4b O 326/03 – Datenübertragung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1167

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Juni 2009, Az. 4b O 326/03

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.
Das Urteil ist für die Beklagten wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

IV.
Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Europäischen Patents 0 790 XXX B 1 (Anlage K 1, nachfolgend: Klagepatent), welches in deutscher Verfahrenssprache angemeldet worden ist und dessen Erteilung am 17.05.2000 veröffentlicht wurde.

Das Klagepatent, welches in Kraft steht, betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi eines Messwertaufnehmers.

Der Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

„Vorrichtung zur Datenübertragung zwischen einem Messwertaufnehmer und einer Verarbeitungseinheit, die durch mehrere Signalübertragungsleitungen miteinander verbunden sind und die Vorrichtung ferner eine Vergleichereinheit umfasst, die eine Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi ermöglicht,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Vergleichereinheit zu diesem Zweck eine Signalübertragungsleitung überwacht, auf der eine Übertragung von Taktsignalen von der Verarbeitungseinheit in Richtung des Messwertaufnehmers erfolgt, um eine Datenübertragung auf einer anderen Signalübertragungsleitung zu synchronisieren und als Umschaltsignal in den gewünschten anderen Betriebsmodus ein von der Verarbeitungseinheit übertragenes Signal mit einer bestimmten Signalfrequenz dient, das von der Frequenz der ansonsten auf der überwachten Signalübertragungsleitung übertragenen Taktsignale abweicht und die Vergleichereinheit ferner derart ausgebildet ist, dass über das laufende Erfassen der aktuellen Signalfrequenz auf der überwachten Signalübertragungsleitung und dem Vergleich mit einem Referenzsignal eine Identifikation des durch die registrierte Signalfrequenz vorgegebenen Betriebsmodus erfolgt und ferner Umschaltmittel vorgesehen sind, die von der Vergleichereinheit aktivierbar sind und über die eine Umschaltung in einen anderen Betriebsmodus erfolgt.“

Anspruch 8 des Klagepatents lautet:

„Verfahren zur Datenübertragung zwischen einem Messwertaufnehmer und einer Verarbeitungseinheit, die durch mehrere Signalübertragungsleitungen miteinander verbunden sind, wobei über eine Vergleichereinheit eine Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi möglich ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Vergleichereinheit zu diesem Zweck eine Signalübertragungsleitung überwacht, auf der Taktsignale von der Verarbeitungseinheit in Richtung des Messwertaufnehmers übertragen werden, um eine Datenübertragung auf einer anderen Signalübertragungsleitung zu synchronisieren und als Umschaltsignal in den gewünschten anderen Betriebsmodus von der Verarbeitungseinheit ein Signal mit einer bestimmten Signalfrequenz übertragen wird, das von der Frequenz der ansonsten auf dieser Signalübertragungsleitung übertragenen Taktsignale abweicht und die Vergleichereinheit über das laufende Erfassen der aktuellen Signalfrequenz und den Vergleich mit einem Referenzsignal den durch die registrierte Signalfrequenz vorgegebenen Betriebsmodus identifiziert und Umschaltmittel aktiviert, wenn eine Umschaltung in den anderen Betriebsmodus erfolgen soll.“

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 bis 3 der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele. Sämtliche Figuren zeigen schematische Darstellungen erfindungsgemäßer Vorrichtungen.

Die Beklagte zu 1) hat ein Verfahren zur Übertragung von digitalisierten Daten eines Sensors hin zu einer Verarbeitungseinheit entwickelt. Hierzu bedient sie sich einer bidirektionalen Sensorschnittstelle, die sie mit der Abkürzung „A“ bezeichnet und unter dieser Bezeichnung anbietet. Die Beklagte zu 2), die ausweislich des Internetauftritts der Beklagten zu 1) eine ihrer Lizenznehmerinnen ist, wie auch die Beklagte zu 1) bieten eine Reihe von Bausteinen und Messsystemen an, die eine solche A-Schnittstelle aufweisen und die in der Lage sind, neben denen von ihren Messsystemen erfassten Positionsdaten auch weitere, so bezeichnete „B-Daten“ zu übertragen. Hierbei erfolgt die Übertragung entsprechend dem von der Beklagten zu 1) so bezeichneten „A-Interface-Protokoll“, welches von der Klägerin als Anlage K 7 zur Akte gereicht wurde und welches nachfolgend auszugsweise wiedergegeben wird (Seite 3, Seite 4 und Seite 5 der Anlage K 7):

Bei den von den Beklagten angebotenen und vertriebenen Bausteinen handelt es sich um die Bausteine mit der Bezeichnung C, D, E, F, G, H, I, sowie einen Drehgeber mit der Bezeichnung J (mit integriertem iC-Baustein „K“), der von der Beklagten zu 2) stammt. Wegen der konstruktiven sowie programmtechnischen Ausgestaltung dieser Bausteine wird auf die von der Klägerin als Anlagen K 11 bis 16, 19 und 21 zur Akte gereichten Unterlagen Bezug genommen. Die Beklagte zu 1) gibt im Rahmen ihrer Internetwerbung zudem an, dass das der A-Schnittstelle zugrunde liegende Protokoll kostenlos zur Verfügung gestellt werde (vgl. Anlage K 8, 1. Absatz).

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die von den Beklagten angebotenen und vertriebenen Bausteine von der technischen Lehre des Klagepatents in wortsinngemäßer Weise, jedenfalls aber unter dem Gesichtspunkt der patentrechtlichen Äquivalenz Gebrauch machten, wobei hinsichtlich einzelner Bausteine lediglich eine mittelbare Patentverletzung gegeben sei. Da mit diesen Bausteinen die Abnehmer der Beklagten auch dazu veranlasst würden, das erfindungsgemäße Verfahren gemäß Anspruch 8 anzuwenden, stelle dies eine mittelbare Verletzung des Verfahrensanspruchs durch die Beklagten dar. Ferner sei das Angebot der Beklagten zu 1) auf Erwerb einer Freilizenz zur Anwendung des A-Konzeptes eine unmittelbare Patentverletzung. Die Beklagten seien ihr, der Klägerin, gegenüber insoweit zur Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Entschädigung sowie zum Schadenersatz verpflichtet.

Die Klägerin beantragt,

A.
I. die Beklagte zu 1) zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

a)
Vorrichtungen zur Datenübertragung zwischen einem Messwertaufnehmer und einer Verarbeitungseinheit, die durch mehrere Signalübertragungsleitungen miteinander verbunden sind, wobei die Vorrichtung ferner eine Vergleichereinheit umfasst, die eine Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi ermöglicht,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

wobei die Vergleichereinheit zu dem Zweck der Umschaltung eine Signalübertragungsleitung überwacht, auf der eine Übertragung von Taktsignalen von der Verarbeitungseinheit in Richtung des Messwertaufnehmers erfolgt, um eine Datenübertragung auf einer anderen Signalübertragungsleitung zu synchronisieren, und wobei als Umschaltsignal in den gewünschten anderen Betriebsmodus ein von der Verarbeitungseinheit übertragenes Signal mit einem Low-Pegel dient, dessen Dauer von der Dauer des Low-Pegels der ansonsten auf der überwachten Signalübertragungsleitung übertragenen Taktsignale abweicht, und die Vergleichereinheit ferner derart ausgebildet ist, dass über das immer wiederkehrende, am Anfang des Kommunikationszyklus stattfindende Erfassen der aktuellen Signale auf der überwachten Signalübertragungsleitung und dem Vergleich mit einer Zeitspanne „timeoutsens“ eine Identifikation des durch das registrierte Signal vorgegebenen Betriebsmodus erfolgt, und ferner Umschaltmittel vorgesehen sind, die von der Vergleichereinheit aktivierbar sind und über die eine Umschaltung in einen anderen Betriebsmodus erfolgt,

b)
Schnittstellenbausteine für Verarbeitungseinheiten zur Verarbeitung von Daten aus einem Messwertaufnehmer

anzubieten und/oder zu liefern,

die so eingerichtet sind, dass sie speziell eine Kommunikation mit einem Messwertaufnehmer nach einem Verfahren ermöglichen, bei welchem zur Datenübertragung Messwertaufnehmer und Verarbeitungseinheit durch mehrere Signalübertragungsleitungen verbunden sind, wobei über eine Vergleichseinheit eine Umschaltung auf mehrere Betriebsmodi möglich ist und die Vergleichereinheit zu diesem Zweck eine Signalübertragungsleitung überwacht, auf der Taktsignale von der Verarbeitungseinheit in Richtung des Messwertaufnehmers übertragen werden, um eine Datenübertragung auf einer anderen Signalübertragungsleitung zu synchronisieren und als Umschaltsignal in den gewünschten anderen Betriebsmodus von der Verarbeitungseinheit ein Signal mit einem Low-Pegel übertragen wird, dessen Dauer von der Dauer des Low-Pegels der ansonsten auf dieser Signalübertragungsleitung übertragenen Taktsignale abweicht, und die Vergleichereinheit über das immer wiederkehrende, am Anfang des Kommunikationszyklus stattfindende Erfassen der aktuellen Signale und dem Vergleich mit einer Zeitspanne „timeoutsens“ den durch das registrierte Signal vorgegebenen Betriebsmodus identifiziert und Umschaltmittel aktiviert, wenn eine Umschaltung in den anderen Betriebsmodus erfolgen soll,

c)
durch öffentliches Zugänglichmachen einer Spezifikation für eine Sensor-Schnittstelle Dritten folgendes Verfahren zur Anwendung anzubieten und diese zur Benutzung dieses Verfahrens anzustiften:

Verfahren zur Datenübertragung zwischen einem Messwertaufnehmer und einer Verarbeitungseinheit, die durch mehrere Signalübertragungsleitungen miteinander verbunden sind, wobei über eine Vergleichereinheit eine Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi möglich ist,

wobei die Vergleichereinheit zu diesem Zweck eine Signalübertragungsleitung überwacht, auf der Taktsignale von der Verarbeitungseinheit in Richtung des Messwertaufnehmers übertragen werden, um eine Datenübertragung auf einer anderen Signalübertragungsleitung zu synchronisieren, und als Umschaltsignal in den gewünschten anderen Betriebsmodus von der Verarbeitungseinheit ein Signal mit einem Low-Pegel übertragen wird, dessen Dauer von der Dauer des Low-Pegels der ansonsten auf dieser Signalübertragungsleitung übertragenen Taktsignale abweicht, und die Vergleichereinheit über das immer wiederkehrende, am Anfang des Kommunikationszyklus stattfindende Erfassen der aktuellen Signale und dem Vergleich mit einer Zeitspanne „timeoutsens“ den durch das registrierte Signal vorgegebenen Betriebsmodus identifiziert und Umschaltmittel aktiviert, wenn eine Umschaltung in den anderen Betriebsmodus erfolgen soll;

2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig und wahrheitsgemäß darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. a) bis c) bezeichneten Handlungen seit dem 20.09.1997 begangen hat, und zwar unter Angabe

a)
der Herstellungsmengen und Zeiten der Vorrichtungen zu 1 a), b),

b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, – zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e)
der für die Vorrichtungen gemäß Ziffer 1. a) und b), aufgewendeten, nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

– wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist, wobei die Beklagte zu 1) hinsichtlich der Angaben zu a) und b) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen hat und

– wobei die Angaben zu e) betreffend die Handlungen zu Ziffer 1. a) bis c) nur für die Zeit seit dem 17.06.2000 zu machen sind;

3.
die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten zu 1) befindlichen unter Ziffer 1. a) beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten zu 1) an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin

1.
eine angemessene Entschädigung zu zahlen für die unter Ziffer I. 1. a) und c) bezeichneten, in der Zeit vom 20.09.1997 bis zum 16.06.2000 begangenen Handlungen,

2.
allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1 a) bis c) bezeichneten, in der Zeit seit dem 17.06.2000 begangenen Handlungen entstanden ist;

B.

I.
die Beklagte zu 2) zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren zu unterlassen,

Vorrichtungen zur Datenübertragung zwischen einem Messwertaufnehmer und einer Verarbeitungseinheit, die durch mehrere Signalübertragungsleitungen miteinander verbunden sind, wobei die Vorrichtung ferner eine Vergleichereinheit umfasst, die eine Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi ermöglicht,

anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

wobei die Vergleichereinheit zu dem Zweck der Umschaltung eine Signalübertragungsleitung überwacht, auf der eine Übertragung von Taktsignalen von der Verarbeitungseinheit in Richtung des Messwertaufnehmers erfolgt, um eine Datenübertragung auf einer anderen Signalübertragungsleitung zu synchronisieren, und wobei als Umschaltsignal in den gewünschten anderen Betriebsmodus ein von der Verarbeitungseinheit übertragenes Signal mit einem Low-Pegel dient, dessen Dauer von der Dauer des Low-Pegels der ansonsten auf der überwachten Signalübertragungsleitung übertragenen Taktsignale abweicht, und die Vergleichereinheit ferner derart ausgebildet ist, dass über das immer wiederkehrende, am Anfang des Kommunikationszyklus stattfindende Erfassen der aktuellen Signale auf der überwachten Signalübertragungsleitung und dem Vergleich mit einer Zeitspanne „timeoutsens“ eine Identifikation des durch das registrierte Signal vorgegebenen Betriebsmodus erfolgt, und ferner Umschaltmittel vorgesehen sind, die von der Vergleichereinheit aktivierbar sind und über die eine Umschaltung in einen anderen Betriebsmodus erfolgt;

2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig und wahrheitsgemäß darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie

– die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 20.09.1997 begangen hat, und zwar unter Angabe

a)
der Herstellungsmengen und –zeiten, der Vorrichtungen zu Ziffer 1.,

b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e)
der für die Vorrichtungen gemäß Ziffer 1. aufgewendeten, nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

– wobei der Beklagten zu 2) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte zu 2) die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,

– wobei die Beklagte zu 2) hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen hat und

– wobei die Angaben zu e) von der Beklagten zu 2) betreffend die Handlungen zu Ziffer 1. nur für die Zeit seit dem 17.06.2000 zu machen sind;

3.
die im unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten zu 2) befindlichen unter Ziffer 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 2) herauszugeben.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin

1. eine angemessene Entschädigung zu zahlen für die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 20.09.1997 bis zum 16.06.2000 begangenen Handlungen,

2. allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit seit dem 17.06.2000 begangenen Handlungen entstanden ist.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten treten dem Verletzungsvorwurf im Wesentlichen mit folgenden Argumenten entgegen: Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen keine Vergleichereinheit auf, die einen Frequenzvergleich eines Umschaltsignals mit einem Referenzsignals vornehme. Vielmehr verwendeten diese für die Entscheidung über eine Umschaltung in einen anderen Betriebsmodus eine ereignisgesteuerte Zeitbedingung. Auch finde bei den angegriffenen Ausführungsformen keine Umschaltung im Sinne des Klagepatents statt, sondern es werde ein Modus festgelegt, der dann während eines gesamten Zyklus ohne jegliche Unterbrechungsmöglichkeit ablaufe. Es finde auch keine laufende Überwachung statt: Eine solche erfordere nämlich eine permanente, ununterbrochene Überprüfung der Leitungen, um zu prüfen, ob ein Umschaltsignal von der Verarbeitungseinheit gesendet werde. Soweit die Klägerin eine äquivalente Verletzung geltend macht, wenden die Beklagten den sog. Formsteineinwand ein.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens entsprechend dem Beweisbeschluss vom 13.07.2006 (Gerichtsakte Band III, Bl. 673 ff.). Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweiserhebung wird auf das schriftliche Gutachten von Herrn Professor Dr. L vom 06.08.2008 (Gerichtsakte Band IV, Bl. 796 ff.) sowie auf die Niederschrift der Sitzung vom 24.04.2009 (Gerichtsakte Band IV, Bl. 887 ff.) verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunfts- und Rechnungslegung, Entschädigung, Schadenersatz und Vernichtung gemäß Art. 64 EPÜ, §§ 9, 10, 139, 140 a, 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB, Art. II § 1 Abs. 2 IntPatÜG nicht zu. Eine unmittelbare Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen lässt sich ebenso wenig feststellen, wie deren objektive Eignung, für die Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents verwendet zu werden (§ 10 PatG).

I.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zur Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi eines Messwertaufnehmers gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 1.

Als Stand der Technik erwähnt das Klagepatent in seinen einleitenden Bemerkungen zunächst die GB 2218213 A. Diese offenbart einen Messwertaufnehmer, der zwischen einem Messmodus und einem Kalibriermodus definiert umschaltbar ist. Zur Umschaltung zwischen diesen beiden vorgesehenen Betriebsmodi wird über eine Kalibratoreinheit ein definiertes Umschalt- bzw. Kalibriersignal in Form eines Modewortes an den Messwertaufnehmer übertragen. Sobald der Messwertaufnehmer das Umschaltsignal empfängt, schaltet dieser in einen automatischen Kalibriermodus und kalibriert sich automatisch selbst, das heißt im Kalibriermodus ist keine Kommunikation zwischen dem Messwertaufnehmer und einer nachgeordneten Auswertereinrichtung vorgesehen. Nach Übertragung des Kalibriersignals erfolgt vielmehr lediglich die automatische Selbstkalibrierung des jeweiligen Messwertaufnehmers, ohne gegebenenfalls gezielt den Messwertaufnehmer an auswärtige Gegebenheiten anzupassen. Des Weiteren ermöglichen die beiden Signalübertragungsleitungen bzw. das vorgesehene Übertragungsprotokoll zwischen dem Messwertaufnehmer und der Auswerteeinheit eine Übertragung von Daten in Richtung des Messwertaufnehmers. Dies ist grundsätzlich nicht bei allen möglichen Übertragungsprotokollen vorgesehen.

Weiterhin erwähnt das Klagepatent die DE 4129577, welche für die Datenübertragung ein zeitsequentielles Multiplexverfahren vorschlägt, was eine technisch relativ aufwendige Lösung darstellt. Zudem ist die Synchronisation von Messsystem und Auswerteeinheit nicht gewährleistet. Die vorgeschlagene Schnittstelle ist ferner nicht universell für verschiedene Messsysteme einsetzbar, beispielsweise für Messsysteme, die bereits den eigentlichen Messwert in Form einer Absolut-Position liefern und bei denen der interessierende Messwert nicht erst in der nachgeordneten Auswerteeinheit erzeugt werden muss.

Als bekannt stellt das Klagepatent ferner das EP 0171579 dar. Dieses betrifft eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zur synchron-seriellen Datenübertragung zwischen einem Messwertaufnehmer und einer Verarbeitungseinheit. Die vorgeschlagene Vorrichtung umfasst eine Taktsignal- sowie eine Datenleitung, über die der Messwertaufnehmer und eine nachgeordnete Verarbeitungseinheit miteinander verbunden sind. Die beiden Signalübertragungsleitungen werden jeweils nur unidirektional betrieben. Hieran kritisiert das Klagepatent, dass eine anwenderspezifische Programmierung des Messwertaufnehmers, etwa durch Beschreiben und Auslesen von Speichereinheiten, die den Messwertaufnehmer zugeordnet sind, bei dieser Vorrichtung nicht vorgesehen bzw. unmöglich ist.

Daran anknüpfend wird in dem EP 0660209 vorgeschlagen, zumindest eine Signalübertragungsleitung zwischen dem Messwertaufnehmer und der Verarbeitungseinheit bidirektional auszuführen und dem Messwertaufnehmer eine Reihe von Speicherbereichen zuzuordnen. Die Speicherbereiche können vom Anwender über diese Signalübertragungsleitung beschrieben bzw. ausgelesen werden, so dass derart dem Anwender eine Anpassung der Verarbeitungseinheit an spezifische Messwertaufnehmerparameter möglich ist. Die vorgesehenen Speicherbereiche können verschiedenste Parameter des Messwertaufnehmers, Informationen zu dessen Betriebszustand, Parameter der Verarbeitungseinheit etc. beinhalten. Eine solche Vorrichtung ermöglicht einen wahlweisen Programmier- bzw. Messbetrieb des Messwertaufnehmers. Als nachteilig erwähnt das Klagepatent insoweit, dass eine solche Lösung bestimmte Voraussetzungen seitens des Messwertaufnehmers voraussetzt, insbesondere eine bidirektionale Signalübertragungsleitung zur Verarbeitungseinheit, so dass sie nicht universell einsetzbar ist.

Das ebenfalls vom Klagepatent erwähnte EP 0324067 sieht vor, dass dem Messwertaufnehmer Speicherbausteine zugeordnet sind, die beschrieben und ausgelesen werden können und in denen Messwertaufnehmer-Kenndaten abgelegt sind. Auch an dieser Lösung kritisiert das Klagepatent seine nicht gewährleistete universelle Einsetzbarkeit.

Als nächstliegenden Stand der Technik betrachtet das Klagepatent die US 4,831, 380, welche eine Schnittstelle für Messwertaufnehmer betrifft, bei der durch Detektion eines Differenzsignals die gleichzeitige Übermittlung von Messwertaufnehmer-Korrekturdaten und Messdaten zur Verarbeitungseinheit erfolgt. Eine Programmiermöglichkeit für den Messwertaufnehmer, das heißt etwa die anwenderspezifische Anpassung an bestimmte Anforderungen der Verarbeitungseinheit ist hierbei – so die Kritik des Klagepatents – ebenso wenig vorgesehen wie die definierte Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi des Messwertaufnehmers.

Vor diesem technischen Hintergrund stellt das Klagepatent sich die Aufgabe, eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zur Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi eines Messwertaufnehmers zu schaffen, die in Verbindung mit möglichst vielen verschiedenen Messwertaufnehmern systemzuverlässig arbeitet. Insbesondere soll neben verschiedenen Messmodi, in denen eine Messdatenübertragung an eine nachgeordnete Verarbeitungseinheit in unterschiedlicher Art und Weise erfolgt, eine Programmierung des Messwertaufnehmers durch den jeweiligen Anwender möglich sein. Ein derartiger Programmiermodus soll zum Beispiel eine Anpassung der Verarbeitungseinheit an bestimmte Parameter des Messwertaufnehmers mit geringem Aufwand ermöglichen.

Eine erfindungsgemäße Vorrichtung lehrt das Klagepatent in seinem Anspruch 1, der sich in folgende Merkmale aufgliedern lässt:

1.
Vorrichtung zur Datenübertragung zwischen dem Messwertaufnehmer und einer Verarbeitungseinheit, die durch mehrere Signalübertragungsleitungen miteinander verbunden sind.

2.
Die Vorrichtung umfasst ferner eine Vergleichereinheit, die eine Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi ermöglicht, wobei

3.
die Vergleichereinheit zu diesem Zweck eine Signalübertragungsleitung überwacht,

3.1
auf der eine Übertragung von Taktsignalen von der Verarbeitungseinheit in Richtung des Messwertaufnehmers erfolgt, um eine Datenübertragung auf eine andere Sginalübertragungsleitung zu synchronisieren.

4.
Als Umschaltsignal in den gewünschten anderen Betriebsmodus dient ein von der Verarbeitungseinheit übertragenes Signal mit einer bestimmten Signalfrequenz, das von der Frequenz der ansonsten auf der überwachten Signalübertragungsleitung übertragenen Taktsignale abweicht.

5.
Die Vergleichereinheit ist ferner derart ausgebildet, dass eine Identifikation des durch die registrierte Signalfrequenz vorgegebenen Betriebsmodus erfolgt

5.1
über das laufende Erfassen der aktuellen Signalfrequenz auf der überwachten Signalübertragungsleitung und

5.2
den Vergleich mit einem Referenzsignal.

6.
Ferner sind Umschaltmittel vorgesehen, die von der Vergleichereinheit aktivierbar sind und über die eine Umschaltung in einen anderen Betriebsmodus erfolgt.

Zur Lösung des genannten technischen Problems sieht das Klagepatent in seinem Verfahrensanspruch 8 ferner folgende Merkmale vor:

1.
Verfahren zur Datenübertragung zwischen einem Messwertaufnehmer und einer Verarbeitungseinheit, die durch mehrere Signalübertragungsleitungen miteinander verbunden sind, wobei

2.
über eine Vergleichereinheit eine Umschaltung zwischen verschiedenen Betriebsmodi möglich ist,

3.
die Vergleichereinheit zu diesem Zweck eine Signalübertragungsleitung überwacht,

3.1
auf der Taktsignale von der Verarbeitungseinheit in Richtung des Messwertaufnehmers übertragen werden, um eine Datenübertragung aus einer anderen Signalübertragungsleitung zu synchronisieren und

4.
als Umschaltsignal in den gewünschten anderen Betriebsmodus von der Verarbeitungseinheit ein Signal mit einer bestimmten Signalfrequenz übertragen wird, das von der Frequenz der ansonsten auf dieser Signalübertragungsleitung übertragenen Taktsignal abweicht, und

5.
die Vergleichereinheit den durch die registrierte Signalfrequenz vorgegebenen Betriebsmodus identifiziert,

5.1
über das laufende Erfassen der aktuellen Signalfrequenz und

5.2
den Vergleich mit einem Referenzsignal und

6.
Umschaltmittel aktiviert, wenn eine Umschaltung in anderen Betriebsmodus erfolgen soll.

Als vorteilhaft sieht es das Klagepatent an, dass durch den erfindungsgemäßen Einsatz eine zuverlässige Identifizierung und nachfolgende Umschaltung in den gewünschten Messwertaufnehmer-Betriebsmodus erfolgt. Hierbei können verschiedenste Betriebsmodi desselben vorgesehen werden, beispielsweise unterschiedliche Messmodi, in denen Signale unterschiedlicher Form an eine nachgeordnete Verarbeitungseinheit übertragen werden. Daneben kann jedoch auch definiert in einem Programmiermodus umgeschaltet werden, in dem ein Beschreiben und Auslesen von entsprechenden Speicherbereichen des Messwertaufnehmers erfolgen kann.

Eine erfindungsgemäße Vorrichtung bzw. das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich dabei zum einen bei herkömmlichen Schnittstellenvarianten mit unidirektionalen Signalübertragungsleitungen einsetzen. Zum anderen können auch Vorrichtungen bzw. Verfahren wie in dem oben erwähnten EP 0660209 damit optimiert werden, so dass der universelle Einsatz in Verbindung mit verschiedensten Messwertaufnehmern sichergestellt ist.

Innerhalb eines Programmiermodus ist es möglich, verschiedene bekannte Signalübertragungsverfahren einzusetzen, das heißt die erfindungsgemäße Vorrichtung sowie das erfindungsgemäße Verfahren können diesbezüglich äußerst flexibel ausgestaltet werden. Die erfindungsgemäße Vorrichtung sowie das erfindungsgemäße Verfahren lassen sich ferner in Verbindung mit verschiedenen Ausführungen von Messwertaufnehmern einsetzen.

Als weiteren Vorteil erwähnt das Klagepatent, dass separate Verbindungsleitungen zum Aktivieren der eigentlichen Umschaltung nicht benötigt werden. Die eigentlichen Umschaltsignale können aus dem bereits vorhandenen Signalübertragungsleitungen übertragen werden, wobei verschiedenste Signalübertragungsleitungen herangezogen werden können, wie beispielsweise die Daten- oder Taktsignalübertragungsleitungen.

II.

Die Beklagten machen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von der technischen Lehre des Vorrichtungsanspruchs 1 und des Verfahrensanspruchs 8 des Klagepatents Gebrauch.

1)
An einer Verletzung des Anspruchs 1 fehlt es, da jedenfalls dessen Merkmal 4 nicht erfüllt ist. Jenes Merkmal setzt unter anderem voraus, dass das Umschaltsignal eine bestimmte Signalfrequenz hat.

a)
Zunächst ist eine wortsinngemäße Verwirklichung dieses Merkmals zu verneinen.

Im Rahmen einer Gesamtschau des Anspruchs 1 erschließt sich dem Fachmann folgende technische Funktion des Umschaltsignals: Es handelt sich um ein von der Verarbeitungseinheit übertragenes Signal mit einer bestimmten Signalfrequenz, das der Vergleichereinheit, welche eine Signalübertragungsleitung laufend überwacht, zur Verfügung gestellt werden kann, um die Umschaltung in einen anderen Betriebsmodus mittels Umschaltmitteln zu initiieren. Auf der Signalübertragungsleitung werden ansonsten Taktsignale von der Verarbeitungseinheit in Richtung des Messwertaufnehmers übertragen, um eine Datenübertragung auf einer anderen Signalübertragungsleitung zu synchronisieren. Das Umschaltsignal weist hierfür eine vom Taktsignal abweichende Frequenz auf. Im Rahmen der laufenden Erfassung der aktuellen Signalfrequenz nimmt die Vergleichereinheit einen Vergleich der auf der Signalübertragungsleitung aktuell herrschenden Signalfrequenz mit einem Referenzsignal vor. Aufgrund dieses Vergleichs identifiziert die Vorrichtung den durch die registrierte Signalfrequenz vorgegebenen Betriebsmodus. Als Vergleichsparameter sieht das Klagepatent also die Signalfrequenz vor.

Auf dem Gebiet der Elektrotechnik bezeichnet der Begriff „Frequenz“ – was auch die Klägerin insoweit nicht in Abrede stellt – die Häufigkeit des Wiederkehrens eines periodischen Ereignisses. Dieses allgemeine technische Verständnis sieht der Fachmann auch als der technischen Lehre des Klagepatents immanent an. Denn das Klagepatent, welches zwar sein eigenes Lexikon darstellt, sieht weder ausdrücklich noch konkludent eine davon abweichende Definition vor, weshalb der Fachmann den Begriff entsprechend seinem allgemeinen Fachwissen verstehen wird.

Der allgemeine Teil der Beschreibung der technischen Lehre des Klagepatents in den Abschnitten [0012] bis [0015] setzt sich nicht mit dem Begriff „Frequenz“ auseinander. Im Rahmen der sich daran anschließenden Erläuterung bevorzugter Ausführungsformen finden sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für den Fachmann, dem Begriff eine von seinem allgemeinen Verständnis abweichende Bedeutung zuzumessen. Soweit in Spalte 7, Zeilen 14 – 32 des Klagepatents erwähnt wird, dass ein Umschaltsignal auf einer Datenleitung auch dadurch erzeugt werden kann, dass auf Seiten der Verarbeitungseinheit ein Widerstand bzw. eine Last auf diese Datenleitung aufgeschaltet wird, so dass eine entsprechende Veränderung des Gleichstrom- oder des Gleichspannungspegels auf dieser Datenleitung über die Vergleichereinheit erkannt und ein dem veränderten Pegel zugeordneter Betriebsmodus des Messwertaufnehmers identifiziert bzw. aktiviert wird, bezeichnet das Klagepatent diese Umschaltungsart ausdrücklich als „Alternative“ zum beanspruchten Frequenzvergleich. Dass der Abschnitt [0022] die Datenleitung betrifft, steht dem nicht entgegen; es ist nichts dafür ersichtlich, dass das Klagepatent diesen Unterscheid nicht auch für die Taktleitung als gegeben sieht. Demnach ist für den Fachmann die Detektion einer Spannungsänderung auf der Taktleitung etwas anderes als der im Patent beschriebene Frequenzvergleich, der ein sich periodisch wiederholendes Signals verlangt, dessen Wiederholung die Frequenz des Signals ergibt. Hierzu erläuterte auch der Sachverständige Prof. Dr. L im Rahmen seiner Anhörung am 21.04.2009 überzeugend, dass es sich dabei um eine völlig andere Art der Umschaltung zwischen Betriebsmodi handelt, die nicht mit digitalen Signalen arbeitet (vgl. Seite 5, letzter Absatz, bis Seite 6, 1. Absatz des Sitzungsprotokolls).

Ausgehend von diesem technischen Sinngehalt des Merkmalsbestandteils „Frequenz“ lässt sich nicht tatrichterlich feststellen, dass die angegriffenen Bausteine der Beklagten, deren Architektur jeweils die A-Schnittstelle aufweist, sich eines Umschaltsignals mit einer bestimmten Signalfrequenz bedienen. Zu Unrecht sieht die Klägerin die technische Lehre des Merkmals 4 unter Bezugnahme auf Seite 4, 1. Absatz der Anlage K 7 darin verwirklicht, dass bei der A-Schnittstelle eine Umschaltung vom Sensormodus in den Registermodus dann veranlasst wird, wenn ein erster Low-Pegel länger als beim normalen Taktsignal sei. In Bild 2 der Anlage K 17 wird die bei der A-Schnittstelle vorgesehene Verwirklichung einer Umschaltung in den Registermodus veranschaulicht:

Im oben wiedergegebenen Bild ist illustriert – siehe den Signalverlauf auf der Taktleitung MA –, wie die Dauer tL des ersten Low-Pegels die Periodendauer timeoutsens übersteigt, was sodann eine Modusumschaltung nach sich zieht. Bei der A-Architektur erfolgt das Auswählen des Registermodus, indem der Master vom Ruhezustand auf der MA-Leitung aus den ersten „0“-Pegel länger als „timeoutsens“ anstehen lässt. Im Sensor der A-Schnittstelle wird eine Zeitmessung durchgeführt, bei der festzustellen ist, ob ein zu Beginn einer Kommunikation vom Master auf die Taktleitung gelegter logischer „0“-Pegel sodann vom Master länger oder kürzer gehalten wird als ein vorgegebener Wert „timeoutsens“. Demnach wird die Dauer eines logischen „0“-Pegels gemessen, so dass eine Zeitmessung erfolgt, was nicht einer Frequenzbestimmung im Interesse eines Vergleichs mit einem Referenzsignal in Form einer „registrierten“ Frequenz im klagepatentgemäßen Sinne gleichgesetzt werden kann.

Die Kammer vermag der Klägerin nicht darin zu folgen, dass aus der Sicht des Fachmanns bei der A-Schnittstelle gleichwohl eine auf einem Frequenzvergleich basierende Umschaltungsentscheidung erfolge, indem ein auf der Taktleitung anliegendes Signal daraufhin untersucht werde, ob dessen Low-Pegel länger ist als der Low-Pegel eines periodischen, durch gleichlange Low- und High-Pegel gekennzeichneten Referenzsignals.

Die Klägerin führt hierzu aus: Bei der A weise das Taktsignal eine Frequenz auf. Eine Frequenz könne auch dadurch bestimmt werden, dass die Anzahl von Ereignissen (im Sinne von: Anzahl der Flanken pro Zeit) angegeben werde. Die allgemeine Formel für die Frequenz eines Signals laute „f = 1/T“ (wobei f für Frequenz und T für Periodendauer im Sinne der Zeitdauer der kleinsten sich periodisch wiederholenden Einheit des Signals steht). Im Bereich der digitalen Signalverarbeitung sei die Periodendauer der zeitliche Abstand zwischen zwei gleichgerichteten (fallenden oder steigenden) Signalflanken. Bei einem digitalen Signal könne T auch ausgedrückt werden als Summe der Dauer des Low-Pegels und der Dauer des High-Pegels, so dass gelte:

T = [Dauer Low-Pegel] + [Dauer High-Pegel].

Der Fachmann sei bemüht, den Messzeitraum, der zum Frequenzvergleich benötigt werde, so kurz wie möglich zu halten. Insbesondere bei einer Verwendung von lediglich zwei Betriebsmodi könne das Umschaltsignal so definiert werden, dass es sich in definierter Weise vom Taktsignal unterscheide, so dass eine bloß grobe Erkennung der Frequenzabweichung für eine zuverlässige Umschaltentscheidung genüge.

Bei der A habe das Taktsignal definitionsgemäß gleich lange Low-Pegel und High-Pegel (vgl. Anlage K 22, S. 10, Tabelle, Einträge unter „Taktsignal Pegelzeit lo“ und „Taktsignal Pegelzeit hi“). Bei einem solchen Signal könne die Frequenz mit der Formel

F = 1 / 2 * [Dauer Low-Pegel]

angegeben werden. In bloßer Kenntnis der Dauer eines Low-Pegels eines solchen Signals könne daraus die Frequenz extrapoliert werden. Infolge dessen könne ein auf der Taktleitung anliegendes Signal darauf untersucht werden, ob dessen Low-Pegel länger sei als der Low-Pegel des periodischen, durch gleich langen Low- und High-Pegel gekennzeichneten Referenzsignals, wobei nur beachtet werden müsse, dass der Low-Pegel des Umschaltsignals so weit verlängert sei, dass die Abweichung vom Referenzsignal eindeutig festgestellt werden könne.

Genau eine solche Lösung sei bei der A verwirklicht: Das Umschaltsignal sei dadurch definiert, dass die Dauer von dessen Low-Pegel mehr als 55 % der Periodendauer des Taktsignals betrage (Anlage K 22, S. 10, Tabelle, Angaben unter „Zulässiges Timeout“), während die Dauer des Low-Pegels des Taktsignals (ebenso wie die des High-Pegels) 50 % der Periodendauer des Taktsignals betrage, so dass der Low-Pegel um mindestens 10 % gegenüber dem Taktsignal verlängert sei, was eine eindeutige Umschaltentscheidung ermögliche.

Aufgrund der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, denen die Kammer sich nach eigener Überprüfung anschließt, wird ein Fachmann jedoch nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass bei der A das Umschaltsignal (mittelbar) mittels einer Frequenz als Parameter definiert ist.

In diesem Zusammenhang erläutert der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten (S. 10, 3. Absatz) zutreffend, dass Periodizität gegeben sein muss, um einem Signal eine Frequenz zuordnen zu können. Dies erfordert mindestens zwei gleichartige Pegelwechsel in einem bestimmten zeitlichen Abstand, mithin entweder zwei fallende oder zwei steigende Flanken. Bei der A gehört indes die zweite fallende Flanke – wie letztlich die Klägerin mit ihrem Vortrag auch einräumt – nicht mehr zum Umschalt- bzw. Auswahlsignal, so dass es an der erforderlichen Periodizität mangelt.

In nachvollziehbarer Weise hat der Sachverständige zudem im Rahmen seiner mündlichen Anhörung erklärt, dass der Fachmann bei der A eine Bestimmung der Frequenz des Umschaltsignals auch nicht im Wege einer Extrapolierung als gegeben ansieht. Rein theoretisch wäre das zwar möglich bei bekannter Identität der Länge des Low-Pegels und des High-Pegels die Frequenz (vgl. Sitzungsprotokoll vom 21.04.2009, Seite 59 unten bis Seite 60 oben). Allerdings ist zu beachten, dass physikalisch eine Frequenz gar nicht existiert, weil es eben an einer zweiten (fallenden) Flanke bei der A fehlt. Die theoretisch-mathematische Möglichkeit, die Frequenz allein anhand eines einzelnen Pegels zu bestimmen, wird der Fachmann nicht als wortsinngemäße Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents in Betracht ziehen, weil bei der Erzeugung des Taktsignals Signalverzerrungen bzw. sogar Schrittverzerrungen auftreten können, die die Signalübertragung beeinträchtigen. Insofern würde der Fachmann in der Praxis die Umschaltung nicht an die bloße Messung nur eines einzigen Pegels knüpfen mit Rücksicht darauf, dass in diese sämtliche Verzerrungen der Signalerzeugungs- und Verarbeitungseinheiten eingingen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 21.04.2009, Seite 62, 2. Absatz). Dies gilt selbst dann, wenn der Fachmann erkennt, dass er je nach Umgebung, in der sein System zur Anwendung kommen soll, dieses gegebenenfalls in der Weise anpassen kann, dass bei entsprechender Wahl der Zeitbedingungen die Detektion möglich ist.

b)
Die angegriffenen Ausführungsformen erweisen sich zudem auch nicht als äquivalente Benutzung der patentgemäßen Lehre, da sie jedenfalls keine gleichwertige Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden technischen Problems darstellen.

Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung liegt eine Benutzung der technischen Lehre nur vor, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGH, GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil; BGH, GRUR 2002, 527 – Custodiol II; BGH, GRUR 2006, 313 – Stapeltrockner; BGH, GRUR 2007, 959 – Pumpeneinrichtung).

Es kann dahinstehen, ob die Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems gemäß der angegriffenen Ausführungsformen für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt überhaupt nahe lag, wobei der Sachverständige Prof. Dr. L sowohl in seinem schriftlichen Gutachten (vgl. Seite 11, vorletzter Absatz) als auch im Rahmen seiner mündlichen Anhörung verneint (vgl. Seite 78 f. des Sitzungsprotokolls vom 21.04.2009) bereits dies verneinte, wobei zu beachten ist, dass ein Naheliegen unter bestimmten Voraussetzungen auch dann zu bejahen sein kann, wenn dem Fachmann ein Austauschmittel am Prioritätstag noch unbekannt war, weil es erst durch den weiteren Fortgang der technischen Entwicklung bereitgestellt worden ist (vgl. näher zum Ganzen OLG Düsseldorf, InstGE 10, 198 – zeitversetztes Fernsehen).

Es fehlt zumindest am Erfordernis der sog. Gleichwertigkeit. Es genügt aufgrund des Erfordernisses der Gleichwertigkeit für die Bejahung der Äquivalenz nicht, dass der Fachmann dank seines Fachwissens und gestützt auf den Stand der Technik überhaupt in der Lage war, das oder die Austauschmittel als gleichwirkenden Ersatz aufzufinden. Vielmehr ist notwendig, dass er zu der abgewandelten Ausführungsform gelangen konnte, wenn er sich an der im Patentanspruch offenbarten technischen Lehre und dem darin zum Ausdruck kommenden Lösungsgedanken orientiert. Die fehlende Gleichwertigkeit ergibt sich hier aus nachfolgenden Überlegungen:

Wie bereits ausgeführt, sieht das Klagepatent sowohl in den Ansprüchen als auch in sämtlichen Passagen der Beschreibung die Frequenz des Umschaltsignals als den maßgeblichen Vergleichsparameter an. Auch der oben bereits zitierte Abschnitt [0022] gibt dem Fachmann keinen Anhalt, stattdessen – wie bei der A – als Parameter eine ereignisgesteuerte Zeitbedingung zu wählen.

Die im Abschnitt [0022] als Alternative vorgesehene Möglichkeit gibt dem Fachmann nämlich keinen konkreten Hinweis auf ein solches Austauschmittel. Die dort alternativ vorgesehene Methodik schlägt vor, die Spannung als relevanten Parameter für die Frage zu wählen, ob eine Umschaltung vorgenommen werden soll – und zwar – wie der Sachverständige hervorhebt – völlig unabhängig davon, wie lange ein bestimmter Pegel anliegt. Es entscheidet also auch nach dieser Alternative nicht etwa der Eintritt einer Zeitbedingung über die Umschaltung, sondern der Wert eines Spannungspegels (vgl. Sitzungsprotokoll vom 21.04.2009, Seite 65, 2. Absatz). Auch wenn der Absatz [0022] dem Fachmann immerhin allgemein signalisiert, über alternative Möglichkeiten zu einem auf die Frequenz abstellenden Parameter nachzudenken, wird ihm damit im Klagepatent jedenfalls nicht der bei der A verwirklichte Lösungsgedanke nahegelegt. Wie der Sachverständige vielmehr überzeugend ausgeführt hat, wird sich der Fachmann bei der Lektüre des Abschnitts [0022] vollständig von der Möglichkeit lösen, eine Zeitbedingung als Parameter vorzusehen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 21.04.2009, S. 65). Dass der Sachverständige schließlich bestätigt hat, dass die Lösung nach der A der Verwendung einer Frequenz als Parameter näher liege als die im Klagepatent alternativ genannte Möglichkeit, weil bei der A gerade keine analogen Pegelunterschiede betrachtet werden, kann in Bezug auf die Frage nach der Gleichwertigkeit zu keinem anderen Ergebnis führen.

2)
Die Beklagten machen auch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von der technischen Lehre des Verfahrensanspruchs 8 des Klagepatents Gebrauch.

Aus den unter 1) genannten Gründen zum Merkmal 4 des Vorrichtungsanspruchs, die hier entsprechend gelten, wird jedenfalls auch das Merkmal 4 des Verfahrensanspruchs, welches verlangt, dass als Umschaltsignal in den gewünschten anderen Betriebsmodus von der Verarbeitungseinheit ein Signal mit einer bestimmten Signalfrequenz übertragen wird, das von der Frequenz der ansonsten auf dieser Signalübertragungsleitung übertragenen Taktsignal abweicht, nicht verwirklicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Die nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom 15.05.2009 und der Beklagten vom 22.05.2009 bzw. 26.05.2009 gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.