4a O 232/03 – Zahnkupplung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  177

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. November 2003 , Az. 4a O 232/03

I.

Die Beklagten werden verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

wartungsfreie axial-, radial- und winkelbewegliche Zahnkupplungen, deren Hülse einen scheibenförmigen Flansch mit Versteifungsrippen zur Befestigung in der Schwungscheibe einer Verbrennungskraftmaschine aufweist und bei welcher wenigstens die Innenverzahnung aus Kunststoff besteht, insbesondere für dieselhydraulische Antriebe,

anzubieten, in den Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die sich von den Flanschbefestigungspunkten zur Kupplungshülle erstreckenden Versteifungsrippen paarweise angeordnet und unter entgegengesetzt gerichteten Winkeln (α) gegen die Radiallinien des Flansches geneigt sind;

2.

der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 7. Mai 1994 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Liefe­ran­ten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefer­mengen, -zeiten und -preisen und Typen­bezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Ab­nehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots­men­gen, -zeiten und -preisen und Typen­be­zeich­nungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Ange­bots­empfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe­trä­gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Ver­breitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den zu Ziffer I.1. genannten Zahnkupplungen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei

die Beklagte zu 3. die vorgenannten Angaben zu Ziffer 2.a) nicht und die Angaben zu Ziffer 2.b) bis 2.e) nur für Lieferungen oder Angebote im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes zu machen hat.

II.

Es wird festgestellt,

dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 7. Mai 1994 begangenen Handlungen entstanden ist.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 26. November 1993 angemeldeten deutschen Gebrauchsmusters 93 18 139.6 (Anlage K1, fortan: Klagegebrauchsmuster), das am 24. Februar 1994 eingetragen und am 7. April 1994 bekannt gemacht worden ist.

Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft.

Es betrifft eine Zahnkupplung.

Wegen Verletzung des Klagegebrauchsmusters nimmt die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters lautet wie folgt:

Wartungsfreie axial-, radial- und winkelbewegliche Zahnkupplung, deren Hülse einen scheibenförmigen Flansch mit Versteifungsrippen zur Befestigung in der Schwungscheibe einer Verbrennungskraftmaschine aufweist und bei welcher wenigstens die Innenverzahnung aus Kunststoff besteht, insbesondere für dieselhydraulische Antriebe, dadurch gekennzeichnet, dass die sich von den Flanschbefestigungspunkten zur Kupplungshülse (1) erstreckenden Versteifungsrippen (8a, 8b) paarweise angeordnet und unter entgegengesetzt gerichteten Winkeln (α) gegen die Radiallinien (9) des Flansches geneigt sind.

Zur Erläuterung der Erfindung wird auf die in der Klagegebrauchsmusterschrift enthaltenen Zeichnungen verwiesen.

Die Beklagte zu 3., deren für den Vertrieb in Deutschland zuständige Tochtergesellschaft die von dem Beklagten zu 2. geführte Beklagte zu 1. ist, stellt her und vertreibt unter der Bezeichnung BE3EX FL Kupplungen zwischen Dieselmotoren und hydraulischen Pumpen. Die Klägerin hat zu dieser von ihr angegriffenen Ausführungsform einen in Deutschland aus dem Internet heruntergeladenen Katalog (Anlage K4) und eine weitere Informationsschrift (Anlage K5) vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16. Mai 2003 (Anlage K6) forderte die Klägerin die Beklagten mit dem Hinweis, andernfalls eine gerichtliche Durchsetzung der ihr zustehenden Ansprüche zu erwägen, dazu auf, im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform bis zum 2. Juni 2003 eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.

Hierauf antwortete die Beklagte zu 3. in einem Schreiben ihrer italienischen Rechtsbevollmächtigten vom 29. Mai 2003 (Anlage B1), dass sie keine fremde Erfindung nachbilden wolle, ein entsprechendes Produkt nicht nach Deutschland verkauft habe und dies auch zukünftig nicht beabsichtige. Die ihr zugesandte vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichneten die Beklagten nicht.

Die Klägerin sieht in der angegriffenen Ausführungsform eine unberechtigte wortlautgemäße Benutzung des Klagegebrauchsmusters.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagten haben in dem frühen ersten mündlichen Verhandlungstermin vom 28. Oktober 2003 erklärt, die gegen sie gerichteten Ansprüche unter Verwahrung gegen die Kostenlast anzuerkennen.

Die Klägerin hat daraufhin um den Erlass eines Anerkenntnisurteils nachgesucht.

Die Beklagten machen geltend, die italienischen Rechtsbevollmächtigten der Beklagten zu 3. hätten verkannt, dass es nach deutschem Recht zur Ausräumung einer Wiederholungsgefahr der Abgabe einer vertragsstrafenbewehrten Unterlassungserklärung bedarf. Hätten die italienischen Rechtsbevollmächtigten dies gewusst, wäre das Erfordernis umgehend nachgeholt worden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.

II.

Aufgrund des von ihnen erklärten Anerkenntnis sind die Beklagten in der aus dem Tenor zu ersehenden Weise zu verurteilen, Paragraph 307 Absatz 1 der deutschen Zivilprozessordnung.

Zugleich haben die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits nach den Paragraphen 91 Absatz 1, 100 Absatz 4 der deutschen Zivilprozessordnung gesamtschuldnerisch zu tragen.

Eine gegenteilige Kostenverteilung nach dem Paragraphen 93 der deutschen Zivilprozessordnung kommt hier nicht in Betracht.

Nach dem Paragraphen 93 der deutschen Zivilprozessordnung fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Veranlassung zur Klageerhebung gibt der in Wettbewerbs- sachen und auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes Inanspruchgenommene in der Regel dann, wenn er auf eine vorgerichtliche Abmahnung des Schutzrechtsinhabers nicht oder negativ reagiert (Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1990, Seite 381, dort: Seite 382; Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt, abgedruckt in: Das Juristische Büro 1985, Seite 1557).

Denn die Abmahnung ist nicht nur auf eine Beseitigung der rechtswidrigen Störung gerichtet, zu welcher der Störer nach dem Paragraphen 1004 des deutschen Bürgerlichern Gesetzbuches verpflichtet ist. Sie dient auch dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten, einen kostspieligen Rechtsstreit durch die Unterzeichnung einer vertragsstrafenbewehrten Unterlassungserklärung zu vermeiden (Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in der Amtlichen Entscheidungssammlung, Band 52, Seite 393, dort: Seite 399 bis 400 -Fotowettbewerb; Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1973, Seite 384, dort: Seite 385 -Goldene Armbänder; Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1984, Seite 129, dort: Seite 131 -shop-in-the-shop I; Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1991, Seite 550 -Zaunlasur; Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1995, Seite 338, dort: Seite 342 -Kleiderbügel).

Auf das Abmahnschreiben der Klägerin vom 16. Mai 2003 haben sich die Beklagten nicht dazu bereit gefunden, die ihnen im Entwurf zugesandte vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Hierdurch haben sie der Klägerin Veranlassung zur Erhebung der vorliegenden Klage gegeben.

Ohne Erfolg wenden die Beklagten hiergegen ein, den italienischen Rechtsbevollmächtigten der Beklagten zu 3. sei es nicht bekannt gewesen, dass es nach deutschem Recht einer entsprechenden Erklärung für die Beseitigung einer bestehenden Wiederholungsgefahr bedarf. Wenn sie sich dazu entschließen, Geschäftsaktivitäten auf dem hiesigen Markt durchzuführen, lag es in dem Verantwortungsbereich der Beklagten, sich über die diesbezüglich bestehenden Rechtsgrundsätze kundig zu machen. Eine Fehleinschätzung ihrer italienischen Rechtsbevollmächtigten geht zu Lasten der Beklagten.

III.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den Paragraphen 708 Nummer 1, 108 der deutschen Zivilprozessordnung.

IV.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

bis zum 27. Oktober 2003: 100.000,00 Euro,

sodann: Kosteninteresse.

H N L