückiges Gehäuse meint, das mehrere Vorratskammern (Vorratsbehälter) umfasst. Dies ist die aus dem Stand der Technik bekannte und nicht kritisierte Zweikammer-Lösung.
Bestätigt wird die weite Auslegung schließlich durch die Beschreibung in Abschnitt [0031] (Seite 4, Zeilen 44-46), die den Gegenstand des Unteranspruchs 7 (die Ausbildung der Vorratsbehälter in einem gemeinsamen, einteiligen Gehäuse) exemplarisch dahin erläutert, dass dies beispielsweise separierte Kammern in einem zusammenhängenden Gehäuse sein können. Im Ergebnis bedeutet dies eine einzige Außenhülle (bezeichnet als „Gehäuse“) mit inhaltlich separierten „Kammern“ als Unterteilungen. Wenn die Einleitung des Abschnitts [0031] von verschiedenen Möglichkeiten der Anordnung und Anbringung der Vorratsbehälter am Halter spricht, belegt dies nur, dass das Klagepatent „Vorratsbehälter“ nicht auf eine äußere Beschaffenheit reduziert, sondern sie im Hinblick auf ihre Funktion, das jeweilige Wirkstofffluid getrennt vom anderen zu tragen, als Kammern für die Wirkstofffluide versteht.
Die bei den angegriffenen Ausführungsformen übereinstimmend realisierte Zweikammer-Lösung, bei der in einem einzigen Kunststoffbauteil zwei voneinander getrennte Behälter für die beiden Wirkstofffluide enthalten sind, verwirklicht die Merkmale 2.2 und 3.2 daher wortsinngemäß.
2. Merkmal 5:
Nach Merkmal 5 sind die Vorratsbehälter gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt. Mit diesem Merkmal grenzt sich die technische Lehre des Klagepatents – wie dessen Beschreibung entnommen werden kann (vgl. Anlage K 1. Abschnitte [0009] bis [0011]) – insbesondere von dem Stand der Technik nach Anlage K2 ab. Bei der dort beschriebenen Abgabevorrichtung ist vorgesehen und beruht die Funktionsfähigkeit gerade darauf, dass die Spülflüssigkeit gezielt durch die schlitzartigen Durchlässe des Deckelteils in die im oberen Bereich miteinander verbundenen Kammern eindringt, in den Kammern Teile der Wirkstoffsubstanz löst und über die Abgaberöhrchen aus dem Behälter mitnimmt. Merkmal 5 ist insbesondere zusammen mit Merkmal 4 und Merkmalsgruppe 6 zu betrachten, wonach die Auslassöffnungen der Vorratsbehälter, über die das Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist, in Gebrauchsstellung bodenseitig und so angeordnet sind, dass nur Wirkstofffluid austritt, ohne dass jedoch Spülflüssigkeit eintritt.
Nach dem Verständnis der Beklagten soll durch Merkmal 5, das wortgleich auch in Anspruch 2 enthalten ist, ein vollständiger, uneingeschränkter Schutz vor dem Eindringen von Spülflüssigkeit in die Vorratsbehälter vorgesehen sein. Ein derartiger vollständiger Schutz könne – so die Beklagten – aus fachmännischer Sicht nur durch Mittel zum Verschließen der Öffnung der Vorratsbehälter gewährleistet werden. Dem Fachmann werde in der Klagepatentschrift allein die Möglichkeit offenbart, dies durch ein Einwegeventil zu bewirken, das in Auslassrichtung des Wirkstofffluids geöffnet werden kann, in der Gegenrichtung jedoch dicht verschließbar ist. Unter einem Schutzmittel gegen in die Vorratsbehälter eindringende Spülflüssigkeit nach Merkmal 5 verstehe der Fachmann daher ein zu einem Verschlussventil analoges Verschlusselement, das die Auslassöffnungen in Richtung zum Inneren der Vorratsbehälter sicher abdichtet.
Mit diesem Verständnis messen die Beklagten Merkmal 5 eine größere Bedeutung bei als ihm nach dem maßgeblichen Verständnis des Fachmanns zukommt. Merkmal 5 beschreibt allein die Wirkung, dass die Vorratsbehälter gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sein sollen, ohne dem Fachmann jedoch konkrete Maßnahmen vorzuschreiben, wie dies geschehen soll. Abschnitt [0030] beschreibt die Merkmale 4 bis 6.2 einschließlich des Schutzes vor eindringender Spülflüssigkeit in das Innere der Vorratsbehälter. Die letzten beiden Sätze dieses Abschnitts (Seite 4, Zeile 36-38):
„Im dargestellten Ausführungsbeispiel ist dies dadurch realisiert, dass die Auslassöffnung 4 des jeweiligen Vorratsbehälters 2, 3 in Gebrauchsstellung, so dargestellt in Fig. 2, bodenseitig angeordnet ist. Überströmendes Spülwasser trifft allenfalls seitlich auf den Vorratsbehälter 2,3.“
deuten bereits darauf hin, dass das in Merkmal 5 beschriebene Ziel bereits dadurch als erreichbar angesehen wird, dass die Auslassöffnungen in Gebrauchsstellung bodenseitig angeordnet sind, so dass überströmendes Spülwasser allenfalls seitlich auf die Vorratsbehälter trifft. Offensichtlich teilt die Klagepatentschrift nicht die von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung, dass es zu einem Eindringen von Spülflüssigkeit in die Vorratsbehälter automatisch dann komme, wenn die Spülflüssigkeit mit dem Wirkstofffluid in Kontakt tritt.
Diese Auslegung wird bestätigt durch die vergleichende Zusammenschau des Anspruchs 1 mit dem nebengeordneten Anspruch 2, der wie Anspruch 1 das Merkmal 5 in gleicher Weise enthält. Zugleich sieht Anspruch 2 jedoch ein Dichtungselement zum Verschluss der Auslassöffnungen vor, wenn das Dichtungselement nicht durch ein Betätigungselement in eine Öffnungsstellung gebracht wurde. Wenn nun auch Anspruch 2 über diese Merkmale hinaus noch vorschreibt, dass die Vorratsbehälter gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sind, spricht dies dafür, dass dieser Schutz jedenfalls im Rahmen des Anspruchs 1 nicht zwingend durch ein regelrechtes Verschlusselement gewährleistet werden muss. Denn ein Dichtungselement sieht Anspruch 1 abweichend von Anspruch 2 gerade nicht vor. Im Gegenteil: Merkmal 9.1 verlangt, dass das Innere des Vorratsbehälters über die Auslassöffnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung steht, also gerade kein Wechsel in der Öffnungs- und Schließstellung eines Dichtungselements stattfinden darf. Jedenfalls Anspruch 1 kann damit nicht voraussetzen, dass der Schutz nach Merkmal 5 durch ganz bestimmte Maßnahmen erreicht wird. Anspruch 1 stellt es vielmehr in das Belieben des Fachmanns, wie dieser den erforderlichen Schutz gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit konkret verwirklicht.
Zugleich erkennt der Fachmann aus der Zusammenschau der Ansprüche 1 und 2, dass es jedenfalls im Rahmen des Anspruchs 1 nicht auf einen vollständigen, gleichsam hermetischen Schutz des Inneren der Vorratsbehälter vor dem Eindringen von Spülflüssigkeit ankommen kann. Wenn Anspruch 2 ein die Auslassöffnung verschließendes Dichtungselement voraussetzt, das einen optimalen Schutz gewährleisten mag, auf das Anspruch 1 jedoch gerade verzichtet (Merkmal 9.1), erschließt sich dem Fachmann, dass Anspruch 1 im Hinblick auf den Schutz nach Merkmal 5 weniger zu leisten vermag als Anspruch 2.
Mit Blick auf den in der Klagepatentschrift gewürdigten Stand der Technik ist auch nicht erkennbar, aus welchen Gründen ein perfekter Schutz vor dem Eindringen von Spülflüssigkeit in das Behälterinnere erforderlich sein sollte. In Gestalt der EP 0 960 984 A2 (Anlage K2) kritisiert die Beschreibung (Abschnitte [0009] bis [0011]) eine Lösung, bei der Spülflüssigkeit ungesteuert von oben in die Kammern eindringen und den Wirkstoff überströmen kann. Nach dem Abfließen überschüssiger Spülflüssigkeit durch die Abgaberöhrchen bleibt dort ein erheblicher Flüssigkeitsspiegel zurück, der auch nach Abschluss des Spülvorgangs weiter auf die Wirkstofffluide in den Kammern einwirken kann. Dies führe – so die Beschreibung in Abschnitt [0011] – dazu, dass bei dieser Vorrichtung der Verbrauch von Wirkstofffluid praktisch nicht optimal zu steuern sei. Denn die Wirkstofffluide werden angesichts der ungehinderten Einwirkung verbleibender Spülflüssigkeit über einen unbekannt langen Zeitraum bis zum nächsten Spülvorgang in unkontrollierter Weise verdünnt. Um sich von diesem Nachteil positiv abzusetzen, ist es nicht erforderlich, dass die klagepatentgemäße Lösung nach Anspruch 1 ein Eindringen von Spülflüssigkeit in das Innere der Vorratsbehälter vollständig verhindert, sondern nur ein Eindringen in einem solchen Umfang, der in einer der Anlage K2 vergleichbaren Weise dazu führt, dass der Verbrauch von Wirkstofffluid nicht mehr optimal zu steuern ist.
Dass es bei den angegriffenen Ausführungsformen zu einem Eindringen von Spülflüssigkeit in einem solchen erheblichen Umfang komme, haben die Beklagten schon nicht schlüssig vorgetragen. Die vorliegenden Muster sprechen im Gegenteil dafür, dass es allenfalls zu einem Eindringen in ganz geringem Maße kommen kann. Der Kragen 61 wirkt mit dem Becher 35 so eng zusammen, dass ausschließlich unterhalb des Kragens eine Labyrinthdichtung gegen eindringende Spülflüssigkeit geschaffen wird, die noch dazu durch ausgetretenes Wirkstofffluid versperrt ist. Die im Bereich eines Bechers durchtrennte Halterung in Anlage B5 zeigt, dass die nach innen führende Schulter 79 des Vorratsbehälters (vgl. Figuren 2 und 7 der Anlage K15) dicht auf der Krempe 63 des Kragens 61 am Halter (vgl. Figuren 5 und 7 der Anlage K15) aufsitzt. Spülflüssigkeit müsste daher, um in das Innere des Vorratsbehälters zu gelangen, denselben Weg wie das Wirkstofffluid in umgekehrter Richtung nehmen, also durch die Kanäle 51 in den ringförmigen Kapillarkanal 75 gelangen, das Wehr 45 in den Becher 35 überwinden und von dort durch die Mündung 25 des Behälterauslasses 15 in das Innere aufsteigen, dies alles entgegen dem mit der Schwerkraft zum Austritt neigenden und der Spülflüssigkeit damit entgegendrängenden Wirkstofffluid. Dass Spülflüssigkeit dies bei den angegriffenen Ausführungsformen in einem nennenswerten Umfang möglich sein sollte, ist nicht erkennbar. Die Vorratsbehälter der angegriffenen Ausführungsformen sind daher im Sinne des Merkmals 5 gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt.
3. Merkmal 7:
Merkmal 7 verlangt (scheinbar nach Art eines Verfahrensanspruchs, im Rahmen des Vorrichtungsanspruchs jedoch zu verstehen als: „Die Abgabevorrichtung ist bauartlich so beschaffen, dass …“), dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter in die Spülflüssigkeit erfolgt.
Zwischen den Parteien ist umstritten, ob diese Anweisung so zu verstehen ist, dass bei jedem einzelnen Spülvorgang die ganz konkrete, aus der Auslassöffnung abgegebene Teilmenge an Wirkstofffluid auch tatsächlich direkt und unmittelbar in die Spülflüssigkeit gelangen muss. Die Beklagten meinen, dies entspreche dem Verständnis des Fachmanns: Die aus dem Vorratsbehälter bei dem gegenwärtigen Spülvorgang jeweils austretende Teilmenge müsse bei jedem einzelnen Spülvorgang sogleich insgesamt in die Spülflüssigkeit gelangen und mit ihr in das Toilettenbecken abgetragen werden.
Die Beklagten behaupten, dass es bei den angegriffenen Ausführungsformen erst nach einer Mehrzahl von (etwa sechs) Spülvorgängen dazu kommt, dass eine konkrete Teilmenge des Wirkstofffluids von der Verteilerplatte durch die Spülflüssigkeit mitgerissen wird. So lange dauere es, bis eine aus dem Vorratsbehälter ausgetretene Teilmenge des Wirkstofffluids den Weg durch den Becher 35, über das Wehr 45, durch den ringförmigen Kapillarspalt 75, den Kanal 51 und die Kanäle 80 auf die Oberfläche 31 der Verteilerplatte 9 zurückgelegt habe, von wo er schließlich durch Spülflüssigkeit mitgerissen werden könne. Nachdem die Klägerin dies zunächst nicht bestritten hatte, hat sie in der mündlichen Verhandlung unter Berufung auf die im Termin vorgelegte Fotoserie in Abrede gestellt, dass es tatsächlich sechs Spülvorgänge dauere; jedenfalls von der Verteilerplatte werde sämtliches Wirkstofffluid in einem Spülgang fortgespült.
Die Klägerin sieht in der von den Beklagten vertretenen engen, auf eine unmittelbare Abgabe in die Spülflüssigkeit abstellenden Auslegung des Merkmals 7 eine unzulässige Einengung des technischen Sinngehalts dieses Merkmals. Es beschreibe lediglich einen mittelbaren Kausalzusammenhang, indem es angebe, woher die jeweilige Teilmenge ursprünglich stammt und zu einem beliebigen früheren Zeitpunkt anlässlich irgendeines vorangegangenen Spülvorgangs ausgetreten ist. Nicht beschrieben werde hingegen, dass die Abgabe des Wirkstofffluids aus dem Vorratsbehälter und sein Fortspülen vom Verteilungselement bei ein und demselben Spülvorgang stattfinden müsse. Unter Betonung des Merkmalsbestandteils „aus jedem der Vorratsbehälter“ meint die Klägerin, Merkmal 7 solle in Verbindung mit Merkmal 5 zu einer möglichst gleichmäßige Entleerung der mehreren Vorratsbehälter untereinander, also zu einer „Vergleichmäßigung des Abgabeprozesses“ führen. Durch die Abschirmung der Auslassöffnungen gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit (Merkmal 5) soll eine Veränderung der Viskosität der Wirkstofffluide nach Möglichkeit beschränkt werden, so dass die Abgabe der Wirkstofffluide möglichst gleichmäßig erfolgen kann. Dies greife Merkmal 7 mit der Aussage auf, dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge aus jedem der Vorratsbehälter erfolgt, um diese gleichmäßig zu entleeren.
Merkmal 7 kann allenfalls bei isolierter Betrachtung (und unter Berücksichtigung der den Merkmalswortlaut schlicht wiedergebenden Beschreibungsstelle in Abschnitt [0014], Seite 3, Zeilen 19f.) darauf hindeuten, dass die Wirkstofffluide nach ihrer Abgabe aus dem Vorratsbehälter sofort und unmittelbar in das Spülwasser gelangen, indem von einer „Abgabe … in die Spülflüssigkeit“ die Rede ist. Bei der Betrachtung eines einzelnen Merkmals darf die Auslegung der technischen Lehre des gesamten Anspruchs jedoch nicht stehen bleiben. Es muss daher auch in den Blick genommen werden, wie die geschützte Abgabevorrichtung im Übrigen ausgestaltet sein soll, um den Abtrag des Wirkstofffluids mit der Spülflüssigkeit in das Toilettenbecken zu gewährleisten. Insoweit verlangt Merkmal 8.3 an dem plattenartigen, am Halter angeordneten und für mehrere Vorratsbehälter gemeinsam vorgesehenen Verteilungselement einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich. Erst von diesem Beaufschlagungsbereich ausgehend soll die Spülflüssigkeit das notwendigerweise bereits zuvor ausgetretene Wirkstofffluid mitnehmen und nicht bereits aus dem Vorratsbehälter, mit dem sich die Merkmale 4 bis 7 befassen. Bereits dies relativiert die Aussage in Merkmal 7, dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe „in die Spülflüssigkeit“ erfolgen müsse. Damit kann keine unmittelbare Abgabe von dem Vorratsbehälter in die Spülflüssigkeit gemeint sein. Denn offensichtlich soll das Wirkstofffluid erst von dem Beaufschlagungsbereich des Verteilungselements aus durch die Spülflüssigkeit mitgenommen werden. Würde Merkmal 7 eine unmittelbare Abgabe fordern, käme dem weiteren Merkmal 8.3 im Rahmen der technischen Lehre keine Bedeutung mehr zu.
Merkmal 7 dient hingegen der Abgrenzung der technischen Lehre des Anspruchs 1 vom Stand der Technik gemäß Anlage K3, der in Abschnitt [0012] der Beschreibung gewürdigt wird. An ihm kritisiert die Klagepatentschrift, dass durch die dauernd offenen bodenseitigen Auslassöffnungen, aus denen das Gel aufgrund seiner Viskosität und Oberflächenspannung im Normalfall nicht austreten könne, Spülflüssigkeit von unten her eintreten und das den Öffnungen nahe Gel etwas anlösen könne. Bei längerer Nichtbenutzung der Spülung könnten die Wirkstofffluide daher entweder heraussickern oder unter Einfluss der Umgebungsatmosphäre verhärten, so dass sie danach nicht mehr aktiviert werden können. Ein in diesem Sinne „unkontrolliertes“, das heißt außerhalb von Spülvorgängen stattfindendes Heraussickern soll durch Merkmal 7 verhindert werden. Indem es nur dann zu einem Austritt von Wirkstofffluid aus den Vorratsbehältern kommen kann, wenn die Spülung betätigt wird, droht nicht die Gefahr wie im Stand der Technik (Anlage K3), dass die Fluide über einen unkalkulierbar langen Zeitraum zwischen zwei Spülvorgängen hinweg austreten können. Damit verfolgt auch Merkmal 7 den Zweck, die Steuerung der Abgabe der Wirkstofffluide zu optimieren, indem diese nur anlässlich von Spülvorgängen (und bei einem jeden Spülvorgang) aus den Vorratsbehältern austreten können. Merkmal 7 wirkt dabei zusammen mit Merkmal 9.2, wonach eine Zwischenanordnung zwischen der Auslassöffnung und dem Verteilungselement (vgl. Merkmal 9.1) ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindert. „Freies Fließen“ meint damit gerade einen ungehinderten Austritt von Wirkstofffluid außerhalb der Spülvorgänge.
Damit ist Anspruch 1 zwar nicht in der Lage, den an Anlage K3 neben dem unkontrollierten Heraussickern kritisierten Nachteil einer Verhärtung zu vermeiden, worauf die Klägerin zu Recht hinweist. Dessen bedarf es jedoch auch nicht, weil eine Vermeidung des Eintrocknens kein Zweck an sich ist. Eine Verhärtung der Wirkstofffluide wird deshalb kritisiert, weil sie dazu führt, dass deren spätere Abgabe gestört ist, weil die verhärteten Fluide nicht mehr aktivierbar sind (vgl. Seite 3, Zeilen 10f.). Wenn jedoch bereits durch die Maßnahme, dass es nur bei Betätigung der Spülung zu einem Austritt von Wirkstofffluid aus den Vorratsbehältern kommt (Merkmal 7), ein unkontrolliertes Austreten mit der möglichen Folge des Eintrocknens vermieden wird, stehen auch die nachteiligen Folgen eines unkontrollierten Austritts (Eintrocknen) nicht mehr zu befürchten. Der Fachmann erkennt schließlich aus der Zusammenschau des Anspruchs 1 mit Anspruch 2, dass die durch Merkmal 9.1 geforderte dauernde Verbindung zwischen der Auslassöffnung eines jeden Vorratsbehälters und dem Verteilungselement es gar nicht vermeiden kann, dass es an der „dauernd offenen“ Schnittstelle zwischen zwei Spülvorgängen zu einem teilweisen Verhärten kommt, geradezu zwangsläufig kommen muss. Dies könnte allenfalls durch ein aktiv schließendes Dichtungselement verhindert werden, welches Anspruch 1 im Unterschied zu Anspruch 2 aber gerade nicht voraussetzt.
Ob Merkmal 7 daneben auch einer „Vergleichmäßigung des Abgabeprozesses“ zwischen den mehreren Vorratsbehältern dient (wofür mit Ausnahme des Merkmalsbestandteils „aus jedem der Vorratsbehälter“ in der Beschreibung keine Anhaltspunkte ersichtlich sind), kann offen bleiben. Jedenfalls verlangt Merkmal 7 bei funktionsorientierter Auslegung nicht, dass eine konkrete Teilmenge, die bei einem Spülvorgang (und nur bei einem solchen) aus den Vorratsbehältern austritt, im Zuge desselben Spülvorgangs auch unmittelbar in die Spülflüssigkeit gelangt.
Es kann daher zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt werden, dass es bei den angegriffenen Ausführungsformen etwa sechs Spülvorgänge dauert, bis eine aus den Vorratsbehältern ausgetretene Teilmenge von der Spülflüssigkeit mitgenommen wird (die genaue Dauer wird unter anderem von der Intensität und Dauer der konkreten Spülvorgänge und damit letztlich von Zufälligkeiten abhängen). Denn auch in diesem Fall sind die angegriffenen Ausführungsformen so ausgestaltet, dass Wirkstofffluid nur anlässlich eines Spülvorgangs austreten kann und bei jedem Spülvorgang auch austritt: Wie die Beklagten nicht in Abrede gestellt haben, kommen die nachrückenden Wirkstofffluide nach der Verteilung früher ausgetretener Teilmengen über die Oberfläche der Verteilerplatte zum Stillstand, weil das aus Ringspalt 75 und nachgelagerten Kanälen 51, 80 und 53 gebildete Kapillarsystem einen weiteren schwerkraftbedingten Austritt verhindert, wenn es vollständig mit Fluid gefüllt ist. Erst dann, wenn ein Teil der auf der Verteilerplatte befindlichen Fluide mit der Spülflüssigkeit fortgespült wurde, können durch das Kapillarsystem weitere Fluide nachrücken, weil der Widerstand des nunmehr nicht mehr vollständig gefüllten Kapillarsystems gegen ein Nachrücken nachgelassen hat. Dies erfolgt aber nur in dem Maße und so lange, bis das Kapillarsystem wieder gefüllt ist und einem weiteren Nachsickern entgegensteht.
Dass es dabei mit längerer Verweildauer auf der Verteilerplatte (und damit „an der Luft“) zu einem Aushärten der Fluide kommen mag, wenn der nächste Spülvorgang auf sich warten lässt, ist unschädlich, da dieser Nachteil allein bei der Vorrichtung nach Anspruch 2 des Klagepatents vermieden werden kann. Schließlich ist im Hinblick auf die angegriffenen Ausführungsformen zu berücksichtigen, dass ein etwaiges partielles Eintrocknen der Fluide auf der Verteilerplatte nicht schon im Bereich der Auslassöffnungen der Vorratsbehälter, sondern erst jenseits ihrer bis zur Verteilerplatte erfolgt. Eine Beeinträchtigung der Wirkstoffabgabe durch partielles Eintrocknen droht daher nicht, zumal die Beklagten selbst nicht vorgetragen haben, es sei bei den angegriffenen Ausführungsformen bei längerer Verweildauer zu befürchten, dass die eingetrockneten Fluide nicht mehr aktivierbar seien.
4. Merkmale 9/9.2:
Gemäß Merkmal 9/9.1 steht das Innere des Vorratsbehälters über die Auslassöffnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung. Dem entnimmt der Fachmann, insbesondere in der Zusammenschau mit Anspruch 2, dass durch diese dauernde, nicht durch ein zwischengeschaltetes, die Verbindung in einer Stellung freigebendes und in einer anderen Stellung versperrendes Dichtungselement wie bei Anspruch 2 geregelte Verbindung ermöglicht werden soll, dass das Wirkstofffluid aus dem Vorratsbehälter (Merkmale 4, 6.2 und 7) auf das Verteilungselement gelangt, von dessen Beaufschlagungsbereich es durch die darüber strömende Spülflüssigkeit mitgenommen werden kann (Merkmal 8.3). Das hier von den Beklagten bestrittene Merkmal 9.2 sieht eine „Zwischenanordnung“ (wie sich aus Merkmal 9.1 ergibt: zwischen der Auslassöffnung und dem Verteilungselement) vor, die ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindert.
Die Beklagten meinen, die „Anordnung“ im Sinne des Merkmals 9.2 müsse ein eigenes, gesondertes Bauteil sein, das bei funktionaler Betrachtung eine solche Struktur und Ausgestaltung aufweist, dass es aufgrund seiner Zwischenanordnung zwischen Auslassöffnung und plattenförmigen Verteilungselement ein freies Fließen der Wirkstofffluide verhindert. Dies könne zwar – da der Anspruch keine bestimmte technische Lösung zur Realisierung dieser Funktion vorsehe – eine Einrichtung sein, welche die Auslassöffnung verschließt, nicht jedoch ein Kapillarsystem, wie es bei den angegriffenen Ausführungsformen realisiert ist. Denn die Ausnutzung der Kapillarwirkung werde in der Beschreibungseinleitung der Klagepatentschrift (Abschnitte [0004] und [0005]; Seite 2, Zeilen 18-21) als nicht geeignet beschrieben, weil dies die unerwünschte Wirkung habe, dass Wirkstofffluid auch bei längerer Nichtnutzung des Toilettenbeckens weiter heraussickert. Von der Ausnutzung des Kapillareffekts wolle sich die technische Lehre des Klagepatents mit dieser Kritik absetzen.
Darin ist den Beklagten nicht zu folgen. Zutreffend ist, dass Merkmal 9.2 mit einer „Anordnung“ gerade keine bestimmte konstruktive Gestaltung vorsieht, sondern allein auf die Funktion abstellt, ein freies, das heißt ungehindertes Fließen zu verhindern. Es ist durch Merkmal 9.2 daher völlig in das Belieben des Fachmanns gestellt, wie er die „Anordnung“ konkret realisiert, sofern er mit ihr nur ein unerwünschtes freies Fließen verhindert. Der Fachmann wird jedoch nicht zu der Erkenntnis gelangen, dies könne (auch oder gar ausschließlich) durch eine Dichtungsvorrichtung mit Betätigungsmechanismus geschehen, die (wie Ventile, Klappen oder Verschlüsse) entweder den Fluss von Wirkstofffluid zulässt oder ihn unterbindet, so dass nach einem Spülvorgang Wirkstofffluid nicht weiter heraussickern kann. Dies ließe sich nicht mit der durch Merkmal 9.1 ausdrücklich geforderten dauernden Verbindung zwischen dem Inneren des Vorratsbehälters und dem Verteilungselement über die Auslassöffnung vereinbaren. Zur Verwirklichung des Merkmal 9.2 bei Anspruch 1 bleiben damit nur passive Maßnahmen, die auf andere Weise als durch ein Dichtungselement (das aktiv zwischen einer Auf- und einer Zu-Stellung wechselt, vgl. Abschnitt [0037], Seite 5, Zeilen 18-22) sicherstellen, dass es nicht zu einem freien Fließen des Wirkstofffluids aus dem Vorratsbehälter kommt. In direkter Gegenüberstellung zwischen der Lehre des Anspruchs 1 und des Anspruchs 2 (Abschnitte [0014] und [0015]) spricht die Beschreibung für Anspruch 2 ausdrücklich davon, dort sei die Problemstellung „durch eine positive Schließung der Auslassöffnungen“ gelöst (Seite 3, Zeilen 25f.). Der Fachmann wird dadurch in der Erkenntnis bestärkt, dass eine dauernde Verbindung im Sinne des Merkmals 9.1 gerade nicht durch ein „aktiv“ bzw. „positiv“ schließendes Dichtungselement realisiert werden kann.
Der Fachmann wird durch die Klagepatentbeschreibung entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht davon abgehalten, als Anordnung zur Verhinderung eines freien Fließens etwa ein Kapillarsystem zwischen Auslassöffnung des Vorratsbehälters und dem Verteilungselement in Betracht zu ziehen. Im Kontext der Abschnitte [0004] und [0005] wird nicht die Ausnutzung der Kapillarwirkung in einem Kapillarsystem überhaupt als untauglich kritisiert, sondern allein die Tatsache, dass bei einem in der Auslassöffnung des Vorratsbehälters angeordneten offenporigen Schaumstoff (Seite 2, Zeilen 15-18) „auch bei längerer Nichtnutzung des Toilettenbeckens Wirkstofffluid weiter heraussickert“ (Seite 2, Zeile 21). Hinzu kommt, dass die in Abschnitten [0004] und [0005] erwähnte Kapillarwirkung eines offenporigen Schaumstoffs im Rahmen der Ausführungen zu Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid erwähnt wird, die das Klagepatent aus anderen Gründen als der unzureichenden Steuerungsmöglichkeit verwirft (vgl. Abschnitt [0008]; Seite 2, Zeilen 40-42). Für die Realisierung der erfindungsgemäßen Lehre für mehrere Wirkstofffluide verweist die Beschreibung in Abschnitt [0016] (Seite 3, Zeilen 31f.) hingegen ausdrücklich darauf, dass sich die im Stand der Technik bekannten Techniken von Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid anböten. Der Fachmann sieht sich daher durch die Kritik in Abschnitten [0004] und [0005] nicht daran gehindert, auch ein Kapillarsystem, also Austrittsöffnungen von bestimmten Abmessungen, in Verbindung mit einer darauf abgestimmten Viskosität der Wirkstofffluide in Erwägung zu ziehen, zumal nicht der Kapillareffekt generell als untauglich zur Einstellung des Ausflussverhaltens beschrieben wird, sondern nur eine in dem Stand der Technik EP 785 315 A1 (vgl. Anlage D2 zu Anlage K18) beschriebene „Kapillarwirkung des offenporigen Schaumstoffmaterials“. Dies gilt besonders, da der Fachmann durch Abschnitt [0029] der Beschreibung darauf hingewiesen wird, dass zähflüssige bis gelartige Wirkstofffluide mit Viskositäten im Bereich einiger tausend mPas von besonderem Interesse seien. Der Fachmann erkennt auch ohne ausdrücklichen Hinweis auf den Kontext dieser Aussage, dass er die Viskosität der Wirkstofffluide für die Fließverhinderungs-Anordnung im Sinne des Merkmals 9.2 nutzbar machen kann.
Die angegriffenen Ausführungsformen verfügen in Gestalt des bereits zu Merkmal 5 (II. 2. der Entscheidungsgründe) beschriebenen Kapillarsystems über eine Anordnung zwischen der Auslassöffnung der Vorratsbehälter und dem Verteilungselement, die ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindert. Nach dem Einsetzen des Behälters 3 in den Halter 7 füllt sich der Becher 35 mit Fluid 23a/23b, das über das Wehr 45 tritt, den ringförmigen Kapillarspalt 75 füllt und über die Kanäle 51 in der Außenfläche 47 der Becherwand 39 in die Kapillarkanäle 80 und 53 der Verteilerplatte 9 gelangt. Von dort aus verteilt es sich, solange kein Spülvorgang erfolgt, ungehindert über die Kapillarkanäle 53 und die weiteren Rinnen 29 auf der Oberfläche 31 der Verteilerplatte 9. Das Wirkstofffluid wird durch die Kapillarwirkung der Kanäle weitertransportiert, bis es sich auf der Oberfläche 31 der Verteilerplatte 9 verteilt hat, während es sich dann jedoch – ebenfalls infolge des Kapillareffekts in den Kanälen – nicht über die Verteilerplatte hinaus verteilt. Ein unkontrolliertes Heraussickern weiteren Fluids wird, wie bereits zu Merkmal 7 ausgeführt, durch den Kapillareffekt in den Spalten und Kanälen zwischen Auslassöffnung und Verteilerplatte verhindert, bis zumindest ein Teil des auf der Verteilerplatte befindlichen Wirkstofffluids von der Spülflüssigkeit weggetragen wurde. Dies geschieht dadurch, dass beim Spülvorgang Spülflüssigkeit ausgehend von der Kante 36 der Verteilerplatte 9 auf diese auftrifft und die quer über die Verteilerplatte verlaufenden Rinnen 29 freispült. Dies verringert die Oberflächenspannung des Wirkstofffluids am Ausgang des Kanals 80 bzw. der Kanäle 53, so dass der fortgespülten Menge entsprechende Teilmengen nachrücken können, bis der Gleichgewichtszustand wieder erreicht ist und der Nachfluss erneut stoppt. Ein unerwünschtes freies Fließen wird dadurch verhindert, solange die Verteilerplatte nicht freigespült wird. Die auf der Verteilerplatte befindlichen Fluidmengen blockieren vermittels des Kapillareffekts ein Nachrücken von Fluiden im Kapillarsystem.
Zu Recht hat die Klägerin daher ihren Antrag zu I. 1. a) entsprechend den Anforderungen des Bundesgerichtshofes (in der Entscheidung BGH, GRUR 2005, 569, 570 – Blasfolienherstellung) auf die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen formuliert, bei denen die ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernde Anordnung durch ein Kapillarsystem gebildet wird.
III.
Durch Angebot und Lieferung der als Nachfüllpackungen von den Beklagten angebotenen Paare von Vorratsbehältern verletzen die Beklagten das Klagepatent mittelbar (§ 10 Abs. 1 PatG). Die Vorratsbehälterpaare sind Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, denn sie stellen die in Merkmalen 2.2 bis 7, 8.4 und Merkmalsgruppe 9 behandelten Vorratsbehälter im Sinne des Anspruchs 1 dar (vgl. vorstehend zu II. 1.). Die Angebotsempfänger und Abnehmer der Beklagten wissen oder es ist zumindest aufgrund der Umstände offensichtlich, dass die Vorratsbehälterpaare dazu geeignet und offensichtlich allein dazu bestimmt sind, für die Benutzung in einer Abgabevorrichtung gemäß Anspruch 1 des Klagepatents bzw. gemäß dem Tenor zu I. 1. a) verwendet zu werden. Da die Angebotsempfänger und Abnehmer der Beklagten zur Benutzung der patentierten Erfindung nicht berechtigt sind, handeln die Beklagten § 10 Abs. 1 PatG zuwider.
VI.
Aus der unmittelbaren und mittelbaren Verletzung des Klagepatents ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.
1.
Da die Beklagten in beiderlei Hinsicht widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung sowohl unmittelbarer als auch mittelbarer Verletzungshandlungen verpflichtet (Art. 64 EPÜ; § 139 Abs. 1 PatG).
2.
Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten (Art. 64 EPÜ; § 139 Abs. 2 PatG). Denn als Fachunternehmen hätten die Beklagten zu 1) und 2), vertreten durch den Beklagten zu 3), dessen Verschulden sie sich analog § 31 BGB zurechnen lassen müssen, die Patentverletzungen durch Herstellung, Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Die Beklagten haften nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner, weil sie bei den Verletzungshandlungen zusammenarbeiten. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach hier anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242; 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 140b PatG. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Auskunft und Rechnungslegung vorzunehmen sind. Jedenfalls im Rahmen der Rechnungslegung über Lieferungen an Dritte (Antrag zu I. 2. c)) sind die Beklagten zur Belegvorlage verpflichtet (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, 10. Auflage 2006, § 139 PatG Rn. 89a, § 140b PatG Rn. 8; OLG Düsseldorf, InstGE 5, 249 – Faltenbalg).
4.
Gemäß Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG sind die Beklagten zu 1) und 2) zur Vernichtung der patentverletzenden Gegenstände verpflichtet. Da sich der Vernichtungsanspruch gemäß dem Wortlaut des § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG nur auf Erzeugnisse bezieht, die Gegenstand des Patents sind, erfasst er nicht die Nachfüllpackungen, hinsichtlich derer lediglich eine mittelbare Verletzung des Klagepatents vorliegt. Soweit der Vernichtungsantrag auch auf den Antrag zu Ziffer I. 1. b) rückbezogen ist, war die Klage daher abzuweisen.
5.
Auch der geltend gemachte Anspruch auf Rückruf der bereits vertriebenen Produkte und ihre endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen durch die Beklagten steht der Klägerin zu und ergibt sich aus §§ 139 Abs. 1 PatG; 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG (Enforcement-Richtlinie). Nach Art. 10 der Enforcement-Richtlinie, die bis zum 29. April 2006 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, sollen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsordnungen vorsehen, dass dem Verletzten eine Möglichkeit gegeben wird, den Rückruf der patentverletzenden Ware aus den Vertriebswegen zu erreichen. Diese Rechtsfolge lässt sich im Wege richtlinienkonformer Auslegung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog herleiten, denn diese Vorschrift berechtigt den Verletzten dazu, die „Beseitigung“ der Beeinträchtigung zu verlangen. Darunter lässt sich der Rückruf patentverletzender Ware und ihre endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen subsumieren. Auch der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Enforcement-Richtlinie tendiert dazu, einen Anspruch auf Rückruf und Entfernung patentverletzender Erzeugnisse aus den Vertriebswegen bereits de lege lata anzunehmen. Entsprechend der bereits bestehenden Regelung des § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG zur Vernichtung, die in Art. 10 Abs. 1 der Enforcement-Richtlinie als Abhilfemaßnahme neben Rückruf und endgültiger Entfernung aus den Vertriebswegen genannt wird, erstreckt sich auch der Rückrufanspruch jedoch nur auf „Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind“, mithin nicht auf mittelbar patentverletzende Erzeugnisse. Soweit sich der Antrag zu I. 3. der Klägerin auch auf ihren Unterlassungsantrag zu I. 1. b) rückbezieht, war die Klage daher abzuweisen. Die Frage einer Unverhältnismäßigkeit der Verurteilung gemäß dem Antrag zu I. 3. (mit der vorgenannten Einschränkung) ist nach Auffassung der Kammer schon deshalb zu verneinen, weil eine Verpflichtung des Patentverletzers auch zu diesen Abhilfemaßnahmen bereits durch die Enforcement-Richtlinie bestimmt wird.
6.
Schließlich steht der Klägerin der mit dem Antrag zu II. 2. geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Abmahnkosten aus §§ 677; 683 Satz 1; 670 BGB in Höhe von 18.024,00 Euro gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) zu. Die Klägerin hat die Beklagten zu 1) und 2) vorprozessual abmahnen lassen und zur Erstattung der damit verbundenen rechts- und patentanwaltlichen Kosten bis zum 29. November 2006 aufgefordert. Auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 1.000.000,00 Euro entspricht eine 2,0-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV, die nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, NJW 2007, 2149, 2050) nicht anteilig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist, eine Anrechnung vielmehr erst im Kostenfestsetzungsverfahren bei der Verfahrensgebühr zu berücksichtigen ist, jeweils 8.992,00 Euro (einfache Gebühr: 4.496,00 Euro) für die patent- und rechtsanwaltliche Vertretung. Der Angemessenheit einer 2,0-fachen Gebühr im vorliegenden Fall sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Zuzüglich Auslagenpauschale nach Nr. 7008 RVG-VV (jeweils 20,00 Euro für Patent- und Rechtsanwalt) ergibt dies den geltend gemachten Gesamtbetrag von 18.024,00 Euro. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1; 288 Abs. 1; 247 BGB.
V.
Eine Aussetzung der Verhandlung im Hinblick auf die von der Beklagten zu 1) erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent (Anlage B8) nach § 148 ZPO ist nicht veranlasst.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Eine Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Davon kann regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn der Stand der Technik das Klagepatent entweder neuheitsschädlich vorwegnimmt oder die Erfindungshöhe derart fragwürdig erscheinen lässt, dass sich ein vernünftiges Argument für die Zuerkennung der Erfindungshöhe nicht finden lässt. Bloße allgemeine Zweifel des Verletzungsgerichts an der Erfindungshöhe können hingegen eine Aussetzung nicht rechtfertigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bietet das Vorbringen der Beklagten zu 1) im Nichtigkeitsverfahren keine Veranlassung zur Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits.
In erster Linie macht die Beklagte zu 1) geltend, der Gegenstand des Klagepatentanspruchs 1 sei durch die US-Patentschrift 3,946,448 (Anlagenkonvolut B9, Anlage NK3) neuheitsschädlich vorweggenommen. Figur 2 der US 3,946,448 zeigt eine Abgabevorrichtung mit einem oder (nach Auffassung der Beklagten alternativ auch) mehreren Vorratsbehältern (capsules 5) für Wirkstofffluid, die über einen Halter 11 am Rand eines Toilettenbeckens montierbar ist. Das plattenartige Verteilungselement gemäß Merkmalsgruppe 8 des Klagepatentanspruchs 1 sehen die Beklagten in dem Element 4 der NK3 vorweggenommen. Eine ein freies Fließen von Wirkstofffluid verhindernde Anordnung gemäß Merkmal 9.2 sei – so die Beklagten – in Gestalt des federbelasteten Ventils 8 zum Verschließen der bodenseitigen Auslassöffnung 8a offenbart. Die Verteilungsplatte 4 stehe auf diese Weise dauernd (Merkmal 9.1) mit dem Inneren der Behälter 5 unter Zwischenanordnung des Ventils 8 in Verbindung. Ausströmen könne das Wirkstofffluid, wenn und sobald das Ventil 8 durch überströmende Spülflüssigkeit geöffnet wird.
Damit zeigt die Entgegenhaltung nach Anlage NK3 aber allenfalls ein Verschlusselement (ein Dichtungselement im Sinne des Anspruchs 2), das einer von Anspruch 1 vorausgesetzten dauernden Verbindung zwischen dem Inneren des Behälters und dem Verteilungselement im Sinne des Merkmals 9.1 gerade entgegensteht. Denn das Ventil öffnet oder schließt, je nachdem, ob die Spülung betätigt wird oder nicht. Es fehlt damit jedenfalls an einer Offenbarung der Merkmalsgruppe 9 des Anspruchs 1. Ob daneben noch weitere Merkmale durch die Anlage NK3 nicht offenbart werden, wie die Klägerin meint, kann daher offen bleiben. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist jedenfalls nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.
Soweit die Beklagte zu 1) im Nichtigkeitsverfahren mangelnde Erfindungshöhe geltend macht, vermag dies für eine Aussetzung hinreichende Zweifel gegen die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents nicht zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, wie die durch Anlage NK3 nicht offenbarte Merkmalsgruppe 9 durch die Kombination mit Anlage NK5 oder Anlage NK6 nahegelegt sein sollte. Beide Entgegenhaltungen sind im Hinblick auf Merkmal 9 schlicht unergiebig. Die weiteren von der Beklagten zu 1) zum vermeintlichen Fehlen der Erfindungshöhe angeführten Kombinationen von Entgegenhaltungen liegen eher noch weiter vom Gegenstand des Klagepatentanspruchs 1 entfernt als die zuvor erörterten.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1; 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1; 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 Euro festgesetzt.
878
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Februar 2008, Az. 4a O 427/06
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren,
zu unterlassen,
a) Abgabevorrichtungen zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken mit einem am Rand des Toilettenbeckens aufhängbaren Halter und zwei im Halter vorgesehenen, voneinander separierten Vorratsbehältern für jeweils ein Wirkstofffluid, wobei jeder Vorratsbehälter eine eigene Auslassöffnung aufweist, über die das jeweilige Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist,
im Geltungsbereich des deutschen Teils 501 08 xxx.9 des europäischen Patents 1 334 xxx herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen (wobei das Verbot der Herstellung nur die Beklagten zu 1) und 3) betrifft),
bei denen die Vorratsbehälter gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sind und die Auslassöffnungen der Vorratsbehälter so angeordnet sind, dass nur Wirkstofffluid austritt, die Auslassöffnungen der Vorratsbehälter in Gebrauchsstellung bodenseitig angeordnet sind, bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter in die Spülflüssigkeit erfolgt, am Halter ein plattenartiges Verteilungselement vorgesehen ist, das einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich aufweist, das Innere des Vorratsbehälters über die Auslassöffnung unter Zwischenanordnung eines ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Kapillarsystems dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung steht und das plattenartige Verteilungselement für die zwei Vorratsbehälter gemeinsam vorgesehen ist,
und/oder
b) Vorratsbehälter in einem gemeinsamen, einteiligen Gehäuse zur Verwendung in den vorstehend zu a) beschriebenen Abgabevorrichtungen
im Geltungsbereich des deutschen Teils 501 08 xxx.9 des europäischen Patents 1 334 xxx Dritten anzubieten und/oder zu liefern;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 04. Februar 2006 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten (nur bezüglich der Beklagten zu 1) und 3)),
b) der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer (nur bezüglich der Beklagten zu 2) und 3)),
c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, wobei sämtliche Bestellunterlagen, Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheine vorzulegen sind,
d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen -zeiten und -preisen,
e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
3. die vorstehend zu I. 1. a) bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen sowie – falls die Beklagten noch Eigentum daran haben – auf eigene Kosten aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen.
II. Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt,
1. die noch in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu I. 1. a) beschriebenen Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
2. als Gesamtschuldner an die Klägerin 18.024,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. November 2006 zu zahlen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 04. Februar 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
VI. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unmittelbarer und mittelbarer Patentverletzung auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf patentverletzender Erzeugnisse, Vernichtung sowie auf Erstattung vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten in Anspruch.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 1 334 xxx (nachfolgend: Klagepatent), der bei dem Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer 501 08 xxx.9 geführt wird. Das Klagepatent wurde am 21. Juli 2001 in deutscher Verfahrenssprache unter Inanspruchnahme deutscher Prioritäten vom 17. November 2000 und 17. März 2001 angemeldet. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 04. Januar 2006 veröffentlicht. Die Klagepatentschrift liegt als Anlage K1 vor. Das Klagepatent steht in Deutschland in Kraft. Über die von der Beklagten zu 1) unter dem 10. Mai 2007 zum Bundespatentgericht erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent ist noch nicht entschieden worden. Die auf ein weiteres Patent der Klägerin, das deutsche Patent 101 64 xxx, gestützten, im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Ansprüche sind nach zwischenzeitlicher Verfahrensabtrennung Gegenstand des Verfahrens 4a O xxx/08.
Das Klagepatent betrifft eine Abgabevorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken. Der in erster Linie geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
Abgabevorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken mit einem am Rand des Toilettenbeckens aufhängbaren Halter (1) und zwei im Halter (1) vorgesehenen, voneinander separierten Vorratsbehältern (2, 3) für jeweils ein Wirkstofffluid, wobei jeder Vorratsbehälter (2, 3) eine eigene Auslassöffnung (4) aufweist, über die das jeweilige Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vorratsbehälter (2, 3) gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sind und die Auslassöffnungen (4) der Vorratsbehälter (2, 3) so angeordnet sind, dass nur Wirkstofffluid austritt,
dass die Auslassöffnungen (4) der Vorratsbehälter (2, 3) in Gebrauchsstellung bodenseitig angeordnet sind,
dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter (2, 3) in die Spülflüssigkeit erfolgt,
dass am Halter (1) ein plattenartiges Verteilungselement vorgesehen ist, das einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich aufweist,
dass das Innere des Vorratsbehälters (2, 3) über die Auslassöffnung (4) unter Zwischenanordnung einer ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung steht und
dass das plattenartige Verteilungselement für mindestens zwei Vorratsbehälter (2, 3), vorzugsweise für alle Vorratsbehälter (2, 3) gemeinsam vorgesehen ist.
Hinsichtlich des Wortlauts der zum Gegenstand von Insbesondere-Anträgen gemachten Unteransprüche 7, 9, 14 und 15 wird auf die Klagepatentschrift (Anlage K1) verwiesen.
Die Beklagte zu 1) stellt in Deutschland Abgabevorrichtungen zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit eines Toilettenbeckens sowie Vorratsbehälter zum Nachfüllen dieser Abgabevorrichtungen her und bietet diese jeweils an (nachfolgend auch: angegriffene Ausführungsformen). Die Nachfüllbehälter werden als Ersatz für einen geleerten Behälter in die vorhandene Halterung eingesteckt. Der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen an Endverbraucher erfolgt in dm-Drogeriemärkten unter der Eigenmarke „A“ als „WC-Duftspüler doppelt aktiv“. Entsprechende, technisch identische, von der Beklagten zu 2) vertriebene Erzeugnisse werden unter der Bezeichnung „WC fix Duo Duftspüler“ in B-Märkten und unter der Bezeichnung „WC Double Action“ von der Drogeriemarktkette C an Endverbraucher angeboten. Der Beklagte zu 3) ist Mitgeschäftsführer sowohl der Beklagten zu 1) als auch der Beklagten zu 2). Muster der angegriffenen Ausführungsformen liegen als Anlagen K9 (dm-Produkt), K10 (C-Produkt) und K11 (B-Produkt) vor, ein separates WC-Körbchen ohne Behälter als Anlage K13, in aufgeschnittenem Zustand mit Behälter als Anlage B5.
Die angegriffenen Abgabevorrichtungen weisen ein aus transparentem Kunststoff gefertigtes, in sich symmetrisches Gehäuse mit zwei voneinander getrennten Volumina für die verschiedenen Wirkstofffluide auf. Beide Hälften sind gemeinsam einstückig gefertigt und durch einen Kunststoffsteg miteinander verbunden. Jede Hälfte verfügt über eine eigene Auslassöffnung, die im in den Halter eingesetzten Gebrauchszustand nach unten weist und in eine becherartige Vorrichtung des Halters mündet. Beim Einsetzen der Vorratsbehälter in den Halter werden Transportverschlüsse der Vorratsbehälter automatisch durchstoßen und die bodenseitigen Auslassöffnungen dadurch geöffnet. Durch jeweils einen Ringspalt zwischen dem einer Auslassöffnung zugeordneten Becher des plattenförmigen unteren Halterteils und dem Kragen des oberen Halterteils können Teilmengen des Wirkstofffluids austreten und durch Kapillarwirkung auf das plattenförmige Element gelangen, wo sie sich wiederum durch Kapillarkraft auf der geriffelten Oberfläche verteilen. Von dort können sie durch die Spülflüssigkeit, die den plattenförmigen Bereich bei Betätigung der Spülung überströmt, mitgenommen werden.
Wie die Beklagten nicht in Abrede gestellt haben, entsprechen die angegriffenen Ausführungsformen der mit der Replik als Anlage K15 vorgelegten internationalen Patentanmeldung der D Group Ltd. unter der internationalen Veröffentlichungsnummer WO 2007/104977 A2. Da die vorliegenden fotografischen Abbildungen der angegriffenen Ausführungsformen nicht zur Wiedergabe in diesem Urteil tauglich sind, werden nachfolgend die Figuren 1 bis 7 der Anmeldeschrift nach Anlage K15 wiedergegeben, denen die angegriffenen Ausführungsformen in ihrer technischen Ausgestaltung unstreitig entsprechen. Figur 1 zeigt eine Abgabevorrichtung entsprechend den angegriffenen Ausführungsformen in perspektivischer Ansicht, Figur 2 die kombinierten Vorratsbehälter in der Seitenansicht, teilweise mit Schnitt durch den Bereich der Auslassöffnung. Figuren 3 und 4 stellen in perspektivischer Ansicht die Verteilerplatte 9 mit Bechern 35 dar. Die Verteilerplatte 9 wirkt mit dem Halterteil 7 (als solches gezeigt in den Figuren 5 und 6) zusammen. Figur 7 stellt eine Schnittansicht durch die zusammengefügte Vorrichtung (entlang der Linie VII-VII der Figur 1) dar und illustriert das Zusammenwirken des Behälters 3, der in den Halter 7 eingesetzt ist, mit der Verteilerplatte 9.
Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen machten von sämtlichen Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Die Nachfüllbehälter seien dazu geeignet und bestimmt, in einer das Klagepatent verletzenden Weise verwendet zu werden. Dass bei den angegriffenen Ausführungsformen Spülflüssigkeit in das Innere der Vorratsbehälter jedenfalls nicht in nennenswerten Umfang eintrete, belegten sowohl die werblichen Aussagen der Beklagten, wonach der „WC-Duftspüler“ für ca. 350 Spülungen reiche, als auch die Schilderung der Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform in der Patentanmeldung WO 2007/104977 A2 (Anlage K15).
Die Klägerin beantragt,
im Wesentlichen wie erkannt, wobei sie die Anträge zu I. 3. (Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen) und zu II. 1. (Vernichtung) undifferenziert auf den Unterlassungsantrag zu I. 1. (umfassend zu lit. a) die unmittelbare Verletzung und zu b) die mittelbare Verletzung) rückbezieht.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage auszusetzen.
Die Beklagten bestreiten eine Verwirklichung der klagepatentgemäßen technischen Lehre. Diese meine mit zwei voneinander separierten Vorratsbehältern im Sinne der Merkmale 2.2 und 3.2 (vgl. die in den Entscheidungsgründen wiedergegebene Merkmalsgliederung) vollständig vereinzelte (voneinander getrennte) Vorratsbehälter, nicht jedoch auch eine Zweikammerlösung, wie sie bei den angegriffenen Ausführungsformen realisiert ist. Wie die Anlage B5 belege, seien die Vorratsbehälter der angegriffenen Ausführungsformen zudem nicht im Sinne des Merkmals 5 gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt. Da es etwa sechs Spülvorgänge dauere, bis eine konkrete Teilmenge des Wirkstofffluids nach ihrem Austritt aus dem Vorratsbehälter von der Spülflüssigkeit tatsächlich fortgetragen werde, sei des Weiteren Merkmal 7 nicht erfüllt, wonach bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter in die Spülflüssigkeit erfolgt. Schließlich stelle das Kapillarsystem zwischen den Auslassöffnungen der Vorratsbehälter und dem Verteilungselement keine Anordnung im Sinne der Merkmalsgruppe 9 dar, die ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindern könnte. Unter ihr verstehe der Fachmann eine Vorrichtung, die einen effektiven Verschluss der Vorratsbehälter für eine optimierte Steuerung der Abgabe erlaubt.
Unabhängig von der Frage der Benutzung des Klagepatents könne die Klägerin einen Rückruf der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen nach geltendem Recht nicht verlangen, zumal eine Verpflichtung zum Rückruf unverhältnismäßig sei. Schließlich sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, der Rechtsstreit daher jedenfalls auszusetzen.
Dem tritt die Klägerin entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen begründet.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse sowie deren Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen gestützt auf Art. 64 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2; 140a Abs. 1 Satz 1; 140b Abs. 1 und 2 PatG; §§ 242; 259 BGB sowie in richtlinienkonformer Auslegung des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen die Beklagten zu. Abzuweisen war die Klage lediglich insoweit, als sich die Anträge auf Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse (Antrag zu Ziffer II. 1.) und deren Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen (Antrag zu Ziffer I. 3.) auch auf die Vorratsbehälter nach dem Unterlassungsantrag zu Ziffer I. 1. b) rückbeziehen, der lediglich eine mittelbare Verletzung durch Anbieten und Liefern der Vorratsbehälter (Nachfüllpackungen) beschreibt.
I.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken, die als „WC-Körbchen“ in verschiedenen Ausführungen bekannt ist. Mit Wirkstofffluiden meint die Klagepatentschrift fließfähige, also flüssige bis zähflüssige, gegebenenfalls gel- oder pastenartige, granulatartige oder anderweit schüttfähige Wirkstoffzubereitungen mit reinigender, desinfizierender, desodorierender, bleichender oder ähnlicher Wirkung (vgl. Abschnitt [0002] der Klagepatentschrift, Anlage K1; weitere Verweise ohne Zusatz beziehen sich im Weiteren auf die Anlage K1).
Die Klagepatentschrift beschreibt zunächst in den Abschnitten [0003] bis [0007] diversen druckschriftlichen Stand der Technik, der sich mit Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid befasst. Das Wirkstofffluid befindet sich dort innerhalb eines in einem Halter fest angeordneten oder auswechselbar eingesetzten Vorratsbehälters mit einer bodenseitigen Auslassöffnung. Im Hinblick auf Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid beschreibt die Klagepatentschrift ein mit dem Wirkstofffluid tränkbares, mit der Spülflüssigkeit zu beaufschlagendes Betätigungselement, bei dem die Auslassöffnung von einem am Halter ortsfest angeordneten Dichtungselement großflächig verschlossen wird, so dass nur noch ein Strömungsweg mit geringem Querschnitt für das Wirkstofffluid zur Verfügung steht. Diese Vorrichtung funktioniert unter Nutzung der Kapillarwirkung des offenporigen Schaumstoffs (als Betätigungselement), wobei eine ähnliche Konstruktion auch mit einer der Verteilung dienenden Rippenplatte bekannt sei (Abschnitt [0004]). Bei beiden Varianten sei es jedoch nicht optimal, dass die Auslassöffnung im Grundsatz dauernd geöffnet ist, so dass auch bei längerer Nichtbenutzung Wirkstofffluid weiter heraussickern könne (Abschnitt [0005]). In Abschnitt [0006] beschreibt die Klagepatentbeschreibung eine Abgabevorrichtung für ein einzelnes Wirkstofffluid, bei der am Vorratsbehälter ein ventilartiges Dichtungselement zwischen einer Schließstellung und einer die Auslassöffnung geringfügig freigebenden Stellung mittels eines schwenkbar gelagerten Betätigungselements hin und her bewegt werden kann. Abschnitt [0007] behandelt weitere ventilgesteuerte Dichtungselemente.
Hinsichtlich aller Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid sieht es die Klagepatentschrift als nachteilig an, dass sämtliche Komponenten, die in die Spülflüssigkeit gelangen sollen, in dem einzigen Wirkstofffluid gemeinsam enthalten sein müssen. Dies wird deshalb als problematisch beschrieben, weil manche Wirkstoffkomponenten nicht gemeinsam lagerstabil zu realisieren seien (Abschnitt [0008]).
Die Klagepatentbeschreibung befasst sich daher in Abschnitten [0009], [0010] und [0011] mit der in der europäischen Anmeldeschrift EP 0 960 984 A2 (Anlage K2) behandelten Mehrkammer-Abgabevorrichtung. In dem am Rand des Toilettenbeckens aufhängbaren Halter befindet sich ein Behälter zum Bevorraten der Wirkstofffluide, der mindestens zwei nebeneinander angeordnete eigenständige Kammern aufweist. Jede Kammer hat eine Abgabevorrichtung mit einem Abgaberöhrchen, das mit seinem unteren freien Ende über den Boden des Behälters in die Umgebung austritt und an seinem anderen freien Ende führend von einer Abdeckung umgeben ist. Beim Spülvorgang gelangt über schlitzartige Durchlässe eines beide Kammern überspannenden Deckelteils Spülflüssigkeit in die Kammern des Behälters, löst dort Teile der Wirkstoffsubstanz und tritt nach Art eines Siphons oder Überlaufs über die Abgaberöhrchen unter Mitnahme des gelösten Wirkstoffs in das Toilettenbecken aus. Dabei sieht die Klagepatentschrift ein Problem darin, dass der Siphoneffekt (die freien Enden der Abgaberöhrchen bestimmen den Flüssigkeitspegel) in den beiden Kammern einen erheblichen Flüssigkeitspegel zurücklässt. Die in den Kammern verbleibende Spülflüssigkeit wirkt auch nach Abschluss des Spülvorgangs weiterhin auf das Wirkstofffluid in der jeweiligen Kammer ein. Der Verbrauch von Wirkstofffluid – so die Klagepatentschrift – sei damit praktisch nicht optimal zu steuern (Abschnitt [0011]).
Zu dem aus der WO 92/20876 A1 (Anlage K3) bekannten Stand der Technik einer Zweikammer-Abgabevorrichtung für gelartige Wirkstofffluide führt die Beschreibung aus (Abschnitt [0012]), dass die Auslassöffnungen als bodenseitige Perforation ausgeführt und dadurch dauernd offen seien. Durch die Viskosität und Oberflächenspannung des Gels könne dieses normalerweise nicht von selbst durch Einwirkung der Schwerkraft austreten, sondern nur, wenn überlaufende Spülflüssigkeit von unten her in die Auslassöffnungen eintritt, das dort befindliche Gel etwas anlöst und Teilmengen der Wirkstofffluide austrägt. Bei diesem Zweikammer-System sieht es das Klagepatent als nachteilig an, dass die Auslassöffnungen im Grundsatz dauernd geöffnet sind, so dass bei längerer Nichtbenutzung des Toilettenbeckens die Wirkstofffluide entweder heraussickern könnten oder unter Einfluss der Umgebungsatmosphäre verhärten und danach nicht mehr aktivierbar seien. Von diesem Stand der Technik geht die Klagepatentschrift nach eigenem Bekunden aus (Abschnitt [0012], Seite 3, Zeilen 11/12).
Dem Klagepatent liegt vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik von Mehrkammer-Abgabevorrichtungen die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die zuvor erläuterte Abgabevorrichtung mit mindestens zwei voneinander separierten Vorratsbehältern hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeit für die Abgabe der Wirkstofffluide zu optimieren. Dies bringt auch die Beschreibung in Abschnitt [0013] zum Ausdruck.
Der hier allein geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents umfasst die folgenden Merkmale, die sich wie folgt gliedern lassen:
1. Abgabevorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken.
2. Die Vorrichtung weist auf
einen Halter (1), der am Rand des Toilettenbeckens aufhängbar ist, und
mindestens zwei Vorratsbehälter (2, 3).
3. Die Vorratsbehälter (2, 3) sind
im Halter (1) vorgesehen,
voneinander separiert für jeweils ein Wirkstofffluid.
4. Jeder Vorratsbehälter (2, 3) weist eine eigene Auslassöffnung (4) auf, über die das jeweilige Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist.
5. Die Vorratsbehälter (2, 3) sind gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt.
6. Die Auslassöffnungen (4) der Vorratsbehälter (2, 3) sind
in Gebrauchsstellung bodenseitig und
so angeordnet, dass nur Wirkstofffluid austritt.
7. Bei jedem Spülvorgang erfolgt die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter (2, 3) in die Spülflüssigkeit.
8. Es ist ein Verteilungselement vorgesehen, das
am Halter (1) angeordnet und
plattenartig ist,
einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich aufweist und
für mindestens zwei Vorratsbehälter (2, 3), vorzugsweise für alle Vorratsbehälter (2, 3) gemeinsam vorgesehen ist.
9. Das Innere des Vorratsbehälters (2, 3)
steht über die Auslassöffnung (4) dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung,
und zwar unter Zwischenanordnung einer ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung.
Demgegenüber schützt der nebengeordnete Anspruch 2, dessen technische Lehre durch die drei Figuren der Klagepatentschrift anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels illustriert wird, eine positive (aktive) Schließung der Auslassöffnungen durch ihnen zugeordnete Dichtungselemente, mit denen ein Betätigungselement zu ihrer Verstellung zwischen einer Schließ- und einer Freigabestellung zusammenwirkt. Bei der Lösung nach Anspruch 2 kann ein Beaufschlagungsbereich am Betätigungselement von Spülflüssigkeit beaufschlagt werden, so dass die Dichtungselemente vorübergehend in die Freigabestellung verstellt werden.
II.
Während die Parteien über die Verwirklichung der Merkmale 2.2/3.2, 5, 7 und 9/9.2 durch die angegriffenen Ausführungsformen streiten, ist zwischen ihnen unstreitig, dass die übrigen Merkmale verwirklicht werden. Darüber hinaus machen die angegriffenen Ausführungsformen jedoch auch von den streitigen Merkmalen wortsinngemäß Gebrauch. Die angegriffenen Abgabevorrichtungen (verstanden als Gesamtvorrichtung aus Halter und Vorratsbehältern) sind daher als Erzeugnisse Gegenstand des Klagepatents (§ 9 Satz 2 Nr. 1 PatG).
1. Merkmale 2.2/3.2:
Anspruchsgemäß weist die Abgabevorrichtung mindestens zwei Vorratsbehälter auf, die voneinander separiert für jeweils ein Wirkstofffluid im Halter vorgesehen sind.
Nach Auffassung der Beklagten müssen die Vorratsbehälter als Bauteile voneinander getrennt sein, also aus vereinzelten Bauteilen (getrennten physikalischen Einheiten) bestehen. Es müsse ein Vorratsbehälter für das eine, ein anderer Vorratsbehälter für das andere Wirkstofffluid separat vorliegen, wie dies in den bevorzugten Ausführungsbeispielen mit baulich getrennten Vorratsbehältern (2) und (3) dargestellt sei. Eine Zweikammerlösung, wie sie die angegriffenen Ausführungsformen innerhalb eines einheitlichen Vorratsbehälters mit zwei getrennten Flüssigkeitsvolumina realisierten, sei von der Lehre des Klagepatents hingegen nicht erfasst, wie die Unteransprüche 4 bis 6 bestätigten. Die Trennung in separate Bauteile habe den Vorteil, dass die beiden Vorratsbehälter bei unterschiedlich starkem Gebrauch unabhängig voneinander austauschbar sind. Soweit Unteranspruch 7 davon spreche, dass die Vorratsbehälter in einem gemeinsamen, einteiligen Gehäuse ausgebildet seien, meine das Klagepatent damit ein zusätzliches gemeinsames Gehäuse, in dem die getrennten Vorratsbehälter angeordnet werden könnten. Das Klagepatent unterscheide schon sprachlich deutlich zwischen getrennten Kammern aus dem Stand der Technik und voneinander getrennten Vorratsbehältern nach der eigenen technischen Lehre.
Für die enge, eine Zweikammer-Lösung ausscheidende Auslegung der Merkmale 2.2/3.2 durch die Beklagten finden sich aus Sicht des Fachmanns keine zureichenden Anhaltspunkte. Schon der Wortlaut des Merkmals 3.2, wonach die mindestens zwei (Merkmal 2.2) Vorratsbehälter „voneinander separiert für jeweils ein Wirkstofffluid“ sind, deutet darauf hin, dass es allein auf eine Separierung der Wirkstofffluide voneinander ankommt, die – wie der Fachmann unschwer erkennt – nicht von einer „äußeren“ Vereinzelung der Bauteile abhängt. Die Abgrenzung des Klagepatents von den vorbekannten Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid in Abschnitt [0008] bestätigt dies: Insofern soll es problematisch sein, sämtliche Komponenten, die in die Spülflüssigkeit des Toilettenbeckens gelangen sollen, in einem einzigen Wirkstofffluid zu vereinen, weil manche Wirkstoffkomponenten gemeinsam nicht lagerstabil zu realisieren sind. Vor diesem Hintergrund betrifft der Gegenstand des Klagepatents ausschließlich eine Mehrkammer-Abgabevorrichtung, die die getrennte Lagerung und Abgabe der Komponenten aus eigenständigen Kammern gestattet.
Dass auch eine Zweikammer-Lösung in den Schutzbereich des Klagepatents einbezogen ist, belegt zugleich der Stand der Technik nach der WO 92/20876 A1 (Anlage K3), von dem der Gegenstand des Klagepatents nach eigenem Bekunden ausgeht (Abschnitt [0012], Seite 3, Zeilen 4-12). Die WO 92/20876 A1 (Anlage K3) betrifft – wie die Klagepatentbeschreibung ausdrücklich erkennt (vgl. Abschnitt [0012], Seite 3 Zeile 4) – eine Zweikammer-Abgabevorrichtung für gleiche oder unterschiedliche gelartige Wirkstofffluide, deren Kammern durch Trennwände hintereinander liegend separiert sind (vgl. Anlage K3, Seite 4, Zeilen 31-35, Figur 2). Anders als im Stand der Technik nach Anlage K2 sind die benachbarten Vorratsbehälter in keiner Weise miteinander verbunden, sind also hinsichtlich des Flüssigkeitsaustauschs voneinander separiert, obwohl sie in einem einzigen Gehäuse benachbart angeordnet sind. Auf der Grundlage dieses Standes der Technik formuliert das Klagepatent die Aufgabe (Abschnitt [0013]), die zuvor erläuterte Vorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden aus mindestens zwei voneinander separierten Vorratsbehältern hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeit für die Abgabe der Wirkstofffluide zu optimieren. Es kritisiert dabei mit keinem Wort, dass die beiden Kammern (die compartments 27 und 28 der Anlage K3) in einem einzigen Gehäuse zusammengefasst sind. Dem Fachmann erschließt sich daher bei der Lektüre der Klagepatentbeschreibung, dass mit Merkmalen 2.2/3.2 lediglich gemeint ist, dass die Innenräume der getrennten Vorratsbehälter wie im Fall der Anlage K3 voneinander separiert sind, ohne eine bestimmte Festlegung auf eine konstruktive Umsetzung dieser flüssigkeitstechnischen Separierung, etwa durch Ausschluss einer Zweikammer-Lösung, zu treffen. Die Zweikammer-Abgabevorrichtung aus Anlage K3 soll lediglich hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeit für die Abgabe der Wirkstofffluide verbessert werden, nicht jedoch im Hinblick auf eine weitergehende Separierung der Vorratsbehälter als Bauteile, also über die hydraulisch getrennten Volumina hinaus.
Dabei wird nicht verkannt, dass die Klagepatentschrift im Zusammenhang mit dem Stand der Technik nach Anlage K2 (EP 0 960 984 A2) in Abschnitt [0010] von einer „Trennung der Kammern in dem Behälter“ spricht, also offensichtlich zwischen Kammern und Behältern zu unterscheiden weiß. Die Beklagten meinen, aus der Tatsache, dass Anspruch 1 des Klagepatents nicht von „separierten Vorratskammern“, sondern von „voneinander separierten Vorratsbehältern“ spricht, ableiten zu können, dass sich die technische Lehre von der Zweikammer-Lösung bewusst abgrenze. Hätte das Klagepatent mit der unterschiedlichen Wortwahl nicht auch einen technischen Unterschied zum Stand der Technik verbunden, hätte der Anmelder nicht einen abweichenden Wortlaut wählen müssen. Diese allein philologisch orientierte Auslegung vermag nicht zu überzeugen, weil über die bloße Wortwahl hinaus für das Verständnis der technischen Lehre maßgeblich ist, welche Funktion das Klagepatent dem einzelnen Merkmal im Gesamtgefüge der technischen Lehre aus Sicht eines Fachmanns auf dem betreffenden technischen Gebiet beimisst. Welchen Vorteil das Klagepatent im Hinblick auf das zu lösende technische Problem, eine Abgabevorrichtung mit mindestens zwei voneinander separierten Vorratsbehältern hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeit für die Abgabe der Wirkstofffluide zu optimieren, damit verbinden sollte, eine Zweikammer-Lösung zugunsten auch äußerlich getrennter Vorratsbehälter zu verwerfen, haben die Beklagten aus der Klagepatentschrift nicht aufgezeigt und ist nicht ersichtlich. Für die erstrebte Optimierung der Steuerungsmöglichkeit kann es allenfalls darauf ankommen, dass die Innenräume (Volumina) der Vorratsbehälter nicht miteinander verbunden sind. Eine äußerliche Trennung in separate Bauteile ist hierfür irrelevant. Dass diese weitergehende Trennung es ermöglichen mag, im Falle unterschiedlich starken Verbrauchs lediglich einen einzelnen Behälter für ein Wirkstofffluid auszutauschen, hat mit der patentgemäßen Aufgabenstellung nichts zu tun und findet auch andernorts in der Klagepatentschrift keine Erwähnung.
Auf die Unteransprüche 4 bis 6 können sich die Beklagten nicht mit Erfolg berufen. Ihnen liegt zwar offenbar die Vorstellung auch äußerlich getrennter Vorratsbehälter zugrunde, weil sich nur bei solchen die Frage stellt, sie mittels eines Adapters (also eines zusätzlichen Bauteils; Unteranspruch 4) oder unmittelbar (Unteranspruch 6) zu kuppeln oder sie einzeln im Halter anzubringen (Unteranspruch 5). Als weitere Alternative tritt neben die Unteransprüche 4 bis 6 jedoch auch Unteranspruch 7. Nach ihm sind die Vorratsbehälter in einem gemeinsamen, einteiligen Gehäuse „ausgebildet“ (nicht etwa „angeordnet“). Für das Verständnis der Beklagten, damit könne nur ein zusätzliches Gehäuse gemeint sein, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten aus der Klagepatentschrift. Unteranspruch 7 spricht somit dafür, dass das Klagepatent in seinen Ansprüchen Vorratsbehälter und Vorratskammern synonym gebraucht, also auch bei Vorratsbehältern allein auf den Innenraum für das Wirkstofffluid abstellt. Mit dem Verständnis der Beklagten wäre nicht erkennbar, wo noch ein funktionaler Unterschied zwischen einem (so verstandenen) zusätzlichen Gehäuse (nach Auffassung der Beklagten Unteranspruch 7) und einem „Adapter o. dgl.“ zur Kupplung miteinander (Unteranspruch 4) liegen sollte. Eigenständige Bedeutung kommt Unteranspruch 7 vielmehr nur dann zu, wenn er ein einstückiges Gehäuse meint, das mehrere Vorratskammern (Vorratsbehälter) umfasst. Dies ist die aus dem Stand der Technik bekannte und nicht kritisierte Zweikammer-Lösung.
Bestätigt wird die weite Auslegung schließlich durch die Beschreibung in Abschnitt [0031] (Seite 4, Zeilen 44-46), die den Gegenstand des Unteranspruchs 7 (die Ausbildung der Vorratsbehälter in einem gemeinsamen, einteiligen Gehäuse) exemplarisch dahin erläutert, dass dies beispielsweise separierte Kammern in einem zusammenhängenden Gehäuse sein können. Im Ergebnis bedeutet dies eine einzige Außenhülle (bezeichnet als „Gehäuse“) mit inhaltlich separierten „Kammern“ als Unterteilungen. Wenn die Einleitung des Abschnitts [0031] von verschiedenen Möglichkeiten der Anordnung und Anbringung der Vorratsbehälter am Halter spricht, belegt dies nur, dass das Klagepatent „Vorratsbehälter“ nicht auf eine äußere Beschaffenheit reduziert, sondern sie im Hinblick auf ihre Funktion, das jeweilige Wirkstofffluid getrennt vom anderen zu tragen, als Kammern für die Wirkstofffluide versteht.
Die bei den angegriffenen Ausführungsformen übereinstimmend realisierte Zweikammer-Lösung, bei der in einem einzigen Kunststoffbauteil zwei voneinander getrennte Behälter für die beiden Wirkstofffluide enthalten sind, verwirklicht die Merkmale 2.2 und 3.2 daher wortsinngemäß.
2. Merkmal 5:
Nach Merkmal 5 sind die Vorratsbehälter gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt. Mit diesem Merkmal grenzt sich die technische Lehre des Klagepatents – wie dessen Beschreibung entnommen werden kann (vgl. Anlage K 1. Abschnitte [0009] bis [0011]) – insbesondere von dem Stand der Technik nach Anlage K2 ab. Bei der dort beschriebenen Abgabevorrichtung ist vorgesehen und beruht die Funktionsfähigkeit gerade darauf, dass die Spülflüssigkeit gezielt durch die schlitzartigen Durchlässe des Deckelteils in die im oberen Bereich miteinander verbundenen Kammern eindringt, in den Kammern Teile der Wirkstoffsubstanz löst und über die Abgaberöhrchen aus dem Behälter mitnimmt. Merkmal 5 ist insbesondere zusammen mit Merkmal 4 und Merkmalsgruppe 6 zu betrachten, wonach die Auslassöffnungen der Vorratsbehälter, über die das Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist, in Gebrauchsstellung bodenseitig und so angeordnet sind, dass nur Wirkstofffluid austritt, ohne dass jedoch Spülflüssigkeit eintritt.
Nach dem Verständnis der Beklagten soll durch Merkmal 5, das wortgleich auch in Anspruch 2 enthalten ist, ein vollständiger, uneingeschränkter Schutz vor dem Eindringen von Spülflüssigkeit in die Vorratsbehälter vorgesehen sein. Ein derartiger vollständiger Schutz könne – so die Beklagten – aus fachmännischer Sicht nur durch Mittel zum Verschließen der Öffnung der Vorratsbehälter gewährleistet werden. Dem Fachmann werde in der Klagepatentschrift allein die Möglichkeit offenbart, dies durch ein Einwegeventil zu bewirken, das in Auslassrichtung des Wirkstofffluids geöffnet werden kann, in der Gegenrichtung jedoch dicht verschließbar ist. Unter einem Schutzmittel gegen in die Vorratsbehälter eindringende Spülflüssigkeit nach Merkmal 5 verstehe der Fachmann daher ein zu einem Verschlussventil analoges Verschlusselement, das die Auslassöffnungen in Richtung zum Inneren der Vorratsbehälter sicher abdichtet.
Mit diesem Verständnis messen die Beklagten Merkmal 5 eine größere Bedeutung bei als ihm nach dem maßgeblichen Verständnis des Fachmanns zukommt. Merkmal 5 beschreibt allein die Wirkung, dass die Vorratsbehälter gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sein sollen, ohne dem Fachmann jedoch konkrete Maßnahmen vorzuschreiben, wie dies geschehen soll. Abschnitt [0030] beschreibt die Merkmale 4 bis 6.2 einschließlich des Schutzes vor eindringender Spülflüssigkeit in das Innere der Vorratsbehälter. Die letzten beiden Sätze dieses Abschnitts (Seite 4, Zeile 36-38):
„Im dargestellten Ausführungsbeispiel ist dies dadurch realisiert, dass die Auslassöffnung 4 des jeweiligen Vorratsbehälters 2, 3 in Gebrauchsstellung, so dargestellt in Fig. 2, bodenseitig angeordnet ist. Überströmendes Spülwasser trifft allenfalls seitlich auf den Vorratsbehälter 2,3.“
deuten bereits darauf hin, dass das in Merkmal 5 beschriebene Ziel bereits dadurch als erreichbar angesehen wird, dass die Auslassöffnungen in Gebrauchsstellung bodenseitig angeordnet sind, so dass überströmendes Spülwasser allenfalls seitlich auf die Vorratsbehälter trifft. Offensichtlich teilt die Klagepatentschrift nicht die von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung, dass es zu einem Eindringen von Spülflüssigkeit in die Vorratsbehälter automatisch dann komme, wenn die Spülflüssigkeit mit dem Wirkstofffluid in Kontakt tritt.
Diese Auslegung wird bestätigt durch die vergleichende Zusammenschau des Anspruchs 1 mit dem nebengeordneten Anspruch 2, der wie Anspruch 1 das Merkmal 5 in gleicher Weise enthält. Zugleich sieht Anspruch 2 jedoch ein Dichtungselement zum Verschluss der Auslassöffnungen vor, wenn das Dichtungselement nicht durch ein Betätigungselement in eine Öffnungsstellung gebracht wurde. Wenn nun auch Anspruch 2 über diese Merkmale hinaus noch vorschreibt, dass die Vorratsbehälter gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sind, spricht dies dafür, dass dieser Schutz jedenfalls im Rahmen des Anspruchs 1 nicht zwingend durch ein regelrechtes Verschlusselement gewährleistet werden muss. Denn ein Dichtungselement sieht Anspruch 1 abweichend von Anspruch 2 gerade nicht vor. Im Gegenteil: Merkmal 9.1 verlangt, dass das Innere des Vorratsbehälters über die Auslassöffnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung steht, also gerade kein Wechsel in der Öffnungs- und Schließstellung eines Dichtungselements stattfinden darf. Jedenfalls Anspruch 1 kann damit nicht voraussetzen, dass der Schutz nach Merkmal 5 durch ganz bestimmte Maßnahmen erreicht wird. Anspruch 1 stellt es vielmehr in das Belieben des Fachmanns, wie dieser den erforderlichen Schutz gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit konkret verwirklicht.
Zugleich erkennt der Fachmann aus der Zusammenschau der Ansprüche 1 und 2, dass es jedenfalls im Rahmen des Anspruchs 1 nicht auf einen vollständigen, gleichsam hermetischen Schutz des Inneren der Vorratsbehälter vor dem Eindringen von Spülflüssigkeit ankommen kann. Wenn Anspruch 2 ein die Auslassöffnung verschließendes Dichtungselement voraussetzt, das einen optimalen Schutz gewährleisten mag, auf das Anspruch 1 jedoch gerade verzichtet (Merkmal 9.1), erschließt sich dem Fachmann, dass Anspruch 1 im Hinblick auf den Schutz nach Merkmal 5 weniger zu leisten vermag als Anspruch 2.
Mit Blick auf den in der Klagepatentschrift gewürdigten Stand der Technik ist auch nicht erkennbar, aus welchen Gründen ein perfekter Schutz vor dem Eindringen von Spülflüssigkeit in das Behälterinnere erforderlich sein sollte. In Gestalt der EP 0 960 984 A2 (Anlage K2) kritisiert die Beschreibung (Abschnitte [0009] bis [0011]) eine Lösung, bei der Spülflüssigkeit ungesteuert von oben in die Kammern eindringen und den Wirkstoff überströmen kann. Nach dem Abfließen überschüssiger Spülflüssigkeit durch die Abgaberöhrchen bleibt dort ein erheblicher Flüssigkeitsspiegel zurück, der auch nach Abschluss des Spülvorgangs weiter auf die Wirkstofffluide in den Kammern einwirken kann. Dies führe – so die Beschreibung in Abschnitt [0011] – dazu, dass bei dieser Vorrichtung der Verbrauch von Wirkstofffluid praktisch nicht optimal zu steuern sei. Denn die Wirkstofffluide werden angesichts der ungehinderten Einwirkung verbleibender Spülflüssigkeit über einen unbekannt langen Zeitraum bis zum nächsten Spülvorgang in unkontrollierter Weise verdünnt. Um sich von diesem Nachteil positiv abzusetzen, ist es nicht erforderlich, dass die klagepatentgemäße Lösung nach Anspruch 1 ein Eindringen von Spülflüssigkeit in das Innere der Vorratsbehälter vollständig verhindert, sondern nur ein Eindringen in einem solchen Umfang, der in einer der Anlage K2 vergleichbaren Weise dazu führt, dass der Verbrauch von Wirkstofffluid nicht mehr optimal zu steuern ist.
Dass es bei den angegriffenen Ausführungsformen zu einem Eindringen von Spülflüssigkeit in einem solchen erheblichen Umfang komme, haben die Beklagten schon nicht schlüssig vorgetragen. Die vorliegenden Muster sprechen im Gegenteil dafür, dass es allenfalls zu einem Eindringen in ganz geringem Maße kommen kann. Der Kragen 61 wirkt mit dem Becher 35 so eng zusammen, dass ausschließlich unterhalb des Kragens eine Labyrinthdichtung gegen eindringende Spülflüssigkeit geschaffen wird, die noch dazu durch ausgetretenes Wirkstofffluid versperrt ist. Die im Bereich eines Bechers durchtrennte Halterung in Anlage B5 zeigt, dass die nach innen führende Schulter 79 des Vorratsbehälters (vgl. Figuren 2 und 7 der Anlage K15) dicht auf der Krempe 63 des Kragens 61 am Halter (vgl. Figuren 5 und 7 der Anlage K15) aufsitzt. Spülflüssigkeit müsste daher, um in das Innere des Vorratsbehälters zu gelangen, denselben Weg wie das Wirkstofffluid in umgekehrter Richtung nehmen, also durch die Kanäle 51 in den ringförmigen Kapillarkanal 75 gelangen, das Wehr 45 in den Becher 35 überwinden und von dort durch die Mündung 25 des Behälterauslasses 15 in das Innere aufsteigen, dies alles entgegen dem mit der Schwerkraft zum Austritt neigenden und der Spülflüssigkeit damit entgegendrängenden Wirkstofffluid. Dass Spülflüssigkeit dies bei den angegriffenen Ausführungsformen in einem nennenswerten Umfang möglich sein sollte, ist nicht erkennbar. Die Vorratsbehälter der angegriffenen Ausführungsformen sind daher im Sinne des Merkmals 5 gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt.
3. Merkmal 7:
Merkmal 7 verlangt (scheinbar nach Art eines Verfahrensanspruchs, im Rahmen des Vorrichtungsanspruchs jedoch zu verstehen als: „Die Abgabevorrichtung ist bauartlich so beschaffen, dass …“), dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter in die Spülflüssigkeit erfolgt.
Zwischen den Parteien ist umstritten, ob diese Anweisung so zu verstehen ist, dass bei jedem einzelnen Spülvorgang die ganz konkrete, aus der Auslassöffnung abgegebene Teilmenge an Wirkstofffluid auch tatsächlich direkt und unmittelbar in die Spülflüssigkeit gelangen muss. Die Beklagten meinen, dies entspreche dem Verständnis des Fachmanns: Die aus dem Vorratsbehälter bei dem gegenwärtigen Spülvorgang jeweils austretende Teilmenge müsse bei jedem einzelnen Spülvorgang sogleich insgesamt in die Spülflüssigkeit gelangen und mit ihr in das Toilettenbecken abgetragen werden.
Die Beklagten behaupten, dass es bei den angegriffenen Ausführungsformen erst nach einer Mehrzahl von (etwa sechs) Spülvorgängen dazu kommt, dass eine konkrete Teilmenge des Wirkstofffluids von der Verteilerplatte durch die Spülflüssigkeit mitgerissen wird. So lange dauere es, bis eine aus dem Vorratsbehälter ausgetretene Teilmenge des Wirkstofffluids den Weg durch den Becher 35, über das Wehr 45, durch den ringförmigen Kapillarspalt 75, den Kanal 51 und die Kanäle 80 auf die Oberfläche 31 der Verteilerplatte 9 zurückgelegt habe, von wo er schließlich durch Spülflüssigkeit mitgerissen werden könne. Nachdem die Klägerin dies zunächst nicht bestritten hatte, hat sie in der mündlichen Verhandlung unter Berufung auf die im Termin vorgelegte Fotoserie in Abrede gestellt, dass es tatsächlich sechs Spülvorgänge dauere; jedenfalls von der Verteilerplatte werde sämtliches Wirkstofffluid in einem Spülgang fortgespült.
Die Klägerin sieht in der von den Beklagten vertretenen engen, auf eine unmittelbare Abgabe in die Spülflüssigkeit abstellenden Auslegung des Merkmals 7 eine unzulässige Einengung des technischen Sinngehalts dieses Merkmals. Es beschreibe lediglich einen mittelbaren Kausalzusammenhang, indem es angebe, woher die jeweilige Teilmenge ursprünglich stammt und zu einem beliebigen früheren Zeitpunkt anlässlich irgendeines vorangegangenen Spülvorgangs ausgetreten ist. Nicht beschrieben werde hingegen, dass die Abgabe des Wirkstofffluids aus dem Vorratsbehälter und sein Fortspülen vom Verteilungselement bei ein und demselben Spülvorgang stattfinden müsse. Unter Betonung des Merkmalsbestandteils „aus jedem der Vorratsbehälter“ meint die Klägerin, Merkmal 7 solle in Verbindung mit Merkmal 5 zu einer möglichst gleichmäßige Entleerung der mehreren Vorratsbehälter untereinander, also zu einer „Vergleichmäßigung des Abgabeprozesses“ führen. Durch die Abschirmung der Auslassöffnungen gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit (Merkmal 5) soll eine Veränderung der Viskosität der Wirkstofffluide nach Möglichkeit beschränkt werden, so dass die Abgabe der Wirkstofffluide möglichst gleichmäßig erfolgen kann. Dies greife Merkmal 7 mit der Aussage auf, dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge aus jedem der Vorratsbehälter erfolgt, um diese gleichmäßig zu entleeren.
Merkmal 7 kann allenfalls bei isolierter Betrachtung (und unter Berücksichtigung der den Merkmalswortlaut schlicht wiedergebenden Beschreibungsstelle in Abschnitt [0014], Seite 3, Zeilen 19f.) darauf hindeuten, dass die Wirkstofffluide nach ihrer Abgabe aus dem Vorratsbehälter sofort und unmittelbar in das Spülwasser gelangen, indem von einer „Abgabe … in die Spülflüssigkeit“ die Rede ist. Bei der Betrachtung eines einzelnen Merkmals darf die Auslegung der technischen Lehre des gesamten Anspruchs jedoch nicht stehen bleiben. Es muss daher auch in den Blick genommen werden, wie die geschützte Abgabevorrichtung im Übrigen ausgestaltet sein soll, um den Abtrag des Wirkstofffluids mit der Spülflüssigkeit in das Toilettenbecken zu gewährleisten. Insoweit verlangt Merkmal 8.3 an dem plattenartigen, am Halter angeordneten und für mehrere Vorratsbehälter gemeinsam vorgesehenen Verteilungselement einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich. Erst von diesem Beaufschlagungsbereich ausgehend soll die Spülflüssigkeit das notwendigerweise bereits zuvor ausgetretene Wirkstofffluid mitnehmen und nicht bereits aus dem Vorratsbehälter, mit dem sich die Merkmale 4 bis 7 befassen. Bereits dies relativiert die Aussage in Merkmal 7, dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe „in die Spülflüssigkeit“ erfolgen müsse. Damit kann keine unmittelbare Abgabe von dem Vorratsbehälter in die Spülflüssigkeit gemeint sein. Denn offensichtlich soll das Wirkstofffluid erst von dem Beaufschlagungsbereich des Verteilungselements aus durch die Spülflüssigkeit mitgenommen werden. Würde Merkmal 7 eine unmittelbare Abgabe fordern, käme dem weiteren Merkmal 8.3 im Rahmen der technischen Lehre keine Bedeutung mehr zu.
Merkmal 7 dient hingegen der Abgrenzung der technischen Lehre des Anspruchs 1 vom Stand der Technik gemäß Anlage K3, der in Abschnitt [0012] der Beschreibung gewürdigt wird. An ihm kritisiert die Klagepatentschrift, dass durch die dauernd offenen bodenseitigen Auslassöffnungen, aus denen das Gel aufgrund seiner Viskosität und Oberflächenspannung im Normalfall nicht austreten könne, Spülflüssigkeit von unten her eintreten und das den Öffnungen nahe Gel etwas anlösen könne. Bei längerer Nichtbenutzung der Spülung könnten die Wirkstofffluide daher entweder heraussickern oder unter Einfluss der Umgebungsatmosphäre verhärten, so dass sie danach nicht mehr aktiviert werden können. Ein in diesem Sinne „unkontrolliertes“, das heißt außerhalb von Spülvorgängen stattfindendes Heraussickern soll durch Merkmal 7 verhindert werden. Indem es nur dann zu einem Austritt von Wirkstofffluid aus den Vorratsbehältern kommen kann, wenn die Spülung betätigt wird, droht nicht die Gefahr wie im Stand der Technik (Anlage K3), dass die Fluide über einen unkalkulierbar langen Zeitraum zwischen zwei Spülvorgängen hinweg austreten können. Damit verfolgt auch Merkmal 7 den Zweck, die Steuerung der Abgabe der Wirkstofffluide zu optimieren, indem diese nur anlässlich von Spülvorgängen (und bei einem jeden Spülvorgang) aus den Vorratsbehältern austreten können. Merkmal 7 wirkt dabei zusammen mit Merkmal 9.2, wonach eine Zwischenanordnung zwischen der Auslassöffnung und dem Verteilungselement (vgl. Merkmal 9.1) ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindert. „Freies Fließen“ meint damit gerade einen ungehinderten Austritt von Wirkstofffluid außerhalb der Spülvorgänge.
Damit ist Anspruch 1 zwar nicht in der Lage, den an Anlage K3 neben dem unkontrollierten Heraussickern kritisierten Nachteil einer Verhärtung zu vermeiden, worauf die Klägerin zu Recht hinweist. Dessen bedarf es jedoch auch nicht, weil eine Vermeidung des Eintrocknens kein Zweck an sich ist. Eine Verhärtung der Wirkstofffluide wird deshalb kritisiert, weil sie dazu führt, dass deren spätere Abgabe gestört ist, weil die verhärteten Fluide nicht mehr aktivierbar sind (vgl. Seite 3, Zeilen 10f.). Wenn jedoch bereits durch die Maßnahme, dass es nur bei Betätigung der Spülung zu einem Austritt von Wirkstofffluid aus den Vorratsbehältern kommt (Merkmal 7), ein unkontrolliertes Austreten mit der möglichen Folge des Eintrocknens vermieden wird, stehen auch die nachteiligen Folgen eines unkontrollierten Austritts (Eintrocknen) nicht mehr zu befürchten. Der Fachmann erkennt schließlich aus der Zusammenschau des Anspruchs 1 mit Anspruch 2, dass die durch Merkmal 9.1 geforderte dauernde Verbindung zwischen der Auslassöffnung eines jeden Vorratsbehälters und dem Verteilungselement es gar nicht vermeiden kann, dass es an der „dauernd offenen“ Schnittstelle zwischen zwei Spülvorgängen zu einem teilweisen Verhärten kommt, geradezu zwangsläufig kommen muss. Dies könnte allenfalls durch ein aktiv schließendes Dichtungselement verhindert werden, welches Anspruch 1 im Unterschied zu Anspruch 2 aber gerade nicht voraussetzt.
Ob Merkmal 7 daneben auch einer „Vergleichmäßigung des Abgabeprozesses“ zwischen den mehreren Vorratsbehältern dient (wofür mit Ausnahme des Merkmalsbestandteils „aus jedem der Vorratsbehälter“ in der Beschreibung keine Anhaltspunkte ersichtlich sind), kann offen bleiben. Jedenfalls verlangt Merkmal 7 bei funktionsorientierter Auslegung nicht, dass eine konkrete Teilmenge, die bei einem Spülvorgang (und nur bei einem solchen) aus den Vorratsbehältern austritt, im Zuge desselben Spülvorgangs auch unmittelbar in die Spülflüssigkeit gelangt.
Es kann daher zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt werden, dass es bei den angegriffenen Ausführungsformen etwa sechs Spülvorgänge dauert, bis eine aus den Vorratsbehältern ausgetretene Teilmenge von der Spülflüssigkeit mitgenommen wird (die genaue Dauer wird unter anderem von der Intensität und Dauer der konkreten Spülvorgänge und damit letztlich von Zufälligkeiten abhängen). Denn auch in diesem Fall sind die angegriffenen Ausführungsformen so ausgestaltet, dass Wirkstofffluid nur anlässlich eines Spülvorgangs austreten kann und bei jedem Spülvorgang auch austritt: Wie die Beklagten nicht in Abrede gestellt haben, kommen die nachrückenden Wirkstofffluide nach der Verteilung früher ausgetretener Teilmengen über die Oberfläche der Verteilerplatte zum Stillstand, weil das aus Ringspalt 75 und nachgelagerten Kanälen 51, 80 und 53 gebildete Kapillarsystem einen weiteren schwerkraftbedingten Austritt verhindert, wenn es vollständig mit Fluid gefüllt ist. Erst dann, wenn ein Teil der auf der Verteilerplatte befindlichen Fluide mit der Spülflüssigkeit fortgespült wurde, können durch das Kapillarsystem weitere Fluide nachrücken, weil der Widerstand des nunmehr nicht mehr vollständig gefüllten Kapillarsystems gegen ein Nachrücken nachgelassen hat. Dies erfolgt aber nur in dem Maße und so lange, bis das Kapillarsystem wieder gefüllt ist und einem weiteren Nachsickern entgegensteht.
Dass es dabei mit längerer Verweildauer auf der Verteilerplatte (und damit „an der Luft“) zu einem Aushärten der Fluide kommen mag, wenn der nächste Spülvorgang auf sich warten lässt, ist unschädlich, da dieser Nachteil allein bei der Vorrichtung nach Anspruch 2 des Klagepatents vermieden werden kann. Schließlich ist im Hinblick auf die angegriffenen Ausführungsformen zu berücksichtigen, dass ein etwaiges partielles Eintrocknen der Fluide auf der Verteilerplatte nicht schon im Bereich der Auslassöffnungen der Vorratsbehälter, sondern erst jenseits ihrer bis zur Verteilerplatte erfolgt. Eine Beeinträchtigung der Wirkstoffabgabe durch partielles Eintrocknen droht daher nicht, zumal die Beklagten selbst nicht vorgetragen haben, es sei bei den angegriffenen Ausführungsformen bei längerer Verweildauer zu befürchten, dass die eingetrockneten Fluide nicht mehr aktivierbar seien.
4. Merkmale 9/9.2:
Gemäß Merkmal 9/9.1 steht das Innere des Vorratsbehälters über die Auslassöffnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung. Dem entnimmt der Fachmann, insbesondere in der Zusammenschau mit Anspruch 2, dass durch diese dauernde, nicht durch ein zwischengeschaltetes, die Verbindung in einer Stellung freigebendes und in einer anderen Stellung versperrendes Dichtungselement wie bei Anspruch 2 geregelte Verbindung ermöglicht werden soll, dass das Wirkstofffluid aus dem Vorratsbehälter (Merkmale 4, 6.2 und 7) auf das Verteilungselement gelangt, von dessen Beaufschlagungsbereich es durch die darüber strömende Spülflüssigkeit mitgenommen werden kann (Merkmal 8.3). Das hier von den Beklagten bestrittene Merkmal 9.2 sieht eine „Zwischenanordnung“ (wie sich aus Merkmal 9.1 ergibt: zwischen der Auslassöffnung und dem Verteilungselement) vor, die ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindert.
Die Beklagten meinen, die „Anordnung“ im Sinne des Merkmals 9.2 müsse ein eigenes, gesondertes Bauteil sein, das bei funktionaler Betrachtung eine solche Struktur und Ausgestaltung aufweist, dass es aufgrund seiner Zwischenanordnung zwischen Auslassöffnung und plattenförmigen Verteilungselement ein freies Fließen der Wirkstofffluide verhindert. Dies könne zwar – da der Anspruch keine bestimmte technische Lösung zur Realisierung dieser Funktion vorsehe – eine Einrichtung sein, welche die Auslassöffnung verschließt, nicht jedoch ein Kapillarsystem, wie es bei den angegriffenen Ausführungsformen realisiert ist. Denn die Ausnutzung der Kapillarwirkung werde in der Beschreibungseinleitung der Klagepatentschrift (Abschnitte [0004] und [0005]; Seite 2, Zeilen 18-21) als nicht geeignet beschrieben, weil dies die unerwünschte Wirkung habe, dass Wirkstofffluid auch bei längerer Nichtnutzung des Toilettenbeckens weiter heraussickert. Von der Ausnutzung des Kapillareffekts wolle sich die technische Lehre des Klagepatents mit dieser Kritik absetzen.
Darin ist den Beklagten nicht zu folgen. Zutreffend ist, dass Merkmal 9.2 mit einer „Anordnung“ gerade keine bestimmte konstruktive Gestaltung vorsieht, sondern allein auf die Funktion abstellt, ein freies, das heißt ungehindertes Fließen zu verhindern. Es ist durch Merkmal 9.2 daher völlig in das Belieben des Fachmanns gestellt, wie er die „Anordnung“ konkret realisiert, sofern er mit ihr nur ein unerwünschtes freies Fließen verhindert. Der Fachmann wird jedoch nicht zu der Erkenntnis gelangen, dies könne (auch oder gar ausschließlich) durch eine Dichtungsvorrichtung mit Betätigungsmechanismus geschehen, die (wie Ventile, Klappen oder Verschlüsse) entweder den Fluss von Wirkstofffluid zulässt oder ihn unterbindet, so dass nach einem Spülvorgang Wirkstofffluid nicht weiter heraussickern kann. Dies ließe sich nicht mit der durch Merkmal 9.1 ausdrücklich geforderten dauernden Verbindung zwischen dem Inneren des Vorratsbehälters und dem Verteilungselement über die Auslassöffnung vereinbaren. Zur Verwirklichung des Merkmal 9.2 bei Anspruch 1 bleiben damit nur passive Maßnahmen, die auf andere Weise als durch ein Dichtungselement (das aktiv zwischen einer Auf- und einer Zu-Stellung wechselt, vgl. Abschnitt [0037], Seite 5, Zeilen 18-22) sicherstellen, dass es nicht zu einem freien Fließen des Wirkstofffluids aus dem Vorratsbehälter kommt. In direkter Gegenüberstellung zwischen der Lehre des Anspruchs 1 und des Anspruchs 2 (Abschnitte [0014] und [0015]) spricht die Beschreibung für Anspruch 2 ausdrücklich davon, dort sei die Problemstellung „durch eine positive Schließung der Auslassöffnungen“ gelöst (Seite 3, Zeilen 25f.). Der Fachmann wird dadurch in der Erkenntnis bestärkt, dass eine dauernde Verbindung im Sinne des Merkmals 9.1 gerade nicht durch ein „aktiv“ bzw. „positiv“ schließendes Dichtungselement realisiert werden kann.
Der Fachmann wird durch die Klagepatentbeschreibung entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht davon abgehalten, als Anordnung zur Verhinderung eines freien Fließens etwa ein Kapillarsystem zwischen Auslassöffnung des Vorratsbehälters und dem Verteilungselement in Betracht zu ziehen. Im Kontext der Abschnitte [0004] und [0005] wird nicht die Ausnutzung der Kapillarwirkung in einem Kapillarsystem überhaupt als untauglich kritisiert, sondern allein die Tatsache, dass bei einem in der Auslassöffnung des Vorratsbehälters angeordneten offenporigen Schaumstoff (Seite 2, Zeilen 15-18) „auch bei längerer Nichtnutzung des Toilettenbeckens Wirkstofffluid weiter heraussickert“ (Seite 2, Zeile 21). Hinzu kommt, dass die in Abschnitten [0004] und [0005] erwähnte Kapillarwirkung eines offenporigen Schaumstoffs im Rahmen der Ausführungen zu Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid erwähnt wird, die das Klagepatent aus anderen Gründen als der unzureichenden Steuerungsmöglichkeit verwirft (vgl. Abschnitt [0008]; Seite 2, Zeilen 40-42). Für die Realisierung der erfindungsgemäßen Lehre für mehrere Wirkstofffluide verweist die Beschreibung in Abschnitt [0016] (Seite 3, Zeilen 31f.) hingegen ausdrücklich darauf, dass sich die im Stand der Technik bekannten Techniken von Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid anböten. Der Fachmann sieht sich daher durch die Kritik in Abschnitten [0004] und [0005] nicht daran gehindert, auch ein Kapillarsystem, also Austrittsöffnungen von bestimmten Abmessungen, in Verbindung mit einer darauf abgestimmten Viskosität der Wirkstofffluide in Erwägung zu ziehen, zumal nicht der Kapillareffekt generell als untauglich zur Einstellung des Ausflussverhaltens beschrieben wird, sondern nur eine in dem Stand der Technik EP 785 315 A1 (vgl. Anlage D2 zu Anlage K18) beschriebene „Kapillarwirkung des offenporigen Schaumstoffmaterials“. Dies gilt besonders, da der Fachmann durch Abschnitt [0029] der Beschreibung darauf hingewiesen wird, dass zähflüssige bis gelartige Wirkstofffluide mit Viskositäten im Bereich einiger tausend mPas von besonderem Interesse seien. Der Fachmann erkennt auch ohne ausdrücklichen Hinweis auf den Kontext dieser Aussage, dass er die Viskosität der Wirkstofffluide für die Fließverhinderungs-Anordnung im Sinne des Merkmals 9.2 nutzbar machen kann.
Die angegriffenen Ausführungsformen verfügen in Gestalt des bereits zu Merkmal 5 (II. 2. der Entscheidungsgründe) beschriebenen Kapillarsystems über eine Anordnung zwischen der Auslassöffnung der Vorratsbehälter und dem Verteilungselement, die ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindert. Nach dem Einsetzen des Behälters 3 in den Halter 7 füllt sich der Becher 35 mit Fluid 23a/23b, das über das Wehr 45 tritt, den ringförmigen Kapillarspalt 75 füllt und über die Kanäle 51 in der Außenfläche 47 der Becherwand 39 in die Kapillarkanäle 80 und 53 der Verteilerplatte 9 gelangt. Von dort aus verteilt es sich, solange kein Spülvorgang erfolgt, ungehindert über die Kapillarkanäle 53 und die weiteren Rinnen 29 auf der Oberfläche 31 der Verteilerplatte 9. Das Wirkstofffluid wird durch die Kapillarwirkung der Kanäle weitertransportiert, bis es sich auf der Oberfläche 31 der Verteilerplatte 9 verteilt hat, während es sich dann jedoch – ebenfalls infolge des Kapillareffekts in den Kanälen – nicht über die Verteilerplatte hinaus verteilt. Ein unkontrolliertes Heraussickern weiteren Fluids wird, wie bereits zu Merkmal 7 ausgeführt, durch den Kapillareffekt in den Spalten und Kanälen zwischen Auslassöffnung und Verteilerplatte verhindert, bis zumindest ein Teil des auf der Verteilerplatte befindlichen Wirkstofffluids von der Spülflüssigkeit weggetragen wurde. Dies geschieht dadurch, dass beim Spülvorgang Spülflüssigkeit ausgehend von der Kante 36 der Verteilerplatte 9 auf diese auftrifft und die quer über die Verteilerplatte verlaufenden Rinnen 29 freispült. Dies verringert die Oberflächenspannung des Wirkstofffluids am Ausgang des Kanals 80 bzw. der Kanäle 53, so dass der fortgespülten Menge entsprechende Teilmengen nachrücken können, bis der Gleichgewichtszustand wieder erreicht ist und der Nachfluss erneut stoppt. Ein unerwünschtes freies Fließen wird dadurch verhindert, solange die Verteilerplatte nicht freigespült wird. Die auf der Verteilerplatte befindlichen Fluidmengen blockieren vermittels des Kapillareffekts ein Nachrücken von Fluiden im Kapillarsystem.
Zu Recht hat die Klägerin daher ihren Antrag zu I. 1. a) entsprechend den Anforderungen des Bundesgerichtshofes (in der Entscheidung BGH, GRUR 2005, 569, 570 – Blasfolienherstellung) auf die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen formuliert, bei denen die ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernde Anordnung durch ein Kapillarsystem gebildet wird.
III.
Durch Angebot und Lieferung der als Nachfüllpackungen von den Beklagten angebotenen Paare von Vorratsbehältern verletzen die Beklagten das Klagepatent mittelbar (§ 10 Abs. 1 PatG). Die Vorratsbehälterpaare sind Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, denn sie stellen die in Merkmalen 2.2 bis 7, 8.4 und Merkmalsgruppe 9 behandelten Vorratsbehälter im Sinne des Anspruchs 1 dar (vgl. vorstehend zu II. 1.). Die Angebotsempfänger und Abnehmer der Beklagten wissen oder es ist zumindest aufgrund der Umstände offensichtlich, dass die Vorratsbehälterpaare dazu geeignet und offensichtlich allein dazu bestimmt sind, für die Benutzung in einer Abgabevorrichtung gemäß Anspruch 1 des Klagepatents bzw. gemäß dem Tenor zu I. 1. a) verwendet zu werden. Da die Angebotsempfänger und Abnehmer der Beklagten zur Benutzung der patentierten Erfindung nicht berechtigt sind, handeln die Beklagten § 10 Abs. 1 PatG zuwider.
VI.
Aus der unmittelbaren und mittelbaren Verletzung des Klagepatents ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.
1.
Da die Beklagten in beiderlei Hinsicht widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung sowohl unmittelbarer als auch mittelbarer Verletzungshandlungen verpflichtet (Art. 64 EPÜ; § 139 Abs. 1 PatG).
2.
Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten (Art. 64 EPÜ; § 139 Abs. 2 PatG). Denn als Fachunternehmen hätten die Beklagten zu 1) und 2), vertreten durch den Beklagten zu 3), dessen Verschulden sie sich analog § 31 BGB zurechnen lassen müssen, die Patentverletzungen durch Herstellung, Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Die Beklagten haften nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner, weil sie bei den Verletzungshandlungen zusammenarbeiten. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach hier anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242; 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 140b PatG. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Auskunft und Rechnungslegung vorzunehmen sind. Jedenfalls im Rahmen der Rechnungslegung über Lieferungen an Dritte (Antrag zu I. 2. c)) sind die Beklagten zur Belegvorlage verpflichtet (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, 10. Auflage 2006, § 139 PatG Rn. 89a, § 140b PatG Rn. 8; OLG Düsseldorf, InstGE 5, 249 – Faltenbalg).
4.
Gemäß Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG sind die Beklagten zu 1) und 2) zur Vernichtung der patentverletzenden Gegenstände verpflichtet. Da sich der Vernichtungsanspruch gemäß dem Wortlaut des § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG nur auf Erzeugnisse bezieht, die Gegenstand des Patents sind, erfasst er nicht die Nachfüllpackungen, hinsichtlich derer lediglich eine mittelbare Verletzung des Klagepatents vorliegt. Soweit der Vernichtungsantrag auch auf den Antrag zu Ziffer I. 1. b) rückbezogen ist, war die Klage daher abzuweisen.
5.
Auch der geltend gemachte Anspruch auf Rückruf der bereits vertriebenen Produkte und ihre endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen durch die Beklagten steht der Klägerin zu und ergibt sich aus §§ 139 Abs. 1 PatG; 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG (Enforcement-Richtlinie). Nach Art. 10 der Enforcement-Richtlinie, die bis zum 29. April 2006 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, sollen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsordnungen vorsehen, dass dem Verletzten eine Möglichkeit gegeben wird, den Rückruf der patentverletzenden Ware aus den Vertriebswegen zu erreichen. Diese Rechtsfolge lässt sich im Wege richtlinienkonformer Auslegung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog herleiten, denn diese Vorschrift berechtigt den Verletzten dazu, die „Beseitigung“ der Beeinträchtigung zu verlangen. Darunter lässt sich der Rückruf patentverletzender Ware und ihre endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen subsumieren. Auch der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Enforcement-Richtlinie tendiert dazu, einen Anspruch auf Rückruf und Entfernung patentverletzender Erzeugnisse aus den Vertriebswegen bereits de lege lata anzunehmen. Entsprechend der bereits bestehenden Regelung des § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG zur Vernichtung, die in Art. 10 Abs. 1 der Enforcement-Richtlinie als Abhilfemaßnahme neben Rückruf und endgültiger Entfernung aus den Vertriebswegen genannt wird, erstreckt sich auch der Rückrufanspruch jedoch nur auf „Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind“, mithin nicht auf mittelbar patentverletzende Erzeugnisse. Soweit sich der Antrag zu I. 3. der Klägerin auch auf ihren Unterlassungsantrag zu I. 1. b) rückbezieht, war die Klage daher abzuweisen. Die Frage einer Unverhältnismäßigkeit der Verurteilung gemäß dem Antrag zu I. 3. (mit der vorgenannten Einschränkung) ist nach Auffassung der Kammer schon deshalb zu verneinen, weil eine Verpflichtung des Patentverletzers auch zu diesen Abhilfemaßnahmen bereits durch die Enforcement-Richtlinie bestimmt wird.
6.
Schließlich steht der Klägerin der mit dem Antrag zu II. 2. geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Abmahnkosten aus §§ 677; 683 Satz 1; 670 BGB in Höhe von 18.024,00 Euro gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) zu. Die Klägerin hat die Beklagten zu 1) und 2) vorprozessual abmahnen lassen und zur Erstattung der damit verbundenen rechts- und patentanwaltlichen Kosten bis zum 29. November 2006 aufgefordert. Auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 1.000.000,00 Euro entspricht eine 2,0-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV, die nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, NJW 2007, 2149, 2050) nicht anteilig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist, eine Anrechnung vielmehr erst im Kostenfestsetzungsverfahren bei der Verfahrensgebühr zu berücksichtigen ist, jeweils 8.992,00 Euro (einfache Gebühr: 4.496,00 Euro) für die patent- und rechtsanwaltliche Vertretung. Der Angemessenheit einer 2,0-fachen Gebühr im vorliegenden Fall sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Zuzüglich Auslagenpauschale nach Nr. 7008 RVG-VV (jeweils 20,00 Euro für Patent- und Rechtsanwalt) ergibt dies den geltend gemachten Gesamtbetrag von 18.024,00 Euro. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1; 288 Abs. 1; 247 BGB.
V.
Eine Aussetzung der Verhandlung im Hinblick auf die von der Beklagten zu 1) erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent (Anlage B8) nach § 148 ZPO ist nicht veranlasst.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Eine Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Davon kann regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn der Stand der Technik das Klagepatent entweder neuheitsschädlich vorwegnimmt oder die Erfindungshöhe derart fragwürdig erscheinen lässt, dass sich ein vernünftiges Argument für die Zuerkennung der Erfindungshöhe nicht finden lässt. Bloße allgemeine Zweifel des Verletzungsgerichts an der Erfindungshöhe können hingegen eine Aussetzung nicht rechtfertigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bietet das Vorbringen der Beklagten zu 1) im Nichtigkeitsverfahren keine Veranlassung zur Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits.
In erster Linie macht die Beklagte zu 1) geltend, der Gegenstand des Klagepatentanspruchs 1 sei durch die US-Patentschrift 3,946,448 (Anlagenkonvolut B9, Anlage NK3) neuheitsschädlich vorweggenommen. Figur 2 der US 3,946,448 zeigt eine Abgabevorrichtung mit einem oder (nach Auffassung der Beklagten alternativ auch) mehreren Vorratsbehältern (capsules 5) für Wirkstofffluid, die über einen Halter 11 am Rand eines Toilettenbeckens montierbar ist. Das plattenartige Verteilungselement gemäß Merkmalsgruppe 8 des Klagepatentanspruchs 1 sehen die Beklagten in dem Element 4 der NK3 vorweggenommen. Eine ein freies Fließen von Wirkstofffluid verhindernde Anordnung gemäß Merkmal 9.2 sei – so die Beklagten – in Gestalt des federbelasteten Ventils 8 zum Verschließen der bodenseitigen Auslassöffnung 8a offenbart. Die Verteilungsplatte 4 stehe auf diese Weise dauernd (Merkmal 9.1) mit dem Inneren der Behälter 5 unter Zwischenanordnung des Ventils 8 in Verbindung. Ausströmen könne das Wirkstofffluid, wenn und sobald das Ventil 8 durch überströmende Spülflüssigkeit geöffnet wird.
Damit zeigt die Entgegenhaltung nach Anlage NK3 aber allenfalls ein Verschlusselement (ein Dichtungselement im Sinne des Anspruchs 2), das einer von Anspruch 1 vorausgesetzten dauernden Verbindung zwischen dem Inneren des Behälters und dem Verteilungselement im Sinne des Merkmals 9.1 gerade entgegensteht. Denn das Ventil öffnet oder schließt, je nachdem, ob die Spülung betätigt wird oder nicht. Es fehlt damit jedenfalls an einer Offenbarung der Merkmalsgruppe 9 des Anspruchs 1. Ob daneben noch weitere Merkmale durch die Anlage NK3 nicht offenbart werden, wie die Klägerin meint, kann daher offen bleiben. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist jedenfalls nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.
Soweit die Beklagte zu 1) im Nichtigkeitsverfahren mangelnde Erfindungshöhe geltend macht, vermag dies für eine Aussetzung hinreichende Zweifel gegen die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents nicht zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, wie die durch Anlage NK3 nicht offenbarte Merkmalsgruppe 9 durch die Kombination mit Anlage NK5 oder Anlage NK6 nahegelegt sein sollte. Beide Entgegenhaltungen sind im Hinblick auf Merkmal 9 schlicht unergiebig. Die weiteren von der Beklagten zu 1) zum vermeintlichen Fehlen der Erfindungshöhe angeführten Kombinationen von Entgegenhaltungen liegen eher noch weiter vom Gegenstand des Klagepatentanspruchs 1 entfernt als die zuvor erörterten.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1; 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1; 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 Euro festgesetzt.