Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 277
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 4. Mai 2004, Az. 4b O 380/03
I. Die Beklagten werden – unter Abweisung der weitergehenden Klage – verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,
eine Kappe, die mit einem eine Öffnung aufweisenden Einfüllstützen in Eingriff kommen kann und die folgenden Bestandteile umfasst:
– Verschlussmittel zum Verschließen des Einfüllstützens,
– Griffmittel, die ein Drehen der Verschlussmittel relativ zum Einfüllstützen in eine Kappenanbringrichtung zum Einfüllstutzen hin sowie in eine Kappenabnehmrichtung vom Einfüllstutzen weg ermöglichen, sowie eine Leergang-Antriebsverbindung zwischen den Griffmitteln und den Verschlussmitteln,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
die die folgenden Bestandteile aufweist:
– Steuermittel, die die Leergang-Antriebsverbindung herstellen, wenn die Griffmittel in Kappenabnehmrichtung relativ zum Einfüllstutzen um eine Drehachse gedreht werden, und die Griffmittel gegen die Verschlussmittel drängen, um eine Direkt-Antriebsverbindung zwischen den Griffmitteln und den Verschlussmitteln herzustellen, wenn die Griffmittel in Kappenanbringrichtung um die Drehachse gedreht werden;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlugnen seit dem 28. Februar 1997 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten,
der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse
sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
– sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt,
– von dem Beklagten zu 2) sämtliche Angaben und von beiden Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 13. Juli 2001 zu machen sind,
– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und ihn verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter 1) bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.
II. Es wird festgestellt,
1. dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 28. Februar 1997 bis zum 12. Juli 2001 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1 bezeichneten, seit dem 13. Juli 2001 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung In Höhe von 500.000,– EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepubik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 755 348 (Klagepatent, Anlage TW 5; deutsche Übersetzung Anlage TW 6), dessen Anmeldung am 29. Januar 1997 und dessen Erteilung am 13. Juni 2001 bekannt gemacht wurde. Gegen die Patenterteilung hat die Beklagte zu 1) Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben. Das Klagepatent betrifft eine Schnellverschlusskappe mit einem Entfernungsverzögerungsmechanismus. Der im vorliegenden Rechtsstreit vornehmlich interessierende Patentanspruch 1 hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut:
„Kappe (10), die mit einem eine Öffnung aufweisenden Einfüllstutzen (22) in Eingriff kommen kann und die folgenden Bestandteile umfasst:
– Verschlussmittel (14, 18) zum Verschließen des Einfüllstutzens (22),
– Griffmittel (12), die ein Drehen der Verschlussmittel (14, 18) relativ zum Einfüllstutzen (22) in eine Kappenanbringrichtung zum Einfüllstutzen (22) hin sowie in eine Kappenabnehmrichtung vom Einfüllstutzen (22) weg ermöglichen, sowie eine Leergang-Antriebsverbindung zwischen den Griffmitteln und den Verschlussmitteln;
wobei die Kappe durch die folgenden Bestandteile gekennzeichnet ist:
– Steuermittel (318, 320, 324), die die Leergang-Antriebsverbindung herstellen, wenn die Griffmittel in Kappenabnehmrichtung relativ zum Einfüllstutzen (22) um eine Drehachse gedreht werden, und die Griffmittel (12) gegen die Verschlussmittel (14, 18) drängen, um eine Direktantriebsverbindung zwischen den Griffmitteln (12) und den Verschlussmitteln (14, 18) herzustellen, wenn die Griffmittel (12) in Kappenanbringrichtung um die Drehachse gedreht werden“.
Die nachfolgende Abbildung (Figur 9 der Klagepatentschrift) veranschaulicht den Erfindungsgegenstand anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.
Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, stellt her und vertreibt Tankverschlusskappen für Automobile, die die Klägerin als Typen III und III a bezeichnet und von denen sie als Anlagen TW 23/24 sowie TW 25 Musterstücke zur Akte gereicht hat. Die nachfolgenden von der Klägerin mit Bezugsbezeichnungen versehenen Abbildungen (GA 43 u. 78) zeigen die Tankkappen III und III a im demontierten Zustand mit entferntem Verschlussmittel.
Die Klägerin sieht durch Herstellung und Vertrieb der vorbezeichneten Tankverschlusskappen ihre Rechte aus dem Klagepatent verletzt und nimmt die Beklagten deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung, Schadensersatz und Vernichtung in Anspruch.
Die Klägerin beantragt,
sinngemäß wie erkannt, jedoch P Einräumung des tenorierten Wirtschaftsprüfervorbehaltes.
Die Beklagten beantragen,
1. die Klage abzuweisen;
2. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung der von der Beklagten zu 1) gegen das Klagepatent erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen;
3. äußerst hilfsweise, ihnen hinsichtlich der Rechnungslegungsangaben einen Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen.
Die Beklagten sind der Ansicht, ihre Handlungen würden das Klagepatent nicht verletzen. Im übrigen werde sich das Klagepatent im anhängigen Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen, weshalb der Rechtsstreit zumindest auszusetzen sei.
Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Anlagen und Urkunden Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Sie ist lediglich insoweit nicht sachlich gerechtfertigt, als den Beklagten hinsichtlich der zu legenden Rechnung der tenorierte Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen war. Eine Aussetzung des Rechtsstreits kommt nicht in Betracht.
I.
Das Klagepatent betrifft eine Kappe zum Verschließen der Öffnung eines Einfüllstutzens.
Gemäß den einleitenden Ausführungen der Klagepatentschrift bestehen Tankkappen zum Verschließen des Einfüllstützens eines Fahrzeugstanks üblicherweise aus einem Verschlusselement für den Einfüllstutzen sowie einem Griff, mit dessen Hilfe das Verschlusselement gedreht werden kann.
Die Klagepatentschrift sieht ein Problem darin, dass jede unbeabsichtigte Bewegung des Griffes in die Kappenabnehmrichtung die Abdichtung zwischen dem Verschlussmittel und dem Einfüllstutzen aufhebt, wenn der Griff direkt mit dem Verschlussmittel verbunden ist. Aus der US-PS 4 765 505 (Anlage TW 15) und der US-PS 5 108 001 (Anlage TW 16) sind Verschlusskappen bekannt, bei denen zwischen Griff und Verschlussmittel eine Leergang-Antriebsverbindung besteht. Die Kappen sind hierbei so gestaltet, dass sich der Kappengriff sowohl in Kappenanbringung- als auch in Kappenabnehmrichtung über einen gewissen Bereich relativ zum Verschlussmittel frei verdrehen lässt. Dass die vorbekannten Kappen sowohl in Anbring- als auch auch in Abnehmrichtung eine Leergang-Verbindung aufweisen, ist der Klagepatentschrift zufolge problematisch, da die Kappe leicht außer Eingriff mit dem Einfüllstutzen gelangen kann, wenn der Griff sich in einer Position befindet, in welcher die Leergangverbindung zum Verschlussteil in Kappenabnehmrichtung bereits überwunden ist, und der Kappengriff z.B. bei einem Aufprall bzw. Unfall des Fahrzeugs ungewollt (weiter) in die Kappenabnehmrichtung verdreht wird. Zur Lösung dieses Problems sieht die Erfindung nach dem Klagepatent vor, die Verschlusskappe so auszubilden, dass sie sich automatisch so einstellt, dass zwischen Griff- und Verschlussmittel beim Anbringen der Kappe eine Direkt-Antriebsverbindung und beim Abnehmen der Kappe eine Leergang-Antriebsverbindung besteht.
Patentanspruch 1 weist folgende Merkmalskombination auf:
1. Kappe (10), die mit einem eine Öffnung aufweisenden Einfüllstutzen (22) in Eingriff kommen kann;
2. die Kappe umfasst die folgenden Bestandteile:
a) Verschlussmittel (14, 18),
b) Griffmittel (12) und
c) Steuermittel (318, 320, 324);
3. das Verschlussmittel (14, 18) dient zum Verschließen des Einfüllstutzens (22);
4. das Griffmittel (12) ermöglicht ein Drehen des Verschlussmitteles (14, 18) relativ zum Einfüllstutzen (22) in eine Kappenanbringrichtung zum Einfüllstutzen (22) hin sowie in eine Kappenabnehmrichtung vom Einfüllstutzen (22) weg;
5. zwischen dem Griffmittel und dem Verschlussmittel besteht eine Leergang-Antriebsverbindung;
6. das Steuermittel (318, 320, 324) stellt die Leergang-Antriebsverbindung her, wenn das Griffmittel in Kappenabnehmrichtung relativ zum Einfüllstutzen (22) um eine Drehachse gedreht wird, und drängt das Griffmittel (12) gegen das Verschlussmittel (14, 18), um eine Direkt-Antriebsverbindung zwischen dem Griffmittel (12) und dem Verschlussmittel (14, 18) herzustellen, wenn das Griffmittel (12) in Kappenanbringrichtung um die Drehachse gedreht wird.
II.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.
Dagegen, dass die Tankdeckel der Typen III und III a) sämtliche Anspruchsmerkmale verwirklichen, haben die Beklagten sich nicht substantiiert gewandt und nicht in Abrede gestellt, dass die angegriffenen Tankdeckel sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1) aufweisen. Hinsichtlich des Typs III a) bestehen keinerlei Bedenken gegen die Bejahung des Benutzungstatbestandes, da der oben abgebildete Aufbau, wie dem eingereichten Originalmuster (Anlage TW 25) entnommen werden kann, zu einem Steuermittel mit einer Leergang-Antriebsverbindung in Kappenabnehmrichtung und aufgrund der Spannung der Feder zu einer Direktantriebsverbindung in Kappenanbringrichtung führt.
Aber auch hinsichtlich des Deckels des Typs III bestehen keine Zweifel an der Verwirklichung des Verletzungstatbestandes. Die Ausführungsform unterscheidet sich vom Typ III a allein durch die Art, in der die Feder vorgespannt wird (Rad statt halbkreisförmiges Element). Dies hat zwar, wie das vorgelegte Muster des Typs III (Anlage TW 24) belegt, zur Folge, dass in Kappenanbringrichtung ein gewisses Spiel verbleibt, bis der Fortsatz mit dem Mitnehmervorsprung in Kontakt tritt. Dieses Spiel ist aber in Vergleich zu der eigentlichen Leergangverbindung in Kappenabnehmrichtung derart gering, dass es sich noch im Rahmen dessen bewegt, was ein nach Maßgabe des Klagepatents gefertigter Tankdeckel an Materialspiel zwischen den Bauteilen zulassen darf. Das geringfügige Materialspiel beeinträchtigt die Funktion des Steuermittels nicht in merklicher Weise. Leergang- und Direktantriebsverbindung sind immer noch klar voneinander abgegrenzt.
III.
Aufgrund des festgestellten Verletzungstatbestandes sind die Beklagten der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung und, da sie zumindest fahrlässig gehandelt haben, gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 Satz 2 PatG zum Schadensersatz und die Beklagte zu 1) darüber hinaus gemäß Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG zur Entschädigung verpflichtet.
Die Schadens- und Entschädigungshöhe ist derzeit ungewiss. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, dass die Schadensersatzhaftung und Entschädigungsverpflichtung der Beklagten zunächst dem Grunde nach gemäß § 256 Abs. 1 ZPO festgestellt wird. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung zu beziffern, haben die Beklagten im zuerkannten Umfang Rechnung über ihre Benutzungshandlungen zu legen (§§ 242, 259 BGB; § 140 b PatG). Hinsichtlich der Angebotsempfänger und nicht gewerblichen Abnehmer war den Beklagten allerdings nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts E (Urteil vom 9.01.2003; 2 U 94/01) ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen und das hierüber hinausgehende Rechnungslegungsbegehren der Klägerin als unbegründet abzuweisen.
Der Vernichtungsanspruch folgt aus § 140 a Abs. 1 PatG.
IV.
Eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO kommt nicht in Betracht. Es erscheint nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Klagepatent im Umfang seines Patentanspruchs 1 im anhängigen Nichtigkeitsverfahren vernichtet werden wird.
1.
Die Entgegenhaltung E 5 (US-PS 5 108 001) ist in der Klagepatentschrift (Anlage TW 6, Seite 3 2. Absatz) genannt und als derjenige Stand der Technik gewürdigt, auf dem das Klagepatent aufbaut. Schon aus diesem Grunde erscheint es zweifelhaft, dass sie geeignet ist, die Neuheit und Erfindungshöhe des Klagepatents in Frage zu stellen, geschweige denn, die Vernichtung des Klagepatents überwiegend wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Hinzu kommt folgendes:
Entgegen der von den Beklagten vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass – wie von den Beklagten in Anlage 2 zu Anlage B 2 optisch hervorgehoben – die Vorspannfeder 30 im Sinne von Merkmal 6 ein Steuermittel ist, welches eine Direktverbindung zwischen Griffmittel und Verschlussmittel in Kappenanbringrichtung herstellt. Der entgegengehaltenen Druckschrift ist lediglich zu entnehmen, dass die Feder das Betätigungselement aufwärts vorspannen soll (Anlage TW 16 a, Seite 6, 2. Absatz).
Sie dient dazu, das Betätigungselement (26) aufwärts gerichtet anzutreiben, um das Entlüftungsventil (52) zu schließen. In der Druckschrift (Anlage TW 16 a Seite 8, 2. Absatz) heißt es insoweit, dass P die relative Drehung zwischen den Absätzen (22) auf dem Gehäuse (12) und den Nocken 24 auf dem Betätigungselement (26) keine Erhöhung oder Erniedrigung des Entlüftungsventils erfolgt. Daraus folgt aber, dass der Vorspannfeder außerhalb dieser Relativdrehung keine weitere Funktion zukommt, insbesondere nicht die, das Betätigungselement und mit ihm die Scheibe (40) selbsttätig in eine bestimmte Position zu drehen. Anderenfalls wäre auch nicht der Sicherheitskeil (91) notwendig, der den radialen Antrieb (94) in der geschlossenen Tankdeckelposition halten soll, so dass sich die Kappe infolge von Vibrationen beim Fahrbetrieb nicht lösen kann (vgl. Anlage TW 16 a Seite 8 a.E.). Soll die Feder (30) eine automatische Rückstellung ermöglichen, wäre diese Maßnahme technisch nicht sinnvoll. Von daher erscheint es ausgeschlossen, dass der Fachmann der Entgegenhaltung entnimmt oder es als naheliegend betrachtet, die Vorspannfeder (30) mit einer solchen Federstärke zu versehen, dass eine automatische Rückstellung über die Rampen (24) erfolgen kann. Im übrigen ist in der Entgegenhaltung auch nicht gezeigt, dass die Vorspannfeder (30) derart mit dem Betätigungselement (26) verbunden ist, dass sich beim Drehen eine wirksame Torsionsvorspannung aufbauen kann.
Nach alledem erscheint es nur im Rahmen einer unzulässigen rückschauenden Betrachtung möglich, in der Feder (30) die Möglichkeit angelegt zu sehen, eine erfindungsgemäße Leergang- und Direktantriebsverbindung auszubilden.
Wie der Fachman aus einer Kombination von E 5 mit der Entgegenhaltung
E 8 zur erfindungsgemäßen Lehre gelangen sollte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die dort offenbarte Feder (10) dient dazu, das Griffteil (1) und das Verschlussteil (2) in Ruhelage auf Abstand zu halten, so dass der Griff nur beim Eindrücken der Feder in achsialer Richtung geöffnet werden kann. Mit der erfindungsgemäßen Leergangantriebs- und Direktantriebsverbindung in Drehrichtung der Kappe hat dies nichts zu tun. In Spalte 4 Zeilen 29 – 37 der E 8 ist darüber hinaus ausgeführt, dass eine allzu große Leerdrehung, die sich aus dem radialen Abstand der Mitnehmer auf dem Verschlussteil bzw. im Griffteil ergibt, unerwünscht ist. Demgemäß kann auch dieser Entgegenhaltung nicht mehr entnommen werden, als dass ein – möglichst geringer – Leerlauf in beide Drehrichtungen existiert.
Auch die Entgegenhaltung E 10 (für sich betrachtet oder in Kombination mit E 5) ist nicht geeignet, den Rechtsbestand des Klagepatents in Zweifel zu ziehen. Die Entgegenhaltung betrifft einen selbstschließenden Verschluss, bei dem in einem Unterteil (1) eine Schließplatte (12) schwenkbar und federbelastet gelagert ist. Diese kann über die Betätigung eines Oberteils (14) verschwenkt werden, bis die Einfüllöffnungen (18, 22 und 5) übereinander liegen. Eine Feder (13) ist in der Lage, die Schließplatte unter Zurückdrehen des Gehäuseoberteils in die Schließstellung zurückzuführen. Es handelt sich hierbei um eine spezielle Verschlussdeckelkonstruktion, die bereits das gattungsgemäße Merkmal 5 von Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht aufweist. Denn bei dem vorbekannten Verschluss wird die Schließplatte (12) unmittelbar durch Drehen des Oberteils aus der Schließstellung bewegt. Eine Leergangverbindung liegt nicht vor und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb bei dem vorbekannten Verschluss ein Leergang notwendig sein sollte.
2.
Ob der Durchschnittsfachmann in der technischen Zeichnung gemäß Anlage E 6 den von den Beklagten nachgebauten, in seinen Einzelteilen aus der von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten Explosionsdarstellung ersichtlichen Baionettverschluss offenbart sieht, vermag die Kammer nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen. Dies kann letztlich aber auch dahingestellt bleiben, da die Beklagten im Nichtigkeitsverfahren lediglich Zeugenbeweis dafür anbieten, dass es sich bei E 6 um einen der Öffentlichkeit bereits vor dem Prioritätstag des Klagepatents zugänglichen Stand der Technik gehandelt hat. Der Ausgang einer entsprechenden Beweiserhebung beim Bundespatentgericht erscheint ungewiss und lässt schon deshalb eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Vernichtung des Klagepatents nicht erkennen. Die von den Beklagten im Verhandlungstermin vorgelegte Originalunterlage, welche sich in einem Hefter mit weiteren Einzelblättern befindet, ist kein offenkundiges Indiz für die Richtigkeit des Beklagtenvortrages zur öffentlichen Zugänglichkeit der Entgegenhaltung E 6. Der von den Beklagten vorgelegte Hefter mit Einzelblättern stellt keinen Katalog dar, der schon von der äußeren Aufmachung her dazu bestimmt erscheint, in Verkehr gebracht zu werden. Zudem handelt es sich bei E 6 um ein von der Gestaltung der übrigen Blätter abweichendes Sonderblatt, von dem nicht ersichtlich ist, wann es in den Ordner gelangt ist. P den von den Beklagten angebotenen Zeugenbeweis kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei E 6 lediglich um einen betriebsinternen und gerade nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Stand der Technik handelt.
3.
Auf die übrigen in das Nichtigkeitsverfahren eingeführten Entgegenhaltungen sind die Beklagten im Verhandlungstermin nicht mehr eingegangen. Sie kommen dem Klagepatent auch nicht näher als der soeben abgehandelte Stand der Technik und lassen daher ebenfalls keine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit der Nichtigkeitsklage erkennen.
4.
Allein der Umstand, dass sich die Klägerin von der Abmahnung im November 2001 bis Mai 2003 Zeit mit der Klageerhebung gelassen hat, trägt vor dem Hintergrund der geringen Erfolgsaussicht der Nichtigkeitsklage keine Aussetzungsentscheidung zu Gunsten der Beklagten. Da die Beklagten im übrigen aufgrund der erfolgten Abmahnung stets mit einer Klageerhebung zu rechnen hatten, hätte es ihnen oblegen, das Klagepatent frühzeitig anzugreifen, um vor dem Abschluss eines erstinstanzlichen Verletzungsverfahrens eine den Rechtsbestand klärende Entscheidung in Händen zu halten.
Soweit die Beklagten einen sehr hohen Schaden daraus ableiten wollen, P Lieferung der angegriffenen Tankdeckel komme es zu einem Produktionsausfall ihrer Abnehmer, der Automobilhersteller, ist ihr Vortrag P hinreichende Substanz, wenig lebensnah und deshalb ebenfalls nicht geeignet, ein vorrangiges Interesse der Beklagten an der Aussetzung zu begründen. Es erscheint wenig wahrscheinlich, dass Autohersteller ihre Produktion einstellen müssen, weil ein mittelständischer Zulieferer nicht in der Lage ist, ein Bauteil zu liefern. Dies erschiene nur denkbar, wenn die Beklagte zu 1) der einzig mögliche Lieferant von Tankdeckeln wäre, was sie jedoch selbst nicht behauptet. Im übrigen betrifft das vorliegende Verfahren auch nicht drei Tankdeckeltypen (I, II und IV), die die Beklagte zu 1 (unstreitig) ebenfalls herstellt und vertreibt und die von der Klägerin neben den vorliegend interessierenden Tankdeckeln in den vor der Kammer anhängigen Verfahren mit den Aktenzeichen 4 b 0 179/03 und 4 b 0 379/03 angegriffen werden. Welcher Schadensanteil auf die vorliegend interessierenden Tankdeckeltypen III und III a entfallen soll, haben die Beklagten nicht dargelegt.
Der pauschale Vortrag der Beklagten zu 1, im Falle der Urteilsvollstreckung gegebenenfalls ihren Geschäftsbetrieb einstellen zu müssen, kann eine Aussetzungsentscheidung von vornherein nicht tragen. Von den Regelungen der ZPO können nicht zu ersetzende Nachteile aus der Urteilsvollstreckung nicht den Urteilsausspruch als solches verzögern, sondern unter den Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO lediglich Grundlage für einen Vollstreckungsschutzantrag sein. Einen solchen haben die Beklagten jedoch nicht gestellt, substantiiert begründet und im Hinblick auf seine tatsächlichen Voraussetzungen – insbesondere die vorliegend allein interessierenden Tankdeckeltypen III und III a – glaubhaft gemacht.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlasst.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Sicherheitsleistung folgen aus §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.
Dr. L2 Dr. D M