Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 203
Landgericht Düsseldorf
Teilurteil vom 11. Dezember 2003, Az. 4b O 37/03
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, wieviele Etiketten, die als Feuchtigkeitsanzeiger und zum Einstecken in Erdreich ausgebildet sind,
– mit einem feuchtigkeitssaugenden Material auf einem Bereich einer ersten Oberflächenseite,
– wobei das Etikett auf dieser ersten Oberflächenseite folgende übereinanderliegende Schichten enthält:
— eine erste Grundschicht,
— eine zweite Farbschicht, die auf zumindest einem Teilbereich eines oberen Körperabschnittes der ersten Oberflächenseite vorhanden ist,
— eine dritte Schicht, die besteht
— einerseits aus einem zusammenhängenden Schichtbereich aus feuchtigkeitssaugendem Material, der sich mit seinem Rand bis in einen Teilbereich des oberen Körperabschnittes und bis in einen weiteren, unteren Körperabschnitt des Etiketts erstreckt, und
— andererseits aus vier Eckbereichen mit jeweils einer Leimschicht, in denen der Schichtbereich aus feuchtigkeitssaugendem Material nicht vorhanden ist, derart, dass die Eckbereiche, die eine Leimschicht aufweisen, den Schichtstreifen aus feuchtigkeitssaugendem Material nicht vollständig einrahmen,
dadurch gekennzeichnet, dass
– in einem Bereich auf einer anderen Oberflächenseite bildliche und / oder textliche Hinweise für die durch das Etikett zu kennzeichnenden Pflanzen vorhanden sind,
– die vier Eckbereiche vollständig mit der Leimschicht bedeckt sind,
– eine vierte, dunkle Abdeckschicht des oberen Körperabschnittes, die den Schichtstreifen aus feuchtigkeitssaugendem Material im oberen Körperabschnitt bedeckt, transparente Bereiche aufweist,
– wobei ein erster transparenter Bereich den Schichtbereich aus feuchtigkeitssaugendem Material teilweise bedeckt, und
– wobei ein zweiter transparenter Bereich einen Bereich der Leimschicht bedeckt,
in dem Zeitraum vom 01.10.1999 – 31.12.2000 verkauft wurden und welche Lizenzgebühren hierdurch angefallen sind;
2.
den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, wie viele der unter 1. bezeichneten Etiketten in dem Zeitraum vom 01.01.2001 – 31.12.2001 verkauft wurden und welche Lizenzgebühren hierdurch angefallen sind;
3.
den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, wie viele der unter 1. bezeichneten Etiketten in dem Zeitraum vom 01.01.2002 – 31.12.2002 verkauft wurden und welche Lizenzgebühren hierdurch angefallen sind;
4.
den Klägern für den Zeitraum vom 01.10.1999 – 31.12.2000 einen Abrechnungsbericht über die unter 1. bezeichneten Lizenzgebühren zu erstellen;
5.
den Klägern für den Zeitraum vom 01.01.2001 – 31.12.2001 einen Abrechnungsbericht über die unter 1. bezeichneten Lizenzgebühren zu erstellen;
6.
den Klägern für den Zeitraum vom 01.01.2002 – 31.12.2002 einen Abrechnungsbericht über die unter 1. bezeichneten Lizenzgebühren zu erstellen.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 110.625,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 91.875,00 € seit dem 20.03.2003 sowie aus weiteren 18.750,00 € seit dem 23.07.2003 zu zahlen.
III.
Die Widerklage wird abgewiesen.
IV.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
V.
Das Urteil ist für die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 179.375,00 €, die auch durch die unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen anerkannten inländischen Kreditinstituts erbacht werden kann, vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Kläger sind eingetragene Inhaber des am 30.01.1998 angemeldeten und am 26.03.1998 eingetragenen deutschen Gebrauchsmusters 298 01 xxx, welches ein Einstecketikett für Topfpflanzen betrifft. Die Kläger haben darüber hinaus den Gegenstand der Erfindung nach dem o.a. Gebrauchsmuster auch international angemeldet. Die Erteilung des mit der Anmeldung unter anderem begehrten europäischen Patents ist noch nicht erfolgt.
In dem anhängigen Erteilungsverfahren (Az.: 99 910 090.2-2xxx) bei dem Europäischen Patentamt haben die Kläger einen neuen Patentanspruch 1 formuliert, der den nachfolgend wiedergegebenen Wortlaut (ohne Bezugszeichen) hat:
Etikett, das als Feuchtigkeitsanzeiger und zum Einstecken in Erdreich ausgebildet ist,
– mit einem feuchtigkeitssaugenden Material auf einem Bereich einer erste Oberflächenseite,
– wobei das Etikett auf dieser ersten Oberflächenseite folgende übereinanderliegende Schichten enthält:
— eine erste Grundschicht,
— eine zweite Farbschicht, die auf zumindest einem Teilbereich eines oberen Körperabschnittes der ersten Oberflächenseite vorhanden ist,
— eine dritte Schicht, die besteht
— einerseits aus einem zusammenhängenden Schichtbereich aus feuchtigkeitssaugendem Material, der sich mit seinem Rand bis in einen Teilbereich des oberen Körperabschnittes und bis in einen weiteren, unteren Körperabschnitt des Etiketts erstreckt, und
— andererseits aus vier Eckbereichen mit jeweils einer Leimschicht, in denen der Schichtbereich aus feuchtigkeitssaugendem Material nicht vorhanden ist, derart, dass die Eckbereiche, die eine Leimschicht aufweisen, den Schichtstreifen aus feuchtigkeitssaugendem Material nicht vollständig einrahmen,
dadurch gekennzeichnet, dass
– in einem Bereich auf einer anderen Oberflächenseite bildliche und / oder textliche Hinweise für die durch das Etikett zu kennzeichnenden Pflanzen vorhanden sind,
– die vier Eckbereiche vollständig mit der Leimschicht bedeckt sind,
– eine vierte, dunkle Abdeckschicht des oberen Körperabschnittes, die den Schichtstreifen aus feuchtigkeitssaugendem Material im oberen Körperabschnitt bedeckt, transparente Bereiche aufweist,
– wobei ein erster transparenter Bereich den Schichtbereich aus feuchtigkeitssaugendem Material teilweise bedeckt, und
– wobei ein zweiter transparenter Bereich einen Bereich der Leimschicht bedeckt.
Unter dem 16. / 23.06.2000 schlossen die Kläger (Lizenzgeber) mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der F BV (Lizenznehmerin), einen ausschließlichen Lizenzvertrag über die Nutzung der o.a. Schutzrechte (Anlage K 2), wobei für das Klagegebrauchsmuster die Registernummer 298 01 xxx angegeben wurde. In diesem Vertrag vereinbarten die Vertragsparteien unter anderem:
§ 1 Art der Lizenz
(1) Der Lizenzgeber erteilt dem Lizenznehmer eine ausschließliche Lizenz zur Nutzung der Vertragsschutzrechte und des Know-how im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Gebrauch, dem Verkauf und der Lieferung des Lizenzgegenstandes sowie für jegliche Art von Handel mit dem Lizenzgegenstand.
…
§ 2 Vertragsgebiet
(1) Die Lizenz wird für die Länder, für die das erteilte europäische Patent Gültigkeit haben wird, erteilt (Vertragsgebiet).
…
§ 6 Ausübungspflicht
Der Lizenznehmer ist verpflichtet, die Lizenz im Sinne von § 1 (1) auszuüben. Die zu verkaufende Mindestmenge beträgt
(1) im Zeitraum zwischen dem 01.Oktober 1999 und dem 31. Dezember 2000 7.500.000 Stück
(2) im Zeitraum zwischen dem 01. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2001 15.000.000 Stück
(3) im Zeitraum zwischen dem 01. Januar 2002 und dem 31. Dezember 2002 25.000.000 Stück.
§ 7 Lizenzgebühr
(1) Der Lizenznehmer zahlt dem Lizenzgeber pro verkaufem, ausgeliefertem oder gehandeltem Stück (wobei jegliche Verdoppelung ausgeschlossen ist) eine Lizenzgebühr wie folgt:
bei Gesamt-Verkäufen
von bis 7,5 Mill. Stück EUR 0,015
von 7,5 Mill. bis 15 Mill.Stück EUR 0,014
jedoch nicht weniger als EUR 112.500 für Gesamt-Verkäufe über 7,5 Mill. Stück aber weniger als 15 Mill. Stück
von über 15 Mill. Stück EUR 0.012
jedoch nicht weniger als EUR 210.000 für Gesamt-Verkäufe über 15 Mill. Stück.
(2) Der Lizenznehmer schuldet auf jeden Fall eine Mindestlizenzgebühr. Die pro Jahr fällige Mindest-Lizenzgebühr berechnet sich zu 25 % der in § 6 genannten Mindestmengen.
(3) EUR 56.250,– werden bei Unterzeichnung des Vertrages fällig. Dieser Betrag wird auf die Lizenzegebühren für das am 31. Dezember 2000 endende erste Jahr angerechnet.
(4) Die Lizenzegebühren werden 60 (sechzig) Tage nach jedem Quartalsende auf Grundlage einer vom Lizenzgeber erstellten Rechnung fällig. Diese Rechnung basiert auf einem Abrechnungsbericht des Lizenznehmers, der 30 (dreißig) Tage nach jedem Quartal fällig ist.
…
§ 18 Nichtangriffspflicht
Der Lizenznehmer verpflichtet sich, das Schutzrecht während der Dauer des Lizenzvertrages nicht anzugreifen und Dritte bei einem Angriff auf das Schutzrecht nicht zu unterstützen.
…
§ 20 Kündigung
…
(2) Für den Lizenznehmer sind wichtige Kündigungsgründe zum Beispiel die Nichtigerklärung des Schutzrechts und die wirtschaftliche Unmöglichkeit des Absatzes der lizenzierten Produkte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags wird auf den Inhalt der Anlage K 2 verwiesen.
Bereits vor Unterzeichnung des Vertrages zahlte die Beklagte an die Kläger 56.250,00 Euro.
Die Beklagte bewarb die Einstecketiketten in der Folgezeit unter der Bezeichnung „X“ und versuchte hierbei zunächst, diese auf dem britischen Markt abzusetzen. Darüber hinaus erfolgten Bewerbungen auf den Fachmessen „Glee“ in Großbritannien, „Hortifair“ und „Plantarium“ in den Niederlanden sowie zwei weiteren Messen in Frankreich. Im britischen Raum erfolgten zudem Veröffentlichungen in der Fachpresse und in einer Tageszeitung. Im Jahr 2001 verkaufte die Beklagte 144.000 „Xs“ an die Firma S in Großbritannien.
Unter dem 28.11.2000 kündigte die Beklagte durch ihren Geschäftsführer den Lizenzvertrag vom 23.06.2000 zum 31.12.2000. Es erfolgten weder Rechnungslegungen noch weitere Zahlungen durch die Beklagte an die Kläger.
Die Kläger machen geltend: Bei der fehlerhaften Angabe der Registernummer des Gebrauchsmusters handele es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit, die auf einen einfachen Zahlendreher zurückzuführen sei. Die in § 6 angegebenen Mindestabsatzmengen seien von der Beklagten vorgegeben worden. Die Beklagte habe nach Vertragsschluss nicht ausreichend Aktivitäten entwickelt, um das Vertragsprodukt erfolgreich in den Markt einzuführen. Zudem seien die geforderten Verkaufspreise zu hoch angesetzt gewesen, weswegen ein Interesse potentieller Abnehmer nicht zu wecken gewesen sei. Zunächst habe die Beklagte von einem Verkaufspreis von 0,15 DM pro Stück gesprochen, der realistisch gewesen sei. Später habe dieser Verkaufspreis einen Aufschlag von 200 % erfahren.
Dass das mit der Bezeichnung „X“ gekennzeichnete Einstecketikett im Markt absetzbar sei, folge bereits aus dem Umstand, dass ein Verkauf von 144.000 Stück erfolgt sei, weswegen die ausgesprochene Kündigung seitens der Beklagten nicht berechtigt gewesen sei. Diese Kündigung sei auch von keinem der Kläger akzeptiert worden.
Nachdem die Kläger zunächst Auskunft, Vorlage von Abrechnungsberichten und Zahlung von Mindestlizenzgebühren nur für die Zeit bis zum 30.09.2002 begehrten, erhöhten sie die Klage mit Schriftsatz vom 04.06.2003 und beantragen unter Einschluss des vierten Quartals 2002 nunmehr im Wege der Stufenklage,
sinngemäß wie zu I. und II. erkannt.
Weiterhin beantragen sie,
die Beklagte nach erteilter Auskunft zu verurteilen, ihnen den Betrag, der sich aus der gem. Ziff. 1.-3. des Klageantrags erteilten Auskunft ergibt, nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt sie,
die Kläger zu verurteilen, an sie (die Beklagte) einen Betrag in Höhe von 56.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2003 zu zahlen.
Die Kläger beantragen,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor: Sie sei Marktführerin in Europa auf dem Gebiet der Marketingartikel und sonstigem Zubehör für den Vertrieb von Pflanzen. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen ausschließlichen Lizenzvertrag handele es sich um eine wettbewerbsbeschränkende Maßnahme im Sinne des Art. 81 EGV, die infolge der vereinbarten Nichtangriffsklausel (§ 18) nicht die Privilegierung der Gruppenfreistellungsverordnung für den Technologietransfer erfahre, was zur Folge habe, dass der gesamte Vertrag nichtig sei.
Die Kläger seien zudem nicht befugt gewesen, über das in dem Vertrag benannte Gebrauchsmuster 298 01 xxx zu verfügen, da sie nicht Inhaber dieses Schutzrechtes seien. Das der internationalen Patentanmeldung zugrundeliegende Patent sei nicht erteilungsfähig, da es ihm an Neuheit und erfinderischer Höhe fehle, wie das Europäische Patentamt im Erteilungsverfahren festgestellt habe.
Sie, die Beklagte, habe umfangreiche Aktivitäten entwickelt, um die Einstecketiketten auf den Markt zu bringen. Infolge der hohen Herstellungskosten, die bei 0,127 DM pro Stück gelegen hätten, sei bei den potentiellen Abnehmern aber kein Interesse erwachsen. Zudem habe es bei der Herstellung technische Probleme und Veränderungen seitens des Herstellerwerkes gegeben, welches mit dem Kläger zu 1. verbunden sei. Dies habe einen Absatz des Produkts ebenfalls verhindert.
Infolge dessen sei sie berechtigt gewesen, den Lizenzvertrag zu kündigen.
Da der Vertrag nach europarechtlichen Bestimmungen nichtig sei, habe sie die 56.250,00 Euro ohne rechtlichen Grund geleistet, weswegen die Kläger zur Rückzahlung verpflichtet seien. Auch wenn man nicht von einer Nichtigkeit des Vertrages ausgehe, sei der Vertrag jedenfalls infolge der Kündigung beendet worden. Aufgrund dessen sei jedenfalls eine Überzahlung in Höhe von 28.125,00 Euro erfolgt.
Die Kläger treten dem Vorbringen der Beklagten zur Klage und Widerklage entgegen. Insbesondere sei der Vertrag nicht nichtig, weswegen die vertraglichen Vereinbarungen zum Zuge kämen und die Zahlung der Beklagten nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sei.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das zulässigerweise im Wege der Stufenklage geltend gemachte Auskunfts- und Rechnungslegungsbegehren der Kläger ist begründet. Darüber hinaus schuldet die Beklagte auch die Zahlung der vertraglich vereinbarten Mindest-Lizenzgebühren. Demgegenüber ist die widerklagend geltend gemachte Forderung der Beklagten unbegründet.
I.
Die Kläger können von der Beklagten Auskunft und die Vorlage von Abrechnungsberichten gem. § 7 Abs. 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages verlangen. Dass dieser Vertrag von den Parteien rechtmäßig abgeschlossen wurde, steht zwischen diesen zu Recht außer Streit.
1.
Der Vertrag ist auch nicht unwirksam gem. Art 81 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV). Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen ausschließlichen Lizenzvertrag (Anl. K2, § 1 (1)) handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, die eine Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft bezweckt, Art. 81 Abs. 1 EGV. Bei beiden Vertragsparteien handelt es sich um Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift, da nach allgemeiner Auffassung hierzu jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung zählt (vgl. nur Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band II, April 2003, Art. 81 RN 51, m.w. Nachw.). Fehlt es der die wirtschaftliche Tätigkeit ausübenden Einheit an rechtlicher Selbständigkeit, wie vorliegend auf Seiten der Kläger als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, so sind die daran beteiligten Gesellschafter, also die Kläger selber, als Zurechnungssubjekte anzusehen.
Der Lizenzvertrag bezweckt auch die Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten aller oder einzelner im Gemeinsamen Europäischen Markt, da hierunter grundsätzlich jede Einschränkung zu verstehen ist. Die Parteien bezweckten mit der Erteilung der ausschließlichen Lizenz eine gewinnbringende Vermarktung des schutzbeanspruchten Gegenstandes, die aufgrund der Marktposition der Beklagten in diesem Marktsegment und der Benennung nahezu aller Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft als Schutz- und Vertragsgebiet selbstverständlich auch eine Beschränkung von Wettbewerbern der Beklagten beinhaltet. Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass das einfache Bestreiten der Kläger, die Marktstellung der Beklagten betreffend, nicht ausreichend ist, da beide Parteien in dem gemeinsam geschlossenen Vertrag in der Präambel ausführten, dass die Beklagte „ein in der Welt führendes Unternehmen in der Entwicklung und Vermarktung von Etiketten für Pflanzen“ ist. Es hätte den Klägern daher oblegen, substantiiert darzutun, aufgrund welcher Umstände von der seitens der Beklagten behaupteten Marktposition nicht ausgegangen werden können soll.
Ob die darüber hinaus für die Anwendung des Art. 81 EGV geforderte weitere Voraussetzung einer spürbaren Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch den geschlossenen Lizenzvertrag gegeben ist (vgl. hierzu Grabitz/Hilf, a.a.O. RN 215), kann vorliegend dahingestellt bleiben. Zutreffend machen die Kläger geltend, dass, eine solche Spürbarkeit unterstellt, dies jedenfalls nicht die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge hätte.
Gem. Art. 81 Abs. 2 EGV sind solche unter Abs. 1 dieser Vorschrift fallende Vereinbarungen nichtig. Art. 81 Abs. 3 EGV macht von dieser Rechtsfolge Ausnahmen für den Fall u.a. des Unterfallens einer solchen Vereinbarung in den Regelungsgehalt einer Gruppenfreistellungsverordnung. Die hier in Betracht kommende Verordnung ist die Verordnung (EG) 240 / 96 der Kommission zur Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen (nachfolgend nur VO). Der zwischen den Parteien geschlossene Lizenzvertrag, der zugleich die Nutzung des der Erfindung zugrundeliegenden Know-hows beinhaltet, unterfällt grundsätzlich dem Regelungsgehalt dieser Gruppenfreistellungsverordnung (Abs. 10 der Präambel der VO). Der Gruppenfreistellung steht jedoch der Wortlaut des § 18 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages entgegen, mit dem die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin sich verpflichtete, das Vertragsschutzrecht der Kläger während der Dauer des Lizenzvertrages nicht anzugreifen und Dritte bei einem Angriff auf das Schutzrecht nicht zu unterstützen. Gem. Art. 4 Abs. 2 lit. b der VO sind Verträge, die solche Klauseln enthalten, nicht freigestellt. Einer gleichwohl möglichen Freistellung hat eine Anmeldung des einzelnen Vertrages bei der Kommission vorauszugehen, die unstreitig vorliegend nicht erfolgte.
Die somit aus Abs. 2 des Art. 85 EGV resultierende Nichtigkeit hat aber nicht die Gesamtnichtigkeit des geschlossenen Lizenzvertrages zur Folge. Nur die nach Art. 85 Abs. 1 EGV verbotenen Vereinbarungen und Beschlüsse, nicht also ohne weiteres die kompletten Vertragswerke sind gem. Art. 85 Abs. 2 EGV nichtig (vgl. Immenga / Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht, Bd. I, 1997, Art. 85 Abs. 2 RN 44). So ist insbesondere ein Lizenzvertrag nicht deshalb insgesamt nach Art. 81 Abs. 2 EGV nichtig, weil er einzelne unzulässige Klauseln enthält. Dies gilt auch für die vorliegend vereinbarte Nichtangriffsklausel, die von dem weiteren Vertragsinhalt nicht untrennbar ist. Eine Untrennbarkeit setzt in der Regel voraus, dass die fraglichen Vertragsteile bei Einhaltung des Kartellverbots nicht in der vereinbarten Form fortbestehen können. Dies ist für die Nichtangriffsklausel nicht zu erkennen (vgl. OLG Düsseldorf, WuW / E OLG 3354, 3357 –Schaumstoffplatten). Diese hat auf die weiteren Vertragsregelungen keinerlei Einfluss.
Eine bloße Teilunwirksamkeit entspricht auch dem Willen der Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages, da sie in § 24 des Vertrages ausdrücklich eine salvatorische Klausel vereinbarten, nach der die Rechtswirksamkeit der übrigen Vertragsbestimmungen unberührt bleiben soll, sofern eine einzelne Klausel unwirksam ist.
Der Vertrag ist daher insgesamt –mit Ausnahme der Bestimmung des § 18- wirksam zustande gekommen.
2.
Die Falschbezeichnung des Gebrauchsmusters der Kläger in der Präambel des Vertragstextes, die in einer Verdrehung der letzten beiden Ziffern des Registrierungszeichens besteht, ist unbeachtlich, da eine bloße Falschbezeichnung einer ansonsten eindeutig bestimmten Sache nicht schadet.
3.
Der Vertrag ist von der Beklagten auch nicht wirksam zum 31.12.2000 gekündigt worden. Die Wirksamkeit der Kündigung vom 28.11.2000 (Anlage B 11) scheitert nicht bereits, wie die Kläger meinen, an dem Fehlen von Formvoraussetzungen, da solche zwischen den Parteien nicht vereinbart wurden. Daher ist auch eine Kündigung durch das Zusenden einer E-Mail möglich, wie vorliegend geschehen. Dass diese nicht zugegangen sei oder die Urheberschaft des Geschäftsführers der Beklagten anzuzweifeln ist, wird von den Klägern nicht dargetan.
Die Kläger haben der Kündigung nicht zugestimmt. Die Beklagte beruft sich insoweit auf eine Mitteilung des Klägers zu 3. an den Geschäftsführer eines Tochterunternehmens der Beklagten vom 19.02.2001 (Anlage B 12). Aus dieser Mitteilung ist aber lediglich ersichtlich, dass der Kläger zu 3. dem Kläger zu 1. vorschlägt, der Kündigung zuzustimmen. Eine Außenwirkung kann dieser interne Vorschlag aber nicht entfalten. Zudem fehlt es diesem Vorschlag bereits an einem – erforderlichen – Erklärungswillen zur Abgabe einer solchen Willenserklärung.
Die Beklagte hat nicht dargetan, dass der Absatz der lizenzierten Produkte wirtschaftlich unmöglich ist, was sie zur Kündigung des Vertrages nach § 21 (2) berechtigen würde. Es ist von ihr lediglich behauptet worden, dass sie 10.000 Prospekte habe herstellen lassen und auf Messen in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden mit diesen Produkten präsent war. Weiterhin habe sie mit verschiedenen potentiellen Abnehmern verhandelt; diese Verhandlungen seien an den zu hohen Herstellungskosten gescheitert. Zusätzliche intensive Bemühungen hätten in Großbritannien stattgefunden.
Dieser Vortrag begründet nicht die Annahme einer wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Absatzes. Zunächst ist festzustellen, dass die Beschränkung der Vermarktungsbemühungen auf im Wesentlichen Großbritannien schon nicht eine wirtschaftliche Unmöglichkeit begründen kann. Für eine solche muß feststehen, dass in keinem oder jedenfalls in der Mehrzahl der benannten Länder, für die die Lizenz erteilt wurde, eine Absatzmöglichkeit nicht gegeben war. Für eine wirtschaftliche Unmöglichkeit kann es weiterhin nicht ausreichen, wenn die –wie die Beklagte behauptet- zu hohen Herstellungskosten einem Absatz entgegengestanden haben sollten. Es kann in der Zeit der Markteinführung eines neuen Produktes auch erwartet werden, dass der Selbstkostenpreis von dem Anbieter unterschritten wird, um eine Nachfrage nach diesem Produkt zu initiieren. Dass solches versucht worden sei, wird von der Beklagten nicht behauptet. Schließlich steht der Annahme einer wirtschaftlichen Unmöglichkeit die unstreitige Tatsache entgegen, dass immerhin ein Absatz von 144.000 Stück der lizenzierten Etiketten an einen einzigen Abnehmer möglich war.
4.
Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht auf eine Unwirksamkeit des Vertrages mit dem Argument berufen, dass die in der dortigen Präambel unter (2) bezeichnete Patentanmeldung nicht erteilungsfähig sei. Die Beklagte beruft sich hierbei auf eine entsprechende Mitteilung des Europäischen Patentamtes vom 09.05.2000 (Anlage B 5), mit der den Klägern mitgeteilt wurde, dass es der Erfindung an der erforderlichen Neuheit und / oder erfinderischen Tätigkeit fehle. Ob das beantragte europäische Patent mit dem nunmehr neu formulierten Patentanspruch 1 erteilungsfähig ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben, da die Parteien in dem Lizenzvertrag ausdrücklich vereinbarten, dass die Kläger nicht dafür haften, dass das Patent erteilt wird (Anlage K 2, § 5 (2)). Weiterhin vereinbarten die Parteien in § 19 des Vertrages, dass bis zur rechtskräftigen Nichtigerklärung fällige, aber noch nicht gezahlte Lizenzgebühren vom Lizenznehmer zu zahlen sind. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass der Bestand des Lizenzvertrages nicht an eine Erteilung des Patentes geknüpft war. Die Lizenzgebühren sollten jedenfalls auch gezahlt werden für den Fall, dass sich das Vertragspatent als nicht bestandsfähig erweisen sollte. Nichts anderes kann dann für die Zeit des Erteilungsverfahrens gelten.
II.
1.
Die Kläger können von der Beklagten die begehrte Auskunft aus der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien verlangen, § 7 (4) des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages.
Den Ausführungen unter I. folgend ist der Vertrag wirksam zustande gekommen und war bis zu seinem Zeitablauf am 31.12.2002 rechtsgültig. § 7 (4) dieses Vertrages beinhaltet die Regelung, dass die Lizenzgebühren sechzig Tage nach jedem Quartalsende fällig werden auf der Grundlage einer von dem Lizenzgeber (den Klägern) erstellten Rechnung, die auf einem Abrechnungsbericht des Lizenznehmers (der Beklagten) basiert. Hieraus folgt bereits unmittelbar ein vertraglicher Anspruch der Kläger auf Auskunfterteilung. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch dieser Vertragsvereinbarung zu entnehmen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den im Tenor dieses Urteils zu I. 4. – 7.- ausgeurteilten Abrechnungsbericht vorzulegen.
2.
Dieser Anspruch ist auch nicht durch Erfüllung gem. § 362 BGB erloschen.
Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 25.06.2003 (Bl. 71 GA) „ausdrücklich betont“, dass sie in den Jahren 1999 und 2000 die Lizenzprodukte nicht verkauft, nicht ausgeliefert oder sonstwie gehandelt habe. Dass es allein im Jahr 2001 zu der Bestellung von 144.000 Stück durch die Firma S gekommen sei, die in 2001 ausgeliefert worden seien. Hierbei handelt es sich aber lediglich um einfachen prozessualen Parteivortrag, der nicht erkennbar zum Zwecke der Auskunfterteilung gemacht wurde und im übrigen für die Kläger auch nicht nachprüfbar ist, da es in bezug auf die behauptete Lieferung an der Angabe näherer Einzeldaten fehlt.
III.
Neben dem Auskunfts- und Rechnungslegungsbegehren der Kläger können diese von der Beklagten auch die Zahlung von 110.625,00 Euro verlangen.
Nach § 7 (2) des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages hat die Beklagte sich verpflichtet, auf jeden Fall eine Mindestlizenzgebühr zu zahlen. Die pro Jahr fällige Mindestlizenzgebühr berechnet sich nach der vertraglichen Vereinbarung zu 25 % der in § 6 genannten Mindestmengen. Diese Bestimmung ist vom Wortlaut her bereits eindeutig. Die Parteien haben sich darauf geeinigt, dass die Mindestlizenzgebühr abhängig ist von den in § 6 bezeichneten Mindestmengen. Dies beinhaltet, dass alleine diese Mindestmengen bei der Berechnung zugrunde zu legen sind.
Der von den Klägern geltend gemachten Anspruch errechnet sich danach wie folgt:
Zeitraum vom 01.10.1999 – 31.12.2000
Mindestmenge 7.500.000 x 0,015 € x 25 % = 28.125,00 €
Zeitraum vom 01.01.2001 – 31.12.2001
Mindestmenge 15.000.000
7.500.000 x 0,015 € x 25 % = 28.125,00 €
7.500.000 x 0,014 € x 25 % = 26.250,00 €
Zeitraum vom 01.01.2002 – 31.12.2002
Mindestmenge 25.000.000
7.500.000 x 0,015 € x 25 % = 28.125,00 €
7.500.000 x 0,014 € x 25 % = 26.250,00 €
10.000.000 x 0,012 € x 25 %= 30.000,00 €
abzüglich bereits gezahlter 56.250,00 €
Summe 110.625,00 €.
Der Zinsanspruch begründet sich in der geltend gemachten Höhe aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
IV.
Die von der Beklagten erhobene Widerklage war abzuweisen, da die Zahlung in Höhe von 56.250,00 € den obigen Ausführungen zu I. – III. folgend in Vollziehung des wirksam zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages geleistet wurde.
V.
Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil vorzubehalten. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709, 108 ZPO.
Dr. R1 Dr. R2 R3