4b O 18/08 – Zersetzung einer Verbrennungsablagerungsschicht

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1309

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 3. Dezember 2009, Az. 4b O 18/08

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf 250.000,00 EUR festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents EP 1 148 XXX B1 (Anlage K 1, deutsche Übersetzung in Anlage K 2), welches am 04.04.2001 angemeldet und dessen Erteilung am 25.07.2007 veröffentlicht wurde.

Der Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:
„Verwendung eines festen brennbaren Elements, umfassend einen inneren Raum, in welchem ein Produkt zum Zersetzen einer Verbrennungsablagerungsschicht in dem inneren Raum vorgesehen ist, für die Zersetzung einer Verbrennungsablagerungsschicht.“

Die nachfolgend eingeblendete einzige Figur des Klagepatents zeigt eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen brennbaren Elements.

Beide Parteien waren Teilnehmer der Messen A 2006 und 2007 in B. Anlässlich der A 2007 wurde am Messestand der Beklagten das aus der Anlage K 9 ersichtliche Abmahnschreiben der Klägerin abgegeben.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe anlässlich der Messe A 2006 in B ein Produkt unter der Bezeichnung „C“ angeboten (Muster der Verpackung in Anlage K 5, Erzeugnis samt Tütenverpackung ersichtlich anhand Lichtbild in Anlage K 6), welches – so die Ansicht der Klägerin – von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch mache. Anlässlich der A 2006 habe die Beklagte auch zugestanden, von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht zu haben und zugesagt, das Produkt nicht mehr in Deutschland anzubieten. Die Beklagte habe anlässlich der A 2007 in B erneut das – nach Ansicht der Klägerin das Klagepatent verletzende – Produkt „C“ (Anlage K 10, „angegriffene Ausführungsform“) auf ihrem Messestand D in Halle E ausgestellt. Ihr Mitarbeiter Herr F habe die angegriffene Ausführungsform auf dem Messestand der Beklagten entdeckt; Frau G – eine langjährige Lieferantin der Klägerin – habe das als Anlage K 10 überreichte Exemplar am Messestand der Beklagten erhalten und Herrn F übergeben. Herr Patentanwalt Dr. H habe das Muster auf dem Messestand der Klägerin untersucht und er sei auch der Überbringer des Abmahnschreibens gewesen. Die Beklagte stelle die angegriffene Ausführungsform nach wie vor in I her.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft am jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, im deutschen territorialen Geltungsbereich des europäischen Patents EP 1148XXX zu unterlassen,

ein festes brennbares Element umfassend einen inneren Raum, in welchem ein Produkt zum Zersetzen einer Verbrennungsablagerungsschicht vorgesehen ist, zur Verwendung für die Zersetzung einer Verbrennungsablagerungsschicht

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

2. ihr über den Umfang der in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 25.08.2007 Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung von Rechnungen und Lieferscheinen unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen zur Herstellung der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen, Artikelnummern sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote unter Einschluss der Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Angebotszeiten, Angebotspreise sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns;

3. die in Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder ihrem Eigentum befindlichen unter vorstehend 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten sowie

4. – im Wege einer am 05.03.2009 als zugestellt entgegen genommenen Klageerweiterung – an die Klägerin EUR 3.540,40 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 25.08.2007 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise ihr einen Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen.

Die Beklagte rügt die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf. Sie behauptet, das aus den Anlagen K 5, K 6 und K 10 ersichtliche Produkt „C“ sei ausschließlich für den I Markt hergestellt und auch nur in I vertrieben worden; seit dem Ende des Jahres 2006 werde dieses Produkt wegen Lieferschwierigkeiten bezüglich des hierfür notwendigen Bestandteils „J“ nicht mehr hergestellt und auch nicht mehr in I angeboten; in Deutschland sei es ohnehin unverkäuflich gewesen und überhaupt nie angeboten worden – in Deutschland vertreibe sie stattdessen das aus der Anlage B 1 ersichtliche Produkt. Ihre Mitarbeiter hätten nach Erhalt der Abmahnung die fehlende Vollmacht der überbringenden Person unverzüglich gerügt. Sie habe anlässlich der A 2007 ein anderes Produkt unter dem Namen „C“ unter Verwendung einer ähnlichen Verpackung angeboten (Anlage B 4). Darauf, dass es sich dabei gerade nicht um das Vorgängerprodukt handele, habe ihr Mitarbeiter K bei Übergabe der Abmahnung auch vergeblich hinzuweisen versucht, da der Überbringer der Klägerin ihren Messestand unverzüglich wieder verlassen habe.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen gemäß Beweisbeschluss vom 05.03.2009 (Blatt 83 ff. d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Beweisaufnahmetermins vom 13.08.2009 (Blatt 146 ff. d.A.) verwiesen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, Vernichtung sowie Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten (Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1, Abs. 2, 140a, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB), weil nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machte.

I.

1)
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Landgericht Düsseldorf sowohl international als auch örtlich zuständig.

Die internationale Zuständigkeit folgt aus Art. 5 Nr. 3 VO 44/2001. Zum Gerichtstand der unerlaubten Handlung in diesem Sinne gehört unter anderem der sog. Handlungsort. Für die Bejahung der internationalen Zuständigkeit genügt es, dass ein Kläger – wie hier mit dem Vortrag, die Beklagte habe die angegriffene Ausführungsform, welche das Klagepatent verletze, in Deutschland angeboten – eine zuständigkeitsbegründende Handlung behauptet; eine Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht findet insoweit nicht statt. Zu versagen ist die internationale Zuständigkeit nur dann, wenn ausgeschlossen werden kann, dass das behauptete Verhalten einen Schutzrechtseingriff darstellt oder wenn der vorgetragene Sachverhalt aus Rechtsgründen Ansprüche nicht begründen kann, so dass das vorgeworfene Verhalten nicht einmal schlüssig eine Schutzrechtsverletzung ergeben muss (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn 495).

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf ergibt sich aus § 32 ZPO, weil die Klägerin in schlüssiger Weise eine Verletzung des Klagepatents anlässlich der A 2007 in B behauptet hat. Wie hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit gilt auch hier, dass diese sog. doppelrelevante Tatsache zum Zwecke der Bejahung der örtlichen Zuständigkeit nicht positiv festgestellt werden muss (vgl. Kühnen/Geschke, a.a.O., Rn 483).

2)
Die Klage ist auch ordnungsgemäß erhoben worden i.S.v. § 253 Abs. 2 ZPO. Danach müssen die Parteien in der Klageschrift so genau bezeichnet werden, dass kein Zweifel an der betroffenen Person besteht. Bei juristischen Personen/Personengesellschaften ist der gesetzliche Vertreter anzugeben, wobei es allerdings keiner namentlichen Bezeichnung desselben bedarf und auch keine korrekte Angabe der gesetzlichen Vertretungsverhältnisse zwingend erforderlich ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, § 253 Rn 8). Ungenaue Bezeichnungen sind unschädlich und jederzeit berichtigungsfähig, wenn die Parteiidentität gewahrt bleibt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage, vor § 50 Rn 7). Es ist diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll, bei betriebsbezogenem Handeln also der hinter der etwaigen Falschbezeichnung stehende wahre Rechtsträger. Die Parteibezeichnung ist auslegungsfähig – dabei können neben der Angabe des Klagegrundes auch der Klageschrift beigefügte Unterlagen und der vorprozessuale Schriftverkehr herangezogen werden (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 50 Rn 6).

Nach diesen Grundsätzen steht der Umstand, dass die Klägerin in der Klageschrift den gesetzlichen Vertreter der Beklagten nicht angab, der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Denn es ist hinreichend sicher feststellbar, wer Beklagte sein soll. Die Beklagte ist exakt so angegeben, wie sie sich selbst auf ihrer eigenen Webseite bezeichnet (vgl. Anlage K 8). Zudem konnte ihr die Klageschrift offensichtlich auch problemlos zugestellt werden. Schließlich macht die Beklagte nicht einmal geltend, sie sei nicht dasjenige Unternehmen, welchem die Abmahnung anlässlich der A 2007 zugestellt wurde.

3)
Die Frage, ob ein Feststellungsinteresse der Klägerin (§ 256 ZPO) dafür besteht, feststellen zu lassen, die Beklagte sei ihr zum Ersatz entstandener und künftig noch entstehender Schäden verpflichtet, kann offen bleiben, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, § 256 Rn 7 a.E.).

II.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren für die Zersetzung einer Verbrennungsablagerungsschicht, welche Resultat einer Verbrennung ist.

Bei mit Feuer und/oder Rauch in Berührung kommenden Vorrichtungen wie z.B. Heizvorrichtungen besteht das Problem, dass sich an den Wänden eine – allmählich dicker werdende – (Verbrennungs-)Ablagerungsschicht bildet, deren Zusammensetzung von der Art des Brennstoffs abhängt. Die Ablagerungsschicht kann spontan zu brennen beginnen, was Schäden verursachen kann und insofern gefährlich ist. An den Wänden von Rauchabzügen führt die Ablagerungsschicht auch zu einer Verkleinerung des Abzugs, was dessen Effizienz verringert.

Die genannten Nachteile bedingen eine regelmäßige Reinigung der Anlage, wie z.B. durch Kaminkehren, was das Klagepatent indes als mühsam, zeitaufwändig und nicht immer hinreichend erfolgreich kritisiert.

Zum Stand der Technik gehören chemische Produkte zum Erzielen der Reinigung, welche die Ablagerungsschicht zersetzen. Da diese Chemikalien während der Verwendung in die Anlage eingeführt werden müssen, weisen sie – so die Kritik des Klagepatents – eine Gefährlichkeit für den Verwender auf.

Als vorbekannt erwähnt das Klagepatent ferner feste brennbare Elemente, in welchen ein Produkt zum Zersetzen einer Verbrennungsablagerungsschicht enthalten ist. Das feste brennbare Element besteht dabei aus drei Inhaltsstoffen (Brennstoff, chemisches/katalytisches Produkt für die Zersetzung, Bindemittel), die als Mischung in eine Form gepresst werden. Nach der FR-A-7564XXX weist der Innenraum eines brennbaren Elements eine Quelle eines naszierenden Sauerstoffs auf, mit dem eine Ablagerungsschicht zersetzt werden kann. Die Handhabung dieses Produkts sei aber – so das Klagepatent – schwierig, zeitaufwändig und teuer gewesen.

Schließlich erwähnt das Klagepatent einen Feueranzünder mit einem Hohlraum und einem Element darin als Quelle eines naszierenden Sauerstoffs, welcher aber ausschließlich als verbesserter Feueranzünder verwendbar sei.

Vor diesem technischen Hintergrund formuliert das Klagepatent die Aufgabe, eine einfache und wirksame Methode zum Zersetzen einer Verbrennungsablagerungsschicht ohne die Nachteile der vorbekannten Methoden vorzusehen, wobei ein Element verwendet wird, das preiswerter ist als die bekannten Produkte und welches insbesondere mit niedrigen Kosten für Rohmaterial und Herstellung produziert werden kann, auch wenn man von relativ großen Einheiten eines bestimmten Brennstoffs ausgeht.

Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 vor:

1. Verwendung eines festen brennbaren Elements, das

a) der Zersetzung einer Verbrennungsablagerungsschicht dient,
b) einen inneren Raum umfasst.

2. In dem inneren Raum ist ein Produkt zum Zersetzen der Verbrennungsablagerungsschicht vorgesehen.

III.

Der Klägerin ist der ihr obliegende Beweis ihrer Behauptung, die Beklagte habe in der Bundesrepublik Deutschland von der technischen Lehre des Klagepatents nach dessen Erteilung und Veröffentlichung Gebrauch gemacht, nicht gelungen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht es nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest (§ 286 ZPO), dass die Beklagte anlässlich der A 2007 in B die angegriffene Ausführungsform anbot.

Derartiges lässt sich bereits nicht den Bekundungen der klägerischen Zeugen entnehmen. Jedenfalls ist der Beklagten mittels der von ihr benannten Zeugen der Gegenbeweis gelungen, da vernünftige Zweifel an der objektiven Richtigkeit der Behauptung der Klägerin bestehen.

1)
Die Zeugin G bekundete unter anderem: Sie habe sich auf Bitte des Zeugen F am Messestand der Beklagten ein Muster aushändigen lassen. Dieses habe sie sodann am Messestand der Klägerin abgegeben. Das Muster habe genauso ausgesehen wie das gemäß Anlage K 10 ersichtliche. Allerdings bekundete die Zeugin G auf Vorlage der Anlage B4, dass diese dasselbe Produkt wie die Anlage K 10 zeige. Sie habe den Karton des ihr am Messestand der Beklagten ausgehändigten Musters weder geöffnet noch untersucht. Zur Beschreibungssprache auf dem von ihr erhaltenen Muster konnte die Zeugin G keine Angaben machen.

Diesen Bekundungen der Zeugin G lässt sich nicht mit der notwendigen Überzeugungskraft entnehmen, dass ihr die angegriffene Ausführungsform am Messestand der Beklagten übergeben worden war. Die Zeugin G war offensichtlich nicht in der Lage, zwischen der angegriffenen Ausführungsform und dem Produkt gemäß Anlage B 4, deren Verpackungen auch in der Tat zum Verwechseln ähnlich aussehen, zu differenzieren. Insofern ist es mitnichten ausgeschlossen, dass die Zeugin ein Produkt gemäß Anlage B 4 erhielt. Da sie überdies bekundete, das ihr überlassene Produkt nicht untersucht, die Angaben auf der Verpackung nicht gelesen und insbesondere nicht auf die „Verpackungssprache“ geachtet zu haben, war sie im Ergebnis nicht in der Lage, zu bestätigen, dass ihr ein patentgemäßes festes brennbares Element übergeben worden sei. Für sie zeigte „die Anlage B 4 dasselbe Produkt“.

2)
Der Zeuge F sagte aus, auf seine Bitte hin habe die Zeugin G anlässlich der A 2007 ein Muster am Stand der Beklagten erhalten. Nach Öffnen der Verpackung des betreffenden Musters hätten er und der Geschäftsführer der Klägerin im Wege einer Untersuchung festgestellt, dass es sich um eine „Kopie“ des Patents der Klägerin gehandelt habe.

Allerdings vermochte der Zeuge F nicht zu erläutern, wie die Untersuchung vor sich ging – insbesondere bekundete er nicht, das betreffende feste brennbare Element aufgebrochen zu haben und im Querschnitt eine Befüllung des inneren Raums gesehen zu haben. Vor allem konnte er auf Vorhalt der Anlagen K 10 und B 4 keine Angaben dazu zu machen, welche der beiden dem untersuchten Muster entsprach. Er bekundete, es habe sich „im Wesentlichen um eine rote Dose gehandelt“ und er konnte nicht sagen, ob den Bildern der Verpackung des untersuchten Musters ein „Scheit mit einem blauen Punkt“ zu entnehmen war. Er war sich auch keineswegs sicher, ob der auf der Verpackung befindliche Beschreibungstext ausschließlich – wie in der Anlage K 10 – in I Sprache verfasst war. Damit bleiben auch auf der Basis der Bekundungen des Zeugen F vernünftige Zweifel daran bestehen, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform – und nicht ein Produkt gemäß Anlage B 4 – ausstellte.

Auffällig ist überdies, dass die Aussagen der Zeugen G und F unterschiedliche Angaben dazu enthalten, wer von beiden zuerst die angegriffene Ausführungsform am Messestand der Beklagten sah. Während die Zeugin G bekundete, sie habe von sich aus speziell danach Ausschau gehalten, ob die Beklagte die angegriffene Ausführungsform ausstelle, sie sei dann zum Stand der Klägerin gegangen und habe Herrn F informiert, dass die angegriffene Ausführungsform am Messestand der Beklagten angeboten werde, sagte der Zeuge F aus: Er selbst habe schon zuvor bei einem Gang über das Messegelände die Patentverletzung durch die Beklagte festgestellt.

3)
Die Zweifel an der Berechtigung des gegenüber der Beklagten erhobenen Vorwurfs der Patentverletzung konnten im Ergebnis auch nicht durch die Aussage des Zeugen Dr. H ausgeräumt werden. Nach einer Wiedergabe der Geschehnisse auf der A 2006 bekundete der Zeuge, die Klägerin habe ihm anlässlich der A 2007 ein Muster übergeben, welches diese zuvor am Messestand der Beklagten erhalten habe. Dieses Muster habe er zusammen mit dem Geschäftsführer der Klägerin untersucht, wobei er zum Ergebnis einer Verletzung des Klagepatents gekommen sei.

Im Rahmen seiner Bekundungen vermochte der Zeuge Dr. H allerdings nicht ausschließen, dabei keine „inhaltliche Untersuchung“ des Musters vorgenommen zu haben. Er hielt es demnach für möglich, eine Patentverletzung angenommen zu haben, ohne anlässlich der A 2007 das Muster daraufhin untersucht zu haben, ob sich in einem inneren Raum des festen brennbaren Elements ein Produkt zur Zersetzung einer Ablagerungsschicht befand. Soweit der Zeuge bekundete, es spreche aufgrund der Überraschung, auf der A 2007 wieder einen solchen Karton der Beklagten zu gesehen zu haben, „einiges dafür“, dass er auch eine entsprechende Untersuchung vorgenommen habe, überzeugt dies nicht – die Überraschung, erneut einen – vermeintlich – gleichen Karton wiederzusehen, könnte mindestens ebenso gut erklären, dass demzufolge diesmal von einer näheren Untersuchung abgesehen wurde. Das liegt umso näher, als dass der Zeuge sich im Gegensatz dazu hinsichtlich der Vorgänge auf der A 2006 ganz sicher war, eine solche Untersuchung vorgenommen zu haben. Ferner schaute sich der Zeuge das von der Beklagten im Jahre 2007 ausgestellte Produkt nicht genauer an deren Messestand an – es seien dort sehr viele Verpackungen auf dem Boden gestapelt gewesen, wobei – so der Zeuge – ihm, selbst wenn er darauf geachtet hätte, ein Unterschied zwischen Verpackungen gemäß Anlage K 10 und solchen gemäß Anlage B 4 nicht aufgefallen wäre. Der Zeuge Dr. H konnte insbesondere nicht bestätigen, dass auf den Verpackungen am Messestand, die mit derjenigen des untersuchten Musters übereingestimmt hätten, eine Befüllung des Reinigers dargestellt gewesen sei.

Soweit der Zeuge Dr. H schließlich bekundete, die Anlage K 5 sei der Abmahnung gemäß Anlage K 9 beigefügt gewesen, beweist auch das nicht, dass die Beklagte anlässlich der A 2007 die angegriffene Ausführungsform ausstellte. Zum einen bekundete der Zeuge lediglich, die Anlage K 5 sei „quasi“ eine Kopie der Anlage K 10 – dies lässt offen, ob es sich tatsächlich um eine solche der Anlage K 10 handelte. Zum anderen ist keine Identität zwischen dem Barcode auf Seite 2, links unten, der Anlage K 5 und demjenigen auf Seite 2 der Anlage zum Schreiben gemäß Anlage K 9 feststellbar. Auch steht nicht fest, dass die vom Zeugen Dr. H fotokopierte Verpackung überhaupt jene war, welche die Zeugin G am Messestand der Beklagten erhalten hatte. Nach übereinstimmender Bekundung der Zeugen G und Dr. H bestand zwischen ihnen kein Kontakt. Ebenso wenig wusste der Zeuge Dr. H, ob die Verpackung, welche ihm zur Verfügung stand, jene war, welche die Zeugin G dem Zeugen F zuvor ausgehändigt hatte. Wie der Zeuge F nämlich bekundete, hatte er keinen Kontakt zum Zeugen Dr. H.

4)
Überdies stehen einer Überzeugung von der Richtigkeit der klägerischen Behauptung die glaubhaften Aussagen der gegenbeweislich vernommenen Zeugen der Beklagten entgegen, denen zufolge die Beklagte anlässlich der A 2007 lediglich ein Produkt gemäß Anlage B 4 anbot:

a)
Der Zeuge K bekundete, zur Angebotspalette der Beklagten auf der A 2007 habe ein Produkt „C“ in einer neuen Ausführungsform gehört, bei welcher – anders als bei einem früheren gleichnamigen Produkt – das chemische Mittel für die Zersetzung der Ablagerung sogleich mit den anderen Komponenten gemischt und verpresst gewesen sei. Er konnte ausschließen, dass das aus Anlage K 10 ersichtliche Produkt von der Beklagten auf der L 2007 angeboten worden sei. In I habe man das frühere C auch noch in 2007 erwerben können – ggf. seien sogar heute noch Restbestände im I Vertriebsnetz vorhanden.

Ebenso sagte der Zeuge M aus, auf der A 2007 habe die Beklagte ausschließlich ein „neues C“ ausgestellt (Mischung aus Komponenten Paraffin, Sägespäne und chemisches Mittel). Das neue C habe auch eine andere Verpackung gehabt. Zum Zeitpunkt der A 2007 hätten sich möglicherweise noch Restbestände des „alten C“ im I Vertriebsnetz befunden. Soweit die Klägerin meint, der Zeuge M könne die Verpackungen gemäß Anlage K 10 und B 4 aufgrund deren hochgradiger Ähnlichkeit verwechselt haben, ist dies nicht wahrscheinlicher als eine entsprechende Verwechslung auf Seiten der von ihr benannten Zeugen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Bekundung der Zeugen K und M, wonach die Beklagte die Produktion des „alten C“ schon Ende des Jahres 2006 eingestellt habe, nicht unglaubhaft. In diesem Zusammenhang kann zugunsten der Klägerin deren – bestrittener – Vortrag aus dem Schriftsatz vom 23.09.2009 unter Ziffer III., wonach die angegriffene Ausführungsform der Beklagten noch im Oktober 2007 auf dem N Markt erhältlich war, als richtig unterstellt werden. Es ist nämlich ohne Weiteres vorstellbar, dass sich ein Ende 2006 hergestelltes Produkt noch etwa neun bis zehn Monate später in den Vertriebswegen befindet. Ebenso wenig bestätigt der als Anlage K 11 vorgelegte Auszug der Webseite der Beklagten, dass gerade die angegriffene Ausführungsform nach wie vor in I hergestellt wird: Eine Identität der Ausgestaltung des „O“ mit der angegriffenen Ausführungsform ist nicht feststellbar. Der Anlage K 11 lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass dieser mit einem chemischen Mittel zwecks Zersetzung einer Ablagerungsschicht befüllt ist.

b)
Der Zeuge P sagte aus, er habe als Inhaber eines unabhängigen norwegischen Unternehmens an der A 2007 teilgenommen und unter anderem den Stand der Beklagten aufgesucht. Bei einer Besprechung habe er ein in weißer Verpackung eingewickeltes Produkt „C“ gesehen, von dem ein Stück aus der Verpackung rausgestanden habe. Es habe sich um eine „einzige Masse“ gehandelt. Auch wenn der Zeuge das betreffende brennbare Element nicht in aufgebrochenem Zustand und damit nicht dessen Querschnitt im mittleren Bereich gesehen haben sollte und er sich daher nicht selbst ein Bild von der Zusammensetzung hätte machen können, bekundete er jedenfalls, es sei ihm in dieser Weise beschrieben worden und die Verpackung sei so ausgestaltet gewesen wie diejenige gemäß Anlage B 4.

Dass dem Zeugen P ausschließlich ein Produkt entsprechend Anlage B 4 angeboten worden war, spricht wiederum gegen die Annahme, die Beklagte habe – zumindest auch – die angegriffene Ausführungsform ausgestellt. Denn es wäre dann nicht erklärlich, warum sie diese dem Zeugen P gleichwohl nicht gezeigt haben sollte.

IV.

Ob die Beklagte anlässlich der A 2006 durch Ausstellen des aus Anlagen K 4, K 5 ersichtlichen Produktes von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machte, bedurfte keiner tatrichterlichen Aufklärung. Da die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erst am 25.07.2007 erfolgte, kann sich nämlich aus etwaigen „Benutzungshandlungen“ während des Offenlegungszeitraums weder eine Wiederholungs- noch eine Erstbegehungsgefahr ergeben (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 7, 1 – Sterilisationsverfahren; vgl. BGH, GRUR 1996, 109 – Polyferon). Ebenso wenig können für die Zeit vor einer Veröffentlichung des Klagepatents ein Schadensersatzanspruch und Hilfsansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung zwecks dessen Vorbereitung bestehen. Einen etwaigen Entschädigungsanspruch gem. Art. II § 1 IntPatÜG hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, 1. Hs ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.