4a O 395/02 – Sitz-Stützelement

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  194

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. November 2003, Az. 4a O 395/02

Rechtsmittelinstanz: 2 U 6/04

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

Vorrichtungen zur Befestigung eines Stützelementes an einem Drahtgitter eines Sitzes, mit Klemmnuten, in denen jeweils zumindest ein Draht des Drahtgitters verrastet ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen,

wobei eine einzelne Klemmnut durch eine parallel zu deren Längsrichtung verlaufende, vom Boden der Klemmnut aufragende elastische Zunge in zwei Schächte unterteilt ist, die jeweils einen der Drähte aufnehmen, wobei die Drähte in der Klemmnut nebeneinander liegen und die lichte Weite der Öffnung der Klemmnut kleiner ist als die Summe der Durchmesser der beiden Drähte;

2. der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziff. I.1. bezeichneten Handlungen sei dem 1. April 2002 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziff. I.1. bezeichneten, seit dem 1. April 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,- EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patentes 0 780 262 (Anlage K 1, nachfolgend: Klagepatent) in Anspruch.

Das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, wurde am 23. Dezember 1995 angemeldet. Die Patentanmeldung wurde am 25. Juni 1997 veröffentlicht und der Hinweis auf die Patenterteilung am 30. Juni 1999 bekannt gemacht. Das Klagepatent steht in Kraft. Eingetragener Inhaber des Klagepatentes ist Herr T, welcher der Klägerin eine ausschließliche Lizenz an dem Klagepatent eingeräumt und Ansprüche auf Schadensersatz sowohl für die Vergangenheit als auch die Zukunft abgetreten hat.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Befestigung eines Stützelementes an einem Drahtgitter. Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 2 hat folgenden Wortlaut:

„Vorrichtung zur Befestigung eines Stützelementes (14) an einem Drahtgitter (12) eines Sitzes, mit Klemmnuten (56), in denen jeweils zumindest ein Draht (20, 22; 24, 26) des Drahtgitters verrastet ist, dadurch gekennzeichnet, dass eine einzelne Klemmnut durch eine parallel zu deren Längsrichtung verlaufende, vom Boden der Klemmnut aufragende elastische Zunge (58) in zwei Schächte (60, 62) unterteilt ist, die jeweils einen der Drähte (20, 62) aufnehmen, wobei die Drähte in der Klemmnut (56) nebeneinanderliegen, und dass die lichte Weite (W1 + W2) der Öffnung der Klemmnut (56) kleiner ist als die Summe der Durchmesser der beiden Drähte.“

Die nachfolgend abgebildeten, verkleinert wiedergegebenen Figuren 1 und 2 zeigen eine Rückansicht einer Lordosenstütze und einen vergrößerten Schnitt längs der Linie II-II in Figur 1.

Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft des US-amerikanischen Konzerns KO. Der Patentinhaber hat in der Vergangenheit u.a. einer von der Beklagten verschiedenen Gesellschaft – XB in Österreich – mit Lizenzvertrag vom 22. März / 4. Mai 2000 (Anlage B 1) die Nutzung des Klagepatentes erlaubt. Über eine etwaige Beendigung des Lizenzvertrages zum 31. März 2002 durch Kündigung, eine einvernehmliche Aufhebung oder eine Befristung besteht zwischen den Parteien Streit. Auf den entsprechenden Schriftverkehr (Anlage L 4/1 und 4/2 sowie L 5/1 und L 5/2) wird Bezug genommen. Seit April 2002 haben die Lizenznehmer keine Lizenzgebühren mehr gezahlt. Unter Ziff. 4 des Vertrages wurde wie folgt vereinbart:

„4. Recht und Schiedsgericht

Entsprechend Ziffer 9 des „Letter of Intent“ unterliegt die Vereinbarung dem Recht der Provinz Ontario, Dominion Kanada.

Entsprechend Ziffer 7 des „Letter of Intent“ werden etwaige Streitigkeiten zwischen allen Beteiligten unter Einschaltung eines Schieds­gerichts beigelegt gem. Anlage 1a/Anlage 1b (Original kanadisch bzw. Übersetzung ins Deutsche)“.

Unter Ziffer 7 des deutschen Übersetzung des „Letter of Intent“ wurde wie folgt geregelt:

„7. Schiedsgerichtsbarkeit

7.1 Bei Streitfällen, streitigen Angelegenheiten oder Fragen, die zwischen den Parteien im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung oder ihrer Auslegung, oder der Rechte, Verpflichtungen, Obliegenheiten und Verbindlichkeiten jeder der Parteien entstehen, wird die streitige Angelegenheit, sofern die Parteien nicht übereinkommen einen einzelnen Schiedsrichter anrufen, in einem jeden solchen Fall an drei Schiedsrichter weitergegeben, wobei einer der Schiedsrichter jeweils von einer Partei der Streitigkeit bestimmt wird und die beiden so gewählt werden, dass ein Schiedsobmann ernannt werden kann, der als Vorsitzender fungiert.(…)“

Die Beklagte vertreibt Lordosenstützen. Als Anlage L 11 und L 12 überreichte die Klägerin zwei nahezu identische Ausgestaltungen (nachfolgend Muster 1 und Muster 2), als Anlage L 17 eine weitere, welche die Beklagte für den „Mini“ (nachfolgend Muster 3) liefert. Die Muster 1 und 2 werden bestimmungsgemäß in Deutschland vertrieben, das Muster 3 wird in Österreich hergestellt und an G und G2 in England geliefert. Die Muster wurden insgesamt nach März 2002 hergestellt. Die Ausgestaltung der streitgegenständlichen Klemmvorrichtung bei den Mustern 1 und 2 ist in der Konstruktionszeichnung gemäß Anlage L 15 dargestellt stellt sich wie folgt dar:

Hinsichtlich der weiteren Ausgestaltungen der angegriffenen Ausführungen wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Muster verwiesen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die angegriffenen Ausführungsformen das Klagepatent mit wortsinngemäßen Mitteln verletze.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen sowie

über die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Einrede der Schiedsvereinbarung abgesonderte Verhandlung gemäß § 280 ZPO anzuordnen.

Sie erhebt zunächst die Einrede der Schiedsvereinbarung gemäß § 1032 ZPO. Danach sei das Landgericht Düsseldorf für eine Streitentscheidung nicht zuständig, zumal in dem Lizenzvertrag auch kanadisches Recht vereinbart worden sei.

Der Lizenzvertrag, in welchen auch die Beklagte einbezogen sei, sei auch weiterhin in Kraft; eine wirksame Kündigung oder Vertragsaufhebung sei nicht erfolgt, so dass sie zum Vertrieb der Lordosenstützen berechtigt sei.

Sie stellt des weiteren eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatentes in Abrede. Eine Verletzung des Klagepatentes liege nicht vor, da die Muster 1 und 2 nicht lediglich eine Klemmnut auf den Befestigungsstellen der Drähte aufwiesen, sondern zwei Klemmnuten. Dies liege darin begründet, dass die angegriffenen Ausführungsform nicht über eine elastische Zunge verfügten. Vielmehr seien die Seitenwände elastisch ausgebildet. Nach dem Klagepatent liege eine Klemmnut jedoch nur dann vor, wenn eine Ausnehmung durch die elastische Zunge unterbrochen sei, was bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht gegeben sei.

Eine äquivalente Verletzung scheide aus. Eine Gleichwirkung liege nicht vor. Auch sei die Ausgestaltung nach den angegriffenen Ausführungsformen für den Fachmann nicht auffindbar, wie sich bereits daraus ergebe, dass die Ausgestaltung nach den angegriffenen Ausführungsformen durch das österreichische Patent 408 064 (Anlage B 8) geschützt sei.

Des weiteren beruft sie sich hilfsweise auf ein privates Vorbenutzungsrecht nach § 12 PatG. Die Beklagte habe bereits am 21. Oktober 1995 Erfindungsbesitz gehabt, wie sich aus der als Anlage B 10 vorgelegten Konstruktionszeichnung vom 21. Oktober 1995 ergebe. Darauf sei eine Lordosenstütze für den Audi A4 abgebildet, welche die patentgemäßen Vorrichtungen aufweise. Anhand der zweiten Zeichnung von links sei der obere Rand des Korbes mit der Vorrichtung zur Befestigung der Lordosenstütze am Drahtgitter im Profil zu sehen. Die Vorrichtung weise zwei dicke Seitenwände und eine dünnere Zunge auf, so dass die Zunge elastisch ausgebildet gewesen sei. Sie habe diese Vorrichtung auch vor dem 23. Dezember 1995 hergestellt und u.a. Audi angeboten.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen vollumfänglich entgegen. Die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit greife nicht durch. Die Beklagte sei nicht Partei des Lizenzvertrages gewesen. Auch handle es sich vorliegend nicht um eine Streitigkeit, welche im Zusammenhang mit der Lizenzvereinbarung stehe. Es sei auch nicht Gründe ersichtlich, aus welchem Grund kanadisches Recht anzuwenden sei.

Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen eine elastische Zunge und dementsprechend eine Klemmnut auf. Untersuchungen an den Mustern 1 und 2 durch die Universität Paderborn hätten ergeben, dass die mittlere Wand elastisch sei. Die Ausreißkraft sei dann, wenn zwei Drähte eingespannt gewesen seien und an beiden gezogen worden sei, größer gewesen als die Summe der Ausreißkräfte, die sich ergebe, wenn lediglich ein Draht eingespannt gewesen sei. Hieraus ergebe sich, dass der mittlere Steg elastisch sei, da sich ansonsten die Kräfte lediglich summieren müssten.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht zu, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 1, 14, 139 Abs. 1 und Abs. 2 140 b Abs. 1 und Abs. 2 PatG, §§ 242, 259 BGB. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre nach dem Klagepatent mit wortsinngemäßen Mitteln Gebrauch.

I.

Die vor dem angerufenen Gericht erhobene Klage ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig. Die Einrede der Schiedsvereinbarung nach § 1032 ZPO steht einer Entscheidung durch das angerufene Gericht nicht entgegen.

Die Beklagte ist zum einen nicht Partei der zwischen den Patentinhaber und der „BE-Gruppe“ getroffenen Vereinbarung vom 22. März / 4. Mai 2000 und der hierin getroffenen Schiedsvereinbarung. Offensichtlich sollte nach der Bezeichnung in der Vereinbarung zu der „BE-Gruppe“ lediglich die BE of North America Ltd. und die XB GmbH gehören. Die Beklagte wurde hierbei nicht genannt. Dass es sich hierbei um eine abschließende Auflistung handelt, ergibt sich auch aus Seite 3 der Lizenzvereinbarung, wo es heißt:

„Mögliche Patentverletzungen bis zum 15. März 2000 sind erledigt und abgegolten. JP verzichtet daher auf etwaige Ansprüche aller Art, insbesondere Schadensersatzansprüche gegen SG oder mit SG verbundene Unternehmen.“

Im diesem Zusammenhang wurden daher mit der BE-Gruppe verbundene Unternehmen ausdrücklich erwähnt. Da dies nicht bei der Definition der Vertragsparteien geschah, kann im Umkehrschluss davon ausgegangen werden, dass mit der BE-Gruppe verbundene Unternehmen gerade nicht Vertragspartei werden sollten. Dass die Beklagte Lordosenstützen selbst hergestellt und Lizenzgebühren an den Patentinhaber abgeführt hat, mag Gegenstand einer Vereinbarung zwischen ihr und der BE-Gruppe gewesen sein, die von dem Patentinhaber gebilligt wurde. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Beklagte auch Vertragspartei der Lizenzvereinbarung wurde. Dieser Auffassung steht auch nicht das als Anlage B 14 vorgelegte Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom 1. April 2003 entgegen. Denn Gegenstand des dortigen Rechtsstreites war nicht der dem vorliegenden Fall zugrunde liegende Lizenzvertrag.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Schiedsvereinbarung nicht Fälle wie den hier vorliegenden Patentverletzungsstreit betrifft. Der Schiedsgerichtsbarkeit sollten nach Ziffer 7 des „Letter of Intent“ Streitfälle, streitige Angelegenheiten oder Fragen unterfallen, die zwischen den Parteien im Zusammenhang mit der Vereinbarung oder ihrer Auslegung, oder der Rechte, Verpflichtungen, Obliegenheiten und Verbindlichkeiten jeder der Parteien bestehen. Eine solche Fallgestaltung liegt nicht vor. Grundsätzlich begründet die Schiedsvereinbarung die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes zur Beurteilung des Rechtsstreites unter jedwedem rechtlichen Aspekt (Münchner-Kommentar, ZPO, 3. Aufl. § 1029 ZPO Rdnr. 48). Zusammengehörendendes soll auch zusammenbleiben. Schiedsvereinbarungen sind daher tendenziell weit auszulegen. Deliktische Ansprüche – wie Ansprüche aus Patentverletzung werden von der Vereinbarung jedoch nur umfasst, soweit die schädigende Handlung in einem einheitlichen Lebensvorgang mit einer Vertragsverletzung steht (BGH NJW 1965, 300; 1988, 1215). Um einen solchen einheitlichen Lebensvorgang handelt es sich bei den hier geltend gemachten Patentverletzungsansprüchen nicht. Denn diese stehen mit der Schiedsvereinbarung und dem Vertrag in keinerlei Zusammenhang.

Die Beklagte kann sich entsprechend der vorstehenden Ausführungen nicht auf das Bestehen eines Lizenzverhältnisses zwischen ihr und dem Lizenzgeber und einer hieraus resultierenden Berechtigung zur Nutzung des Klagepatentes berufen. Denn die Beklagte ist – wie ausgeführt – nicht Lizenzvertragspartei geworden, so dass es auf die zwischen den Parteien streitige Frage einer Beendigung des Lizenzvertrages durch Kündigung oder einvernehmliche Vertragsaufhebung und das entsprechend anwendbare Recht nicht ankommt. Soweit die Beklagte darauf verwiesen hat, dass ihr von der BE-Gruppe konkludent eine Lizenz eingeräumt worden sei, hat sie dies lediglich pauschal geltend gemacht. Zum anderen sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Lizenznehmerin „BE-Gruppe“ zur Vergabe von Unterlizenzen berechtigt war. Eine entsprechende Berechtigung lässt sich dem zwischen den Parteien geschlossenen Lizenzvertrag nicht entnehmen. Als einfache Lizenznehmerin ist die BE-Gruppe zur Vergabe von Unterlizenzen auch nicht ohne weiteres berechtigt (vgl. BGHZ 62, 272, 274 – Anlagengeschäft).

II.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Befestigung eines Stützelementes an einem Drahtgitter eines Sitzes, mit Klemmnuten, in denen jeweils zumindest ein Draht des Drahtgitters verrastet ist.

Bei Sitzen, insbesondere bei Kraftfahrzeugsitzen, ist häufig innerhalb der Rückenlehne unter der Polsterung ein Stützelement in der Form einer sogenannten Lordosenstütze vorgesehen, das mit Hilfe einer Spann­vorrichtung mehr oder weniger stark durchgewölbt werden kann, um dem Benutzer des Sitzes im Lendenwirbelbereich einen besseren Halt zu geben. Das Stützelement hat zumeist die Form einer länglichen Platte aus Kunststoff, die mit Hilfe eines Bowdenzuges in vertikaler Richtung auf Kompressionen beansprucht werden kann, so dass sie sich nach vorn durchwölbt. Diese Platte ist an einem Drahtgitter festgeklemmt, das seinerseits mit Federn nachgiebig im Rahmen der Rückenlehne aufgehängt ist.

Bei einer einfachen Rastverbindung kann es leicht vorkommen, dass das Stützelement infolge mechanischer Beanspruchungen, etwa während der Montage des Sitzes oder auf Grund der bei der Durchwölbung auftretenden Zugkräfte von dem Drahtgitter abgelöst wird. Wenn man andererseits die Klemmkraft erhöht, um das Stützelement sicherer an dem Drahtgitter zu befestigen, so wird das Einrasten der Drähte in der Klemmnuten zunehmend schwieriger, so dass sich ein erhöhter Arbeitsaufwand beim Zusammenbau der Lordosenstütze ergibt.

Aus der WO-A-95 191 23 (Anlage B 3) ist eine Vorrichtung zur Befestigung eines Stützelemente an einem Drahtgitter bekannt, bei der zwei Klemmnuten dicht nebeneinander liegend in einem gemeinsamen Kunststoffteil ausgebildet sind, und je ein Draht in einer der Klemmnuten verrastet ist, deren lichte Weite kleiner als der jeweilige Drahtdurchmesser ist. Bei diesem Stand der Technik sind die beiden Klemmnuten durch einen starren Steg voneinander getrennt. Beim Ein- und Ausrasten des Drahtes gibt nicht dieser Steg nach, sondern die diesem Steg gegenüberliegende Wand der Klemmnut. Obgleich die beiden Klemmnuten dicht nebeneinander liegen, verhalten sie sich deshalb wie zwei getrennte Klemmnuten und nicht wie eine einzige Klemmnut mit einer darin angeordneten Zunge.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund das technische Problem („die Aufgabe“) zugrunde, eine Vorrichtung zu schaffen, die es einerseits gestattet, das Stützelement einfach und mit geringem Arbeitsaufwand an dem Drahtgitter zu verrasten und die andererseits eine hohe Stabilität aufweist, so dass das Stützelement nach Herstellen der Verrastung auch bei größerer mechanischer Beanspruchung nicht wieder von dem Drahtgitter abgerissen werden kann.

Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent in dem für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentanspruch 2 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Eine Vorrichtung zur Befestigung eines Stützelementes an einem Drahtgitter eines Sitzes,

2. mit Klemmnuten, in denen jeweils zumindest ein Draht des Drahtgitters verrastet ist.

3. Eine einzelne Klemmnut ist durch eine parallel zu deren Längsrichtung verlaufende, vom Boden der Klemmnut aufragende elastische Zunge (58) in zwei Schächte (60, 62) unterteilt, die jeweils einen der Drähte (20, 22; 24, 26) aufnehmen,

4. die Drähte liegen in der Klemmnut nebeneinander,

5. die lichte Weite (W1 + W2) der Öffnung der Klemmnut (56) ist kleiner als die Summe der Durchmesser der beiden Drähte.

Mit einer derartigen Ausgestaltung kann das Stützelement einfach und mit geringem Arbeitsaufwand an dem Traggitter verrastet werden, indem die beiden Drähte nacheinander in die Klemmnut eingedrückt werden. Der dabei auftretende Rastwiderstand ist verhältnismäßig gering und kann problemlos überwunden werden. Die gewünschte hohe Stabilität der Befestigung wird erreicht, weil bei einer Kraftwirkung in einer zur Ebene des Drahtgitters senkrechten Richtung auf das Stützelement beide Drähte die Tendenz haben, aus der verengten Öffnung der Klemmnut herauszutreten. Da die lichte Weite jedoch kleiner ist als der zweifache Drahtdurchmesser, wird ein Herausreißen der Drähte aus der Klemmnut zuverlässig verhindert. Andererseits kann die Befestigung einfach gelöst werden, indem die beiden Drähte nacheinander aus der Klemmnut herausgezogen werden (Anlage L 1, Spalte 2 Zeilen 9 bis 13).

III.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre nach dem Klagepatent mit wortsinngemäßen Mitteln Gebrauch. Zwischen den Parteien im Streit steht die Verwirklichung der Merkmale 3 und 4, während die Verwirklichung der übrigen Merkmale zu Recht außer Streit stehen, so dass sich hierzu weitere Ausführungen erübrigen. Wegen der unterschiedlichen Ausgestaltungen werden die Muster 1 und 2 (1.) nachfolgend getrennt von dem Muster 3 (2.) diskutiert.

1.

Merkmal 3 sieht vor, dass eine einzelne Klemmnut durch eine parallel zu deren Längsrichtung verlaufende, vom Boden der Klemmnut aufragende elastische Zunge in zwei Schächte unterteilt wird, die jeweils einen der Drähte aufnehmen. Der Fachmann versteht das Teilmerkmal der elastischen Zunge bei technisch-funktionaler Auslegung dahingehend, dass beim Herausziehen oder Einschieben eines einzelnen Drahtes die Zunge bzw. der mittlere Steg elastisch nachgeben soll. Denn wegen dieses Nachgebens wird im Zusammenwirken mit der Vorgabe aus Merkmal 5, wonach die lichte Weite der Öffnung der Kleinnut kleiner als die Summe der Durchmesser der beiden Drähte ist, das patentgemäße Ziel einer einfachen und mit geringem Arbeitsaufwand möglichen Verrastung mit einer hohen Stabilität erreicht. Daraus ergibt sich für den Fachmann, dass die Zunge insoweit elastisch sein muss, dass sie beim Herausziehen eines einzelnen Drahtes elastisch ausweichen kann, während sie beim gleichzeitigen Herausziehen der Drähte eine Verkeilung bewirkt. Dass bei dem Herausziehen eines Drahtes auch die Seitenwände in gewissem Umfang elastisch nachgeben können, steht der Verwirklichung dieses Merkmals nicht entgegen, solange es zu der beschriebenen Wirkung des Klagepatentes kommt. Das Klagepatent macht keinerlei Angaben dahingehend, dass die Seitenwände völlig starr ausgebildet sein sollen. Denn ausgehend von dem in der Beschreibung des Klagepatentes dargestellten Stand der Technik – WO 95/19123 (Anlage B 3) -, soll nach der Lehre des Klagepatentes lediglich verhindert werden, dass der Steg, welcher die beiden Schächte begrenzt, in welche die Drähte einrasten, starr ist (Anlage L 1 Spalte 2 Zeilen 43 ff.). Denn mit einer solchen Ausgestaltung werden die erfindungsgemäßen Vorteile – einfache Verrastung mit geringem Aufwand und hohe Stabilität – nicht erreicht. Nach dem obigen Stand der Technik waren lediglich die Seitenwände elastisch und nachgiebig ausgebildet. An den elastischen Seitenwänden übt das Klagepatent jedoch keine Kritik, sondern lediglich an der Ausgestaltung mit einem starren Steg. Entsprechend soll allein erreicht werden, dass (auch) der mittlere Steg elastisch ausgebildet ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann das Merkmal 3 nicht dahin­gehend verstanden werden, dass der mittlere Steg elastischer ausgebildet sein soll als die Seitenwände. Denn das Klagepatent gibt hierfür keinen Anhaltspunkt. Nach dem Wortlaut des Anspruchs sowie der Beschreibung genügt eine Elastizität des mittleren Steges. In welchem Umfang diese gegeben sein soll, wird nicht festgelegt. Die Elastizität der Seitenwände darf lediglich nicht ein solches Maß einnehmen, der dem Eintritt der patentgemäßen Wirkungen entgegen steht. Dies wäre dann der Fall, wenn die Seitenwände erheblich elastischer ausgebildet wären als die elastische Zunge.

Entgegen der Auffassung der Beklagten lehrt das Klagepatent nicht, dass die Zunge einen geringeren Durchmesser als die Seitenwände der Klemmnut aufweisen muss. Das Klagepatent trifft zur Dimensionierung von Zunge und Seitenwänden keine Aussagen. Soweit die Beklagten auf die zeichnerische Darstellung bevorzugter Ausführungsformen verweist, in welchen die Seitenwände dicker als die elastische Zunge ausgebildet sind, kann sie hiermit nicht durchdringen. Anhand des für die Auslegung des Klagepatentes vorrangig heranzuziehenden Patentanspruches ergibt sich keine Einschränkung auf eine entsprechende Dimensionierung von Seitenwänden und elastischer Zunge und die Darstellung bevorzugter Ausführungsformen kann den Schutzbereich des Klagepatentes nicht beschränken. Auch ergibt die Beschreibung des Klagepatentes keine Hinweise auf eine entsprechende von den Beklagten vorgetragene Dimensionierung von Seitenwand und elastischer Zunge.

Die Muster 1 und 2 weisen eine entsprechende patentverletzende Ausgestaltung auf. Die Klägerin hat durch Vorlage des Versuchsberichtes der Universität Paderborn vom 26. August 2002 (Anlage L 13) konkret dargelegt, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen ein elastischer Steg, d.h. eine elastische Zunge im Sinne des Klagepatentes, vorhanden ist. Denn die Untersuchungen haben ergeben, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die erforderliche Ausreißkraft beim gleichzeitigen Herausziehen beider Drähte deutlich größer ist als die Summe der Ausreißkräfte, wenn jeder Draht einzeln herausgezogen wird. Hieraus folgt, dass dann, wenn ein Draht in einen Schacht eingerastet ist und dieser herausgezogen wird, der mittlere Steg zur Seite des anderen Schachtes hin nachgibt, ein Herausziehen aus dem Schacht erleichtert und damit die Ausreißkraft vermindert. Denn die Ausreißkräfte bei gleichzeitigem Heraus­ziehen beider Drähte aus den Schächten waren erheblich vergrößert und stellten nicht lediglich eine Addition der einzelnen Ausreißkräfte der beiden Schächte dar, wie dies der Fall hätte sein müssen, wenn, wie die Beklagte behauptet, nur die Seitenwände nachgeben würden. Dass nicht lediglich ein Nachgeben der Seitenwände erfolgte, lässt sich den Untersuchungen auch entnehmen. Denn bei einem erheblichen Nachgeben der Seitenwände wären die Ausreißkräfte bei gleichzeitigem Herausziehen der Drähte nicht in dem Maße erhöht, wie dies gemessen wurde; denn ein Ausweichen der Seitenwände wäre in jedem Fall ohne Weiteres möglich gewesen und hätte nicht zu einem erheblichen Kräfteanstieg führen. Der erhebliche Kräfteanstieg bei Herausreißen beider Drähte lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht mit der pilzkopfförmigen Ausgestaltung des freien Endes des mittleren Steges erklären. Zwar mag eine Verrastung des Drahtes beim Herausziehen des Drahtes an dieser Stelle erfolgen. Den von der Beklagten behaupteten elastischen Seitenwänden wäre jedoch ein Ausweichen ohne weiteres möglich, so dass der gemessene, erheblich vergrößerte Kraftaufwand beim Herausziehen beider Drähte hiermit nicht erklärt werden kann. Des weiteren ist der pilzförmige Kopf auch nicht in der Weise geformt, dass ein Draht beim Herausziehen in eine an dem Kopf fixierte Stellung gelangt, so dass eine erhöhter Kraftaufwand eingesetzt werden muss, um den Draht aus dieser Stellung zu lösen. Der pilzförmige Kopf des mittleren Steges ist vielmehr abgerundet ausgebildet, so dass er ein Entlanggleiten des Drahtes ermöglicht.

Die von der Beklagten erhobenen Einwände gegen die Messungen selbst greifen nicht durch. Formale Bedenken gegen die Untersuchungen bestehen nicht. Dass keine Angaben zu den Versuchsbedingungen, insbesondere der Umgebungstemperatur, erfolgten ist ohne Relevanz. Denn die dem Gutachten beigefügten Photographien ergeben keinen Anhaltspunkt, dass die Messungen nicht bei Raumtemperatur durchgeführt wurden. Auch ergibt sich aus den Photographien, wie die Drähte aus den Klemmnuten herausgezogen wurden. Die Beklagte kann ohne weiteres selbst beurteilen, ob es sich bei der eingesetzten Prüfmaschine Zwick 1446 um eine Vorrichtung handelt, die für die durchgeführten Prüfzwecke geeignet ist. Soweit die Beklagte weiterhin geltend gemacht hat, dass bei den angegriffenen Ausführ­ungsformen die Seitenwände auch elastisch seien, steht dies entsprechend der Ausführungen zur Auslegung des Klagepatentes nicht entgegen steht.

Auch die von dem Privatgutachter der Klägerin, Professor Dr. C in seinem Gutachten vom 14. Oktober 2003 (Anlage B 12) gemachten Einwendungen gegen die von der Universität Paderborn gemachten Untersuchungen führen zu keinem Ergebnis. Er hat eingewandt, dass sich der erhöhte Kraftaufwand auf Grund der Verdickung des mittleren Steges an seinem freien Ende erklären lasse. Dass dies nicht der Fall sein kann wurde vorstehend bereits ausgeführt. Zudem hat der Privatgutachter dies lediglich pauschal behauptet.

Vor dem Hintergrund des vorstehenden Verständnisses des Merkmals 3 des Patentanspruchs kann der Einwand der Beklagten, es liege nicht lediglich eine Klemmnut vor, sondern zwei, keine Berücksichtigung finden. Denn der mittlere Steg ist elastisch und unterteilt die Klemmnut in zwei Schächte, die jeweils einen Draht aufnehmen.

Hinsichtlich der Verwirklichung des Merkmals 4 bestehen im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen keine durchgreifenden Zweifel. Merkmal 4 sieht vor, dass die Drähte in der Klemmnut nebeneinander liegen. Die angegriffenen Ausführungsformen weisen lediglich eine Klemmnut auf und die Drähte liegen in der Klemmnut nebeneinander.

Da die angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch machen, kommt es auf den Einwand der Beklagten, dass die Muster 1 und 2 von dem österreichischen Patent AT 408 064 (Anlage B 8) Gebrauch machen würden, nicht an.

Die Beklagte kann sich auf ein privates Vorbenutzungsrecht nicht berufen, § 12 PatG. So ergibt sich bereits aus der Konstruktionszeichnung nach Anlage B 10 nicht zweifelsfrei, dass die Konstruktion der Erfindung und entsprechend der Erfindungsbesitz bereits vor dem Prioritätszeitpunkt vorhanden war. So findet sich in der unteren rechten Ecke der Anlage B 10 der Vermerk „Beab. Datum 21.08.96“. In einer darüber liegenden Tabelle finden sich mehrere handschriftliche Datumseinträge aus den Jahren 1996 – 1998. Der älteste dieser Einträge lautet „Freigabe 28.08.96“. Daraus geht hervor, dass die Freigabe der Anlage B 10 erst acht Monate nach Anmeldung des Klagepatentes erfolgt ist.

Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass die Konstruktionsskizze aus dem Betrieb der Beklagten stammt. Aus der Anlage B 10 ergibt sich deren Herkunft nicht. Die Bezeichnung „BE“ wird von verschiedenen Unternehmen verwandt.

Auch ergibt sich aus der Zeichnung nicht, dass der mittlere Steg nach der Konstruktionszeichnung elastisch ausgebildet ist. Denn die Biegsamkeit des Steges hängt nicht allein von der Dicke des Materials, sondern auch von dem für die Biegungskräfte zur Verfügung stehenden Hebel ab. Dieser Hebel ist hingegen aus der Anlage B 10 nicht erkennbar.

Im Übrigen hat die Beklagte nicht konkret vorgetragen, dass sie die genannten Lordosestützen im Inland vor dem Anmeldedatum des Klagepatentes benutzt hat. Sie hat lediglich pauschal vorgetragen, dass sie Lordosestützen gemäß der Anlage B 10 vor dem 23.12.1995 hergestellt und u.a. Audi angeboten hat. Entsprechende Angebote hat sie nicht vorgelegt.

2.

Auch das Muster 3 macht von der Lehre nach dem Klagepatent mit wortsinngemäßen Mitteln Gebrauch. Die Verletzung des Klagepatentes durch die Beklagte steht zwischen den Parteien außer Streit. Im Gegensatz zu den Ausgestaltungen nach den Mustern 1 und 2 „verspringen“ die Seitenwände der Klemmvorrichtung nicht in dem dort vorhandenen Ausmaß. Die Beklagte hat sich hingegen darauf berufen, dass eine Verletzungs­handlung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht stattgefunden habe, da die Beklagte das Muster 3 in Österreich herstelle und an G und G2 in England liefere.

Die Beklagte ist hingegen, auch wenn sie die angegriffene Ausführungsform Muster nicht selbst nach Deutschland vertreibt, für die von G2 und G in Deutschland begangenen Verletzungen verantwortlich, wenn diese die mit der entsprechenden Lordosenstütze versehenen „Mini’s“ nach Deutschland liefern. Als Verletzer verantwortlich („passivlegitimiert“) ist nicht nur derjenige, der die geschützte Erfindung rechtswidrig benutzt, sondern auch derjenige, der sich – sei es als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe – an den Verletzungshandlungen beteiligt (Benkard/Rogge, Patentgesetz, 9. Aufl. § 139 Rdnr. 21). In grenzüberschreitenden Fällen ist daher auch ein im Ausland ansässiger Lieferant für die Verletzung inländischer Patentrechte mitverantwortlich, wenn er die patentverletzenden Vorrichtungen in Kenntnis des Klagepatentes und in Kenntnis des Bestimmungslandes liefert und damit den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich mitverursacht (BGH Mitt. 2002, 416 – Funkuhr). Entsprechend trifft den ausländischen Hersteller patentverletzender Vorrichtungen eine Mitverantwortung, wenn er seine Erzeugnisse an einen inländischen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die Ware bestimmungsgemäß im Bundesgebiet weiter vertreibt (LG Düsseldorf InstGE 1, 154, 155 – Rohrverzweigung). Nichts anderes kann für den ausländischen Hersteller gelten, der an einen gleichfalls im Ausland ansässigen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die patentverletzenden Vorrichtungen im Bundesgebiet anbietet und zu Vertriebszwecken in die Bundesrepublik Deutschland einführt. Denn auch in diesem Fall hat der ausländische Hersteller die das inländische Schutzrecht verletzenden Handlungen bewusst und willentlich mitverursacht. Dass nicht nur der Hersteller, sondern auch das Vertriebsunternehmen im Ausland ansässig ist, ist insofern unerheblich. Entscheidend ist, dass die Verletzungshandlungen mit Kenntnis des Herstellers im räumlichen Geltungsbereich des Klagepatentes erfolgen (vgl. Kammer, Urteil vom 28. Oktober 2002, 4a O 311/02).

Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte passivlegitimiert. Denn es ist davon auszugehen, dass G2 und G in England „Mini’s“, die eine patentverletzende Lordosenstütze aufweisen, auch nach Deutschland vertrieben werden. Die Beklagte hat keine gegenteiligen Tatsachen vorgetragen.

IV.

Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.

Da die Beklagte den Gegenstand des Klagepatents unter Verstoß gegen § 9 PatG benutzt hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG.

2.

Die Klägerin kann zudem von der Beklagten nach Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG Schadensersatz verlangen. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatz­verpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatz­anspruch beziffern zu können, ist die Beklagte ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.

Gemäß § 140 b PatG hat die Beklagte ferner über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2 mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 750.000,- EUR.

Dr. H2
N
L2