4a O 162/02 – Drehtrommelofen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  173

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. März 2003, Az. 4a O 162/02

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

a) Drehtrommelöfen, mit einer dreh- und antreibbar gelagerten Ofen­trommel, die einen Trommelmantel aus einer Außenhülle und einer inneren Ausmauerung mit radial einwärts vor­stehen­den, um den Umfang verteilt angeordneten Rühr­körpern aus Eisen aufweist, zum Umschmelzen von Aluminium in einem Schutz­bad, insbesondere zum Schmelzraffinieren von Alumini­um­schrott in einer Salzschmelze, zu verwenden.

b) Nach I.1.a) gewonnene Aluminiumschmelze anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen.

2.

der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 23. Januar 1999 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Anzahl der eingesetzten Drehtrommelöfen sowie der Aluminiumschmelzmengen und –zeiten;

b) der einzelnen Lieferungen der Aluminiumschmelzmengen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer;

c) der einzelnen Angebote für die Alumiumschmelze, aufgeschlüsselt nach Angebots­men­gen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Ange­bots­empfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe­trä­gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Ver­breitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 6. April 2002 zu machen sind;

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1.

der Klägerin für die zu I.1 bezeichneten, in der Zeit vom 23. Januar 1999 bis zum 5. April 2002 begangenen Hand­lungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.

der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und/oder ihrem Rechtsvorgänger durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 6. April 2002 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann durch die schriftliche, unwiderruflich, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Herstellerin von Schmelz- und Gießanlagen sowie entsprechendem Zubehör, insbesondere von Drehtrommelöfen zum Um­schmelzen von Aluminium. Die Beklagte betreibt ein Metallhüttenwerk und verarbeitet Leichtmetalle wie Aluminium mit Dreh­trommel­öfen.

Herr T ist Inhaber eines europäischen Patentes 0 886 118 (Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent), welches die Verwendung eines Dreh­trommelofens zum Umschmelzen von Aluminium betrifft. Das Klagepatent, das u.a. auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde, wurde am 17. Juni 1998 angemeldet und nimmt die Priorität des österreichischen Patentes 105 697 vom 18. Juni 1997 in Anspruch. Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 23. Dezember 1998.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Verwendung eines Drehtrommelofens, mit einer dreh- und an­treib­bar gelagerten Ofentrommel (1), die einen Trommelmantel (2) aus einer Außenhülle (3) und einer inneren Ausmauerung (4) mit radial einwärts vorstehenden, um den Umfang verteilt ange­ordneten Rührkörpern (6) aus Eisen aufweist, zum Umschmelzen von Aluminium in einem Schutzbad, insbesondere zum Schmelz­raffinieren von Aluminium­schrott in einer Salzschmelze.“

Unter dem 7. bzw. 10. September 1998 vereinbarten der Patentinhaber und die Klägerin in einer mit „Lizenzvertrag“ überschriebenen Verein­barung die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz an dem zum dama­ligen Zeitpunkt beim Europäischen Patentamt (EPA) beantragten Klagepatent zugunsten der Klägerin.

In der Präambel wurde nachfolgendes niedergelegt:

„Der Lizenzgeber hat Rührkämme für Aluminium entwickelt, die für eine begrenzte Zeit gegen Aluminium resistent sind. Er hat hinsichtlich dieser Entwicklung um Erteilung eines Patentes beim Europäischen Patent­amt nachgesucht. Das Verfahren ist dort noch anhängig. Das Patent soll für den gesamten EU-Bereich erteilt werden. Gleichzeitig wurde um Gebrauchsmusterschutz in der BRD nachgesucht.“

In § 1 des Lizenzvertrages wurde der Vertragsgegenstand wie folgt definiert:

„Vertragsgegenstand sind sämtliche Rührkämme, die der Lizenznehmer unter Anwendung der eingangs erwähnten und zum Patent ange­meldeten Erfindung und Entwicklung des Lizenzgebers, selbst herstellt oder durch Dritte herstellen lässt oder für Dritte herstellt und sowohl im Inland als auch im Ausland vertreibt. Der Lizenzgeber räumt dem Lizenznehmer das Recht ein, das Vertragsobjekt in der oben beschrie­benen Weise herzustellen bzw. zu vertreiben.“

Unter § 2 – Art der Lizenz – wurde u.a. vereinbart:

„1. Der Lizenzgeber räumt dem Lizenznehmer die ausschließliche Lizenz für Herstellung und Vertrieb des lizenzierten Gegenstandes europaweit ein. Der Lizenzgeber ist demnach nicht berechtigt, im Vertragsgebiet (Europa) den lizenzierten Gegenstand selbst zu produzieren oder zu verwerten.“

Die Klägerin verkaufte vor dem Prioritätstag des Klagepatentes einen Aluminium-Umschmelzofen nach der Lehre des Klagepatentes, einen Umschmelzofen mit Rührpaddeln aus Gußeisen, an die B2 GmbH in Österreich (nachfolgend ASA; nunmehr eine Tochtergesellschaft der D GmbH). Unter dem 9. April 1996 machte die Klägerin der ASA ein Angebot über die Herstellung, Lieferung und Montageüberwachung einer Rührvorrichtung für den Aluminium-Drehofen (Anlage B I). Den Auftrag zur Lieferung des angebotenen Drehofens mit Rührvorrichtung erteilte die ASA am 11. September 1996. Die Lieferung und der Einbau des neuen Drehofens erfolgten im Dezember 1996.

Der Verkauf und die Lieferung des patentgemäßen Drehtrommelofens erfolgte vor folgendem Hintergrund:

Die Klägerin und die ASA standen seit dem Jahre 1988 in geschäftlichen Beziehungen; bereits im Jahre 1988 lieferte die Klägerin der ASA einen Drehtrommelofen. Im Jahre 1993 kam es dann zu einer weiteren Lieferung eines Drehtrommelofens, der intern die Nummer „G 44“ trug. Am 12. Februar 1996 fand zwischen Herrn T, damaliger Betriebsleiter der ASA, und dem Geschäftsführer der Klägerin, Herr T4, eine Besprechung statt. Grund dieses Gesprächs war eine Idee des Herrn T zur verbesserten Durch­mischung der Aluminiumschmelze in Drehtrommelöfen zu diskutieren. T2 trug sich mit dem Gedanken, Eisenblechplatten ins Innere des Dreh­trommelofens einzubringen, um die Durchmischung zu verbessern und insbesondere den hinzugefügten Schrott möglichst schnell zu schmelzen, indem er vollständig in die Schmelze eingetaucht wird. Eine Umsetzung dieses Gedankens sollte durch die Klägerin als Ofenherstellerin erfolgen. In diesem Gespräch am 12. Februar 1996 entwickelt der Geschäftsführer der Klägerin die Idee des Herrn T dahingehend weiter, dass im Versuchs­stadium massive Rührkörper aus Eisen, insbesondere Grauguss, Verwen­dung finden sollten. Am 27. März 1996 fand eine weitere Besprechung bei der ASA statt. Dort wurde vereinbart, dass die Klägerin eine Rührvorrichtung zur Lieferung anbieten sollte, die für den Einbau in den im Jahre 1993 gelieferten Ofen „G44“ geeignet sein sollte. Im Anschluss an dieses Gespräch arbeitete die Klägerin dann das obige Angebot vom 9. April 1996 aus.

Nach der Lieferung und dem Einbau der patentgemäßen Rührkämme in den Ofen wurde dieser 1997 in Betrieb genommen und die Rührkämme regelmäßig auf ihren Zustand, insbesondere etwaigen Verschleiß hin, untersucht. Nachdem festgestellt wurde, dass die Rührkämme nur unwesentlich einem Verschleiß unterliegen, wies T2 die ASA als seine Arbeitgeberin mit Schreiben vom 21. März 1997 darauf hin, dass eine Patentanmeldung erfolgen solle. ASA teilte Herrn T mit Schreiben vom 2. Juni 1997 mit, dass sie kein Interesse an der Anmeldung eines Patentes habe, so dass T2 daraufhin die Patentanmeldung bei dem Österreichischen Patentamt einreichte, aus der das Klagepatent die Priorität in Anspruch nimmt. Ende 1997 schied T2 bei der ASA aus.

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche wegen Verletzung des Klagepatentes geltend. Die Ausgestaltung der von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Drehtrommelöfen folgt aus den von der Klägerin als Anlage K 8, K 9 und K 10 zur Gerichtsakte gereichten Photographien der angegriffenen Ausführungsform, auf welche Bezug genommen wird. Unter dem 6. Dezember 2002 hat die Beklagte neben zwei weiteren Einsprechenden bei dem EPA Einspruch gegen das Klagepatent eingelegt, über den bisher nicht entschieden wurde.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Einsprüche seitens des Herrn T7 vom 4. Dezember 2002 und der Firma L KG vom 6. Dezember 2002 sowie der Beklagten vom 6. Dezember 2002 auszusetzen.

Sie vertritt die Auffassung, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Der unter dem 7. bzw. 10. September 1998 abgeschlossene Lizenz­vertrag zwischen dem Patentinhaber und der Klägerin sei nichtig, da der Lizenzgegenstand entgegen § 34 GWB a.F. nicht hinreichend bestimmt und der Lizenzvertrag damit formnichtig sei

Im Übrigen beruft sie sich auf die Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf den u.a. auch von ihr gegen das Klagepatent eingelegten Einspruch bei dem EPA. Sie macht hierbei geltend, dass das Klagepatent nicht neu sei, da im Hinblick auf das im Jahre 1996 erfolgte Angebot und den weiteren Einbau und die Benutzung eines patentgemäßen Drehtrommelofens bei der ASA eine offenkundige Vorbenutzung stattgefunden habe. Eine Geheimhaltungs­vereinbarung sei nicht getroffen worden. Des weiteren sei der patentgemäße Drehtrommelofen bei der ASA für Dritte ohne weiteres zu ersehen gewesen. Aus den in Anlage B 2a und B 2b vorgelegten Schriftverkehr der B GmbH und der MK Cooperation, Ohio, vom 20. Juni 1996 und 26. Juni 1996 ergebe sich, dass die ASA, die mit beiden Unternehmen in Kontakt stand und ihre Erfahrungen hinsichtlich der patentgemäßen Rührkämme vor dem Prioritätszeitpunkt weitergegeben hat.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen. Sie vertritt die Auffassung, dass der Verkauf eines patentgemäßen Drehtrommelofens mit Rührkämmen an die ASA die Neuheit des Klagepatentes nicht in Frage stelle. Die Voraussetzungen einer offenkundigen Vorbenutzung lägen nicht vor. Sie habe den erfindungsgemäßen Drehtrommelofen zusammen mit dem Inhaber des Klagepatentes und der ASA nach einer Grundidee des Patentinhabers entwickelt. Die Klägerin, der Patentinhaber und die ASA hätten eine Entwicklungsgemeinschaft gebildet und die ASA sei somit keine Dritte. Informationen seien zu keinem Zeitpunkt aus der Entwicklungs­gemeinschaft an Dritte gelangt. Es habe eine ausdrückliche Geheimhaltungsabrede bestanden, wie sich aus dem Schreiben der Klägerin an die ASA vom 15. Februar 1996 ergebe. Auch sei der Drehtrommelofen mit der Rührvorrichtung nicht frei zugänglich gewesen, die Rührvorrichtungen habe man nur bei geöffneter Ofentrommel erkennen können. Diese würden jedoch nicht längerfristig geöffnet, da die Öfen sich in Dauerbetrieb befinden würden. Aus dem in den Anlagen B 2a und B 2b vorgelegten Schriftverkehr lasse sich nicht schließen, dass Informationen über die patentgemäßen Rührkämme an Dritte weitergegeben worden seien. Zum Zeitpunkt des Schriftverkehrs hätten noch keine Erfahrungen mit den Rührkämmen im Betrieb bestanden, da Versuche mit diesen erst zu Beginn des Jahres 1997 nach dem Einbau der Rührkämme in den Drehtrommelofen „G44“ bei der ASA durchgeführt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadens­ersatz nach Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 1, 14, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Denn die Beklagte macht mit dem von ihr hergestellten und vertriebenen Drehtrommelofen mit Rührkämmen von der Lehre des Klagepatents Gebrauch.

I.

Die Klägerin ist entgegen der Ansicht der Beklagten aktivlegitimiert. Mit dem Lizenzvertrag vom 7. bzw. 10. September 1998 wurde ihr wirksam eine ausschließliche Lizenz an dem Klagepatent erteilt. § 34 GWB a.F. steht der Wirksamkeit der Lizenzvereinbarung nicht entgegen.

§ 34 GWB a.F., der nach der Rechtsprechung (BGH, GRUR 1999, 602 – Markant; NJW-RR 1999, 689; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. April 2002, Aktenzeichen U(Kart) 44/01, Umdruck S. 17) auf vor dem 31. Dezember 1998 abgeschlossene Altverträge weiterhin Anwendung findet, sieht vor, dass Verträge, die Beschränkungen der in §§ 16, 18, 20, 21 GWB a.F. bezeichne­ten Art enthalten, schriftlich abzufassen sind. Hierzu gehören auch Lizenzverträge der vorliegenden Art, die eine Lizenzierung von Patenten beinhalten (BGH GRUR 1998, 838, 839 – Lizenz- und Beratungsvertrag). Denn dem Schriftformerfordernis unterliegt jeder Schutz­rechts­verwertungsvertrag, der nach § 20 und 21 GWB a.F. erlaubte oder verbotene Lizenznehmerbeschränkungen enthält, wozu bereits die Ver­pflichtung zur Zahlung von Lizenzen gehört. § 34 Satz 3 GWB a.F. setzt insoweit voraus, dass der Gegenstand der Lizenz konkret benannt wird, soweit die Parteien hierüber eine Vereinbarung getroffen haben. Denn für die Gerichte und Kartell­behörden muss der Gegenstand des Lizenzvertrages genau zu ersehen sein.

Vorliegend haben die Parteien die lizenzierten Schutzrechte nur nach deren Inhalt beschrieben, vgl. Präambel i.V.m. § 1 des Lizenzvertrages, eine Registernummer jedoch nicht angegeben. Dies genügt nur dann den Anforderungen an eine dem § 34 GWB a.F. genügende Form, wenn die Parteien vorliegend auch keine weitergehende, konkrete Vereinbarung getroffen haben. Eine solche weitergehende Vereinbarung ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Die Vereinbarung genügt auch dem Sinn und Zweck der Formvorschrift des § 34 GWB a.F. Denn der Vereinbarung lässt sich konkret entnehmen, was Gegen­stand des Lizenzvertrages sein sollte. Der Inhalt der Schutzrechte ist konkret beschrieben worden. Dass die Parteien sie nicht mit einem Aktenzeichen bezeichnet haben, ist unschädlich, zumal T2 seinerzeit nur eine europäische Patentanmeldung eingereicht hat.

II.

Das Klagepatent betrifft einen Drehtrommelofen zum Umschmelzen von Aluminium.

Verschiedene Schmelzprozesse, vor allem auch die Schmelzraffination zur Aufarbeitung von Aluminiumschrotten, werden in Drehtrommelöfen durchge­führt, die über Brenner innen beheizt werden und das einge­brachte Schmelz­material einer gleichförmigen Trommeldrehung zur Umschichtung und Mischung einzuschmelzen erlauben. Um uner­wünschte Oxidations­prozesse oder andere chemische Reaktionen zu ver­hindern, wird das Ein­schmel­zen oft auch in einem Schutzbad vorge­nommen, bei Aluminium­schrott beispielsweise in einer Salz­schmelze. Dabei ist es aus dem Stand der Technik bekannt – so die Klage­patentschrift – den Trommelmantel an der Innenseite mit Rührkämmen auszustatten, die das Eintauchen der in den Ofen eingebrachten Schrotteile in die Salzschmelze beschleunigen und das Durchmischen beim Schmelzen verstärken sollen, wobei die Rührkämme mit der feuer- und hitzefesten Ausmauerung des Trommelmantels mitgemauert werden und axial durchgehende Mauerungsrippen bilden. Diese Rührkämme haben den Nachteil, dass sie sehr verschleißanfällig sind und sich schnell abnutzen. Eine Erneuerung der Rührkämme ist wesentlich früher erforderlich als eine Neuausstattung der Trommel mit einer schützenden Ausmauerung, wobei eine solche Erneuerung der Rührkämme ein langes Stilllegen des Trommelofens bedeutet.

Als Stand der Technik führt die Klagepatentschrift die DE 580 572 (Anlage K 3) an, welche einen Drehtrommelofen offenbart. Dieser dient zum Brennen von Zement, Kalk, Gips und ähnlichem Gut und nutzt innenseitige Wärme­übertragungskörper aus Metall. Diese kommen jedoch – so die Klagepatentschrift – nur bei pulvrigen, nicht­metallischen Trocken­substanzen zur Verwendung.

Die DE 892 382 (Anlage K 4) offenbart einen drehbaren Trommelofen zum Schmelzen von Leichtmetallabfällen. Dessen Ofenraum ist mit einer Vielzahl wellenförmiger, axial verlaufender Erhebungen ausge­rüstet. Hierdurch versucht man, das im Ofeninneren vorhandene Metall­bad im Bereich der Trommel­wandung umzuwälzen. Zwar fließt das Metall durcheinander und die inneren kälteren Badschichten kommen mit der zumeist heißen Ofenwand in Berührung. Allerdings weisen die solchermaßen gebildeten Rühr­kämme die gleichen Nachteile wie die vorstehend beschriebenen auf.

Der Erfindung liegt daher das technische Problem („die Aufgabe“) zugrunde, einen Drehtrommelofen zu schaffen, welcher sich durch eine wirkungsvolle und aufwandsarme Rührkammausrüstung auszeichnet und einen rationellen Schmelzbetrieb erlaubt.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in Anspruch 1 des Klagepatentes eine Vorrichtung mit nachfolgenden Merkmalen vor:

1. Verwendung eines Drehtrommelofens zum Umschmelzen von Aluminium in einem Schutzbad, insbesondere zum Schmelz­raffinieren von Aluminiumschrott in einer Salz­schmelze.

2. Der Drehtrommelofen hat eine dreh- und antreibbar gelagert Ofentrommel (1).

3. Die Ofentrommel (1) weist einen Trommelmantel (2) auf,

a) aus einer Außenhülle (3) und

b) einer inneren Ausmauerung (4).

4. Die innere Ausmauerung (4) ist mit Rührkörpern (6) ausgerüstet, die

a) aus Eisen sind

b) radial einwärts vorstehen

c) um den Umfang verteilt angeordnet sind.

Durch die Verwendung von Rührkörpern bestehend aus Eisen­werkstoffen, insbesondere Grauguss, werden bessere Standzeiten und eine bessere Funktionstüchtigkeit erreicht bei gleichzeitig einfacher Herstell- und Hantierbarkeit.

III.

Die angegriffene Ausführungsform verletzt das Klagepatent wie zwischen den Parteien unstreitig feststeht.

Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.

Da die Beklagte den Gegenstand des Klagepatents unter Verstoß gegen § 9 PatG benutzt hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG.

2.

Die Klägerin kann zudem von der Beklagten nach § 139 Abs. 2 PatG Schadensersatz verlangen. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatz­verpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatz­anspruch beziffern zu können, ist die Beklagte ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.

Gemäß § 140 b PatG hat die Beklagte ferner über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2 mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

IV.

Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung be­steht keine Veranlassung. Nach der Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Trans­portfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtig­keits­klage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungs­rechtsstreit aus­zu­setzen, da dies faktisch darauf hinauslau­fen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hem­mende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patentes Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies wiederum kann regelmä­ßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am näch­sten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berück­sichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch ver­nünftige Argumente finden lassen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht im Hinblick auf den Einspruch der Beklagten gegen das Klagepatent keine hinreichende Veranlassung. Ein Widerruf des Klagepatentes ist nicht mit überwiegender Wahrschein­lichkeit zu erwarten. Weder die von der Beklagten entgegen gehaltenen Druckschriften noch das Vorbringen zu einer offenkundigen Vorbenutzung stehen der Neuheit des Klagepatentes entgegen.

1. Die von den weiteren Einsprechenden entgegen­gehaltenen Druckschriften wurden bereits im Erteilungsverfahren herangezogen, was nach der vorstehend erörterten Recht­sprechung der Kammer gegen die erforderliche hohe Erfolgswahrscheinlichkeit des Widerrufs spricht.

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die erfindungsgemäße Lehre auch neu; eine offenkundige Vorbenutzung durch die Klägerin vor dem Prioritätsdatum – 17. Juni 1997 – ist nicht dargetan.

Eine offenkundige Vorbenutzung liegt vor, wenn die Benutzungs­handlung nach ihrer Art geeignet war das Wesen der Erfindung kundbar zu machen und es ermöglichte, dass beliebige, zur Geheimhaltung nicht verpflichtete Dritte von dem benutzten Gegenstand zuverlässige Kenntnis erlangen konnten (BGH, GRUR 1996, 747, 752 – Lichtbogen-Plasma-Beschichtungs­system; GRUR 1962, 518, 520 – Blitzlichtgerät; Busse/Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl., § 3 Rdnr. 47 m.w.N.). Dies zugrundelegend ist eine offenkundige Vorbenutzung nicht ersichtlich.

So kann eine offenkundige Vorbenutzung nicht in dem Verkaufsangebot der Klägerin vom 9. April 1996 mit der Angebotsnummer 70069/0496 (Anlage B I) über einen patentgemäßen Dreht­rommel­ofen an die ASA gesehen werden. Denn die ASA stellt keine beliebige Dritte dar. Die Klägerin und die ASA, vertreten durch den damaligen Betriebsleiter T2, haben gemeinsam die patentgemäßen Rührkämme ent­wickelt und bildeten insoweit eine Entwicklungsgemeinschaft. Die Unter­nehmen standen bereits seit der ersten Lieferung eines Drehtrommelofens im Jahre 1988 in geschäftlichem Kontakt; eine weitere Lieferung eines Drehtrommelofens, der „G44“, erfolgte im Jahre 1993. Aus den negativen Erfahrungen der aus dem Stand der Technik bekannten Drehtrommelöfen mit gemauerten Rührkämmen entwickel­ten sowohl T2 als auch die Klägerin durch ihren Geschäfts­führer Herrn T4 gemeinsam die Idee einer verbesserten Durch­mischung der Aluminiumschmelze in Drehtrommelöfen, indem massive Rührkörper aus Grauguss Verwendung finden sollten. Das zunächst eine gemeinsame Entwicklung eines neuen Drehtrommelofens stattfinden sollte, ergibt sich aus dem Angebot selbst. Denn dort ist schriftlich niedergelegt, dass „hier der erste Versuch mit dieser Technik gefahren wird“ und dass deswegen „das Wärmedehnungs­verhalten der Rührer und die Auswirkungen auf den Ofenmantel beobachtet werden“ muss. Da die ASA dementsprechend keine Dritte darstellt, stellt das durch die Klägerin unter dem 9. April 1996 ausgesprochene Angebot keine offenkundige Vorbenutzung der patentgemäßen Lehre dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin und die ASA – wie von der Klägerin behauptet – ausdrücklich eine Geheimhaltungs­vereinbarung getroffen haben. Denn das gemeinsame Interesse der bei einer technischen Entwicklung Zusammenarbeitenden an Geheimhaltung schließt in der Regel die Offenkundigkeit eines im Rahmen dieser Zusammenarbeit gemachten Angebots aus (Busse/Keukenschrijver, a.a.O. § 3 Rdnr. 60).

Auch die Lieferung und der Einbau des patentgemäßen Rührofens im Dezember 1996 gibt keinen Hinweis auf eine offenkundige Vorbe­nutzung. Es ist nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht konkret vorgetragen, dass Dritten die patentgemäße Vorrichtung zugänglich gemacht wurde. Die Beklagte hat lediglich pauschal behauptet, dass die patentgemäße Vorrichtung bei der ASA frei zugänglich war. Dies hat die Klägerin konkret bestritten. Danach han­del­te es sich bei der ASA zum einen um ein für Dritte nicht frei zugängliches Werk, welches aus Sicherheitsgründen über spezielle Absperrmaßnahmen verfügte und wo ein Einlass nur über Pförtner möglich war. Zum anderen war auch die patentgemäße Vorrichtung nicht ohne weiteres zu erkennen, da die Rührkämme im Inneren des Ofens angeordnet und daher nur dann zu sehen sind, wenn der Ofen sich außer Betrieb befindet – was bei einem 24 Stunden Betrieb nur selten geschieht – und der Deckel geöffnet ist. Vor diesem Hintergrund hätte es der darlegungsbelasteten Beklagten oblegen darzutun, dass dritte Personen ungehindert in das Werk gelangten und von der patentgemäßen Vorrichtung trotz Dauerbetriebes Kenntnis nahmen.

Auch eine Zusammenschau des in Anlage B 2a und B 2b vorgelegten Briefwechsels zwischen dem B GmbH und der MK Corp. gibt keinen Hinweis auf eine offen­kundige Vorbenutzung. So ist zwar in dem Schreiben der C GmbH vom 26. Juni 1996 (Anlage B 2b) von „puddles in rotary 1“ die Rede, mit denen gute Ergebnisse erzielt wurden. Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor, dass es sich bei diesen „puddles“ um patentgemäße Rührkämme gehandelt hat. So ist nicht ersichtlich, dass es sich bei diesen „puddles“ überhaupt um Rührkämme handelt, insbesondere solche aus Eisen bzw. Grauguss. Auch ist vor dem Hintergrund der zeitlichen Entwicklung der Erfindung nicht zu erkennen, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Schreibens bereits Erfahrungen über „puddles“ ausgetauscht werden konnten. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin wurden erste Versuche mit den patentgemäßen Rührkämmen erst zu Beginn des Jahres 1997 bei der ASA durchgeführt, nachdem die Lieferung und der Einbau der Rührkämme durch die Klägerin im Dezember 1996 erfolgt ist, so dass im Juni 1996 noch keine Erkenntnisse vorhanden sein konnten und demzufolge nicht ausgetauscht werden konnten. Eine Zusammenschau mit dem in Anlage B 2a vorgelegten Schreiben vom 20. Juni 1996 führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch dort gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass bereits Erfahrungen mit patent­gemäßen Rührkämmen gemacht und ausgetauscht worden sind. Auch in diesem Schreiben ist lediglich von „puddles“ die Rede ohne Hinweis darauf, aus welchem Material sie bestehen.

Da die Beklagte die Voraussetzungen einer offenkundigen Vorbe­nutzung nicht dargetan hat, besteht auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Widerrufs des Klagepatentes und damit eine hinreichende Veranlassung für eine Aussetzung des Rechtsstreits.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 200.000,- EUR.

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