4a O 372/03 – Wasserzähler

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  250

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. August 2004, Az. 4a O 372/03

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatz­weise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

a) Wasserzähler bestehend aus einem Zählergehäuse und einem darin untergebrachten Messwerk, mit durch eine Sicht­scheibe ablesbaren Anzeigemitteln, wobei dem Zähler­gehäuse eine individuelle, gerätespezifische Kennzeichnung zugeordnet ist, die ein die Kennzeichnung tragendes, ursprünglich separates, unlösbar bzw. gegen nachträgliches unbeabsichtigtes Entfernen gesichert, von außen am fertig montierten Wasserzähler über eine schnapp­bare Formschlussverbindung befestigtes Kenn­zeich­nungsteil aufweisen und deren Sichtscheibe mittels eines Schraub­rings druckdicht gegen einen eine Gehäuse­öffnung um­schließenden Dichtrand des Zählergehäuses verspannt ist, wobei zwischen der Sichtscheibe und einem umlaufenden, eine Sichtöffnung umschließenden, flansch­artigen Ring­kragen des Schraubrings ein Druckring angeord­net ist, wobei das Kennzeichnungsteil an dem Schraubring befestigt ist,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen das Kennzeichnungsteil zur Befestigung an dem Ringkragen des Schraubrings ringförmig ausgebildet ist;

b) Kennzeichnungsteile zur Benutzung in Verbindung mit Wasserzählern

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten oder zu liefern,

wobei die Wasserzähler aus einem Zählergehäuse und einem darin untergebrachten Messwerk mit durch eine Sicht­scheibe ablesbaren Anzeigemitteln bestehen, wobei dem Zähler­gehäuse eine individuelle und gerätespezifische Kenn­zeichnung zugeordnet ist, und deren Sichtscheibe mittels eines Schraubrings druckdicht gegen einen eine Gehäuse­öffnung umschließenden Dichtrand des Zähler­gehäuses verspannt ist, wobei zwischen der Sichtscheibe und einem umlaufenden, eine Sichtöffnung umschließenden, flanschartigen Ringkragen des Schraubrings ein Druckring angeordnet ist,

wobei die Kennzeichnungsteile eine Kennzeichnung tragen können, ursprünglich separat ausgebildet sind und mittels einer schnappbaren Formschlussverbindung unlösbar, bzw. gegen nachträgliches unbeabsichtigtes Entfernen gesichert, von außen am fertig montierten Wasserzähler befestigt werden können,

und wobei die Kennzeichnungsteile zur Befestigung an dem Ringkragen des Schraubrings ringförmig ausgebildet sind.

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I.1.a) und b) bezeichneten Handlungen seit dem 22. November 1998 begangen hat, und zwar unter Angabe

1. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, Herstellungsmengen und –zeiten,

2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefer­mengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typen­be­zeich­nungen, sowie der Namen und Anschriften der Abneh­mer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots­mengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbe­zeich­nungen, sowie der Namen und Anschriften der Ange­bots­empfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe­trä­gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Ver­brei­tungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise der Herstellung und dem Vertrieb der unter I.1. fallenden Gegenstände unmittelbar zugeordnet werden.

II. Die Beklagte wird verurteilt,

1. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter I.1.a) bezeichneten Erzeug­nisse nach Wahl der Beklagten zu vernichten oder so umzubauen, dass sie nicht mehr die Merkmale des Klage­antrages zu I.1.a) aufweisen;

2. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter I.1.b) bezeichneten Erzeug­nisse auf eigene Kosten zu vernichten;

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1.a) und b) bezeichneten, seit dem 1. August 1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

2. der Klägerin eine angemessene Entschädigung zu zahlen für Handlungen gemäß I.1.a) vom 22. November 1998 bis zum 1. August 1999.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 95 %, im Übrigen die Klägerin.

V. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- Euro, für die Beklagte in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 297 07 082 (Anlage K 1, nachfolgend Klagegebrauchsmuster) sowie eines parallelen deutschen Patentes 197 46 153 (Anlage K 2, nachfolgend Klagepatent). Die Schutzrechte betreffen Wasserzähler mit über eine schnappbare Form­schluss­verbindung zu befestigenden Kennzeichnungsteilen zur individuellen und gerätespezifischen Kennzeichnung, wobei die Kennzeichnung am fertig montierten Wasserzähler von außen erfolgt und gegen ein nachträgliches unbeabsichtigtes Entfernen gesichert ist.

Das Klagegebrauchsmuster wurde am 19. April 1997 angemeldet und dessen Eintragung am 17. Juli 1997 bekannt gemacht. Das Klagepatent wurde am 18. Oktober 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität des Klage­ge­brauchsmusters vom 19. April 1997 angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 22. Oktober 1998, die Patenterteilung wurde am 1. Juli 1999 bekannt gemacht. Beide Schutzrechte stehen in Kraft. Ursprünglich hat die Klägerin die mit der hiesigen Klage geltend gemachten Ansprüche auch auf das Klagegebrauchsmuster gestützt, diese jedoch in der letzten münd­lichen Verhandlung zurückgenommen.

Über die von der Beklagten gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht mit Urteil vom 28. Januar 2004 (Anlage B 4) entschieden. Hierbei wurde das Klagepatent im Umfang der Ansprüche 1 bis 3, Anspruch 9, soweit er unmittelbar auf einen der Ansprüche 1 bis 3 rückbezogen ist und Ansprüche 10 und 11, soweit sie über den Anspruch 9 auf einen der Ansprüche 1 bis 3 rückbezogen sind, für nichtig erklärt. Im Übrigen wurde das Klagepatent aufrechterhalten. Auf die Gründe der Entscheidung wird Bezug genommen. Gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichtes hat die Beklagte Berufung zum Bundes­gerichtshof eingelegt, über die bisher nicht entschieden wurde. Unter dem 3. August 2004 beantragte die Beklagte die Löschung des Klage­gebrauchsmusters bei dem Deutschen Patent- und Markenamt, worüber noch nicht entschieden wurde.

Ursprünglich begründete die Klägerin ihre geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzverpflichtung wegen unmittelbarer und mittelbarer Verletzung des Klagepatentes im Hinblick auf die ursprüng­lichen Ansprüche 1 bis 11 des Klagepatentes. Nachdem das Bundespatentgericht jedoch das Klagepatent teilweise für nichtig erklärt hat, stützt die Klägerin ihre Ansprüche nunmehr auf die Ansprüche des Schutzrechtes in dem aufrechterhaltenen Umfang.

Patentanspruch 4 hat folgenden Wortlaut:

Wasserzähler (1) bestehend aus einem Zählergehäuse (2) und einem darin untergebrachten Messwerk (4) mit durch eine Sichtscheibe (8) ablesbaren Anzeigemitteln (6), wobei dem Zählergehäuse (2) eine individuelle, gerätespezifische Kennzeichnung (28) zugeordnet ist, die ein die Kennzeichnung (28) tragendes, ursprünglich separates, unlösbar bzw. gegen nachträgliches unbeabsichtigtes Entfernen gesichert, von außen am fertig montierten Wasserzähler (1) über eine schnappbare Form­schluss­verbindung befestigtes Kennzeichnungsteil aufweisen und deren Sichtscheibe (8) mittels eines Schraubrings (14) druckdicht gegen einen eine Gehäuseöffnung (16) umschließenden Dichtrand (18) des Zählergehäuses (2) verspannt ist, wobei zwischen der Sicht­scheibe (8) und einem umlaufenden, eine Sichtöffnung (20) um­schließenden, flanschartigen Ringkragen (19) des Schraubrings (14) ein Druckring angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Kenn­zeichnungsteil (30) zur Befestigung an dem Ringkragen (19) des Schraubrings (14) ringförmig ausgebildet ist.

Wegen der lediglich insbesondere geltend gemachten Patentansprüche 5 bis 11 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Die Beklagte hat auf der in C vom 7. April bis 11. April 2003 veran­stalteten Messe „Wasser C“ u.a. Wasserzähler unter der Bezeichnung „Mehrstrahlzähler“ auf ihrem Messestand ausgestellt und angeboten, deren Ausgestaltung sich den Photos vom Messestand, welche die Klägerin als Anlagen K 8 und 9 überreichte, entnehmen lässt und worauf Bezug genommen wird. Anhand der Photographien ist zu erkennen, dass der Kennzeichnungsring in die Mehrstrahlzähler der Beklagten eingesetzt, und mit den kennzeichnungspezifischen Daten versehen ist. Die Beklagte stellte die Kennzeichnungsringe selbst auch Versorgungsunternehmen vor und bot sie diesen an. Ein Exemplar eines solchen Ringes reichte die Klägerin als Anlage K 10 zur Gerichtsakte, worauf Bezug genommen wird.

Mit Schreiben vom 19. März 2003 mahnte der patentanwaltliche Vertreter der Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, welche nicht abgegeben wurde.

Die Klägerin hat die Beklagte ursprünglich wegen unmittelbarer und mittel­barer Verletzung beider Klageschutzrechte auf Unterlassung, Rechnungs­legung sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatz­verpflichtung und Vernichtung in Anspruch genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 5. August 2004 hat sie die das Klagegebrauchsmuster betreffenden Ansprüche zurückgenommen.

Sie beantragt nunmehr,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit im Hinblick auf die gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes gerichtete Berufungs­nichtig­keitsklage auszusetzen.

Die Beklagte stellt eine Patentverletzung nicht in Abrede. Sie trägt vor, dass die Klageschutzrechte nicht rechtsbeständig seien.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen vollumfänglich entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche zu, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch macht und keine Veranlassung zur Aussetzung besteht.

I.

Das Klagepatent betrifft einen Wasserzähler, bestehend aus einem Zähler­gehäuse und einem darin untergebrachten Messwerk mit durch eine Sicht­scheibe ablesbaren Anzeigemitteln, wobei dem Zählergehäuse eine indivi­duelle, gerätespezifische Kennzeichnung zugeordnet ist.

Derartige Wasserzähler sind, wie die Klagepatentschrift ausführt, im Stand der Technik hinlänglich bekannt. Sie werden hauptsächlich von den Wasser­ver­sorgungsunternehmen an den jeweiligen Verbrauchsstellen installiert, um im Durchlaufverfahren den jeweiligen Wasserverbrauch zu ermitteln und zu registrieren. Die Wasserzähler werden dann in bestimmten Zeitabständen abgelesen, und der Kunde erhält nachfolgend eine verbrauchsbhängige Abrechnung.

Nach der allgemeinen Beschreibung des Klagepatentes muss jeder Zähler eine individuelle, ihm eindeutig zugeordnete Kennzeichnung aufweisen, die in der Regel zumindest aus einer bestimmten Zahlen- und/oder Buchstaben­kombination besteht. Diese Kennzeichnung muss an dem Zähler gegen Fälschung und Entfernung sicher angebracht sein. Hierzu sei es üblich, die Kenn­zeichnung vor der Montage der Einzelteile des Wasserzählers auf dem Ring­bund eines Schraubrings einzuprägen oder zu gravieren. Nach der Mon­tage und der Eichung des Messwerks müsse vom Hersteller zu jedem Wasserzähler bzw. zu dem jeweils eingebauten Messwerk ein Prüfprotokoll erstellt werden, um die ordnungsgemäße Funktion und Genauigkeit des Zählers nachweisen zu können. In der Praxis würden diese Kenn­zeichnungen jedoch nicht vom Hersteller ausgewählt, sondern von dem jeweiligen Abnehmer, z.B. einem Wasser­versor­gungs­unternehmen, vorgegeben. Deshalb könnten erst bei Vorlage von konkreten Bestellungen die „Wunsch-Kennzeichnungen“ aufgebracht und anschließend erst der Zähler montiert und geeicht werden.

Als Stand der Technik gibt das Klagepatent die DE-AS 22 39 909 an, welche einen Hauswasserzähler beschreibt, wobei eine Kunststoffscheibe als Kennzeichnungsschild innerhalb des Zählers, d.h. unterhalb des Schau­glases, angeordnet ist. Damit muss eine Kennzeichnung schon vor bzw. während des Zusammenbaus des Zählers erfolgen.

Das DE-GM 72 03 114 beschreibt mehrere Ausführungen eines Wasserzählers. Dabei ist ein Datenträger entweder unterhalb der Abdeckscheibe und damit innerhalb des Zählers angeordnet (Figur 1und 2), oder ein ringförmiger Datenträger wird oberhalb der Abdeckscheibe vom Rand des Verschlussringes angepresst (Figur 3 und 4). In allen Fällen muss der jeweilige Datenträger vor bzw. während des Zusammenbaus des Zählers eingesetzt werden.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik liegt der Erfindung das technische Problem („Aufgabe“) zugrunde, einen Wasserzähler der genannten Art so zu verbessern, dass der gesamte Ablauf der Herstellung bzw. Montage einschließlich Eichen und Erstellung der geforderten Prüfprotokolle wirtschaftlicher durchführbar ist. Hierzu schlägt es in seinem Anspruch 4 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Wasserzähler (1) bestehend aus

2. aus einem Zählergehäuse (2) und

3. mit durch eine Sichtscheibe (8) ablesbaren Anzeigemitteln (6), sowie

4. einer dem Zählergehäuse (2) zugeordneten individuellen, geräte­spezifischen Kennzeichnung (28);

5. einem die Kennzeichnung (28) tragenden, ursprünglich separaten Kennzeichnungsteil (30), welches

5.1 unlösbar bzw. gegen nachträgliches unbeabsichtigtes Entfernen gesichert,

5.2 über eine schnappbare Formschlussverbindung befestigt ist,

5.3 und zwar von außen am fertig montierten Wasserzähler (1);

6. die Sichtscheibe ist mittels eines Schraubrings druckdicht gegen einen eine Gehäuseöffnung umschließenden Dichtrand des Zähler­gehäuses verspannt ist;

7. zwischen der Sichtscheibe und einem umlaufenden, eine Sicht­öffnung umschließenden, flanschartigen Ringkragen des Schraub­rings ist eine Druckring angeordnet;

8. das Kennzeichnungsteil ist an dem Ringkragen des Schraubrings befestigt und

8.1 ringförmig ausgebildet.

Zwischen den Parteien unstreitig macht die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch. Die Beklagte hat gegen das Vorbringen der Klägerin betreffend eine Verletzung des Klagepatentes keine Einwendungen erhoben.

II.

Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.

Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG. Sie benutzt rechtswidrig den Gegenstand des Klagepatentes.

2.

Außerdem kann die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz verlangen, § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es überdies hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

Im Übrigen ist die Beklagte zur Entschädigung für den Zeitraum der Offenlegung der Patentanmeldung bis zu der Patenterteilung verpflichtet, § 33 PatG.

3.

Damit die Klägerin den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern kann, ist die Beklagte ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzu­mutbar belastet.

4.

Die Beklagten hat schließlich über den W-Weg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140 b PatG. Die danach geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu Ziffer I.2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung vorzunehmen sind.

5.

Die Beklagte ist weiterhin gemäß Ziffer II. zur Vernichtung der ange­griffenen Ausführungsform verpflichtet, § 140a PatG. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass der patentverletzende Zustand der angegriffenen Ausführungsform auf andere Art und Weise beseitigt werden kann oder unverhältnismäßig ist.

III.

Im Hinblick auf die von der Beklagten eingelegte Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichtes vom 28. Januar 2004 besteht keine Veranlassung zur Aussetzung.

Nach der Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht E (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Trans­portfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtig­keits­klage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungs­rechtsstreit aus­zu­setzen, da dies faktisch darauf hinauslau­fen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hem­mende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Nach Berücksichtigung diesen Grundsätzen besteht im Hinblick auf die von der Beklagten gegen das Nichtigkeitsurteil des Bundespatentgerichts vom 28. Januar 2004 beim Bundesgerichtshof eingelegte Berufung und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten in den Schriftsätzen vom 5. März 2004 und 17. März 2004 (Bl. 51 ff. und 59 ff. GA) keine hinrei­chende Veranlassung zur Aussetzung. Eine Vernichtung des Klagepatentes ist nicht mit überwiegender Wahrschein­lichkeit zu erwarten.

Die Beklagte hat als weiteren Stand der Technik die DE 36 08 191 (Anlage B 2) vorgelegt. Diese zeigt einen Wasserzähler wie er aus dem Stand der Technik vor Anmeldung des Klagepatentes bekannt war. Die Beklagte führt in diesem Zusammenhang aus, dass die Sichtscheibe, welche auf dem Messwerk angebracht sei, mittels eines Schraubrings druckdicht gegen einen eine Gehäuseöffnung umschließenden Dichtrand des Zählergehäuses verspannt werde. Zwischen der Sichtscheibe und einem umlaufenden, eine Sichtöffnung umschließenden, flanschartigen Ringkragen des Schraubrings sei ein Druckring angeordnet. Zwischen dem Ringkragen und der Sichtscheibe sei zur Sichtöffnung hin eine ringförmige Nut ausgebildet. Damit unterscheide sich der Wasserzähler des Klagepatentes von dem bekannten Stand der Technik lediglich durch einen Kennzeichnungsteil, der ohne Verän­derung des Konstruktionsprinzips an diesem Wasserring anbringbar sei. Zur Lösung dieser Aufgabe würde sich der Fachmann nach geeigneten Kenn­zeichnungsteilen umsehen, die nachträglich an einem Wasserzähler an­bringbar seien. Hierbei würde der Fachmann unmittelbar auf Clips zurück­greifen, da diese dem Fachmann geläufig seien. Ein entsprechender Clip könnte daher wie das Glas aus der G 73 27 662 (Anlage K 1 zur Anlage K 3) aus­gestaltet sein, so dass ein Fachmann ohne weiteres eine solche Ausgestaltung für ein entsprechendes Kennzeichnungsteil wählen würde.

Das Vorbringen der Beklagten kann eine erfinderische Tätigkeit nicht in Zweifel setzen. Unabhängig von der Frage, ob ein Fachmann von der Ausge­staltung der Glasscheibe mit einem Clip auf ein Kennzeichnungsteil mit Clip gelangen konnte, ist anhand des Vorbringens der Beklagten nicht ersichtlich, auf Grund welcher Anhaltspunkte und auf Grund welcher Problemstellung der Fachmann gerade die beiden Druckschriften, welche von der Beklagten angeführt wurden, miteinander kombinieren sollte. Denn aus dem Stand der

Technik ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der Fachmann die bekannte Kennzeichnung als nachteilig ansah. Eine entsprechende Problematik war dem Fachmann somit nicht bewusst.

Keine Veranlassung zur Aussetzung gibt auch das weitere Vorbringen der Beklagten mit Schriftsatz vom 17. März 2004. Unbehelflich ist zunächst der Einwand der Beklagten, dass der Patentanspruch 1 nicht rechtsbeständig sei. Dies hat auch das Bundespatentgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt und entsprechend die Patentansprüche 1 bis 3 für nichtig erklärt. Im Übrigen hat das Bundespatentgericht in seinem Urteil vom 28. Januar 2004 zutreffend und nachvollziehbar ausgeführt, aus welchem Grunde die G 73 27 662 einer erfinderischen Tätigkeit nicht entgegen steht. Hiergegen hat die Beklagte keine konkreten Einwendungen erhoben. Insbesondere hat sie nicht dargetan, wo sich aus der Druckschrift ein Hinweis auf eine Befestigung des Kenn­zeichnungs­teiles an einem Ringkragen eines Schraubrings entnehmen lassen könnte.

Soweit die Beklagte sich auch auf eine offenkundige Vorbenutzung im Hinblick auf einen Wasserzähler der T GmbH beruft, kann nicht ausgeschlossen, dass vor dem Bundespatentgericht eine Beweisaufnahme durchgeführt werden muss, deren Ergebnis nicht vorweggenommen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 200.000,- EUR.

Dr. H
L
R4