4b O 187/09 – Escherichia

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1312

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 3. November 2009, Az. 4b O 187/09

Rechtsmittelinstanz: 2 U 148/09

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

A in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, das

mittels eines Verfahrens hergestellt wurde, welches das Kultivieren eines Bakteriums der Gattung Escherichia, das DNA enthält, die für eine Dihydrodipicolinatsynthase aus einem Bakterium der Gattung Escherichia kodiert, die eine Mutation hat, die aus einem Austausch des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest, gezählt vom N-Terminus der Aminosäuresequenz der in Sequenz ID NO:3 des Sequenzprotokolls definierten Dihydrodipicolinatsynthase, besteht, in einem geeigneten Medium umfasst,

2. den Klägerinnen unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26.02.2005 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei sämtliche Angaben gegenüber der Klägerin zu 2) erst ab dem 5.12.2006 zu machen sind,

wobei die Angaben zu den Einkaufspreisen sowie den Verkaufsstellen nur für die Zeit seit dem 1.09.2008 zu machen sind und

wobei die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu lit. a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

2. das in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindliche, gemäß dem unter Ziffer I. 1. beschriebenen Verfahren hergestellte A zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

3. das gemäß dem unter Ziffer I. 1. beschriebenen Verfahren hergestellte A gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den durch das Urteil der Kammer vom heutigen Tage gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, gegebenenfalls bereits gezahlte Kaufpreise bzw. sonstige Äquivalente zu erstatten, sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten und mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen, soweit die Erzeugnisse nach dem 26.02.2005 angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht, oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen wurden,

wobei diese Verpflichtung gegenüber der Klägerin zu 2) erst für Erzeugnisse besteht, die nach dem 5.12.2006 angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht, oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen wurden.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1) der Klägerin zu 1) allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 26.02.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,
2) der Klägerin zu 2) allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 05.12.2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Beklagte hat 37/40 der Gerichtskosten und eigenen außergerichtlichen Kosten, 19/20 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) und 18/20 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) zu tragen. Die Klägerin zu 1) hat 1/40 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und 1/20 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Die Klägerin zu 2) hat 2/40 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und 2/20 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerinnen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 € und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d
Die Klägerin zu 1), ein japanisches Unternehmen, ist eingetragene Inhaberin des unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 8.12.1993 (JP 30839XXX) am 28.11.1994 angemeldeten europäischen Patents 0 733 XXX (nachfolgend: Klagepatent, Anlage K A 12), dessen Erteilung am 26.01.2005 veröffentlicht worden ist. Als Vertragsstaat ist unter anderem die Bundesrepublik Deutschland benannt. Der deutsche Teil des in englischer Verfahrenssprache abgefassten Klagepatents ist unter dem Aktenzeichen DE 694 34 XXX (Anlage K A 13) veröffentlicht.

Das Klagepatent, welches ein Verfahren zur Herstellung von A (nachfolgend: A) durch Fermentation betrifft, steht in Kraft. Das Bundespatentgericht hat die gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage (3 Ni XXX/08(EU)) mit Urteil vom 16.09.2009 abgewiesen.

Die im vorliegenden Rechtsstreit in Kombination geltend gemachten Ansprüche 12, 11 und 1 des Klagepatents lauten in der deutschen Übersetzung wie folgt:

„12. Verfahren zur Herstellung von A, welches das Kultivieren eines Bakteriums der Gattung Escherichia nach einem der Ansprüche 2 bis 11 in einem geeigneten Medium umfasst.

11. Bakterium der Gattung Escherichia, das die DNA nach Anspruch 1 enthält.

1. DNA, die für eine Dihydrodipicolinatsynthase aus einem Bakterium der Gattung Escherichia kodiert, die eine Mutation hat, die aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus einem Austausch des Alaninrestes 81 gegen einen Valinrest, einem Austausch des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest und einem Austausch des Alaninrestes 81 gegen einen Valinrest und des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest, gezählt vom N-Terminus der Aminosäuresequenz der in Sequenz ID NO:3 des Sequenzprotokolls definierten Dihydrodipicolinatsynthase, besteht.“

Wegen der weiteren Patentansprüche, insbesondere der Unteransprüche 2, 3 und 4 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Die Klägerinnen schlossen am 14.09.1994 ein „Licence Agreement“ (Anlage K 34a, nachfolgend: Lizenzvertrag), mit welchem die Klägerin zu 1) der Klägerin zu 2) eine ausschließliche Herstellungs- und Vertriebslizenz für die im dortigen Appendix 3 aufgelisteten Patente einräumte. Die Klägerin zu 1) behielt sich für den Fall, dass die Klägerin zu 2) den Bedarf von A im Vertragsgebiet nicht decken kann, das Recht vor, von ihr selbst hergestelltes A in das betreffende Gebiet zu liefern (Art. 2 (C) des Lizenzvertrages). Die Parteien vereinbarten zudem eine Umsatzlizenz (Art. 6 des Lizenzvertrages) und stellten Regelungen für den Fall einer Verletzung eines lizenzierten Rechtes auf (Art. 11 des Lizenzvertrages). Mit einem „Memorandum“ vom 25.06.2008 (Anlage K 34b) änderten die Klägerinnen den Lizenzvertrag mit Wirkung zum 5.12.2006 ab, u. a. wurde der ursprüngliche Appendix 3 durch einen neuen Appendix 3 ersetzt. In dem neuen Appendix 3 ist erstmals das Klagepatent genannt. Wegen des weitergehenden Inhalts und des konkreten Wortlauts des Lizenzvertrages, des Memorandums und des Appendix 3 wird auf die hiervon überreichten Kopien Bezug genommen.

Die Beklagte mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland ist eine internationale Marketing-Organisation im Bereich der Chemie, die ihren Schwerpunkt in der nationalen und regionalen Distribution u. a. von Chemikalien, Pharmazeutika und Nahrungszusätzen für Tiernahrung hat. Seit 2005 gehört zu ihrer Produktpalette A der in Hong Kong ansässigen und von den Klägerinnen ursprünglich zugleich im Ausgangsverfahren (4b O XXX/08) in Anspruch genommenen B Ltd. (Beklagte zu 1) des Ausgangsverfahrens, nachfolgend: B). Hergestellt wird dieses von der Beklagten auch in Deutschland vertriebene A von der Tochtergesellschaft der B, der in China ansässigen C Ltd. (Beklagte zu 3) des Ausgangsverfahrens, nachfolgend: C), welche das A auch über die mit ihr verbundene, in Hong Kong ansässige D Ltd. (Beklagte zu 2) des Ausgangsverfahrens, nachfolgend: D) vertreibt. Aus dem ursprünglich gegen die B, C und D (ursprüngliche Beklagten zu 1) bis 3)) und die Beklagte (im Ausgangsverfahren Beklagte zu 4)) gerichteten Ausgangsverfahren (4b O XXX/08) ist das Verfahren gegen die Beklagte abgetrennt worden.

Im Jahre 2005 teilte die B in einer Mitteilung gegenüber einem Analysten (Anlage K 6) und in einer Pressemitteilung (Anlage K 5) mit, dass bei der Herstellung ihres As ein neuartiger Stamm von Mikroorganismen zum Einsatz kommt, was mit verschiedenen Vorteilen verbunden sei. In der Folgezeit führten und führen die Parteien einschließlich der B, der C und der D in den Niederlanden, Belgien und Polen Rechtsstreitigkeiten, die das Klagepatent zum Gegenstand haben.
In den Niederlanden wurde Anfang 2006 von den Klägerinnen ein Besichtigungsverfahren eingeleitet, welches von der Beklagten in die Niederlande geliefertes A betraf, das von B, C und D hergestellt und vertrieben worden war. Die aus dem besichtigten A genommenen Proben wurden von dem niederländischen E Institut (Anlage K 22, deutsche Übersetzung K 22a) untersucht. Gestützt auf diese, auf den 26.06.2006 datierende Analyse erkannte das Gericht ´s Gravenhage mit Urteil vom 22.08.2007 (Anlage K 4) auf eine Verletzung des Klagepatents in den Niederlanden. Die Einlassung der B, C und D, sie wüssten nicht, welche Bakterien sie für die Herstellung von A verwendeten, sie könnten allerdings mitteilen, dass sie einen E -Stamm verwendeten, den sie bei einem Militärlabor in China erworben hätten, das ihnen mitgeteilt habe, dass es sich nicht 100%ig um denselben Stamm wie den von den Klägerinnen verwendeten Stamm handele, vermochte das niederländische Gericht bei seiner Entscheidung nicht zu berücksichtigen.
In Belgien ordnete im Frühjahr 2008 das Handelsgericht Antwerpen eine Besichtigung bzw. Beschlagnahme der Lager-/Büroräume der F sowie eines von der Beklagten genutzten Lagerhauses der Firma G an. Der gerichtliche Sachverständige stellte in seinem Bericht vom 4.08.2008 (Anlage K 2, deutsche Übersetzung Anlage K 2b) hierzu fest, dass ein erheblicher Teil des in dem Lagerhaus der Firma G befindlichen As im Eigentum der Beklagten stand und für den Transport nach Deutschland bestimmt war. Beides bestätigte die Beklagte im Rahmen eines Schriftsatzes, mit dem sie aus eben diesen Gründen eine Aufhebung der Beschlagnahme begehrte (Schriftsatz vom 6.06.2008, Anlage K 17, deutsche Übersetzung K 17a). Als Herstellerin eines Großteils des beschlagnahmten As ermittelte der gerichtliche Sachverständige die B und die D. Proben des aufgefundenen As ließ der gerichtliche Sachverständige durch das Institut H (deutsche Übersetzung Anlage K 16a) untersuchen. Die Untersuchung veranlasste den gerichtlichen Sachverständigen zu der Schlussfolgerung, dass für die Herstellung aller (bis auf eine) Proben ein E -Stamm eingesetzt wurde, der ein mutiertes dapA-Gen enthält.

Die Klägerinnen behaupten, sie hätten in Deutschland zwei Säcke à 25 kg A (Anlage K 9) erworben, wobei diese Säcke – insoweit unstreitig – nicht von der Beklagten selbst bezogen wurden. Die Analyse des Instituts E der aus diesen Säcken gezogenen Proben belege, wie der Untersuchungsbericht vom 10.09.2008 (Anlage K 10, deutsche Übersetzung Anlage K 10a) zeige, eine Verwirklichung des Klagepatents. Die dortigen Experimente 1 und 2 hätten sichtbar gemacht, dass in den untersuchten Aproben DNA des Bakteriums Escherichia Coli (im folgenden: E.coli) vorhanden sei, die für einen Teil des Dihydrodipicolinatsynthase (nachfolgend: DDPS) Enzyms kodiert sei, und bei der der Histidinrest an der Position 118 gegen einen Tyrosinrest ausgetauscht worden sei. Es sei mithin in dem A DNA einer anspruchsgemäßen Mutation des E.coli Bakteriums gefunden worden. Dies folge auch aus dem Privatgutachten von Prof. Dr. I vom 11.09.2009 (Anlage K 11), welches die von dem Institut E durgeführten analytischen Experimente im Einzelnen erläutere sowie deren Richtigkeit bestätige. Die Klägerinnen nehmen deshalb die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft- und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung in Anspruch, wozu sie sich als Inhaberin des Klagepatents bzw. ausschließliche Lizenznehmerin auch beide vollumfänglich als berechtigt ansehen. Ein Anspruch auf Veröffentlichung des Urteils ergebe sich aus dem Umstand, dass die Klägerin zu 1) ein führendes Forschungs- und Entwicklungsunternehmen sei, welches insbesondere in das Produkt A viel investiert habe. Ihr Ruf werde durch „Trittbrettfahrer“ stark geschädigt; A sei ihr wichtigstes Produkt. Die Beklagte sei ein großes, international tätiges Unternehmen, so dass der im großen Umfang erfolgte Vertrieb durch die Beklagte erhebliche rufschädigende und kommerzielle Nachteile mit sich bringe.

Die Klägerinnen beantragen,
wie zuerkannt,
wobei sie den Rechnungslegungs- und Auskunftsanspruch, den Schadenersatzfeststellungsanspruch und den Rückrufanspruch auch für die Klägerin zu 2) ab dem 26.02.2005 geltend machen und darüber hinaus die Gestattung begehren, das Urteil unter Bezeichnung der Parteien, des Tenors sowie der Benennung der patentverletzenden Produkte auf Kosten der Beklagten durch eine in der Zeitschrift „Feedstuffs“ dreimal erscheinende halbseitige Anzeige öffentlich zu machen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des Klagepatents gerichtete Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerinnen. Zwar sei zwischen den Klägerinnen ein Lizenzvertrag geschlossen worden, es gelte jedoch zu bedenken, dass Art. 11 (A) des Lizenzvertrages einer gemeinsamen Klage beider Klägerinnen entgegen stehe, die Lizenzgebühren nach Art. 6 des Lizenzvertrages angepasst werden können und die Klägerin zu 2) immer Lieferantin des As bleibe, auch wenn der Fall des Art. 2 (C) des Lizenzvertrages eingreife.
Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Klägerinnen hätten eine Verletzungshandlung ihrerseits nicht substantiiert vorgetragen. Eine irgendwie geartete Verbindung zwischen den in der Abbildung K 9 gezeigten, unstreitig nicht von ihr vertriebenen Säcken und ihr finde sich in der Klageschrift nicht. Ihr sei nicht bekannt, auf welchem Wege diese Charge auf den deutschen Markt gelangt sei. Sie müsse daher auch mit Nichtwissen bestreiten, dass es sich um Proben handele, die aus dem deutschen Markt stammen. Soweit die Klägerinnen vortragen, sie habe patentverletzendes A aus der Produktion bzw. Vertrieb der B und der D in Deutschland auf dem Markt gebracht, sei unklar, ob es sich dabei um A handeln solle, das von diesen vertrieben worden sei oder um solches, das von B und D produziert worden sei. Die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen in dem belgischen Verfahren hülfen – so die Beklagte weiter – ebenso wenig zum Beleg einer Verletzungshandlung. Die Klägerinnen trügen nämlich nicht vor, dass aus dem in dem Lager der Firma G vorgefundenen A konkrete Lieferungen nach Deutschland erfolgt seien und zu welchen Zeitpunkten dies geschehen sein solle. Auch gäben die Klägerinnen nichts zur Beschaffenheit dieses As an. Bei der Durchsuchung in Belgien sei zudem A gefunden worden, das aus dem Corynebakterium stamme und folglich das Klagepatent nicht verletzen könne. Die dortigen Untersuchungen hätten überdies gezeigt, dass es mit dem gleichen Herstellungsverfahren zu unterschiedlichen Produkten kommen könne. Ob das von ihr in Deutschland vertriebene A nach einem anderen Herstellungsverfahren hergestellt worden sei als das in Belgien vertriebene, könne sie nicht sagen.
Die Beklagte meint des Weiteren, die Klägerinnen hätten eine Verletzung des Klagepatents nicht schlüssig vorgetragen. Die Vorlage des Analyseberichts des Instituts E vom 10.09.2008 (Anlage K 10a) genüge nicht. Abgesehen davon, dass diese Untersuchung bereits wegen des Umstandes, dass die untersuchten Chargen nicht von ihr vertrieben worden seien, ohne jede Relevanz sei, handele es sich lediglich um eine Analyse des Endprodukts. Damit sei eine Aussage über das Herstellungsverfahren des As nicht möglich. Soweit in dem Bericht die Feststellung getroffen werde, dass in den untersuchten Proben DNA von Bakterien der Gattung E.coli aufgefunden worden sei, sei die Herkunft des Bakteriums völlig unklar. Der Bericht schließe nicht aus, dass es sich um eine bloße Verunreinigung handele. Das Institut E habe es außerdem unterlassen, zu untersuchen, ob in der Probe etwa auch DNA des Corynebakteriums enthalten sei. Erheblich mit Lücken behaftet sei darüber hinaus der Vortrag der Klägerinnen, dass in der Probe eine DNA mit den spezifischen Mutationen des E. coli Bakteriums gefunden worden sei. Aus dem allenfalls relevanten Analysebericht des Instituts E vom 26.06.2006 (Anlage K 22a) lasse sich eine Verwirklichung des Klagepatents ebenso wenig ableiten. Ihm stünde dieselbe Kritik entgegen. Die Identität des angeblich zur Herstellung des As verwendeten Organismus sei nicht nachgewiesen. Die Klägerinnen verfügten – unstreitig – nicht über eine vollständige DNA dieses Organismus. Der Testbericht sage auch nichts darüber aus, in welcher Menge dieser Organismus in den Proben vorhanden war und ob nicht zusätzliche weitere Organismen vorgefunden worden sind.
Zu dem Herstellungsverfahren des von ihr vertriebenen As besitze sie keine näheren Erkenntnisse. Es sei ihr deshalb weder möglich, konkrete Merkmale des Herstellungsverfahrens zu bestreiten noch über ein bloßes Bestreiten hinausgehende Angaben zu machen.
Mit Blick auf den geltend gemachten Anspruch auf Urteilsveröffentlichung bestreitet die Beklagte eine Rufschädigung. Vorliegend stehe außerdem allein der Vertrieb auf dem deutschen Markt in Rede, weshalb insbesondere auch die Veröffentlichung des Urteils in einer international erscheinenden Zeitschrift über ein etwaiges Interesse der Klägerinnen weit hinausgehe.
Der Rechtsstreit sei jedenfalls auszusetzen. Auch wenn das Bundespatentgericht erstinstanzlich das Klagepatent aufrechterhalten hat, bestünden die Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Klagepatents unverändert fort.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist in weitaus überwiegendem Maße begründet. Es ist festzustellen, dass das von der Beklagten in Deutschland vertriebene A nach einem Herstellungsverfahren hergestellt ist, das von den Merkmalen des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht. Die Beklagte ist deshalb zur Unterlassung, Auskunft- und Rechnungslegung, Vernichtung und zum Rückruf verpflichtet. Festzustellen war überdies ihre Schadenersatzpflicht. Abzuweisen war die Klage allerdings insoweit, als dass auch die Klägerin zu 2) Rechnungslegung, Auskunft, Feststellung der Schadenersatzpflicht und Rückruf bereits ab dem 26.02.2005 und beide Klägerinnen die Veröffentlichung des Urteils begehren. Ein Anlass, den Rechtsstreit auszusetzen besteht nicht.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von A durch Fermentation sowie DNAs und Mikroorganismen, die für dieses Herstellungsverfahren eingesetzt werden können.

A ist eine essentielle Aminosäure, mithin ein Proteinbaustein, den tierische Organismen für ihr Wachstum und die Wiederherstellung von Gewebe benötigen. Da A nicht im tierischen Körper selbst erzeugt werden kann, sondern in Pflanzen und Mikroorganismen aus Asparaginsäure biosynthetisiert wird, bedarf es der Zufuhr dieser Aminosäure, was vorzugsweise über die Nahrung geschieht. A findet deshalb Verwendung in Tierfutter und ist, da es sich um eine so genannte limitierende Aminosäure handelt, deren Mengenanteil in der Nahrung die Fähigkeit des Tieres Proteine zu synthetisieren begrenzt, ein entscheidendes Qualitätskriterium des Tierfutters. Die industrielle Herstellung von A hat infolge dessen große Bedeutung erlangt.

Industriell wird A mittels Fermentationsverfahren hergestellt. Hierbei werden Rohstoffe wie Glukose in einen Fermentationsbehälter gefüllt, in dem dann durch Einsatz von spezifischen Mikroorganismen durch den Metabolismus des Mikroorganismus A erzeugt wird. Diese Biosynthese besteht aus verschiedenen chemischen Umwandlungsschritten. Als Mikroorganismen können Bakterien zum Einsatz kommen, wobei sowohl natürliche Bakterienstämme als auch künstliche Mutantenstämme verwendet werden können. Von letzteren waren, wie das Klagepatent im Einzelnen erläutert, eine große Anzahl bekannt. Sie gehören zur Gattung Brevibakterium, Corynebakterium, Bacillus oder Escherichia.

Wird im Rahmen eines Fermentationsprozesses ein E.coli Bakterium eingesetzt, ergibt sich der nachfolgend bildlich dargestellte Biosyntheseweg:

Bei dieser Biosynthese von A kommt es zu einer so genannten Rückkopplungshemmung („Feedback Inhibition“). Damit ist der Vorgang gemeint, dass ein Endprodukt einer biochemischen Reaktionskette seinerseits einen vorangehenden Reaktionsschritt hemmt, indem es zum Beispiel mit dem für diesen Reaktionsschritt erforderlichen Enzym zusammenwirkt. Hierdurch werden die Aktivität und die Produktion des Endproduktes insgesamt gehemmt bzw. verringert. Bei der Biosynthese von A mit E.coli stellt sich diese Rückkopplungshemmung bezüglich zweier Enzyme ein: A inhibiert zum einen die Aktivität des Enzyms DDPS und zum anderen die Aktivität des Enzyms Aspartokinase III (nachfolgend: AKIII).

Da die Rückkopplungshemmung bei der gewerblichen Herstellung von A unerwünscht ist, bietet der Stand der Technik verschiedene Wege zur Umgehung dieses Effektes. So ist beispielsweise, worauf das Klagepatent hinweist, ein Verfahren zur Herstellung von A unter Einsatz eines Bakteriums der Gattung Escherichia bekannt, in das DDPS aus einem Bakterium der Gattung Corynebakterium eingeführt ist, weil dieses keiner Rückkopplungshemmung unterliegt. Nachteilig hieran ist jedoch, dass die obere Temperaturgrenze für das Wachstum von Bakterien der Gattung Corynebakterium etwa 10 Grad niedriger ist als die obere Temperaturgrenze für das Wachstum von Bakterien der Gattung Escherichia. Es besteht mithin ein erhöhter Aufwand für die Kühlung. Zudem haben diese Bakterien eine geringere Wachstumsgeschwindigkeit, eine begrenzte Aproduktionsgeschwindigkeit und somit eine geringere Produktionsausbeute.

Vor diesem Hintergrund hat sich das Klagepatent die Aufgabe gestellt, DDPS und AKIII aus einem Bakterium der Gattung Escherichia mit ausreichend desensibilisierter Rückkopplungshemmung durch A zu erhalten und ein Verfahren zur Herstellung von A durch Fermentation bereitzustellen, das im Vergleich zum Stand der Technik verbessert ist.

Zur Lösung dieses technischen Problems sieht das Klagepatent – mit den in Kombination geltend gemachten Ansprüchen 12, 11 und 1 –, eine Mutation der DNA des Gens im Bakterium E.coli vor, welches das DDPS kodiert. Dieses Gen wird dapA genannt. An diesem dapA-Gen wird eine Mutation in der Weise vorgenommen, dass bestimmte Nukleotidbasenreste der DNA gegen andere Reste ausgetauscht werden, wodurch die Rückkopplungshemmung ausgeschaltet bzw. verringert wird. In Form einer Merkmalsanalyse liest sich dies wie folgt:

1. Verfahren zur Herstellung von A, welches das Kultivieren eines Bakteriums der Gattung Escherichia in einem geeigneten Medium erfasst.

2. Das Bakterium der Gattung Escherichia enthält eine DNA, die für eine DDPS aus einem Bakterium der Gattung Escherichia kodiert, die eine Mutation hat, die aus der Gruppe ausgewählt ist:

a. Austausch des Alaninrestes 81 gegen einen Valinrest,
b. Austausch des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest
c. Austausch des Alaninrestes 81 gegen einen Valinrest und des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest,

jeweils gezählt vom N-Terminus der Aminosäuresequenz der in Sequenz ID NO:3 des Sequenzprotokolls definierten DDPS.

II.
Die Beklagte bietet an und vertreibt auf dem deutschen Markt A, welches wortsinngemäß nach der technischen Lehre des Klagepatents hergestellt worden ist.

1)
Zur Produktpalette der Beklagten gehört seit 2005 unstreitig auch von der B hergestelltes A. Dass sie von der B bezogenes A in der Bundesrepublik Deutschland vertreibt, bestreitet die Beklagte als solches nicht. Ein derartiges Bestreiten wäre mit den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen in dem belgischen Beschlagnahmeverfahren, wonach ein erheblicher Teil des in dem Lagerhaus der Firma G beschlagnahmten und im Eigentum der Beklagten stehenden As für den Transport nach Deutschland bestimmt war (Anlage K 2b, S. 24 f., S. 31), sowie dem eigenen Vorbringen der Beklagten in dem dortigen Verfahren, dass die beschlagnahmten Säcke für den Export in andere EU-Mitgliedstaaten, in erster Linie nach Deutschland vorgesehen waren (Schriftsatz 6.06.2008, Anlage K 17a, S. 8, 38), auch schwerlich in Einklang zu bringen.

Die Beklagte wendet allerdings ein, dass sie die konkret von den Klägerinnen erworbenen zwei Säcke A, wie sie der Anlage K 9 zu entnehmen sind und die Gegenstand der Untersuchungen des Instituts E vom 10.09.2008 (Anlage K 10a) waren, (unstreitig) nicht vertrieben hat und bestreitet zudem mit Nichtwissen, dass diese Säcke A überhaupt auf dem deutschen Markt erworben worden. Beides führt letztlich nicht zum Erfolg.

Das Bestreiten mit Nichtwissen ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zwar grundsätzlich zulässig, da die Beklagte aus eigener Wahrnehmung keine Kenntnis über den Erwerb der beiden Säcke A entsprechend der Anlage K 9 hat. Die Klägerinnen haben jedoch durch Vorlage des Frachtbriefes sowie der Rechnung vom 1./2.11.2007 (Anlagen K 18, K 19) der in Deutschland ansässigen Firma Deutsche J GmbH belegt, dass die beiden Säcke von den Klägerinnen auf dem deutschen Markt erworben wurden. Einwendungen gegen die vorgelegten Urkunden, an deren Richtigkeit auch ansonsten keine Zweifel aufgekommen sind, brachte die Beklagte nicht vor. Von einem Erwerb des As auf dem deutschen Markt ist deshalb auszugehen.

Dass die beiden Säcke A nicht von der Beklagten, sondern von einem Dritten erworben wurden, schadet nicht. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass sie lediglich für eigene Benutzungshandlungen einzustehen hat. Vorliegend ist jedoch die Annahme gerechtfertigt, dass sich das in den konkret erworbenen Säcken befindliche A in seinem Herstellungsverfahren nicht von dem unterscheidet, welches zur Produktpalette der Beklagten gehört. Das in den Säcken befindliche A wurde, wie die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat und wie es zudem die Anlage K 9 zu erkennen gibt, von der D hergestellt. Auf den Säcken findet sich zudem ein Hinweis auf die Internetseite der B. Die Säcke stammen mithin unstreitig gerade von der Bezugsquelle, die auch die Beklagte für von ihr auf dem deutschen Markt vertriebenes A angegeben hat. Konkrete Anhaltspunkte, die zu der Annahme Anlass geben könnten, die B, die C und die D erzeugten und vertrieben für den deutschen Markt verschieden hergestelltes A sind nicht ersichtlich. Dies erscheint auch weder wirtschaftlich, betrieblich noch technisch sinnvoll. Es entspräche ferner auch nicht der unbestrittenen Mitteilung der B aus dem Jahre 2005 (Anlage K 5), in der es heißt, dass der neuartige Stamm von Mikroorganismen in der zweiten Hälfte des Jahres in allen Produktionsbereichen voll zum Einsatz kommen wird. Angesichts dessen hätte es der Beklagten oblegen, aufzuzeigen, dass das von ihr in Deutschland vertriebene A sich in irgendeiner Weise von dem in den erworbenen Säcken befindlichen A unterscheidet, was ihr angesichts der von den Klägerinnen vorgelegten Untersuchungen auch möglich gewesen wäre. Die Beklagte vermochte jedoch, auch auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, keine Tatsachen vorzutragen, die für einen etwaigen Unterschied sprechen könnten. Die Beklagte erklärte vielmehr, sie wisse nichts über das Herstellungsverfahren des von ihr vertriebenen As. Soweit sie ausführte, die Untersuchungen in dem belgischen Verfahren hätten gezeigt, dass mit ein und demselben Herstellungsverfahren zwei unterschiedliche Produkte hergestellt werden könnten, führt dies nicht zu einer ihr günstigen Sichtweise. Die Behauptung einmal zugrundegelegt, wäre dies doch gerade eine Stütze dafür, dass eben nur ein Herstellungsverfahren angewandt worden ist. Gleichfalls ohne Erfolg bleibt das weitere Vorbringen, die Untersuchungen im belgischen Verfahren hätten zu Tage gefördert, dass auch A gefunden worden sei, welches unter Einsatz von Corynebakterien hergestellt worden ist. Dies ist nicht von den Ergebnissen des gerichtlichen Sachverständigen (Anlage K 2b) bzw. der Analyse des Instituts K (Anlage K 16a) gedeckt. Eine (positive) Feststellung dahingehend kann beiden nicht entnommen werden. Sie gelangen lediglich zu der Erkenntnis, dass für eine (von acht) Proben unklar sei, ob ein mutierter E.coli Bakterienstamm eingesetzt worden ist. Daraus lässt sich nicht zwangsläufig schlussfolgern, dass zur Herstellung des As tatsächlich ein Corynebakterium verwendet worden ist.

Unter Berücksichtigung all dessen erlangen mithin die Untersuchungen des Instituts E vom 10.09.2008 (Anlage K 10a) Relevanz. Eines weitergehenden Vortrages der Klägerinnen dazu, dass und wann welche Lieferung des in Belgien beschlagnahmten As nach Deutschland gelangt sein soll, ist nicht vonnöten. Ohne Bedeutung ist überdies eine Unterscheidung danach, ob das in Deutschland vertriebene A von der B, der C und der D hergestellt oder (nur) vertrieben worden ist.

2)
Auf der Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstandes ist festzustellen, dass das streitgegenständliche A nach dem klagepatentgemäßen Verfahren hergestellt worden ist.

a)
Die Klägerinnen haben die Benutzung des erfindungsgemäßen Verfahrens bei der Herstellung des As substantiiert und schlüssig vorgetragen. Ihr Sachvortrag enthält die Behauptung, dass das Herstellungsverfahren das Merkmal 1 und das Merkmal 2 in der Alternative 2b verwirklicht. Ihr Vorbringen haben die Klägerinnen mit der Vorlage des Analyseberichts des Instituts E vom 10.09.2008 (Anlage K 10a) und dem Privatgutachten von Prof. Dr. I vom 11.09.2008 (Anlage K 11) weiter substantiiert und untermauert. Sowohl dem Analysebericht als auch dem Privatgutachten ist erstens zu entnehmen, dass die Proben des untersuchten As DNA Material des Mikroorganismus E.coli aufwiesen und dass zweitens die DNA des in den Proben gefundenen Bakteriums E.coli ein mutiertes dapA-Gen enthalten, was zur Kodierung der Aminosäure Tyrosin statt der Aminosäure Histidin an der Aminosäureposition 118 des entstehenden Enzyms DDPS zur Folge hat.

Das Vorhandensein eines Bakteriums der Gattung E.coli in den untersuchten Aproben hat ausweislich des Analyseberichts des Instituts E (Anlage K 10a) das dort näher auf den Seiten 4 ff. beschriebene Experiment 1a ergeben. Mittels einer Polymerasenkettenreaktion(PCR)-Versuchsreihe wurde untersucht, ob in den Proben eine DNA-Sequenz aus dem cysG-Gen von E.coli aufzufinden ist. Das cysG-Gen kodiert in E.coli ein bekanntes Enzym der Biosynthese des Häm Cofaktors; es findet sich nicht in der Gattung des ebenfalls im Rahmen von Fermentationsprozessen von A verwendeten Corynebakteriums. Zur Feststellung, ob eine DNA-Sequenz des cysG-Gens aufzufinden ist, wurden – entsprechend den in der Biochemie gebräuchlichen und etablierten Nachweismethoden – Primer, d.h. kurze DNA-Sonden, die sich spezifisch an in der Sequenz komplementäre Bereiche der Ziel-DNA anlagern, den Proben zu gefügt. Die spezifischen Primer waren mit L bzw. M bezeichnet; sie amplifizieren keine Corynebakterien. Bei der sich anschließenden PCR vervielfältigten sich die DNA-Stücke, die zwischen den Primern lagen. Nach Auftrennung wurden sie in dem Verfahren der Gelelektrophorese sichtbar gemacht. Die mittels der Gelelektrophorese identifizierten DNA – Stücke wiesen laut des Analyseberichts die Länge auf, nämlich 120 Basenpaare, die sie infolge der eingesetzten spezifischen Primer haben sollten bzw. die vorausgesagt war. Hieraus folgert der Analysebericht, dass das E.coli cysG-Gen in beiden Proben des untersuchten As vorhanden war, und zwar auch – wie dem Analysebericht weiter zu entnehmen ist – in einer signifikanten Menge. Die Vorgehensweise und die Experimente des Instituts E finden ihre Bestätigung in dem Privatgutachten (Anlage K 11, Seite 1 f.).

Zwecks Feststellung der anspruchsgemäßen Mutation des dapA-Gens des E.coli Bakteriums hat das Institut E entsprechend der üblichen Vorgehensweise DNA-Sequenzierungsanalysen vorgenommen, wobei zuvor eine Vervielfältigung der entsprechenden DNA-Sequenzen durch PCR vorgenommen wurde, damit eine ausreichende Menge an zu untersuchenden DNA-Stücken vorhanden war. Zur Amplifizierung einer DNA-Sequenz des E.coli dapA-Gens wurden die spezifischen Primer namens N bzw. O verwendet. Die durch die PCR gewonnenen Sequenzen wurden durch Gelelektrophorese identifiziert und sodann bestimmt. Wie die Abbildung 7 C des Analyseberichts des Instituts E (Anlage K 10a) zu erkennen gibt, wiesen beide Proben an der Nukleotidposition 623 einen Basenaustausch von Cytosin (im Wildtyp-Gen) zu Thymin (in der Mutante) auf. Dies führt, wie auch das Privatgutachten (Anlage K 11, S. 4) besagt, zum Ersatz des Nukleotid-Tripletts „CAT“, das an der Aminosäure-Position 118 von SEQ ID Nr. 3 für Histidin kodiert, durch das Nukleotid-Triplett „TAT“, das für Tyrosin kodiert. Aufgrund dessen formuliert der Analysebericht die zutreffende Erkenntnis, dass das insoweit veränderte Enzymprotein im Verlauf der Biosynthese von A nicht mehr durch das Endprodukt (A) in seiner Aktivität gehemmt und damit eine schnellere effektivere Synthese von A ermöglicht wird.

b)
Diesem schlüssigen und substantiierten Vorbringen ist die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegen getreten.

Will ein Beklagter im Patentverletzungsrechtsstreit geltend machen, dass der Kläger die angegriffene Ausführungsform in ihren konstruktiven Einzelheiten unzutreffend beschrieben habe, darf er sich nicht darauf beschränken, den Sachvortrag des Klägers zur Ausgestaltung des vermeintlichen Verletzungsgegenstandes lediglich pauschal zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, zu den einzelnen relevanten Behauptungen der klagenden Partei Stellung zu nehmen und sich über die diesbezüglichen tatsächlichen Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß zu erklären (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Beklagte von sich aus das Gericht und den Kläger über den wirklichen Verletzungstatbestand zu unterrichten hätte. Der Beklagte kann sich auf das Bestreiten bestimmter vom Kläger behaupteter technischer Merkmale beschränken. Allerdings darf dieses Bestreiten nicht pauschal bleiben, sondern muss substantiiert sein. Kein erhebliches Bestreiten stellt es dar, wenn sich der Beklagte darauf beschränkt, am Sachvortrag des Klägers lediglich zu bemängeln, dessen Ausführungen zum Verletzungstatbestand seien unsubstantiiert. Zwingend erforderlich ist vielmehr zunächst die wahrheitsgemäße Angabe, ob und gegebenenfalls welches konkrete Merkmal der technischen Lehre des Klagepatents denn nicht verwirklicht sein soll. Dies kann – je nach Substantiierungsgrad des klägerischen Vortrages – (zunächst) in pauschaler Weise erfolgen. Hat ein Kläger im Einzelnen ausgeführt, aufgrund welcher Untersuchungen er zu welchen die Patentverletzung bestätigenden Ergebnissen gelangt ist, muss der Beklagte seinerseits in erheblicher Weise dartun, weshalb das bestrittene Merkmal nicht verwirklicht sein soll. Dies bedeutet in der Regel, dass der Beklagte, wenn der Kläger eigene Untersuchungsberichte und/oder Privatgutachten vorgelegt hat, seinerseits eigene Untersuchungen und/oder Gutachten beibringen muss (OLG Düsseldorf, I-2 U 87/09, Urteil vom 04.08.2009; Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Aufl. Rn. 521 ff.).

Diesen Anforderungen ist die Beklagte nicht gerecht geworden, auch nicht auf ausdrücklichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung. Sie hat stattdessen auf Nachfrage erklärt, sie verfüge über keine näheren Erkenntnisse zum Herstellungsverfahren des As. Das Bestreiten eines konkreten Merkmals sei ihr nicht möglich. Damit hat sie bereits die erste Stufe der ihr obliegenden Pflichten nicht genommen; ohne eine dahingehende Erklärung ist das Vorbringen der Klägerinnen als zugestanden anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO). Es bleibt zu erwähnen, dass die Beklagte – worauf sie in der mündlichen Verhandlung ebenfalls hingewiesen wurde – es wegen der Substantiierungstiefe des klägerischen Vortrages nicht bei einem pauschalen Bestreiten hätte bewenden lassen können. Es hätte vielmehr eines eigenen erheblichen, mittels eigener Untersuchungen dargelegten Sachvortrages dahingehend bedurft, aus welchen Gründen das jeweils bestrittene Merkmal tatsächlich nicht verwirklicht werden soll. Hieran fehlt es ebenfalls. Die Beklagte hat insbesondere auch keine eigenen Untersuchungen und/oder Privatgutachten vorgelegt bzw. vorgetragen.

Dass die Beklagte das hier in Rede stehende A nicht selbst herstellt, sondern von einem ausländischen Hersteller bezieht, entbindet sie vorliegend nicht von den soeben erörterten Darlegungsverpflichtungen. Unstreitig gehört A seit 2005 zur Produktpalette der Beklagten und sie vertreibt es auf dem deutschen Markt. Die Beklagte hat mithin das streitgegenständliche A in Besitz, so dass es ihr für eine Untersuchung zur Verfügung steht. Die Tätigkeit als internationale Marketing-Organisation im Bereich der Chemie, die ihren Schwerpunkt in der nationalen und regionalen Distribution u.a. von Nahrungszusätzen für Tiernahrung hat, vermittelt ihr auch Kenntnisse über die technische Beschaffenheit des von ihr vertriebenen Produktes. Dass die Beklagte zu (eigenen) Untersuchung tatsächlich nicht in der Lage ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Hinzu tritt, dass zwischen den Parteien – einschließlich der B, der C und der D – bereits seit 2006 Rechtsstreitigkeiten in verschiedenen Ländern anhängig sind, die das Klagepatent und das von den genannten Firmen hergestellte bzw. vertriebene A betreffen. Der Kern der Auseinandersetzung ist der Beklagten folglich seit geraumer Zeit bekannt; auch während des hiesigen Rechtsstreits hatte die Beklagte gut ein Jahr die Gelegenheit, sich mit dem vorgetragenen Herstellungsverfahren auseinanderzusetzen. Aber auch dann, wenn keine eigene Untersuchung durch die Beklagte zu fordern wäre, hat sie ihren Darlegungspflichten nicht genügt. Sie hätte sich zumindest bemühen müssen, von ihren Vertragspartnern Informationen zum Herstellungsverfahren des As zu erhalten, so dass wenigstens das Bestreiten eines konkreten Merkmals möglich gewesen wäre und die Einwände gegen die dargelegte Verletzung nicht als bloße Vermutungen erscheinen. Derartige Bemühungen sind von der Beklagten weder vorgetragen noch sonstwie zu erkennen.

c)
Einer weitergehenden Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Beklagten gegen den Analysebericht des Instituts E vom 10.09.2008 (Anlage K 10a) bedarf es deshalb nicht. Lediglich zur Abrundung ist in der gebotenen Kürze anzumerken, dass die Einwände nicht verfangen. Zunächst bleibt festzuhalten, dass das Institut E nicht „das A“ untersucht hat, sondern mittels Analyse nach DNA-Material des Bakteriums E.coli gesucht hat. Das Auffinden solchen DNA-Materials in den Aproben lässt Rückschlüsse auf das Herstellungsverfahren zu, da gerade diese Mikroorganismen im Fermentationsprozess eingesetzt werden. Dafür, dass das gefundene DNA-Material von E.coli Bakterien stammt, die infolge einer Verunreinigung in das A bzw. die untersuchten Proben gelangt sind, fehlt jeglicher Anhalt. Allein die (theoretische) Möglichkeit einer Kontamination von Trinkwasser und/oder Lebensmitteln mit E.coli Bakterien gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass eine derartige Verunreinigung bei der Herstellung und/oder Untersuchung des hier in Rede stehenden As tatsächlich geschehen wäre. Unerklärlich bliebe insoweit auch, wieso gerade eine „Verunreinigung“ mittels anspruchsgemäßer mutierter E.coli Bakterien erfolgt sein sollte. Eine Untersuchung, ob – sozusagen neben den gefundenen E.coli Bakterien – auch DNA-Material des Corynebakteriums in dem A vorhanden ist, war nicht erforderlich. Wenn anspruchsgemäß mutierte E.coli Bakterien zur Herstellung des As verwendet werden, wovon der Analysebericht und das Privatgutachten ausgehen, ist weder ein technischer noch ein wirtschaftlicher Sinn für die Verwendung eines weiteren Mikroorganismus zu erkennen. Die Beklagte hat derartiges auch nicht aufgezeigt. Letztlich erschließt sich nicht, weshalb es im vorliegenden Rechtsstreit auf die genaue Feststellung der Menge der Organismen in den Proben ankommen soll. Die DNA-Sequenz eines mutierten dapA-Gens ist jedenfalls in signifikanter Weise festgestellt worden. Ähnliches gilt mit Blick auf die vermeintliche Notwendigkeit der Kenntnis der vollständigen DNA des Mikroorganismus.

III.
Aus dem Vorstehenden ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1)
Die Beklagte ist gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da sie den Gegenstand des Klagepatents rechtswidrig benutzt hat. Bei dem angegriffenen A handelt es sich um ein unmittelbares Verfahrensprodukt im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG.

Die Unterlassungspflicht gilt gegenüber beiden Klägerinnen. Sowohl die Klägerin zu 1) als auch die Klägerin zu 2) ist aktiv legitimiert.
Die Aktivlegitimation der Klägerin zu 2) folgt aus dem unstreitig zwischen den Klägerinnen am 14.09.1994 geschlossenen Lizenzvertrag (Anlage K 34a) in der Fassung des Memorandums vom 25.06.2008 (Anlage K 34b). Mit diesem Lizenzvertrag erteilte die Klägerin zu 1) der Klägerin zu 2) unstreitig an dem Klagepatent für Deutschland eine ausschließliche Herstellungs- und Vertriebslizenz. Aufgrund dieses exklusiven Benutzungsrechtes steht der Klägerin zu 2) aus eigenem dinglichem Recht ein Unterlassungsanspruch zur Seite (BGH, GRUR 1996, 109 – Klinische Versuche I; BGH, GRUR 1995, 338 – Kleiderbügel).
Die Legitimation der Klägerin zu 1) ergibt sich aus ihrer unstreitigen Inhaberstellung sowie der Eintragung im Register (§ 30 PatG). Daran ändert der Lizenzvertrag nichts. Dies bereits deshalb nicht, weil die Klägerin zu 1) sich – insoweit unstreitig – in Art. 2 (C) des Lizenzvertrages jedenfalls das Recht vorbehalten hat, selbst herzustellen, wenn die Klägerin zu 2) den Bedarf an A auf dem deutschen Markt nicht bedienen kann. Die Klägerin zu 1) hat sich mithin nicht sämtlicher Rechte aus dem Klageschutzrecht begeben (vgl.: BGH, GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone).

Beide Klägerinnen können ihren Unterlassungsanspruch – und ebenso die weiteren, unter 2) bis 5) erörterten Ansprüche – auch gemeinsam geltend machen; ein Nebeneinander ist möglich (BGH, GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone). Dem steht Art. 11 (A) des Lizenzvertrages nicht entgegen. Dessen Sätze 2 bis 4 lauten:

„If P and Q agree that suit shall be brought for damages resulting from the infringement of the Patents, such suit shall be brought by P and Q shall give necessary assistance for the effective prosecution of such suit and all expenses and damages awarded shall be divided equally beteween the parties hereto.
IF Q alone is desirous of suing the infringer, P shall supply all necessary documents and authorization. All experises relating to such an action shall be paid by Q exclusively and the damages awarded shall belong entirely to R.“

Es ist weder ersichtlich, dass es sich hierbei um eine abschließende Regelung handelt, noch dass mit dieser Regelung an sich gegebene Ansprüche der Schutzrechtsinhaberin und der ausschließlichen Lizenznehmerin beschränkt werden sollen in der Weise, dass ausschließlich die eine oder die andere – für beide – bestehende Ansprüche geltend machen können soll. Dies wäre eine Beschneidung der Rechtsdurchsetzung im Verhältnis zum Verletzer, da die Ansprüche beider Klägerinnen aus originärem Recht herrühren und aufgrund dessen auch grundsätzlich von jeder geltend gemacht werden können. Art. 11 (A) des Lizenzvertrags erscheint deshalb als Regelung des internen Verhältnisses der Klägerinnen zueinander.

2)
Die Beklagte hat den Klägerinnen darüber hinaus Schadensersatz gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG zu leisten. Denn als Fachunternehmen hätte sie bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, dass der Vertrieb des angegriffenen As eine Patentverletzung darstellt. Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerinnen noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennen, ist ein rechtliches Interesse der Klägerinnen an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

Auch insoweit sind beide Klägerinnen, insbesondere die Klägerin zu 1) aktiv legitimiert.
Ein Schutzrechtsinhaber kann einen Verletzer auch neben einem ausschließlichen Lizenznehmer in Anspruch nehmen, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht (BGH GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone, BGH GRUR 1992, 559 – Mikrofilmanlage), die allerdings nicht hoch zu sein braucht (BGHZ 130, 205 = GRUR 1995, 744 – Feuer, Eis & Dynamit I). Ob und was für ein Schaden entstanden ist, bedarf keiner Klärung (BGH, GRUR 1960, 423 – Kreuzbodenventilsäcke I; BGH, GRUR 1996, 109 – Klinische Versuche I), wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der Eintritt eines Schadens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist (BGH, GRUR 1996, 109 – Klinische Versuche I; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 14). Hiervon ist im Grundsatz auch nach der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz auszugehen, wenn der Schutzrechtsinhaber an der Ausübung der Lizenz durch den Lizenznehmer wirtschaftlich partizipiert. Haben die Lizenzvertragsparteien eine Umsatz- oder Stücklizenz vereinbart, stellt es im Regelfall eine nicht nur entfernt liegende Möglichkeit dar, dass mit der Schädigung des Lizenznehmers auch eine Schädigung des Schutzrechtsinhabers verbunden ist, welche ihre Ursache darin hat, dass er vom Lizenznehmer höhere Lizenzeinnahmen erhalten hätte, wenn dieser dem Verletzer eine Unterlizenz erteilt oder wegen des Fehlens der schutzrechtsverletzenden Konkurrenztätigkeit höhere Umsätze gehabt hätte (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn. 58). Ein hierauf beruhender Rückgang der Lizenzeinnahmen stellt einen ersatzfähigen Schaden dar (BGH GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone; BGH, GRUR 2005, 935 – Vergleichsempfehlung II; Kraßer, PatentR, 5. Aufl., S. 895; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 14).
Dies berücksichtigend lässt sich die erforderliche Wahrscheinlichkeit eines eigenen Schadens auch mit Blick auf die Klägerin zu 1) bejahen. Die Klägerinnen haben – insoweit unstreitig – in Art. 6 des Lizenzvertrages eine umsatzbezogene Lizenz vereinbart, so dass auch das Vermögen der Klägerin zu 1) durch den Vertrieb des angegriffenen As beeinträchtigt sein kann. Diese Wahrscheinlichkeit genügt. In welcher Höhe ein Schaden bei der Klägerin zu 1) eingetreten ist oder sein kann, muss derzeit nicht geklärt werden. Folglich kommt derzeit auch der Regelung des Art. 6 (C) Lizenzvertrages insoweit, als dass darin eine Anpassung der umsatzbezogenen Lizenz vorgesehen ist, keine entscheidende Bedeutung zu. Im Übrigen ist auch hier auf Art. 2 (C) des Lizenzvertrages zu verweisen, welcher der Klägerin zu 1) eine Einstandsmöglichkeit gewährt.
Die Aktivlegitimation der Klägerin zu 2) ergibt sich aus ihrer Eigenschaft als ausschließliche Lizenznehmerin. Sie kann den Ersatz ihres eigenen Schadens verlangen (BGH GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 14), allerdings erst ab dem Zeitpunkt, ab dem das Klagepatent an sie lizenziert wurde. Dies war unstreitig der 5.12.2006. In dem ursprünglichen Appendix 3 des Lizenzvertrages vom 14.09.1994 (Anlage K 34a) war das Klagepatent, wie die Klägerinnen selbst vorgetragen haben, nicht enthalten. Das Klagepatent ist vielmehr erst in dem durch das Memorandum vom 25.06.2008 (Anlage K 34b) geänderten Appendix 3 gelistet. Das Memorandum bestimmt eine Rückwirkung der Änderungen zum 5.12.2006.

3)
Damit die auch insoweit jeweils aktiv legitimierten Klägerinnen die ihnen jeweils zustehenden Schadensersatzansprüche beziffern können, ist die Beklagte ihnen gegenüber in zuerkanntem Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 242, 259 BGB sowie Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b PatG, wobei die Beklagte im Rahmen des Auskunftsanspruchs gemäß § 140b PatG die betreffenden Belege zu überlassen hat (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 5, 249 – Faltenbalg). Die Klägerinnen sind auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügen. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4)
Den Klägerinnen stehen des Weiteren der geltend gemachte Vernichtungsanspruch hinsichtlich der in Deutschland befindlichen Erzeugnisse, die im Eigentum oder im Besitz der Beklagten stehen, und der geltend gemachte Rückrufanspruch zu, Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 1, 3 PatG. Unverhältnismäßigkeit ist von der Beklagten nicht geltend gemacht worden. Gegenüber der Klägerin zu 2) besteht der Rückrufanspruch allerdings nur für die Erzeugnisse, die nach dem Zeitpunkt der Lizensierung des Klagepatents angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht, oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen wurden.

5)
Nicht zuzusprechen ist hingegen die begehrte Urteilsveröffentlichung.
§ 140e PatG verfolgt den Zweck, mittels der Veröffentlichung eines Urteils künftige Verletzer abzuschrecken und eine breite Öffentlichkeit für den gesetzlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums zu sensibilisieren. Gleichwohl ist die Urteilsveröffentlichung nicht die automatische Folge einer Schutzrechtsverletzung, vielmehr bedarf es im konkreten Einzelfall eines berechtigten Interesses der obsiegenden Partei an der begehrten Veröffentlichung. Dabei ist zu beachten, dass es nicht um eine Bestrafung des Verletzers durch eine öffentliche Bloßstellung geht, sondern um die geeignete Beseitigung eines fortdauernden Störungszustandes durch Information. Das berechtigte Interesse an der Veröffentlichung setzt daher voraus, dass die Bekanntmachung des Urteils objektiv geeignet und in Anbetracht des mit der Bekanntmachung verbundenen Eingriffs in den Rechtskreis des Verurteilten unter Berücksichtigung eines etwaigen Aufklärungsinteresses der Allgemeinheit notwendig ist (vgl. Urteil der Kammer vom 9. Juni 2009, 4b O 61/09 – Olanzapin III, Seite 25; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 140e Rn. 9; auch BGH GRUR 1954, 327 – Radschutz-Entscheidung).

Diese Voraussetzungen einer Veröffentlichungsbefugnis sind vorliegend von den insofern darlegungs- und beweisbelasteten Klägerinnen nicht dargetan. Die Klägerinnen haben zur Begründung lediglich behauptet, „inzwischen sei eine große Anzahl des patentverletzenden As in Verkehr gebracht worden“, was zu einer Rufschädigung der als führendes Forschungs- und Entwicklungsunternehmen bekannten Klägerin zu 1) und erheblichen kommerziellen Nachteilen geführt habe. Dieses Vorbringen ist pauschal und geht nicht über die Darstellung der grundsätzlich mit einer Patentverletzung verbundenen Folge hinaus. Ein Aufklärungsinteresse der Allgemeinheit, die Notwendigkeit einer Folgenbeseitigung ist damit auch nicht dargetan. Mit Blick auf die behauptete Rufschädigung ist des Weiteren zu beachten, dass sich die klägerische Behauptung selbst nur auf die Klägerin zu 1) bezieht und zudem die Beklagte eine Rufschädigung in Abrede gestellt hat. Weitergehende Tatsachen haben die Klägerinnen jedoch nicht vorgebracht; ein Beweisantritt ist gleichfalls unterblieben. Dass die Klägerinnen die Möglichkeit haben, das Urteil auf ihre eigene Kosten zu veröffentlichen, ist ebenso wenig geeignet, ein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung nach § 140e PatG zu konstatieren. Endlich kann nicht außer Acht gelassen werden, dass zudem die Verhältnismäßigkeit der konkret begehrten Urteilsveröffentlichung zweifelhaft ist. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, weshalb es für eine Beseitigung der vermeintlich noch andauernden Störung auf dem deutschen Markt einer Veröffentlichung des Urteils in einer international erscheinenden Zeitschrift bedarf.

IV.
Eine Veranlassung, den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss der gegen den deutschen Teil des Klagepatents gerichteten Nichtigkeitsklage gemäß § 148 ZPO auszusetzen, besteht nicht.

Ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage stellen als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen (BGH, GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; OLG Düsseldorf, GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; LG Düsseldorf, Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus).
Die Aussetzung kommt danach in Betracht, wenn entweder das prozessuale Verhalten der Klägerin eindeutig ihre Interessen hinter die der Beklagten zurücktreten lässt und/oder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Letzteres wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik im Erteilungsverfahren oder in einem erfolglos durchgeführten Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren bereits berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Aussetzung des Rechtsstreits nicht veranlasst. Das Bundespatentgericht hat die gegen den deutschen Teil des Klagepatents gerichtete Nichtigkeitsklage (3 Ni XXX/08(EU)) mit Urteil vom 16.09.2009 (Protokoll der mündlichen Verhandlung, Anlage K 29) abgewiesen. Es gibt mithin eine erstinstanzliche Nichtigkeitsentscheidung, die den Rechtsbestand des Klagepatents vollständig bestätigt. Dass gegen diese Entscheidung bis zum Schluss der hiesigen mündlichen Verhandlung Berufung eingelegt worden ist, kann nicht festgestellt werden. Sofern die Nichtigkeitsklägerinnen Berufung einlegen werden, ist derzeit unklar, auf welche Argumente diese gestützt sein soll. Die Beklagte hat hierzu nichts vorgetragen. Auch das schriftliche Urteil des Bundespatentgerichts wurde bzw. konnte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt werden. Welche Argumente das Bundespatentgericht zur Abweisung der Nichtigkeitsklage bewogen haben und ob diese im Nichtigkeitsberufungsverfahren von der Nichtigkeitsklägerin entkräftet werden können, ist folglich derzeit nicht ersichtlich.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in § 709 S. 1, 2 ZPO.