Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 180
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. November 2003, Az. 4a O 274/03
I.
Der Antrag des Antragstellers vom 22. Juli 2003 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 9.500,- ? abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Der Antragsteller ist Inhaber zweier Gebrauchsmuster, aus welchen er die Antragsgegnerin im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch nimmt.
Das Gebrauchsmuster 297 15 551 (Anlage Ast 1b; Verfügungsgebrauchsmuster I) wurde am 29. August 1997 angemeldet und am 30. Oktober 1997 eingetragen. Das Verfügungsgebrauchsmuster I betrifft ein Gehäuse mit einschiebbarem Plattenlaufwerk. Das Gebrauchsmuster 297 22 974 (Anlage Ast 17; Verfügungsgebrauchsmuster II) wurde am 30. Dezember 1997 angemeldet und am 19. Februar 1998 eingetragen. Die Bekanntmachung der Eintragung erfolgte am 2. April 1998. Das Verfügungsgebrauchsmuster II betrifft eine Anschlussanordnung für einen Einschub. Nach einem Auszug aus dem Register des Deutschen Patent- und Markenamtes stehen beide Schutzrechte in Kraft.
Der einzige Anspruch des Verfügungsgebrauchsmusters I hat folgenden Wortlaut:
„Gehäuse mit einschiebbarem Plattenlaufwerk mit einem äußeren Gehäuse und einem inneren Gehäuse, das in das äußere Gehäuse eingesetzt ist und ein Plattenlaufwerk enthält, wobei das innere Gehäuse eine Vorderseite und einen an derselben angebrachten Handgriff aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das äußere Gehäuse (10) ein vorderes Gleitloch (11) auf einer Seite und ein Durchgangsloch (12) aufweist, das mit dem vorderen Gleitloch (11) in Verbindung steht;
dass das innere Gehäuse (20) ein Verriegelungsloch (22) an einer Seite seines Handgriffs (21), das dem Durchgangsloch (12) des äußeren Gehäuses (10) entspricht, eine offene Vorderseite, zwei vertikale Seitenwände und eine Vorderplatte (40) aufweist, die die offene Vorderseite bedeckt, wobei die beiden vertikalen Seitenwände jeweils eine vertikale Verbindungsnut (24) und einen vertikalen Verbindungsflansch (25) aufweisen, wobei die Vorderplatte (40) zwei vertikale Verbindungsflansche (41) und zwei vertikale Verbindungsnuten (42), die in Eingriff mit den vertikalen Verbindungsnuten (24) und den vertikalen Verbindungsflanschen (25) der vertikalen Seitenwände gedrückt sind, eine mittige Öffnung (43) und eine Abdeckplatte (44) aufweist, die die mittige Öffnung (43) bedeckt;
dass eine Schalter- und Schlosssteuereinrichtung (30) in dem vorderen Gleitloch (11) des äußeren Gehäuses (10) angebracht ist, um die elektrische Stromzufuhr zu steuern und das innere Gehäuse (20) im äußeren Gehäuse (10) zu verriegeln, wobei die Schalter- und Schlosseinrichtung (30) einen Stromschalter (31) mit einem Schalterhebel (32), einem Riegel (36), der im Durchgangsloch (12) des äußeren Gehäuses (10) angebracht ist, und ein Gleitelement (33) aufweist, das in dem vorderen Gleitloch (11) des äußeren Gehäuses (10) angebracht ist und mit dem Stromschalter (31) und dem Riegel (36) verbunden ist, wobei das Gleitelement (33) einen Verbindungssockel (34), der mit dem Schalterhebel (32) des Stromschalters (31) verbunden ist, und eine Verbindungsplatte (35) aufweist, die mit dem Riegel (36) verbunden ist, wobei der Stromschalter (31) eingeschaltet und der Riegel (36) aus dem Durchgangsloch (12) des äußeren Gehäuses (10) in Eingriff mit dem Verriegelungsloch (22) des Handgriffs (21) des inneren Gehäuses (20) bewegt wird, wenn das Gleitelement (33) in eine erste Stellung bewegt wird, wobei der Stromschalter (31) ausgeschaltet wird und der Riegel (36) vom Verriegelungsloch (22) des Handgriffs (21) des inneren Gehäuses (20) weg und in das Innere des Durchgangsloch (12) des äußeren Gehäuses (10) bewegt wird, wenn das Gleitelement (33) in eine zweite Stellung bewegt wird.„
Der einzige Schutzanspruch des Verfügungsgebrauchsmusters II hat folgenden Wortlaut:
„Anschlussanordnung für einen Einschub in einem Gestell, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Gehäuse, das aus einer vorderen Abdeckschale (30) und einer hinteren Abdeckschale (31) gebildet ist, wobei die vordere Abdeckschale (30) und die hintere Abdeckschale (31) mit Hilfe von Schrauben (32) aneinander befestigt sind, eine Schnittstellenschaltungsplatine (18), die innerhalb des Gehäuses (30, 31) angeordnet ist und eine Schnittstellenschaltung aufweist, ein Einschubverbindungselement (16), das an der Schnittstellenschaltungsplatine (18) an einer Seite ausgelötet ist und mit einem elektrischen Verbindungselement an dem Einschub (20) verbunden ist, und wenigstens ein Schnittstellenverbindungselement (15) aufweist, das an der anderen Seite der Schnittstellenschaltungsplatine (18) angelötet ist und dazu ausgebildet ist, die Verbindung mit dem Computer durch ein Kabel (33) herzustellen, wobei ein Versorgungsstromverbindungselement (13) an der hinteren Abdeckschale (31) befestigt ist und Stromversorgung von einem Stromversorgungsanschluss durch eine Transformatorschaltung aufnehmen kann, wobei ein Stromschalter an der hinteren Abdeckschale (31) zum Einschalten/Ausschalten angebracht ist und eine Vielzahl von im Wesentlichen U-förmigen Kunststoffklammern vertikal auf zwei gegenüberliegende seitliche Seiten des Einschubs (20) für Schutzzwecke aufgeklemmt sind, die einen zurückspringenden Bereich an der Oberseite und einen erhabenen Bereich an der Unterseite aufweisen, wobei die zurückspringenden und erhabenen Bereiche komplementär zueinander ausgebildet sind.„
Unter den Produktbezeichnungen VP-10 LSFU-100/133 und VP-10 LSFC-66/100 werden Kunststoff-Wechselrahmen nach dem Verfügungsgebrauchsmuster I hergestellt. Ein Aluminium-Wechselrahmen wird unter der Produktbezeichnung VP-410 LS 2FU-66/100 vertrieben. Der Antragsteller hat verschiedene Ausführungen nebst Verpackung zur Gerichtsakte gereicht. Auf die Anlagen Ast 6a bis Ast 6c, bei welchen es sich um Wechselrahmen nach den Verfügungsgebrauchsmustern handeln soll, wird Bezug genommen. Als Herstellerin der Wechselrahmen ist auf der Verpackung die Vb Inc. genannt.
Auch die Antragsgegnerin vertreibt Wechselrahmen. Auf die zur Gerichtsakte gereichten angegriffenen Ausführungsformen (Anlage Ast 7a, 7b und 8) wird Bezug genommen. Die angegriffenen Ausführungsformen weisen die Registernummern der Verfügungsgebrauchsmuster auf.
Bereits im Jahre 2002 war der Antragsteller wegen einer Gebrauchsmusterverletzung und Verstoßes gegen Wettbewerbsrecht an die Antragsgegnerin herangetreten. Die Antragsgegnerin stellte zu diesem Zeitpunkt im Vergleich zu den Wechselrahmen der Vb Inc. nahezu identische Produkte her und vertrieb sie in Deutschland unter der Bezeichnung „Vn„. Auch die Verpackung der Produkte des Antragstellers wurde im Wesentlichen identisch übernommen. Auf ein Schreiben des Antragstellers vom 1. Juli 2002 (Anlage Ast 3) mit welchem die Antragsgegnerin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert wurde, erfolgte keine Reaktion. Daraufhin wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 30. Juli 2002 (Anlage Ast 4) erneut an die Antragsgegnerin und bat erneut um die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die Parteien einigten sich mündlich daraufhin, dass die Antragsgegnerin noch bis zum 30. September 2002 berechtigt sein sollte, „Plagiate„ der Wechselrahmen zu produzieren.
Auf einen Testkauf des Antragstellers hin, lieferte die Antragsgegnerin unter dem 9. Mai 2003 4 Wechselrahmen, der in der Rechnung vom gleichen Tag (Anlage Ast 9) genauer bezeichneten Art. Unter dem 12. Mai 2003 (Rechnung Anlage Ast 10) lieferte die Antragsgegnerin 25 weitere Wechselrahmen.
Die Antragsgegnerin wurde mit Schreiben vom 11. Juni 2003 (Anlage Ast 11 a) aufgefordert binnen sieben Tagen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen Verletzung der Verfügungsgebrauchsmuster abzugeben. Mit Schreiben vom 16. Juni 2003 (Anlage Ast 12) bat die Antragsgegnerin um Fristverlängerung. Trotz weiterer Versuche der Kontaktaufnahme durch den Antragsteller erfolgte keine Reaktion.
Am 24. Juli 2003 beantragte der Antragsteller bei dem hiesigen Gericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die angegriffenen Ausführungsformen die Verfügungsgebrauchsmuster verletzen. Des weiteren läge im Hinblick auf die nahezu identische Ausgestaltung ein Wettbewerbsverstoß vor.
Der Antragsteller beantragt,
1. a) der Antragsgegnerin zu untersagen, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung – unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs – fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,- ? zu unterlassen, im Bereich der Bundesrepublik Deutschland PC-Computergehäuse, die den Gebrauchsmustern des Antragstellers Nr. 297 15 551.2 und Nr. 297 22 974.5, eingetragen beim Deutschen Patentamt, entsprechen, gewerbsmäßig herzustellen, feilzuhalten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
b) der Antragsgegnerin weiterhin zu untersagen, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung – unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs – fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,- ? zu unterlassen, im Bereich der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen, Festplattenaustauschrahmen (mobile racks) gewerbsmäßig herzustellen, feilzuhalten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, die den Gebrauchsmustern des Antragstellers Nr. 297 15 551.2 (Gehäuse) und Nr. 297 22 974.5 (Anschlussanordnung/Einschub), eingetragen beim Deutschen Patentamt, mit den nachstehenden Präzisierungen entsprechen:
– Außenmaße: 14,5 cm Breite x 4,00 cm Tiefe x 21,5 cm Länge, Material Kunststoff, Aufschrift: „Xc„ mittig im vorderen Gitterrahmen, herausnehmbares Schubfach, gemäß den nachfolgenden Abbildungen (4 Lichtbilder)
– Außenmaße: 14,5 cm Breite x 4,00 cm Tiefe x 22,3 cm Länge, Material Aluminium, Aufschrift: „Xc„ mittig im vorderen Gitterrahmen, herausnehmbares Schubfach, gemäß den nachfolgenden Abbildungen (4 Lichtbilder);
c) der Antragsgegnerin zu untersagen, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung – unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs – fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,- ? zu unterlassen, im Bereich der Bundesrepublik Deutschland Produkte gewerbsmäßig herzustellen, feilzuhalten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, die auf den Verpackungen Lichtbilder, technische Daten und optische Darstellungen, insbesondere von dem Arm des Klägers verwenden, die auf eine Identität ihrer Produkte mit denen des Antragstellers schließen lassen in der Form, wie sie auf den Verpackungen der Antragsgegnerin zu den Produkten „mobile rack – removable frame„ unter der Bezeichnung Vn wiedergegeben sind.
2. dem Antragsteller Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Festplattenaustauschrahmen (mobile racks) zu erteilen, die den Gebrauchsmustern des Antragstellers Nr. 297 15 551.2 und Nr. 297 22 974.5, eingetragen bei dem Deutschen Patentamt, entsprechen und in dem Antrag zu 1. näher präzisiert sind, durch Angabe des Namens und der Anschrift des Herstellers/der Hersteller, des Lieferanten/der Lieferanten der Erzeugnisse, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Prozesskostensicherheit nach § 110 ZPO zu leisten und
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin bestreitet das Vorliegen einer Verfahrensvollmacht zugunsten des Verfahrensbevollmächtigten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Sie habe erfahren, dass der Antragsteller einen Tag zuvor zu der Antragsgegnerin gesagt habe, dass er an einer Fortführung des Verfahrens nicht interessiert sei.
Des weiteren habe der Antragsteller Prozesskostensicherheit zu leisten, da der Antragsteller seinen Sitz außerhalb der Europäischen Union hätte.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei auch unbegründet. Der Antragsteller habe trotz der Hinweise im Beschluss der Kammer vom 24. Juli 2003 seinen Vortrag zum Vorliegen eines Verfügungsanspruches und –grundes nicht konkretisiert.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen. Zweifel bestehen bereits im Hinblick auf die Zulässigkeit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Auch hat der Antragsteller weder einen Verfügungsgrund noch einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht.
Bedenken hinsichtlich des Fortbestehens der dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers erteilten Vollmacht bestehen nicht. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers hat ein Original seiner schriftlich erteilten Vollmacht zur Gerichtsakte gereicht, woraus hervorgeht, dass der Antragsteller ihn zur Verfahrensführung bevollmächtigt hat. Eine Kündigung der Vollmachtserteilung durch den Antragsteller ist nicht ersichtlich. Nach § 87 Abs. 1 ZPO erlangt die Kündigung des Vollmachtsvertrages dem Gegner gegenüber erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht oder in Anwaltsprozessen durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Entzieht die Partei ihrem Prozessbevollmächtigten das Mandat, so stellt dies eine Kündigung des der Vollmacht zugrunde liegenden Kausalvertrages dar. Mit ihm erlischt grundsätzlich auch die Vollmacht (§ 168 Satz 1 BGB). Dies gilt jedoch nicht, wenn die Bevollmächtigung dem Gegner oder dem Gericht mitgeteilt worden ist oder der Bevollmächtigte als solcher aufgetreten war. Dann besteht die Vollmacht so lange fort, bis ihr Widerruf dem Gericht und dem Gegner mitgeteilt worden ist. Wird der Widerruf nur dem Gericht oder nur dem Gegner mitgeteilt, erlischt die Vollmacht auch nur im Verhältnis zu diesem Empfänger (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. § 87 Rdnr. 1). Dies berücksichtigend sind vorliegend keine Umstände ersichtlich, aus welchem Grunde die dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers erteilte Prozessvollmacht erloschen sein sollte. Der Verfahrensbevollmächtigte hat dies lediglich behauptet. Ein Widerruf der Vollmacht ist der Kammer hingegen nicht zur Kenntnis gelangt.
Unbeachtlich ist auch die von der Antragsgegnerin erhobene Einrede der fehlenden Prozesskostensicherheit. Der Antragsteller ist trotz seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes in Taiwan nicht nach § 110 ZPO zur Leistung von Prozesskostensicherheit verpflichtet. Denn die Kammer schließt sich der herrschenden Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur an (OLG Hamburg GRUR 1999, 91; Zöller/Herget, a.a.O. § 110 Rdnr. 3; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl. § 110 Rdnr. 13; a.A. OLG Köln ZIP 1994, 326; Leible: Ausländersicherheit und einstweiliger Rechtsschutz, in: NJW 1995, 2817), wonach die Verpflichtung zur Leistung von Prozesskostensicherheit im einstweiligen Verfügungsverfahren keine Anwendung findet, weil sie der Zielsetzung eines solchen auf Beschleunigung abgestellten Verfahrens widerspräche. Dies gilt auch dann, wenn die §§ 938 Abs. 1, 940 ZPO berücksichtigt werden, wie z.B. im Falle der Anordnung der mündlichen Verhandlung (LG Berlin MDR 1957, 552; a.A. OLG Köln ZIP 1994, 326).
I.
Es bestehen durchgreifende Zweifel an der Zulässigkeit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Denn die von dem Antragsteller gestellten Anträge weisen durchgreifende formelle Mängel auf. Der Antragsteller hat den Unterlassungsanspruch in der Antragsschrift vom 22. Juli 2003 lediglich anhand der Registernummer der beiden Verfügungsgebrauchsmuster und in dem Schriftsatz vom 11. September 2003 durch Beschreibung der äußeren Maße der angegriffenen Ausführungsformen formuliert. Die Anträge sind in dieser Form unbestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Auch wenn im einstweiligen Rechtsschutz eine Verbotsverfügung oder – wie hier im Hinblick auf den Auskunftsantrag – sogar eine Leistungsverfügung beantragt wird, gilt das Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO grundsätzlich uneingeschränkt (vgl. nur Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 938 ZPO Rdnr. 2). Der Antrag ist demnach bereits unzulässig. Hierauf wurde der Antragsteller mit Beschluss der Kammer vom 24. Juli 2003 hingewiesen. Eine den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO genügende Nachbesserung der Anträge erfolgte nicht. Der Antrag wurde nicht entsprechend auf die Merkmale der Schutzansprüche der beiden Verfügungsgebrauchsmuster gestützt.
II.
Weiterhin liegt ein Verfügungsgrund zugunsten des Antragstellers nicht vor. Als Verfügungsgrund fordert die einstweilige Verfügung die Dringlichkeit der einstweiligen Regelung. Durch Veränderung des bestehenden Zustandes muss entweder die Verwirklichung der Rechte des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden können (§ 935 ZPO) oder die Regelung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheinen (§ 945 ZPO) (Busse/Keukenschrijver, PatG, § 143 Rdnr. 326). Diese Prüfung erfordert u.a. eine Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, die gegen die Interessen des Antragstellers abgewogen werden müssen (OLG Düsseldorf, Mitt. 1982, 230 – Warmhaltekanne; GRUR 1983, 79, 80 – AHF-Konzentrat; Benkard/Rogge, PatG, § 139 Rdnr. 153). Ist der Verletzungstatbestand glaubhaft gemacht und bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Schutzrechtes, haben grundsätzlich die Interessen des Verletzten Vorrang, auch wenn die einstweilige Verfügung mit einschneidenden Folgen für den Verletzer verbunden ist (Meier-Beck, GRUR 1988, 861, 866).
Die vorstehenden Erwägungen zugrundelegend bestehen an der Dringlichkeit einer einstweiligen Regelung zugunsten des Antragstellers durchgreifende Bedenken. Der Antragsteller hat keine konkreten Angaben zur Rechtsbeständigkeit der Verfügungsgebrauchsmuster – ungeprüfter Schutzrechte – gemacht, obwohl dies im einstweiligen Verfügungsverfahren dem Antragsteller einer Unterlassungsverfügung, die sich auf ein Gebrauchsmuster stützt, obliegt. Auch wurde der Verletzungstatbestand – wie nachstehend ausgeführt werden wird – nicht schlüssig dargetan und glaubhaft gemacht. Zudem wurde nicht dargelegt, dass dem Antragsteller durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen ein großer Nachteil entsteht.
Ein Verfügungsgrund liegt nicht vor, da der Antragsteller durch sein zögerliches Verhalten bei der Aufklärung des vorliegenden Sachverhaltes zu erkennen gegeben hat, dass er auf die Unterbindung der rechtsverletzenden Handlung nicht dringend angewiesen ist. Wer in Kenntnis der maßgeblichen Umstände und der ihm fortdauernd drohenden Nachteile ohne überzeugenden Grund längere Zeit untätig geblieben ist und dadurch die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs objektiv verzögert, hat damit zu erkennen gegeben, dass die Sache für ihn nicht so eilig ist (Meier-Beck, a.a.O. 866). Bereits im Mai 2003 wurden von dem Antragsteller Testkäufe getätigt, um aufzuklären, ob die Antragsgegnerin möglicherweise Wechselrahmen unter Verletzung der Verfügungsgebrauchsmuster vertreibt. Die entsprechenden Ausführungen erhielt der Antragsteller am 9. und 12. Mai 2002. Eine Abmahnung erfolgte wiederum erst mit Schreiben vom 11. Juni 2003. Die Antragsgegnerin bat zunächst um eine Fristverlängerung, welche der Antragsteller ihr bis zum 24. Juni 2003 gewährte. Nach Fristablauf erfolgte hingegen keine Reaktion durch die Antragsgegnerin. Erst am 24. Juli 2003 beantragte der Antragsteller dann den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde der Antragsteller seit Kenntnis der Vertriebs der angegriffenen Ausführungsformen, welche nach seiner Auffassung die Verfügungsgebrauchsmuster verletzen sollen, sich mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in dem vorliegenden Umfang Zeit gelassen hat. Der Antragsteller wurde hierauf mit Beschluss vom 24. Juli 2003 hingewiesen. Der pauschale Hinweis auf den Sitz des Antragstellers im Ausland stellt keine durchgreifende Begründung dar, da gerade in der heutigen Zeit auf Grund der vorhandenen Telekommunikationsmöglichkeiten eine Korrespondenz ohne weitere Zeitverzögerung erfolgen kann. Auch das Problem der Übersetzung des Schriftverkehrs greift nicht durch, da nicht ersichtlich ist, was dem Antragsteller übersetzt werden musste. Denn entsprechenden Schriftverkehr, der zwischen den Parteien geführt worden sein könnte, hat der Antragsteller nicht vorgelegt.
Ungeachtet des Fehlens eines Verfügungsgrundes ist jedoch auch ein Verfügungsanspruch nicht schlüssig dargetan und glaubhaft gemacht. Denn der Antragsteller ist trotz Hinweises der Kammer seinen Darlegungspflichten im Hinblick auf die Verletzung der beiden Verfügungsgebrauchsmuster nachgekommen. Er wurde darauf hingewiesen, dass es sich zur Darlegung eines Verletzungstatbestand empfiehlt, zunächst eine Merkmalsanalyse des geltend gemachten Schutzanspruches zu fertigen und sodann das Vorliegen eines jeden Merkmals bei der angegriffenen Ausführungsform substantiiert darzutun. Dies hat der Antragsteller nicht getan. Er hat in seinem Schriftsatz vom 11. September 2003 lediglich Photographien angegriffener Ausführungsformen vorlegt und die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen mit der Ausgestaltung der von dem Antragsteller hergestellten und vertriebenen Wechselrahmen verglichen. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung des Verletzungstatbestandes.
Soweit der Antragsteller sich mit Schriftsatz vom 11. September 2003 auch gegen einen Verstoß wettbewerbsrechtlicher Vorschriften wendet, kann er hiermit nicht durchdringen. Die Aktivlegitimation des Antragstellers besteht nicht. Denn nicht der Antragsteller ist für die Herstellung der in Anlage Ast 6a bis c vorgelegten Wechselrahmen verantwortlich, sondern die Vb Inc. Der Antragsteller hat zwar in seiner Antragsschrift vom 22. Juli 2003 pauschal behauptet, dass er der Hersteller der Wechselrahmen sei. Auf den Verpackungen der vorgelegten Wechselrahmen wird jedoch die Vb Inc. genannt. Leistungsschutz kann jedoch bei der Übernahme einer Herstellerleistung grundsätzlich nur vom Hersteller in Anspruch genommen werden (BGH GRUR 1994, 630, 634 – Cartier-Armreif).
Auch genügt für die Darlegung eines wettbewerblichen Verstoßes nicht der pauschale Hinweis, dass, da sich die Antragsgegnerin in der Formgebung der Wechselrahmen und bei der Gestaltung der Verpackung an die Produkte des Antragstellers anlehne, ein sklavischer Nachbau und damit eine Wettbewerbsverletzung vorliege. Denn Gegenstand des den Immaterialgüterrechtsschutz ergänzenden Wettbewerbsschutzes sind nur Erzeugnisse von einer gewissen wettbewerblichen Eigenart. Nur derartige Leistungsergebnisse sind schutzwürdig. Allerweltserzeugnisse, deren Herkunft und Besonderheiten den interessierten Verkehrskreisen gleichgültig sind und die demgemäß und die demgemäß unter den wettbewerbsrechtlich relevanten Gesichtspunkten der Herkunftstäuschung, Rufausnutzung und Behinderung keine Rolle spielen, sind einem ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nicht zugänglich (BGH GRUR 1957, 37, 38 – Uhrenrohrwerke; GRUR 1968, 698, 702 – Rekordspritzen; GRUR 1988, 385, 386 – Wäsche-Kennzeichnungsbänder; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl. § 1 Rdnr. 602 m.w.N.). Die für den Wettbewerbsschutz danach erforderliche Eigenart setzt ein Erzeugnis voraus, dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte einzelne Merkmale geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder auf seine Besonderheiten hinzuweisen. Diese entsprechende wettbewerbliche Eigenart hat der Antragsteller nicht dargetan. Entsprechend unbestimmt ist auch der Unterlassungsantrag formuliert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 400.000,- EUR.
Dr. H
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