4b O 118/03 – Klebstoffabgabevorrichtung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  264

Landgericht Düsseldorf
Teilurteil vom 15. Januar 2004, Az. 4b O 118/03

Schlussurteil vom 23.12.2008

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Vorrichtungen zum Abgeben eines Heißschmelzklebstoffs und/oder eines Kaltklebstoffs, umfassend ein Gehäuse mit einer darin ausgebildeten Bohrung, welche ein erstes und ein zweites Ende aufweist, einen Einlass zum Koppeln der Bohrung an eine Klebstoffquelle, einen Pol, der sich von dem ersten Ende der Bohrung erstreckt, so dass ein Abschnitt einer äußeren Oberfläche des Pols in Fluidverbindung mit dem Klebstoff ist, eine Spule zum Erzeugen eines elektromagnetischen Feldes, die um einen Abschnitt des Pols und der Bohrung angeordnet ist, eine Abgabeöffnung, welche mit dem zweiten Ende der Bohrung gekoppelt ist, umfassend einen ein erstes und ein zweites Ende aufweisenden Kolben, welcher innerhalb der Bohrung angeordnet ist und für eine reziproke Bewegung zwischen einer geschlossenen Position und einer offenen Position montiert ist, wobei in der offenen Position Klebstoff aus der Abgabeöffnung abgegeben wird und in der geschlossenen Position der Klebstoff daran gehindert wird, aus der Abgabeöffnung abgegeben zu werden,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

a) bei denen der Kolben einen gestuften äußeren Durchmesser aufweist, mit einem ersten Abschnitt eines ersten Durchmessers und einem zweiten Abschnitt eines reduzierten Durchmessers, wobei der erste Abschnitt eine darin ausgebildete durchgehende Bohrung aufweist und angewinkelte Strömungskanäle, die sich mit der Bohrung schneiden und in die Fluidkammer öffnen, wobei der erste Abschnitt eine im wesentlichen einen Y-förmigen Querschnitt aufweisende Bohrung enthält, welche sich von einem Ende des Abschnitts erstreckt, und bei denen ein Flussführungselement vorgesehen ist, welches durch das einen rechteckigen Querschnitt aufweisende Gehäuse gebildet ist, eine Durchgangsbohrung aufweist und zwischen Endkappen gekoppelt ist zum nicht gleichförmigen Führen von Flusslinien des elektromagnetischen Feldes zwischen einem Paar an den Enden des Gehäuses angeordneter, magnetischer Endkappen, wobei eine an jedem Ende der Spule angeordnet ist und die eine Endkappe den Fluss zwischen dem Polstück und dem Flussführungselement verteilt, während die andere den Fluss zwischen dem Kolben und dem Flussführungselement so verteilt, dass der Kolben zu der offenen Position bewegt wird, wobei die Endkappen kreisförmig sind und eine durchgängige Bohrung aufweisen;

und/oder

b) bei denen ein Flussführungselement, welches durch das einen rechteckigen Querschnitt aufweisende Gehäuse gebildet ist, eine Durchgangsbohrung aufweist und zwischen Endkappen gekoppelt ist zum nicht gleichförmigen Führen von Flusslinien des elektromagnetischen Feldes zwischen den Endkappen, wobei ein Paar an den Enden des Gehäuses angeordneter, magnetischer Endkappen vorgesehen ist, wobei eine an jedem Ende der Spule angeordnet ist und die eine Endkappe den Fluss zwischen dem Polstück und dem Flussführungselement verteilt, während die andere den Fluss zwischen dem Kolben und dem Flussführungselement so verteilt, dass der Kolben zu der offenen Position bewegt wird;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 27. April 2003 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten den unter 1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 27. April 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 300.000,– EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

V. Der Streitwert wird auf 300.000,– EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters 298 24 854, das eine Vorrichtung zum Auftragen eines Klebstoffes betrifft und dessen Eintragung am 27. März 2003 bekannt gemacht worden ist. Die Beklagte hat gegen das Klagegebrauchsmuster Löschungsantrag gestellt, über den derzeit noch nicht entschieden ist. Im Löschungsverfahren verteidigt die Klägerin das Klagegebrauchsmuster mit den nachfolgend wiedergegebenen nebengeordneten Schutzansprüchen 1, 10 und 17:

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 bis 4 der Klagegebrauchsmusterschrift) verdeutlichen den Gegenstand des Schutzrechts anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Die Beklagte stellt her und vertreibt unter den Bezeichnungen „HME-500“ und „P-500“ Klebstoffabgabevorrichtungen, deren konstruktive Einzelheiten sich aus den Anlagen K 12 – K 18 („HME-500“) bzw. K 19 und K 20 („P 500“) ergeben. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die vorgenannten Auftragsvorrichtungen wortsinngemäß von der technischen Lehre der Schutzansprüche 1,10 und 17 (in der von der Klägerin verteidigten Fassung) Gebrauch machen.

Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der Gebrauchsmusterverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz in Anspruch. Im Verhandlungstermin vom 16. Dezember 2003 hat die Kammer im Einverständnis mit den Parteien den Rechtsstreit, soweit er sich auf eine Verletzung von Schutzanspruch 17 gründet, bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in dem gegen das Klagegebrauchsmuster anhängigen Löschungsverfahren ausgesetzt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

sinngemäß wie erkannt, jedoch ohne den der Beklagten eingeräumten Wirtschaftsprüfervorbehalt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, den Rechtsstreit insgesamt bis zur rechtskräftigen Erledigung des Löschungsverfahrens auszusetzen.

Sie wendet ein, dass die technische Lehre der Schutzansprüche 1 und 10 angesichts des vorbekannten Standes der Technik nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Die Beklagte verweist insoweit auf ihre Klebstoffventile „DLK-30 X“ und „DLK-40 X“, welche sie vor dem Prioritätstag mehrfach an verschiedene Abnehmer im Bundesgebiet ausgeliefert habe, sowie ferner auf die zum Stand der Technik gehörenden Druckschriften US-PS 5 192 936, US-PS 5 375 738, US-PS 4 951 917, US-PS 3 329 347 sowie die seit Jahrzehnten gebräuchlichen Hubmagnete der Firma C3.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsstreit ist, soweit er nicht einverständlich (im Umfang des Schutzanspruchs 17) ausgesetzt worden ist, zur Endentscheidung reif. Es ist deshalb angemessen, über das Klagebegehren, soweit es sich auf die Schutzansprüche 1 und 10 des Klagebrauchsmusters stützt, durch Teilurteil zu entscheiden. In diesem Umfang ist die Klage zulässig und begründet.

I.

Das Klagegebrauchsmuster betrifft ein elektromagnetisch betätigtes Gerät zum Abgeben von Klebstoffen. Die vorliegend interessierenden Schutzansprüche 1 und 10 geben hierzu die nachstehend in gegliederter Form wiedergegebene technische Lehre:

S c h u t z a n s p r u c h 1:

(1) Vorrichtung (10) zum Abgeben eines Klebstoffes (22).

(2) Die Vorrichtung (10) umfasst:

(a) ein Gehäuse (58) mit einer darin ausgebildeten Bohrung, die ein erstes und ein zweites Ende aufweist,

(b) einen Einlass (24) zum Koppeln der Bohrung an eine Klebstoffquelle,

(c) einen Pol (44), der sich von dem ersten Ende der Bohrung erstreckt, so dass ein Abschnitt einer äußeren Oberfläche des Pols in Fluidverbindung mit dem Klebstoff (22) ist,

(d) eine Spule (56) zum Erzeugen eines elektromagnetischen Feldes, die um einen Abschnitt des Pols (44) und der Bohrung angeordnet ist,

(e) eine Abgabeöffnung (32), welche mit dem zweiten Ende der Bohrung gekoppelt ist,

(f) einen Kolben (50),

(g) ein Flussführungselement und

(h) ein Paar magnetischer Endkappen (64).

(3) Der Kolben (50)

(a) weist ein erstes und ein zweites Ende auf,

(b) ist innerhalb der Bohrung (des Gehäuses) angeordnet,

(c) ist für eine reziproke Bewegung zwischen einer geschlossenen Position und einer offenen Position montiert, wobei in der offenen Position Klebstoff (22) aus der Abgabeöffnung (32) abgegeben wird und in der geschlossenen Position der Klebstoff (22) daran gehindert wird, aus der Abgabeöffnung (32) abgegeben zu werden,

(d) besitzt einen gestuften äußeren Durchmesser mit einem ersten Abschnitt eines ersten Durchmessers und einem zweiten Abschnitt eines reduzierten Durchmessers, wobei der erste Abschnitt

(aa) eine darin ausgebildete durchgehende Bohrung und

(bb) angewinkelte Strömungskanäle (92) aufweist, die sich mit der

Bohrung schneiden und in die Fluidkammer (30) öffnen,

(cc) wobei der erste Abschnitt eine im wesentlichen einen Y-förmigen

Querschnitt aufweisende Bohrung enthält, welche sich von einem Ende des ersten Abschnitts erstreckt.

(4) Das Flussführungselement

(a) ist durch das Gehäuse (58) gebildet, welches einen rechteckigen Querschnitt aufweist,

(b) ist zwischen die Endkappen (64) gekoppelt und

(c) dient dem nicht–gleichförmigen Führen von Flusslinien des elektromagnetischen Feldes zwischen den Endkappen (64).

(5) Das Paar von Endkappen (64) ist an den Enden des Gehäuses (58) angeordnet, wobei eine Endkappe (64) an jedem Ende der Spule (56) positioniert ist.

(6) Die Endkappen (64) sind kreisförmig und weisen eine durchgängige Bohrung auf.

(7) Eine Endkappe (64) verteilt den Fluss zwischen dem Polstück (44) und dem Flussführungselement.

(8) Die andere Endkappe (64) verteilt den Fluss zwischen dem Kolben (50) und dem Flussführungselement so, dass der Kolben (50) zu der offenen Position bewegt wird.

S c h u t z a n s p r u c h 1 0 :

(1) Vorrichtung (10) zum Abgeben eines Klebstoffs (22).

(2) Vorrichtung (10) umfasst:

(a) ein Gehäuse (58) mit einer darin ausgebildeten Bohrung, die ein erstes und ein zweites Ende aufweist,

(b) einen Einlass (24) zum Koppeln der Bohrung an eine Klebstoffquelle,

(c) einen Pol (44), der sich von dem ersten Ende der Bohrung erstreckt, so dass ein Abschnitt einer äußeren Oberfläche des Pols (44) in Fluidverbindung mit dem Klebstoff (22) ist,

(d) eine Spule (56) zum Erzeugen eines elektromagnetischen Feldes, die um zumindest einen Abschnitt des Pols (44) angeordnet ist,

(e) eine Abgabeöffnung (32), die mit der Bohrung gekoppelt ist,

(f) einen Kolben (50),

(g) ein Flussführungselement und

(h) ein Paar magnetischer Endkappen (64).

(3) Der Kolben (50)

(a) weist ein erstes und ein zweites Ende auf,

(b) ist innerhalb der Bohrung angeordnet und

(c) für eine reziproke Bewegung zwischen einer geschlossenen Position und einer offenen Position montiert, wobei in der offenen Position Klebstoff (22) aus der Abgabeöffnung (32) abgegeben wird, und in der geschlossenen Position der Klebstoff (22) daran gehindert wird, aus der Abgabeöffnung (32) abgegeben zu werden.

(4) Das Flussführungselement

(a) ist durch das Gehäuse (58) gebildet, welches einen rechteckigen Querschnitt und eine Durchgangsbohrung aufweist,

(b) ist zwischen die Endkappen (64) gekoppelt,

(c) zum nicht-gleichförmigen Führen von Flusslinien des elektromagnetschen Feldes zwischen den Endkappen (64)

(5) Das Paar von Endkappen (64) ist an den Enden des Gehäuses (58) angeordnet, wobei eine Endkappe an jedem Ende der Spule (56) positioniert ist.

(6) Die Endkappen (64) sind kreisförmig und weisen eine durchgängige Bohrung auf.

(7) Eine Endkappe (64) verteilt den Fluss zwischen dem Polstück (44) und dem Flussführungselement.

(8) Die andere Endkappe (64) verteilt den Fluss zwischen dem Kolben (5) und dem Flussführungselement so, dass der Kolben (50) zu der offenen Position bewegt wird.

Die vorstehenden Merkmalskombinationen sind im vorbekannten Stand der Technik ohne Vorbild und deswegen unstreitig neu. Sie beruhen nach der Überzeugung der Kammer auch auf einem erfinderischen Schritt, weshalb eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits im Hinblick auf das anhängige Löschungsverfahren nicht in Betracht kommt:

1.

Dies gilt zunächst für die durch Schutzanspruch 10 bereit gestellte technische Lehre, wobei zu Gunsten der Beklagten deren Vorbringen als wahr unterstellt werden kann, dass Klebstoffventile „DLK-30 X“ bzw. „DLK-40 X“ von ihr vor dem Prioritätszeitpunkt im Inland offenkundig vorbenutzt worden sind.

a)

Die besagten Auftragsvorrichtungen mögen objektiv über ein C-förmiges Flussführungselement verfügt haben, wie dies aus der nachfolgend eingeblendeten, von der Beklagten nachträglich angefertigten Zeichnung gemäß Anlage L 7.1 ersichtlich ist.

Da der seitlich in das Gehäuse (1c) eingesetzte Hubmagnet eine in sich geschlossene, kunstoffummantelte und nicht demontierbare Einheit bildet, war dieses technische Detail für einen Fachmann indessen nicht erkennbar. Auch die Bedienungsanleitung (Anlage L 7), welche nachstehend gleichfalls auszugsweise wiedergegeben ist, bot hierzu weder weitergehende Erkenntnisse noch irgendeinen Anlass für nähere, ohnehin nur unter Zerstörung des Hubmagneten mögliche Untersuchungen.

Aus dem Handbuch ist ebenso wenig der Hersteller des Hubmagneten ersichtlich. Dass dieser bei einer Demontage des Klebstoffventils (z.B. anhand eines auf dem Magneten befindlichen Herstelleraufdrucks) feststellbar gewesen ist, behauptet die Beklagte selbst nicht.

Mangels anderweitiger Erkenntnisse musste der Fachmann deswegen davon ausgehen, dass das angeblich vorbenutzte Klebstoffventil über einen gewöhnlichen Hubmagneten mit einer Spule, jedoch ohne ein besonderes Flussführungselement verfügt, wie dies zum damaligen Zeitpunkt für Klebstoffauftragsvorrichtungen der in Rede stehenden Art offensichtlich gebräuchlich war. Letzteres belegen die von den Parteien vorgelegten Druckschriften, nämlich die US-PS 5 375 738, die US-PS 4 951 917 und die EP-A 0 719 592, die aus der Zeit von 1989 bis 1994 stammen. Sie alle zeigen elektromagnetisch betätigte Klebstoffauftragsvorrichtungen, deren Hubmagnet lediglich mit einer Spule und ohne ein Flussführungselement mit Endkappen ausgestattet ist. Die genannten Patentschriften rechtfertigen die Annahme, dass es noch wenige Jahre vor dem Prioritätstag des Klagegebrauchsmuster (10.10.1997) in der Fachwelt allgemein nicht für nötig, sinnvoll oder vorteilhaft gehalten wurde, für Klebstoffventile Hubmagnete zu verwenden, die über ein Flussführungselement verfügen. Anderenfalls wäre, da entsprechende Hubmagnete als solche nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten bereits seit Jahrzehnten bekannt waren, zu erwarten gewesen, dass auf sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt und nicht erst durch die Erfindung des Klagegebrauchsmusters im Jahre 1997 zurückgegriffen worden wäre. Das solches – trotz der Verfügbarkeit spezieller, mit einem Flussführungselement versehener Hubmagnete – über Jahre hinweg nicht geschehen ist, bestätigt die Auffassung der Klägerin, dass es mehr als nur handwerklicher Routine des Fachmanns bedurfte zu erkennen, dass der Einsatz von Hubmagneten mit Flussführungselement und Endkappen in Klebstoffventilen sinnvoll oder vorteilhaft ist.

b)

Im Verhandlungstermin vom 16. Dezember 2003 hat die Beklagte geltend gemacht, dass es sich bei dem von ihr für das Klebstoffventil „DLK-30 X“ gebrauchten Hubmagneten um ein frei erhältliches Zubauteil handele. An seiner Stelle habe – für den Fachmann erkennbar – ebenso gut ein handelsüblicher Hubmagnet der Firma C3 verwendet werden können. Wäre solches geschehen, habe der Fachmann unmittelbar ein Klebstoffventil mit sämtlichen Merkmalen des Schutzanspruchs 10 (und sogar des Schutzanspruchs 1) erhalten.

Dieser Argumentation ist zu widersprechen. Wenn es – wie die US-PS 5 375 738, die US-PS 4 951 917 und die EP-A 0 719 592 belegen – Auffassung der Fachwelt war, Klebstoffventile mit einfachen Hubmagneten ohne Flussführungselement auszustatten, und wenn der von der Beklagten für ihr Klebstoffventil „DLK-30 X“ verwendete Magnet als nichts anderes zu erkennen war, so bestand für den Fachmann in Kenntnis des vorbenutzten Gegenstandes kein Anlass dazu, den tatsächlich vorhandenen (vermeintlich einfachen) Magneten durch einen speziellen Hubmagneten mit Flussführungselement und Endkappen des Fabrikats C3 zu ersetzen. Zwar mag es sein, dass dem Fachmann aufgrund seines allgemeinen Wissens geläufig war, dass Hubmagnete mit Flussführungselement wegen des günstigeren Magnetflusses bessere Eigenschaften als einfache, nur mit einer Spule ausgestattete Magneten aufweisen. Diese Kenntnis war indessen vorhanden, seit es Hubmagnete mit Flussführungselementen gab, d.h. nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten seit Jahrzehnten. Gleichwohl ist in der Fachwelt – wie die oben zitierten Entgegenhaltungen verdeutlichen – bis zum Prioritätstag des Klagegebrauchsmusters niemand auf den Gedanken gekommen, solche, hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit bekanntermaßen günstigen Hubmagnete für Klebstoffauftragsvorrichtungen einzusetzen. Vor dem Hintergrund dieser tatsächlichen technischen Entwicklung beruht es auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtung, wenn die Beklagte geltend macht, die Kombination vorbekannter Klebstoffventile mit Hubmagneten, die ein Flussführungselement aufweisen, sei für den Durchschnittsfachmann naheliegend gewesen.

An dieser Beurteilung ändert nichts die Tatsache, dass es aufgrund der US-PS 3 329 347 seit 1967 für Schmierstoffauftragsvorrichtungen bekannt war, Hubmagnete mit Endkappen und Flussführungselement zu verwenden. Abgesehen davon, dass das Flussführungselement hier nicht durch das Gehäuse gebildet wird, sondern durch davon gesonderte, zusätzliche Säulen (49), macht die Klägerin zu Recht geltend, dass es sich bei Vorrichtungen zum Auftragen von Schmierstoffen nicht um gattungsgemäße Klebstoffventile handelt, mit denen sich die geltenden Schutzansprüche des Klagegebrauchsmusters befassen.

c)

Da eine Kombination des angeblich vorbenutzten Klebstoffventils „DLK-30 X“ mit den C3-Hubmagneten für den Fachmann – wie dargelegt – nicht naheliegend war, konnte der Fachmann auch anhand des entgegengehaltenen druckschriftlichen Standes der Technik, welcher insoweit nicht näher liegt, nicht ohne erfinderisches Bemühen zur technischen Lehre des Schutzanspruches 10 gelangen.

2.

Aus den selben Erwägungen bestehen gegen die Schutzfähigkeit des Anspruchs 1, der sich gegenüber Schutzanspruch 10 durch weitere, zusätzliche Merkmale auszeichnet, keine durchgreifenden Bedenken.

3.

Selbst wenn angenommen würde, dass die Schutzfähigkeit des Gebrauchsmusters nicht zweifelsfrei gesichert ist, besteht für eine (im Ermessen des Gerichts liegende) Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits bis zum Abschluss des Löschungsverfahrens kein Anlass. Die Beklagte selbst hat im Verhandlungstermin vom 16. Dezember 2003 darauf hingewiesen, dass die den Schutzansprüchen 1 und 10 entsprechenden angegriffenen Ausführungsformen gegenüber den von ihr angeblich vorbenutzten Klebstoffventilen „DLK-30 X“ und „DLK 40 X“ keinerlei Vorteile bieten. Wenn dem so ist, ist es der Beklagten möglich und kann ihr zugemutet werden, notfalls auf die vorbenutzten Ausführungsformen zurückzugreifen. Dem Interesse der Klägerin an einer zügigen Durchsetzung ihrer Verbietungsrechte gebührt deshalb der Vorrang vor dem Interesse der Beklagten, nicht unberechtigt an dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen gehindert zu werden.

II.

Da die Beklagte die Schutzansprüche 1 und 10 widerrechtlich benutzt hat, ist sie der Klägerin gemäß § 24 Abs. 1 GebrMG zur Unterlassung verpflichtet. Der Beklagten fällt ein zumindest fahrlässiges Verschulden zur Last. Sie haftet der Klägerin deshalb gemäß § 24 Abs. 2 GebrMG auf Schadenersatz. Da die genaue Schadenshöhe derzeit mangels näherer Kenntnis der Klägerin über den Umfang der Verletzungshandlungen noch nicht feststeht, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse daran, dass die Schadensersatzhaftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO). Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, hat die Beklagte im zuerkannten Umfang Rechnung über ihre Verletzungshandlungen zu legen (§ 24 b GebrMG, §§ 242, 259 BGB). Hinsichtlich der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger ist der Beklagten allerdings ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (OLG DÜSSELDORF, Urteil vom 9.01.2003; 2 U 94/01).

III.

Die Kostenentscheidung ist dem Schlussurteil vorzubehalten.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 709, 108 ZPO.